Unbekannte Trauer
Ich stand vor den Familienfotos. Jasper und Alice auf ihrer letzten Europareise, von der sie vor zwei Monaten zurückgekehrt waren. Emmett und Rosalie bei ihrer letzten Hochzeit vor einem Monat. Edward und Bella auf ihrer eigenen Hochzeit genau ein Jahr nach Bellas Verwandlung. Carlisle und Esme glücklich bei einem Picknick.
Diese Bilder fielen mir schmerzhaft ins Auge. Ich wusste nicht einmal, weshalb sie mich so traurig machten. Es war einfach so.
Das Bild von Bella und Edward trieb mir fast die Tränen in die Augen. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie es damals gewesen war. Bella war in einem weißen Kleid die Treppe runter gekommen und Esme, Rosalie, Alice und mich hatte es beinah umgehauen. Sie sah so wunderschön und perfekt aus. Ihr braunes Haar wurde mit einer weißen Schleife aus ihrem Gesicht gehalten und das lange weiße Kleid war schlicht und einfach elegant gewesen. Da waren keine aufwändigen Rüschen, was auch überhaupt nicht nötig gewesen wäre, denn Bellas strahlender Gesichtsausdruck schien den ganzen Raum erhellt zu haben. Edward war sogar zu einer lebenden Statue geworden, als er sie gesehen hatte.
Ein Kinn legte sich auf meine Schulter. „Was ist los?“, fragte Bella mich mit dieser unheimlich sanften Stimme. „Was tut dir so weh?“ Sie schob sich zwischen mich und die Wand und sah besorgt aus. „Es ist nichts“, flüsterte ich. „Du lügst, das seh ich dir an der Nasenspitze an“, tadelte sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Nun rück schon damit raus. Niemand ist da, der uns zuhören könnte.“ „Ich weiß doch selbst nicht, was los ist…“, murmelte ich irgendwann. Sie zog mich kurzer Hand zu Edwards Klavier und klimperte ein wenig darauf herum. Sie animierte mich dazu, mitzumachen und irgendwann kringelten wir uns fast vor Lachen. Wir waren beide keine großartigen Klavierspielerinnen. Edward hatte mal versucht es Bella beizubringen und hätte er bei ihr nicht diese Engelsgeduld, wäre er wohl verzweifelt.
Ich hatte in meinem Menschenleben, als ich bei meinen Adoptiveltern lebte, zwei Jahre lang Klavier gespielt. Ich erinnerte mich ungern an diese Zeit zurück… denn ich konnte mich, anders als Bella, erinnern. An das ganze Leben, das ich geführt hatte. Die glücklichen Momente waren genauso präsent wie die überwiegenden traurigen.
„Denk an etwas anderes“, sagte Bella plötzlich und sah traurig aus. Kein Wunder, sie musste meinen Schmerz spüren. „Was meinst du, sollen wir in die Stadt und ein wenig shoppen gehen?“ Sie lächelte mich lieb an. „Ich heiße nicht Alice“, meinte ich. „Ach, komm schon…“ „Außerdem war ich schon länger nicht mehr jagen… vielleicht hätte ich ja doch mit den anderen mitgehen sollen…“ Bella seufzte. „Ich würde dir so gerne helfen.“ Ich lehnte meinen Kopf an ihre harte Schulter. „Du hilfst mir schon genug, wenn du einfach da bist.“