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Die Wahrheit

von

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Der Schock

Wie erwartet ließ die Begebenheit im Gefängnis Michelle ziemlich schlecht schlafen. Hätte sie sich wenigstens noch mit Erkenntnissen aus der Hausdurchsuchung ablenken können, wäre es vielleicht besser gewesen, aber so hatte sie sich eigentlich mehr oder weniger die ganze Nacht von einer Seite auf die andere gedreht. In aller Frühe, noch bevor irgendjemand anderes im Haus wach war, stand Michelle deshalb auf und verließ den Grimmauldplatz, um zum Gericht zu gehen.

Auf dem Weg verfiel sie wieder in Grübelei: Sie wusste nicht, ob sie die Grenze, das Ganze nur als einen Fall zu sehen, bereits überschritten hatte. War es noch der Ehrgeiz, auch diesen schwierigen Fall mit einem erfolgreichen Gutachten abzuschließen? Oder war es schon der Wunsch, der Person Severus Snape aus dieser Zerrissenheit zu helfen, die sie bei ihm spürte? Zwar musste sie sich als Psychoanalytikerin immer in das Wesen, die Gedanken und Gefühle einer Person versetzen, um deren Handeln dann professionell beurteilen zu können, doch ein ehemaliger Professor von ihr hatte seine Studenten immer gewarnt, dass sie ihre Objektivität verspielten, wenn sie zuließen, dass sie Sympathie oder Antipathie für den entsprechenden Patienten entwickelten. Dies leuchtete Michelle auch ein, deshalb hatte sie sich schließlich gerade von Harry Potters Hasstiraden gegen seinen ehemaligen Lehrer so distanziert, um ihr Urteil nicht schon frühzeitig der Sachlichkeit zu berauben.

‚Aber ist es schon ein Ausdruck von Sympathie, wenn ich Mitgefühl bezüglich einer psychischen Zwangslage habe?’, fragte sie sich. ‚Schließlich ist ja auch das Aufzeigen solcher meine Aufgabe, um Möglichkeiten für die Behebung anzuraten.’

Mit diesen Gedanken beschloss sie, zunächst einmal nichts zu unternehmen. Würde sie sich offensichtlich befangen benehmen, würde das Gericht sie schon von Gesetzes wegen ihrer Position entbinden.

Da sie noch Zeit hatte – obwohl sie den Weg sehr in die Länge gezogen hatte – wollte Michelle zunächst einmal beim Vorsitzenden vorbeischauen, um über ihren Antrag zu sprechen. Aus diesem Grund ging sie zu dessen Geschäftsstelle, wo sie eine hektisch in ihren Kamin redende Sekretärin vorfand.

„Ich weiß, dass das plötzlich ist!“, rief diese, als Michelle nach wiederholtem Klopfen eintrat. „Aber es hat sich erst vor Kurzem ergeben.“

„Ich weiß nicht, ob wir in nächster Zeit Kapazitäten haben, um...“, entgegnete der Mann im Kamin, doch die Sekretärin unterbrach ihn:

„Sie sind die Prüfstelle für solche Dokumente! Und dieser Prozess geht allem anderen vor. Also schicken Sie jemanden her und zwar schnell!“

„Aber wen soll ich denn...“

„Was weiß ich wen? Zur Not kommen Sie selber, Sie scheinen ja nichts Weltbewegendes zu tun zu haben.“

Mit einem entschlossenen Schwenk ihres Zauberstabes beendete sie das Gespräch und wandte sich Michelle zu.

„Sie gehen sehr rigoros mit den Leuten um.“, bemerkte diese amüsiert.

„Ach ja,“ gestand die Sekretärin und errötete leicht, „ich sollte das wohl nicht sagen, weil ich selber für einen Richter arbeite, aber: Beamten muss man auf die Füße treten, wenn man will, dass sie etwas tun.“

„Da haben Sie Recht.“, bestätigte Michelle lächelnd. „Deshalb bin ich auch hier. Ich müsste mit dem Vorsitzenden noch dringend über einen Antrag reden.“

Nach kurzem Zögern fügte sie dann an:

„In diesem Gespräch ging es auch um die Verhandlung gegen Professor Snape, oder?“

„Ja.“

Die Sekretärin nickte.

„Bei der Hausdurchsuchung sind Dokumente gefunden worden, die alarmierend sind und auf ihre Echtheit hin geprüft werden müssen. Tja und wie Sie gehört haben, muss man erst mal jemanden bei der Prüfstelle finden, der sich dazu erbarmt.“

‚Alarmierend?’, dachte Michelle.

Das klang nicht gut. Vielleicht sollte sie darüber auch gleich mit dem Richter sprechen.

„Sie können dann zum Richter durch.“, riss die Sekretärin Michelle aus ihren Gedanken.

„Ja, vielen Dank.“

Michelle nickte der Frau zu und trat – nach vorherigem Klopfen – ins Büro des Richters. Dieser saß über seinen Schreibtisch gebeugt und sah erst zu Michelle auf, als diese die Tür schon hinter sich geschlossen hatte.

„Oh, Miss Clarkson, Sie kommen sicher wegen Ihres Zeugenantrags.“

„Unter anderem.“, gestand Michelle ehrlich, denn mittlerweile interessierten sie diese Dokumente fast mehr.

„Ich werde diesem stattgeben,“ erklärte der Richter, „denn ich nehme nicht an, dass Professor Snape bereit sein wird, uns dies zu erklären.“

Mit diesen Worten gab er ihr zwei kleine Heftchen rüber, die sich bei näherer Betrachtung als Pässe herausstellten.

„Die hat das Durchsuchungsteam gestern noch sehr spät gefunden.“, fügte der Richter an, doch Michelle war viel zu beschäftigt mit der Betrachtung der Pässe.

Ihre Echtheit ließ sich schwer beurteilen, denn sie waren von einer Muggelbehörde ausgestellt worden und mit deren Passwesen kannte sich Michelle nicht sehr gut aus. Beide Pässe waren auf Frauen ausgestellt: der eine auf eine gewisse Alanna Prince und der andere auf eine Kassandra Prince. Die Bilder waren frontal und mit ernstem Gesichtsausdruck aufgenommen, doch man konnte beiden Frauen durchaus eine durchschnittliche Attraktivität, wenn auch untereinander keine sonderliche Ähnlichkeit zusprechen. Alanna Prince hatte schwarzes Haar, dass ihr bis über die Schultern reichte, Kassandra hingegen war blond und ihr Haar sehr kurz.

„Weiß man, wer die Frauen sind?“, fragte Michelle.

„Nein, das ist es ja.“, antwortete dieser. „Mehrere Teams haben die ganze Nacht alle erdenklichen Archive gewälzt, aber es gibt keine Geburts- oder Einreiseurkunden. Weder für eine Alanna, noch für eine Kassandra Prince.

„Prince...“, murmelte Michelle nachdenklich. „Der Mädchenname seiner Mutter...“

Doch bevor der Richter darauf eingehen konnte, klopfte es und die Sekretärin trat ein.

„Es ist nun jemand da, der die Dokumente prüfen kann.“, berichtete sie mit einem gewissen Anflug von Stolz.

„Sehr gut.“, sagte der Richter und nahm Michelle die Pässe ab, um sie dann an die Sekretärin weiterzureichen. „Geben Sie sie weiter und machen Sie demjenigen Feuer unterm Hintern. Wir brauchen die Ergebnisse schnell – aber zuverlässig.“

„Kein Problem.“, versicherte die Sekretärin lächelnd und verschwand mit den Pässen aus dem Büro.

„Was Ihren Antrag betrifft,“ wechselte der Richter das Thema, „wir müssen Tobias Snape hören. Gerade jetzt! Diese Frauen scheinen in irgendeiner Beziehung zur Familie zu stehen und wahrscheinlich hat Professor Snape Angst, sein Vater könnte einknicken unter dieser Beweislage.“

Michelle sagte nichts, sondern nickte, aber an ein Einknicken von Tobias Snape glaubte sie nicht. Im Gegenteil ging sie davon aus, dass man ihn mit dem Aufklärungswillen bezüglich des Todes seiner Frau würde locken müssen, damit er ihnen half.

„Wollen Sie die Verhandlung denn verschieben?“, fragte Michelle stattdessen. „Ich meine, mindestens bis die Echtheit der Pässe geklärt ist?“

„Nein.“, antwortete der Richter. „Wir werden den Angeklagten zunächst einmal mit der Tatsache des Fundes konfrontieren. Da es sein Haus ist, wird er erklären müssen, woher diese Pässe kommen.“

Michelle nickte erneut. Dann verabschiedete sie sich und ging zum Saal. Vor diesem stieß sie auf Sandra, die aufgeregt auf sie zugelaufen kam.

„Michelle! Du wirst nicht raten, was wir gefunden haben!“

„Brauche ich nicht,“ lachte sie etwas mitleidig, weil sie ihrer Freundin den Spaß verderben musste, „ich weiß es schon.“

„Oh...“

Etwas bedröppelt blieb Sandra stehen.

„Aber wo und wie,“ gab Michelle ihr die Chance, „das weiß ich noch nicht.“

Und prompt war Sandra wieder in ihrem Element.

„Wir haben ja wirklich das ganze Haus auf den Kopf gestellt – naja, nachdem wir drin waren. Als Mad-Eye, Tonks und ich ankamen, war einer von der Truppe, die der Ankläger geschickt hatte, schon in einer handfesten Auseinandersetzung mit diesem Charly – du erinnerst dich...“

„Oh ja!“

„Jedenfalls...“, fuhr Sandra fort, „...kann der mit dem Veilchen, das ihm Charly verpasst hat, wohl noch eine Weile angeben. Misses Miller hat uns zum Glück nicht gesehen und war dann damit beschäftigt, Charly von den ‚Behördenmenschen’ fern-, also im Haus zu behalten. Tja und wir sind dann in das Snape-Haus rein.“

„Und?“

„Und haben erst mal nichts gefunden – also nichts, was für uns wichtig sein könnte. Wände voller Bücher, oben zwei Zimmer, die beide mal Schlafräume waren und wohl jahrelang kaum noch betreten worden sind, ein notdürftiges Bad und eine Küche voller Geschirr und ein paar Utensilien für Zaubertränke. Alles in allem nichts Ungewöhnliches. Wir haben alle Bücher durchgeblättert – und das waren verdammt viele! Hätte ja sein können, das eines davon ein als Buch getarntes Kästchen ist. Aber Fehlanzeige! Dann haben wir hinter und unter alle Möbel geguckt. Mit der Zeit kam ich mir langsam aber sicher blöd vor und hab mir gedacht, vielleicht hat dieser Snape seinen diebischen Spaß daran, uns was suchen zu lassen, was es gar nicht zu finden gibt.“

„Aber es gab doch was zu finden.“, stellte Michelle fest.

„Ja, als wir mit der Küche als letztem Raum fertig waren und nichts gefunden hatten, hat einer von den Ankläger-Leuten da, wo wir den Ofen weggerückt hatten, vor Wut so heftig auf den Boden gestampft, dass sich die Holzlatte des Fußbodens an der entgegengesetzten Seite gelöst hat und ihm – naja – voll in die Kronjuwelen gezimmert ist.“

„Au!“

Obwohl sie sich fest einzureden versuchte, dass dies gerade für einen Mann eine sehr schmerzhafte Angelegenheit war, konnte sich Michelle – ebenso wenig wie Sandra – ein Grinsen bei der Vorstellung daran verkneifen.

„Naja, wie dem auch sei,“ fuhr Sandra fort, als sie sich genug amüsiert zu haben glaubte, „jedenfalls haben wir genau unter dieser Fußbodenlatte den ganzen Kram gefunden.“

„Ganzen Kram?“, fragte Michelle. „Was denn noch außer den Pässen?“

„Naja, den Rest fand ich eigentlich nicht so wichtig, aber Moody meinte, wir sollten alles mitnehmen. Das war altes Make-up. Lippenstift und so, nichts Auffälliges.“

„Hast du das bei dir?“, wollte Michelle wissen.

„Ja, eigentlich wollte ich es dem Richter geben.“

„Kein Problem, ich nehme es mit.“

Daraufhin gab Sandra ihrer Freundin eine kleine, durchsichtige Plastiktüte, in der sich wirklich das notdürftigste Make-up befand, das eine Frau haben konnte. In diesem Moment wurde auch schon der Beginn des Prozesses verkündet und sowohl Sandra als auch Michelle begaben sich auf ihre Plätze.

„Ich eröffne die heutige Sitzung.“, verkündete der Richter, wurde vom Angeklagten jedoch wie üblich keines Blickes gewürdigt.

Auch Michelle hatte sich zu ihrer Überraschung keinen bösen Blick von Snape eingefangen. Er schien sich in nahezu perfekter Ignoranz der Umgebung zu üben.

„Ich möchte die Verfahrensbeteiligten über die Ergebnisse der Hausdurchsuchung in Spinner’s End informieren.“

Da Michelle ja bereits Bescheid wusste, konzentrierte sie sich auf Snape. Ein kurzes, nervöses Zucken war auf seinem Gesicht zu erkennen, als der Richter diesen Satz aussprach, doch jede weitere Reaktion – wie Michelle sie am Vortag erlebt hatte – blieb aus.

„Nach der Liste des Untersuchungsleiters wurde Folgendes gefunden: Make-up, im Einzelnen Lippenstift, Lidschatten, Kajalstift, Wimperntusche, Rouge und Grundierungscreme, des Weiteren zwei Pässe auf die Namen Alanna und Kassandra Prince. Professor Snape, haben Sie dazu etwas zu sagen?“

Michelle beobachtete den Angeklagten mit einer Mischung aus Neugier und Besorgnis. Während der Vorsitzende die Liste vorgelesen hatte, war die Haltung von Snape immer verkrampfter geworden. Seine Fingernägel bohrten sich beinahe bedenklich in den jeweils anderen Oberarm und er presste die Zähne so fest aufeinander, dass man Angst haben konnte, sie würden dem Druck nicht standhalten.

„Wer sind diese Frauen?“, hakte der Ankläger nach.

„Weiß ich nicht.“, zischte Snape, doch sein ganzer Körper schien unter der Anspannung zu zittern.

„Und was ist mit den restlichen Sachen?“, fragte der Richter. „Wie kommen die in ihr Haus?“

„Gehörten meiner Mutter.“, behauptete er, doch hier meldete sich Michelle zu Wort:

„Herr Vorsitzender, das ist nicht möglich. Ich habe hier die Beweisstücke...“

Sie gab sie durch die Bank zum Vorsitzenden.

„...und zumindest von dieser Art von Kajalstift weiß ich, dass sie erst Ende der 70er Jahre auf den Markt gekommen ist. Da war Misses Snape aber schon über 10 Jahre tot.“

„Interessant!“, höhnte der Ankläger. „Nun, Professor? Noch eine Theorie? Die vielleicht auch noch erklärt, wieso man all das unter einer Holzlatte ihres Küchenbodens findet?“

Doch Snape mauerte. Seine Haltung wurde immer starrer, doch bevor der Ankläger weitermachen konnte, betrat ein Beamter von dem für die Enkodierung der Erinnerungen zuständigen Kommando den Saal. Er ging direkt zum Richter und flüsterte diesem hektisch etwas zu.

„Gut.“, sagte der Richter ernst und nickte. „Dann zeigen Sie uns das.“

Auf diese Anweisung hin, trat der Beamte an die immer im Raum befindliche Konstruktion und waltete seines Amtes.
 

Der Zuschauer blickte in einen Schlafsaal, wie es ihn in Hogwarts zuhauf gab. Zunächst sah er leer aus, doch dann huschte eine Gestalt durch das Halbdunkel auf einen bestimmten Punkt der Außenwand zu.

„Hey, Snape!“

Die Gestalt erstarrte und wandte sich langsam um. Mit undeutbarem Blick sah er den Vertrauensschüler Slytherins an, der in der Tür stand.

„Was machst du hier? Alle anderen feiern bereits den Abschluss.“

„Mir geht’s nicht gut.“, erwiderte Snape. „Ich bleib hier.“

„Bitte.“

Der Vertrauensschüler zuckte mit den Schultern.

„Deine Sache.“

Daraufhin ging er. Snape wartete noch, bis sich die Schritte auf der Treppe weit genug entfernt hatten, dann drehte er sich zum Mauerwerk hinter sich und flüsterte:

„Sternenkind.“

Auf dieses Losungswort hin schoben sich die Steine soweit zur Seite, dass Snape in einen Gang dahinter kriechen konnte. Durch die Geräusche von Stein auf Stein konnte man annehmen, dass sich der Gang hinter ihm wieder zuschob, doch der Blick verfolgte den anscheinend im letzten Jahr befindlichen Slytherin-Schüler, der auf allen Vieren durch den Gang krabbelte. Als diese unterirdische Tour endete und Snape wieder an die Oberfläche zurückkehrte, hatte er das Gelände von Hogwarts schon hinter sich gelassen. Er kam an dem Weg, den zumindest die Hogwartsschüler als den Weg nach Hogsmeade kannten, heraus und bewegte sich kaum hörbar auf einen alten Bretterverschlag zu, der wie eine seit Langem verlassene Raststätte aussah. Er war mit einem massiven Vorhängeschloss verriegelt, was jedoch dem Wort „Sternenkind“ auch nachgab und den jungen Slytherin eintreten ließ. Gewissenhaft schloss er die Tür hinter sich wieder ab.

„Da wären wir.“, seufzte er und ging auf eine Kiste zu, aus der er ein verschnürtes Bündel holte.

Da auch die Hütte schon ziemlich dunkel war, ließ sich nur grob erkennen, was das Bündel beinhaltete. Kleidungsstücke waren zu sehen, wenn auch nicht zu erkennen; mehrere kleine Teile lagen herum, nur ein Handspiegel reflektierte ein bisschen Licht und war dadurch auszumachen. Snape schien noch einmal zu überprüfen, ob alles, was er augenscheinlich vorbereitet hatte, da war – dann zog er sich aus.

Schließlich sah man von hinten eine dünne Gestalt, die nur noch einen Slip trug und einen Verband um die Brust hatte. Die Kleidungsstücke, die jetzt zur Hand genommen wurden, erwiesen sich als ein knielanger, seitlich eingeschlitzter Rock, ein im Nacken zu verknotendes Top und schwarze kniehohe Stiefel. Nachdem Rock und Stiefel ihren Platz gefunden hatten, wurde schließlich der Verband um die Brust gelöst, der erschreckender Weise eine Wölbung zuließ, die nur als Busen zu deuten war. Das Top war so schnell übergezogen, dass nichts Anstößiges zu sehen war und auch der Umhang, als welcher sich ‚das Bündel’ herausstellte, legte sich schnell über den zierlichen Körper. Eine Flüssigkeit, die von den Händen im Haar verteilt wurde, ließ den ansonsten bestehenden fettigen Glanz verschwinden und gab eine gepflegte, schwarze Mähne frei. Ein leichter Druck gegen die Seite des Nasenbeins und ein kurzes Schnauben eröffnete die Möglichkeit, irgendetwas aus der Nase zu ziehen, was diese kleiner und nicht mehr so krumm wirken ließ. Nun kam der Handspiegel zum Einsatz, in dem Frisur und das danach aufgesetzte, dezente Make-up überprüft wurden. Als diese Optik offensichtlich für gut befunden wurde, hustete und röchelte die Besitzerin kurz, sodass man einen Moment lang dachte, sie müsse sich übergeben. Doch sie schien nur etwas Kleines hochgewürgt zu haben, was sie dann in ihre Hand spuckte und zusammen mit dem, was sie aus der Nase gezogen hatte, in einem kleinen Kästchen in ihrer Handtasche verstaute. Ein letzter prüfender Blick und ein Nicken folgten.

„Viel Spaß, Alanna!“, erklang nun eine Stimme, die erheblich höher war, als die von Snape noch vor nicht mal einer halben Stunde. „Amüsier’ dich gut.“

Die junge Frau – Alanna, wie sie sich nannte – ließ die Schuluniform im Verschlag zurück, riegelte ihn nach ihrem Verlassen wieder perfekt ab und schlug den Weg nach Hogsmeade ein.

Sie erreichte das Dorf auch schnell und setzte sich in einen Pub, wobei einem aufmerksamen Beobachter auffiel, dass sie jeden Mann, den sie sah, kurz musterte, doch dann immer wieder resignierend wegsah. Da ertönte plötzlich eine Stimme in ihrem Rücken.

„Ach, komm schon, Tatze! Die ist doch was für dich! Nun sei kein Frosch!“

„Du hast leicht reden, Krone!“, gab eine andere Männerstimme darauf zurück. „Du kannst ja Sprüche machen, weil du es schon wegen Lily bei ihr gar nicht versuchen dürftest. Aber okay, ich versuch’ mein Glück.“

Alannas Miene zuckte kurz, als sie einen unauffälligen Blick nach hinten warf.

„Ich hab’s befürchtet.“, murmelte sie. „Potter, Black und Co. Typisch!”

Sie drehte sich wieder zum Tresen, als hoffte sie, nicht gemeint zu sein – was relativ unsinnig war, da sie weit und breit die einzige Frau am Tresen war. Wie also nicht anders zu erwarten war, lehnte sich einer der jungen Männer mit einem Ellenbogen neben ihr auf den Tresen und sprach sie an:

„Guten Abend, schöne Frau! Mein Name ist Black, Sirius Black, aber Ihre Schönheit löscht mit ihrem Licht die ganze Schwärze meines Namens aus.“

Alanna legte den Kopf in den Nacken und man glaubte, sie würde auf Grund dieser plumpen Anmache die Augen verdrehen, doch als sie ihm den Blick wieder zuwandte, lächelte sie geheimnisvoll.

„So? Tut sie das?“

Sie legte die Hände auf seine Schultern und flüsterte:

„Dann würde ich sie gerne völlig von dir nehmen – in einer privaten Seance, wenn du verstehst, was ich meine.“

Das folgende Lächeln seinerseits zeigte nicht nur, dass er verstand, sondern auch, dass er ziemlich angetrunken war, was ihn jedoch nicht daran hinderte, seinen Kumpels zuzugrinsen, als er sich mit Alanna nach oben verzog.
 

Fassungslose Stille folgte dem Wirbel, der alle wieder zurück in die Realität des Saales brachte. Keiner wusste dazu etwas zu sagen – nur verwirrte bis entsetzte Blicke richteten sich auf die Person im Käfig.

„Was?“, keifte Snape schließlich.

„Was ist eine gute Frage...“, nahm der Richter die Frage auf, sprach aber mit einer Stimme, die zeigte, dass er noch nicht völlig realisiert hatte, was er gerade gesehen hatte. „Was hat das zu bedeuten?“

„Das geht Sie nichts an!“, schrie Snape, wobei sich die Stimme zu überschlagen drohte. „Das hab’ ich Ihnen von Anfang an gesagt: Es – geht – Sie – nichts – an! Nichts, nichts, gar nichts!“

Unter Beben und Zittern sank der Angeklagte auf den Boden des Käfigs und schlug mit Wiederholung der letzten Worte immer wieder den Kopf gegen das Gitter.

„Vorsicht!“, rief der Heiler und wollte Snape von diesem selbstverletzenden Verhalten abhalten.

„Nein! Fassen Sie mich nicht an! Lassen Sie mich!“

Hysterisch schlug Snape nach dem Heiler und versuchte, von ihm wegzurücken, was kaum möglich war in diesem engen Käfig. Fast ein wenig hilflos sahen der Heiler und die Wachen zum Richter auf, doch bevor von diesem noch eine Entscheidung verlangt werden konnte, sank Snape am Boden des Käfigs zusammen, da sein Körper sich mit einer Ohnmacht vor diesem psychischen Ausnahmezustand schützte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  jean1384
2009-07-27T20:40:54+00:00 27.07.2009 22:40
klasse kap´s schreib schnell weiter
Von:  suicide_girl
2009-07-27T15:31:22+00:00 27.07.2009 17:31
Das wird ja immer verwirrender.
Wieso sollte ich wegen der Entwicklung aufhören, es wird doch immer spannender.
MfG
suicide_girl


Von:  DarkEye
2009-07-27T15:27:59+00:00 27.07.2009 17:27
also, snape = frau?
warum denn das
irgendwie schokierend aber irgendwie kann ich mir vorstellen warum er das macht... ich glaub kaum das ihm es gefällt sich so zu verkleiden...
dark
Von: abgemeldet
2009-07-27T15:00:40+00:00 27.07.2009 17:00
Zwischenkommentar, nachdem ich die Hälfte des Kapitels gelesen habe: "Oh-mein-Gott-Snape-ist-eine-Frau!!!"

... Oh man, ich hab noch nie so eine dumme Anmache gehört! Ich hätte Sirius etwas mehr Stil zugestanden.

Soooo, nach Ende des Kapitels: Es tut mir seeeehr Leid, aber ich bin megaspät dran, ich hab wirklich keine Zeit mehr.
Einen ausführlichen Kommentar bekommst du später, aber jetzt erstmal: Ich bin nur ein bisschen schockiert und finde, dass das die Sache eh nur umso spannender macht ;)
Tja, Sirius Black und Severus-Allana Snape, wer hätte das wohl gedacht...? *kicher*


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