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Mobbing führte uns zusammen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Endlich. Ihr ahnt nicht, wie lange ich auf diese Kapitel hingearbeitet habe. (also dieses und das kommende)
Der Hintergrund von Ray stand ja schon von Anfang an fest. Ich hatte nur nie gedacht, wirklich so lange zu brauchen, um dahin zu kommen!
Maaan~
Aber gut. Die paar Kapitel Extra machen nichts~
Allerdings wird sich das Ende nun auch etwas verzögern...
Mal sehen, wie viele Kapitel es noch werden. 2 mit Sicherheit :P

Viel Spaß mit dem nachfolgendem Drama! Komplett anzeigen

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Konfrontation

 

Kapitel 8: Konfrontation

 

[Ray's PoV]

 

Womit habe ich das verdient...?

Eine Frage, die mir seit jenem Vorfall immer häufiger in den Sinn gekommen war.

'Habe ich je jemandem geschadet...?' Ich erschauderte bei diesem Gedanken. 'Natürlich... Wie könnte ich das vergessen?'

Seit nunmehr acht Jahren flüchte ich vor der Vergangenheit und doch schaffe ich es nicht ihr zu entkommen. Warum war es nur so gekommen?

Müde senkte ich den Kopf, versteckte mich unter der dünnen Decke. Durch den zugezogenen Vorhang drang etwas Licht. Das war aber auch das Einzige. Strom hatte ich schon lange nicht mehr. Aber das war mir egal. Verdient hatte ich es sowieso nicht.

 

Ich war tief in Gedanken versunken, bemerkte daher nicht wie jemand in die Wohnung kam. Erst als die Schlafzimmertür geöffnet wurde, begriff ich, dass jemand hereingekommen war. Sofort zuckte ich zusammen, krallte meine Finger tief in den Stoff und hoffte, dass es nicht dieser Tachi war...

Der Eindringling musste mich bemerkt haben, da er mir bedrohlich nahe kam – und dabei immer wieder meinen Namen sagte. Ich glaubte sogar für einen Moment den Sensei zu hören. Doch das war sicher nur Einbildung. Er war es sicher nicht. Wieso sollte er?

Plötzlich wurde der Vorhang weit aufgerissen. Ich kniff meine Augen zusammen, geblendet wie ich nun war. Dann wurde mir die Decke vom Kopf gezogen und eine unsichere Stimme ertönte. Nur langsam öffnete ich meine Augen und noch langsamer hob ich den Kopf an. Ich hatte Angst. Wer war es, der mich da rief...?

Mir blieb der Atem stehen, als ich ihn erkannte.

'Sen...sei...'

Er sprach behutsam auf mich ein, doch konnte ich kaum ein Wort verstehen. In meinen Ohren rauschte es nur noch. Meine Augen füllten sich mit Tränen, die ich nicht zurückhalten konnte. Auch ein kaum hörbares Wimmern vermochte ich nicht zu unterdrücken.

Etwas erschrocken klang Hiwataris Stimme, die erneut meinen Namen sagte. Da ich nicht darauf reagierte, legte er vorsichtig seine Arme um mich und drückte meinen Kopf sanft in seine Halsbeuge. Ich stockte bei dieser Annäherung, verstummte regelrecht.

„Du brauchst keine Angst zu haben“, flüsterte er mir leise zu und strich mir dabei über die Haare, die noch immer unsauber und unfreiwillig kurz geschnitten waren.

Ich konnte mich kaum bewegen. Seine ganze Anwesenheit machte mich nervös. Ich wollte doch einfach nur alleine sein und mich nie wieder kümmern müssen...

 

Es verstrich einige Zeit, doch wie viel genau konnte ich nicht sagen. Langsam hatte ich mich zwar beruhigen können, wirklich „Fit“ war ich aber noch lange nicht.

Der Sensei hatte mich inzwischen losgelassen und sah mich jetzt genau an. Und was er sah schien ihm nicht sonderlich zu gefallen...

„Was ist mit dir passiert?“ Er wollte gefasst klingen, konnte aber Entsetzen und Wut nicht verstecken.

Ich sah ihm an, dass er mich genau musterte. Verständlich. Bestimmt hatte er nicht damit gerechnet gehabt, mich so vorzufinden. Das zerrissene Hemd, das ich trug, gab viel von den Prellungen, Blutergüssen, Kratzern und alten Narben preis. Beinahe beschämt griff ich nach der Decke; wollte mich unter dieser verstecken, doch hielt Hiwatari mich zurück.

„Sag mir was passiert ist...!“ Er wollte sicher nicht dass es sich bedrohlich anhörte, aber das tat es.

Ihm zu sagen woher die Verletzungen kamen konnte ich nicht. Niemandem würde ich das sagen können. Nicht solange er...

„Raymond. Ich bitte dich. Versteh doch, das ich dir nur helfen will...“

Kurz hob ich meinen Blick und sah in das befangene Gesicht meines Lehrers. Mir helfen? Das kam zehn Jahre zu spät...

„Ray...?“

Ich war unsicher. Wusste nicht, was ich jetzt tun sollte.

„Ray, bist du vielleicht gestürzt? Oder bis du die Treppe heruntergefallen?“

Ich schüttelte den Kopf bei diesen Fragen. Und fragte mich im Gegenzug, warum er so darauf bestand den Grund zu erfahren. Warum ließ er mich nicht einfach in Ruhe...?

„Nicht?“ Er überlegte kurz, was wohl noch hätte sein können. Es blieb eine Weile still und ich hatte schon die Hoffnung, das er aufgab, aber dann: „Dich hat aber niemand so zugerichtet. Oder?“

Ich zuckte zusammen, sog die Luft ein, bewegte mich nicht mehr. Ein zögerliches, kaum merkliches Kopfschütteln. Ich spürte, wie meine Hände zu zittern begannen.

Zu meinem Pech begriff Hiwatari-sensei schnell. Er sah mich entgeistert an, während er mich grob an den Schultern packte. „Von wem? Wer hat dir das angetan?“

Schmerz durchfuhr meinen ganzen Körper. Am liebsten wäre ich geflüchtet, doch war ich dazu nicht in der Lage.

„Wer?“

Seit wann war Hiwatari so aufbrausend zu mir? Ich dachte immer, dass er mich beschützen wollte – schließlich hatte er das selbst gesagt. Er kam mir gerade wie ein völlig Fremder vor...

„Wenn du es mir nicht verrätst, kann ich dir nicht helfen...“, meinte er weiter und ließ mich los. Sein Blick haftete aber noch an mir.

Ich sah weg. Ich ertrug diesen Blick nicht mehr. Warum war er nur so hartnäckig?

„Bitte.“

Mein Herz schlug schnell; vor Aufregung oder Angst? Was auch immer es war, es machte mich nervös. Sollte ich es ihm vielleicht doch sagen? Dann würde er damit sicher aufhören. Wenn er es aber erfuhr, dann... Als ich meinen Kopf wieder hob, sah ich direkt in zwei besorgte Augen. Hiwatari-sensei schien sich wirklich um mich zu sorgen... „Ta...“, flüsterte ich, wobei meine Stimme zu versagen drohte.

„Ta?“ Der Mann mit gegenüber horchte auf. Wohl weil ich tatsächlich doch noch etwas sagte. „Etwa Tachi?“

Ich nickte zögerlich und war froh, nichts mehr sagen zu müssen. Auch wenn ich es konnte, so hatte ich nur wenig Lust überhaupt zu sprechen. Wofür auch? Etwas Gutes war deswegen auch noch nicht passiert. Mal davon abgesehen dass ich auch kein guter Redner war, fiel es mir oft schwer, die richtigen Worte zu finden.

„Raymond...“, begann Hiwatari, stockte aber gleich wieder. Ich sah ihm an, das er nachdachte. Und ich konnte mir denken was. „Wann ist das passiert?“

War klar, dass das kam. Ich rechnete kurz nach – heute war Donnerstag... „Vier Tage...“

„Montag?“ Er klang überrascht. „Du warst diese Woche noch nicht in der Schule...“

Auf die Worte hin senkte ich wieder den Kopf und wickelte die Decke fest um meinen Körper.

„Wo hat er dann...?“

Langsam fühlte ich mich wie bei einem Verhör. Ob er aufhörte, wenn ich alles sagte? „Er...“ Es half wohl nichts. Außerdem wollte ich nicht länger darüber nachdenken. „kam... her.“ Mir kam es vor, als wäre es erst gestern gewesen, das er hier war. Ich erinnere mich (leider) noch genau daran. Wie er sich Zutritt zu meiner Wohnung verschafft hatte; wie er mir langsam näher gekommen war und dabei seine Finger – geballt zu Fäusten – knacken ließ... Seinen hasserfüllten Blick und seine Worte: „Ich hätte das schon viiiel früher tun sollen! Ich konnte dich noch nie leiden. Und jetzt hab' ich wegen dir Ärger am Hals. Dafür büßt du mir!“

Danach spürte ich nur noch Schmerz. Seine Fäuste trafen mich überall – im Gesicht, an den Armen, im Magen... Ich konnte nicht sagen, wie lange das so ging. Ich war nur heilfroh gewesen, das er endlich fertig und schließlich gegangen war.

 

Hiwatari schien auf meine Worte hin noch überraschter zu sein als bisher schon. „Er war hier...? Und dann...?“

Ich bewegte stumm meine Lippen, schaffte es aber nicht, das Geschehene zu Wiederholen.

Hiwatari schien etwas sagen zu wollen, aber auch er blieb still. Als wolle er seine Wut unterdrücken, ballte er eine Faust. Dann: „Erstmal musst du zu einem Arzt. Manches sieht entzündet aus.“

Er ließ mich gar nicht wirklich „zu Wort“ kommen; nahm die Decke und legte diese beiseite. Dann nahm er mein Handgelenk und zog mich hoch. Kaum dass ich auf beiden Beinen stand, zog er mich ein paar Schritte weiter zu meinem spartanischen Kleiderschrank. Protest hätte an dieser Stelle nichts mehr gebracht, hatte er schon längst neue Sachen herausgezogen. In diese quälte ich mich nahezu, da die – eigentlich schon verheilenden – Blutergüsse doch spürbar präsenter waren als gedacht.

„Entschuldige.“

Ich schüttelte auf die Entschuldigung hin den Kopf. Er war ja nicht daran Schuld. Allerdings wunderte ich mich schon, warum er es so eilig hatte...

 

Etwa zehn Minuten später betraten wir das Krankenhaus. Ich war lange nicht mehr hier gewesen. Nach jenem Vorfall hatte ich es auch tunlichst vermieden herzukommen. Wenn ich ehrlich war, dann würde ich auch jetzt lieber umkehren. Ich wollte mich nicht daran erinnern. Sicher war aber, dass Hiwatari mich nicht gehen lassen würde, wenn ich ihm keinen Grund gab...

„Kommst du?“ Er hatte wohl mein Zögern bemerkt.

Tief amtete ich ein und aus, ehe ich mit langsamen Schritten weiterging.

 

Hiwatari regelte alles, damit man mich behandelte. Was er denen sagte, war mir Schleierhaft – hörte auch nicht wirklich zu; versuchte mich nur abzulenken. Es würde etwas dauern bis ein Arzt Zeit hatte, daher sollten wir warten. Das taten wir, schwiegen uns währenddessen an – bis uns eine Krankenschwester abholte und in ein Behandlungszimmer brachte. Nach ein paar Minuten kam dann auch ein Doktor herein.

Mehr oder minder Freiwillig zog ich meine Sachen aus, damit er mich untersuchen konnte. Ich schämte mich etwas. Überall waren Kratzer, Blutergüsse und Narben zu sehen. Sie dem Doktor zu zeigen war aber weit weniger unangenehm als von Hiwatari gesehen zu werden.

Der Arzt, schon etwas älter, begann mit dem Abtasten des Brustkorbs. Anschließend waren Bauch, Arme, Beine dran. Zuletzt wollte er sich noch meinen Rücken ansehen. Ich hielt bei diesen Worten den Atem an, versuchte aber meine Nervosität zu verstecken.

Er sah sich meinen Rücken lange an. „Hm. Irgendwie...“, hörte man ihn leise sagen. „Diese Narbe... Die ist älter.“ Sein Blick schien auf meiner Schulter zu ruhen.

Ich schluckte, nickte unmerklich. Acht Jahre war die Narbe alt...

Dann spürte ich seine Hände, die nun begannen meinen Rücken abzutasten. An mancher Stelle zuckte ich unwillkürlich zusammen. „Dein Name war Raymond?“

Ich nickte.

„Raymond. Diese Narbe kommt mir so bekannt vor. Kann es sein, das du der Junge bist, der...“

Kaum dass er dies sagte, drehte ich mich verängstigt zu ihm um. „B-bitte nicht...!“

Der Mann schreckte zusammen. „Entschuldige. Du willst sicher nicht daran erinnert werden.“

Ich versuchte die aufkommende Panik zu unterdrücken. Gott sei Dank sprach er nicht weiter. Als ich mich wieder nach vorne drehte, sah ich in das erschrockene Gesicht Hiwataris. Dem Blick hielt ich nicht lange stand und so sah ich gleich wieder in eine andere Richtung.

„Okay. Die Verletzungen sind nur halb so schlimm. Die Blutergüsse werden von selbst verheilen. Schwester Yui wird dir die Kratzer mit einer Salbe eincremen und dein Handgelenk verbinden. In ein paar Tagen wird es dir wieder besser gehen.“ Er lächelte mich sanft an, trug die Ergebnisse in einem Formular ein und verabschiedete sich dann von uns. Dabei bat er Hiwatari noch kurz mitzukommen und ein anderes Formular zu unterschreiben.

So blieben Schwester Yui und ich alleine zurück. Sie sah sich meinen Oberkörper noch einen Moment an, ehe sich sie abwandte und sich dem Verbandskasten widmete. Aus dem Kästchen holte sie Verbände, Pflaster, eine weiße Tube – vermutlich Wundsalbe -, Tupfer, etwas Jod, das in einem kleinen, braunen Fläschchen war und eine Schere.

Ich schluckte bei diesem Anblick. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Gänsehaut machte sich breit. Aber es half nichts; da musste ich jetzt durch. Außerdem würde sie mir damit sicher nicht zu nahe kommen.

Sie breitete die Utensilien auf einem kleinen Beistelltisch aus, ehe sie damit begann, einen der Tupfer mit der Pinzette aufzunehmen. Das Fläschchen mit Jod hielt sie bereits in der anderen Hand. Doch als sie gerade mit dem tränken der Watte anfangen wollte, hielt sie inne.

„Nanu? Das scheint leer zu sein.“ Sie stellte das Fläschchen zur Seite und sah im Verbandskasten nach, ob noch Ersatz da war. „Tut mir Leid. Ich gehe kurz Nachschub holen. Warte bitte hier.“ Dann stand sie auf und verließ lächelnd das Zimmer.

 

Während ich auf ihre Rückkehr wartete, sah ich mich in dem Weiß gehaltenen Raum um. Ich sah gerade aus dem Fenster, als die Tür wieder aufging. Da ich Yui-san zurückerwartete, drehte ich mich ganz selbstverständlich wieder um. Doch war es nicht die Krankenschwester die eintrat.

„So, so. Du hast also doch gepetzt.“ Kalt die Stimme, die mir Schritt für Schritt näher kam.

Ungläubig und auch etwas verängstigt sah ich Tachi an. Was macht er hier?

„Habe ich nicht gesagt, dass das Konsequenzen haben wird? Du warst mir schon immer ein Dorn im Auge. Aber so langsam reicht's mir mit dir.“

In seinen Augen konnte ich blanken Hass erkennen. Ich lehnte mich zurück um etwas Abstand zu ihm zu gewinnen – saß ich ja noch auf dem Behandlungstisch –, doch brachte das nur wenig. Nach nur wenigen Schritten stand er nun direkt vor mir und beugte sich leicht über mich.

„Das wird dich teuer zu stehen kommen“, raunte er bedrohlich und griff nach der Schere, die auf dem Beistelltisch lag.

Dem Handgriff verfolgten meine Augen genau. Kalter Schweiß rann an meinem erblasstem Gesicht herab. Ich hatte Angst. Er würde doch nicht etwa...?

Doch ehe ich den Satz hätte beenden können, sah ich das Metall bereits auf mich zuschnellen. Mit Müh' und Not schaffte ich es der scharfen Klinge aufzuweichen, lag aber nun – unfähig mich zu wehren – auf der Liege und schluckte fest.

Wie in Zeitlupe sah ich die Schere wieder auf mich zukommen. Mein Puls raste, meine Atmung überschlug sich fast. Tränen drängten sich in meine Augen.

Nein. Bitte... Nicht schon wieder...

Das sollte mein letzter Gedanke sein. Im nächsten Moment griff ich fast wie von Sinnen nach seiner Hand, entriss ihm die Schere – und stach zu.

Seine lauten Schreie erreichten mich nicht. Ich sah nur noch Rot – und nicht nur weil sein Blut über meine Hände lief.

 

Schnell Tachi brach unter Schmerzen gekrümmt zusammen. Fest umklammerte ich das verhasste Utensil in meiner Hand. Mein Herz schlug so schnell, das es fast zu kollabieren drohte und auch meine Atmung würde nicht langsamer werden. Ich blinzelte, klärte meinen tränenverschwommenen Blick, holte aus und...

„WAS MACHST DU DENN DA?!“

Ehe ich es mich versah, hielten zwei Hände die meinigen fest umschlossen, sodass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Ich sah den Mann an, der mich festhielt. Es war der Sensei. Nur langsam realisierte ich was geschehen war. Die Tränen wollten gar nicht mehr aufhören zu fließen, während meine Beine nachgaben und ich kraftlos zu Boden sank. Neben mir kam die Schere, die ich hatte fallen lassen, mit einem lauten Klirren auf. Ich zuckte daraufhin heftig zusammen und hielt mir die Ohren zu, während ich meine Augen zusammenkniff und wünschte, das alles nur ein böser Traum sei.

 



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