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Bis(s) in den Tod

von

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Liebe? Hass? Oder beides?

Liebe und Hass sind zwei Seiten einer Medaille. Doch wie eng sind sie miteinander verbunden? Kann das eine ohne das andere überhaupt existieren?

Shana wusste, dass es Liebe und Hass gab, hätte aber nie gedacht, dass beides zusammen funktionieren konnte.
 

Oh mein Gott! Hatte Shana gerade wirklich Hunter erschossen? War sie denn komplett wahnsinnig geworden? Shana starrte regungslos Hunter an, der vor ihr auf dem Boden hockte. Lebte er noch?

„Hunter?“, fragte sie mit erstickter Stimme. Doch er zeigte keine Regung. Wie auch? Sie hatte ihn erschossen. Angewidert ließ sie die Waffe fallen. „Sag bitte etwas, wenn du noch lebst.“

Er regte sich immer noch nicht. Shana bekam Panik. Sie sollte den Vampiren doch helfen und sie nicht umbringen. Gerade, als sie sich zu Hunter herunterbeugen wollte, hob dieser seinen Kopf und starrte sie durch grüne Augen an.

„Hast du sie noch alle?“, fauchte er sie an. „Mir ist zwar klar, dass du mich nicht magst, aber deswegen musst du mich nicht gleich abknallen!“ Langsam stand er auf.

Shana musterte ihn und entdeckte Blut an seiner Wade. Sie hatte ihn nur ins Bein geschossen. Erleichtert atmete sie auf. Doch dann breitete sich wieder Panik in ihr aus.

„Ich muss dich ins Krankenhaus bringen.“

„Weswegen?“

Das fragte er noch? „Ich habe dich angeschossen. Die Kugel muss raus.“

„Und wie würdest du das einem Arzt erklären? „Hallo, ich bin eine dumme Göre und habe diesen jungen und vor allem hübschen Mann hier ausversehen angeschossen. Und nebenbei, er ist ein Vampir, also im Prinzip klinisch tot.’“

Sie hatte ihn angeschossen und er kam ihr mit Sarkasmus. Wunderbar.

„Aber die Kugel muss doch raus.“, überging sie seinen Protest. Hunter wickelte das Hosenbein auf und besah sich die Wunde.

„Herzlichen Glückwunsch. Glatter Durchschuss.“

Shana wusste nicht so recht, was er damit meinte. Hunter suchte den Boden kurz ab, hob etwas auf und drückte es ihr in die Hand. Shana starrte auf die blutige Kugel, die sie durch seine Wade geschossen hatte. Okay, jetzt wusste sie, was er meinte.

„Kannst du als Erinnerung behalten.“

Hunter hob die Waffe auf und humpelte davon. Shana hatte zwar Angst vor seinem Zorn, aber die Angst, alleine auf dem Friedhof zu sein, war wesentlich größer. Also rannte sie hinter ihm her.

„Muss die Blutung nicht gestillt werden?“

„In einer Stunde ist die Haut bereits zusammengewachsen. Ich bin ein Vampir. Wir haben gute Selbstheilungskräfte.“

Stimmt. Ethan hatte das auch gesagt, als er von den Werwölfen halb zerfetzt wurde.

„Aber durch den Blutverlust, muss ich bald was trinken gehen. Na? Was ist? Willst du dich anbieten?“

Shana erstarrte. Als Hunter das sah, lachte er auf. „Keine Sorge. Ich steh nicht auf Kinderblut. Du bist die Wächterin und hast einen gewissen Status, was das Blut trinken angeht. Was nicht heißt, dass ich dich nicht auf andere Arten umbringen kann.“

„Hunter, es tut mir-“, versuchte sie seinen Scherz zu übergehen, doch Hunter wollte das nicht hören.

„Stopp!“, unterbrach er sie. „So etwas langweilt mich, also lass es lieber bleiben. Ich vermute mal, es war keine Absicht, also was soll’s?“

Ihre Kinnlade klappte runter. „Ich habe dich angeschossen.“

„Na und? Du bist nicht die Erste.“

„Ich hätte dich umbringen können.“

„Selbst erfahrene Schützen haben das nicht geschafft. Also ist deine Chance mich umzubringen praktisch nicht vorhanden.“

„Wie kannst du das so einfach abtun?“

„Du willst, dass ich sauer auf dich bin? Zeitverschwendung. Ich überlasse es Ethan, dich zu hassen. Ich habe für so was einfach keine Zeit.“

Entweder halluzinierte Shana oder es war ihm wirklich egal. Das war doch einfach nicht zu fassen! Waren alle im Clan verrückt geworden?

„Schusswaffen sind also nicht dein Ding. Versuchen wir es morgen mal mit Bogenschießen oder dem Stabkampf. Vielleicht kriegst du das ja hin.“, bemerkte er beiläufig.

„Ich will keine Waffen mehr benutzen.“, flüsterte sie.

Hunter blieb abrupt stehen und drehte sich zu ihr um. Shana hob den Kopf und starrte in die Mündung der Waffe. Sie bekam große Augen und blieb ebenfalls stehen.

„Wie hast du es überhaupt geschafft, so lange zu überleben, Gör?“

„Könntest du bitte die Waffe runter nehmen?“ Langsam wurde sie nervös, doch er ignorierte ihre Bitte einfach.

„Das hier ist kein Spiel. Der Kampf zwischen Werwölfen und Vampiren ist bitterer Ernst. Denkst du, die Werwölfe interessiert es, ob du eine Waffe benutzen willst oder nicht? Du als Wächterin bist Teil dieses Kampfes. Also spiel gefälligst nach den Regeln und benimm dich nicht wie ein Baby!“

Dann wandte er sich ab und ging weiter. Shana blieb noch einen Augenblick stehen, holte tief Luft und folgte ihm dann.

Wieder in der Gruft humpelte Hunter einfach davon und würdigte Shana keines Blickes mehr. Das sollte mal einer verstehen. Er war nicht sauer auf sie, weil sie ihn angeschossen hatte, sondern weil sie keine Waffe mehr zur Hand nehmen wollte? Wie verrückt war das?

Shana ging in das Zimmer von Ethan, legte sich ins Bett und zog sich die Bettdecke über den Kopf. Am liebsten würde sie nie wieder darunter hervor kriechen. Wieso ging nur alles in ihrem Leben schief? Was hatte sie getan, um so was zu verdienen? Sie wollte keinem mehr unter die Augen treten. Die Vampire würden wahrscheinlich böse sein, weil sie Hunter, einem von ihrem Clan und so was wie ein Familienmitglied, angeschossen hatte. Wie konnte man sich nur so dämlich anstellen?
 

Shana wusste nicht, wie lange sie schon so rumlag und sich selbst bemitleidete. Es war ihr auch egal. Am liebsten wäre sie vor Scham gestorben. Shana wurde unsanft aus ihrer Lethargie gerissen, als ihr jemand die schützende Bettdecke weg riss. Dieser Angriff kam so lautlos und unerwartet, dass sie aufschrie und in das grinsende Gesicht von Chris starrte. Als die erste Schrecksekunde vorüber war, beruhigte sie sich allerdings wieder.

„Na? Wie geht es unserem Superschützen?“

Na wunderbar. Hatte sich das also schon herumgesprochen. Konnte Hunter nicht einfach seine Klappe halten? Aber Chris schien nicht böse zu sein, sondern eher amüsiert. War das nun gut oder schlecht? Zumindest war es ziemlich peinlich. Shana wollte sich wieder die Bettdecke über den Kopf werfen, aber Chris hatte diese außer Reichweite gebracht.

„Ich wusste gar nicht, dass du Hunter so sehr hasst.“

„Es war ein Versehen und keine Absicht!“

„Das sagen sie alle.“

„Chris!“

„Schon gut, schon gut. Ich höre ja schon auf.“ Trotzdem grinste sie noch von einem Ohr zum anderen.

„Wolltest du etwas Bestimmtes von mir?“

„Ich wollte deine Version der Story hören. Ob sie auch so blutig war, wie Hunter es erzählt hat.“

Shana rollte mit den Augen und stöhnte genervt auf. Chris hingegen fing an zu kichern.

„Okay, okay. Ich höre ja schon auf.“

„Danke.“

„Willst du eigentlich die ganze Nacht im Bett rumliegen?“

„Eigentlich hatte ich das vor, wieso?“

„Ich wollte etwas mit dir unternehmen. Deswegen bin ich auch hier.“

„Und was?“

„Lass dich einfach überraschen.“

Shana rollte abermals mit den Augen, stand aber auf. Ein bisschen Ablenkung wäre bestimmt nicht schlecht. Außerdem würde Chris sie so lange nerven, bis Shana ja sagte. Also konnte sie das Ganze auch gleich abkürzen.

„Lass mich vorher aber noch etwas essen, okay?“

„Klar.“

Gemeinsam gingen sie in die Küche, doch Shana fand nichts weiter, als einen Kanten Brot und einem Stück Käse. Na super! Hatte sie ihre Vorräte wirklich schon verbraucht? Oder hatten die Vampire sich darüber hergemacht? Na ja… das wohl eher nicht.

Chris bemerkte ihre karge Ausbeute.

„Viel ist das ja nicht.“

„Nein.“

„Dann können wir auch gleich noch einkaufen gehen. Es gibt doch diese Supermärkte, die 24 Stunden geöffnet haben.“

Shana überschlug im Kopf, was sie noch an Geld hatte. Viel war es nicht, aber es würde sicher für etwas Reis und einige Tütensuppen reichen.

Nachdem Shana sich warm eingepackt hatte, machten sie sich auf den Weg. Shana hatte erwartet, dass Chris mit ihr in die Stadt hüpfte, doch sie bewegten sich von der Stadt weg. Chris setzte Shana auf einer einsamen Straße ab und ging dann zu Fuß weiter.

„Wo willst du mit mir hin?“, fragte Shana irritiert.

„Wir besuchen eine Freundin von mir.“

Eine Freundin? War sie ein Mensch oder ein Vampir? Diese Fragen stellte sie auch Chris, doch anstatt zu antworten, hakte sie sich bei Shana unter und kicherte.

„Was weißt du eigentlich über Hunter?“, lenkte der Vampir das Gespräch in andere Bahnen. Das Thema Hunter war für Shana wirklich unangenehm und sie krampfte sich innerlich zusammen.

„Nicht viel.“, gab sie dann kleinlaut zu.

„Willst du was über ihn wissen?“

Wollte sie das? Wahrscheinlich aber war es besser, wenn sie etwas über ihn wusste. Bis auf Hunter und Ethan, kannte sie von jedem die Lebensgeschichte. Shana nickte.

„Wusstest du eigentlich, dass Hunter nur ein Spitzname ist?“

„Nein. Für was?“

„Mit richtigem Namen heißt er Huntington Duncan.“

Shana prustete los. Und sie dachte schon, ihr Name wäre bescheuert.

„Aber sag ihm bloß nicht, dass du ihn weißt. Er wird echt sauer, wenn man ihn so nennt.“

Shana nickte, musste aber trotzdem grinsen.

„Na jedenfalls wurde er 1874 in Bosten geboren. Schon damals war es nicht einfach dort zu leben. Es herrschte viel Kriminalität. Dort konnte man nur überleben, wenn man sich seine Daseinsberechtigung verdiente. Das musste auch Hunter sehr früh lernen. Seine Eltern hatte er kaum gekannt, weil sie erschossen wurden, als er 3 Jahre alt war. Daraufhin kam er zu seiner Großmutter. Sie war schon alt und wurde oft krank. Da sie kaum Geld für Nahrung und Medikamente aufbringen konnten, nahm Hunter schon früh Jobs an um das Geld zu verdienen. Sie war die einzige Person, die er noch hatte und kümmerte sich besonders gut um sie. Doch auch wenn er drei Jobs auf einmal hatte, konnte er kaum genug Geld aufbringen, da die Wirtschaftslage sehr schlecht war. Deswegen schloss er sich mit 17 einer Gang an. Er dealte mit Waffen, Lebensmitteln und Drogen. Das brachte ihm genug Geld, um ein recht angenehmes Leben zu führen. Er war 25, als seine Großmutter herausfand, womit er das ganze Geld verdient hatte.“

„So spät erst?“, unterbrach Shana sie. Das war für sie doch ein wenig ungewöhnlich.

Chris zuckte mit den Schultern. „Sie verließ nie das Haus, weil das ihr Gesundheitszustand meist nicht zuließ. Und sonst kümmerte Hunter sich um alles. Sie glaubte, dass er in einer Fabrik arbeiten würde. Doch eines Tages fand sie Waffen und Rauschgift in seinem Zimmer. Daraufhin verlangte sie von ihm, dass er diesen zwielichtigen Beruf aufgab und sich ehrliche Arbeit suchen sollte. Da Hunter sie wirklich liebte und ihm der Job bei der Straßenbande auch nicht mehr zusagte, stieg er aus. Doch man steigt nicht einfach so aus einer Gang aus.“

Chris machte eine dramatische Pause und holte einmal tief Luft.

„Es war abends, als Hunter von seiner Jobsuche nach Hause kam und seine Großmutter in der Küche fand. Zumindest das, was noch von ihr übrig war. Alles war voller Blut. Sie war in Stücke gerissen worden. Die Details erspare ich dir lieber. Hunter wusste, wem er das zu verdanken hatte. Er wollte die Gang aufsuchen und sie alle umbringen. Gerade, als er sich auf den Weg machen wollte, kam seine Freundin Jennifer vorbei. Sie waren noch nicht sehr lange zusammen und sie kümmerte sich um seine Großmutter, wenn er auf der Arbeit war.“

„Er hatte eine Freundin?“ Wie schon zuvor fragte Shana sich, wie eine Frau es nur bei so einem Typen wie Hunter aushalten konnte.

Chris nickte. „Als Jennifer sah, was passiert war, teilte sie Hunter mit, dass es Selbstmord wäre, Rache zu üben. Denn sie wusste etwas, was Hunter nicht wissen konnte. Doch ihm war es egal. Er wollte die Kerle bluten sehen für das, was sie seiner Großmutter angetan hatten. Um Hunter zu schützen, sah sie sich gezwungen, ihm die Wahrheit zu sagen. Nämlich, dass sie ein Vampir war und er für eine Gang von Werwölfen gearbeitet hatte.“

Shana blieb stehen. So mies konnte das Schicksal doch nicht sein.

„Das hat er nicht gewusst?“ Wie konnte jemand 8 Jahre lang für ein Rudel Werwölfe arbeiten und es nicht wissen? Wenn Shana an ihre Begegnung mit diesen räudigen Kötern dachte, wurde ihr übel. Sie stanken nach totem Fleisch. Das hätte Hunter doch auffallen müssen.

„Woher denn? Werwölfe verwandeln sich nicht jede Nacht in ihre tierische Gestalt. Sie verwandeln sich nur, wenn es notwendig ist. Und in Gegenwart von Hunter war dies nie der Fall gewesen. Sie halten sich Menschen gegenüber genauso bedeckt, wie wir. Wenn man anders ist, wird man gejagt. Damals, als die Menschen der Hexerei bezichtigt und verbrannt wurden, waren es meist Werwölfe oder Vampire, die ihr Leben ließen. Deswegen sind wir im Umgang mit Menschen sehr vorsichtig. Bei Werwölfen ist es nicht unüblich, dass sie Menschen für sich arbeiten lassen ohne dass die Menschen über deren wahren Natur Bescheid wissen.“

Chris setzte sich wieder in Bewegung und Shana folgte ihr.

„Hunter nahm diese Geschichte ganz gut auf. Und als er die Gefahr erkannt hatte und einsah, dass er als Mensch keine Chance hatte, verlangte er von Jennifer, dass sie ihn zu einem Vampir machen sollte.“

Wieder blieb Shana stehen. „Was?“

„Wenn du ständig stehen bleibst, sind wir noch hier, wenn die Sonne aufgeht“, nörgelte Chris.

„Du kannst nicht so was sagen und von mir erwarten, dass ich das so einfach hinnehme.“

„Komm weiter.“

Chris nahm sie bei der Hand und zog sie weiter.

„Jennifer weigerte sich erst, aber als Hunter drohte, sich einen anderen Vampir zu suchen, verwandelte sie ihn. In der nächsten Nacht machten sich dann beide auf den Weg und brachten die Werwölfe um. Alle erwischten sie nicht und Jennifer kam dabei ums Leben. Das war die Nacht, in der Hunter sich schwor, jeden Werwolf umzubringen, der ihm über den Weg lief. Eben ein Hunter, also ein Jäger.

Dabei reiste er durch Amerika, traf irgendwann auf Jay und Hawk und bald kamen sie nach Asien, wo sie Rowen und Ethan trafen. Das ist die ganze Geschichte.“

Shana war baff. Also deswegen hatte Hunter so einen Hass auf die Werwölfe und nahm diesen Kampf so verdammt ernst. Sie würde sich bei Hunter nie wieder wegen irgendwas beschweren. Wenn er sich schon freiwillig in einen Vampir verwandelte, nur um seine Großmutter zu rächen, was würde er dann tun, wenn er mal auf Shana selbst so richtig sauer war? Sie wollte es sich nicht mal vorstellen. Wie verzweifelt musste er gewesen sein, dass er zu so einer Entscheidung fähig war? Shana sah zu Chris. Auch sie wurde freiwillig zu einem Vampir. Aber sie wollte nur von ihren Eltern weg. Hunter opferte sich auf, um seine Großmutter zu rächen. Der Rest wurde ungewollt zu einem Vampir. Gab es denn niemanden, der sagte, dass das Leben als Vampir toll war und deswegen zu einem geworden war? Vermutlich würde sie keinen finden. Immerhin ist es bestimmt nicht lustig, sich nur von Blut zu ernähren. Wobei sie nicht wusste, wie es bei Ethan war. Wie war er zu einem Vampir geworden? Aber so wie sie ihn kannte, würde er es ihr nicht erzählen. Auch gut.

Sie bogen ab und kamen dann zu einem Tempel, der auf einem Hügel stand und von Bäumen umsäumt war. Während sie die Stufen emporstiegen, fragte Shana sich, was sie hier wollten. Wollte Chris jetzt beten gehen? Hatte sie nicht gesagt, dass sie eine Freundin von ihr besuchen wollten? Irgendwie war das seltsam. Aber was war auch schon normal, seit sie die Vampire kannte?

Oben angekommen entdeckten sie ein Mädchen, das vor den Toren des Tempels fegte. Die Lampen, die den Weg zum Eingang umsäumten, warfen unheimliche Schatten auf das Mädchen und die Bäume, unter denen sie fegte. Es war fast Mitternacht und es war kalt. Was sollte das? Wer kam auf die bescheuerte Idee um diese Uhrzeit Laub zu fegen? Sie kamen näher und als das Mädchen sie bemerkte, hob sie ihren Besen und ging damit in Angriffsstellung. Shana wollte stehen bleiben, aber Chris ging weiter auf sie zu und zog Shana mit, da sie immer noch Händchen hielten.

„Halt!“, befahl das Mädchen. Sie hatte eine schöne Stimme. So weich und flüssig wie Honig. „Noch einen Schritt weiter und ihr werdet es bereuen!“

„Achja?“, fragte Chris herausfordernd und fing an zu lachen.

„Chris-chan?“, fragte das Mädchen.

„Wer sonst?“

Dann liefen die beiden aufeinander zu und umarmten sich. Shana stand etwas perplex daneben und wartete, bis die beiden sich ausgiebig begrüßt hatten. Als sie sich voneinander lösten, betrachtete das Mädchen Shana eingehend, was Shana ihr gleichtat. Sie hatte langes rotes Haar, wobei ihr Pony bis knapp über die Augen ging. Die Augen waren faszinierend. Sie waren wie bei Shana ebenfalls blau, aber bei diesem Mädchen leuchteten sie geradezu. Unter der weiß-roten Tempeltracht ließ sich eine schlanke Figur erahnen. Sie wirkte zierlich und mit diesem offenen Lächeln, recht freundlich. Kaum zu glauben, dass sie sie vorher angreifen wollte.

„Also, Shana, darf ich dir Rin-chan vorstellen?“

Shana machte große Augen. Das war Rin? Die Rin, von der alle erzählten, Shana aber praktisch nichts von ihr wusste. Zur Hölle mit Chris!

Rin lächelte. „Hallo. Ich bin Arisawa Rin.“

Sie verneigte sich und auch Shana fiel ihr Anstand wieder ein.

„Hallo. Ich heiße Minabe Shana.“ Sie verneigte sich ebenfalls.

„Ah. Dann bist du also die Wächterin? Chris-chan hat mir schon einiges über dich erzählt.“

„Äh… ja.“

„Freut mich, dich kennen zu lernen.“

„Gleichfalls.“

„Wollt ihr vielleicht einen Tee?“

„Gerne.“, sagte Chris.

Während Rin ins Innere des Tempels verschwand, setzten Shana und Chris sich auf die Stufen vor dem Eingang.

Shana hatte so viele Fragen. Wer war Rin? War sie wirklich die Freundin von Hunter? Warum war sie mit den Vampiren befreundet? In welcher Beziehung stand sie zum Clan? Es war ungewöhnlich, da Vampire doch eigentlich als böse Dämonen angesehen wurden und deswegen nicht mit einer Dienerin des Tempels befreundet sein konnten, weil sie sie doch töten musste. Das alles ergab überhaupt keinen Sinn.

Gerade, als Shana ihre Fragen an Chris richten wollte, tauchte Rin mit Tee und Keksen wieder auf und setzte sich zu ihnen. Shana nahm ihren Tee dankend an und wärmte sich daran auf. Kurz genossen alle ihren Tee und die dadurch entstehende Ruhe, doch dann fing Chris an von dem Ball zu erzählen. Natürlich konnte sie es nicht lassen und berichtete davon, wie Shana von einer betrunkenen Ballkönigin zu einer schießwütigen Verrückten wurde. Rin fand das sehr amüsant.

„Ich kenne dich zwar noch nicht sehr gut, aber allein weil du Hunter angeschossen hast, mag ich dich und du verdienst meinen Respekt.“

„Ähm… Danke?“ Shana hatte immer noch nicht erfahren, was es mit Rin auf sich hatte.

Chris grinste. „Du willst wissen, wer Rin-chan ist, oder?“, fragte sie wissend. Anscheinend konnte man es Shana vom Gesicht ablesen.

„Das wäre nett.“

„Rin-chan ist eine Jägerin.“

Jetzt war Shana völlig von den Socken. „So wie Buffy?“

Die beiden fingen an zu lachen.

„Nein. So bin ich nicht. Na ja… nicht so wirklich. Ist ein bisschen kompliziert, würde ich sagen.“

„Sie jagt Werwölfe und Vampire.“

Jetzt war Shana noch mehr verwirrt. „Aber Chris ist doch auch ein Vampir. Und ihr seid befreundet. Das passt irgendwie nicht zusammen.“

„Ich jage auch nur böse Vampire. Also solche, die Freude am Töten haben. Die Art, wie Chris und die anderen sich ernähren ist für mich akzeptabel.“

„Bis auf Hunter, versteht sich.“, mischte Chris sich ein. Als sie das sagte, wurde der Gesichtsausdruck von Rin grimmig.

„Hunter ist böse.“, behauptete Rin fest und steif.

„Er ernährt sich wie die anderen auch.“

„Er ist ein Idiot und irgendwann werde ich ihn umbringen!“

„Warum hasst du ihn?“, fragte Shana irritiert. Hieß es nicht, dass sie die Freundin von Hunter war? Warum also hasste sie ihren eigenen Freund? Oder hatte Shana da etwas vollkommen falsch verstanden?

Bevor Rin antworten konnte, kam Chris ihr zuvor. „Ich war die Erste, die auf Rin traf. Sie wollte mich umbringen, als ich einen Jugendlichen aussaugen wollte, der von einer Brücke springen wollte. Ich kann dir sagen, diese Begegnung war nicht gerade lustig. Rin hat ein paar ganze fiese Tricks drauf. Bevor wir uns gegenseitig umbringen konnten, haben wir uns dann doch irgendwie vertragen. Frag mich nicht wie. Als ich ihr alles erklärt hatte, haben wir uns sogar angefreundet. Danach habe ich ihr den Clan vorgestellt, damit sie sich nicht gegenseitig umbringen, wenn sie auf die Jagd gehen. Alle mochten Rin, nur Hunter hatte etwas gegen sie.“

„Er meinte, ich wäre noch ein Kind und keine ernst zunehmende Gegnerin.“, brauste Rin auf. „Und ich würde es niemals schaffen einen Werwolf, geschweige denn einen Vampir zu töten. Dass ich schon jage, seit ich 11 bin, also seit 5 Jahren, interessierte ihn natürlich nicht.“

„Daraufhin fingen die beiden an zu kämpfen. Rin war Hunter nur ganz knapp unterlegen. Seitdem bekriegen sie sich.“

„Er hat bei diesem Kampf mit fiesen Tricks gearbeitet! Das war kein verdienter Sieg!“, schmollte Rin.

Shana wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Verdammt! War sie nun mit Hunter zusammen oder nicht? Sie wollte aber nicht fragen, da das doch ziemlich privat war. Deswegen fragte sie etwas anderes.

„Wie kommt es, dass du eine Jägerin bist? Wusstest du das schon immer?“

Rin lächelte. „Ja, wusste ich. Jägerinnen gibt es, seit es Werwölfe und Vampire gibt. Seit es meine Familie gibt, waren alle Frauen Jägerinnen. Dieser Job ist aber nur Frauen vorbehalten. Deswegen nehmen wir auch nie den Namen des Mannes an, den wir mal heiraten. Nur eine Arisawa kann eine Jägerin sein.“

„Sind alle Jäger Tempeldiener?“

Rin fing an zu lachen. „Nein. Nicht zwangsläufig. Meine Mutter trug das Blut der Jägerin in sich, verweigerte sich dem aber. Sie meinte, sie wäre zu etwas Größerem geboren. Sie heiratete meinen Vater, der sehr viel Geld hat und bekam dann irgendwann mich. Als sie merkten, dass ich ebenfalls Jägerblut in mir trug und mich gegen die Etikette wehrte und lieber kämpfte, anstatt mich als feine Dame zu geben, schoben sie mich in den Tempel hier zu meiner Großmutter ab. Das Beste, was mir passieren konnte. Großmutter wollte sowieso, dass ich zu ihr komme, damit sie eine Jägerin aus mir machen konnte. Meine Mutter wollte das nicht, aber als ich nicht mehr zu halten war, gab sie sich geschlagen. Damals war ich sechs.“

„Siehst du deine Eltern denn noch?“

„Eigentlich nicht. Sie schicken mir immer Geld und ich muss auf eine Privatschule gehen, damit ich zumindest gebildet bin, wenn ich irgendwann mal keine Jägerin mehr sein kann. Sonst habe ich nicht viel mit ihnen zu tun.“

Das war traurig. Obwohl Rin es doch ganz gut getroffen hatte. Immerhin musste sie ihre Eltern nicht mehr sehen, so wie es bei Shana der Fall war.

Die Mädchen unterhielten sich noch eine Zeit lang über die verschiedensten Dinge. Shana merkte, dass Rin ihr wirklich sympathisch war. Sie würden bestimmt gute Freunde werden. Obwohl Shana sich nicht so ganz vorstellen konnte, wie so ein zierliches Mädchen wie Rin gegen Werwölfe und Vampire kämpfen konnte. Aber was wusste sie schon?

Irgendwann verabschiedeten sie sich dann auch von Rin. Was gut so war, da es draußen trotz des Tees kalt war. Und auch Rin musste sich fertig machen, da sie noch ihre Aufgaben im Tempel erledigen musste und danach dann noch auf die Jagd ging. Shana bewunderte das. Tagsüber ging sie bis spät in die Schule, erledigte danach ihre Aufgaben im Tempel, was meist bis in die Nacht ging und dann jagte sie auch noch. Wann schlief Rin eigentlich mal?

Da war Shana doch ganz froh, dass sie Wächterin war und nicht Jägerin. Das war ja ein richtiger Fulltimejob.

Sie verabschiedeten sich und Rin versprach, dass sie bald mal in der Gruft vorbeikommen würde. Auf der Hälfte der Treppe nach unten, schnappte sich Chris Shana und sprang in die Luft. Aber statt sich von dem Tempel zu entfernen, steuerten sie wieder drauf zu. Chris sprang auf eine hohe Eiche und ließ sich auf einen der dicken Äste nieder und setzte Shana ab.

„Was machen wir hier?“, flüsterte Shana.

„Wart es ab.“

Vom Baum aus hatten sie einen guten Blick auf den Tempelvorplatz. Rin stand dort und fegte Laub zusammen.

Sie mussten auch nicht wirklich lange warten, bis sich eine Gestalt näherte. Als Rin sie bemerkte, ging sie sofort in Angriffsstellung. Shana brauchte einen Moment, bis sie die Gestalt erkannte. Es war doch tatsächlich Hunter gewesen. Was hatte das nun wieder zu bedeuten?

„Hunter!“, fauchte Rin. „Kommst du sogar freiwillig, um dich von mir töten zu lassen? Wie nett von dir. Dann muss ich mir nicht die Mühe machen und dich suchen.“

„Das ich nicht lache. Ich wollte nur ein kleines Warm-up, bevor ich auf die Jagd gehe.“

„Du wirst diesen Tempel nicht mehr lebend verlassen!“

Rin erhob den Besen und rannte auf Hunter zu. Er bewegte sich nicht. Als Rin den Besen auf ihn niedersausen ließ, wich er geschmeidig aus. Schnell drehte sie sich um ihre eigene Achse und schlug erneut zu. Sie streifte ihn an der Schulter. Der nächste Schlag zielte auf seinen Bauch, doch Hunter wehrte ihn mit dem Arm ab.

„Du Bastard!“, fluchte Rin und traktierte ihn mit weiteren Schlägen. Einige trafen und andere konnte Hunter geschickt abwehren. Er selbst schlug Rin mit Fäusten und Fußtritten. Auch sie bekam einiges ab.

Shana fragte sich nicht nur, warum sie sich das ansahen, sondern auch, warum sie nicht dazwischen gingen. Offensichtlich wollten die beiden sich gegenseitig umbringen. Doch Chris schaute stillschweigend zu und lächelte. Warum lächelte sie? Fand sie es toll, wenn die beiden sich halbtot prügelten? Rin stöhnte auf und Shana konzentrierte sich wieder auf das Geschehen.

Rin hatte einen Faustschlag in den Magen abbekommen und krümmte sich leicht. Doch das ließ sie nicht auf sich sitzen und schlug ihn erneut. Als Hunter diesen Schlag abwehrte, stellte sie ihm ein Bein, sodass er rücklings zu Boden fiel. Schnell saß sie auf ihm und drückte den Besenstiel gegen seine Kehle.

„Ich hab dich, du Abschaum!“

Doch anstatt ihm den Gnadenstoß zu verpassen, schleuderte sie ihren Besen beiseite und küsste Hunter stürmisch. Er erwiderte den Kuss und schlang seine Arme um ihren Körper. Sie küssten sich sehr intensiv und konnten nicht die Finger von einander lassen. Gerade noch bewunderte Shana die Wendigkeit, die Schnelligkeit und die Präzision der beiden Kontrahenten und jetzt das!

Irgendwie schafften sie es aufzustehen ohne ihre Lippen von einander zu lösen und bewegten sich in Richtung Schuppen, der in der Nähe stand. Erst als die beiden darin verschwunden waren, wandte Chris sich an Shana.

„Die beiden sind doch süß oder?“

Süß? Shana konnte sich denken, was die beiden da in dem Schuppen machten. Und das war ganz und gar nicht süß. Waren alle Vampire so Sex besessen oder nur die Vampire innerhalb des Clans? Sie hätte von Rin ja so einiges gedacht, aber das sicher nicht. Shana stieg die Schamesröte ins Gesicht, wenn sie nur daran dachte.

„Was bitte war das?“

„Sie lieben sich.“ Als ob das eine Erklärung wäre.

„Ich habe gedacht, dass sie sich gleich umbringen würden. Hieß es nicht, dass sie sich hassen?“

„Naja, es ist so eine Art Hassliebe. Sie sind ein Paar, aber das würde keiner von beiden zugeben. Ich habe das auch nur durch Zufall herausgefunden. In ihrer verqueren Art von Liebe müssen sie sich bekämpfen und doch lieben sie sich gleichzeitig auch. Jedes Paar ist eben anders.“

„Versteh einer diese beiden.“

„Ich wusste, dass Hunter heute Nacht zu Rin kommen würde, deswegen sind wir noch geblieben. Ich wollte dir zeigen, dass sie doch ein Paar sind. Und ich wollte dir zeigen, warum Hunter nicht will, dass du Rin kennen lernst.“

„Das verstehe ich jetzt nicht. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?“

„Du hast doch gesehen, wie verrückt sie nacheinander sind oder?“

Shana nickte.

„Hunter liebt Rin wirklich sehr und er will sie vor allem und jedem beschützen. Ihm passt es nicht, dass sie die Jägerin ist, weil sie sich in viele gefährliche Situationen begibt. Es ist zwar nicht so, dass sie nicht kämpfen könnte, aber Hunter hat einfach Angst um sie. Die letzte Person, die Hunter so geliebt hatte, war seine Großmutter. Und sie starb durch die Hand der Werwölfe. Er will nicht, dass das noch mal passiert.“

„Aber was hat das mit mir zu tun?“

„Wenn du dich mit Rin richtig anfreundest, könnte sie sich vielleicht mehr für dich interessieren, als für ihn. Oder aber sie würde mehr Zeit mit dir verbringen, als mit ihm. Er will sie eben ganz für sich alleine haben. Ihm passt es schon nicht, dass ich gut mit ihr befreundet bin. Denn je mehr Zeit sie mit anderen Leuten verbringt, desto weniger Zeit verbringt sie mit ihm und das will er nicht.“

„Ist das nicht ein bisschen übertrieben und Besitz ergreifend?“

„Vermutlich, aber so ist die Liebe nun mal. Da ist nichts rational und man lässt die Fünf auch mal gerade sein.“ Chris zuckte mit den Schultern. „Wie auch immer. Lass uns einkaufen gehen.“

Damit kletterte Shana wieder auf den Rücken von Chris und sie erhoben sich in die Luft. Shana dachte über das nach, was Chris gesagt hatte. Liebe war nun mal so[ i]. Konnte man das einfach so sagen? Rechtfertigte Liebe das Verhalten der Menschen? Einfach so? Das konnte doch nicht alles sein. Bei rechtem Licht betrachtet hätte sie es auch nie für möglich gehalten, dass Hunter sich so benehmen würde. Immerhin redete sie hier von Hunter. Der harte Kerl, den es noch nicht einmal interessierte ob man ihn anschoss oder nicht. Aber was wusste sie schon? Sie war ja noch nie verliebt gewesen. Wie also sollte sie das Verhalten von Hunter beurteilen können? Wie würde sie sich verhalten? Würde Shana auch so werden wie er oder sich wünschen, dass ihr Partner auch so war, wie Hunter? Aber war es nicht eigentlich überflüssig sich darüber Gedanken zu machen? Immerhin würde sie wahrscheinlich nie einen Partner haben. Obwohl… vielleicht mit Yue? Shana schob diese Gedanken erstmal beiseite, weil sie vor dem Supermarkt angekommen waren.

Chris stopfte alles nur Erdenkliche in den Einkaufswagen. Als Shana ihr sagte, dass sie das alles gar nicht bezahlen könnte, winkte der kleine Vampir ab und sagte, dass sie die Rechnung übernehmen würde. Und da Shana sie nicht umstimmen konnte – Wann konnte sie das schon mal? –, sah sie einfach schweigend zu, wie der Inhalt im Wagen wuchs und wuchs. Am Ende hatten sie fünf volle Tüten, die sie in die Gruft schleppten. Sie räumten die Sachen zusammen in den Kühlschrank und in die Küchenschränke. Also verhungern würde Shana sicher nicht mehr.

Dann verabschiedete Shana sich auch, weil sie müde war. Schnell machte sie sich fertig und ging dann in das Zimmer von Ethan. Nebenbei, wo war er überhaupt? Seit dem Ball hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Das war schon sehr merkwürdig, aber es kümmerte sie auch nicht. Er machte doch eh immer nur das, was er wollte.

Im Supermarkt hatte sie eine kleine Nachttischlampe erstanden, die sie auf das kleine Schränkchen neben dem Bett stellte. Es war ein angenehmes Gefühl zu wissen, dass Licht jetzt nur noch eine Armeslänge von ihr entfernt war, wenn sie im Bett lag. Schnell schlüpfte sie unter die Decke. Während sie darauf wartete, dass ihr warm wurde, beschloss sie Mika bald anzurufen. Ihre beste Freundin machte sich bestimmt schon Sorgen.

Sie war schon fast eingeschlafen, als sie Tür leise knarrte. Sofort war Shana wieder wach. Da die Nachttischlampe noch eingeschaltet war, erkannte sie Ethan, der das Zimmer betrat. Und er sah noch missgelaunter aus als sonst.

„Was soll das da?“, fauchte er und zeigte auf die kleine Lampe.

„Das ist eine Nachttischlampe.“

„Ich weiß, was das ist, blöde Kuh! Ich will wissen, was sie hier macht!“

„Ich kann im Dunkeln nicht so gut sehen wie du und brauche Licht um mich in deinem Zimmer zurechtzufinden.“

„Ich will diesen überflüssigen Kitsch hier nicht haben!“

„Es ist nur eine Lampe.“

„Das ist mir ziemlich egal.“, brauste er auf.

Man, war er sauer. Shana verstand nun gar nichts mehr. Sie dachte wirklich, dass sie nach dem Ball nun so etwas wie Freunde waren. Doch anscheinend hatte sie sich getäuscht, denn Ethan war noch ekeliger zu ihr als sonst.

„Was ist nur los mit dir? Auf dem Ball warst du mal so was wie nett. Ich habe dir doch nichts getan.“

Anscheinend hatte sie genau das Falsche gesagt, denn plötzlich funkelten seine Augen golden und er zog die Oberlippe zurück, sodass sie seine Fänge deutlich sehen konnte. Jetzt bekam sie es schon mit der Angst zu tun.

„Das mit dem Ball war eine Ausnahme. Bilde dir bloß nicht ein, dass ich jetzt nett zu dir bin. Ich hasse dich immer noch wie die Pest!“

„Schön! Ich hasse dich auch!“, schrie sie ihn an. Das war doch echt nicht zu fassen. Dieser eingebildete Idiot! Er sollte sich mal entscheiden, was er eigentlich wollte. Entweder war er freundlich zu ihr oder fies. Beides ging nicht.

Ethan zog sich bis auf die Boxershorts aus und legte sich ins Bett. Diesmal war er darauf bedacht, sie nicht zu berühren und wahrte Abstand. Auch gut. Das war Shana nur recht. Sie machte das Licht aus und kochte vor Wut. Sie hatte nichts falsch gemacht. Warum also war er wütend auf sie gewesen? Doch darüber nachzudenken machte sie nur noch zorniger, sodass sie es schließlich aufgab und irgendwann einschlief.
 

Als Shana erwachte, war Ethan schon nicht mehr da. Umso besser. Wenn sie an ihn dachte, wurde sie wieder wütend. Wurden sie eben doch keine Freunde. Das machte aber auch nichts. Sie war nicht auf ihn angewiesen.

Bevor Shana aufstand, holte sie ihr Handy aus ihrer Hosentasche und rief bei Mika an. Doch es schaltete sich die Mailbox ein. Komisch. Mika hatte doch sonst immer ihr Handy an. Sie probierte es auf dem Festnetzanschluss.

„Bei Kusuragi.“, meldete sich die Stimme des Butlers nach kurzem Klingeln.

„Hallo Yamamoto-san. Hier spricht Minabe-san.“

„Hallo. Was kann ich für dich tun?“

„Ich hätte gerne Mika gesprochen.“

„Warte bitte einen Moment.“

Es klickte. Dann war kurze Zeit später eine andere männliche Stimme zu hören. „Hallo, Shana-kun.“

„Kusuragi-sama?“

„Nenn mich doch Hiroshi.“

„Sie wissen, dass ich das nicht kann.“

Am anderen Ende der Leitung seufzte er tief.

„Es ist zwar nett, mit ihnen zu reden, aber eigentlich wollte ich mit Mika sprechen.“

„Oh. Du weißt es noch nicht?“

„Was denn?“

„Mika ist krank.“

„Was? Was hat sie denn?“ Shana war entsetzt. Da meldete sie sich ein paar Tage nicht und dann so was.

„Die Ärzte sagen, dass sie sich eine Grippe eingefangen hat.“

„Ist es ernst?“

„Eigentlich nicht.“ Eigentlich nicht?

„Kann ich sie besuchen?“

„Besser nicht. Sie ist ansteckend und du warst doch gerade erst krank.“

Langsam dämmerte es Shana. „Habe ich sie angesteckt?“

„Bestimmt nicht.“

„Doch, das habe ich. Es tut mir sehr leid.“

„Gib dir bitte nicht die Schuld daran. Sie wird wieder gesund werden.“ Warum nur glaubte Shana das nicht?

„Wirklich?“

„Aber natürlich.“

„Und ich kann sie nicht vielleicht doch besuchen?“

„Nein. So leid es mir tut. Selbst meine Frau und ich sind vorsichtig.“

„Na gut. Kann ich dann vielleicht mit ihr sprechen?“

„Sie schläft sehr viel, sowie auch jetzt. Aber ich kann ihr etwas ausrichten, wenn du möchtest.“

„Sagen sie ihr bitte, dass sie ihr Handy anschalten soll, wenn sie aufwacht.“

„Ich werde es ihr sagen.“ Herr Kusuragi hörte sich wirklich sehr niedergeschlagen an.

„Vielen Dank… Hiroshi-sama.“ Sie konnte ihm zwar nicht beistehen, aber ihm wenigstens diesen Gefallen zum Trost erweisen.

„Danke, Shana-kun.“ Fast glaubte sie, dass er kurz davor war zu weinen. Sie verabschiedeten sich und legten auf. Dann rief Shana erneut bei Mika auf dem Handy an. Sie wartete, bis die Mailbox zu Ende gesprochen hatte und es piepte.

„Hey Mika. Dein Vater hat gesagt, du bist krank. Du hast dich bestimmt bei mir angesteckt. Das hast du nun davon, dass du dich um mich kümmern musstest. Ich wünsche dir auf jeden Fall gute Besserung. Ach ja. Ich habe vor, mich noch mal mit Yue zu verabreden. Er ist echt süß. Ich glaube, ich bin ein bisschen in ihn verknallt.“

Dann teilte sie ihr noch ihre neue Handynummer mit und legte auf. Sie hoffte, dass Mika diese Nachricht ein bisschen aufheitern würde.

Als nächstes rief sie bei Yue an. Wie immer freute er sich von ihr zu hören und sie verabredeten sich für den heutigen Abend um 20:00 Uhr vor dem Kino.

Nachdem Shana gefrühstückt hatte, ging sie zu Rowen und hörte sich die nächste Wächtergeschichte an. Sie war nicht viel anders, als die anderen. Danach quälte Hunter sie beim Training mit einem Stock. Sie konnte sich aber unmöglich konzentrieren, da ihr die Bilder von Rin und Hunter einfach nicht mehr aus dem Kopf wollten. Hunter nutzte das natürlich schamlos aus. Nachdem sie sich also ihre tägliche Tracht Prügel abgeholt hatte, machte sie sich für ihr Date fertig, aß noch eine Kleinigkeit und fragte Jay, ob er sie bringen könnte. Shana wollte Chris nicht fragen, weil sie einfach zu neugierig war.

Nachdem Jay sie beim Kino abgesetzt hatte und sie ausmachten, dass er sie abholen sollte, wenn sie ihn anrief, verschwand er auch wieder. Shana wartete vor dem Kino und schaute sich die Filmplakate an. Während sie überlegte, was sie sehen wollte, klingelte ihr Handy. Sie nahm ab und es war Yue, doch durch die Menschenmassen vor dem Kino konnte sie ihn kaum verstehen, weil sie zu viel Lärm machten. Deswegen ging sie in eine Seitengasse neben dem Kino. Sie ging nur soweit hinein wie notwendig und schaute sich ständig um.

„Ich bin wieder dran.“

„Du ist also schon beim Kino?“ Irgendwie klang er traurig.

„Ja.“

„Es tut mir wirklich unendlich leid, aber ich muss dich versetzen. Ich muss heute Abend arbeiten und kann das nicht absagen.“

„Ach so. Na ist ja nicht so schlimm.“

„Du bist nicht sauer?“

„Nein. Das macht wirklich nichts.“

„Wir holen unser Date auf jeden Fall nach.“

„Okay.“

„Es tut mir wirklich leid, Shana.“

„Macht ja nichts. Arbeite nicht zu hart.“

Sie verabschiedeten sich. Na toll. Da hatte sie sich auf einen schönen Abend gefreut und dann das. Musste er wirklich arbeiten oder wollte er sie nur nicht treffen?

Shana seufzte und wählte die Nummer von Jay. Nach nur einem Klingeln hob er ab.

„Hey Jay. Hier ist Shana. Kannst du-“ Weiter kam sie jedoch nicht, denn vor ihr baute sich eine riesige Gestalt wie aus dem Nichts auf. Verflucht! Sie war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und hatte vergessen, dass sie sich in einer Seitengasse befand.

Shana riss den Mund auf und wollte schreien, doch sie wurde von hinten gepackt und etwas Pelziges und Stinkendes legte sich über ihren Mund. Es dauerte auch nicht lange und sie hatte das Bewusstsein verloren. Das Handy glitt ihr aus der Hand.

„Shana? Hallo, Shana?“

Doch Jay bekam keine Antwort.
 

And that’s all?
 

Okay… War das nun gut oder nicht? Der Chliffhanger am Ende auf jeden Fall aber der Rest vom Kapitel? Erst wollte ich Rin ja nicht so sehr damit einbauen und ich weiß immer noch nicht so ganz genau, warum ich das getan habe. Vielleicht, weil zu jeder Vampirgeschichte eine Jägerin gehört? Keine Ahnung. Na ja. Ich hoffe, ihr freut euch trotzdem.

Danke für die ganzen Kommentare. Es gibt nix besseres für mich als diesen Lichtblick.

Lange Rede und kein Sinn…

Bis denn dann
 

BabyG



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2008-08-31T15:17:10+00:00 31.08.2008 17:17
wie geil war das denn^^
die geschichte mit hunter und rin is ja mal richtig geil^^
das kap hat mir mal wieder richtig gefallen
die anderen waren auch gut aba das war spitze^^

warum is ethan nur so gemein, er mag sie doch *seufz*
aba sich so über ein nachttischlampe aufzuregen, is schon fast wieder lustig^^

ich freu mich auf nächste kap
vielleicht wird shana ja von ihrem goldenen ritter gerettet^^
*zu ethan schiel*

lg bloodyangel^^
Von: abgemeldet
2008-08-29T18:45:17+00:00 29.08.2008 20:45
WOOW!!!
Das mit Hunter war ja der Wahnsinn! Interessante Beziehung...Ich find das irgenwie toll^^
Ethan war wieder der totale Miesmacher, (wegen ner NACHTTISCHLAMPE?!!) schade...aber so ist er nun mal
Doof, dass Yue Shana versetzt hat, aber das Wollknäuel von hinten machts wieder gut (Spannung pur!!!)
Also echt tolles Kapi!!
Freu mich schon auf die Fortsetzung...kannst du mir vielleicht ne ENS schreiben wenn's so weit ist?
LG vom Frosch
Von:  Kitty019
2008-08-29T09:56:04+00:00 29.08.2008 11:56
super cooles kappi
jaja hinter dem lieben hunter steckt ein heissblütiger lover ^^ zu herrlich
erinnert mich ein bisschen an buffy ;)
und ethan ist mal wieder in seinem miesmacher modus aber wir kennen ihn ja mitlerweile ganz gut
ich bin mal gespannt wer shana entführt hat
freue mich schon aufs nächste kappi
gruß kitty
Von: abgemeldet
2008-08-29T08:55:39+00:00 29.08.2008 10:55
Wow Huntington geht ja richtig ran! ( Der Name is so geil xDDD haha )
Ich finde Hunter jetzt viel symphatischer...das mit der omi tut mir leid...
Oh menno Ethan ist wieder total stinkig ... schade...naja trotzdem würd ich ihn sofort heiraten :D (Der Grunde er sich aufregt ist der hamma...Ne Nachttischlampe xDD)
Schade das Yue das Date absagen musste...und doof das Mika krank ist.

Oh mein Gott irgend ein Fellknäul greift Shana an..O_o bestimmt ein Wolf >o<!

Freu mich aufs nächste Kappi!
LG meloO


Von:  P-Chi
2008-08-29T07:18:09+00:00 29.08.2008 09:18
Uooh, das fand ich mal COOOOLL!!! xDDD *sich wegschmeiß*
Ich muss Nici in jedem Fall Recht geben! Hunter...war ja klar^^ Ich find das klasse das er auf DIESE weise mit ihr Rummacht. Passt total zu ihm! Hm, aber ich fands trotzdem ein bisschen verwirrend, weil er Shana nicht den Hals umgedreht hatte, als sie ihn anschoss. *schulter zuck*
Naja. Ethan war ja mal wieder bester Laune...xDD Muss sich echt über diese Nachttischlampe aufregen *grins* Obwohl...ich kann solche Dinger auch nicht Leiden.
Ich frag mich ob Ethan ausrasten wird, wenn er erfährt das Shana von nem Werwolf gekippnat wurde *grins* =^0^=
Zum anderen frag ich mich, was die überhaupt mit ihr vorhaben? Folter? Fressen? Als Geisel nehmen? Wissen die das sie Wächterin ist????

Your Fan Mocca^^
Von: abgemeldet
2008-08-28T20:45:18+00:00 28.08.2008 22:45
Wie GEIL........
Das Kapi war soo hammer........
Ich find die Beziehung zwischen Hunter und Rin total pssend für Hunter irgendwie konnte ich mir bei dem auhc nur sowas vorstellen......weiß auhc nich wieso......find ich echt gut......ich musste auch echt kurz schmunzeln als ich das gelesen hab.....
Ich fand auch echt gut das man Rin vorher was besser kennengelernt hat sonst hätte man ja bloß gewusst das Hunter mit irgendeiner fremden Jägerin rummacht.....das wär ja langweilig gewesen........
Irgendwei kommt mir Ethan immometn zihemlich angespannt vor......könnte das daran liegen das er was für Shana empfindet er sich das sleber aber nich eingestehen will......und vorallen Dingen soll doch Shana auch nichts davon mitbekommen......
Aber der übertreibt schon ein bischen ne.......HALLOO??? wegen einer Nachttischlampe???
Naja der is immoment halt etwas verwirrt....
Also an Shanas Stelle hätte ich ja nicht mit dem einem bett gepennt.....ich hätt mich im Wohnzimmer auf die couch gelegt oder soo.....
Da muss man ja angst haben das der einen in der Nacht erwürgt oder soo....
Ich finds süß das Shana sich mit Yue treffen wollte......vielleicht schafft sie das ja mit ihm Ethan ein bissel eifersüchtig zu machen......
Irgendwei kann ich mir ja schon denken das Werwölfe Shana jetzt zwischen die Flossen gekriegt haben......da bin ich ja mal gespannt was die mit ihr vorhaben und vorallen Dingen wer sie denn bitte retten oder ob über haupt jemand kommt wer weiß......

Freu mich schon total auf das nächste Kapi......
Bin total gespannt....

LG Nici


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