Fragen in der Hochzeitsnacht
Ja, mit menschlichem Schamgefühl haben es die Dämonen nicht sonderlich...
Arme Sakura.
3. Fragen in der Hochzeitsnacht
Als Prinz Takashi Takahara das Zimmer seiner neu angetrauten Frau betrat, sah er erstaunt, dass eine Dienerin neben dieser kniete. Dann erst erkannte er sie.
„Du kannst gehen.“
Sakura verneigte sich: „Vergebt, Prinz, mein Befehl lautet, diesen Raum nicht zu verlassen.“ Aber sie zog sich hastig an die rückwärtige Wand zurück.
„Befürchtet der Inu no Taishou, dass ich Prinzessin Nanako umbringen wolle?“ Das klang spöttisch.
„Ich weiß nicht, was mein Herr denkt. Aber er erwähnte, dass er sicher gehen wolle, dass Ihr alle beide morgen früh am Leben seid. Jemand versuchte bereits, die Hochzeit zu verhindern, edler Prinz, “ ergänzte sie dann erklärend, mit einer Handbewegung zu den bereitgestellten Getränken. Hoffentlich musste sie nicht lügen, verstand er diesen Hinweis.
„In der Tat.“ Er ließ sich nieder. Der Inu no Taishou befürchtete, jemand wolle das Brautpaar vergiften? Unwahrscheinlich, aber, nach dem heutigen Vorfall, denkbar. Er betrachtete die Prinzessin: „Ich will ehrlich sein. Ich hätte ohne den Befehl meines Vaters nie eine Verbindung mit den Suzukas in Erwägung gezogen. Aber zum einen steht es mir nicht zu, ihm nicht zu gehorchen. Und zum zweiten…ich habe deinen Vater nicht getötet.“
Nanako atmete unwillkürlich etwas auf, sagte jedoch: „Auch ich gehorche nur den Wünschen meiner Familie. Der…der Abgrund zwischen unseren Häusern soll ja so geschlossen werden.“ Sie sah zu Boden.
Sakura wusste, welche Angst die Prinzessin hatte. Sie hatte selbst nur sehr wenig Ahnung vom Ablauf einer Hochzeitsnacht, aber zumindest etwas in der Theorie. So hatte sie Nanako versichert, dass sie nur ruhig bleiben solle, entkrampft. Aber auch Prinz Takashi wirkte ein wenig angespannt, obwohl der immerhin wissen würde, wie so etwas ablaufen sollte. Junge Männer wurden diesbezüglich doch ausgebildet.
„Ja.“ Der Bräutigam warf einen Blick seitwärts. Die Heilerin starrte zu Boden, ganz offenbar mehr als verlegen, hier sein zu sollen. Aber sie hatte ihren Befehl, und der Prinz wollte sich nicht vorstellen, wie ein Dämonenfürst unfolgsame Diener bestrafte, da schon menschliche sie schlagen lassen würden. Nun, was sollte es, ob eine Dienerin, ein Nichts, hier war oder nicht. Immerhin bot diese ganze Sache für ihn einen gewissen vergnüglichen Vorteil. Mit einem leisen Lächeln wandte er sich seiner Frau zu.
Vater und Sohn benötigten keinen Schlaf. Und sie nahmen auch nicht an, dass die Menschen im Schloss in dieser Nacht Ruhe finden würden. So hatte Sesshoumaru beschlossen, die Befragungen fortzusetzen, zunächst mit weiteren Takaharas zu reden.
Der Erbprinz, Yukihiro, sah auf, als die Tür beiseite geschoben wurde: „Ich habe Euch erwartet“, sagte er und fuhr zu seinem Diener hin fort: „Geh, Toshiro.“
Dieser gehorchte eilig, verschloss die Tür hinter den Hundedämonen. Mit einem vorsichtigen Blick auf die ebenfalls dämonische Wache vor der Tür verschwand er.
Der Erbe der Takaharas verneigte sich zeremoniell vor dem Dämonenfürsten, eine Kopfneigung zu dessen Sohn: nicht unhöflich, aber nicht sehr herzlich.
Dies war Sesshoumaru allerdings gleichgültig. Er wartete, bis sein Vater Platz genommen hatte, ehe er sich ebenfalls niederließ. „Mir wurden die Ermittlungen übertragen“, sagte er nur. „Schildert die Ereignisse aus Eurer Sicht.“
„Ab wann?“
Nur ein unmerkliches Zögern des Hundeprinzen verriet dessen Stutzen: „Ab wann macht es einen Unterschied?“
„Nun, wollt Ihr den Ablauf hören, nachdem die Suzukas im Schloss ankamen? Oder nur den gestrigen Tag? Oder auch erst, nach dem diese Ban...die Suzukas den Empfangsraum betreten hatten?“ Das klang spöttisch.
„Ihr seid nicht mit der Hochzeit einverstanden?“
„Natürlich nicht.“ Und mit einem Blick auf den Dämonenfürsten: „Vergebt, edler Inu no Taishou, ich weiß, welche Mühe Ihr Euch mit dem Frieden gemacht habt. Und gegen einen Friedenschluss an sich hätte ich auch kaum etwas einzuwenden. Nur, unser Blut mit denen zu vermischen…“ Er merkte an den seltsamen Goldfunken in den vier Augen vor sich plötzlich, dass er auf dünnem Eis war: „In jedem Fall: ich werde nie meine Sohnespflicht vergessen. Und da mein Herr und Vater unter dieser Bedingung dem Frieden zustimmte, hätte ich nie etwas dagegen unternommen, das kann ich Euch versichern. Und weil Prinzessin Nanako nun die Frau meines Bruders ist, ist sie ein Mitglied der Takaharas. Schon aus diesem Grund ist sie vor mir sicher. Selbst, wenn ich eines Tages das Familienoberhaupt sein werde.“
Sesshoumaru ging nicht darauf ein: „Wann kamen die Suzukas an?“
„Heute morgen. Sie hatten es wohl vorgezogen, in einem Gasthaus zu übernachten. Nach der üblichen Begrüßung ließ mein Herr Vater ihnen Zimmer zuweisen. In der Halle und im Empfangsraum wurde bereits alles von unseren Dienern vorbereitet. Dann kamt Ihr an, edler Inu no Taishou, und wir gingen alle in den Empfangsraum. Nein, umgekehrt. Kurz danach kamen auch die Suzukas, die sich umgezogen hatten, Prinzessin Nanako konnte ja unmöglich im Hochzeitskimono reisen. Tja, Suzuka meinte dann, er brauche ein ruhiges Zimmer, um den Bericht seines Sekretärs hören zu können. Oguro zeigte ihnen eins, kam zurück, kurz darauf auch der Sekretär. Es war also wohl ein schriftlicher Bericht gewesen, da Suzuka nicht mit zurückkehrte. Mit unserem Priester kam dann noch einer von den Suzukas, ein Beamter oder was der ist. Er wollte auch mit seinem Herrn reden. Ich beschrieb ihm den Weg in das Vorbereitungszimmer. Kurz darauf kam er zurück und sagte, der sei tot. Nein, er sagte nur, er liege da. Und natürlich liefen dann alle hinüber. Ja, und die Heilerin meinte, er sei tot. Mehr kann ich Euch nicht sagen.“
„Ihr habt einen privaten Diener?“
„Ja, Toshiro.“
„Er ist Euch treu ergeben?“
„Er würde alles für mich tun.“
„Das genügt zunächst einmal.“ Sesshoumaru sah kurz seitwärts. Da sein Vater diesen Wink verstand und sich erhob, tat es auch der Prinz. Er wäre nie so unhöflich gewesen, vor seinem Erzeuger aufzustehen.
Vor der Tür meinte der Inu no Taishou: „Und, etwas gefunden?“
„Ich weiß nicht, wer der Mörder war, Herr Vater, zumal noch immer die Mordwaffe fehlt.“ Sein Erstaunen lag nicht in seiner Stimme. Sein Vater war gewiss ebenso klug wie er selbst. Hatte der schon einen Hinweis entdeckt? War das etwa die Prüfung für ihn? Ob er alle Anhaltspunkte finden würde, die auch dem Herrn der Hunde auffielen? So meinte er langsam: „Aber eine Sache kommt mir seltsam vor.“
„Und?“
Nur keinen Fehler machen, dachte der Prinz, nur nicht voreilig werden: „Ich bin mir nicht sicher. Etwas, das jemand gesagt hat. Unterhalten wir uns zunächst einmal mit den Beratern der Takaharas.“
Das Gespräch mit Naohiro Takahara, dem ersten Berater des Fürsten brachte nichts, das nicht auch schon der Erbprinz erwähnt hatte. Und es gelang dem Ratgeber, ohne jedoch im Mindesten unhöflich zu sein, zu vermitteln, dass erstens niemand seiner Familie den Mord begangen haben könne, da sich alle an die Anweisung des Fürsten halten würden und um zweiten, sich die Dämonen alle sonst wohin scheren mögen.
Der zweite Berater, Akira Oguro, lächelte dagegen, als die Hundedämonen sein Zimmer betraten: „Ich habe Euch schon erwartet, edler Inu no Taishou…Lord Sesshoumaru…Wie kann ich Euch behilflich sein?“
Als beide saßen, meinte der Dämonenprinz: „Du willst helfen? Dann gehst du nicht davon aus, dass ein Mitglied des Takahara-Clans den Mord verursacht hat?“
„Aber natürlich nicht. Niemand von uns wäre so…so impertinent, den Befehl des Fürsten zu missachten. Außerdem ist diese Angelegenheit natürlich für unser ganzes Haus schrecklich peinlich. Ein Gast ermordet, so was spricht sich herum. Und am allerpeinlichsten ist es mir. Der Fürst hatte mich mit den Vorbereitungen der Hochzeit beauftragt. Das war nun alles umsonst.“
„Dann weißt du auch, wo die Künstler und die Diener zum Zeitpunkt des Mordes waren?“
„Natürlich.“
„Und?“
„Die Künstler waren alle bestimmt im hinteren Hof, wo sie vor ihren Vorführungen noch auf Kosten des Fürsten etwas zu essen und zu trinken bekommen sollten. Auch das sind nun Ausgaben, die umsonst waren.“ Er seufzte: „Aber ich bin sicher, dass alle dort waren. Akrobaten nagen gewöhnlich am Hungertuch und sind froh, sich einmal satt essen zu können. Was die Diener betrifft…sie hatten entweder bei den Akrobaten zu tun oder deckten die Speisen schon in der Halle auf. Da war niemand, der nichts zu tun hatte. Aber ich kann gern den Haushofmeister noch befragen, wenn Ihr es wünscht, Lord Sesshoumaru.“
„Tu das.“ Der Hundeprinz dachte kurz nach: „Der Hass zwischen den Takaharas und den Suzukas dauert schon für Menschen recht lange und geht tief. Wäre es möglich, dass ein Diener ohne Befehl handelte, sich gehen ließ, als er zufällig auf Fürst Suzuka traf?“
Oguro sah unwillkürlich zum Inu no Taishou: „Ihr wisst es doch, wie tief der Hass zwischen den Familien ist. Oder war, “ korrigierte er sich hastig: „Lord Sesshoumaru, auch, wenn die Fürsten sich nun einig waren, ihre Kinder verheirateten….das konnte niemand erwarten, dass alle Gefühle verschwinden. Und ich verrate sicher kein Geheimnis, dass alle Angehörigen des Takahara-Clans diejenigen des Suzuka-Clans hassen. Prinz Yukihiro, der Erbprinz besonders. Aber kein einziger der Dienstboten wäre so vermessen, auch kein Mitglied der Familie, dem Befehl des Fürsten zuwiderzuhandeln.“
„Prinz Yukihiro?“
„Naja…ja. Seine Gefühle gegenüber Fürst Suzuka waren eher sehr… tiefgründig. Es ging da wohl mal um etwas Persönliches. Ich bin allerdings überzeugt, er hätte ihn nie erschlagen, eher ihm die Pulsadern aufgeschnitten, damit es länger dauern würde, wenn Ihr wisst, was ich meine. Aber der Prinz würde nie seinem Vater zuwiderhandeln, undenkbar.“
„Wie stehst du zu den Suzukas?“
„Ich hasse sie natürlich.“ Da war kein Lächeln: „Aber ich würde nie den Gast meines Herrn töten.“
„Prinzessin Nanako?“
„Sie ist, wenn diese Nacht vorüber ist, Mitglied des Takahara-Clans. Ich würde niemals der Frau meines Prinzen etwas antun.“
„Das war es zunächst. Frag den Haushofmeister morgen früh und erstatte mir Bericht.“
„Wie Ihr wünscht, Lord Sesshoumaru. …Edler Inu no Taishou…“ Akira Oguro verneigte sich höflich, als seine Besucher gingen.
In einem Vorzimmer blieben Vater und Sohn stehen, sahen sich an.
„Deine Meinung?“ fragte der Dämonenfürst.
„Ein Schwätzer.“
„In der Tat. Und so etwas ist Berater. – Aber der eigentliche Berater ist ja Naohiro Takahara. Hast du etwas herausgefunden?“
Kam diese Frage jetzt etwa nach jedem Verhör? Aber Sesshoumaru war zu selbstbeherrscht, um seinen Unmut erkennen zu lassen, zumal er immer deutlicher sah, dass sein Vater verärgert war, ohne freilich die Contenance zu verlieren.
„Es gibt einige Merkwürdigkeiten, Herr Vater. Und ich frage mich immer mehr, wo die Tatwaffe sein kann. Ich gab allen Dämonen den Auftrag nach Dingen zu wittern, die nach menschlichem Blut riechen. Der Mörder muss recht schlau vorgegangen sein. Es war ein harter, stumpfer Gegenstand, den offenkundig bislang niemand vermisst. Gehörte er dem Mörder? Oder nutzte er ihn nur? War er in dem Vorbereitungsraum oder brachte er ihn mit?“ Er schwieg einen Moment, ehe er ehrlich fortfuhr: „Aber ich wage fast zu bezweifeln, dass uns der Fund der Tatwaffe weiterbringen wird. Der Mörder hatte entweder viel Glück oder war sehr geschickt. Die Nacht ist bald zu Ende. Ich möchte auf Sakuras Bericht warten, danach die Suzuka-Männer befragen.“
„Das liegt bei dir. Du führst diese Ermittlungen, mein Sohn. Ich wäre sicher nicht neutral.“ Zum ersten Mal lag etwas in der Stimme des Hundefürsten, das seinem Sohn verriet, dass dieser am liebsten das Schloss dem Erdboden gleichgemacht hätte. Darum also hatte er, Sesshoumaru, wohl die Aufschlüsse übernehmen sollen: um sie sachlich, nüchtern zu halten, den wirklichen Täter überführen zu können.
„Kehren wir in Eure Zimmer zurück, Herr Vater“, sagte der Hundeprinz daher nur.
Als Sakura das Zimmer der Prinzessin verließ, bemerkte sie auf dem Gang eine Gruppe Menschen, einen Dämon, die miteinander diskutierten. Sie erkannte zwei Diener der Takahara und die Fürstin Yuriko Suzuka. Der dämonische Krieger hielt Wache vor dem Frauentrakt, in dem sich im Augenblick allerdings nur Prinzessin Nanako aufhielt.
„Ich will doch nur nach meiner Tochter sehen!“ sagte deren Mutter und wollte an den Männern vorbei.
Der Dämon fasste sie und sie erstarrte: „Niemand darf die Räume betreten.“
„Ich bin doch ihre Mutter!“
„Sie ist eine Prinzessin der Takahara und kein Mitglied der Suzukas geht zu ihr“, erklärte auch ein Diener.
Sakura ging hin. Sie konnte sich vorstellen, wie besorgt die Mutter war. Aber der Inu no Tahou hatte ganz eindeutig Besuchsverbote für alle verhängt. Wo war eigentlich der Dämon, der die Fürstin Suzuka bewachen sollte? „Fürstin, verzeiht. Wenn Ihr mit mir in Euer Zimmer kommen würdet…Ich war bei Prinzessin Nanako.“
Die Fürstin starrte sie an, ehe sie meinte: „Du...Ihr seid doch Heilerin?“ Ihre Besorgnis stieg an.
„Es geht Nanako-hime gut, wirklich. Bitte, kommt.“ Sakura sah zu dem Dämon auf: „Bitte, lasst sie los.“
Dieser tat es, da er durchaus Gerüchte gehört hatte, sie sei die Geliebte des Hundeprinzen und nicht ausprobieren wollte, ob sie diesem berichten würde, täte er nicht, was sie verlangte. Lord Sesshoumaru hatte seine eigenen Ansichten über tödliche Beleidigungen.
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Damit könnte er Recht haben.
Im nächsten Kapitel: Die Suzuka-Seite, plaudert Sakura mit der Fürstin, der Inu no Taishou und Seine Lordschaft mit den Männern. Man soll ja immer beide Seiten hören....
Wer so nett ist, mitzuraten, dem schicke ich, wie immer, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet ist.
bye
hotep