Sasuke, der Frauenarzt
Sasuke, der Frauenarzt
In der Klinik in Konoha gab es eine Abteilung, die immer sehr gut besucht war, obwohl es sich um eine Krankenhausabteilung handelte. Und zwar war das die Abteilung von Sasuke Uchiha, dem besten Frauenarzt, den man sich vorstellen konnte.
Wie oft hatten seine Freunde ihn gefragt, weshalb er eigentlich gerade Frauenarzt geworden war! Wie oft! Sie brauchten lange, bis ihnen die Vorzüge wirklich klar wurden. Kein anderer als Sasuke kannte die intimsten Geheimnisse der weiblichen Bewohner Konohas. Doch, entgegen der Meinung seiner Freunde, war das nicht der Grund, weshalb Sasuke Uchiha Frauenarzt geworden war. Nein, denn er wollte sich die fruchtbarste Frau in ganz Konoha aussuchen, um den Uchihaclan wieder aufzubauen. Und wie ging das besser, als wenn man Frauenarzt war?
Ein ganz normaler Tag in der Abteilung von Uchiha. Vor ihm auf dem Tisch sass eine junge Frau, die er nur zu gut kannte. Und vor der Tür sass ein junger Mann, der ihm den Arm brechen würde, wenn er seine Freundin auch nur einmal falsch anfassen würde.
„Guten Morgen, Tenten. Wie geht es dir?“, fragte Sasuke wider seiner stillen Art freundlich. Solange er mit seinen Patientinnen sprach, war er weder herablassend, noch ignorant.
„Wäre ich hier, wenn es mir gut ginge?“ Tenten war nun einmal ein praktisch veranlagtes Mädchen. So viel war klar. Sie setzte bloss einen Fuss ins Krankenhaus, weil es ihr nicht gut ging. Oder weil ihr übervorsichtiger Freund sie dazu zwang. Na ja, jeder fand seinen Meister.
„Gut, dann werden wir mal sehen, was dir denn fehlt.“
In kurzen präzisen Sätzen erklärte Tenten, dass ihr neuerdings oft übel war, sie entweder keinen Appetit hatte oder innert Minuten den Kühlschrank leerte und dauernd von Rückenschmerzen geplagt wurde.
Nach einer kurzen Untersuchung trat Sasuke zur Tür und öffnete die. Zumindest die Person vor der Tür hatte das nicht kommen sehen. Neji fiel buchstäblich ins Zimmer, denn er hatte sich mit dem Ohr an die Tür gelegt.
„Du hättest auch reinkommen können.“, wandte sich Sasuke sarkastisch an den Hyuga. Der tat jedoch so, als wenn nichts geschehen wäre und trat zu Tenten, die sich gerade wieder angezogen hatte. Noch immer sass sie auf dem Untersuchungstisch, in der Hand hielt sie ein kleines Schwarzweissphoto.
„Was ist das?“, fragte Neji in seinem üblichen kühlen Ton.
Übers ganze Gesicht strahlend blickte Tenten ihn an. „Unser Kind!“
Nicht nur Sasuke beobachtete mit einem Grinsen auf dem Gesicht, wie sich Nejis Miene veränderte. Die Gleichgültigkeit verschwand, sein Kiefer wanderte einige Zentimeter gen Boden, seine Augen weiteten sich und ein überraschter Ausdruck lag darin.
Tenten griff nach seiner Hand und legte sie auf ihren Bauch. Momentan konnte sie ihr Glück noch gar nicht fassen.
Sasuke verliess in der Zeit leise das Zimmer, um sich zu seiner nächsten Patientin aufzumachen. Eigentlich war es ja schade, Tenten wäre keine schlechte Frau gewesen. Aber es musste noch eine bessere geben, davon war Sasuke überzeugt! Immerhin wollte er ja nicht einfach nur viele Kinder, der Uchihaclan sollte ja wieder in seiner alten Pracht erstrahlen. Nein, sie mussten auch noch begabt sein oder wenigstens gut aussehen.
Zwei Tage später sass schon wieder eine ihm bekannte Frau auf seinem Tisch. Diesmal dachte er nicht einmal im Traum daran, sich über ihre Fruchtbarkeit Gedanken zu machen. Immerhin wollte er seinem besten Freund ja nicht die Frau wegnehmen. Wenn er schon sonst niemand gegenüber loyal war, so war er es doch Naruto gegenüber. Ausserdem war ihm Hinata schon immer etwas zu brav gewesen.
Sie war bloss wegen einer Routineuntersuchung bei ihm, doch konnte sie es sich nicht verkneifen, Sasuke etwas zu fragen. Schien so, als würden Frauen ihrem Arzt wirklich alles sagen.
„Hat Naruto irgendwann mal mit dir über Kinder gesprochen?“ Hinatas Stimme war noch immer recht zittrig, doch sprach sie die Worte klar und deutlich aus.
Verneinend schüttelte Sasuke den Kopf und studierte die Krankenakte. Hinata wäre auch keine schlechte Partie. Sie war sehr fruchtbar. Auch wenn er es sich ganz fest vorgenommen hatte, er hatte halt doch darauf geachtet. Lag wohl daran, dass er bei jeder Frau auf die Fruchtbarkeit schaute. Ok, bei fast allen. Die einzige Ausnahme war Tsunade! Aber eigentlich wollte er ja den Uchihaclan wieder aufbauen und nicht den Hyugaclan erweitern. So musste er sich wohl oder übel noch ein wenig umsehen. Ausserdem, wer wollte schon über ein paar Ecken mit Neji verwandt sein?
Über eine Woche geschah eigentlich nichts interessantes, was für Sasuke so viel bedeutete, dass keine der Frauen auf seinem Tisch besonders speziell für ihn waren. Dann jedoch sass die, seiner Meinung nach, fruchtbarste Frau von ganz Konoha auf seinem Tisch. Hätte er das ein paar Jahre früher gemerkt, wer weiss, was dann passiert wäre. Nun aber sass Ino Yamanaka, im sechsten Monat schwanger, schniefend und mit roten, verquollenen Augen auf seinem Tisch. Neben ihr stand Choji und reichte ihr alle zwei Minuten ein Taschentuch.
„Wieso kann er nicht einmal Rücksicht auf mich nehmen? Es ist immerhin sein Kind! Das ist so unfair. Als wenn ich nichts Besseres zu tun hätte, als mal schnell ein Kind auszutragen! Wenigstens zu den Untersuchungen könnte er mich begleiten!“, presste sie zwischen zwei Schniefen hervor.
Sasuke warf einen Blick auf Choji, der leise flüsterte: „Shikamaru war zu faul, heute mit zu kommen. Dann haben sie sich wieder mal gefetzt und ich bin gerade dabei, den Schaden irgendwie einzudämmen.“
Der Uchiha nickte und wandte sich dann an Ino. Mit seinem mitfühlendsten Lächeln, das er zustande brachte, meinte er: „Das wird schon. Lass uns erst mal nach dem Kind sehen. Die ganze Aufregung tut ihm nicht unbedingt gut.“
Sofort hörte Ino auf zu weinen. Dass ihrem Kind etwas geschah, war das Letzte, was sie wollte. Ihr Mutterinstinkt war halt doch stärker als jedes von Shikamaru hervorgerufenes Ärgernis.
Schnell war die Untersuchung beendet und, nachdem Sasuke Ino mehr als einmal versichert hatte, dass es dem Kind gut ging, machten sich Ino und Choji auf den Weg. Kurz sah er den beiden nach und erblickte am Ende des langen Korridors Shikamaru, der mit einem undefinierbaren Blick aus dem Fenster starrte. Als seine Freunde ihn erreicht hatten, drehte sich der Nara um und sah schuldig zu Ino hin.
Wieso einfach, wenn es auch kompliziert ging? Sasukes Gedanken wanderten zu der Frau, die genau das einmal über Inos und Shikamarus Beziehung gesagt hatte. Noch nie war sie bei ihm gewesen, aber morgen hatte sie einen Termin bei ihm. Irgendwie war es ihm unangenehm, sie zu untersuchen, denn immerhin waren sie Teamkameraden gewesen, sind zusammen aufgewachsen. Aber was sollte er denn machen? Er war der beste Frauenarzt in Konoha. Und auch der Einzige.
Sakura strahlte den Uchiha an, als er ins Krankenzimmer trat. Ihre schulterlangen, rosafarbenen Haare hatte sie mit vielen kleinen, dunkelgrünen Spangen hochgesteckt. Sogleich erkannte Sasuke diese Spangen wieder. Er hatte sie ihr zu Weihnachten geschenkt. Seither trug sie diese immer.
„Guten Morgen, Sasuke! Geht es dir gut?“ Auch wenn es unmöglich schien, doch Sakuras Strahlelächeln wurde noch um einige Millimeter breiter.
„Die Frage nach dem Wohlbefinden gehört eigentlich zu meinem Text. Mir geht es gut. Und weshalb bist du hier?“ Er rang sich ein freundliches Lächeln ab. Sie gehörte momentan ja auch zu seinen Patientinnen. Trotzdem, das unangenehme Gefühl wollte einfach nicht verschwinden. War es ihm etwa auf einmal peinlich, diesen Job auszuüben? Sonst hatte er auch keine Probleme damit, sich die intimsten Zonen seiner Patientinnen anzusehen. Vielleicht lag es daran, dass sie so für ihn geschwärmt hatte, als sie noch jünger gewesen waren.
„Ich… nun ja, weiss eigentlich nicht. Tsunade hat mich hergeschickt. Sie meinte, ich sollte mich mal untersuchen lassen. Als wenn ich selbst dazu nicht in der Lage wäre.“ Ein leicht grimmiger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Immerhin gehörte sie zu den besten Medic-Nin in ganz Konoha! Aber anscheinend schien eine solche Untersuchung ihr Können zu übersteigen.
„Gut. Dann machen wir einfach mal einen Rundumcheck.“ Endlich hatte er sich gefasst! Nun war er bereit. Kurz erklärte er ihr, was er alles machen würde, wobei er den Fruchtbarkeitstest überging. Nie hatte er das seinen Patientinnen gesagt. Sie mussten ja nicht wissen, weshalb er Vaginas so toll fand.
Nach einer guten halben Stunde war die Untersuchung vorbei und Sasuke studierte die Ergebnisse. Nichts Bemerkenswertes eigentlich. Sie war kerngesund und jung und …
Beinahe wäre Sasuke vom Stuhl gefallen. Sein Blick hatte die Werte des Fruchtbarkeitstestes erreicht. Er musste sich beherrschen, um nicht laut aufzuschreien. Noch nie in seiner gesamten Karriere als Frauenarzt hatte er so einen hohen Wert gesehen. Das war einfach unglaublich. Sakura war die fruchtbarste Frau, die ihm je begegnet war! Wieso hatte sie nicht schon viel früher zu ihm kommen können? Bei Zeiten sollte er sich vielleicht einmal bei Tsunade bedanken!
„Ich weiss nicht, was ich dir sagen soll. Dir fehlt nichts, Sakura.“ Nachdem er sich gefasst hatte, konnte er auch sein übliches, freundliches Lächeln aufsetzten.
„Das ist ja toll! Super. Dann brauche ich ja nicht mehr zu kommen, oder?“ Mit den Jahren hatte die Haruno es geschafft, ihre Schwärmerei für Sasuke zu unterdrücken, aber in den letzten 30 Minuten war die Leidenschaft, die so lange still vor sich hin geflackert hatte, wieder aufgebrannt. Sie konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, ihm um den Hals zu fallen. Deshalb wollte sie auch so schnell wie möglich weg.
„Eigentlich brauchst du nicht mehr zu kommen. Vielleicht in einem Jahr wieder. Routineuntersuchung. Anderes Thema: Hättest du Lust, heute Abend mit mir essen zu gehen? Mein Kühlschrank ist leer und Naruto ist ja nicht da.“ Das mit dem Kühlschrank war gelogen, aber zum Glück war Naruto zurzeit tatsächlich nicht in Konoha. Jetzt musste sie nur noch ja sagen, und der Uchihaclan war für immer gerettet!
Etwas überrumpelt brauchte Sakura einen Augenblick, um zu reagieren. Ihre innere Stimme schrie förmlich. Sie wusste, so eine Chance bekam sie nie wieder! Jetzt hiess es zupacken. „Ja, gerne. So gegen Acht?“
„Ist gut. Ich hol dich ab.“
Als Sakura das Untersuchungszimmer verliess, schien sie wie auf Wolken zu gehen. Das war toll! Das hätte schon viel früher passieren sollen!
Tsunade stand neben der Krankenschwester. Beide grinsten sich an.
Die Hokage klopfte der Krankenschwester auf die Schulter und meinte: „Das haben Sie gut gemacht. Vielen Dank, dass Sie mir geholfen haben, meinen Fruchtbarkeitstest mit dem von Sakura zu tauschen. Trotzdem, mich würde Sakuras Resultat auch interessieren.“
Schnell griff die Zweite zu einem Blatt Papier. „Hier, das sind Frau Harunos Werte. Zwar liegen sie einiges über dem Durchschnitt, aber Ihre Werte, ehrenwerte Hokage, wird sie nie erreichen.“
Nun ja, Sakura und Sasuke waren selbst Schuld. Wenn sie es nicht auf die Reihe bekamen, zueinander zu finden, dann musste man eben etwas nachhelfen. Doch zum Glück würden die beiden nie davon erfahren.
