Etwas verwundert, drehte sich der Ältere zu seinem Wecker herum, der auf dem
Mahagoni - Nachtschrank stand und konnte nicht fassen, welche Uhrzeit ihm da
höhnisch entgegen lachte.
Erneut vernahm er das penetrante Läuten, was ohne Zweifel von seiner Haustür
stammte und ihn auch aus seinen Träumen gezerrt hatte.
Sollte er nun wirklich den ganzen Weg nach unten rennen? Am Ende war es
vielleicht doch nur so ein Blödmann, der sich nen Scherz machen wollte? Denn
jeder der ihn kannte hätte doch vorher angerufen wenn er den dringenden Wunsch verspürt hätte ihn um solch eine unmögliche Zeit zu stören.
Nein, er hatte keine Lust aufzustehen. Der Störenfried, würde schon von ganz
allein aufgeben. Nach ca. fünf Minuten, des nicht enden wollenden Klingelns,
warf Gakuto verdrossen seine Decke zur Seite und richtete sich auf. Dösig eilte
er die weiß marmorierte Treppe herunter, in Richtung Haustür. Dort angekommen
drückte er dann den kleinen Schwarzen Knopf seiner Sprechanlage, die ihm auch
gleich zeigte wer ihm hier so zusetzte. Der kleine Bildschirm erhellte sich und
was ihm dort ins Auge sprang, erklärte auch schon diese belastete Ausdauer, die
der Klingler hier demonstrierte.
Wissend, das es wenig Sinn hätte, einfach wieder ins Bett zu gehen , drückte
er erneut einen der Knöpfe der Anlange, um dem nächtlichen Besucher wissen zu
lassen, das er sein Ziel erreicht hatte.
"Was willst du schon hier?" fragte der Braunhaarige erstaunt ruhig.
Der junge Mann vor dem Tor, freute sich das man ihn endlich zur Kenntnis
genommen hatte und winkte heiter in die kleine Kamera der Sprechanlage.
Gakuto schüttelte resigniert den Kopf. "Du weißt schon, das du ganze vier
Stunden zu früh dran bist?"
"Gome ne Ga-chan!" flüsterte der Größere nur verlegen.
/Wieder dieses Ga-chan?/ Wann waren sie sich denn so vertraut geworden?
Doch der Ältere zeigte schließlich Erbarmen und öffnete Tor und Tür für den
Bunthaarigen.
Gakuto machte sich nicht die Mühe, ihn auch noch am Eingang zu empfangen, er
schlich erstmal in Richtung Küche, um sich etwa zu trinken zu holen.
Das laute zuschlagen der Tür verriet, dass sein Gast nun wohl eingetreten war.
Dieser stand nun etwas unbeholfen im Eingangsbereich und wusste nicht so recht
wohin.
Dann erblickte er auch schon eine recht verschlafen wirkende Person, die sich
ihm nun langsam näherte.
"Du hast echt Nerven!" murrte er den Jüngeren an. "Ich hoffe du hast gute
Gründe für deinen morgendlichen Auftritt?!"
Miyavi schaute ihn an, als hätte er wirklich eine Antwort auf dessen Frage. Was bis jetzt
ja nicht oft der Fall war.
"Naja, ich war noch unterwegs und da dachte ich mir, ich könnte gleich mal
schauen wo du wohnst, damit ich auch pünktlich da gewesen wäre, ohne vorher
lange suchen zu müssen. Und als ich dann hier davor stand, dachte ich mir ich
könnte auch gleich klingeln, weil ich keine Lust mehr hatte wieder zurück zu
laufen."
Wenn der Braunhaarige das jetzt richtig verstanden hatte, war der Kerl wirklich
das ganze Stück, von der Innenstadt bis zu ihm, zu Fuß gegangen?! Das war ja schon
mit dem Auto keine kurze Strecke.
/Der Kerl hat echt nen Knall!/ War alles was ihm im Moment dazu einfiel.
"Na gut, du kannst hier bleiben. Du kannst die letzten paar Stunden, zum
Schlafen nutzen. Ich zeige dir wo das Gästezimmer ist und dann will ich das
hier Ruhe ist, klar!?"
Der Bunthaarige nickte kurz und folgte Gakuto dann hinauf in die erste Etage, wo
dieser ihm dann die angesprochene Räumlichkeit zeigte und noch einige Worte
dazu sagte.
"Also gut, ich werd mich jetzt wieder hinlegen." Damit verabschiedete er sich
von dem Frischling und zog sich wieder in sein Schlafzimmer zurück.
Drei Stunden später war es dann wirklich Zeit aufzustehen. Der Braunhaarige
streckte sich genüsslich und suchte sich dann seinen Weg ins Badezimmer.
Routiniert drehte er die Dusche auf, musste aber feststellen das diese nur
kaltes Wasser vorrätig hatte. Nach einigen Momenten des Wartens, ob sich
vielleicht doch noch etwas ändern würde, gab er schließlich auf und drehte
das Wasser wieder ab.
Gut nur das dies nicht das einzige Bad in diesem Hause war und so packte er sich
all die Dinge, die er brauchte, zusammen und machte sich auf den Weg, in die
untere Etage, zum Gästebad.
Der Griff zur Türklinke zeigte aber das der Raum abgeschlossen war. Etwas
erstaun versuchte er es erneut, erinnerte sich aber dann wieder daran, das er ja
noch einen Besucher hatte. Gakuto hatte angenommen, das dieser noch schlafen
würde aber dem war wohl nicht so. Langsam stieg ihm nun die Kälte in die
nackten Füße, da er es nicht für nötig gehalten hatte, für die paar Meter,
noch Hausschuhe anzuziehen.
Aber es blieb nicht nur bei seinen Füßen, da er nur eine Short anhatte, wurde es
bald recht unangenehm für ihn.
Doch im nächsten Moment, hörte er wie jemand die Verrieglung von der Tür
nahm und schon tauchte ein frisch geduschter Miyavi vor ihm auf.
"Ah, Ohayo Ga-chan! Ich habe mir mal erlaubt dein Bad zu benutzen."
Der Ältere schaute den Jüngeren nur flüchtig an, doch plötzlich drehte er
sich noch einmal um und musterte den anderen etwas genauer.
Der Bunthaarige trug ebenfalls nur Shorts, seine Shorts!
"Sag mal trägst du immer die Unterwäsche anderer Leute?!" meinte Gakuto darauf
entrüstet und zog dabei zurückfordernd, an dem Bund der kurzen Hose.
"Hey nicht so stürmisch." grinste Miyavi. "Ich zieh sie gern wieder aus wenn du
darauf bestehst."
Noch immer recht empört darüber, das jemand die Frechheit besaß, seine
heiß geliebte Unterwäsche zu entweihen, brachte er dem Größeren nur ein "Natürlich bestehe ich darauf!" entgegen.
Ohne zu zögern setzte der Jüngere an, die Short über seine Hüften zu ziehen.
Gakuto schenkte seinem Gegenüber darauf nur einen verwirrten Blick. So war es
nun auch nicht gleich gemeint.
Eilig stoppte er den Striptease des Größeren. "Schon gut, schon gut, du kannst
sie behalten aber in Zukunft lässt du deine Finger von meiner Unterwäsche,
verstanden?!"
Dann drängelte er sich an dem Bunthaarigen vorbei und schloss auch gleich die
Tür hinter sich ab.
Langsam verflog die Röte aus seinem Gesicht wieder.
Das war ja wieder eine peinliche Situation. Er legte nun wirklich keinen Wert
darauf, einen fast Fremden nackt vor sich stehen zu sehn.
Nachdem er sich wieder gefangen hatte, begann er mit seinem all morgendlichen
Beautyritual.
Als alles erledigt war, war es nun an der Zeit für einen schönen Kaffee.
Und wo war eigentlich sein Anhängsel abgeblieben? Es war so verdächtig still.
Mit einer Tasse des dampfenden, dunklen Gebräus machte er sich auf die Suche,
schließlich hatte sie nicht mehr viel Zeit.
Sein erster Weg führte ihn zum Gästezimmer.
Schon als er im oberen Stockwerk angekommen war, hörte er die leisen Klänge
einer Gitarre, aus dem Raum wo er am Morgen Miyavi untergebracht hatte. Er hatte
das Instrument zu Dekorationszwecken dort aufgestellt, da er mehr als eine davon
besaß. Vorsichtig trat er näher an die Tür heran und lauschte dem was er da
hörte und es klang wirklich viel versprechend.
Seit dem Tag, als er diesem verrückten Freak das erste Mal über den Weg
gelaufen war, konnte er sich nicht vorstellen, dass dieser zu irgendwas
ordentlichen im Stande sein könnte. Aber nun war der erste Schritt getan, sich
selbst vom Gegenteil zu überzeugen. Warum auch, sollte man ihn ausgesucht
haben, wenn es hoffnungslos wäre.
Nun wurde es aber wirklich Zeit, das sie sich in Bewegung setzten. Es gäbe kein
gutes Bild, wenn beide gleich am ersten Tag zu spät erscheinen würden.
Gakuto klopfte kurz an und das Spiel verstummte.
"Wir müssen jetzt los. Ich warte unten auf dich." informierte ihn der Ältere und begab
sich darauf wieder ein Etage tiefer.
Es dauerte auch nicht lange und Miyavi kam ebenfalls die Treppe herunter.
Nachdem sie dann gemeinsam, das Haus verlassen hatten und sich in Richtung
Termin begaben, vernahm der Braunhaarige plötzlich ein deutliches Magenknurren, das
wohl der Person neben ihm zuzuschreiben war.
"Hunger?" fragte er den Jüngeren knapp.
"Und wie!" Gab dieser gleich zurück und rutschte, gespielt geschwächt etwas von seinem Sitz um seiner Aussage noch etwas mehr Ausdruck zu verleihen..
Ja, damit musste man rechnen, wenn man unangemeldet bei dem Braunhaarigen
Sänger auftauchte. Dessen Kühlschrank, wies fast immer eine gähnende Leere
auf, da er selbst nur selten etwas zu hause aß.
"Ok, wir haben noch etwas Zeit. Also was willst du frühstücken?"
Der Größere überlegte. “Ich hätte Appetit auf Waffeln." flüchtig fuhr er
sich bei dem Gedanken mit seiner Zungenspitze über seine Oberlippe. "Ja, das
wäre jetzt genau das Richtige!" meinte er darauf.
“Das sollte kein Problem darstellen.”
Der Ältere wusste zufällig, wo sie genau so etwas herbekommen würden.
Nach ein paar Minuten, waren sie auch schon da. Miyavi schnallte sich ab und
schaute zu dem Älteren hinüber. "Kommst du nicht mit?" wollte er wissen.
"Nein, ich warte hier auf dich. Ich habe mir abgewöhnt zu frühstücken."
"Du weißt schon das, das die wichtigste Mahlzeit des Tages ist. Dein Körper
nimmt es dir bestimmt mal übel, wenn du ihn so geißelst.”
Irgendwie wollte es dem Bunthaarigen nicht in den Kopf das jemand früh nichts
essen wollte.
Ohne weiter auf Gakuto einzureden, stieg er aus und begab sich in das Geschäft.
Der Ältere schloss indes seine Augen um noch etwas abzuschalten. Kurze Zeit später ging ein leichtes Rütteln durch den Wagen und Miyavi ließ sich wieder auf dem Beifahrersitz nieder.
Eine riesige Tüte mit allerlei leckeren Sachen thronte auf seinem Schoß, die
der Jüngere auch gleich freudig durchstöberte. Der Braunhaarige, beobachtete
das ganze aus dem Augenwinkel und lächelte dezent.
Dann wurde ihm auch schon eine kleine Papiertüte, mit dem Logo des Ladens,
unter die Nase gehalten.
"Hier das ist für dich." ließ der Jüngere wissen. "Ich schätze mal du bist
so hart zu dir, weil du ne kleine Figurmacke hast, richtig? Also hab ich dir was
rausgesucht was dir schmecken wird und dir trotzdem dein makelloses Aussehen
nicht versaut. Ich hab die Bedienung fast zum verzweifeln gebracht mit
meinen Extrawünschen aber schließlich hab ich sie überreden können."
Stolz grinste der Größere Gakuto an und hielt ihm noch immer die Tüte
entgegen. Eigentlich widerstrebte es ihm dies anzunehmen. Erstens, weil er doch
ewig gebraucht hatte sich so unter Kontrolle zu bringen was das frühstücken
anging und zweitens nahm er nur sehr selten etwas von Leuten an, egal ob es sich
um einen guten Freund handelte oder flüchtige Bekanntschaften. Aber der andere hatte sich
die Mühe gemacht ihm etwas mitzubringen und das wollte er nun nicht einfach
ablehnen.
Dankend nahm er die Tüte entgegen und unter dem hoffnungsvollen Blick des
anderen, nahm er einen zaghaften Bissen dieser durchaus köstlich wirkenden Leckerei und kaute diesen ohne groß erkennen zu lassen was seine Meinung dazu war.
"Ja, nicht schlecht.” meinte er schließlich und nahm auch gleich einen weiteren Bissen.
Sichtlich zufrieden, setzte nun auch der Bunthaarige an , etwas von seinen
Mitbringseln zu verspeisen.
"Wie nennt sich das hier eigentlich?" wollte Gakuto wissen. "Das werd ich mir
bestimmt mal wieder holen.
Verschmitzt blinzelte der Jüngere ihn an. "Das verrate ich nicht!"
“Dachte ich mir schon.” entgegnete der Ältere und vertilgte darauf den Rest
dieser namenlosen Köstlichkeit.