Veränderungen
"Ich will ihn aber sprechen!"
Legolas schüttelte nur den Kopf und sah Kiran finster an.
"Ich will aber nicht,dass du mit ihm sprichst."
"Wieso denn nicht?"
Am liebsten hätte Legolas sich die Haare gerauft. Wieso verstand sie ihn nicht? Er wollte nicht, dass sie mit dem Mann sprach, der ihr so großes Leid zugefügt hatte.
"Legolas, du lässt mich jetzt auf der Stelle mit Aragon sprechen."
"Nein! Außerdem glaube ich, du würdest ihn nicht wiedererkennen."
Kiran drehte sich ruckartig zu ihm um und starrte ihn an. Sie brauchte gar nicht erst zu fragen, was Legolas meinte, denn sie kannte ihn gut genug. Die Elben, und vermutlich war auch Legolas selbst darunter gewessen, hatten sich Aragon vorgeknöpft.
"Ihr habt ihn verprügelt?"
Legolas guckte grimmig und nickte.
"Er hat es..."
"SEIT IHR TOTAL WAHNSINNIG GEWORDEN? WIESO HABT IHR DAS GEMACHT? HABEN DIE ANDEREN ETWA NICHTS UNTERNOMMEN?"
"Na ja, Gimli wollte dazwischen gehen,aber was kann ein Zwerg schon gegen eine Gruppe Elben ausrichten?"
Kiran starrte Legolas sprachlos an. Dann, ohne jedliche Vorwahrnung, schlug sie ihm hart ins Gesicht. Legolas Kopf flog zur Seite und als er sich von dem Schock erholt hatte, starrte er sie wütend an.
"Wieso hast du mich geschlagen?"
"Weil du es verdient hast, du verdammter Hornochse. Ihr könnt doch nicht Aragon so einfach halbtot schlagen."
"Doch,dass können wir."
Für diese unverschämte Antwort wollte Kiran Legolas noch eine Ohrfeige verpassen, doch als sie die Hand hob, packte Legolas sie bei den Handgelenken und funkelte sie wütend an.
"Du wirst mich nicht noch einmal ohrfeigen, Kiran. Ich bin grundsetzlich gegen Gewalt an Frauen, aber wagst du das noch einmal, werde ich dich übers Knie legen und dir so schamlos den Hintern versohlen, dass man dich selbst bis nach Bruchtal schreien hören wird."
Kiran funkelte ihn böse an, allerdings versuchte sie erst gar nicht, sich aus seinem Griff zu befreien, da sie wusste, dass es nichts brachte.
"Lass mich los, Legolas."
Langsam drückte er ihre Hände nach unten und lies sie dann los, allerdings betrachtete er sie aus wachsamen Augen.
Kiran rieb sich ihre Handgelenke und schob trotzig das Kinn vor.
"Du bist der herrschsüchtigste Mann, den ich kenne. Geh mir aus den Augen, Legolas, im Moment kann ich deinen Anblick nicht ertragen."
Legolas schnaubte wütend und ging zur Tür. Bevor er das Zimmer verlies, drehte er sich noch einmal zu ihr um.
"Du wirst dich nicht mit ihm treffen, Kiran. Ich verbiete es."
"Du bist nicht mein Vater!"
Sein Blick verfinsterte sich.
"Nein,aber dein Mann. Und da dein Vater nicht mehr lebt, habe ich über dich zu bestimmen. Und ich rate dir, mir in dieser Sache zu gehorchen."
"Vergiss es, du eingebildeter Fatzke!"
Legolas lies sich nicht dazu herrab, ihr zu antworten, sondern verlies einfach das Zimmer.
Kiran hatte einen Tobsuchtsanfall. Den ersten seit langer Zeit wieder. Nichts stand mehr an seinem Platz, als sie sich einigermaßen beruhigt hatte. Leise fluchend saß sie auf dem Boden und starrte vor sich hin. Wie konnte er es wagen? Sie so zu behandeln? Dieser dämliche Hornochse. Um sich etwas abzulenken, zog sie ihren Rucksack zu sich und stöberte darin rum. In der Eile hatte sie wahrscheinlich auch lauter unnütze Sachen darin reingestopft. Nach einer Weile hatte sie ihre Schere in der Hand. Sie starrte sie an, strich sich dann über ihre langen Haare und fasste einen Entschluss. Zwar hatte Legolas ihr mal gesagt, wie sehr er ihr langes Haar liebte, doch im Moment war es ihr herzlich egal, was dieser Elb an ihr liebte und was nicht. Kurz entschlossen fasste sie ihre langen Haare zu einen Zopf, setzte die Schere an und lies sie zuschnappen.
Einige Elben standen im Flur und unterhilten sich, als Kiran an ihnen vorbei ging. Erst starrten sie ihr nach, doch dann erkannten sie die junge Frau.
"War das wirklich Lady Kiran?"
"Ja,aber was hat sie mit ihren Haaren gemacht?"
"Sie hat sie abgeschnitten."
"Damit wird er nicht einverstanden sein."
Kiran grinste. Sie hatte jedes Wort der Elben verstanden. Und sie wusste auch von alleine, dass Legolas damit nicht einverstanden sein würde. Aber das war ihr egal. Als sie Haldir etdeckte, ging sie auf ihm zu und baute sich vor ihm auf.
"Wo ist Aragon, Haldir?"
Haldir starrte sie fassungslos an. Sein Blick glitt von ihren kurzen Haaren zu ihrer Kleidung und dann wieder zurück.
"Was habt Ihr getan?"
Er klang so fassungslos, dass Kiran sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen konnte.
"Mir die Haare geschnitten. Ich will wissen, wo Aragon ist, Haldir."
Haldir trat unangenehm von einem Fuß auf den anderen. Doch als Kiran ihn finster ansah, platzte es aus ihm herraus.
"Er ist draußen in den Gärten."
"Gut,mehr wollte ich nicht wissen."
Sie drehte sich um und schritt hoch erhobenen Hauptes davon. Ihr war vollkommen klar, dass Haldir zu Legolas laufen würde, um ihm mitzuteilen, was seine Verlobte getan und vor hatte. Aber es war ihr egal.
Kiran fand Aragon wirklich draußen in den Gärten und er saß zusammengesunken auf einer Bank.
"Aragon."
Aragon schreckte hoch und drehte sich um. Er sah sie mit großen Augen an.
"Kiran? Was ist denn mit dir passiert?"
"Das gleiche könnte ich dich fragen,aber da ich es weis,werde ich das nicht tun."
Sie musterte sein blau schillerndes Auge und seine geschwollene Wange. Aragon verzog das Gesicht.
"Sei froh,dass du nur mein Gesicht siehst,der Rest meines Körpers ist so bund wie ein exotischer Vogel."
Kiran seufte und lies sich neben ihn auf die Bank sinken. Sie starrte in die untergehende Sonne und eine Zeitlang schwiegen sie beide.
"Es tut mir leid, was ich dir angetan habe, Kiran. Normalerweise ist es nicht meine Art,aber du bist eine Kriegerin und wir brauchen jeden Krieger."
Kiran hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.
"Ich verstehe deine Sicht der Dinge durchaus, Aragon, aber nur weil ich ein Kind getragen habe, hätte es mich nicht am Kämpfen gehindert. Du wirst nie begreifen, was es für eine Frau bedeutet, ein Kind zu verlieren."
Kiran sah ihn an und unendliche Traurigkeit spiegelte sich in ihren Augen wieder.
"Aragon, du kannst dir nicht mal vorstellen, was du mir damit angetan hast. Weder Legolas und ich wollten ein kind zeugen, es ist einfach geschehen. Und ich war glücklich, Legolas' Kind in mir zu tragen, das leugne ich nicht. Aber ich möchte auch nicht, dass dieses ... Verbrechen, welches du begangen hast, unsere Freundschaft zerstört. Und ich will auch nicht, dass es deine Freundschaft zu Legolas zerstört. Das habe ich nicht gewollt und es tut mir Leid, was sie mit dir gemacht haben. Und Legolas hat meine Meinung zu dieser Sache schon erfahren. Also, Frieden?"
Aragon starrte Kiran fassungslos an und sah dann auf die Hand, die sie ihm reichte. Sollte es das sein? Tat sie ein solches Verbrechen einfach ab? Kiran schien zu wissen, was in ihm vorging.
"Aragon, wir sind im Krieg und da ist es nicht besonders gut, wenn sich Krieger streiten. Ich sage nicht,dass ich es dir verzeihe, nur werde ich für die restliche Zeit, die dieser Krieg andauert, so tun, als wäre diese Sache nicht geschehen."
Aragon ergriff wortlos ihre Hand und Kiran lächelte leicht.
"So, und jetzt darf ich mich mit der Wut meines Gemahls auseinander setzen."
Mit diesen Worten stand sie auf und ging wieder in den Palast. Aragon konnte ihr nur wortlos nachstarren.