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Die Rechnung ohne den Dämon

Der fünfte Dämonenkrimi
von

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Wo ist die Leiche?

Mal sehen, wer diesmal als erstes auf die Lösung kommt. Aber wie immer werdet ihr es schon bald erraten, fürchte ich...
 

Ich habe die Töpferei und die Vorgehensweisen, was das Brennen etc. betrifft, so beschrieben, wie ich es brauchte. Es mag daher sein, dass nicht alles mit der Realität übereinstimmt.
 

Viel Spaß beim raten!
 

1. Wo ist die Leiche?
 

Sakura neigte sich tiefer, beobachtete genau, wie ihr Lehrer, der Heiler Neigi, die trockenen Blätter zu einer Paste verarbeitete. Sie war noch immer fasziniert von der Heilkunst und Inu no Taishou und Lord Sesshoumaru mehr als dankbar, nicht nur hier im Dämonenschloss in Sicherheit und Ruhe leben zu können, sondern auch noch eine solche Ausbildung zu erhalten. Wenn sie das mit ihrem vorherigen Leben unter Menschen verglich, war sie hier im Paradies gelandet. Die anderen menschlichen - und auch die dämonischen - Diener fürchteten zwar den Prinzen, aber sie fand, dass er ihr noch nie etwas getan hatte, oder von ihr verlangt hatte, was nicht auch ein menschlicher Prinz getan hätte. Und immerhin hatte sie schon miterlebt, wie er schwierige Mordfälle geklärt hatte, ihm dabei sogar helfen dürfen.

Draußen tönte lautes Geschrei. Neigi hob den Kopf. Sakura wusste, dass sein Gehör als Dämon viel besser war, als das ihre und so wartete sie, ob er etwas zu dem Aufruhr dort im Hof sagen würde.

Neigi nickte zu ihr: „Menschen! Ein Streit unter den Dienern, wohl. – Sieh her. Wenn ich jetzt vorsichtig mit dem Spatel das auf einer Verletzung verreibe, wird diese innerhalb von zwei Tagen abheilen, solange sie nicht tiefer unter die Haut geht, als ein Messerrücken, gleich, ob es eine Schnittverletzung oder eine Brandverletzung ist.“ Er brach ab, denn jemand stürmte in sein Zimmer.

Es war eine junge menschliche Dienerin. Tränen liefen über ihre Wangen und sie wirkte vollkommen entsetzt. „Sakura!“ schluchzte sie.

Diese sprang auf: „Atari? Was ist denn passiert?“ Sie nahm sie in die Arme, sah entschuldigend zu ihrem Lehrer: „Verzeiht, sensei.“

„Schon gut. - Ich lass euch beide mal allein. Das scheint was für Menschenohren zu sein.“ Neigi erhob sich. Er wusste nur zu gut, dass Menschen, gerade weibliche Menschen, sich untereinander leichter taten zu reden. Und er würde draußen gewiss den Grund auch erfahren, warum solch ein Geschrei war, warum Atari so aufgelöst war. Soweit er sich entsann, arbeitete sie als Hausmädchen im Schloss, putzte die Zimmer.

Sakura hatte unterdessen Atari sanft zu Boden gesetzt: „Was ist geschehen?“ erkundigte sie sich nochmals: „Du zitterst ja und bist ganz verstört.“

„Oh, Sakura….“ Das Mädchen nahm sich mühsam zusammen: „Ich habe keinen schlechten Scherz gemacht, wirklich nicht….Und jetzt sind sie alle so böse auf mich.“

„Alle? Die menschlichen Diener?“

„Ja.“ Atari begann wieder zu weinen: „Ich habe ihn doch gefunden…“

„Wen gefunden? Wo?“ Sakura griff hinter sich und goss einen Schluck Tee ein: „Hier. Und dann erzählst du mir einfach alles. Vielleicht kann ich dir helfen.“ Sie wusste, dass sie durch ihre Ausbildung einen gewissen Rang unter den menschlichen Dienern einnahm. Und natürlich durch die Gerüchte, sie sei die Geliebte des Prinzen. Ihre entgegengesetzten Beteuerungen fanden keinen Glauben.

Atari trank den Tee, ehe sie hervorbrachte: „Fumio-san ist tot.“

„Ah ja“, machte Sakura, die zum ersten Mal selbst erlebte, wie mühsam es sein konnte, ein Verhör zu führen: „Und wer ist Fumio-san?“

„Sie haben ihn umgebracht!“

Das wurde interessanter: „Wer? Und wie kommst du darauf?“

„Ich…ich war heute Vormittag im Wald, Beeren für die Küche sammeln. Dabei gehe ich auch tief ins Unterholz. Und da...da lag er. Er hatte ganz viel Blut auf seiner Kleidung und ein tiefes Loch in der Brust. Ich…ich bin so erschrocken.“ Atari begann wieder zu zittern.

„Das glaube ich. Jeder würde da erschrecken. Aber wer ist das?“

„Fumio-san? Er ist aus unserem Dorf. Ihm gehört...gehörte da die Töpferei.“

Sakura nickte. Der Ort, aus dem die meisten menschlichen Diener hier im Dämonenschloss stammten, lag wenige Kilometer entfernt. Dort fanden auch Märkte statt. Und die große Töpferei lag am Ortsende. Soweit sie wusste, wurden das Geschirr weithin verkauft. „Und du hast deinen Korb mit den Beeren fallen gelassen und bist hierher gelaufen, um Alarm zu schlagen?“

„Ja. Ich…ich lief so schnell ich konnte, weil ich Angst hatte, jemand laufe hinter mir her. Und einige Männer kamen dann ja mit…Aber ich hatte ihn gesehen!“

„Dann lag da jetzt keine Leiche von Fumio-san mehr?“

„Nein.“ Atari begann wieder zu weinen: „Da lag nur Männerkleidung, ausgestopft mit Gras und Blättern. - Sie, sie sagen jetzt, ich hätte einen schlechten Scherz gemacht, sie wollten mich schon schlagen…aber ich schwöre, Sakura, ich habe ihn doch erkannt. Es war Fumio-san. Oder habe ich mir das nur eingebildet? Ich weiß nicht, was ich noch denken soll. Was soll ich nun nur tun?“

Sakura brauchte nicht nachzudenken: „Du sagst, du hast die Leiche des Besitzers der Töpferei gefunden. Dann gibt es eine einfache Möglichkeit, das zu überprüfen. Geh ins Dorf und sieh nach, ob er da ist. Ist er verschwunden, hast du ihn wirklich gefunden gehabt. Sitzt er aber in seiner Töpferei, hast du es dir eingebildet.“

„Aber…ich darf doch das Schloss nicht ohne Erlaubnis verlassen.“

„Ich sollte heute Nachmittag sowieso hinüber gehen, weil Neigi-san etwas vom Markt wollte. Wenn ich ihn bitte, dass du statt meiner gehen darfst?“

„Oh, das würdest du tun?“ Atari atmete auf: „Dann….dann glaubst du mir?“

„Ich weiß nicht, ob du es dir eingebildet hast oder nicht, “ korrigierte Sakura prompt: „Aber ich bin mir sicher, du wirst keine Ruhe finden, ehe du nicht weißt, ob Fumio-san lebt oder nicht.“

„Ja, da hast du recht. Oh, die anderen waren so böse auf mich.“

„Nun, wenn sie nur Kleidung mit Heu finden, verständlich. Warte kurz hier. Ich werde Neigi-san fragen.“ Sie stand auf. Sie traute Atari eigentlich nicht zu, einen makabren Scherz zu veranstalten. Aber wenn sich das Mädchen das eingebildet hatte - wieso wollte sie ausgerechnet den Töpfereibesitzer erkannt haben? Nun, sie sollte einfach in das Dorf gehen und sich mit eigenen Augen überzeugen.
 

Der Heiler hatte inzwischen von den anderen die Geschichte gehört und nickte leicht, als Sakura ihn bat, Atari an ihrer Stelle auf den Markt zu schicken: „Eine ausgezeichnete Idee, meine Schülerin. Das wird sie so oder so von ihrer Anspannung heilen.“ Er schloss langsam die Augen, ehe er sie genau ansah: „Lügt sie, wie es die anderen behaupten?“

„Ich denke nicht, sensei. Sie glaubt sicher, ihn gefunden zu haben. Aber ob sie es sich eingebildet hat oder nicht, lässt sich ja so herausfinden.“

„Gut. Sie soll gleich gehen. Bis sie heute Abend zurückkommt, wird sich die Stimmung unter den anderen schon wieder ein wenig beruhigt haben. Und ich möchte frisches Obst haben.“

„Ja, sensei.“
 

Den gesamten Nachmittag über arbeitete Sakura im Kräutergarten. Sie sah erst auf, als der Heiler zu ihr kam: „Sakura?“

„Ja?“

„Hat sich Atari bei dir gemeldet?“

„Nein, sensei.“ Sie warf einen Blick zur Sonne. Diese berührte schon den Horizont: „Sie ist noch nicht zurück?“

„Sie hat mir nichts gebracht. Frag unter dem menschlichen Personal. Ich werde die Dämonen befragen.“

Als sich der Heiler und seine Gehilfin wieder trafen, wusste Sakura schon die Antwort: „Niemand hat sie mehr gesehen. Die Menschen nehmen an, dass sie wegen ihres schlechten Scherzes sich in ihr Elternhaus geflüchtet hat. Sie ist ja aus diesem Dorf.“

„Möglich. – Du gehst morgen früh gleich nach Sonnenaufgang dorthin und wirst das überprüfen, Sakura. Wenn der Töpfereibesitzer noch lebt und sich Atari nach Hause geflüchtet hat, ist alles in Ordnung. Sollte aber auch nur ein Punkt nicht zutreffen, werden wir den Inu no Taishou informieren.“

„Ja, sensei.“ Sakura machte sich Sorgen. Atari hatte so verzweifelt gewirkt. Hoffentlich hatte sie sich nichts angetan, als sie feststellte, dass dieser Fumio-san nicht tot war.
 

So war sie eineinhalb Stunden nach Sonnenaufgang bereits in dem Dorf. Es war groß, eher schon ein Marktflecken zu nennen. Die beiden größten Gebäude waren die Töpferei am östlichen Ortsrand und das Herrenhaus am gegenüberliegenden. Sie ging zunächst auf den Markt. Neigi-san brauchte frisches Obst, um Säfte zubereiten zu können. Sie war schon öfter hier gewesen und so erkannten die Marktleute sie. Das Dämonenschloss lag so nahe, dass viele Menschen aus dem Dorf dort arbeiteten oder auch in ihrer Jugend dort gearbeitet hatten. Auch die Verwaltung wurde in der Kanzlei des Dämonenfürsten erledigt. Und seit Jahrhunderten dienten die Menschen hier Inu no Taishou. Sakura fragte sich zum ersten Mal, wie alt er wohl in Wahrheit sein mochte. Aussehen tat er wie vielleicht vierzig, eher jünger. Aber bei Dämonen war das anders, das wusste sie.

„Ah, die junge Heilerin, “ sagte der Händler: „Was darf es heute sein?“

Sakura reichte ihm ihre Liste. Während er die Früchte in den Korb packte, meinte sie beiläufig: „Der Ort wirkt ruhig wie eh und je. Ein Glück, dass nichts Aufregendes passiert.“

„Ja. Aber durch die Nähe des Dämonenschlosses kommen keine Angreifer hier her. Das ist viel wert in dieser Zeit. - Aber heute Abend passiert etwas Aufregendes.“

„Ja? Was denn?“

„Geht einmal hinüber, zur Töpferei. Dort ist ein großer Holzstoss aufgebaut. Jeder hat altes Holz, der Herr sogar einen alten Ochsenkarren, zur Verfügung gestellt. Und das wird heute Abend angezündet. Es gibt ein großes Fest.“

„Mit Tanz?“

„Aber ja doch. Kommt Ihr?“

„Das werde ich nicht dürfen. - Aber wieso ausgerechnet an der Töpferei?“

„Weil dort der Löschwasserteich ist. Falls zu sehr Funken fliegen, können wir da rasch löschen. Würden wir es auf dem Marktplatz machen, wäre die Gefahr für das Dorf zu groß.“ Er schien erstaunt.

„Ich wusste nichts von dem Teich“, entschuldigte sich Sakura.

„Ach ja, Ihr seid ja eine der wenigen, die nicht hier aus dem Ort kommen. – So, hier. Ist es Euch nicht zu schwer?“

„Nein. Danke. Ich werde mir jetzt dennoch den Holzstoss ansehen. Dann werde ich heute Abend an euch denken.“ Sie schwang sich den Korb auf den Rücken.

„Tja, Dienst geht vor, nicht wahr?“ Der Händler lächelte noch einmal, als sie sich abwandte. Schade, dass sie die Heilerin wurde. Sie war wirklich ein hübsches Ding. Aber auch er hatte schon gehört, dass da Lord Sesshoumaru die Hand draufhatte. Also war sie natürlich tabu.

Ein Fest? Und sie hatte vergessen, ihn nach Atari zu fragen. Aber nun gut, jetzt würde sie erst einmal zu der Töpferei gehen und sich erkundigen, ob Fumio-san da sei. War er es, müsste sie Atari suchen.

Sie ereichte den großen Platz vor der Mauer der Töpferei. Man hatte die gut abgeschirmt, um zu verhindern, dass die heißen Brandöfen durch Funkenflug die Häuser der Umgebung anzünden würden.

Ein wenig erstaunt betrachtete sie den Holzstoss. Offenbar hatte wirklich jeder Holzabfälle gehabt. Bretter, Dachschindeln waren da aufeinander getürmt worden, sogar der hölzerne Reisewagen einer vornehmen Dame, wenn auch ohne Deichsel und Räder. Es wirkte sehr unordentlich. Sie betrachtete ein wenig nachdenklich den Wagen. So vornehm von Ochsen gezogen zu werden war das Privileg von reichen Damen und das würde sie sicher nie werden…

Da hatte jemand wohl die Stoffbespannung nicht ganz abgezogen. Ein Stück Stoff wehte hinten im Wind.

Plötzlich erstarrte Sakura. Vorsichtig setzte sie den Korb von ihrem Rücken ab und ging näher. Diesen Stoff hatte sie schon einmal gesehen. Sie musste auf einige Holzbretter steigen, um emporzuklettern, aber dann konnte sie sich den Stoff genauer ansehen. Es war tatsächlich Ataris Kimono - und Atari. Sakura hätte keine Ausbildung als Heilerin gebraucht, um zu erkennen, dass das Mädchen tot war. Ihr Gesicht war angeschwollen und um ihren Hals lag eine dünne Seidenschnur, eng zusammengezogen. Hastig blickte sich Sakura um. Niemand sollte sie hier bemerken, sonst könnte sie leicht auch solch ein Ende finden. Sie müsste den Hundefürsten informieren, dass jemand seine Dienerin umgebracht hatte. Aber zunächst einmal sollte sie herausfinden, ob Fumio-san da war. Wenn ja, wurde das Rätsel nur umso größer.

So nahm sie wieder ihren Korb auf den Rücken, ging hinüber zum Tor der Töpferei. Neugierig betrachtete sie den großen Hof. Unter dem Dach drehten mehrere Töpfer ihre Scheiben, rechts brannten Feuer in verschiedenen kleineren Öfen, ein großer wirkte kalt. Ein Junge in ihrem Alter schob gerade einen Wagen mit grauen, ungebrannten Vasen in die Richtung der Öfen, als er sie entdeckte: „Hallo. Willst du etwas kaufen?“

„Nein. Ich…ich soll für meinen Herrn fragen, ob Fumio-san da ist oder auf Reisen.“

„Er ist weder noch.“ Der Junge grinste: „Er ist krank und war daher schon ein paar Tage nicht hier. Aber der Vorarbeiter redet mit ihm und daher denke ich, dass dein Herr ihn vielleicht auch besuchen kann. Frag doch seine Frau. Sie macht das Geschäft hier im Augenblick.“

„Danke. Das werde ich meinem Herrn ausrichten.“ Sakura wandte sich ab und kehrte sehr nachdenklich zurück zum Schloss des Westens. Irgendetwas war hier faul, das wusste sie. Aber das Beispiel der armen Atari zeigte, dass es eine sehr gefährliche Sache war. Und das sollte sie besser melden.
 

Neigi stimmte ihr da zu und so erbaten die beiden Audienz beim Fürsten. Der Inu no Taishou war etwas überrascht, dass sie zu zweit kamen, erst recht, als Neigi sagte: „Sakura soll berichten, mein Fürst.“

„Verzeiht, Herr“, meinte sie zögernd: „Es geht um den Mord an einer Eurer Dienerinnen…“

„Mord.“

„Ja, Herr.“

„Dann warte einen Moment, Sakura.“ Er klatschte in die Hände: „Holt meinen Sohn her.“

Kurz darauf kam Sesshoumaru. Falls er überrascht war, Neigi und Sakura vorzufinden, so zeigte er es nicht. Er verneigte sich höflich vor seinem Vater, nahm an dessen Seite Platz.

„Also, Sakura, “ meinte der Fürst: „Wer ist ermordet worden? Und was ist genau geschehen?“

Sie berichtete so ausführlich, wie sie es von den Ermittlungen Lord Sesshoumarus gewohnt war, sachlich und die Unterhaltungen möglichst Wort für Wort. Am Schluss meinte sie: „Ich…es wurde mir zu gefährlich, selbst weiter zu fragen.“

„Du hattest Recht.“ Der Dämonenfürst sah seitwärts: „Das übernimmst du, Sesshoumaru. Und Sakura soll dich unterstützen.“

Der Hundeprinz seufzte unmerklich. Das hatte er schon befürchtet. Immerhin sollte er Sakura mitnehmen. Und sie war eine wirkliche Hilfe.
 

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Auch schon bemerkt?

Das nächste Kapitel heisst: Wer hat Angst vor dem Dämon?
 

Wer so nett ist, mitzuraten und mir einen Kommentar zu hinterlassen, schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde.
 

bye
 

hotep

Wer hat Angst vor dem Dämon?

Ihr habt mich ja fast umgerannt. Danke schön.

Ich hoffe, es macht weiterhin Spaß, das hier zu lesen.

Der arme Ermittler hat es nicht ganz einfach mit den Menschen - oder die mit ihm?
 

2. Wer hat Angst vor dem Dämon?
 

Als Lord Sesshoumaru in das Dorf kam, wichen hastig alle, die ihn sahen, auf die Seite, verneigten sich, fielen zum Teil auf die Knie. Sein Vater galt ja als Menschenfreund, aber ausnahmslos hatten sie schon gehört, dass man bei dem Prinzen lieber zu höflich sein sollte. Ein Fehler - und man bekam keine zweite Chance. Das Dämonenschloss des Herrn der westlichen Länder lag zu nahe am Dorf, als dass man den Erbprinzen nicht erkannt hätte. So kam er rasch voran, obwohl auf den Strassen Gedränge herrschte. Jeder wollte mit seiner Arbeit noch vor dem Fest am Abend fertig sein.
 

Die Witterung der Töpferei war nicht zu verkennen und so bog der Hundeprinz in die dorthin führende Strasse ein, gefolgt von Sakura, die sich höflich drei Schritte hinter ihm hielt. Wenn er eine Erklärung wünschte, würde er sie fragen.

Vor dem Holzstapel blieb der junge Dämon stehen, betrachtete sorgfältig das gesammelte Holz, suchte die Gerüche, ehe er einfach empor zu dem Ochsenwagen sprang. Zum Erstaunen der Menschen blieb er schweben, griff hinein. Und die allermeisten Zuschauer holten scharf Atem, als er die Leiche Ataris herauszog, mit ihr zu Boden sprang. So groß war der Ort nicht, dass sie nicht gewusst hätten, dass sie im Schloss arbeitete. Und wenn der Hundefürst für eines bekannt war, dann dafür, seine Diener zu beschützen. Es würde ihn sicher nicht freuen, ein Dienstmädchen auf diese Weise zu verlieren. Sesshoumaru ließ sie auf die Erde gleiten, blickte sich kurz um. Eine andere Leiche war hier nicht zu wittern.

Dem menschlichen Herrn des Ortes war schleunigst über den unerwarteten Besucher berichtet worden und er war schon besorgt herangekommen. Jetzt steigerte sich die Sorge. „Lord Sesshoumaru, ich bitte untertänigst um Vergebung…ich…Wir wussten nicht….wir wollten doch nur ein Fest...Das Erntefest…“

Immer diese sinnlosen, stammelnden Entschuldigungen. Menschen! Wie erbärmlich sie doch waren. „Nehmt ihr die Schnur ab und bringt sie zu ihren Eltern. Menschen pflegen einander doch zu beerdigen.“

„Ja, ja, natürlich, Lord Sesshoumaru.“ Immerhin sah das nicht so aus, als ob er das Dorf dem Erdboden gleichmachen wollte. „Ich weiß nicht, was zur Zeit hier los ist. Erst gestern die Grabschändung bei der Umino-Familie…“ Dem Grundherrn versagte die Stimme, als der Dämonenprinz ihn ansah.

„Ich werde herausfinden, wer der Mörder gewesen ist und darum einige Zeit im Dorf verbringen. Ich möchte ungehinderten Zugang haben und alle Antworten, die ich will.“

„Natürlich“, sagte der menschliche Grundherr sofort. Wer hätte denn einen Dämon hindern sollen? Oder gar es wagen, Lord Sesshoumaru die Auskunft zu verweigern? Es liefen da so allerlei Gerüchte über ihn um. Gut, es war schon länger kein Mensch im Hundeschloss mehr zu Tode gekommen, aber trotzdem war es gewiss besser, nichts herauszufordern, was sicher mehr als unangenehm werden würde. „Selbstverständlich werde ich Euch unterstützen. Immerhin war Atari aus diesem Ort, wir kannten sie…“

„Dies ist die Töpferei. Wo ist der Besitzer?“

„Äh, Fumio-san?“ Der Grundherr blickte sich suchend um, als erwarte er, dass er hinter ihm stünde: „Er wird arbeiten.“

„Er ist zuhause“, sagte ein Mann. Da ihn der Dämonenprinz sofort musterte, schluckte er und verneigte sich hastig: „Lord Sesshoumaru. Fumio-san hatte die letzten Tage Fieber, soweit ich hörte. Aber sein Haus befindet sich auch auf dem Gelände der Töpferei, falls Ihr ihn aufsuchen wollt.“ Er hatte vergessen, dass man einen Prinzen nicht einfach ansprechen durfte.

„Du bist gut informiert. Woher?“

„Ich...ich liefere Milch aus, Lord Sesshoumaru.“ Seine Bitte um Entschuldigung sparte er sich unter dem eiskalten Blick.

Sesshoumaru nickte nur kurz. Ihm fiel jetzt auch der Name des Grundherrn ein: „Ich fange in der Töpferei an, Mawashi-san. Vielleicht hat dort jemand etwas bemerkt.“ Er wollte nicht erzählen, dass Atari den Töpfereibesitzer tot aufgefunden haben wollte.

Der Grundherr schluckte leicht. Er war eine respektvollere Anrede gewohnt. Aber es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sich der Dämonenprinz für höherrangiger hielt. Doch Mawashi war nicht lebensmüde genug, mehr Ehrerbietung einzufordern. Er brauchte nur einen raschen Blick auf die Hände werfen. Das waren Klauen und er wollte sich nicht vorstellen, wie nur eine Ohrfeige damit wäre. „Tut, was Ihr für richtig haltet“, antwortete er nur.

Sesshoumaru wandte sich ab, unterdrückte sein „natürlich“. Als ob er die Erlaubnis eines solch schwächlichen Lebewesens benötigen würde. Aber sein Vater wünschte, dass er gegenüber diesen Menschen eine gewisse Höflichkeit wahrte. Immerhin waren sie direkte Nachbarn und von hier kam der Nachschub an Dienstboten. Das war freilich ein rationaler Grund. Am Tor der Töpferei standen einige Menschen, die neugierig geworden waren, was los sei. Als sich der Hundeprinz ihnen zuwandte, verschwanden sie hastig.

Sesshoumaru ließ einen leisen Laut hören, der gleichermaßen sein Missvergnügen und seine Verachtung ausdrückte, ehe er langsam zu der Töpferei ging. Sakura folgte ihm unverzüglich. Für einen Moment blieb der Dämonenprinz unter dem Tor stehen, betrachtete die Töpfer unter dem Vordach, die so taten, als seien sie nur auf ihre Werke konzentriert, den Jungen, der sich möglichst unauffällig hinter seinem Karren versteckte, den Mann, der gerade Holz in den Ofen schob und ihn nicht bemerkte.

Nur ein Mensch kam schnell heran, aus der Richtung des eigentlichen Töpfereigebäudes, verneigte sich schon in Entfernung mehrfach: „Lord Sesshoumaru, welche Ehre….welch unerwarteter Besuch. Wie können wir Euch zu Diensten sein?“

„Wie ist dein Name?“

„Ich heiße Usagi Mataeda. Ich bin hier der Vorarbeiter.“

„Dann ist dein Herr nicht da?“

„Oh doch, Lord Sesshoumaru.“ Erneut eine tiefe Verneigung: „Aber Fumio-san befindet sich seit Tagen nicht wohl und liegt in seinem Zimmer mit hohem Fieber. Wünscht Ihr vielleicht mit seiner Frau zu sprechen?“

„Ruf die Arbeiter hier her.“

„Oh…ich bedaure...“ Mataeda bemerkte erschreckt das Aufflackern in den Augen des Dämonen vor ihm: „Hört mich zu Ende an, Lord Sesshoumaru, ich flehe Euch an! - Die Öfen müssen stets bewacht werden. Ich kann Euch einen Arbeiter nach dem anderen rufen, wenn Ihr dies wünscht, aber nicht alle zugleich. Die Gefahr eines Feuers oder auch das Erlöschen eines Ofens wäre zu groß.“

„Dann frag du sie. Ich möchte wissen, ob einem von ihnen heute seit dem Aufbau des Holzstosses dort auf dem Vorplatz etwas aufgefallen ist.“ Sesshoumaru bemerkte sehr wohl, dass der Vorarbeiter sich nicht wunderte. Das bedeutete, dass zumindest er zugesehen hatte, als er selbst Ataris Leiche dort gefunden hatte.

„Selbstverständlich, Lord Sesshoumaru.“ Wieder eine Verneigung: „Wenn Ihr Euch nur einen Moment gedulden wollt? Es sind doch acht Mitarbeiter hier, außer mir.“

„Ich komme wieder her.“ Das hätte noch gefehlt, dass er wie bestellt und nicht abgeholt hier im Hof einer menschlichen Töpferei herumstehen würde.

Erneut verbeugte sich der Vorarbeiter: „Wie immer Ihr wünscht. Wollt Ihr dann auch mit der Herrin sprechen?“

„Mit deinem Herrn, gleich, wie krank er ist.“

„Jawohl, Lord Sesshoumaru. Ich werde es Fumio-san ausrichten.“ Mataeda war zu vorsichtig, um nicht erst erleichtert aufzuatmen, als der Hundeprinz den Hof verlassen hatte. Für einen Augenblick hatte da etwas in den Augen dieses Dämons gelegen….
 

Sakura war ein wenig überrascht, als der Prinz den Ort verließ, aber sie folgte ohne Frage. Was auch immer er vorhatte, würde sicher dazu dienen, den Mörder der armen Atari zu finden. Und womöglich auch den Mörder des Töpfereibesitzers, obwohl der Vorarbeiter durchaus auf sie den Eindruck gemacht hatte, wirklich mit seinem Herrn gesprochen zu haben. Sie bemerkte, dass Sesshoumaru stehen blieb und fiel rasch auf die Knie.

Als er sich umdrehte, wartete sie bereits auf einen Befehl. „Sakura.“

„Lord Sesshoumaru?“

„Weißt du, welche unserer Diener mit Atari in den Wald gingen?“

„Die Stelle wieder finden würden, meint Ihr? Ich weiß es nur von Aki sicher.“

Das hatte er gemeint. Angenehm, wenn sie mitdachte: „Steh auf und komm zu mir.“

Sie gehorchte sofort, spürte, wie schon zweimal, dass sie einfach über seine Schulter geworfen wurde, als er ein Portal erschuf. Diese dämonische Art des Reisens erschien ihr immer wieder faszinierend und sie fragte sich unwillkürlich, wie viel Macht ein solch hochrangiger Dämon eigentlich hatte.
 

Aki schleppte gerade volle Wassereimer vom Brunnen in die Küche, als sein Name fiel. Er glaubte, nicht recht gehört zu haben und wandte den Kopf. Als er tatsächlich den Hundeprinzen keine fünf Meter von sich entfernt entdeckte, ließ er entgeistert die Eimer los, um sich zu Boden zu werfen. Interesse Sesshoumarus an einem menschlichen Diener war für diesen meist schmerzhaft.

„Komm mit!“

In Todesangst brachte Aki hervor: „Ich flehe Euch an, Lord Sesshoumaru...ich bin mir keiner Schuld bewusst…Ich...“

Immer diese vollkommen blödsinnigen Entschuldigungen, sinnlos, zwecklos, nutzlos. Menschen! Sesshoumaru verspürte gute Lust, diesem Idioten zu zeigen, was er von solch hirnlosem Benehmen hielt, drehte sich aber um: „Sakura!“

Diese war ein Stück von ihm entfernt stehen geblieben, kam aber nun heran, nicht im Zweifel, was er von ihr wollte. Sie begriff nicht, wieso sich Aki so in Panik versetzen ließ. Wenn er nichts getan hatte, würde ihn Lord Sesshoumaru doch auch nicht bestrafen. Ungerechte Strafen kannte sie nur von Menschen: „Aki, Lord Sesshoumaru möchte, dass du ihm den Ort zeigst, an dem Atari vermutlich die Leiche gefunden hatte.“

Der Diener atmete etwas auf. Solange der Erbprinz nicht direkt mit ihm sprach, fühlte er sich auch nicht bedroht. „Den….den Ort?“

„Findest du ihn nicht wieder?“

„Doch, ich…ich glaube schon, Sakura-sama.“

Sie verstand zum ersten Mal, warum der Prinz oft so ungehalten auf solche lächerlichen Verhaltensweisen reagierte. Aki hatte sie noch nie mit Sakura-sama angesprochen, eher mit Sakura-chan. Aber offenkundig glaubte er, wie eigentlich alle menschlichen Dienstboten im Schloss, dass sie die Geliebte Sesshoumarus war, und wollte diesen nicht beleidigen. „Dann tu das.“ Sie wandte leicht den Kopf: „Wünscht Ihr sonst noch etwas, Lord Sesshoumaru?“

„Noch nicht.“

Aki stand auf. Er hoffte, dass Sakuras Gegenwart den Dämonenprinzen davon abhalten würde, ihn zu hart zu behandeln. So eilte er voran, ohne zu wagen, seine Frage zu stellen. Sie waren überrascht gewesen, dass Atari so einen groben Scherz gemacht hatte. Aber nun hatte Neigi erzählt, dass das Mädchen tot war, ermordet. Und dass der Fürst sehr ungehalten wäre. Hoffentlich hatten sie keinen Fehler gemacht, als sie ihr nicht geglaubt hatten. Die Tatsache, dass sich Lord Sesshoumaru dafür interessierte, gab schon Anlass zur Besorgnis. Er galt im Allgemeinen als der Vollstrecker seines Vaters.
 

Er brauchte nicht nachzudenken, wo der Ort lag und so führte er den Prinzen und Sakura zu einem Dickicht, dass ungefähr auf der Hälfte der Strecke zwischen dem Schloss und dem Marktflecken lag.

„Bleibt stehen!“ Sesshoumaru wartete gar nicht, ob die Menschen dem Befehl gehorchten, als er schon sorgfältig witternd das Gesträuch betrat. An einer Stelle stoppte er, roch gründlicher. Hier hatte in der Tat eine menschliche Leiche gelegen, wenn auch nur kurz. Atari hatte also wirklich einen Toten gefunden gehabt. Nun war ein Kimono, ausgestopft mit Heu, hier. Kein Wunder, dass Menschen, die eher sahen als witterten, und dazu nicht gerade nachdachten, einen üblen Scherz vermutet hatten. Er versuchte sich den Geruch der Leiche einzuprägen. Es roch nicht gerade gut, und er wünschte, das möglichst schnell hinter sich zu bringen.

Sakura war sofort stehen geblieben, hatte sich wartend hingekniet. Aki war dem Beispiel gefolgt. Fragend sah er zu der Heilerin: „Was tut er?“ flüsterte er.

Sie zuckte die Schultern. Bildete er sich tatsächlich ein, ein Hundedämon könnte ihn so nicht mehr hören? Aber sie sagte: „Er untersucht den Ort. Ob dort wirklich eine Leiche lag, und wohl auch, wer das war. Atari meinte ja, es sei Fumio-san.“

„Fumio-san.“ Sesshoumaru stand vor ihnen: „Aki, kennst du ihn?“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“ Der Diener fühlte sich sehr unwohl. Aber da Sakura dabei war, war er doch etwas beruhigt.

„Persönlich?“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“

„Kommt.“ Der Dämonenprinz ging weiter. Er konnte eine Spur riechen. Hier war ein Mensch gegangen, in Richtung auf den Ort. Aber er konnte die Witterung nicht genau bestimmen, geschweige denn als bekannt unterbringen. Als er an einem Ast vorbeikam, konnte er jedoch riechen, dass dieser mit einer menschlichen Leiche in Verbindung gekommen war. Ganz offensichtlich hatte jemand den Toten hier getragen. Hin und wohl auch wieder weg.

„Lord Sesshoumaru!“

Er blieb stehen, drehte den Kopf: „Sakura?“

„Seht.“ Sie deutete seitwärts.

Er betrachtete das Loch im Erdboden, gut einen Meter siebzig lang und fünfzig Zentimeter breit. Sie hatte Recht. Das war interessant. Er trat hinzu, suchte die Nachrichten im Wind. Natürlich. Das musste geschehen sein. Jemand hatte den Toten hierher geschafft, ihn dort im Dickicht verborgen, um hier ein Grab zu schaufeln. Genau zu diesem Zeitpunkt war Atari auf Beerensuche in das Unterholz gekommen, und hatte die Leiche gefunden. Sie war in Panik zurück ins Schloss gelaufen. Vermutlich hatte der Mörder sie noch verfolgt - dann aber anders geplant. So musste er den Toten ausgezogen habe, diesen bizarren Scherz vorbereitet haben, während er in Wahrheit die Leiche wieder mitgenommen hatte. Aber wohin? Und wer war es gewesen? Und wo war Fumio-san wohl jetzt?

Aki war buchstäblich erstarrt, als es Sakura gewagt hatte, den Prinzen anzusprechen. Als dieser auch noch dem Hinweis folgte, war er überzeugt, dass diese beiden eine sehr enge Beziehung haben mussten. Zwar ging der Hundeprinz jetzt schweigend weiter, aber er hatte sie nicht für ihren Vorwitz bestraft.
 

Sie trafen auf einen Weg, der an dieser Stelle im Wald endete, aber offenbar von dem Ort aus hier her führte. Sesshoumaru suchte wieder die Gerüche. Wagenspuren und der kaum mehr bemerkbare Gestank einer menschlichen Leiche. Also hatte man den Toten bis hierher mit einem Wagen gebracht und dann ab hier auch wieder weggebracht. Mal sehen, wo die Spur dieses Karrens enden würde. Er wandte sich nach rechts, eigentlich überzeugt, dass ihn diese Fährte zurück zu der Töpferei führen würde.
 

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Im nächste Kapitel stellt Sesshoumaru fest, dass eine gute Nase ein echtes Handicap darstellen kann, wenn man sich unter Menschen aufhalten muss.
 

Wer so nett ist, mitzuraten udn mir einen KOmmentar zu hinterlassen, dem schicke ich, wie immer, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde.
 

bye
 

hotep

Wer ist die Leiche?

Ein Dämon mit einer mehr als guten Nase unter Menschen - das muß ja Probleme machen. Und die Fragen werden nicht weniger:
 

3. Wer ist die Leiche?
 

Tatsächlich führte die feine Nase des Hundeprinzen ihn zurück in den Ort. Der Weg aus dem Wald leitete ihn am Dorfrand vorbei, an Hüttenwänden ohne Fenster entlang, direkt zu dem großen Platz vor der Töpferei. So betrat er den Hof. Die Töpfer, die unter dem Vordach arbeiteten, starrten ihn erschrocken an, aber er beachtete weder sie noch den Mann, der in einem Loch in der Erde Tonbrei anrührte. Etwas anderes war wichtiger. Der Junge, der den Karren mit ungebrannten Geschirr zu den Öfen schob und mit gebranntem wieder zurück, zuckte zusammen, als plötzlich der Dämon neben ihm war.

„Herr…“ brachte er hervor.

Sesshoumaru ignorierte ihn, suchte die Gerüche. Ja, mit diesem Wagen war die Leiche transportiert worden. Aber wer hatte es getan? Am Griff war deutlich nur die Witterung des Jungen, aber auch mehrerer anderer Personen. Neun Menschen arbeiteten hier, hatte dieser Vorarbeiter gesagt. Und wo war der Tote jetzt? Jemandem war offenkundig sehr daran gelegen, ihn verschwinden zu lassen. Atari hatte es nur zu deutlich zu spüren bekommen. Aber war es Fumio gewesen oder nicht?

„Lord Sesshoumaru!“ Keuchend eilte der Vorarbeiter heran, verneigte sich schon wieder in Entfernung tief: „Darf ich Euch Bericht erstatten?“

„Ja.“

„Niemand fiel etwas auf, aber ich fürchte, das war zu erwarten. Wir sind hier von einer solch hohen Mauer abgeschlossen….“ Mataeda verneigte sich erneut: „Darf ich Euch nun zu Fumio-san begleiten? Seine Frau, Herrin Akuma, führt im Augenblick zwar das Geschäft, aber da Ihr sagtet, Ihr wollt den Herrn persönlich sprechen, hat er sich ankleiden lassen.“

„Ja. - Sakura, du wartest hier. - Aki.“

Dieser sah hilfesuchend zu Sakura. Sie winkte ihm zu, dass er dem Prinzen folgen sollte und so tat er es. Woher sollte er denn bei solch kurzer Anrede wissen, was er tun sollte? Aber dann fiel ihm ein, dass sich Lord Sesshoumaru ja erkundigt hatte, ob er Fumio-san persönlich kennen würde. Vermutlich sollte er ihm sagen, ob er das wirklich war. Aber wenn er hier lebte, hatte Atari doch einen schlechten Scherz gemacht?
 

Mataeda führte den hohen Gast quer über den Hof, durch eine kleine Tür. Hier befand sich noch ein enger Hof. Direkt an der Hauswand lag ein gut zwei Meter langes und einen Meter breites Becken, gefüllt mit flüssigem Tonbrei. Davor stand ein drei Meter langer und ebenfalls gut ein Meter breiter Tisch. Sesshoumaru witterte kurz. Leider hatte seine Nase den Leichengeruch des Karrens zu gut verinnerlicht. Er hätte im Augenblick nicht sagen können, ob in diesem Hof ein Toter gewesen war oder nicht. Er müsste erst andere Gerüche in die Nase bekommen.

Der Vorarbeiter hatte den Blick bemerkt, deutete ihn als Wissbegierde an der Töpferkunst: „Darf ich Euch erklären, Lord Sesshoumaru?“

„Ja.“ Er sollte ja auf Wunsch seines Vaters höflich zu diesen Menschen sein. Als ob er sich je für Tonwaren oder Töpfer interessieren würde. Menschen…Aber ein Prinz hatte eben auch gewisse gesellschaftliche Verpflichtungen. Und er würde sich nie dem Wunsch seines Vaters widersetzen.

„Dieses Becken ist eine Besonderheit unserer Töpferei.“ Gewisser Stolz klang in der Stimme des Vorarbeiters. „Wir sind die einzige Töpferei, die fast lebensgroße Tonfiguren herstellt. Sie werden hier in dem Becken hergestellt und dort, auf diesem langen Tisch dann ausgeformt und je nach Bestellung auch mit dem Gesicht des Betreffenden verziert. Wir liefern sogar bis Kyoto! Die vornehmen Häuser nutzen sie als Gedenksteine, stellen verstorbene Söhne oder so in der Halle auf. Drei Männer müssen an solch einer Figur arbeiten. Und das Brennen ist auch recht schwer. Viel geht dabei zu Bruch. So sind diese Figuren recht teuer. Aber wir sind die einzigen, die sie überhaupt herstellen können. Darf ich Euch unsere Lieferung an einen Fürsten nach Kyoto zeigen? Wir sind noch nicht ganz fertig, denn er hatte 20 Figuren seiner Ahnen bestellt. Als ich das letzte Mal eine solche Lieferung nach Kyoto ausführte, sprach er mich darauf an. Fumio-san war stolz, dass ich derlei großen Auftrag vermitteln konnte.“

„Ja.“ Der Dämonenprinz interessierte sich zwar überhaupt nicht für diese Tonfiguren, aber er hoffte, in der Halle einen anderen Geruch als den des Toten in die Nase zu bekommen. Er wurde auch nicht enttäuscht. Im Lager herrschte Staub vor, und auch, wenn der sein empfindliches Geruchsorgan reizte, entkam er so dem Gestank.

Oder auch nicht, korrigierte er sich, als eine Geruchswelle aus Parfüm über ihn schwappte. Er sah sich um.

Eine junge Frau in einem recht teuren, mehrlagigen Seidenkimono kam hereingeeilt. Sie hatte ihre Haare mit goldenen Nadeln aufgetürmt, das Gesicht mit kostspieliger weißer Schminke gefärbt, Wimpern und Brauen tiefschwarz nachgezogen. Und offenkundig hatte sie in ihrem Parfüm gebadet, zumindest für die Nase eines Hundedämons. Vielleicht wirkte das bei Menschen anders. Deren Geruchssinn war ja ausgesprochen minderbemittelt. Oder mochten es menschliche Männer sogar, wenn ihre Gefährtinnen so stanken? Fanden die es womöglich anregend? Aber das konnte er kaum Aki fragen.

Sesshoumaru stellte für sich fest, dass er zwar nicht gerade viel von Menschenfrauen verstand, aber eine solche Aufmachung schien ihm für jemand unpassend, der im Augenblick nur Geschäfte einer Töpferei lenkte. Oder glaubte sie etwa, solche Kleidung und solcher Aufputz sei vornehm? Versuchte sie, eine Prinzessin zu spielen? Als sie ihm zulächelte, vor ihm auf die Knie ging, zwinkerte sie ihm zu. Erschrocken stellte er fest, dass sie sich wohl für ihn derart ausstaffiert hatte. Bei allen Hunden, sie wollte doch nicht etwa mit ihm kokettieren?

„Lord Sesshoumaru…“ zwitscherte sie: „Welche Ehre, einen so vornehmen Gast hier begrüßen zu dürfen.“

„Du bist wohl Akuma?“ Ein Seitenblick verriet, dass zumindest dieser Vorarbeiter sie hingerissen ansah. Aki wirkte auch recht angetan. Menschen!

„Ja, Ihr wisst meinen Namen, oh wie schmeichelhaft.“ Wieder zwinkerte sie ihm lächelnd zu. „Ich bin entzückt, Eure Lordschaft zu treffen. Wie überaus freundlich von Euch…“ Mit dem Versuch, verführerisch zu sein, legte sie den Kopf schief.

Das wurde unerträglich, beschloss der Hundeprinz und betrachtete lieber die Tonfiguren. Aber die Töpferin wegen eines Anmach-Versuches zu töten wäre sicher nicht im Sinn seines Vaters. Er musste hier schleunigst raus: „Fumio-san...?“ deutete er Mataeda an.

Der Vorarbeiter verneigte sich sofort wieder: „Kommt, Lord Sesshoumaru.“ Die Töpferin sprang förmlich auf, eilte höflich dem hohen Gast voran. Aki folgte seinem Herrn.
 

Das Wohnhaus befand sich hinter der nächsten Mauer, umgeben von einem blütenreichen Garten, den man hier nicht so erwartet hätte. Aber jenseits der Mauer befand sich der Löschwassersee und man hatte einen Kanal hier hereingeleitet. Fumio-san war wohlhabend genug, um sich Wasserspiele leisten zu können.
 

Akuma erreichte das Privathaus zehn Meter vor dem Besuch, schob die Tür auf, verschwand darin. Usagi Mataeda führte den Gast zum Privathaus die hölzernen Stufen empor, ehe er sich höflich verneigte: „Fumio-san. Lord Sesshoumaru wünscht, Euch zu sprechen.“

„Ja, natürlich“, sagte der Hausherr.

Der Hundeprinz stand schon in der Tür, winkte kurz Aki heran.

Dieser starrte auf den Mann im dunkelblauen Kimono, der ein dickes Tuch um den Hals gewickelt hatte. Die Haare fielen in offenen Strähnen, waren nicht hochfrisiert worden. Selbst für eine menschliche Nase roch der Raum nach Salbei und anderen Erkältungskräutern, die in der Ecke in einem Schälchen verbrannt wurden. Aber er erkannte ihn. Das war der Töpfereibesitzer. An seiner linken Wange befand sich ein tiefschwarzes Muttermal. Unverkennbar. Er verneigte sich: „Fumio-san...“

Akuma hatte sich bereits höflich neben der Tür niedergelassen, sah nun lächelnd zu dem Dämonenprinzen auf, zwinkerte ihm schon wieder zu.

„Aki Matuwa…welche Überraschung…“ Die Stimme des Töpfereibesitzers klang ein wenig rau und matt zugleich: „Aber...wie kann ich Euch dienen, Lord Sesshoumaru? Vergebt, wenn ich nicht aufstehe, um Euch gebührend zu empfangen. Ich bin unpässlich.“

„Wie du bestimmt schon gehört hast, lag die Leiche von Atari im Holzstoss vor der Töpferei. Mein Herr und Vater wünscht zu klären, wer Schuld am Tod seiner Dienerin hat. Ich möchte auf dem Gelände der Töpferei ungehinderten Zutritt haben.“

„Natürlich, Lord Sesshoumaru. Ich verstehe.“

Der Dämonenprinz nickte. „Gut.“ Es war kaum zu überriechen, mit wie vielen Kräutern er sich heilen wollte. Fumio-san war eine Beleidigung für die Nase - und seine Angetraute zusätzlich. Und davor auch noch die Leiche….Dieser Fall war eine wirkliche Härteprobe für sein Riechorgan. Nun, Menschen waren da sicher weniger empfindlich, oder gar allergisch. Soweit er wusste, rochen sie nur Sachen, die wirklich stanken. Möglicherweise konnten die beiden das nur als schwachen Duft wahrnehmen. Er müsste mal Neigi fragen oder vielleicht auch Sakura.

„Ich…Ihr meint, der Mörder sei hier, in meiner Töpferei?“ Die heisere Stimme klang trotz allem entsetzt.

„Nun, ich ziehe keine voreiligen Schlüsse. Aber es ist unstrittig, dass die Leiche vor deiner Haustür lag, nicht wahr? Ich werde aber auch die andere Häuser besuchen. Das Gelände der Töpferei, mit dem Löschwasserteich dazu, ist jedoch so groß, dass sich hier auch ein Fremder verstecken könnte.“

„Ja. - Ich traue keinem meiner Mitarbeiter eine solche Tat zu.“

„Das war es schon.“

„Danke, Lord Sesshoumaru.“ Die Erleichterung war unüberhörbar.
 

Der Dämonenprinz wandte sich um. Akuma stand auf, machte sofort, was sie wohl für einen Hofknicks hielt: „Wünscht Ihr noch etwas, Lord Sesshoumaru?“ Wieder etwas, das bei Menschen vermutlich ein verheißungsvolles Lächeln war.

„Im Augenblick nein. Wenn ja, werde ich es dir sagen.“ Hauptsache, er konnte seine Nase retten. Erst der Leichengeruch, jetzt das Parfüm und die Kräuter - das wurde ja immer schlimmer. Langsam hatte er das Gefühl, sein Geruchssinn würde vollkommen absterben. Er musste hier weg. Menschliche Nasen waren wohl noch bescheidener, als er schon zuvor gedacht hatte. So drehte er sich um und ging zurück durch den Garten. Aki folgte ihm hastig. Er begriff nicht, was das alles gebracht haben sollte, wagte aber nicht zu fragen.
 

Sakura war im Hof stehen geblieben, kniete sich aber sofort nieder, als der Hundeprinz zurückkehrte. Er ging an ihr vorbei: „Komm.“

Schleunigst gehorchte sie, warf allerdings Aki einen fragenden Blick zu. Dieser nickte ein wenig. Anscheinend lebte Fumio-san. Aber wen hatte Atari dann gestern gefunden? Die arme Atari hatte ihn für Fumio-san gehalten. Aber: warum? Was war hier los? Irgendwer spielte ein sehr böses Spiel, direkt vor der Nase des Prinzen. Sakura war sicher, dass er früher oder später die Leiche finden würde, herausbekommen würde, wer das war - und der Mörder würde dafür bezahlen.

Vor der Töpferei blieb Sesshoumaru stehen: „Aki, du darfst zurück ins Schloss gehen.“

„Danke, Lord Sesshoumaru.“ Erleichtert gehorchte der Diener. Er lebte noch, war nicht bestraft worden, und damit konnte man schon einmal zufrieden sein.

Sakura erwartete eigentlich einen Befehl für sie, aber da keiner kam, folgte sie dem Hundedämon schweigend zu dem Löschwasserteich. Er atmete tief durch, als seine Nase mit der Feuchtigkeit des Wassers in Berührung kam, die Gerüche der Leiche, des Parfüms und der Kräuter sich abschwächten. Er blickte sich nicht um: „Sakura?“

„Lord Sesshoumaru?“ Hastig glitt sie in die Knie.

„Angenommen, jemand hätte eine menschliche Leiche hier im Teich versenkt – würde sie wieder aufsteigen?“

„Ja, Lord Sesshoumaru, wenn die…nun, im Laufe der Zersetzung würde sie emporsteigen. Selbst, wenn sie mit einem schweren Stein unten gehalten würde, würden sich früher oder später Teile zeigen, Menschen sie finden. Und….“ Sie zögerte ein wenig.

„Und?“

„Und Eurer Nase würde sie gewiss nicht entgehen.“

„Bei Feuer wird dieser Teich ausgeschöpft?“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“

Also würden die Menschen spätestens dann die Leiche finden. Da sich der Mörder ganz offensichtlich erhebliche Mühe gegeben hatte, den Toten, den Atari entdeckt hatte, spurlos verschwinden zu lassen, wäre das kein geeigneter Ort. Er prüfte noch einmal die Witterung des Teiches. Aber nichts verriet auch nur den Hauch eines merkwürdigen Geruchs. Wohin nur war dieses Mordopfer verschwunden? Er war der Spur zurück bin in die Töpferei gefolgt. Dort hatte er allerdings die Witterung verloren. Aber das konnte nur bedeuten, dass der Mörder – und wohl auch der Mörder Ataris – in der Töpferei zu finden sein musste. Aber wer war der Mörder? Und noch viel schlimmer: wer war die Leiche? Irgendjemand in der Töpferei versuchte, ihn auf die Rolle zu schieben, und er musste zähneknirschend zugeben, dass der das bislang mit recht gutem Erfolg schaffte. Lass dich nicht provozieren, ermahnte er sich. Geh noch einmal in Ruhe alles durch.

Er blickte auf den Löschwasserteich. Ihm war bewusst, dass Sakura hinter ihm wartete, geduldig und schweigend wie immer. Seltsamerweise gab ihm das das Gefühl, nicht allein zu sein.

Atari hatte einen Toten gefunden, den sie für Fumio-san gehalten hatte. Ein Scherz ihrerseits war auszuschließen. An der Stelle im Wald hatte sich ein Toter befunden, der dem Geruch nach schon zwei oder drei Tage tot sein musste. Sie hatte sicher nicht bewusst gelogen, als sie sagte, es handele sich um den Töpfereibesitzer. Sie war dann in den Ort gegangen, um zu sehen, ob Fumio-san lebte. Der Mörder hatte sie wiedererkannt und zum Schweigen gebracht. So weit so gut. Aber: wieso war es dem Mörder so wichtig, dass niemand die Leiche fand? So wichtig sogar, dass er auch Ataris Leiche verschwinden lassen wollte? Wäre Sakura heute nicht zu dem Holzstoß gekommen und hätte sie gefunden, wäre Atari heute Abend verschwunden. Die Überreste wären sicher kaum bei den Aufräumarbeiten bemerkt worden. Und wenn, hätte niemand mehr gewusst, wer das wäre. Es hätte gewiss Tage gebraucht, ehe jemand die Überreste mit Ataris Flucht aus dem Schloss in Verbindung gebracht hätte, wenn überhaupt. Scheinbar mochte es der Mörder nicht, wenn man seine Opfer fand. Nur: warum? Und wer war das erste Opfer gewesen? Aki hatte den Töpfereibesitzer wiedererkannt - und es war auszuschließen, dass er ihn, Sesshoumaru, angelogen hatte. Aber auch Atari hatte sicher nicht gelogen. Gab es etwa zwei? Zwillinge? Aber davon hätten doch alle wissen müssen. Und woher hätte der zweite Zwilling plötzlich kommen sollen? Und wieso sollte jemand den eignen Bruder töten? Erbschaftsansprüche? Und hatte dieser menschliche Herr der Ortschaft nicht etwas von einer Grabschändung erwähnt? Gab es da einen Zusammenhang? Hatte Atari vielleicht diese Leiche gefunden?

„Sakura.“

„Lord Sesshoumaru?“

„Geh ins Schloss, in die Kanzlei. Ich möchte folgendes wissen: als Fumio-san geboren wurde: gab es da einen Zwillingsbruder? Wem gehört die Töpferei jetzt? Hat Akuma Kinder?“

Sie erhob sich. Zwillinge? Ja, das war natürlich möglich. Aber er schien selbst daran zu zweifeln. Immerhin hätte das doch hier im Ort bekannt sein müssen. Aber sie sagte nur: „Eure weiteren Befehle?“

„Geh. Du wirst sicher vier Stunden brauchen.“

Das war mehr als knapp berechnet, benötigte sie doch schon drei allein für den Weg. Sie nahm es als Ermahnung schnell zu sein, und lief los.
 

Sesshoumaru blickte weiter über den Löschwasserteich. Ihn ärgerte es, dass er so feststeckte. Seine Nase hatte ihn doch noch nie im Stich gelassen. Warum nur konnte er diesen Toten nicht finden? Irgendetwas hatte er übersehen, da war er sicher. Aber er war sich ebenso sicher, dass es in der Töpferei zu finden sein musste. Er würde doch alle Arbeiter dort selbst befragen müssen. Mit ein wenig Aufmunterung würden die Beschäftigten dort sicher mit nichts zurückhalten. Er wollte und musste dieses Rätsel lösen. Und wer auch immer ihm dabei in die Quere kam, würde es bitter bereuen.
 

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Davon ist wohl jeder überzeugt.

Das nächste Kapitel heisst: Wo alle Spuren enden....

aber ist das dann wirklich eine Sackgasse?
 

Wer so nett ist, mitzuraten und mir einen Kommentar zu hinterlassen, erhält wie immer eine ENS von mir, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde.
 

bye
 

hotep

Wo alle Spuren enden

Gewöhnlich versucht Seine Lordschaft herauszufinden, wie der Mord passiert ist, um den Täter zu finden. Diesmal erweist sich das als ein wenig problematisch. Aber er wollte ja die Belegschaft fragen...
 

4. Wo alle Spuren enden
 

Sesshoumaru kehrte langsam zu der Töpferei zurück. Er entdeckte in sich ein ärgerliches Gefühl, dass ihn da jemand buchstäblich an der Nase herumführte. Mataeda war nicht zu sehen. Er ging zu den Arbeitern, von denen zwei Schüsseln formten, ein dritter rührte Tonbrei um. Im Hintergrund des Platzes bemerkte er einen weiteren, der gerade Holz hackte, wohl für die Öfen vorbereitete. Die beiden Schüsselhersteller sahen ihn näher kommen.

„Das ist doch Lord Sesshoumaru“, flüsterte einer hastig dem anderen zu: „Oder, Keiji?“

„Ja, er sucht den Mörder des Mädchens. Ob er ihn dann töten will?“

„Bestimmt auffressen, das ist doch ein Dämon!“

Der Hundeprinz würgte bei der Vorstellung, irgendeinen Menschen fressen zu sollen. Menschen! Wie dämlich konnten sie eigentlich sein. Aber anscheinend nahmen sie nicht an, dass er ihr Flüstern aus dieser Entfernung noch verstehen konnte. Er trat zu ihnen: „Fumio-san ist krank.“

Die Arbeiter ließen ihre Werke lieber stehen, um sich auf den Boden zu werfen: „Ja“, sagte einer dann.

„Wie lange?“

„Seit drei Tagen, Herr.“

„Nein, schon länger“, protestierte sein Kollege.

„Was jetzt?“ Nur ein vollendeter Narr hätte die Drohung in den beiden Worten überhört.

„Verzeiht, Herr“, bat Keiji hastig: „Was Toshi meint, ist, dass Fumio-san seit drei Tagen nicht mehr in der Töpferei war, sein Zimmer nicht mehr verlassen hat. Aber die Herrin bat uns schon vor Tagen, nicht zuviel mit ihm zu sprechen, weil er sich nicht wohl fühle, ihn das aber ja nicht merken zu lassen…“

„Akuma führt die Geschäfte?“

„Ja, Herr“, bestätigte Toshi: „Ich weiß, dass das ungewöhnlich ist. Aber sie ist eben auch eine ungewöhnliche Frau.“

„Still“, sagte Keiji hastig: „Das…das interessiert doch bestimmt den…den Prinzen nicht.“

„Was mich interessiert, solltest du mir überlassen.“ In der Stimme des Hundedämons lag erneut eine Warnung.

„Ja, vergebt, Herr…“ Keiji presste vorsorglich die Stirn auf den Boden: „Bitte. Ich...ich meinte nur, dass Toshi den Klatsch für sich behalten soll, Euch nur Tatsachen berichten soll.“

„Was ist mit Akuma? Antworte, Toshi.“

Der angesprochene Arbeiter empfand nur noch Angst. Der gefürchtete Erbprinz stand direkt vor ihm und wirkte mehr als genervt. Hoffentlich würde er ihnen nichts tun. „Ich…wollte nur sagen, dass die Herrin ungewöhnlich ist. Sie ist nicht so zurückhaltend, wie andere Frauen. Sie ..nun ja, sie kokettiert gern. Ein bisschen auch mit unsereinem, wobei wir das natürlich nie so beachten. Mataeda steigt da eher drauf ein. Manche haben schon gemeint, zu sehr.“ Einige hatten sogar schon von einem Verhältnis getuschelt. Aber da es keine Beweise gab, hatte auch niemand Fumio-san damit belästigen wollen.

Sesshoumaru dachte daran, dass sie das auch bei ihm versucht hatte: „Weiter.“

„Mehr war nicht, Herr. Ich...ich weiß nichts mehr….“

Was bei der Panik, die er hatte, womöglich sogar den Tatsachen entsprach. Sesshoumaru drehte sich etwas. Von dieser Position aus konnten weder diese beiden Idioten noch der Mann, der den Ton anrührte, und sich nun ebenfalls zu Boden geworfen hatte, etwas von dem bemerken, was auf dem Vorplatz geschah. Er würde hier kaum Zeugen finden können, die gesehen hätten, wer Ataris Leiche in dem Holzstoß verborgen hatte. Der beste Anhaltspunkt war immer noch der Karren, mit dem die unbekannte Leiche befördert worden war.
 

So trat er zu dem Jungen, der gerade den Handwagen wieder mit gebrannten Tonschüsseln in das Lager schieben wollte: „Du!“

Der Junge erstarrte zur Salzsäule. Er kannte einen gleichaltrigen, der im Hundeschloss arbeitete, und dieser versorgte ihn nur zu gern mit Schauergeschichten über Dämonen, vor allem über den Prinzen: „Lord Sess….“ Er brachte den Namen nicht heraus, warf sich aber hastig zu Boden. Das schickte sich in Gegenwart eines Adeligen, hatte er gehört. Entsprechend fuhr er fort: „Euer Befehl?“

Der Dämonenprinz nickte ein wenig überrascht. Jemand, der Benehmen hatte: „Der Anfang war schon mal richtig. - Dieser Karren. Du schiebst ihn immer hin und her?“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“

„Gestern auch?“

„Nein.“

„Und warum nicht?“

„Ich hatte frei. Wir alle hatten frei.“ Der Junge wagte es, ein wenig aufzublicken. Diese Schleife um die Taille aus bester Seide und diese Rüstung… Der Dämonenprinz sah nur so alt aus wie er selbst war, aber als Töpfereilehrling konnte er von solch teuren Gegenständen nur träumen.

„Ihr hattet alle frei?“ wiederholte Sesshoumaru ein wenig ungläubig.

„Nein, also nicht alle“, brachte der Junge hervor, der gerade erschreckt bemerkte, wie sich die Hand des nur scheinbar Gleichaltrigen vor ihm jäh versteifte - und wieder entspannt wurde.

Menschen, dachte der Hundeprinz: entweder sie redeten dumm daher, verfielen sinnlos in Panik oder waren sonst wie nervend. Aber immerhin schien dieser Kerl zweckmäßige Informationen zu haben: „Könntest du das erklären?“

„Gestern wurden die Öfen ausgemacht. Das ist immer so, weil sie dann gesäubert werden müssen und so. Also, die Asche ausgeräumt wird. Außerdem wird der andere Ofen dann angeheizt. Der dort.“ Der Junge deutete seitwärts. Da der Hundedämon sofort dorthin blickte, fuhr er mutiger fort: „Das ist der große Ofen. In ihm werden die Figuren gebrannt.“

„Die Tonfiguren für den Fürsten aus Kyoto.“

„Ihr habt davon gehört? Ja, wir sind bald fertig. Aber es kann nur dreimal im Monat eine gemacht werden. Es ist sehr aufwendig.“

„Und gestern wurde wieder eine gebrannt.“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“

„Und daher hatten alle frei, die nicht mit der Herstellung dieser Figur beschäftigt waren?“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“

„Wer war hier in der Töpferei?“

„Nun, Fumio-san, natürlich, drüben im Haus, und Herrin Akuma. Dann der Vorarbeiter, Usagi Mataeda, da er die Verantwortung hat, für diese Figuren. Und die drei Brüder.“

„Die drei Brüder.“

„Ja, sie stellen solche Figuren her, also, sie machen sie.“

„Namen?“

„Die Namen der drei Brüder?“ Der Junge wurde mutiger. Er redete schon Minuten mit einem Dämon und war immer noch heil: „ Kaze, Kasumi und Kage. - Sie sind dort drüben, Lord Sesshoumaru.“

Der Hundeprinz wandte den Kopf. Drei Töpfer, die er bislang nicht gesehen hatte, gingen gerade nach hinten, in den gesonderten kleinen Hof. Ob sie erneut mit einer solchen Statue anfangen wollten? Gestern waren also nur sechs Personen hier in der Töpferei gewesen statt gewöhnlich zehn, oder elf, wenn man Akuma mitrechnete. Konnte ein Mensch den Karren wegnehmen, mit einer Leiche beladen und in den Wald bringen, ohne dass das jemand der anderen bemerkte? „Wo steht der Karren, wenn du nicht arbeitest?“

„Äh…ich stelle ihn immer dorthin, in das Eck.“

„Warum hast du gezögert?“

„Verzeiht Lord Sesshoumaru!“ bat der Junge hastig: „Ich…ich sage die Wahrheit!“ Er wagte es, in das Gesicht seines Gegenübers zu blicken, senkte aber sofort wieder den Kopf. Diese Augen waren so ganz anders als Menschenaugen. Wenn man sagte, bei Menschen seien das die Spiegel der Seele - was war das bei Dämonen? Oder hatten Dämonen keine Seele? Sie waren so gefühllos, so kalt.

„Ich warte.“

„Es ist die Wahrheit! Ich stelle den Karren immer dort hin. Aber heute früh stand er woanders, dort, neben dem Tor zum Hinterhof.“ Flüchtig überlegte er, warum den Dämonenprinzen das interessierte, aber es war gleich. Hier im Ort lebten die Menschen schon zu lange mit dieser Nachbarschaft, als dass nicht alle gewusst hätten, welche Macht der Herr der Hunde - oder auch der Erbprinz - hatten.

„Weißt du auch, wo die Arbeiten an diesen besonderen Brenntagen stattfinden? Wer ist hier im Hof?“

„Nun, wenn die Figur gebrannt wird, natürlich alle…aber der Herr diesmal bestimmt nicht. Er ist ja krank.“

„Wie läuft solch ein Tag genau ab?“

„Ich bitte um Verzeihung, Lord Sesshoumaru. Ich war noch nie dabei.“ Er zitterte unwillkürlich. Kam jetzt eine Strafe?

„Gut. Du kannst wieder an deine Arbeit gehen.“ Der Prinz drehte sich um. Diese drei Brüder müssten ihm doch mehr sagen können.

Erleichtert stand der Junge auf und blickte dem Dämon hinterher. Solche langen Haare, solch eine Rüstung…ob er eines Tages vielleicht auch einmal zumindest als Samurai dienen könnte? Aber er packte die Stangen des Karrens. Träumen half nichts. Erst einmal müsste er hier weitermachen, um nicht auf der Strasse zu landen. Immerhin könnte er seinem alten Freund diesmal auch eine Geschichte mit Lord Sesshoumaru erzählen. Und mit gewissem Stolz dachte er daran, dass ihn der Hundeprinz nicht einmal berührt hatte, ihn nicht bestraft hatte, etwas, das seinem Freund schon passiert war, als er aus Versehen einen Wassereimer umgeschüttet hatte – und dabei um ein Haar Lord Sesshoumaru nass gemacht hatte. Sein Freund hatte berichtet, dass er nicht einmal eine Handbewegung gesehen hatte, ehe er schon an der Wand gelandet war.
 

Die drei Töpfer hatten gerade damit begonnen, mit Stangen den Tonbrei umzurühren. Als sie erkannten, wer da zu ihnen kam, warfen sie sich jedoch auf die Knie. Sesshoumaru blieb stehen, betrachtete sie. Sie waren annähernd gleich alt, alle zwischen vierzig und fünfundvierzig. Er sprach den Ältesten an: „Ihr seid Kaze, Kasumi und Kage?“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“ Der Töpfer klang ein wenig erstaunt. Noch nie hatte sich der Dämonenprinz für menschliche Arbeit interessiert. Oder gar menschliche Arbeiter. Aber da war der Tod dieses Mädchens aus dem Schloss.

„Gestern habt ihr eine neue Figur gebrannt.“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“

„Wer war alles auf dem Töpfereigelände? Und wo?“

„Wir drei zunächst hier, später beim Brennofen. Fumio-san war krank und konnte nicht dabei sein, also er war zuhause. Dann Usagi…Usagi Mataeda. Er ist unser Vorarbeiter. Und er war die ganze Zeit am Brennofen. Das Brennen ist in seiner Verantwortung. Und die Herrin kam später zu ihm. Sie wollte sicher gehen, dass der Brand gelingt.“

„Beide waren am Ofen.“

Die drei Töpfer sahen sich an, ehe Kaze antwortete: „Ja, Lord Sesshoumaru. - Allerdings wollten wir heute gleich mit einer neuen Figur beginnen. Das ist Ehrensache, an einen Fürsten perfekte Ware möglichst schnell zu liefern.“

Sesshoumaru dachte nach. Die Ton - oder Töpferprobleme und ihr Stolz auf ihre Arbeit interessierten ihn weniger. Also waren die drei zunächst hier hinten gewesen, Fumio-san im Haus. Aber die Brüder oder Akuma oder Mataeda hätten es doch bemerkt, wenn der Töpfereibesitzer eine Leiche auf den Karren geworfen hätte und damit losgefahren wäre. Und der Vorarbeiter war die gesamte Zeit am Brennofen gewesen. Nun gut, wenn er damit beschäftigt war, hätte er vielleicht nicht mitbekommen, was in seinem Rücken passierte. Aber wer würde das Risiko eingehen, dass er sich zufällig umdrehte? Akuma? Fumio?

Lass das, ermahnte er sich. Such nach Hinweisen, ergründe alle Tatsachen. Und erst dann entwickele eine Theorie. Er wusste nur zu gut, wie leicht man etwas übersehen würde, nur weil es nicht in die Theorie passte. Er sah zu den drei Töpfern, die nicht gewagt hatten, aufzublicken. Genauso gut hätte es einer der drei sein können oder jemand ganz anders, wie dieser Junge. Und da waren doch auch noch die anderen Töpfereibeschäftigten, die gestern angeblich nicht da gewesen waren.

„Wie lange ist Fumio denn schon krank? “

„Seit drei Tagen, Lord Sesshoumaru.“

„Und seither hat er sein Zimmer nicht verlassen?“

„Nein, Lord Sesshoumaru. Aber die Herrin führt nun das Geschäft. Sie macht das auch, wenn der Herr auf Reisen ist.“

„Fumio geht auf Reisen?“ Der Vorarbeiter hatte doch gesagt, er sei in Kyoto gewesen: „ Auch Mataeda?“

„Unser Vorarbeiter liefert nur die Figuren aus. Andere Märkte oder Messen besucht der Herr stets selbst.“

„Ihr hattet die Figur morgens schon fertig?“

„Ja, Lord Sesshoumaru. Sie trocknet tagelang an der Luft. Sonst könnte man sie nicht zum Ofen transportieren.“

„Wie transportiert ihr sie?“

Die drei sahen sich kurz verständnislos an. Aber man sollte einem Dämon nicht widersprechen: „Wenn ich es Euch ausführlich erklären dürfte.“

„Ja.“

„Wir formen die Figur hier auf diesem Tisch, unter dem Vordach, so dass sie vor Regen geschützt wird. Jeder von uns ist auf besondere Dinge spezialisiert. Zunächst wird sie nur grob gearbeitet, dann angetrocknet, dann feiner modelliert.“

Er wollte keinen Schnellkurs in Töpferei bekommen. „Ich fragte, wie ihr sie transportiert!“ Der Unterton klang wie ein leises Donnergrollen.

Die drei zuckten erschrocken zusammen, nicht im Zweifel, dass die Sache lebensgefährlich wurde. „Verzeiht, das …das gehört dazu.“

„Dann weiter.“

„Zu diesem Zeitpunkt ist die Figur noch…es sind drei einzelne Teile. Die Beine, der Körper und der Kopf. Jedes dieser Teile hat einen Kern aus massivem Holz. Das verbrennt im Ofen und die Figur wird leichter. Aber so sind die drei Teile recht schwer und wir nutzen den Karren, um sie hinüberzufahren.“

Den Karren? Sesshoumaru fragte rasch: „Wo stand der Karren gestern?“

„Da, wo er immer steht“, erwiderte Kage verständnislos.

„Und dort habt ihr ihn auch wieder hingestellt, als alle drei Teile drüben waren.“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“

„Und dann?“

„Dann fügten wir die drei Teile zusammen, direkt auf dem Brett, das in den Ofen geschoben wird.“

„Dann habt ihr und Mataeda die Figur in den Ofen geschoben?“ Also hatte erst zu diesem Zeitpunkt jemand sich den Karren nehmen können, um den Toten in den Wald zu bringen.

„Nein. Der Vorarbeiter sagte, dass die Temperatur noch nicht erreicht sei. So machten wir Pause.“

„Wo?“

„Dort…“ Der Töpfer nickte zur Lagerhalle. „Wir kochten uns Tee und warteten. Usagi blieb natürlich am Ofen.“

Er war allein im Hof, musste sich um den Ofen kümmern. War es möglich, dass er mit seinen miserablen menschlichen Sinnen nicht mitbekommen hatte, wie, zum Beispiel Fumio, mit einer Leiche gekommen war, sie in den Karren gelegt hatte, zugedeckt hatte und damit verschwand? Unwahrscheinlich. Überdies hätte doch jemand im Ort Fumio sehen können, auch, wenn der Weg in den Wald nur am Rand des Marktfleckens entlangführte. Das Risiko gesehen zu werden, wäre groß gewesen. Und dann wäre seine Krankheitsgeschichte aufgeflogen. Oder jemand ganz anderes? Auch diejenigen Mitarbeiter, die frei hatten, wussten doch sicher über den Ablauf eines solchen Tages Bescheid, außer vielleicht dem Lehrling. „Wie lange musstet ihr warten?“

„Über drei Stunden.“

„Dauert es gewöhnlich auch so lange?“

„Nein, Lord Sesshoumaru. Gewöhnlich können wir die Figur sofort brennen. Ich vermute, dass darum auch der Brand nicht so perfekt war, gestern.“

„Zu heiß?“

„Ja, oder die Figur wurde schon zu trocken, als sie neben dem heißen Ofen lag.“

Drei Stunden - genug Zeit um in den Wald zu gehen, dort ein Grab auszuheben, und wieder zurückzukommen. Aber wer? Mataeda? Akuma? Fumio? Oder diese drei hier gemeinsam? Steckten gar alle sechs unter einer Decke? Zu viele, hätte er gesagt. Aber wer wusste schon, wie Menschen reagieren würden. Wenn er etwas in den Ermittlungen der letzten Zeit gelernt hatte, dann, dass die Beweggründe gerade von Menschen für einen Mord oft sehr persönlich waren. Eins war eigentlich nur klar. Wer auch immer für den ersten Toten verantwortlich war, hatte auch Ataris Tod verursacht. Das verlangte die Logik. Denn er hatte sie gesehen, als sie den Toten gefunden hatte, befürchtete vielleicht, sie habe auch ihn beobachtet.

„Kommen wir zu heute Morgen. Ihr kamt zur Arbeit. Der Karren stand allerdings woanders?“

„Ich…ich weiß nicht, Lord Sesshoumaru. Als wir kamen, hatte Hiro, das ist der Junge, den Karren schon beladen.“

„War da der Holzstoß draußen auf dem Platz schon aufgeschichtet?“

„Ja, Lord Sesshoumaru. Mawashi-sama hatte gerade einen alten Reisewagen geschickt, den seine Diener heranbrachten.“

„Sahen Dorfbewohner zu, wie der Wagen auf den Stoß kam?“

„Nein, es halfen alle mit, die zufällig in der Gegend waren. Er war recht schwer, Lord Sesshoumaru.“

„Was passierte dann?“

„Nun, alle gingen wieder, Lord Sesshoumaru. Jeder hat ja seine Arbeit.“

„Und ihr drei wolltet mit einer neuen Figur anfangen?“

„Ja, Lord Sesshoumaru. Daher füllten wir dieses Becken, machten uns dann aber zunächst an Schüsseln. Der Tonbrei muss ein wenig ziehen.“

„War Mataeda auch hier?“

„Ja, natürlich. Ich meine, ja, Lord Sesshoumaru.“ Er hatte das Atemholen gehört: „Er überwachte das erneute Anheizen der kleinen Öfen.“

„Fumio war zuhause. Ihr habt ihn nicht gesehen.“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“

„Und Akuma?“

„Die Herrin kam ein wenig später vom Markt zurück.“

„Kann man das Privathaus auch anders verlassen, als durch diesen Garten und diesen Hof?“

„Ja, Lord Sesshoumaru.“

„Ihr könnt weiterarbeiten.“ Der Hundeprinz wandte sich um. Interessant. Es blieb abzuwarten, was Sakura in der Kanzlei herausgebracht hatte.
 

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Wisst ihr nun auch schon mehr? Hat man das wie hat man den wer. Das Motiv ergibt sich dann aus den menschlichen Beweggründen.
 

Das nächste Kapitel heisst: Wenn ein Mann mordet... und Sakura bringt neue Indizien.
 

Wer so nett ist, mitzuraten und mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde.
 

bye
 

hotep

Wenn ein Mann mordet

Sakura bringt Neuigkeiten.
 

Ein Metzger ist im norddeutschen Raum ein Schlachter, ein Fleischer.
 

5. Wenn ein Mann mordet…
 

Der Dämonenprinz blickte nachdenklich auf den Löschwasserteich, als er wittern konnte, dass sich Sakura näherte. Sie war etwas außer Atem, hatte sich wohl wirklich beeilt. Sie kniete nieder.

„Nun?“ fragte er, ohne sich umzudrehen.

„In den Aufzeichnungen gibt es keinen Hinweis auf eine Zwillingsgeburt.“ Sie musste Luft holen: „Nicht in der Fumio-Familie und nicht im gesamten Ort. Auch wurde in dem gleichen Monat kein anderes Kind geboren.“

Sie hatte also daran gedacht, dass für die Familie Zwillinge unter Umständen eine zu große Belastung gewesen wären und man einen - den jüngeren - weggegeben hatte, diesen als Kind der anderen Familie ausgegeben hatte. Angenehm. „Weiter.“

„Bislang hat Akuma keine Kinder, aber sie ist auch erst seit zwei Jahren mit Fumio-san verheiratet. Sie stammt auch nicht aus diesem Ort, sondern aus …Verzeiht, mir fällt der Name gerade nicht ein, Lord Sesshoumaru. Dort findet ein berühmter Töpfermarkt statt. Vermutlich haben sie sich dort kennen gelernt. Die erste Ehe Fumios war ebenfalls kinderlos.“ Sie blickte vorsichtig ein wenig auf. Da aber keine Reaktion kam, fuhr sie fort: „Der Mann in Eurer Kanzlei erzählte mir, dass die Familie Fumio diese Töpferei nun schon in der vierten Generation betreibe. Und so sei es erstaunlich, dass Fumio-san sie nun verkaufen will.“

„Will er dies?“

„So besagen die Gerüchte, Lord Sesshoumaru.“ Sie holte noch einmal tief Luft: „Der Mann erzählte mir nur nebenbei, während wir auf die Berichte warteten, dass er sich gewundert habe, dass Fumio-san vor drei Tagen Boten an seine Konkurrenten geschickt hat, um ihnen die Töpferei anzubieten. Er sollte doch abwarten, ob er doch noch einen Erben bekommen würde. Sein Schwager, also der des Kanzleichefs Eures Herrn Vaters, erledigt solche Briefe für die Töpferei. Daher hörte er davon.“

„Akuma.“

„Sie ist nicht so alt, dass er keine Kinder mehr von ihr erwarten könnte.“

„Das auch. Aber sie versuchte heute schon, eine vornehme Dame zu spielen.“

Sakura schwieg. Das war ja direkt eine Erklärung von ihm. Nun, das wäre eine Möglichkeit. Vielleicht hatte sie ihrem Ehemann solange in den Ohren gelegen, die Töpferei zu verkaufen, um die Arbeit loszuwerden und irgendwo wie eine Prinzessin leben zu können. Sakura hatte durchaus gesehen, wie reich sich die Töpferin heute angezogen hatte.

Der Hundeprinz blickte über den Löschwasserteich, dachte nach, ehe er meinte: „Bring mich zu Mawashi.“

Sie unterließ es, ihn darauf hinzuweisen, dass er eher als sie wissen müsste, wo das Herrenhaus des Ortes war: „Wie Ihr wünscht.“ Sie stand auf.
 

Dem Grundherren wurde der Besucher schleunigst gemeldet und der Hundeprinz in sein Arbeitszimmer geführt. Sakura wartete draußen.

Mawashi verneigte sich höflich: „Welch unerwartete Ehre, Lord Sesshoumaru. Bitte, nehmt Platz.“ Und da sein Gast dies sofort tat, fuhr er ein wenig erleichtert fort: „Darf ich fragen, wie weit Ihr mit Euren Ermittlungen schon vorangekommen seid, was die arme Atari betraf?“

„Ich benötige noch einige Auskünfte, die Ihr mir beschaffen könnt.“ Sesshoumaru ignorierte die Frage.

Der Grundherr wagte nicht, darauf zu bestehen: „Was wünscht Ihr, Lord Sesshoumaru?“

„Wisst Ihr, dass die Töpferei zum Verkauf steht?“

„Äh, nein. Nun, ich wusste, dass vorgestern Boten von Fumio-san geschickt wurden, an verschiedene Adressaten, aber das war nichts so ungewöhnliches. Will er tatsächlich verkaufen? Aber warum? Es ist ein gut gehendes Geschäft, ein alteingesessener Familienbetrieb…“ Mawashi brach ab: „Ich verstehe. Das fragt Ihr Euch auch. Aber was hat das mit dem Tod von Atari zu tun?“

Immerhin bemühte sich dieser Mensch mitzudenken. „Wisst Ihr, was ein Dominoeffekt ist?“

„Ja, natürlich.“ Allerdings half das wenig zum Verstehen: „Wünscht Ihr weitere Auskünfte?“

„Wie lange sind die drei Brüder schon in der Töpferei?“

„Seit ihrer Lehrzeit. Schon ihr Vater arbeitete für die Fumio-Familie. Sie gingen seit Kindertagen in der Töpferei ein und aus.“

„Seit wann ist Usagi Mataeda der Vorarbeiter der Töpferei?“

„Oh, gewiss zwei Jahre schon. Fumio-san warb ihn bei einer anderen Töpferei ab, in…in….“

„Das ist gleich.“ Der Dämonenprinz dachte nach, ohne dass es Mawashi wagte, das Schweigen zu brechen. „Ist Mataeda verheiratet?“

„Wie bitte? - Äh, ich meine, nein, Lord Sesshoumaru.“ Die Fragen wurden ja immer merkwürdiger. Aber er wusste nur zu gut, dass er hier zwar der Herr der Menschen war, sein Nachbar aber über weitaus mehr Macht verfügte. Und mochte Lord Sesshoumaru auch schon ein etwas unheimlicher Besuch sein – die Möglichkeit, einen erzürnten Dämonenfürsten vor sich zu haben, weil er seinen Sohn beleidigt hatte, wäre noch eine Nummer schlimmer.
 

Die Tür wurde aufgerissen und ein Mann stürzte hinein, warf sich vor dem Grundherrn nieder: „Mawashi…mein Herr...helft mir!“

Dieser bemerkte erschreckt, wie etwas Rotes tief in den Augen seines Besuchers aufleuchtete und sagte hastig: „Begrüße erst einmal Lord Sesshoumaru, wie es sich gehört, Tashima.“

„Lord...“ Der Mann warf sich erschreckt erneut flach zu Boden, diesmal in die andere Richtung: „Verzeiht, Hoheit…ich hatte Euch nicht sofort erkannt!“

Der Hundeprinz war durch die überhöfliche Anrede beruhigt: „Störst du immer Besprechungen?“

„Nein“, brachte Tashima hervor: „Aber in meinem Keller…mein Ruin!“

„Was soll das?“ erkundigte sich Mawashi ungehalten, erklärte aber seinem Besucher: „Verzeiht, Lord Sesshoumaru. Tashima ist einer von zwei Metzgern hier im Ort. Der andere heißt Higashi. - Was ist in deinem Keller?“

„Ich…Wie Ihr wisst, lagere ich das eingepökelte Fleisch in einem tiefen Keller, Herr. Wo es kühl ist und trocken und so länger hält. Ich…nun, für gewöhnlich gehen wir dort nur hinunter, wenn Fleisch bestellt wird, im Winter. Aber ich…ich war heute unten, ich weiß auch nicht wieso. Und da lag, ebenso eingepökelt…da liegt eine Leiche!“

„Eine menschliche Leiche?“ fragte Sesshoumaru sofort.

„Ja…ja..“ Tashima brachte es kaum heraus. „Das ist mein Ruin, mein Untergang, mein...“

„Ruhe“ befahl Mawashi und sah zu seinem Gast: „Das wird Lord Sesshoumaru nicht interessieren.“

„Da bin ich mir nicht sicher.“ Der Hundeprinz dachte kurz nach: „Führe mich zu deinem Keller.“

„Ja?“ Der unglückliche Metzger hob etwas den Kopf: „Wie Ihr befehlt.“ Zum einen wusste er natürlich um den Ruf des Dämonenprinzen und wagte nicht zu widersprechen. Zum anderen hatte er ein unbehagliches Gefühl bei der Vorstellung, ausgerechnet einen Hundeverwandten in seinen Fleischvorrat zu führen.

Sesshoumaru erhob sich. So tat es auch der Grundherr. Was auch immer auf einmal seit einigen Tagen in seinem Ort los war, es war seine Pflicht, dahinter zu kommen. Er winkte auf dem Weg seinen Samurai, ihm zu folgen.
 

Im Haus des Metzgers führte eine Klappe hinunter in den tief gegrabenen Keller. Tashima öffnete sie, schob eine Leiter hinein, ehe er eine Leuchte nahm und hinabstieg. Er war völlig verzweifelt. Ob ihm der Grundherr oder der Dämonenprinz helfen konnten? Er war ruiniert, seine Familie würde für alle Zeit geächtet werden…Mawashi folgte ihm, während Sesshoumaru mit einem Sprung ebenfalls unten war. Hier roch es nach Schinken und Gepökeltem und der Hundedämon stellte fest, dass auch so etwas seine in der letzten Zeit überstrapazierte Nase beleidigen konnte.

„Hier!“ Tashima deutete in ein Eck, leuchtete hin.

„Uh!“ Mawashi schloss für einen Moment die Augen. In der Tat, das war ein Mensch gewesen, der sorgsam eingelegt worden war.

Sesshoumaru trat näher: „Tashima.“

„Lord...Lord Sesshoumaru?“

„Ist das ordentliche Arbeit?“

„Ich…verzeiht, ich verstehe nicht, Lord Sesshoumaru. Was meint Ihr?“

„Dieses Einlegen. Hat das jemand gemacht, der etwas von der Sache versteht oder ein Anfänger.“

„Ich denke, dass es jemand war, der etwas von der Sache verstand, Lord Sesshoumaru.“

Die beiden Menschen zuckten zusammen, als der Dämonenprinz zu der Leiche trat, mit einer Handbewegung diese verletzte. Prüfend sog er den Geruch ein. Nein. Das war nicht der Tote, der im Wald gewesen war. Also blieb nur eines übrig: „Das müsste eine Leiche aus dem Grab sein, das vor zwei Tagen beraubt wurde.“

„Usimo?“ Mawashi dachte nach: „Ja, der alte Usimo-Opa starb erst vor kurzem. Aber - wer sollte solch einen Scherz machen? Und wieso sitzt er hier?“

Menschen, dachte Sesshoumaru verächtlich. Aber er meinte: „Nun, es war jemand mit Fachkenntnissen, der ihn so zurichtete. Tashima fällt aus. Niemand bringt sich auf solche Art selbst in den Ruin.“

„Das ist wahr.“ Der Grundherr nickte: „Also sollten wir Higashi befragen. Was ist nur in meinem Ort los!“

Der Hundeprinz sprang wieder hinauf. Das war also nicht die gesuchte Leiche gewesen. Aber eigentlich hatte er es auch nicht so recht erwartet. Die anderen beiden folgten ihm.
 

Sesshoumaru versank wieder in Nachdenken. Wenn er alle Indizien betrachtete, die er hatte, alles Unmögliche ausschloss, blieb eigentlich nur ein Weg übrig, wie es hatte geschehen können. Hatte er das „wie“ hatte er auch den „wer“. Es war eigentlich ein perfekter Plan gewesen, gab er zu, geradlinig durchdacht und äußerst Erfolg versprechend. Erst in dem Moment, in dem der Zufall Atari in den Wald geführt hatte, war der Mordplan aus dem Tritt geraten, hatte improvisiert werden müssen. Und dennoch wäre kein Mensch fähig gewesen, den Mörder zu finden. Dazu brauchte man die Sinne eines Dämons. Er blickte auf: „Mawashi-san, begleitet mich mit Euren Samurai zur Töpferei. Dort werde ich Euch sagen, was geschehen ist, und warum Atari sterben musste.“

„Wie Ihr wünscht, Lord Sesshoumaru.“ Der Grundherr folgte ihm eilig. Also wusste der Erbprinz, was geschehen war? Wusste er auch, wer Atari auf dem Gewissen hatte? Gleich, ob der Mörder der menschlichen Gerechtigkeit überlassen werden sollte oder die Hundedämonen den Tod ihrer Dienerin bestrafen wollten, in jedem Fall erleichterte es ihn, dass Lord Sesshoumaru darauf verzichtete, den gesamten Ort zur Rechenschaft zu ziehen oder gar ihn persönlich.
 

In der Töpferei verteilten sich die Samurai auf Befehl ihres Herrn an alle Ausgänge des Geländes, die übrigen zogen einen Kreis um die Lagerhalle.

Sesshoumaru blickte sich kurz um, als der Vorarbeiter herankam, sich tief verneigte: „Ihr wünscht...?“ deutete dieser an, ehe er sich höflich vor dem Grundherren verbeugte.

„Alle, die in der Töpferei arbeiten sollen in das Lagerhaus kommen. Auch Fumio und Akuma.“

„Aber, Lord Sess….“ Mataeda bemerkte, wie eine Hand mit Krallen daran gehoben wurde: „Wie Ihr befehlt.“ Er wollte nicht wissen, wie sich diese Berührung anfühlen würde.

Sakura war schweigsam immer hinter dem Hundeprinzen gewesen, auch, wenn sie nicht in den Keller gestiegen war. Sie wusste, dass er mit seinen Fragen etwas bezweckt hatte. Aber warum sollten jetzt alle in das Lager kommen? Schön, da war Platz für alle und auch Mawashi-san und niemand von den Anwohnern könnte neugierig zuhören, aber sie kannte Lord Sesshoumaru schon zu gut, als dass sie nicht noch einen anderen Grund vermutet hätte. Und sie nahm an, dass er den Mörder der armen Atari überführen würde.
 

Als alle sich im Lager versammelt hatten, die Menschen sich höflich niederknieten, blickte sich Sesshoumaru ein wenig um. Die lebensgroßen Tonfiguren schienen ihn ebenso neugierig anzusehen wie die Menschen vor ihm, auch wenn es wohlweislich keines von diesen schwächlichen Lebewesen wagte, ihm ins Gesicht zu starren.
 

„Wie ihr alle wisst, fand Sakura heute Morgen die Leiche einer Dienerin meines Herrn und Vaters. Atari wurde ermordet und der Inu no Taishou befahl mir, ihren Mörder herauszufinden. Ich stellte rasch fest, dass es eigentlich gar nicht um Atari gegangen war. Ihr Tod war etwas Ähnliches wie ein Unfall gewesen, auch wenn man sie erwürgt hatte. Aber der Mörder hatte das weder im Grunde vorgehabt, noch war das im ursprünglichen Plan so vorgesehen gewesen. Der Mörder sah sich ab einem gewissen Punkt zum Handeln gezwungen. Aber dazu später. Zunächst einmal möchte ich euch, vor allem Euch, Mawashi-san als Inhaber der Gerichtsbarkeit hier, etwas zeigen.“

Er drehte sich um. Die Temperatur in der Lagerhalle schien deutlich zu sinken, als eine mächtige Dämonenaura zu spüren war. Aus seiner Hand drang etwas wie eine leuchtende dünne Schnur. Die Menschen starrten mit angehaltenem Atem hin. Was hatte er vor? Eine leichte Bewegung seines Handgelenkes ließ diese auf eine Tonfigur losrasen. Vollkommen zerschmettert fiel die Statue zu Boden. Die Töpfereiangestellten schrieen unwillkürlich auf.

„Unsere schöne Figur!“ brachte Kaze hervor: „Die ganze Arbeit umsonst!“

„Das kostet uns ein Vermögen!“ keuchte Akuma.

„Still!“ mahnte Sakura hastig: „Oder wollt Ihr, dass er sich umdreht?“

Das war gewiss das Letzte, was die Menschen wollten, zumal als sie erschreckt bemerkten, dass sich der Hundedämon bereits ein wenig seitwärts drehte. Aber was hatte er nur vor?

„Im Inneren dieser Figur befand sich Holzasche“, sagte er ruhig.

„Ja, natürlich, Lord Sesshoumaru, “ meinte der Vorarbeiter prompt: „Diese Figuren werden um Holz...“

„Ich habe dich nicht gefragt!“

Usagi Mataeda klappte hastig den Mund zu. Nur ein Narr hätte die Drohung überhört.

Sesshoumaru machte einen Schritt vorwärts: „Und da haben wir ja ein etwas missglücktes Objekt, nicht wahr?“

Wieder sirrte die Energiepeitsche durch die Luft, zertrümmerte eine zweite Tonfigur. Im nächsten Moment war der Hundeprinz aus dem Raum. Die Menschen erkannten nur etwas wie einen weißen Blitz. Irritiert starrten sie zu der zerstörten Statue, ehe sie begriffen, dass das, was da zwischen der Asche lag, verbrannte Knochen waren. Ein unverkennbarer Gestank drang aus den Überresten.

Mawashi stand auf, trat näher: „Das sind Knochen. Verbrannte, menschliche Kochen….ein Oberschenkelknochen. Die Hitze im Inneren der Statue war wohl nicht hoch genug, um alles restlos verbrennen zu können. Das sind die Reste von einem Schädel, Zähne...Und der Geruch blieb im Ton eingeschlossen. Durchaus raffiniert.“ Er fuhr herum, starrte die drei Brüder an: „Wer war euer Opfer?!“

Kaze, Kasumi und Kage starrten auf die menschlichen Überreste, dann blass geworden einander an. Es ließ sich nicht leugnen, das waren die Knochen eines Menschen.
 

Sesshoumaru war aus dem Haus, dem Ort gelaufen, so schnell er konnte. Erst am Waldrand blickte er sich um. Da kein Mensch und kein Dämon zu entdecken war, warf er sich auf den Bauch, rieb seine Nase im Gras. Im Laufe dieses Falls war sie wirklich schon strapaziert worden. Aber der Geruch nach verbrannten menschlichen Knochen, der nach dem Zerbrechen der Statue aus deren Überresten geströmt war, hatte seinem Geruchssinn mehr als zugesetzt. Er stand wieder auf, atmete tief durch. Es half nichts. Er müsste noch einmal in die Töpferei zurück, die Sache abschließen. Erst dann könnte er zurück zu seinem Vater, diesem Bericht erstatten. Nun gut, dachte er und sog noch einmal die friedliche Luft des Waldes ein. Hoffentlich war der Geruch in der Lagerhalle inzwischen besser geworden. Er müsste sich beeilen diesen Mordfall aufzuklären, um seine Nase zu schonen. So erschuf er ein Portal und stand im nächsten Moment wieder auf dem Hof der Töpferei. Die Samurai dort starrten ihn überrascht an, waren aber zu gut geschult, um nicht sofort seitwärts oder zu Boden zu blicken. Niemand fixierte einen Prinzen, schon gar keinen Dämonenprinzen.

Als Sesshoumaru wieder die Halle betrat, stand Mawashi vor den drei Brüdern: „Also, raus mit der Sprache! Wer war der Unglückliche, den ihr drei so entsorgen wolltet?“

„Ich…wir wissen es nicht, Mawashi-sama“, versicherte Kaze: „Es ist mir ein Rätsel...und es ist mir auch ein Rätsel, wie der Lord das wissen konnte.“

„Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wer der Tote ist, Mawashi-san?“ Der Hundeprinz schlenderte langsam auf die Menschen zu, die alle zusammenzuckten, bis auf Sakura. Sesshoumaru bemerkte, wie sie seine Schleife um die Taille betrachtete. Sie war zu höflich, um ihm ins Gesicht zu blicken, aber er erkannte, dass um ihren Mund etwas wie ein Lächeln lag. Sie war sicher, dass er jetzt den Mörder anklagen würde. Er entsann sich, dass sie ihm schon einmal gesagt hatte, dass es ihr Spaß mache, ihm zuzuhören, wenn er einen Mörder überführen würde.

Der Grundherr kniete sich hastig wieder nieder: „Nein, Lord Sesshoumaru.“ Er unterließ es, darauf hinzuweisen, dass keiner der Einwohner des Ortes vermisst wurde.

„Kannst du ihm weiterhelfen?“ Der Dämonenprinz blieb vor dem Mann im blauen Kimono stehen.

„Fumio...?“ sagte Mawashi überrascht: „Ihr wisst, wer das ist?“

Dieser starrte zu Boden.

So fuhr Sesshoumaru ruhig fort: „Diese Knochen in der Statue gehörten zu Fumio-san. Dies hier ist ein Doppelgänger. Er sah Fumio ähnlich genug, dass ein wenig Schminke das betonte. Und im Halbdunkel der Räume sowieso.“ Entgeistertes Schweigen antwortete ihm. Er konnte wittern, wie bei dem Mann ohne Namen vor ihm Todesangst aufstieg. Aber falls dieser bedauerte, sich auf solch ein Spiel eingelassen zu haben, so war es nun zu spät. Wenn ein Mann sich zu so einem Mordplan herabließ, müsste er wissen, dass er sich in sein Verderben ritt: „Ich werde Euch darlegen, Mawashi-san, wie dieser Plan entstand. Und auch, warum Atari sterben musste.“
 

************************************************
 

Und welche Indizien er fand...
 

Der Titel dieses Kapitel ist aus einem Krimi von Rex Stout( Wenn ein Mann mordet):

When a glas falls, it breaks in

When a man murders, begins his ruin.

Wenn ein Glas fällt, bricht es in Scherben

Wenn ein Mann mordet, beginnt sein Verderben.
 

Einige von euch haben ja auf die Tonfiguten getippt. Wer weiß nun, welche Indizien den Mörder/ die Mörderin/ die Mörder überführten?
 

Wer so nett ist, mitzuraten, und mir einen Kommentar zu hinterlassen,schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kaptiel freigeschaltet wurde.
 

bye
 

hotep

Wie es geschah

Tja, ihr habt recht: die eingepökelte Leiche im Keller der Metzgerei war eigen. Nun, sie gehörte zu dem "Krieg" der beiden Metzger im Ort, und sollte den unerwünschten Konkurrenten in den Ruim treiben. Darum die Gabschändung und die Pökelei. Mit dem Mord an Atari und Fumio-san hatte das nichts zu tun.

Diese beiden liefen anders ab:
 

6. Wie es geschah
 

Der Hundeprinz drehte sich ein wenig um: „Mawashi-san, in diesem Ort seid Ihr der Richter. So will ich Euch darlegen, wie der Plan ursprünglich angelegt war. Es stimmt, dass sich später eine drastische Änderung ergeben musste, aber dazu komme ich nachher.“

„Verzeiht, Lord Sesshoumaru“, brachte der Grundherr entgeistert hervor: „Aber...aber wenn der Tote hier Fumio-san ist - wer ist der Unbekannte? Und…warum hat Akuma nichts bemerkt?“

„Warum wohl?“ Sesshoumaru betrachtete nachdenklich die Ehefrau, die zu Boden blickte: „Sagen wir, weil das aufgemalte Muttermal auf der linken Wange des Betrügers die gleiche Farbe hat, wie das schwarze Kolorit ihrer Augenbrauen? - Ich werde es Euch gleich darlegen.“

Mawashi nickte. Natürlich. Wenn man einen Mann ersetzen wollte, war es nur zu wahrscheinlich, dass die Ehefrau mit im Komplott war. Aber was war hier gelaufen?

„Der ursprüngliche Plan war, wie gesagt, einfach. Wann genau er entstand kann ich Euch nicht sagen, aber bei welcher Gelegenheit. Fumio unternahm Reisen zu Messen stets selbst. Akuma verließ diesen Ort nicht seit sie hierher geheiratet hatte. Aber Usagi Mataeda lieferte die Tonfiguren aus nach Kyoto. Bei der letzten oder vorletzten Auslieferung muss er diesen Mann getroffen haben, der seinem Herrn verblüffend ähnlich sah. Zuhause erzählte er es Akuma, vielleicht als netten Scherz, vielleicht hatte auch er da schon den Plan entwickelt. In jedem Fall beschlossen diese beiden, den Doppelgänger zu überreden, die Rolle des Töpfereibesitzers zu spielen. Er wird Euch später erzählen können, ob sie ihm Geld boten, oder ihm weismachten, er könne bis an sein Lebensende den reichen Töpfereibesitzer spielen. Natürlich bedeutete dieser Plan, dass der wahre Fumio verschwinden musste.“ Er betrachtete den Mann ohne Namen: „War dir eigentlich nie klar, dass auch dein Lebensende sehr nahe war? Deine Partner waren bereit, zu töten, um den Platz für dich freizubekommen. Wie lange hätten sie das Geld gedrittelt, wenn sie es auch nur zu zweit hätten haben können?“

Der Unbekannte schwieg.

So fuhr der Dämonenprinz fort: „Der Plan war einfach. Er kam heimlich in die Töpferei. Die drei Verschworenen töteten Fumio-san, wer genau, kann dahingestellt bleiben. Der neue Töpfereibesitzer wurde nun passend geschminkt und sollte als schwer krank gelten. Zum einen wurde so vermieden, dass seine Unkenntnis über Menschen und die Vorgänge in der Töpferei zu offensichtlich wurde. Zum zweiten wäre er trotz der Schmink für so vertraute Mitarbeiter wie die drei Brüder hier, die ihn ihr ganzes Leben lang kannten, möglicherweise immer noch als falsch zu erkennen gewesen. Um dieses Risiko auszuschalten, musste er in seinem Zimmer bleiben. Auch die veränderte Stimme war durch die Krankheit zu erklären, falls jemand drauf bestand, mit ihm zu reden. Akuma hatte schon Tage vorher den Mitarbeitern erzählt, dass ihr Mann krank sei, die Leute ihn aber nicht darauf ansprechen sollten. So hatte sie den Boden für die angebliche schwere Erkrankung bereitet. Der ursprüngliche Plan sah auch vor, dass der Verkauf der Töpferei mit der Krankheit Fumio-sans begründet werden sollte. Offenbar ging es Akuma und Mataeda um das Geld, das aus der Töpferei zu beschaffen war. Ich weiß nicht, ob sie schon bei der Heirat vorhatte, möglichst viel Geld aus ihrem neuen Ehemann zu holen. Freilich: kaum war sie hier die Herrin, als auch schon ein neuer Vorarbeiter eingestellt wurde, Mataeda. Vielleicht könnt Ihr auch noch in Akumas Heimatort herausfinden, ob diese nicht schon verheiratet gewesen sind. Töpfer sagten, sie hätten ein sehr enges Verhältnis miteinander. Und sie muss ihn zuvor schon gut gekannt haben, ehe sie Fumio heiratete.

Der ursprüngliche Plan sah nun weiter vor, dass der tote Fumio-san spurlos verschwinden musste. Der geeignetste Zeitpunkt war an dem Tag, an dem die Figuren gebrannt wurden. Da waren nur die drei Brüder als mögliche Zeugen in der Töpferei. Und diese arbeiteten zunächst ja noch im Hinterhof. Vermutlich half Mataeda Akuma den Toten auf den Karren zu legen und dort zu verbergen. Er selbst blieb am Ofen, um alles so normal wie möglich aussehen zu lassen. Der falsche Fumio musste in seinem Zimmer bleiben. Hätte ihn zufällig jemand mit dem Karren durch den Ort gehen sehen, wäre der Plan, wegen seiner vorgeblichen Krankheit die Töpferei zu verkaufen, hinfällig gewesen. Akuma schob also den Karren in den Wald, trug den Toten dort in ein Dickicht um ihn zu verstecken, während sie begann, ein Grab auszuheben. Sie wollte ihn dort beerdigen, und niemand würde ihn je finden. Für eine Frau, zumal, wenn sie in einer Töpferei arbeitet, ist das keineswegs unmöglich. Der Karren ist so leichtgängig, dass ihn der Junge schwerbeladen den ganzen Tag hin- und herschieben kann, Akuma selbst ist körperliche Arbeit gewohnt. Und Fumio-san war weder übermäßig groß noch korpulent, sonst hätte er niemals in diese Tonfigur gepasst.“

Der Hundeprinz sah sich um. Die drei Verdächtigen starrten zu Boden, ohne zu wagen, etwas zu sagen, die übrigen Menschen hörten ihm fasziniert zu.

„Und das war der Augenblick, in dem der Plan schief ging. Genau zu diesem Zeitpunkt kam Atari auf der Suche nach Beeren hinzu. Vermutlich schrie sie auf, als sie den Toten entdeckte. In jedem Fall bemerkte Akuma sie. Atari erwähnte gegenüber Sakura, dass sie geglaubt hatte, sie würde ein Stück weit verfolgt. Wahrscheinlich stimmte das, aber Akuma muss rasch festgestellt haben, dass sie Atari nicht einholen konnte. So musste sie einen neuen Plan machen. Es war davon auszugehen, dass Atari mit anderen zurückkehren würde, ihnen wohl auch sagen würde, WEN sie da gefunden hatte. In der Eile fiel Akuma nur ein, dass sie diese Aussage unglaubwürdig machen musste. Vermutlich in verzweifelter Hast entkleidete sie ihren toten Ehemann, stopfte Blätter und Heu in die Kleidung, um es als makabren Scherz Ataris aussehen zu lassen, dann eilte sie mit dem Toten, so rasch es ging, in die Töpferei zurück, berichtete Mataeda, was geschehen war. Vielleicht hatte sie den Ersatzplan schon auf dem Rückweg gemacht, vielleicht fiel es ihm auch ein. Jedenfalls öffneten sie vorsichtig die Tonstatue, die noch immer zum Brennen bereitlag. Mataeda hatte wohl auf ihre Rückkehr warten wollen, um auch ihr ein Alibi zu verschaffen. Es war bekannt, dass sie beide das Brennen der Figur überwachten. Nun öffneten sie die beiden noch feuchten Nähte der ursprünglich dreiteiligen Figur, stopften den Toten hinein, nachdem sie das Holz entfernt hatten. Darum sah diese Figur auch ein wenig misslungen aus. Sie war in Eile von zwei Leuten nachmodelliert worden, die allerdings durchaus Ahnung von dem Material hatten. Als die Statue gebrannt war, atmeten sie wohl auf. Niemand konnte mehr nachweisen, dass es einen falschen Fumio-san gab.“

Sesshoumaru blickte kurz zu Sakura, ehe er fortfuhr: „Atari hatte unterdessen in unserem Schloss Probleme wegen des vermeintlichen Scherzes bekommen und wandte sich an Sakura. Diese empfahl ihr, einfach nachzusehen, ob Fumio-san am Leben sei. Ein fataler Ratschlag, aber das konnte sie nicht wissen. Atari kam zur Töpferei. Da sie sicher gehört hatte, dass Fumio-san krank sei, kam sie nicht hier in die eigentliche Töpferei, sondern betrat das Wohnhaus durch die Tür zur Strasse. Ich nehme an, Akuma, das du im ersten Moment erschrocken warst, sie zu sehen, aber dann die Chance begriffen hattest. Habt ihr Atari in ein freundliches Gespräch mit dem falschen Fumio-san verwickelt, ehe ihr sie tötetet? Es war euch sicher bekannt, dass der Holzstoss für die Erntefeier gestern Abend und heute Morgen aufgebaut werden sollte. Und so nutzte Akuma die Gelegenheit. Wieder musste sie die Leiche beiseite schaffen. Der falsche Fumio konnte sein Zimmer nicht verlassen und Mataeda musste heute Morgen das Heizen der Öfen überwachen. Es wäre den anderen Mitarbeitern aufgefallen, wäre er woanders gewesen. Und mir wurde gesagt, dass Akuma an diesem Morgen durch das Tor zurückkam, angeblich war sie schon auf dem Markt gewesen. Aber warum sollte sie Markteinkäufe nicht in ihr Haus tragen, sondern in die Töpferei, wenn nicht, um dort von allen gesehen zu werden?“

Wieder ließ er den Blick über die Menschen schweifen, die ihn nur zu gern angestarrt hätten, es jedoch nicht wagten. Seine nüchterne, sachliche Darlegung klang bereits wie ein Richterspruch.

„Ich kann mir vorstellen, dass Mataeda leicht in Panik verfiel, als ich herkam und Ataris Leiche dort auf dem Holzstoß fand. Er hatte es mit angesehen und teilte es sicher gleich seinen beiden Mitverschworenen mit, ehe er mir so überaus dienstfertig entgegeneilte. Die anderen beiden hatten so genug Zeit, sich gegen meine Nase vorzusorgen. Hinter dem schlechten Geschmack Akumas, sich unpassend zu schminken, zu kleiden, steckte der Plan, dass so auch die Wellen an Parfüm nicht auffallen würden. Sie befürchtete, ich könnte sonst die beiden Leichen an ihr wittern. Für den falschen Fumio galt das gleiche. Nur er nahm medizinische Kräuter, um den Geruch nach Atari in seinem Zimmer und an ihm zu übertünchen. Als ich darauf bestand, mit Fumio zu sprechen und einen unserer Diener mitbrachte, der Fumio-san persönlich kannte, eilte Akuma scheinbar dienstbeflissen voran, um mir die Tür zu öffnen. In den wenigen Sekunden dort muss sie ihm gesagt haben, wie der Diener hieß, so dass er ihn unauffällig mit Namen begrüßen konnte. – Es liegt nun an Euch, Mawashi-san, das Gerichtsverfahren einzuleiten.“

„Natürlich.“ Der Grundherr verneigte sich ein wenig: „Ich danke Euch, Lord Sesshoumaru, dass Ihr dieses böse Spiel aufgedeckt habt. Ihr könnt Eurem verehrten Herrn Vater, dem mächtigen Inu no Taishou, ausrichten, dass diese drei gewiss bestraft werden.“

In diesem Augenblick sprang der falsche Fumio auf und rannte aus der Tür der Lagerhalle. Er hatte zuvor nicht bemerkt, dass im Hof, am Tor Samurai postiert worden waren und hoffte, fliehen zu können. Im nächsten Moment rannte er gegen eine metallene Wand. Er stürzte zu Boden, erkannte entsetzt, dass dieser Hundeprinz vor ihm stand. So schnell war ein Dämon? Und er war mit dem Gesicht gegen die Rüstung geprallt. Seine Nase schmerzte, und als er hinfühlte, lief Blut.

„Was für ein Narr“, sagte Sesshoumaru verächtlich.

Mawashi kam herausgeeilt: „Nehmt diesen Idioten fest, und auch Akuma Fumio und Usagi Mataeda, wegen Mordes an dem ehrenwerten Fumio-san und Atari“, befahl er seinen Samurai. Diese gehorchten sofort.
 

Sesshoumaru wandte sich ab und ging. Seine Aufgabe hier war erfüllt und er konnte endlich nach Hause zurückkehren.

Sakura folgte ihm sofort. Sie war traurig. Das, was er gesagt hatte, stimmte. Sie selbst hatte die arme Atari in die Töpferei geschickt, und damit in den Tod. Warum nur hatte sie nicht daran gedacht, dass, wenn ihre Geschichte stimmen würde, der Mörder auch hinter Atari her sein würde? Es war ihre Schuld, dass das Mädchen gestorben war, ganz eindeutig.

Sie war ein wenig überrascht, dass der Hundeprinz nicht außerhalb des Ortes ein Portal erschuf, sondern offenkundig zu Fuß nach Hause wollte, aber natürlich ziemte es sich nicht, zu fragen. So wanderte sie schweigend hinter ihm her. Ich hätte es wissen müssen, warf sie sich vor. Ich hätte daran denken müssen.

„Deine Entscheidung, Atari in den Ort zu schicken, war sachlich richtig.“

Sie hob erstaunt den Kopf. Konnte er etwa auch Gedanken lesen?

Ohne sich umzudrehen oder im Schritt innezuhalten, fuhr er fort: „Mit den Informationen, die du zu diesem Zeitpunkt hattest, konntest du keine andere unparteiische Entscheidung treffen.“

„Danke, Lord Sesshoumaru.“ Wollte er sie etwa trösten? Das war erstaunlich genug. Aber sie meinte: „Dennoch: ich hätte sie nicht schicken sollen…“

„Hättest du sie nicht an dem Tag geschickt, hätten die drei sie getötet, wenn sie das nächste Mal an einem freien Tag im Ort gewesen wäre. Akuma hatte sie gesehen und wusste, wer sie war.“

Da hatte er vermutlich Recht. Sakura atmete tief durch. Ganz wohl war ihr noch immer nicht, aber sie war mehr als überrascht, dass der Dämonenprinz nicht nur ihre Gewissensbisse erriet, sondern auch noch versuchte, ihr darüber hinwegzuhelfen. Sie hatte gehört, dass Dämonen kein Gewissen kannten. Und solange sie im Schloss des Westens war, hatte sie weder von Inu no Taishou noch Lord Sesshoumaru, geschweige denn einem anderen Dämonen, ein Anzeichen von Reue bemerkt. Ein Dämon bedauerte nie, was er getan hatte.
 

Im Schloss kam ein Diener auf den Prinzen zu: „Lord Sesshoumaru, der Fürst wünscht Euch sofort zu sehen.“

Dieser folgte dem Mann unverzüglich in das Arbeitszimmer seines Vaters, verneigte sich höflich, ehe er sich an seiner Seite niederließ.

„Du hast den Mörder gefunden?“

„Ja, Herr Vater.“

„Berichte.“ Der Inu no Taishou hörte schweigsam zu. Als sein Sohn verstummte, sagte er: „Du hast gut daran getan, Mawashi die Sache zu überlassen. Menschen sollen Menschen richten. Der Plan war eigentlich sicher. Kein Mensch hätte etwas bemerkt, wäre nicht Atari dazu gekommen. Und natürlich hätte auch kein Mensch die Leiche finden können. - Sakura ist dir nützlich gewesen.“

„Ja.“

„Gut. - Komm, gehen wir ein wenig trainieren. Ich möchte gern wissen, wie gut du inzwischen mit einem Schwert umgehen kannst.“

„Gern, Herr Vater.“
 

Sakura arbeitete im Schlossgarten, warf aber einen neugierigen Blick auf den Trainingsplatz. Vater und Sohn übten mit bloßem Oberkörper und sie konnte nicht umhin, die Schnelligkeit und den Körperbau zu bewundern. Errötend senkte sie wieder den Kopf. Das ziemte sich wirklich nicht, so etwas auch nur zu denken. Das waren die Herren, noch dazu Dämonen. Wie alt wohl der Fürst in Wahrheit sein mochte? Oder auch nur Lord Sesshoumaru? Sie kannte ihn nun ein Jahr, aber er hatte sich überhaupt nicht verändert, während sie doch ein Jahr älter geworden war. Und die Menschen aus dem Ort hatten erwähnt, dass sie schon seit Jahrhunderten dem Inu no Taishou dienen würden. Aber natürlich war es undenkbar, einen Fürsten mal eben nach seinem Alter zu fragen. Wieder sah sie hinüber. Die beiden Dämonen hatten das Tempo des Kampfes noch einmal erhöht und es war für Menschenaugen fast unmöglich dem Training zu folgen. Eigentlich war es fast schade. Sakura schüttelte leicht den Kopf über ihre Gedanken und machte sich lieber wieder an die Arbeit.
 

*************************************************
 

Sakura sollte sich wirklich zusammennehmen.
 

Der nächste Krimi trägt den Arbeitstitel: "Sie waren 12", aber da muss ich noch fleissig umschreiben. Die Indizien, die den falschen belasten habe ich, allerdings sollte der richtige Mörder ja auch überführt werden.
 

Jetzt fahre ich erst einmal ein paar Tage in Urlaub, ehe in der ersten Septemberwoche die vierte Staffel der Hundeyoukai-saga beginnt.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu dieser Fanfic (225)
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Von:  Kerstin-san
2020-03-22T20:26:02+00:00 22.03.2020 21:26
Hallo,
 
okay: Akuma und der Vorarbeiter stecken unter einer Decke: Check, hatte ich.
Fumio wurde heimlich ausgetauscht: Auch Check.
Akuma und der Vorarbeiter kannten sich von früher: Auch richtig.
Das Fumio verbrannt wurde: Gut, das hatte ich nicht.
 
Eigentlich stimmt ja größtenteils alles, aber ich bin immer noch etwas verwirrt. Was ist denn jetzt mit der Grabschändung und der Leiche im Keller des Metzgers gewesen? War das jetzt einfach nur der andere Metzger gewesen, der seinem Konkurrent eins auswischen wollte? Falls ja, hab ich mich davob ja richtig schön ablenken und in die Irre führen lassen...
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-03-22T20:16:56+00:00 22.03.2020 21:16
Hallo,
 
herrje, so viel zu meiner Bruder-/Zwillingstheorie... Trotzdem, das mit dem plötzlichen Verkauf der Töpferei erscheint mir verdächtig.
 
Dann noch die zwei Jahre: Fumio ist seit zwei Jahren verheiratet, sein neuer Vorarbeiter ist seit zwei Jahren da. Vielleicht kennen der und Akumo sich ja von früher?
 
Das wird ja immer merkwürdiger: Eine Leiche im Keller des Metzgers. Warum nur wurde die Leiche aus dem Grab entwendet, eingelegt und dann dort abgelegt? Ehrlich gesaht stehe ich momentan ziemlich auf dem Schlauch...
 
Aber hey, immerhin stimmt meine Doppelgängertheorie schon mal, da muss ich mich ja nicht allzu sehr grämen :)
Bin diesmal besonders gespannt, was sich da alles zugetragen hat.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-03-22T20:06:14+00:00 22.03.2020 21:06
Hallo,
 
hm, ob "Fumio" vielleicht heimlich ausgetauscht wurde (diese Bruder-/Zwillingstheorie lässt mich nicht los)? Und möglicherweise täuscht er das krank sein mit der rauen Stimme nur vor, damit niemand merkt, dass er nicht der echte ist? Nur warum... Auf jeden Fall müsste dann wohl seine Frau Bescheid wissen.
 
Da es unmöglich scheint den Karren benutzt zu haben oder das Gelände der Töpferei betreten zu haben, ohne dass der Vorarbeiter es bemerkt, würde ich aktuell vermuten, dass er irgendwie mit in die ganze Sache verstrickt ist.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-03-22T19:58:12+00:00 22.03.2020 20:58
Hallo,
 
oh weia, Akuma macht seiner Lordschaft schöne Augen? Das wäre ja schon so vergebliche Liebesmüh und wahnsinnig taktlos, aber dann noch als verheiratete Frau? Absolut unangebracht.
 
Die Sache mit den lebensgroßen Tonstatuen könnten sich später noch als nützlich erweisen.
 
Und da mahne ich mich noch zur Vorsicht und falle dann doch drauf rein: Also doch kein toter Fumio. Nur, wen hat die Dienerin dann gesehen? Vielleicht einen nahen Verwandten, der ihm sehr ähnlich sah (an einen Zwillingsbruder dachte ich auch schon, wie der Herr Ermittler auch)?
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-03-22T19:48:42+00:00 22.03.2020 20:48
Hallo,
 
also auch noch eine Grabschändung an dem Tag, als die Dienerin den toten Fumio fand. Wohl kaum ein Zufall, möglicherweise hat man die Leiche von Fumio mit einer anderen aus der Grabstätte ausgetauscht, um den Mord zu vertuschen? Wobei es aber wesentlich einfacher, schneller und auch unauffälliger gewesen die Leiche in den Öfen zu verbrennen.
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Kerstin-san
2020-03-22T19:40:49+00:00 22.03.2020 20:40
Hallo,
 
hmm, da stellt sich die Frage, ob Fumio wirklich tot ist oder nur schwer verletzt und bewusstlos war. Trotzdem hätte dann ja noch Blut im Wald sein müssen, aber vlt. hat die menschliche Dienerin da auch nicht drauf geachtet?
 
Aber nachdem sie ermordet wurde, kann man wohl davon ausgehen, dass ihre Geschichte von dem Toten gestimmt hat.
Andererseits: Nur keine voreiligen Schlüsse ziehen - so viel hab ich mittlerweile gelernt xD
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  babs
2014-02-22T16:41:16+00:00 22.02.2014 17:41
Das war ja dann wohl mal die reinste Folter für unseren Lieblingsinu. Ich finde die Serie super. Doch irgendwie liege ich beim Mörder immer daneben oder zumindest beim Motiv. Also auf zum nächsten weiter so ^^
Von:  Flecki49
2012-08-08T15:42:25+00:00 08.08.2012 17:42
Okay, ich gebe zu, ich habe bei diesem Krimi überhaupt nicht durchgeblickt, absolut gar nicht- Ich hielt Akuma für lebensmüde, mit dem Prinzen zu kokettieren, wie du so schön schriebst, und nicht für die Täterin.

Und die arme Nase des noch ärmeren Hundchens! Gut, das ich das zum zweiten Mal gelesen hab, denn ich gebe zu, beim ersten Mal ist mir dieser Satz aus dem vorherigen Kapitel überhaupt nicht aufgefallen: "Erst am Waldrand blickte er sich um. Da kein Mensch und kein Dämon zu entdecken war, warf er sich auf den Bauch, rieb seine Nase im Gras."
Wie süüüüß!
Entschuldige, ich bin normalerweise nicht so kindisch, aber wir haben selbst einen Hund und es ist ja schon so süß wenn der das macht- aber Sesshomaru? So niedlich! Hätte Sakura das gesehen, ich glaub, die hätte geheult, so knuffig, wie das ausgesehen haben muss. Sie hätte es vermutlich auch nicht überlebt, aber dann wäre sie echt glücklich gestorben... Bei so einem anblick quillt einem doch das Herz über vor freude.
Ich gebe zu, ich hätte auch schon einen neuen Schauplatz für einen Krimi, zwar noch kein Motiv etc, aber ich wüsste wo ich die Tatwaffe verstecken würde... so, dass weder euer Lordschaft noch sein Herr Vater sie finden würden^^
Naja, aber ich bin auf deinen nächsten Krimi gespannt und werde erst einmal fleißig weiter die übrigen Kommentieren!
*Tee und Kekse dalass*
LG Flecki^^
Von:  angel-sama
2008-01-26T17:46:12+00:00 26.01.2008 18:46
Armer Sesshoumaru, da sieht man mal, dass eine so gute Hundenase nicht immer von Vorteil ist. Fands so der Hammer, als er zum Schluss sogar fliehen musste, um seine Nase nicht diesem widerlichen Gestank aussetzen zu müssen:)
Naja, zumindest kamen mir alle drei verdächtig vor. Hab den Fall zwar nicht gelöst, aber das is besser als nichts.
Vielleicht kann ich denn nächsten ja lösen. *schnell anfang zu lesen*

Tschüssli angel-sama
Von:  astala7
2008-01-21T19:53:10+00:00 21.01.2008 20:53
HA!
Das mit dem Geruch verdecken hab ich sofort erraten als das dran kam. Und ich hab mir auch schon gedacht, das Fumio gespielt wird und seine Leiche in einer Tonfigur liegt. Also, das 'Wie' wusste ich. Aber beim 'Wer' fings schon an... Ich hab nicht mit dem Vorarbeiter gerechnet. und um Ein Motiv zu finden hätte ich wohl mehr nachdenken müssen, aber ich hab die ff ja (wie immer) in einem Rutsch durchgelesen.
Aber imemr hin, das ist jetztd er erste Krimi von dir wo ich endlich mal ETWAs durchschaut habXD


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