Zum Inhalt der Seite

Haus des Schreckens

Ryoki /Kapitel 6 überarbeitet
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Leises Geflüster

Kapitel 3
 

Leises Geflüster
 

Wunderschön war das Erste, was ihr durch den Kopf ging, als sie den Wintergarten sah. Makellose weiße Lilien ragten aus der feinen Erde heraus, streckten sich der lichten Sonne entgegen. Das Wasser des Teiches plätscherte und verlieh der Luft eine gewisse, wohltuende Feuchtigkeit. Ihr Blick huschte durch die Panoramafenster und direkt in den trotz Helligkeit finster wirkenden Wald hinein. Ein Paradies mitten in der Dunkelheit...

„Ist die nicht schön“, hörte sie Jen neben ihr leise sagen und auch ihre Aufmerksamkeit legte sich auf die edle Engelsstatue. Die Arme weit hinauf gestreckt und den Kopf stolz gegen den Himmel erhoben.

Die junge Frau wollte ansetzen etwas zu sagen, als sie stockte und blinzelnd das Gesicht der Statue musterte. Ihr Herz war es das anfing unregelmäßig schnell zu schlagen und verwirrt schüttelte sie ungesehen ihr Haupt. Das bildete sie sich ein...

Schleichend langsam flossen die roten Tränen über dass Marmor, befleckten das steinerne Gewand und verzerrten das harmonische Bild immer mehr. Grotesk hob sich das perlende Blut von der weißen, reinen Oberfläche ab und die Lilien fingen an zu wanken, wie die ersten Tropfen auf die Blüten trafen.

Die warme Hand, die sich auf ihre Schulter legte, ließ sie zusammenzucken und den Blick von dem surrealen Geschehen abwenden.

„Kommst du?“, vernahm sie Ryo und spürte seinen musternden Blick auf sich. Ihre Aufmerksamkeit lenkte sich einen Moment lang zurück auf die Statue, die unbefleckt vor ihr stand.

„Alles in Ordnung?“

„Ja, sicher.“ Den Kopf abermals schüttelnd schritt sie an ihm vorbei und musste gleichzeitig an sich halten, um nicht noch einmal zurückzublicken. Sie hatte zu wenig Schlaf, eindeutig...

„Gefällt Miss das Haus?“, sprach der Butler sie freudig an, sobald sie die anderen auf dem Korridor erreicht hatte. Er sprach mit ihr nur noch auf Rumänisch und das ging ihr tierisch auf die Nerven.

„Ja...“

„Dann wird Miss auch der Pool gefallen, da ist Redkliff sich sicher.“ Schön für ihn...

„Sehen sie hier das ist der Erbauer des Hauses, Redkliffs Herr.“ Er zeigte im nächsten Moment auf eines der Gemälde. Ihre Augen huschten zu eben diesem und wie zuvor auch schlang sich eine eisige Gänsehaut an ihr hinauf. Braune, beinahe rote Augen sahen starr auf sie herab. Der Ausdruck in ihnen wirkte auf eine befremdliche Art und weiße fast schon bösartig wie grausam. Das Gefühl beobachtet zu werden sickerte langsam fast schleichend nieder und nur mit mühe riss sich die junge Frau von den gemalten Pupillen los.

„Livian Damir Rebreanu“, sprach der Butler ehrfürchtig aus.

Die Kleidung war golden gezeichnet und federleicht lag sie auf dem Körper des Mannes, fiel seiden hinab. Der verzierte Stock in seiner rechten Hand zeugte von seinem reinen Blut, rumänischer Adel schrie ihr das Gemälde entgegen.
 

Rika runzelte die Stirn und ihr Blick fing das Datum der Zeichnung ein. 1838... Herr? Der Mann hatte einen an der Waffel, das waren fast zwei Jahrhunderte...

„Redkliff hat noch nie jemanden gesehen der gnädiger, als der Herr ist. Die Miss gefällt ihm sicher.“ Ungläubig besah sie den Kerl neben sich, der sich nickend abwandte und weiter lief. „Was hat er gesagt?“, vernahm sie Ryo neben sich leise.

„Nichts. Der hat einfach nur einen Dachschaden das ist alles“, antwortete sie und schritt den Korridor weiter entlang. Den skeptischen Blick mit dem der Akiyama sie bedachte ignorierte die junge Frau gekonnt. Jen würde davon laufen, wenn sie erzählte was Redkliff meinte. Um ehrlich zu sein, war sie selbst stark am Überlegen nicht ihre Sachen zu packen und den nächsten Flug nach Japan zu nehmen. Der Typ redete von diesem Lavian, als wenn dieser noch lebte. Wenn es nicht so bizarr wäre, würde sie laut lachen.

„Wie cool!“, hallte ihr Kazus schallende Stimme entgegen und verwirrt hob sie ihr Haupt. Konfus musterte Rika das riesige Wasserbecken, das sich vor ihnen erstreckte. Sie hatte nicht mitbekommen, wie sie in den nächsten Raum geschritten waren. Langsam aber sicher wurde es befremdlich...

„Später müssen wir unbedingt ne Runde Schwimmen!“, setzte der Shiota hinzu und sah sich begeistert um. Die ganzen Wände bestanden aus Glas... Es sah nicht gerade einladend aus. Durchaus war es schön gebaut und auch selten so etwas zu sehen aber trotz allem, verspürte sie nicht das verlangen hier zu baden. Allein die Tatsache, dass man eigentlich mitten im Wald war und nur die Panoramafenster eine Barriere bildeten reichten aus, um sich nicht wohlzufühlen. Ihr Augenmerk legte sich auf den dunkel unübersichtlichen Wald und der spröde einsame Baum, der nahe den Fenstern stand, bog sich durch den aufkommenden Wind immer mehr, wirkte anziehend genau wie hypnotisierend. Die ersten Regentropfen waren es die geräuschvoll auf das gläserne Dach hinab fielen und den nächsten nahenden Sturm verkündeten.

„Rika?“ Ryo Stimme schreckte sie auf und benebelt blickte sie zu diesem.

„Was?“ Durcheinander registrierte sie, dass die anderen nicht mehr anwesend waren.

„Ist wirklich alles in Ordnung?“, meinte er leise und seine Hand schlang sich behutsam um die ihre, als er sie mit hinauszog. Anstandslos ließ sich die junge Frau seine Geste gefallen und schüttelte wie zuvor bereits den Kopf. Was war heute nur los... Langsam zweifelte sie

an ihrem Verstand und das nach nicht einmal einem Tag in diesem Haus.

„Rika...“

„Mir geht’s gut. Zu wenig Schlaf das ist alles“, gab sie von sich und entzog ihm ihre Finger, zeitgleich sie bei Jen und den anderen ankamen. Ja das würde es sein und nichts anderes...
 

Seufzend ließ sie sich neben Ryo auf die Couch nieder und stützte den Kopf auf ihrer Hand ab. Eigentlich hatte sie keine große Lust auf Small Talk aber sie konnte auch nicht einfach fehlen. Denn wie es aussah, brannte Takatos Großmutter regelrecht darauf sie alle kennenzulernen, wie sie anhand des gedeckten Tischs feststellen konnte.

„Kinder, nehmt ruhig. Den Kuchen hab ich für euch gebacken“, lächelte die Frau und schenkte ihnen fleißig Kaffee ein.

Takato ebenso wie die anderen brachten ein Danke über die Lippen, wobei Rika dezent ablenkte. Weder hatte sie ein, verlangen nach Kaffee noch auf Kuchen.

„Nun, wie gefällt es euch hier Kinder?“, fing Katlin an und nippte selbst an ihrer gefühlten Tasse. Ihre Aufmerksamkeit huschte freudig zwischen ihnen umher und blieb um viele Sekunden länger auf den jungen Frauen hängen. Eine Geste, die jedoch im nächsten Augenblick verflogen war.

„Sehr gut sogar Oma“, antwortete Takato ihr und griff, als Erstes nach einem Stück der hergerichteten Torte.

„Das freut mich, auch wenn ich leider zurzeit so viel zu tun habe.“ Ein wehleidiger Seufzer entfloh ihr, ehe sie weiter sprach; „Und wie findet ihr das Haus, Rika , Jen?“ Überrascht das Katline sie direkt ansprach hob die Nonaka ihre Augenbrauen etwas an. Sie konnte jetzt schlecht sagen, dass dieses Haus nicht gerade ansprechend wirkte...

„Ein sehr schöner Bau“, gab sie nach Kurzem von sich. Täuschte es oder musterte diese Frau sie jetzt forschend.

„Ich bin Rikas Meinung, ein... großartiges Haus.“ Im Gegensatz zu ihr wandte Jen sich ab, als die Augen Katlins zu ihr huschten. Ein knapper Moment der stille, der im gleichen Atemzug aufgelöst wurde, als Kazu dazwischen fuhr.

„Ach ihr untertreibt. Das hier ist der Hammer, vor allem der Pool!“ Wo die anderen anfingen zu lachen, schüttelte Rika lediglich den Kopf und lehnte sich nach hinten. Weil ein einsichtliches Badezimmer auch so cool war...

Ihr Blick legte sich von selbst auf die hohen Fenster und nur am Rande hörte sie dem Gespräch das aufkeimte zu. Spitze zugezogene Gitter zogen sich um die Gläser und verhinderten jedes Eindringen. An manchen Eisenstangen waren aufwendige Schnörkel eingearbeitet und sogar von hier aus sahen sie geschliffen scharf aus.
 

„Papa, warum sind an jedem Fenster Gitter?“, tippte die 8 Jährige den Mann vor ihr an, der sich angeregt mit einem alten Zigeuner unterhielt. Der Greis lachte bei ihrer Frage rau auf und auch ihr Vater wandte sich lächelnd zu ihr. Doch war es nicht er der ihr antwortete, sondern eine Frau, die in gebückter Haltung nicht weit von ihnen stand und das Glas Tuica mit einem Zug leerte.

„Damit das Grauen nicht entfliehen kann, mein Kind.“

„Erzähl der kleinen Maus keinen Stuss, Weib!“, rief es aus einer Ecke dunkel heraus und das darauf folgende Gelächter der Alten übertönte den Lärm der Taverne mit Leichtigkeit. Schrill hallte es in ihren Ohren wider und ein eisiger Schauer bahnte sich seinen Weg ihren Rücken hinauf.
 

Warum ihre gerade diese vergangene Szene einfiel, konnte sie nicht sagen aber diese Frau hatte ihr damals eine Heidenangst eingejagt. Sie war ihr aus dem Weg gegangen, wann immer es ihr ermöglicht wurde. Wenn ihr geliebter Vater einmal mehr meinte, keine Zeit für sein Kind zu haben, hatte er sie bei ihr gelassen. An die dummen Geschichten die Aurelia ihr erzählte, erinnerte sie sich noch immer, ebenso wie die darauf folgende Nacht in der sie vor Furcht nicht mehr schlafen konnte. Das war wohl der ausschlaggebende Punkt, warum sie Rumänien nichts abgewann und noch heute, würde sie freiwillig keinen Fuß in die Karpaten setzen.

„Wenn die Nacht den Tag ablöst, dann verstecke dich meine kleine, denn das Böse wird dich holen“, hörte sie die krähende Stimme der Alten, als wenn sie neben ihr säße. Auf das, wie, war ihr ein Lachen entgegen geschleudert worden.

„Blut meine Kleine. Reines Blut, getränkt vom letzten Funken deiner Hoffnung. Vergiss meine Worte niemals Engelchen oder dein Leben wird verwirkt sein.“ Führte ihre raue Stimme belustigt fort. Diese Worte hatte sie wirklich nie vergessen... Eine alte senile Zigeunerin, nichts weiter war Aurelia aber jedes ihrer Märchen war noch brennend in ihrem Gedächtnis vorhanden.

„Rika wie ich höre warst du schön Mal in Rumänien richtig?“, riss Katlins Stimme sie in die Wirklichkeit zurück. Die unlieben Gedanken vertreibend nickte sie stumm.

„Und wo genau?“

„In der Nähe von Săliște“, antwortete sie und spürte die neugierigen Blicke der anderen auf sich. Es gab viele Themen, die sie so gut wie nie anschnitt und auch auf Fragen ihrer Freunde nicht einging. Rumänien war nur eines davon, das die Gruppe erst am Flughafen erfahren hatte, das sie schon öfter hier war, ließ sich leider nicht vermeiden, doch viel mehr würde sie auch Katlin nicht sagen.

„Das ist nicht einmal weit entfernt. Warst du dort mit deinen Eltern im Urlaub?“ Ein graziles Lächeln legte sich auf den Zügen der alten Dame nieder. Ihr Haupt etwas anhebend verschränkte sie ihre Arme vor der Brust, um einiges abweisender sprach sie. „Mit meinem Vater, um genau zu sein und es war weniger ein Urlaub, mehr ein Besuch.“

„Ah das ist ja schön und dein Vater lebt hier?“ Etliche Sekunden des Schweigens legten sich nieder, in denen Rika ihr gegenüber eisig musterte. Eine solche Kälte die sogar Kazu dazu brachte den Mund, zuhalten. Gefühllos wichen die nächsten Worte über ihre Lippen.

„Er ist tot aber ja er hat hier gelebt.“ Aus dem Augenwinkel sah sie Ryos entsetztes Gesicht und auch die anderen standen dem in nichts nach. Das musste sie wohl vergessen haben zu erwähnen...

Etwas das sie nicht benennen konnte blitzte in den Augen Katlins auf, doch verschwand der Schein, ehe sie ihn wirklich wahrnehmen konnte.

„Das tut mir leid, wie ist er...“ Die alte Dame wurde von einem lauten Klopfen unterbrochen, was wohl deren Glück war, denn auf diese Frage hätte sie keine Antwort gegeben.

Rika beobachtete wie Katlin ein lautes „Herein“, aus rief und aufstand, sobald der Gast eintrat.

„Oh entschuldige vielmals Damian, ich muss die Zeit vergessen haben.“

„Ich habe genug davon“, gab er mit starkem Akzent zurück und schritt ihr entgegen. Ein kurzes Händeschütteln erfolgte, ehe sich Takatos Großmutter der Gruppe zuwandte.

„Darf ich bekannt machen. Das ist Damian Molevic er wird vorübergehend auf das Haus aufpassen. Damian das ist mein Enkel und seine Freunde, sie sind zurzeit auf Besuch, du wirst also nicht alleine mit Redkliff sein.“

„Sehr erfreut“, meinte dieser und nickte ihnen zu, woraufhin ein einheitliches „Hallo“ erschallte. Rika wandte ihre Aufmerksamkeit von dem Typen ab, wohl bewusst das sein musternder Blick auf ihr lag. Was sollte das heißen, er würde nicht alleine mit dem Butler hier sein...

„Fährst du weg Oma?“, hörte sie Takato fragen und die Antwort gefiel ihr bei Weitem noch weniger, wie das dumme Gaffen.

„Ja leider. Ich muss in die Stadt für ein paar Tage, irgendwas soll mit der Abrechnung nicht Stimmen.“ Ein paar Tage? Wie lang dachte diese Frau eigentlich das sie alle hier blieben... Länger, als eine Woche würde sie auf jeden Fall nicht in diesem Gemäuer verbringen. Die Hand, die sich auf ihren Oberschenkel legte, lenkte Rika abrupt ab und ließ sie ihr Haupt zu Ryo wenden, der sich im selben Bruchteil zu ihr hinüber lehnte. Was...

„Spiel einfach mit“, meinte er leise und eine Gänsehaut zog sich an ihren Armen hinauf, als seinen heißen Atem an ihrem Ohr vorbei strich. Bei was sollte sie... Ein mildes Schmunzeln legte sich auf ihren Zügen nieder, wie sie begriff. Nun ihr sollte es egal sein, solange Ryo damit nicht zu weit ging. Tat er nicht, er hauchte ihr lediglich einen flüchtigen Kuss auf den Hals, der ausreichte, um den Blick des Fremden von ihr abzulenken. Das prickelnde Gefühl, das in ihr aufloderte, brachte die junge Frau dazu, unmerklich zu schlucken. Nicht darüber nachdenken, ermahnte sie sich selbst still und hoffte das sich diese Empfindung verdrängen ließ, so wie bereits das ganze Jahr über.
 

„Sagen sie Rika wie gefällt ihnen Rumänien bisher“, hörte sie den Mann ihr gegenüber sprechen und versuchte verzweifelt diesen weitest gehend zu ignorieren. Was anhand seiner immer wiederkehrenden Fragen nicht besonderes leicht war.

„Es gibt schönere Länder“, antwortete sie abweisend und konzentrierte sich wieder auf das hergerichtete Abendessen. Eigentlich war es eine Frechheit. Katlin hatte diesen Mann lächelnd eingeladen und entschuldigt sich selbst im nächsten Moment, weil sie noch packen müsse. Jetzt saßen sie also ohne die Gastgeberin beim Essen. Toll... Wenigstens schien nicht nur sie diese Gegebenheit zu stören, wie sie anhand der Stimmung die in der Luft lag ablesen konnte. Wobei Ryo ebenso auch Takato am stillsten von allen waren. Was sie bei Takato recht gut nachvollziehen konnte, denn die Annäherungsversuche von Damian bei Jen waren recht offensichtlich gehalten. Was Ryo anging, darauf wollte sie erst gar nicht eingehen...

„Und ihnen Jen?“

„Ich habe noch nicht viel gesehen, daher will ich das noch nicht beurteilen“, meinte die Kato und das sie sich gerade nicht wohlfühlte, konnte man in ihrem Gesicht ablesen.

„Ich kann sie ein wenig umherführen, wenn sie möchten. Es gibt wunderschöne Stellen in dem angrenzenden Wald, die eine Besichtigung wert sind.“ Natürlich und in Ägypten spricht man Spanisch... Rika hob ihren Kopf und sprach noch, bevor Jen selbst ansetzen konnte.

„Ich bezweifle doch stark das in den Karpaten überhaupt irgendein Platz schön ist außer natürlich man glaubt das dort die Bären auch gerne gestreichelt werden wollen. Falls Jen das will, dann führe ich sie umher.“ Nach ihren Worten sickerte die Stille nieder, und wenn die Absicht hinter seinen Silben nicht so ernst wäre, müsste sie anhand seines Gesichtsausdrucks grinsen. In den Wäldern gab es nichts Sehenswertes und nur mit einem ortskundigen Führer, war es ungefährlicher hineinzugehen. Der einzige Grund, warum dieser Mann dies anbot, war, damit er allein mit ihr sein konnte.

„Sie waren zuvor schon einmal in Rumänien Rika?“, sprach ihr gegenüber langsam und musterte sie genau.

„Ja des Öfteren“, entgegnete sie eisig und erwiderte den stechenden Blick problemlos.

„Das ist ja schön.“ Sein Lächeln sollte charmant sein doch auf sie wirkte es lediglich aufgesetzt und falsch.

„Sie sprechen dann also auch Rumänisch?“

„Durchaus“ Die angespannte Atmosphäre wurde von Radgliff durchbrochen, der mit sich selbst redend und einer Karaffe Wein aus der Küche kam. Die junge Frau wandte sich ab und nippte an ihrem Getränk. Ihre Aufmerksamkeit legte sich dadurch auf Ryo der neben ihr sah und stur auf sein Essen starrte.

„Wie alt sind sie Rika?“ Erklang die nächste Frage und das entnervte Schnaufen wollte sich nicht mehr unterdrücken lassen.

„18...“, murrte sie und stand noch im nächsten Moment auf, ehe sie hinzusetzte; „Ich bin schon mal am Pool.“ Der Typ ging ihr einfach nur noch auf die Nerven und der Appetit war ihr durch seine dummes Gerede auch gänzlich vergangen.
 

Seufzend lehnte sich die junge Frau zurück und wandte ihren Blick von den anderen ab, die sich eine tobende Wasserschlacht lieferten. Ihre Beine etwas umherpendelnd, strichen ihre Finger über den nassen Fliesenboden. Der Schnitt unter ihrer Brust war so gut wie verheilt, doch wollte sie es nicht herausfordern, es hatte gereicht, dass er einmal aufgerissen war, ein zweites Mal würde sie es zu vermeiden wissen. Ihre Augen schweiften durch die Fensterfront hinaus in den schwarzen Wald und je mehr sie das Geschrei ausblendete desto stärker vernahm sie den Regen, der geräuschvoll auf das Glasdach trommelte. Einen Moment dachte sie, die knackenden Äste der sich biegenden Bäume zu vernehmen. Stürmisch wurden sie von dem immer massiver werdenden Wind attackiert, der mitleidslos um sie blies. Es war die Nacht selbst die dadurch noch düsterer und gefährlicher wirkte.
 

Das junge Mädchen zuckte zusammen, als der Wind zischend durch das Haus fuhr. Laut und schauerlich sang er sein Lied und der wütende Regen gab ihm seinen Segen. Schluckend spähte sie hinaus und schreckte zusammen, wie das knisternde Kaminfeuer geräuschvoll knackte.

„Lausche meinen Worten Engelchen und vergiss sie nicht!“, erklang Aurelias alte durch den Alkohol angegriffene Stimme hinter ihr und ließ sie kurz vor Angst piepsen.

„Sie lauern dort draußen im Schutze des Sturms und der Nacht. Gehe niemals in die Dunkelheit hinaus, den sie, verzerren sich bereits jetzt nach deinem Blut.“
 

Rika schüttelte milde den Kopf um die aufkeimenden Erinnerungen, loszuwerden. Solche Nächste waren die schlimmsten gewesen. Es waren solche, wo ihr Vater lieber in die nächste Stadt gefahren war, als auf seine eigene Tochter aufzupassen. Zwei Monate im Jahr hatte sie ihn besuchen dürfen und die Hälfte der Zeit war er nicht da gewesen. Sie war mehr bei den Zigeunern gewesen, als bei ihm.
 

„Du weißt nie was in der Finsternis auf dich lauern kann mein Engel.“
 

Warum kamen Aurelias Geschichten ihr gerade hier wieder in den Sinn, nach so langer Zeit? Jahre hatte sie keinen Gedanken mehr an diese Greisin verschwendet, geschweige den ihre Worte so deutlich wie heute gehört. Vielleicht weil sie wieder in Rumänien war oder aber weil sie keine vier Stunden geschlafen hatte.

Ihre Aufmerksamkeit huschte zu dem dürren und kahlen Baum, der am nächsten stand. Einsam hob er sich von allem anderen ab und seine Äste ragten durcheinander zu allen Seiten hinaus. Wippend schwangen sie nach oben und nach unten, immer im selben Takt. Hypnotisch wirkten sie und von selbst folgte sie dem einfangenden Bewegungen des Holzes. Keine Geräusche drangen mehr an ihr Ohr und ein Gefühl des Zwanges schlang sich an ihr hinauf. Befehlend zogen sie die gleichbleibenden Schwingungen an, schrien ihr entgegen sie solle hinaus, doch schreckte sie zugleich blinzelnd zurück.

Der Wind riss an dem leblosen Körper einer Frau, ließ sie grotesk umher schaukeln und es war das Seil, das sich immer tiefer in die Rinde des Baumes hinein fraß. Langsam drehte sich der hängende Leib um seine eigene Achse und das Bersten des Holzes erklang hallend wider. Plump traf die erhängte auf dem Boden auf, wurde in derselben Sekunde umhergewirbelt, als wilde Hunde sich in ihr Fleisch verbissen. Die Haut zerfetzte und die Knochen brachen.

Erschrocken fuhr Rika wahrnehmbar zusammen, wie sich zwei Arme auf ihre Beine legten und ihre Haut mit dem angenehm warmen Wasser benetzten.

„Sorry wollt dich nicht erschrecken“, schmunzelte ihr Ryo entgegen und stützte sich noch mehr auf ihren Oberschenkeln ab. Ihn nicht beachtend, drehte sie ihr Haupt wieder dem Baum zu, doch außer dem schlimmer werdenden Sturm lag alles in absoluter Normalität vor ihr. Ryo legte die Stirn in Falten und folgte ihrem Blick hinaus auf das Gelände.

„Rika?“ Die Angesprochene schüttelte ihren Kopf. Ihre Fantasie ging eindeutig mit ihr durch... Kein wunder, wenn sie die ganze Zeit an diese dummen Schauermärchen zurückdenken musste...

„Alles in Ordnung?“, vernahm sie den Akiyama erneut.

„Ja alles bestens, war nur in Gedanken.“

„Hat man gemerkt“, meinte er argwöhnisch und musterte sie einen Augenblick lang. Es schien fast so, als würde sie noch immer nicht ganz anwesend sein. Die Tatsache das sie ihn nicht weg scheuchte sprach eindeutig dafür und auch huschten ihre Augen zurück nach draußen. Das Gefühl, das etwas nicht stimmte, loderte flammend auf, legte sich beengend nieder und es war die Kälte, die sich in seinen Gliedern einnistete.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Wortfetzen
2010-09-26T13:00:09+00:00 26.09.2010 15:00
Hallo Astre, :)
also ... phu, jetzt weiß ich gar nicht wo ich beginnen soll. Zunächst mal: Mir gefällt deine Geschichte und ich finde sie toll. Nicht zu letzte wegen des unheimlichen Touchs, den sie hat. Hrr, ich steh einfach auf so was. :D

Gerne hätte ich sie schon zu Ende gelesen, aber als ich dann zu Kapitel 4 gewandert bin, hat's mir dann fast die Schuhe ausgezogen. xD
Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, wenn ich warte, bis du weiter mit deiner Überarbeitung bist? Ich bin einfach eine richtige Absatzfanatikerin und ich steh auch auf Punkte, Kommas und Groß- und Kleinschreibung. Und als dann plötzlich dieser jemand in Rika und Jens Zimmer war, von dem ich bis jetzt noch nicht weiß, wer das eigentlich ist, weil mir der Name in den letzten Kapiteln überhaupt nicht untergekommen ist (oder war das Damian?), wurd's ein bisschen zu wirr für mich. xD

Obwohl mir aufgefallen ist, dass in den überarbeiteten Kapiteln auch die Kommas hin und wieder am falschen Platz stehen. Allerdings bin ich auch kein Kommata-Genie, also bin ich schon still. ^^"

Also, wie gesagt, im Grunde finde ich deine Geschichte toll. Ich bin gespannt worauf alles hinauslaufen wird. Hoffentlich zieht sich die Überarbeitung nicht allzu lange hin.

Ich hoffe auch, dass Ryo bald eine aktivere Rolle bekommen wird. In Kapitel drei ist mir z. B. aufgefallen, dass er mindestens drei Mal Rika gefragt hat, ob alles in Ordnung sei. x)
Na ja, sobald der kleine Kuss zwischen ihnen kam, habe ich wieder darüber hinweg gesehen. *lol*

Ach ja, Redkliff erinnert mich ein bisschen an den Butler aus Scary Movie. EKELHAFT! xD

Also, hopp, hopp. Ich warte. ;)
Ganz viele Grüße, die Tanya :3
Von:  kizuna16
2009-04-26T21:22:08+00:00 26.04.2009 23:22
wow ich bin sogar die erste ^_^
zuerst einmal danke das du mir bescheid gesagt hast, hab mich riesig drüber gefreut!
ich find das kapitel toll, ich bin echt gespannt wie's weiter geht und was genau es mit dem haus und vorallem auch dem diener auf sich hat!
es ist echt super das du weiter schreibst :)
bis hoffentlich bald!



Zurück