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Zerbrochene Freundschaft

Kapitel 51
von

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Sanji: Refurbishing of the feelings

Müde reibe ich mir mit einer Hand übers Gesicht und schließe dabei wohltuend meine Augen. Alles dreht sich in meinem Kopf. Die Gedanken wirbeln wild durcheinander, während mein Geist einfach nicht zur Ruhe kommt. Der Drang meinen Körper auf die raue Decke unter mir zu betten und mich dem vergessenden Schlaf zu ergeben, ist beinahe übermächtig. Doch der Schmerz, der sich mit seinen scharfen Klauen fest in mein pochendes Herz krallt, ist einfach zu stark, als dass ich mich dem Wunsch hingeben könnte.

Leise seufze ich in der Stille um mich herum auf, als ich wieder auf das Foto in meinen Händen hinabschaue. Es stammte noch aus glücklichen Tagen, als wir lächelnd und winkend in die Kamera geblickt haben. Eine Gemeinschaft aus unterschiedlichen Charakterzügen – Willensstärke, Entschlossenheit, Tapferkeit, Stärke, Intelligenz, Mut, Gerissenheit –, die sich zu einer Einheit gebildet hat. Doch heute scheint die Kluft zwischen uns noch größer zu sein. Mit zarten Bewegungen meines Daumens streiche ich über das Gesicht von Robin. Beinahe schon schüchtern wirkt ihr Lächeln … zurückhaltend ihre Körpersprache. Damals hatte sie sich noch nicht ganz zugehörig gefühlt. Erst später fing sie an uns ihre Gedanken, Erinnerungen und ihr Herz zu öffnen.

„Ich wünschte, du wärst jetzt hier bei mir“, flüstere ich leise und mit einer Inbrunst, die aus den Tiefen meines Herzens kommt, wohl wissend, dass mich niemand hören kann – schon gar nicht Robin. Noch nie habe ich sie so sehr an meiner Seite gebraucht. Sie kennt mich … sie versteht mich … wie kein anderer hier an Bord. Ich könnte ihr ohne irgendwelche Bedenken von meinem Schmerz erzählen und sie würde mir einfach nur zuhören. Sie würde mich mit ihren sanften Augen verständnisvoll ansehen und mir mit einem warmen Lächeln zärtlich durch die Haare streichen. Sie würde tröstend nach meiner Hand greifen, sie drücken und mir irgendwelche liebevollen Worte des Trostes zuflüstern. Sie würde mir Ratschläge geben … mir sagen, was ich tun könnte … wie ich mich verhalten soll. Sie würde mir Klarheit verschaffen … über mich … über meine Gefühle … über meine Zukunft.

Ohne das Foto aus den Händen zu legen, lehne ich meinen Kopf an das raue, kratzende Holz hinter mir. Mein Blick wandert dabei hoch an die Decke. Aber nicht die dunklen Holzstreben sind es, die ich vor meinen Augen habe, sondern Choppers anklagender Blick, in dem so viel Schmerz lag.

Wir waren mal mehr als nur Freunde.

Wie ich es hasse! Immer und immer wieder derselbe Vorwurf, der unablässig in meinen Ohren nachhallt. Ich weiß, dass wir Freunde waren … dass wir eine Familie waren. Und ich wünsche mir auch nichts anderes, als dass diese Zeit wieder zurückkehrt. Aber wie? Was geschehen ist, ist nun einmal geschehen … und ich kann es nicht wieder rückgängig machen. Das Einzige, das uns bleibt, ist die Zukunft. Und wie die aussehen mag – wer weiß? Ich könnte mich Ruffy wieder anschließen und mich weiter auf die Suche nach meinem Traum machen. Doch würde es was bringen? Würde ich es überhaupt wollen, wenn Chopper, Zorro und Robin ganz andere Wege gehen? Die Familie wäre dann immer noch zerrissen.

Ein zaghaftes Klopfen ertönt von der Tür und holt mich in die Gegenwart zurück. Erschöpft sacken meine Schultern herab, während ich innerlich laut fluche. Ich will nicht, geht es mir durch den Kopf. Ich will nicht schon wieder reden. Ich will einfach nur allein gelassen werden … einfach nur meine Ruhe haben. Doch irgendwie versteht das keiner.

Aus schmalen Augen sehe ich dabei zu, wie die Tür sich langsam Zentimeter für Zentimeter öffnet. Ein klein wenig überrascht ziehe ich eine Augenbraue hoch, als ich Namis schlanke Gestalt im Lichtschein der Laterne ausmache. Sie wäre die Letzte, mit der ich gerechnet hätte. Unser letztes gemeinsames Gespräch liegt zwar noch nicht sehr lange zurück, doch hat es wie so oft in letzter Zeit in einen Streit geendet. Und auch darin bin ich mir nicht im Klaren, wie es weitergehen soll. Sie hat mich bewusst hintergangen und Zorro gegen uns aufgehetzt, nur um zwischen Robin und mir einen Keil zu treiben. Enttäuschung, Wut, Schmerz … aber auch Zweifel haben mich bei ihrem Geständnis überkommen. Zweifel über meine Gefühle zu ihr. Zweifel darüber, ob ich nicht vielleicht eine Frau liebe, die nur in meiner Vorstellung existiert. Denn nie … nicht einmal in meinen kühnsten Träumen … hätte ich mir vorstellen können, dass Nami zu einer solch hinterhältigen Tat fähig wäre.

Zögernd betritt Nami den Schlafraum und schließt leise die Tür hinter sich, bevor sie sich anschließend mit dem Rücken dagegen lehnt. Noch deutlicher hätte sie die zwischenmenschliche Distanz zwischen uns nicht zum Ausdruck bringen können, die uns voneinander trennt. Lange Zeit blickt sie mir stumm und aus geröteten Augen entgegen, bis sie einmal tief Luft holt, als müsse sie Kraft schöpfen.

„Ich habe dein Vertrauen verloren“, spricht sie mit erstaunlich klarer Stimme, „und ich bin in deiner Achtung gesunken. Ich weiß, das habe ich selber zu verantworten. Ich habe einen … riesengroßen Fehler begangen, der sich wahrscheinlich mit nichts wieder gut machen lässt. Denn damit habe ich einen Stein ins Rollen gebracht, der alles verändert hat … der auch dich verändert hat.“

Still höre ich ihr zu … lausche ihrer hellen Stimme, die so voller Stärke und Entschlossenheit ist. Ich wüsste auch nicht, was ich sagen sollte. Viel zu sehr bin ich von ihrem selbstsicheren Auftreten überrascht. Von ihrer sonstigen Unsicherheit ist im Augenblick nichts zu spüren.

„Du konntest die Leute mit deiner Heiterkeit anstecken“, spricht sie mit einem leisen Auflachen weiter, während ihr Blick auf einen Punkt in der Vergangenheit gerichtet ist. „Du warst ausgelassen und fröhlich, hattest immer ein freundliches Wort für mich. Aber seit unserem Wiedersehen suche ich vergeblich danach. Stattdessen sehe ich in dir nur Härte, Unnachgiebigkeit und eine maßlose Kälte. Und darüber hinaus … habe ich Angst vor dir. Ich kann nicht vorhersagen, wie du auf was reagierst … und ob du nicht vielleicht sogar Gewalt anwenden würdest … uns gegenüber. Ich musste erkennen, dass du nicht mehr der Sanji bist, den ich einst kennen und lieben gelernt habe … dass es diesen Sanji wohl nur noch in meinen Erinnerungen geben wird.“

Ein trauriges Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht, während ihre von Trauer erfüllten Augen im Lichtschein verdächtig glitzern. Und auch ich muss schwer schlucken. Einerseits bestürzt es mich, dass sie tatsächlich Angst vor mir hat, obwohl ich ihr niemals auch nur ein Haar krümmen könnte. Aber andererseits zeigt es mir auch, wie wenig wir uns noch kennen und dass scheinbar keinerlei Vertrauen mehr zwischen uns herrscht.

„Chopper hatte gemeint, wir müssten wieder von ganz vorne anfangen … neu beginnen. Und er hat Recht damit. Wir müssen uns erst wieder neu kennen lernen und Vertrauen aufbauen, damit unsere Freundschaft überhaupt eine Zukunft hat. Deshalb …“

Für einen Moment zögert Nami, als würden ihr die kommenden Worte schwer fallen. Laut seufzt sie mit geschlossenen Augen auf, bevor ihr tränenfeuchter Blick wieder den meinen sucht.

„Deshalb bin ich auch hier … um dir meine Freundschaft anzubieten, ohne dass ich … irgendwas von dir erwarte oder von dir verlange. Nein … nein, das ist nicht ganz richtig. Ich erwarte schon etwas. Dass wir nämlich hier und jetzt einen Schlussstrich ziehen und nicht mehr weiter auf der Vergangenheit herumreiten.

Ja … das wollte ich dir nur gesagt haben. Du … brauchst mir jetzt noch keine Antwort darauf geben. Denk´ einfach nur darüber nach.“

Bei ihren letzten Worten kommt wieder ihre Unsicherheit zum Vorschein, als befürchte sie einen Schritt zu weit gegangen zu sein. Doch bekomme ich dies nur am Rande meines Bewusstseins mit. Ebenso auch, wie sie nach einigen Sekunden der Stille leise den Raum verlässt. Ich bin zu keiner Regung fähig, als wäre ich in Zeit und Raum gefangen, während ihre Worte unablässig in meinem Kopf wie ein Echo nachhallen.

Zitternd hole ich tief Luft und habe dabei das Gefühl, als würde mir jemand die Brust zuschnüren. Namis Worte haben mich schwer getroffen – und dennoch hat sie in allen Punkten Recht. Unwillkürlich fällt mein Blick auf das Foto, das ich immer noch in Händen halte, und mit einem Male wird mir bewusst, dass es vorbei ist. Diese illustre Bande gehört für immer der Vergangenheit an. Nami hat es erkannt – und die Konsequenzen daraus gezogen. Ihre Worte waren ein Abschied – ein Abschied von dem Freund, der ich einst mal war … von dem jungen, unbeschwerten Mann, dessen einzige Sorge damals darin bestanden hatte Ruffy vom Kühlschrank fernzuhalten. Und wie sie ebenfalls richtig erkannt hat, bin ich heute ein ganz anderer … kälter und härter, wie sie sagt. Und das stimmt auch. Ich habe ein Jahr lang in einer Welt gelebt, die frei von Mitgefühl und Nächstenliebe war. In einer Welt gelebt, in der nur der Stärkste überleben konnte. Um das zu können, musste ich erwachsen werden.

Geliebt hast du sie mit Sicherheit. Aber ob die Liebe immer noch existiert, kann ich dir nicht sagen. Doch sobald du sie siehst, glaube mir, dann wird dir dein Herz die Antwort darauf geben.

„Ich kenne jetzt die Antwort“, flüstere ich mit gebrochener Stimme an Robins Bildnis gewendet. Ein trockenes Schluchzen steigt mir die Kehle hinauf, als ich nach kurzem Zögern schließlich das Foto in der Mitte zerreiße. Wenn es für mich eine Zukunft geben soll, in der ich auch wirklich leben kann … frei von dem Ballast der Vergangenheit … dann muss ich es Nami gleichtun und loslassen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Stoechbiene
2013-01-05T18:06:25+00:00 05.01.2013 19:06
Zuerst muss ich uns beiden einfach mal auf die Schulter klopfen. ich wage mal zu behaupten, dass wir zu den wenigsten ff-Schreibern gehören, die Nami mal als das Miststück hingestellt haben. Sonst fällt diese Rolle, gerade früher, eher Robin zu.
Das ist mir beim Lesen so eingefallen...

Aber im Gegensatz zu mir hast du ihr eine positive Wendung gegeben. Die Frage ist jetzt nur, wie Sanji darauf reagieren wird und was es für die Freundschaft innerhalb der Bande bedeutet, denn immerhin müsste sie sich noch bei Robin und Zorro entschuldigen.

Ich wünsche dir ein frohes neues Jahr, Gesundheit, Glück und viele tolle Ideen für weitere Kaps von dir!

LG
Heike
Von:  HathorCat
2012-11-15T15:38:03+00:00 15.11.2012 16:38
*tief einatme*
ich bin überrascht, dass jetzt die kapitel so häufig kommen^^
und ich bin wirklich über namis auftritt überrascht.. sie rechnet mit der vergangenheit ab und dennoch.. bleibt ein teil auch in der zukunft bestehen :)
wirklich gut, dass es auch sanji eingesehen hat. doch wird er die freundschaft annehmen? bzw. wie sieht er sich jetzt auch mit robin?
so viele fragen und ich weiß, dass sie nicht gleich beantwortet werden können, aber ich freue mich schon auf die nächsten kapitel, denn sie versprechen, trotz der gefährlichen rettungsaktion, besser, im sinne von fröhlicher, zu werden^^


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