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Brothers in Arms

Zwei Hundebrüder, eine Herausforderung - und jede Menge Schwierigkeiten
von

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Live and let die

Die relative Eintracht wäre ja zu schön um wahr zu sein. In misslicher Lage steigt der Agressionspegel. Und so sagt jemand etwas unüberlegt. Und jemand handelt unüberlegt. Und beides führt nicht gerade zum Erfolg...
 

3. Live and let die
 

Bei Sonnenaufgang erhob sich Sesshoumaru und betrachtete kurz seinen schlafenden Halbbruder. Seltsamerweise wirkte der so fast lachhaft jung und wehrlos. Nun, in dieser menschlichen Gestalt war er es ja auch wohl. Für einen Moment war der Hundedämon versucht, ihn wie Jaken mit einem Fußtritt zu wecken, ließ es dann aber sein. Halbdämon gegen menschliche Knochen war zu riskant. Und ein Inuyasha mit gebrochenen Rippen wäre nicht sonderlich nützlich.

So sagte er nur: "Inuyasha."

Dieser fuhr aus tiefstem Schlaf auf. Bevor er mitbekam, was los war, zuckte automatisch schon die Hand zum Gürtel. Erst, als er ins Leere fasste, erinnerte er sich und sah auf: "Oh, Sesshoumaru."

Sieh an, dachte dieser. Mein kleiner Halbbruder zeigt die Reaktionen eines Kriegers. Aber er meinte nur: "Komm."

Der Halbdämon raffte hastig ein paar Beeren zusammen. Ein etwas kärgliches Frühstück. Er vermisste jetzt schon Kagomes Ramen - und natürlich Kagome selbst, ihren Geruch, ihr Lächeln, sogar ihre Wutausbrüche. Immerhin konnte man sich mit ihr streiten. Mit diesem arroganten eiskalten Typen, der da auf der Strasse schon auf ihn wartete, natürlich nicht. Zumindest nicht, wenn man nicht lebensmüde war und wenn man auf ihn angewiesen war, um sein Schwert und seine halbdämonischen Kräfte zurückzubekommen. Verdammt, diesen Witz würde er dem dämlichen Alten nie verzeihen, Schmiedegott hin oder her. Plötzlich betrachtete er seinen großen Bruder. Der wirkte eigentlich wie immer, aber gestern hatte er freiwillig ein menschliches Haus betreten, etwas gegessen. Und bevor er selbst eingeschlafen war, hatte er noch mitbekommen, wie der Hundedämon kurz in den Büschen verschwunden war. War es denkbar...? Hatte dieser alte Zausel nicht nur ihn ein einen Menschen verwandelt sondern auch Sesshoumaru? Nein. Das war unmöglich. Dann hätte der doch auch schwarze Haare haben müssen. Aber ein Halbdämon? War das vielleicht...?

"Was ist, Inuyasha?"

"Er hat dich auch runtergestuft, nicht wahr?"

Sesshoumaru war zu stolz, um zu lügen: "Ja."

"Dann bist du jetzt ein Halbdämon?"

"In der Art." Vermutlich würde sich der Jüngere jetzt ausschütten vor Lachen.

Aber Inuyasha sah ihn eher entsetzt an: "Verdammt! So ein Unglück aber auch!"

"Was meinst du?" Konnte der Kerl nicht einmal wie ein normaler Dämon reagieren?

"Ich hatte gedacht, dass wenigstens du stark genug wärst, dem Kerl eine überzubraten, damit wir unsere Schwerter wieder kriegen."

"Wir müssen diese Prüfung bestehen. Und dazu müssen wir zum Tempel."

"Dann lass uns gehen."

Beide hatten das gleiche Ziel.
 

Es war gegen Mittag, als sie eine Pause einlegen mussten. Inuyasha versuchte, sich einen Fisch zu fangen, stellte aber fest, dass das mit bloßen Händen und ohne Krallen eine äußerst glitschige Angelegenheit war. Sein Halbbruder sah ihm fünfzehn Minuten lang zu, ehe er sagte:

"Mach Feuer. Oder kannst du das auch nicht?"

"Keh!" machte der Halbdämon und wollte schon auffahren, ehe er ein wenig fassungslos begriff, dass sich Sesshoumaru zum Bach begab, sich bückte. Keine Minute später zappelte ein Fisch an Land. "Äh, danke..." sagte Inuyasha ein bisschen verwirrt und beeilte sich mit dem Feuermachen. Zum Glück hatte er diese seltsamen Teile dabei, die Kagome Zündhölzer nannte. Er hatte sie gestern eingesteckt, weil er sie mal ausprobieren wollte. Das nannte man wohl Vorahnung. Innerhalb von wenigen Sekunden brannten trockene Äste.

Sesshoumaru hatte ein wenig erstaunt zugesehen. Diese Art des Feuermachens war ihm unbekannt. Aber immerhin hatte dieses Halbblut das geschafft. Selbst Rin war doch in der Lage, sich einen Fisch zu fangen. "Beeile dich. Je eher wir zu diesem Tempel kommen, umso besser."

"Auch schon bemerkt?" Inuyasha drehte den Fisch um: "Es ist ja nicht so, dass ich mich darüber freue, dass Tessaiga weg ist oder ich hier als Mensch rumlaufe."

Das war dem Hundedämon durchaus bewusst. Auch er wollte wieder seine gewöhnlichen Fähigkeiten haben. Und seine beiden Schwerter. Er hob etwas den Kopf: "Da kommen Menschen."

"Und? Das hier ist eine Strasse. Uns sind doch schon dauernd Fuhrwerke begegnet."

"Krieger, denke ich. Ein ganzer Trupp."

Inuyasha sah auf: "Wir sind unbewaffnet. Nicht, dass ich damit andeuten möchte, dass du dich nicht verteidigen kannst..."

"Hör auf, wie Jaken zu reden." Das klang fast genervt. Aber Sesshoumaru blickte aufmerksam zur Strasse.

Inuyasha beschloss, dass der Fisch durch war, und biss hungrig hinein. Das war zwar heiß, aber wer wusste schon, ob er noch zum essen kommen würde, wenn die Krieger hier vorbei gingen. Und leider war ihm nur zu bewusst, dass er allein gegen sie gar keine Chancen hatte. Mit seinem Halbbruder in dessen momentaner Form standen die Gewinnaussichten immerhin deutlich besser. Ein Halbdämon müsste doch in der Lage sein, mit menschlichen Kriegern fertig zu werden, wenn es nicht gar zu viele waren. Schöner wäre es natürlich gewesen, wenn der ein vollwertiger Dämon geblieben wäre.
 

Es war ein Trupp von zwanzig Samurai, der ihrem Herrn folgte. Dieser ritt voran, langsam, um seine Männer ihm nachkommen zu lassen. Als er auf der Wiese die beiden entdeckte, betrachtete er sie nur kurz. Der jüngere trug ein fast priesterliches Gewand, der andere eine kostbare Rüstung. Obwohl die Haarfarbe unterschiedlich war, die Augenfarbe, wirkten sie seltsam ähnlich. Ob das wohl Halbbrüder waren? Das brauchte ihn eigentlich nicht zu interessieren. Sein Blick begegnete dem des weißhaarigen Fremden. Und den menschlichen Fürsten überlief ein Schauer. Diese Augen hatten eine seltsame Färbung, so etwas hatte er noch nie bei einem Menschen gesehen, und sie waren kalt und vollkommen ohne jedes Gefühl. In diesem Moment begriff er, wer oder besser was da zurück zu ihm blickte.

"Dämon!" flüsterte er. Da die beiden Fremden ruhig stehen blieben, trieb er sein Pferd hastig voran. Vielleicht irrte er sich, aber er hatte das dumpfe Gefühl, die bessere Wahl getroffen zu haben.

"Hm", machte Inuyasha und trat zu seinem Halbbruder: "Irre ich mich oder kriegen die meisten Leute schon eine Krise, wenn du sie nur ansiehst?"

"Die meisten Wesen haben eine Eigenschaft, die dir abgeht: sie wissen, mit wem sie sich nicht anlegen sollten." Er wandte sich um und ging.

"Also", knirschte der Halbdämon prompt: "Das kann man von dir ja wohl eher behaupten. Immerhin.." Er brach ab, denn Sesshoumaru hatte sich zu ihm umgedreht, und ihm fiel ein, dass dies vielleicht nicht gerade der günstigste Moment war, daran zu erinnern, dass er ihm einen Arm gekostet hatte. So sagte er hastig: "Wir sollten weiter. Je länger dieser Opa Tessaiga hat, umso mehr nervt mich das."

Nicht nur dich, dachte der Hundedämon und setzte sich wieder in Bewegung.
 

Im Laufe des Nachmittags erreichten sie ein kleines Dorf. Inuyasha übernahm es fast selbstverständlich, nach dem Weg zu dem Tempel von Ama-tsu-mara zu fragen. So bogen die Halbbrüder auf den Pfad in Richtung auf die schneebedeckten Berge ein. Außer ihnen war hier niemand unterwegs.

Es ging stetig bergauf und Inuyasha wurde müde. Seinen Hunger konnte er kaum aus den Pflanzen am Wegrand stillen und zum hundertsten Mal verfluchte er diesen alten Zausel, der sie aus irgendeinem Grund ärgern wollte. Und das auch sehr gut geschafft hatte. In ihm stieg eine übermächtige Wut auf. "Das ist alles nur deine Schuld", sagte er finster.

"Was?" Sein Halbbruder blickte ihn nicht einmal an.

"Das hier, du arroganter Mistkerl! Dass ich müde und hungrig als mickriger Mensch durch eine Gegend laufe, die ich nie zuvor gesehen habe, um mein Schwert zurückzubekommen, das mir irgendsoein Schmiedeopa geklaut hat. Das ist nur passiert, weil du mich angegriffen hast."

Sesshoumaru überlegte kurz, ehe er sich doch noch zu einer Antwort herabließ: "Ich hätte gedacht, es sei umgekehrt gewesen."

"Keh! Wenn ich jetzt Tessaiga hätte, würde ich dir diese verdammte Überheblichkeit schon austreiben, auch wenn das dich diesmal den zweiten Arm kosten..."

Sesshoumaru fuhr herum. Inuyasha begriff trotz seiner momentanen Erbitterung entgeistert, dass er zu weit gegangen war. Im gleichen Moment traf ihn schon die Faust seines Halbbruders im Gesicht und er flog rückwärts, prallte hart gegen einen Baum. Auch, wenn der Hundedämon im Augenblick nur über seine halben Kräfte verfügte, war er einem gewöhnlichen Menschen haushoch überlegen. Das war Inuyasha nur zu klar und für einen Moment wünschte er, er hätte Kagome beleidigt. Lieber zehnmal "Mach Platz" als halb ohnmächtig mit diesen Schmerzen an einem Baum zu lehnen und hilflos mit ansehen zu müssen, wie Sesshoumaru langsam auf einen zukommt, die rechte Hand hebt und versteift.

Mist, dachte der Halbdämon. Ich und meine große Klappe. Aber für diese Erkenntnis war es jetzt sicher zu spät. Er konnte nur noch eins tun, und das war, seinem Halbbruder zu beweisen, dass er Ehre im Leib hatte, bereit war zu sterben. So fixierte er fast gelassen die ausdruckslosen, bernsteinfarbenen Augen, die ihn ungerührt betrachteten.
 

Schon oft in seinem Leben war Sesshoumaru so auf jemanden zugegangen. Er kannte den Ausdruck der Todesangst, das Entsetzen, wenn seine Opfer begriffen, dass sie verloren hatten. Aber als er jetzt dem dunkeln, ruhigen Blick Inuyashas begegnete, fiel ihm plötzlich ein, dass er diese Augen schon einmal so gesehen hatte. Schon einmal hatte er vor jemandem mit diesen Augen gestanden, mit diesen langen, schwarzen, so dichten Haaren, bereit zu töten - und war ohne Furcht angesehen worden.

Izayoi, dachte er. Und ließ die Hand sinken. Das aus der Vergangenheit aufsteigende Bild brachte ihn zur Besonnenheit zurück. Er würde Tessaiga noch benötigen. Und damit Inuyasha. Um sich zu beruhigen verschwand er seitwärts, suchte sich einen Aussichtspunkt oberhalb des breiten Tales, durch das sie zuletzt gegangen waren.

Seine Gedanken wanderten zurück an jenen unglückseligen Tag, als er erfahren hatte, dass sein Vater gestorben war, gestorben, um seine Menschenfrau und seinen eben geborenen Halbblut-Sohn zu retten. Etwas war da auch in ihm selbst zerrissen. Wegen einer so erbärmlichen Sache hatte sein so starker Vater sterben müssen? Er wollte ihn rächen, wollte... Es fiel ihm nicht schwer, die Spur Izayois zu finden. Sie war querfeldein gelaufen, barfuss im hohen Schnee. Als er sie fand, kauerte sie erschöpft an einem Baum, eingehüllt in das rote Gewand aus Feuerrattenhaaren, das er erkannte. Sein Vater musste es ihr noch gegeben haben. Sie hatte aufgesehen. Und er wusste, dass sie wusste, warum er gekommen war. Der Blick in ihren Augen war der gleiche gewesen, den Inuyasha eben gehabt hatte: hoffnungslos, bereit zu sterben. Sie hatte nur das Bündel aus ihren Armen genommen und ihm zu Füssen gelegt.

"Mein Gebieter ist tot", hatte sie gesagt: "Und so habe auch ich keinen Grund mehr zu leben. Bitte, nimm Inuyasha zu dir, Sesshoumaru-sama. Er ist das einzige, was noch von deinem Vater geblieben ist, außer dir."

Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie er am liebsten dieses Halbblut als erstes erledigt hätte. Aber er hatte es nicht gekonnt. Die Augen des Neugeborenen, die ihn anblickten, waren die seines Vaters. Andererseits: was hätte er mit solch einem Baby getan, hätte er die Mutter getötet. So hatte er nur gesagt, sie solle mitkommen und hatte sie zu ihrer Familie gebracht.

Und später hatte er wieder versucht, Inuyasha zu töten. Aber erstens war der mit Tessaiga ein wirklich interessanter Gegner und zum zweiten...Nun ja. In einem hatte Izayoi jedenfalls recht gehabt: außer in ihm floss das edle Blut des großen Hundedämonen nur noch in Inuyasha. Zwar verdünnt mit jämmerlichem Menschenblut, aber immerhin. Nur in ihnen beiden.

Er stutzte. Der Wind trieb ihm eine Witterung zu. Blut. Menschenblut. Menschenblut mit einem bestimmten Beigeruch.
 

Inuyasha hatte fassungslos gesehen, wie sich der Hundedämon abwandte und verschwand. Warum hatte er ihn jetzt nicht fertig gemacht? Umgebracht? Er hatte doch diese Absicht gehabt? Dass Sesshoumaru so etwas wie Erbarmen entdeckte, war auszuschließen. Vermutlich kannte der das Wort nicht einmal vom Hörensagen. Warum also hatte er ihn nicht getötet? War es, weil er unbedingt seine Schwerter zurückwollte und annahm, diese Prüfung sei auf sie beide ausgelegt? Oder weil Tessaiga wichtig sein konnte? Und er es ja nicht führen konnte? Egal, dachte der Halbdämon müde. Sein gesamter Körper schmerzte von dem harten Aufprall am Baum. Ob er sich auch etwas gebrochen hatte? Als Mensch war man so schrecklich hilflos und zerbrechlich. Wo war dieser Hundeidiot eigentlich hin? Sollte er hier auf ihn warten? Würde er wohl müssen. Er könnte sich ja nicht einmal bewegen, müsste warten, bis der Schmerz nachgelassen hatte.

"He, Kleiner.."

Der Halbdämon sah auf. Er war noch so geschockt gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, wie vier Leute sich ihm genähert hatten. Männer, genauer, Banditen. Verflixt, dachte er. In diesem menschlichen Körper bekam man nie mit, wenn einer jemand daherspaziert kam. Und das in seinem wehrlosen Zustand.

"Rück dein Geld raus."

"Ich habe keines", sagte Inuyasha. So ein Mist, dachte er aus Herzensgrunde. Er war unbewaffnet, in Menschenform, deutlich angeschlagen. Sein Rücken schmerzte und vermutlich war da eine Rippe angebrochen. Das Atmen fiel ihm schwer. Die vier waren bewaffnet und stellten sich um ihn. "Verschwindet, also." Das klang selbst in seinen Ohren wie eine leere Drohung.

"Kaum." Einer der Männer schubste ihn zurück gegen den Baum.

Für gewöhnlich hätte Inuyasha seine Klauen eingesetzt, aber jetzt war er nichts als ein menschlicher Junge, dazu geschwächt, verletzt. So hilflos hatte er sich nur selten gefühlt. Aber als sich einer der Banditen über ihn beugte, gab er ihm eine Ohrfeige. Er würde nie aufgeben. Nie.

"Jetzt machen wir dich fertig, Kleiner", fauchte der, den er geschlagen hatte.

Daraus schloss der Halbdämon, dass er bei seinem Glück den Anführer erwischt hatte. Wo war eigentlich sein Halbbruder? Oder hatte der ihn wie ein Findelkind hier seinem Schicksal überlassen? Aber dann keuchte er auf, als sich ohne Vorwarnung eine Faust in seine Magengrube bohrte. Er beugte sich unwillkürlich vornüber. Zwei der Banditen zerrten ihn empor, hinein in den nächsten Schlag. Er wurde bald ohnmächtig, aber es dauerte lange genug, um zu spüren, wie weh das tat, was sie da mit ihm machten.
 

Als er erwachte, konnte nicht viel Zeit vergangen sein. Er war Schmerzen und Verletzungen gewohnt, aber als Halbdämon steckte man das anders weg, als als Mensch. Vor seinen Augen verschwamm alles und die Schmerzen kamen ihm fast unerträglich vor. Sie hatten ihn inzwischen wieder an den Baum gelehnt, daran gefesselt, saßen beinahe gemütlich vor ihm. "Was...was soll das?" brachte er hervor.

"Du bist hart im Nehmen, Kleiner. Mal sehen, ob du immer noch nicht schreist." Der Anführer nahm sein Schwert und stieß es bedächtig in die linke Schulter des Gefangenen.

Inuyasha stöhnte auf. Wollten sie ihn hier jetzt langsam umbringen? Und seine einzige Hoffnung war ein Typ, den er beleidigt hatte, der ihn dafür um ein Haar umgelegt hatte. Verdammt, Sesshoumaru, dachte er. Ich weiß ja, ich habe eine große Klappe...ich verspreche dir alles, aber komm... Er spürte, wie die Klinge zurückgezogen wurde, Blut sich ausbreitete. Gegen einen solchen Angriff von Menschen in seiner Menschenform schützte ihn sein Feuerrattenhaaranzug kaum. Und es tat einfach nur weh.

"Wohin denn jetzt?" Der Anführer der Banditen sah sich zu seinen Freunden um: "Oder schneiden wir ihm etwas ab? Vielleicht einen Finger oder so?"

"Ich will auch mal." Ein anderer richtete sich auf.

Inuyasha wusste, dass er einfache, erbärmliche Angst hatte, als der sein Schwert zog, ihn betrachtete, sich eine passende Stelle suchte, dann die Schwertspitze an seine andere Schulter legte:

"Machen wir erst langsam die Arme, dann die Beine...damit er nicht zu schnell zuviel Blut verliert, oder?" Er trieb die Klinge hinein.

Inuyasha versuchte, nicht zu schreien, aber das war schwer. Etwas wie ein schmerzliches Keuchen musste er von sich geben. Als sich jedoch samtene Schwärze vor seine Augen legte, hieß er die Ohnmacht willkommen.

"Der kippt ja schon wieder um..." murmelte der Bandit und zog ihm langsam die Klinge heraus. "Ich mach mal weiter, damit er wieder aufwacht."

"Kaum."

Die vier fuhren bei dem eiskalten Wort herum - zwei starben noch in dieser Bewegung. Die beiden anderen wichen hastig zurück.

"Dämon!" brachte einer noch hervor, dann fielen auch diese beiden.

"Schwächlinge", sagte Sesshoumaru, der sich ein wenig ärgerte, für vier Menschen zwei Angriffe benötigt zu haben. Er war wirklich nicht auf der gewohnten Höhe seiner Fähigkeiten. Er zerriss die Fesseln, die Inuyasha am Baum hielten. Der fiel zur Seite, bewusstlos. Der Hundedämon betrachtete ihn. An beiden Schultern waren Blutflecke, die sich vergrößerten. Er verstand nicht viel von Menschen, aber er wusste, dass diese schwächlichen Geschöpfe verbluten konnten. Allerdings hatte er keine Ahnung, wie man dieses Blut zum Stoppen bringen konnte. Er hatte vergessen gehabt, dass er den Jüngeren mit der Attacke vermutlich ziemlich verletzt hatte, auch, wenn er nicht mit voller Kraft zugeschlagen hatte. Der war jetzt nur ein Mensch, und was er als Halbdämon gegen einen vollblütigen Dämon wegstecken konnte, konnte er als einfacher Mensch gegen einen Halbdämon nicht. Sesshoumaru gab sich zu, dass er in dem Moment, als er Inuyasha hier verletzt allein gelassen hatte, dessen Schicksal ebenso besiegelt hatte, als hätte er ihn mit seinen Klauen zerrissen. Er bückte sich, zerrte das Oberteil auseinander. Anscheinend hatte die Blutung jetzt von allein gestoppt. Aber ebenso war klar, dass der Halbdämon in tiefer Bewusstlosigkeit lag - und selbst, wenn er aufwachte, würde er kaum weitergehen können. Dabei würde er ihn vermutlich benötigen, genauer, Tessaigas Fähigkeit, Bannkreise zu brechen. Überdies - hätte er ihn nicht gegen den Baum geschleudert, hätte sich Inuyasha gewiss gegen die vier zur Wehr gesetzt. In jedem Fall mit besseren Chancen, als er sie so gehabt hatte.

Ärgerlich.

Sesshoumaru war niemand, der sich vor einer Entscheidung drückte, sei sie ihm auch noch so unangenehm. Er schob die Kleidung seines Halbbruders zurecht, drehte den um. Mit der Hand fasste er ihn am Rücken und warf ihn sich mehr oder weniger über die rechte Schulter, ehe er weiterging.
 

Es dauerte fast drei Stunden, ehe er spürte, dass sich seine Last zu regen begann. Mit gewisser Behutsamkeit ließ er ihn ins Gras gleiten.

Inuyasha sah verwirrt auf. Noch nur halb wach hatte er gespürt, wie sein Kopf weich auf Fell lag, um seine Taille ein fester Arm. Er war sich so geborgen vorgekommen...Obwohl ihm noch immer alles wehtat, spürte er plötzlich ein seltsam warmes Gefühl im Herzen. Wenn er sich nicht täuschte, hatte ihn sein Halbbruder getragen. Sesshoumaru! Ihn in seiner Menschenform! Aber darauf würde er besser nicht zurückkommen. Was auch immer den dazu getrieben hatte, war gewiss nur eine vorübergehende Laune gewesen. Er richtete sich auf.

"Danke", brachte er hervor. Er hatte fast schon die Hoffnung aufgegeben, der Ältere würde zurückkommen, ihm helfen. Und jetzt das. Um zu zeigen, dass er das von vorher nicht so gemeint hatte und jetzt auch sehr dankbar war, ergänzte er höflich: "Großer Bruder."

Der Hundedämon stutzte leicht, schwieg aber zu dieser Anrede. Immerhin schien dieses idiotische Halbblut begriffen zu haben, dass er sich vorhin eindeutig unpassend verhalten hatte. "Kannst du gehen?"

"Ich denke schon." Er stand mühsam auf: "Langsam...aber ich hoffe, auch ein Mensch erholt sich wieder." Er schwankte leicht. Aber er biss die Zähne zusammen. Jetzt nur keine Schwäche zeigen, das verachtete Sesshoumaru. Er musste durchhalten.

Der Hundedämon drehte sich um und ging, wenn auch deutlich langsamer als zuvor.

Der jüngere Bruder folgte sofort. Er war schwach, seine Verletzungen schmerzten, aber er wollte sich nicht endgültig blamieren. Und er vermutete, bei seinem nächsten wie auch immer gearteten Fehler würde Sesshoumaru ihn endgültig sitzen lassen, egal, für wie nützlich er ihn im Moment einstufte. Das bedeutete, er müsste seinen Mund halten, durfte keinen Streit provozieren. Das würde schwer genug werden. Aber er durfte sich auch nicht als zu schwach erweisen. Er war nur ein Halbdämon, nein, nur ein Mensch, aber er würde durchhalten.
 

Aber als die Dämmerung hereinbrach, war Inuyasha mehr als froh. Er nahm an, keine hundert Meter mehr laufen zu können und ließ sich einfach auf einem Stein am Wegrand nieder. Die Stichwunden an den Schultern schmerzten noch immer, hatten aber nicht weitergeblutet. Die Schläge, der Aufschlag am Baum hatten ihm Prellungen eingetragen, schmerzhaft, aber das war alles zum Überleben. Und er schien sich doch nichts gebrochen zu haben. Hätte er sich doch nur ausruhen können und nicht hier durch die Lande spazieren müssen. Ach ja, er müsste auch noch etwas zu Essen beschaffen und zu Trinken...müde schloss er für einen Moment die Augen.

"Was ist, Inuyasha?"

Das klang nicht gerade besorgt, eher spöttisch und so sah er auf: "Das kannst du dir denken, oder? Lauf du mal als Mensch durch die Gegend."

"Komm."

"Ich kann einfach nicht mehr."

"Ich kann den Tempel wittern. Und andere Häuser. Dort dürftest du auch etwas zu Essen bekommen."

Das war ja direkt nett, dass er diese Information weitergab. Inuyasha raffte sich mühsam auf, meinte aber: "Mir fällt gerade was ein. Du in einem Tempel? Schön, du bist jetzt ein Halbdämon, aber wenn die da einen Bannkreis haben...?"

"Noch spüre ich nichts." Seit wann war denn der Halbdämon um ihn besorgt? Aber vermutlich war er das nur so, wie er um ihn. Je schneller sie an dem Tempel waren und ihre Antworten bekamen, umso schneller wären sie auch wieder in ihrer gewöhnlichen Verfassung, hätten ihre Schwerter zurück und könnten ihrer Wege gehen. Einzeln.
 

Auf der nächsten Anhöhe blieben die beiden überrascht nebeneinander stehen. Ein Tempel war für sie bislang ein Holzgebäude gewesen, vielleicht ein paar andere Häuser drum herum. Das hier war ein Dorf voller Schmieden. Und das größte Gebäude wirkte fast wie ein Schloss. Das musste ein ganzes Kloster sein, hier in der Einsamkeit am Fuß der schneebedeckten Berge.

Und hoffentlich würden sie hier ein paar Antworten bekommen.
 

***********************************
 

Sicher. Nur ob es das ist, was sie hören wollen?
 

In diesem Kapitel waren beide etwas...unüberlegt. Aber sie sind doch lernfähig, auch wenn das euch überraschen mag.
 

Das nächste Kapitel heisst: With or without you?

Und das ist eine berechtigte Frage.
 

Wer so nett ist, mir einen Kommi zu hinterlassen, bekommt wie gewohnt eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet worden ist.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (32)
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Von: abgemeldet
2008-10-29T16:01:29+00:00 29.10.2008 17:01
Eins muss man dir lassen.
Du weist, wie man die Hundebrüder darstellt.
Von:  Lizard
2006-02-13T17:11:16+00:00 13.02.2006 18:11
Komisch, ich dachte, ich hätte hier schon einen Kommi hinterlassen?!?
Na ja, egal, du weißt ja eh, dass ich diese Geschichte einfach nur wunderbar finde und dieses Kapitel ist ein Musterbeispiel dafür.
Besonders an der Szene mit Izayoi habe ich einen Narren gefressen und ich bin sehr glücklich, dass ich sie mir ausleihen darf (auch wenn das Kleinigkeiten meines Konzepts ein wenig über den Haufen werfen wird, aber ich will sie unbedingt in meiner Story haben!).
Irgendwie geht es Inuyasha immer besonders schlimm, das Meschsein ist er zwar gewöhnt, aber trotzdem. Nun ja, immerhin verdient er sich langsam Sesshoumarus Achtung und der kriegt ja zum Glück bald auch mal sein Fett ab.
'Hundebrüder'-Storys erzählst du einfach klasse und es wird niemals langweilig.
Von:  Levisto
2006-02-06T18:05:40+00:00 06.02.2006 19:05
Das war ganz schön gemein von Inu. Geschieht ihm recht, auch wenn er mir ein wenig leid tut.

Aber sie kommen ja jetzt langsam am Tempel an, oder eher Schloss.

Levisto
Von:  Mondvogel
2006-02-04T21:01:29+00:00 04.02.2006 22:01
Das haut mich wieder einmal von den Socken.
Auch wenn Sesshomaru von außen kalt und ausdruckslos ist, kümmert er sich doch ziemlich fürsorglich um Inuyasha. Und das sollte er auch. Mit diesen Verletzungen wäre Inuyasha ja nicht weit gekommen.
Wie du Izayoi in die Geschichte mit reingebracht hast war auch sehr gut und vorallem glaubwürdig. Das hängt alles prima zusammen.
Hmmm... Ich kann nicht genug von dieser FF bekommen. Wie viele Kapitel wird es denn geben?
Von: abgemeldet
2006-02-02T14:55:58+00:00 02.02.2006 15:55
lass mich raten: die informationen die sie erhalten werden, sind nicht gerade rosig oder? XDD
War aber irgendwie total süß von sess sich so um inu zu kümmern! ^,^ Will ich aber auch meinen, so wie er inu gegen den Baum geschleudert hat! Ich dachte der hat mehr selbstbeherrschung! XDDD Tja so kann man sich irren XDDD
GLG Kiara-_-_-chan
Von: abgemeldet
2006-02-02T12:18:08+00:00 02.02.2006 13:18
uaaaaa ist das absolute Oberklasse... einfach der Wahnsinn. Sess als Halbdämon, inu als Mensch *schmacht* und die beiden auf einer abenteuerlichen Reise durch die Lande.... und dann hilft Sess im auch noch... mein Gott, einfach der Wahnsinn.

bitte schnell weiterposten...

wird ein harter Kampf werden...

bis bald,
deine san79
Von: abgemeldet
2006-02-01T21:03:39+00:00 01.02.2006 22:03
Klasse Kapitel
Jedenfalls denkt Sesshoumaru vor dem Wecken seines Bruderes nach und tritt ihn nicht wach. Armer Inu Yasha erst muss er sich mit seinem Bruder rum schlagen und dann wird er von Banditen gequält!
babsy88
Von:  chaska
2006-02-01T21:03:03+00:00 01.02.2006 22:03
Toll, wie Du Izayoi mit in die Geschichte eingebracht hast.
Die beiden Brüder merken allmählich, das sie aufeinander angewiesen sind, und das dasselbe Blut in ihren Adern fließt. Auf eine besondere Weise, sind die beiden sich ähnlicher, als sie es jemals zugeben würden.
Sie erreichen wohl bald den Tempel, aber ob sie auch da den "alten Zausel" antreffen, der ihnen die Prüfungen auferlegt hat?
Du wärst nicht Du, wenn Du dir nicht auch da etwas besonderes ausgedacht hättest. Man darf also gespannt sein.
Bis hoffentlich bald
liebe Grüße
chaska
Von:  -tooru
2006-02-01T20:52:32+00:00 01.02.2006 21:52
ich freu mich schon richtig auf das nächste kapitel.
die ff gefällt mir immer besser,
schreib schnell weiter ^^

yoe
Von:  Tigerin
2006-02-01T15:48:35+00:00 01.02.2006 16:48
Schönes Kapitel!
Da hatte Inu wirklich eine zu große Klappe, aber er hat nochmal Glück gehabt. Außerdem hat mir der Rückblick gut gefallen, wie du Izayoi beschrieben hast, aber auch, dass Sesshoumaru sie damals am Leben gelassen hat, genauso wie Inu. Das Inu Sesshoumaru mit Großer Bruder angeredet hat... vielleicht schaffen die beiden es sich nicht bei jeder Begegnung umbringen zu wollen. Und Inu hat endlich mitbekommen, dass sein großer Bruder ein Halbdämon ist... er hat mal nachgedacht!^^
Beeil dich mit dem nächsten Kapitel, und schick mir ne Ens!^^

Bye Tigerin


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