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Time after Time - Der Kanon zweier Herzen

The-Bella-und-Edward-All-Human-Story geht weiter!
von

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A: Unbehagen

Das vorletzte Kapitel!!!!! :)

Es ist ein klitzekleines bisschen kürzer als sonst bei mir, aber dafür ist das nächste mega lang :D :)

Danke für eure unbändige Geduld!!!! :)
 

Musiktipps:

Florence and the Machine - Never let me go http://www.youtube.com/watch?v=bNKbeV3wM84

Maxim - Meine Soldaten http://www.youtube.com/watch?v=n9H3eET2ZfE
 

letzteres vor allem beim letzten Stück von Edward, also der 2. Teil aus seiner Sicht... das von FATM finde ich soooo schön und passt so perfekt :)
 

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Edward
 

„Oh Schätzchen, ich hab dich so vermisst“, murmelte Tanya zum gefühlt zehnten Mal und kuschelte Collin wieder eng an sich, während wir in der Schlange warteten.

„Das dauert doch viel zu lange“, sagte ich ungeduldig und schaute nach vorne. „Am besten wir klären das morgen…“

„Nein, man muss das sofort machen, morgen ist der dann weg oder die müssen ewig suchen“, seufzte Tanya, lächelte aber sofort wieder Collin an und tätschelte seinen Kopf.

An den blöden Kinderwagen hatte ich gar nicht mehr gedacht. Wenn ich mit Bella und Collin unterwegs war, hatten wir den nicht gebraucht, nur das Kindermädchen hatte ihn ab und an benutzt – und natürlich wollte Tanya ihn sofort abholen. Maria war schon weg.

„Hast du denn schöne Sachen gesehen? Auch die große Statue?“, fragte sie Collin, der den Flughafen um sich gerade viel spannender fand. Tanya sah daher zu mir auf und forderte mich so auf, zu erzählen. Nach Smalltalk war mir gar nicht. Bella müsste gleich losgehen, hoffentlich sah sie uns nicht bzw. hoffentlich bemerkte Tanya sie nicht. Ich hatte diesen blöden Kinderwagen einfach vergessen… seufzte ich innerlich. Vielleicht war ein Gespräch dann nicht die schlechteste Idee… also begann ich ihr ein paar Fantasiegeschichten zu erzählen. Bella entdeckte ich nicht und ich bekam auch nicht mit, dass Tanya es tat.
 

Wir verstauten die vielen Gepäckstücke in dem großen Van von Tanyas Familie. Meine Gedanken drehten sich im Kreis, gespickt von dem ganzen Alltag, der diese Auszeit in weite Ferne rückte. Mein Herz war immer noch da, wo es hingehörte – bei Bella.

„Lass uns doch noch etwas essen gehen“, schlug Tanya vor, nachdem sie Collin angeschnallt hatte und mit mir vor dem Auto stand.

Noch mehr Zeit mit ihr?? Ich fürchtete nur, dass ich ihr dies zugestehen musste und Hunger hatte ich auch… Kaum hatte ich genickt, schlang sie die Arme um mich und küsste meine Wange.

„Ihr habt mir so gefehlt. Es ist schön, dass ihr eine tolle Zeit hattet, aber ich freue mich auch, dass ihr Zwei wieder da seid. Ihr seid die Wichtigsten in meinem Leben“, gestand sie immer leiser werdend und senkte die Lippen auf meine. Ich erwiderte den Kuss kurz und lächelte so gut ich konnte. Ablenken, dachte ich.

„Mein Magen knurrt ganz schön. Wo möchtest du denn hinfahren?“, fragte ich gespielt interessiert.

„Das am Stadtrand, das ist doch nett. Meine Eltern sind da immer, ich war da auch mal. Ich habe vorsorglich mal reserviert“, grinste sie und küsste meine Wange noch mal.

„Soso“, lächelte ich etwas, „dann sollten wir los.“ Möglichst unauffällig löste ich mich von ihr und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Die Abreise kam mir vor wie eine Ewigkeit…
 

Leise schlich ich aus meinem Zimmer und schloss die Tür.

„Schläft sie?“, wisperte meine Mutter, die mir gerade mit einem Tablett in den Händen auf dem Flur entgegen kam.

Ich nickte, sie tat es mir gleich und ging eben diesen Flur wieder zurück. In der Küche stellte sie alles ab und wandte sich dann zu mir.

„Er wird gut versorgt. Es ist wichtig, dass du jetzt für Tanya da bist. In ihren Augen kannst nur du nachfühlen, was sie empfindet“, sagte meine Mutter zu mir, während ich mich setzte und den Kopf aufstützte. Sie legte die Hand auf meine Schulter und stellte sich zu mir.

„Warum er? Warum nicht Tanya oder ich? Es war dasselbe Essen… Er ist noch ein Kind!“, sagte ich verzweifelt. Ich verstand es einfach nicht…

„Mach’ dir keine Vorwürfe“, sagte meine Mutter leise. „Niemand konnte es wissen, hörst du. In einem anderen Restaurant wäre es vielleicht auch passiert oder etwas anderes oder oder oder. Wichtig ist, dass ihr Zwei euch jetzt stützt und für den Kleinen stark seid.“

Ja, ja sie hatte ja recht, aber es ging hier verdammt noch mal nicht um einen Schnupfen! Wenn ihm etwas passierte, würde ich mir das nie verzeihen können…

„Ich fahre ins Krankenhaus. Hat Dad noch mal angerufen?“, wollte ich wissen und stand langsam auf.

„Edward, du solltest dich ausruhen und etwas zu dir nehmen und später mit Tanya fahren“, widersprach meine Mutter behutsam.

„Ich kann hier nicht sitzen. Sag Tanya, ich übernachte im Krankenhaus. Sie soll mir bitte ein paar Sachen mitbringen, ich will sie jetzt nicht stören“, ratterte ich wie ferngesteuert runter und schnappte mir Portmonee und Autoschlüssel – den unzufriedenen Blick meiner Mutter im Nacken spürend.
 

Mit den Fingerspitzen strich ich über Collins Wange. Er schlief ganz friedlich. Meine Angst war, dass er dies bald für immer tat. So durfte ich nicht denken, aber eine Salmonellenerkrankung war lebensgefährlich für ein Kind. Es waren bereits mehrere Menschen erkrankt und ein älterer Mann schwebte in Lebensgefahr… Der fürchterliche Gedanke ließ mich nicht los. Collin sah so mager aus… er aß wenig, plapperte nicht mehr, bewegte sich mäßig. Ich erkannte meinen Sohn nicht wieder.

Schwer atmend stand ich auf und schob die Vorhänge im sonst abgedunkelten Zimmer zur Seite. Nur eine kleine Nachttischlampe brannte, während alles still und draußen alles dunkel war. Ich öffnete lautlos das Fenster und ließ eine frische Brise in das Zimmer wehen. Einen klaren Kopf musste ich behalten, ja, schon klar, aber das war nicht so einfach, wenn es um das Leben des eigenen, noch so kleinen Kindes ging. Zum ersten Mal erfuhr ich am eigenen Leibe wie es war, Verantwortung zu schultern, Konsequenzen zu tragen und bedingungslose Liebe in solchen Situationen auszuhalten. Ich würde nichts mehr in meinem Leben ändern wollen – wäre da nicht Bella. Seit New York waren meine Gefühle dieselben, waren meine Wünsche dieselben, aber ich war mit Leib und Seele bei Collin. Mir fiel es schwer mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die Sorge um Collin vereinnahmte mich und ich hoffte nur, dass sie verstand, dass ich momentan ein wenig Zeit brauchte, Aufschub für uns.

„Edward?“

Ich wandte mich um. Ich hatte nicht bemerkt, dass mein Vater ins Zimmer gekommen war. Leise schloss ich das Fenster und sah ihn an. Dieses milde Arztlächeln kannte ich.

„Du solltest etwas essen und schlafen. Du hilfst Collin nicht, wenn du einfach nur wartest. Das sag’ bitte auch noch mal der Mutter deines Kindes. Collin braucht zum Gesundwerden eure Kraft und Energie auch wenn ihr euch sorgt, ich verstehe euch sehr gut, glaub’ mir“, sagte er ganz ruhig und klopfte mir auf die Oberarm.

Ich nickte halbherzig und ging nicht weiter darauf ein. Er hatte recht, das wäre vernünftig, aber wir sprachen hier nicht von Vernunft.

Stattdessen wechselte ich das Thema. „Gibt’s etwas Neues? Gibt es neue Untersuchungsergebnisse? Kann er bald nach Hause?“, flüsterte ich. Irgendwas… irgendwas, das uns weiterbringt…

Mein Vater schüttelte den Kopf. „Er ist noch nicht über den Berg. Wir müssen warten und Geduld haben“, sagte er schlicht wie so oft in den letzten Tagen. „Collin ist ein gesunder kleiner Junge, ich bin zuversichtlich, du solltest es auch sein.“ Er blickte mir tief in die Augen.

Ich nickte wieder nur, zuckte halb mit den Schultern. „Ich übernachte heute hier“, wich ich wieder aus. Ehe ich etwas Weiteres sagen konnte, vernahm ich Collins Stimme.

„Mami“, murmelte etwas heiser. Rasch trat ich an sein Bettchen.

„Hey. Papa ist da, Mama kommt auch gleich“, sagte ich sanft und hob ihn aus dem Bett. Vorsichtig hielt ich ihn an mir. Collin war sofort still und schmiegte sich mit bereits wieder geschlossenen Augen an mich.

„Schhhh“, machte ich leise und streichelte seinen Rücken. Er war ganz warm und rührte sich kaum. „Alles ist gut, Schatz. Papa ist heute Nacht hier…“

Ich ging mit Collin im Arm zu dem freien Bett neben Collins, wo Tanya und ich uns Nacht für Nacht abwechselten, soweit es nur ging, und legte mich mit ihm hin. Mein Vater reichte mir Collins Kuscheldecke, sodass ich sie um ihn legte.

„Ich hole dir etwas zu Essen“, ließ er mich wissen und ging wieder hinaus. Ich nahm kaum Notiz daran, nahm ein Buch vom Nachttisch, begann es Collin leise vorlesen und wog ihn etwas hin und her. Er musste gesund werden, er musste…
 

„Danke“, murmelte ich teilnahmslos und bekam einen Stapel Papierhefter in die Hand gedrückt.

Blabla… blabla… Es rauschte an meinen Ohren einfach so vorbei. Ich hatte die Ellenbogen aufgestützt und das Kinn in den Händen versunken und wartete. Mich interessierte der neue Semesterplan, die Raumorganisation nicht – nicht jetzt, wo eine wichtige Untersuchung für Collin durchgeführt wurde. Hoffentlich war er gesund, hoffentlich… Ich bat einfach nur. Zu wem auch immer. Ich betete auch, auch wenn ich nicht gläubig war. Irgendwer da draußen musste doch Gerechtigkeit verüben und dieser kleine Junge hatte niemandem etwas getan, auch wenn ich mir das lange hatte einreden wollen.

Achtlos blätterte ich in den Entwürfen und Broschüren, um nicht allzu unbeteiligt auszusehen, wenn auch ich nicht ein Wort aufnahm. Tanya wollte mich anrufen, wenn sie etwas wusste. Hoffentlich bald, hoffentlich schnell – ich hielt es nicht mehr aus.
 

Genervt ging ich, so schnell ich es unbemerkt konnte, aus der Sitzung raus. Es kam mir gerade alles überflüssig vor. Mein Handy wollte mir immer noch nichts anzeigen. Warum dauerte das so lange? Was war mit ihm?

„Edward!“, schrillte Tanyas Stimme auf, die mich zusammenzucken ließ.

„Hey… hi, du hier? Was machst du hier? Warum bist du nicht im Krankenhaus?“, fragte ich voll Verblüffung und Verwirrung sie hier im Flur der Uni stehen zu sehen. Tanya macht mehrere schnelle Schritte auf zu und warf sich mir in die Arme.

„Edward… Edward, er wird wieder gesund. Die Untersuchungsergebnisse sind gut, er kann bald nach Hause, er hatte auch wieder etwas Farbe heute und gegessen. Er hat etwas gegessen“, überkam es Tanya, die völlig aus dem Häuschen in meinen Armen war, die Tränen in den Augen.

„Wirklich? Wirklich?!“, sagte ich und strahlte sie an, die Augen leicht brennend.

„Ja, ja, ja“, nickte sie hastig mehrmals. „Es ist alles gut! Es ist alles gut!“ Fest drückte Tanya sich an mich, ich hörte sie an mir schluchzend. Sie war total fertig und man sah es ihr auch sehr an. Ich hatte sie noch nie so erlebt.

„Ist gut… schhh“, machte ich tröstend und streichelte sie etwas.

„Ich bin so froh“, murmelte sie unter den Tränen und nickte. Sie sah zu mir auf und küsste mich inbrünstig. Alles fiel von ihr ab, genau wie von mir, ich konnte ihre Gefühle so sehr nachvollziehen.

„Beruhig’ dich“, wisperte ich und schaute ihr in die verweinten Augen. „Es ist alles überstanden, mach’ dir keine Sorgen. Mein Vater kümmert sich…“

Tanya schluchzte laut und nickte mir mit einem erleichterten Lächeln zu. Ich küsste ihre Stirn zum Trost – Bella. Nein. Nein! NEIN! Ich sah an Tanya vorbei Bella am Ende des Flures stehen. Sie fing meinen Blick auf und lief weg. Ich würde ihr nachlaufen, doch in diesen Bruchteilen einer Sekunde wusste ich es: Es war egal, was ich ihr jetzt oder irgendwann sagen würde, sie würde es mir nicht verzeihen. Ganz gleich wie sehr ich ihr versuchen würde, die Situation zu erklären, dass es nichts zu bedeuten hatte, dass jetzt nicht der Zeitpunkt war, um mit Tanya zu diskutieren, auch wenn es richtig wäre – sie würde es nicht hören oder verstehen wollen. Zurecht.

In diesem Moment wusste ich, dass ich sie verloren hatte.
 

***
 

„Guten Morgen“, wisperte Mitch und strich mit den Fingerkuppen kurz über meine Schulter.

Ich sah zur Seite. „Guten Morgen.“ Mitch lächelte mich ungewohnt scheu für ihn an, ich erwiderte es.

„Geht’s dir besser?“, wollte er wissen und drehte sich auf die Seite, schob den Arm unter seinen Kopf.

„Bis auf den Kopfschmerz und die Erkenntnis… ja, schon“, nuschelte ich.

Mitch nickte und wusste, was ich meinte. Ich senkte den Blick wieder vor mich. Was eine skurrile Situation. Und ich wusste nicht mal richtig, was ich dazu denken sollte.

„Also, gestern… also wir-“ Ich schreckte hoch, als ich gerade Worte für das suchte, was gestern und insbesondere vor wenigen Stunden passiert war. „Mitch!!“, schrie ich ihn laut an und saß auf dem Bett, die Decke um mich. Mitch zuckte sichtlich zusammen. „Haben wir verhütet?!“

Er riss die Augen auf. „N-Nein, ich nicht… also wir nicht, aber ich dachte du-“ Ich bemerkte wie er sichtlich schluckte. „Du hast nichts gesagt!“, verteidigte er sich sofort und saß nun auch schlagartig auf.

„Na, wie auch?!“, sagte ich wieder laut, gar hysterisch. „Mitch, ich- und wir müssen zur Arbeit!!“, strömte nun alles auf mich ein, als die laut tickende Wanduhr kurz nach zehn anzeigte. Ich sprang auf und rannte mit der Decke um mich aus dem Zimmer.

„Bella! Warte!“, hörte ich Mitch noch, aber ich wartete nicht.
 

Ich lief aus Mitchs Zimmer mitten in das Partychaos, wo Mitch mich aufhielt. Seine Bettdecke hatte ich um mich geschlungen.

„Wo willst du denn jetzt hin?“, fragte er mich, mit der Hand hielt er mich am Arm.

Was war das denn für eine blöde Frage?, schoss es mir durch den Kopf.

„Na zur Arbeit?“, brachte ich es wieder in sein Gedächtnis. „Wir hätten vor Stunden an der Uni sein sollen!“

„Ja, ich weiß, aber-“ Er stand seelenruhig da, den Mund offen, mich fixierend, ehe er weiter sprach: „Was willst du mit der Sache eben, ähm, machen?“

Einen kurzen Moment riss mich sein kleinlauter Ton aus den panischen Gedanken. Er wirkte viel jünger – oder hatte ich das einfach nur nie gesehen? So sorgenvoll…

„Ich kümmere mich später darum“, murmelte ich auch sichtlich ruhiger. Sein Gesichtsausdruck hatte mich für einen Moment auf den Boden der Tatsachen gebracht. „Ich gehe zum Arzt und lasse mir dieses Zeug verschreiben“, fügte ich hinzu. Mitch schluckte sichtbar und holte Luft. Ich machte große Augen und sagte stockend: „Sag jetzt nicht du willst-“

„Nein, nein um Gottes Willen“, sagte er rasch und strich meinen nackten Arm geistesgegenwärtig auf und ab. „Aber ich weiß zufällig, dass die Nebenwirkungen auch nicht ohne sind.“

„Na ja, ja, aber gerade geht es nicht anders“, sagte ich leise und zuckte mit den Schultern. „Und dafür sind die Dinger doch gemacht… gerade für so Ausrutscher…“

„Ausrutscher?“, sagte er sichtlich geschockt und hielt mich nun an beiden Armen.

„Du weißt doch wie ich das meine, für so Situationen eben“, redete ich mich um Kopf und Kragen. Mitch blieb stumm und zog mich an sich, legte die Nase an meinen Hals und atmete tief. Ich spürte den leicht herben Duft seiner Haut an mir, genoss es für einen Moment.

„Mitch“, wisperte ich und wand mich aus seiner Umarmung. „Ich muss mich fertig machen und du auch. Kann ich duschen gehen? Willst du auch? Wir brauchen auch eine Ausrede für Liver oder besser ein Ausgleich… vielleicht am Wochenende eine Schicht oder so… vorausgesetzt er schmeißt uns nicht raus-“

Bevor ich richtig in Fahrt kommen konnte, legte er die Hände an meine Wangen und küsste meine Lippen langsam. Er strich mit seinen Fingerspitzen sehr zärtlich über mein Gesicht und streichelte mit den Daumen meine Wangenknochen.

„Alles okay?“, flüsterte er mir dann leise.

Ich atmete tief durch. Dieser Kuss war so… verwirrend. Er passte nicht in dieses ganze schnelllebige Durcheinander gerade. Es kam mir vor, als raste alles um uns und nur wir standen da und rührten uns nicht. Das Gefühl peitschte in meiner Brust.

Langsam nickte ich in seinen Händen, die mich dadurch tätschelten. Mitch nickte ebenso und küsste meine Stirn andächtig.

„Geh ruhig duschen“, sagte er leise und ließ die Hände sinken.
 

Liver polterte mit der Hand auf den Tisch. „Habt ihr beide auf die Uhr geguckt?“

„Mr. McLiver, es kommt nicht wieder vor. Wir werden am Wochenende selbstverständlich Sonderschichten schieben-“, versuchte ich es mit Besänftigung.

„Habt ihr eine Ahnung, was wegen der Salmonellen hier los ist!? Und ihr nehmt euch einfach Spontanurlaub?! Sonderschichten, Miss Swan?!“, fauchte er verächtlich.

„Es kommt nicht wieder vor“, sagte nun auch Mitch leise.

Liver schnaubte. „Ich kann das alles nicht fassen… ich glaube das nicht. Diese bodenlose Dreistigkeit und Unverschämtheit. Das hat Konsequenzen, macht jetzt euren Job!“ Er pfefferte uns mehrere Hefter auf den Labortisch hin und knallte die Tür hinter sich zu.

„Nicht so schlimm wie gedacht“, murmelte Mitch vor sich her und langte nach den Heftern.

Ich seufzte. „Ich hol’ uns erstmal Kaffee…“, nuschelte ich.

Mitch sah mich mit großen Augen an und ich bemerkte wie sein Blick hinter mich auf die Laborregeln schweifte – kein Essen und Trinken im Labor. Natürlich.

„Ich brauche gerade dringend einen Kaffee“, fiel mir nur als Entschuldigung ein und das war sogar die Wahrheit mit der ich mich für ein paar Minuten aus dem Labor verabschiedete.

Mitch und ich hatten nicht mehr über das, was passiert war, gesprochen. Nicht das eine, nicht das andere oder gar das ganz andere. Es war chaotisch. Wichtig war jedoch vor allem, dass ich diese eine ganz besondere Sache aus dem Weg schaffte – oder verhinderte. Mein Magen drehte sich um, als ich über die leeren Flure der Forschungsabteilung schlenderte, hinüber zu der Mensa. So skurril der Abend und die Nacht gewesen waren, es war eine ganz andere Erfahrung gewesen und ich konnte nicht mal sagen eine Schlechte. Eigentlich war es sehr schön gewesen. Mit ihm zu tanzen, zu lachen… und…

Am Ende des Flures kam Mr. Cullen aus einer der Labore. Nachdem er mich erblickt hatte und mein Herz unweigerlich kurz stehen geblieben war, grüßte er und ging an mir vorbei. Ich erwiderte den Gruß.

„Mr. Cullen?“, wandte ich mich schlagartig um. Mal wieder so eine Situation, wo ich schneller redete, als nachdachte. Er tat selbiges mit fragendem Gesichtsausdruck, wenn auch freundlich wie immer. „Ähm… könnte ich Sie kurz sprechen? Also alleine?“, fügte ich korrekterweise hinzu.

„Natürlich, wir können in mein Büro gehen. Erste Etage“, sagte er und ich folgte ihm dann nach kurzem Nicken. Es war bescheuert, tierisch bescheuert ihn darum zu bitten, aber ich konnte mich auf seine Schweigepflicht berufen, allerdings würde es dann zu spät sein, wenn er bereits geplaudert hätte. Nur war das der einfachste Weg.

Mr. Cullen schloss sein Büro auf und gewährte mir Eintritt, ehe er bat, mich zu setzen. Wieder schwieg er und sah mich fragend an.

„Ich würde damit nicht zu Ihnen kommen, wenn es so nicht am schnellsten und unkompliziertesten gehen würde“, begann ich mit der Vorrede. „Aber ich brauche ein Rezept. Und es ist wichtig und ich kann damit nicht allzu lange warten. Nur bis ich es bekäme… also es ist nicht Illegales oder so was“, fügte ich schnell hinzu. Nicht, dass er auf irgendwelche absurden Gedanken kam… Mr. Cullen wartete mit sanftem Gesichtsausdruck.

„Ich brauche Levonorgestrel“, sagte ich schlussendlich.

Mr. Cullen runzelte sofort die Stirn. Das war seine Form von Entsetzen fürchtete ich.

„Die Pille danach?“, wiederholte er. Warum fragte er mich das? Natürlich, was sonst? Er wusste doch genau, dass ich das meinte… Ich atmete kurz ein und aus. Er wollte wahrscheinlich nur sicher gehen.

„Ja“, hauchte ich fast atemlos.

Er nickte und holte seinen PC aus dem Ruhestand, bevor er wenige Tasten bemühte und den Drucker rattern ließ.

„Ich kann auf Ihre Verschwiegenheit zählen?“, fragte ich vorsichtig nach, als er das Rezept unterschrieb.

„Selbstverständlich“, nickte er. „Denk bitte daran, dass, wenn du dich nach der Einname übergibst, du eine weitere einnehmen musst. Auf dem Rezept steht auch die Nummer unter der ich meist gut zu erreichen bin“, sagte er darauf deutend. „Und du solltest dir Ruhe gönnen wegen der möglichen Nebenwirkungen. Ich habe dir eine Bescheinigung für morgen ausgestellt, wenn du nicht zur Arbeit kannst.“

Ich nahm die beiden Zettel entgegen und stand auf. „Vielen Dank, sie haben mir einen großen Gefallen getan.“

Er lächelte. „Pass auf dich auf.“

„Danke“, murmelte ich noch und verließ das Büro. Problem eins gelöst. Problem zwei damit verknüpft würde ich heute Abend ändern. Jetzt brauchte ich noch keine Nebenwirkungen.
 

Den zweiten Abstecher in die Mensa machte ich mit Mitch gemeinsam. Er hatte mich gefragt, ob wir zusammen Mittagessen gehen wollten.

„Meinst du, wir sollten noch mal über gestern reden?“, fragte er während wir beide mehr oder weniger in unseren Nudeln herumstocherten.

Ich blickte auf. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Eigentlich ist alles gesagt, aber eigentlich haben wir auch gar nicht geredet oder?“

Mitch nickte langsam ohne die Augen von mir abzuwenden. Er schien mich zu verstehen, ein gutes Gefühl.

„Ich habe das Rezept aber bereits. Ich nehme die Tablette heute Abend“, sagte ich, weil dies das vermeintlich einfachere Thema war.

„Okay“, murmelte er mit kurz irritiertem Gesichtsausdruck. „Ich wollte mich auch noch mal dafür entschuldigen. Ich hatte das gestern nicht auf dem Schirm, tut mir leid“, hörte ich ihn ehrlich sagen.

„Schon gut, ich hab ja genauso nicht daran gedacht. Es war alles so schnell und irgendwie unvorhersehbar – aber es hat mir trotzdem gut gefallen. Danke. Auch dass du mich dann mitgenommen hast und dich… na ja um mich gekümmert hast und so“, gestand ich kleinlauter und atmete tief. Es war alles andere als leicht, wenn auch angebracht, ihm das alles zu sagen.

Mitch legte die Gabel ab und glitt mit jener Hand über meine freie. Ich spürte das angenehme Gefühl durch Mark und Bein rauschen, wenn auch es sich in der Magengegend komisch anfühlte.

„Mir hat es auch sehr gefallen“, sagte Mitch nur und streichelte dabei zärtlich meinen Handrücken weiter, während sein Daumen zu meiner Innenfläche drang und meine Hand umschloss.

Es war eine Spur von Glück. Viel, viel mehr, als es in den letzten Monaten der Fall gewesen war. Und warum sollte ich mich nicht auf diese Chance einlassen, wenn jede andere sowieso nicht mehr existierte?

Ich kam seinen Anstalten nach und beugte mich vor. Die Erleichterung schwang in seinem Lächeln mit, als er mich kurz küsste.
 

Dankbar über den zweiten Zettel von Mr. Cullen rief ich am nächsten Morgen im Personalbüro an, um mich krank zu melden. Mir war fürchterlich schlecht und mein Kopf dröhnte. Da ich die Tablette erst spät genommen und ich mich somit erst nach dem Aufstehen übergeben hatte, konnte ich mir sicher sein, dass alles Wichtige drin geblieben war.

Mehr oder weniger direkt danach hatte ich mich sofort wieder in mein Bett begeben. Wegen der Kopfschmerzen wäre ich nicht zu Hause geblieben, aber die unberechenbare Übelkeit ließ mich am Bett kleben.

Verbotenerweise hatte Mitch mir mehrmals geschrieben, um mich nicht zu wecken und sich nach mir erkundigt. Spürbar ließen die Nebenwirkungen Stunde um Stunde nach, auch wenn ich mich noch schlapp und wackelig auf den Beinen fühlte. Morgen würde ich wohl wieder fit genug sein, um die Sonderschichten zu schieben. Höchstwahrscheinlich war Sonntagsarbeit auch noch dran. Ich wollte gar nicht wissen, was sich durch mein Fehlen heute aufgetürmt hatte. Diese Salmonellensache ging leider stetig weiter.
 

Ich vernahm das Klingeln an der Haustür am späten Nachmittag. Nach einem kurzem Blick auf meine Kleidung – eine kurze Shorts und ein weites, dunkelblaues Shirt –, mit dem Ergebnis, dass es wohl okay sein würde, öffnete ich die Tür.

„Hi…“, stutze ich, als Mitch mit ein paar Tüten im Flur stand.

„Hey.“ Mitch lächelte mich an und küsste meine Wange. „Geht es dir besser?“, wollte er wissen.

„Ja, ich bin noch etwas erschöpft, aber ansonsten geht es ganz gut“, sagte ich immer noch perplex, dass er hier war. Na ja, er war dein- na ja, ihr hattet- wie auch immer!, korrigierte ich mich in Gedanken. Wir hatten irgendwas miteinander, natürlich kam er nach mir sehen…

„Kann ich reinkommen?“, fragte er und grinste wie ein Honigkuchenpferd, während er sich durch die längeren Haare fuhr.

„Ja, ja sicher“, sagte ich rasch. Gott, wie führst du dich auf?

Mitch ging an mir vorbei und wandte sich direkt mit erhobenen Tüten zu mir um, ehe er erklärte: „Ich hab mir gedacht, du hast bestimmt Hunger. Entweder weil du musst, dir aber noch übel ist“, er stellte einen Becher Suppe auf den Couchtisch, „oder weil du richtig Hunger hast und Lust auf was Fettiges hast.“ Nun zog er zwei Fastfoodtüten hervor. Mein Blick haftete noch an der Suppe, was ohne Weiteres Erinnerungen in mir heraufbeschwor. Sie waren sich so ähnlich und doch wieder gar nicht – oh mein Gott, Bella, vergleichst du etwa??

„Also?“ Mitch stand immer noch grinsend neben dem Tisch, die Hände bereits in den Hosentaschen.

Ich ließ mich auf der Couch nieder. „Ich bin eindeutig für was Fettiges“, sagte ich und erwiderte das Grinsen, bevor ich die ungesunden Leckerein entpackte und herzhaft in den Burger biss.

„Sag mal, was machst du Weihnachten? Schon Planungen?“, wollte Mitch nach ein paar stillen, hungrigen Minuten wissen.

Weihnachten… oje. Stimmt, laut Kalender… fünf Tage nur noch. Mir war gar nicht bewusst, dass es so bald schon vor der Tür stand… wenn auch die Dekoration draußen nichts anderes mitteilte. Und ich wusste ziemlich genau, wer keinerlei Geschenke hatte. Die Zeit war so voll gewesen und so gerast, dass ich kaum einen Gedanken daran verschwendet hatte. Charlie hatte mal irgendwas von Weihnachten gefaselt, erinnerte ich mich schwach.

„Ich denke, ich feiere bei meinem Vater“, sagte ich zu ihm.

„Du kannst auch gerne einen Tag bei uns verbringen“, bot er an und ich spürte seinen Blick, während er das sagte. Lag Erwartung darin?, schoss es mir sofort durch den Kopf.

„Na ja, ich denke, ich werde dann in Forks bleiben.“ Irgendwie wurde mir unwohl.

Mitch nickte und sah herab auf seine Pommes. „Falls du es dir anders überlegst oder so, meine Eltern würden sich freuen… also wir feiern immer mit vielen. Meine Eltern haben viele Geschwister und ich habe auch eine Schwester mit Familie und so… wenn du Lust hast, also wenn sich deine Pläne ändern“, fügte Mitch mit zittrigem Unterton hinzu.

Ich war einfach nur verblüfft von dem Ganzen – und verwirrt. War das alles nicht sehr… früh? Oder wo sah Mitch uns? Ich meine dieses „uns“ gab es erst seit gestern… oder verstand ich was anderes darunter, als er?

„Okay, danke“, lächelte ich dann aber, weil es trotz allem oder gerade deswegen eine nette Einladung war.

Mitch erwiderte das Lächeln ehrlich und legte den Arm um mich, mit welchem er mich etwas zu sich zog und küsste mein Haar.

„Im Übrigen habe ich eine Einladung für dich, die du längst gar nicht mehr ausschlagen kannst“, meinte Mitch. Da war es wieder. Das typische verschmitze Mitch-Grinsen, was einem keine andere Wahl ließ, als es zu erwidern.

„Soso und das wäre bitte?“

Mitch beugte sich etwas nach vorne und zog aus den hinteren Hosentaschen zwei bunt schimmernde Karten. „Uni-Silvesterparty, da bist du doch wieder in Seattle, nicht wahr?“

„Hmmm, ich denke, das ließe sich einrichten“, grinste ich breit, denn darauf freute ich mich wirklich. Ehrlich. Ganz bestimmt.
 

Edward
 

„Ja, schau schnell nach, Schatz“, zwitscherte Tanya in völliger Aufregung zu Collin, der im großen Wohnzimmer in Richtung der Stiefel am neumodischen Kamin watschelte. Fast ein skurriles Bild. Carmen und Eleazar erheiterten sich zusammen mit meinen Eltern darüber.

„Ich glaube dieses Weihnachten versteht er mal mehr, worum es geht“, lachte Tanya mit einem glücklichen Gesichtsausdruck – und ich nahm es ihr ab. Ich nahm es ihr ab, dass es ihr momentan gut ging. Sie liebte unseren Sohn sehr und zwischen ihr und mir lief es gut. Zumindest in ihren Augen, denen ich eine Schmierenkomödie vorspielte. Es war unglaublich. Nahezu unerträglich.

„Letztes Jahr war er ja auch noch viel zu klein“, wandte meine Mutter ein und ging zu Collin, nahm ihn an die Hand und führte ihn zu seinem großen Stiefel mit den Geschenken noch daneben und darunter. Tanya kam dazu und setzte sich neben ihn. Heiteres Geschenke auspacken, Heiterkeit, Heiterkeit.

„Edward? Machst du ein paar Fotos?“, wurde ich nun auch mit eingespannt. Ich hatte förmlich darauf gewartet, während ich mit Emmett den Frühstückstisch deckte.

„Ich übernehme das“, bot Emmett mit einem breiten Lächeln zu der erfreuten Runde vor dem Kamin und einem vielsagenden Blick zu mir an. Wahrscheinlich stand es mir auf der Stirn geschrieben, dass ich gerade nicht in Stimmung war. Den beißenden Blick meiner Mutter, den ich eindeutig in meinem Nacken spürte, ignorierte ich. Es war wohl schwer zu verstehen, wie man das erste richtige Weihnachten des eigenen Kindes so wenig wertschätzen konnte – aber nichts anderes, als der endgültige Verlust von Bella ging mir durch den Kopf. Der Schmerz war noch viel intensiver und tiefer gegenüber damals, als sie nach Deutschland zurückgeflogen war. Da blieb die Hoffnung und die Gewissheit, dass sie mich liebte und es irgendwann zwischen uns klappte. Jetzt war beides weg. Genau vor einer Woche begann ich diesen Fehler-

„Komm, wir machen ein Foto“, lächelte Tanya mich an. Sie hatte mich bei der Hand genommen und mit sich gezogen, sodass ich mich dem allgemeinen Willen und Wunsch nach Harmonie beugte.

Ich hatte den Fehler schon weit vor Collins Geburt gemacht, indem ich mit ihr zusammenblieb ohne jegliches Gefühl. Und das Schlimme war, ich hatte nicht daraus gelernt. Denselben Fehler beging ich seit Jahren. Immer und immer wieder. Nun hatte ich die Quittung bekommen. Sogar so, dass Bella sich mit anderen Typen traf… und feiern ging. Das war nicht sie, aber wer kann es ihr verdenken… es war immerhin meine Schuld…

Emmett zog mich nach dem Foto zur Seite. „Kannst du uns allen bitte mal den Gefallen tun und wenigstens etwas schauspielern? Keine Ahnung, was wieder mit dir abgeht, aber man, wenigstens wegen Collin“, grummelte er.

Ich funkelte ihn an. „Collin geht es prächtig“, knurrte ich. „Du hast doch keine Ahnung.“

„Ja, wie immer, will ich auch gar nicht, aber reiß dich zusammen und tu nicht so!“, fauchte er abseits des Kamins mit dem großen Geschenke auspacken.

Es half nichts. Er würde mich nicht verstehen, selbst wenn ich es ihm erzählen würde. Ich hatte das bislang niemandem erzählt… Ich konnte es ja selber kaum glauben.

„Ich mach’ das Frühstück“, murrte ich nur zu ihm und ließ ihn stehen.
 

Collin kauerte auf meinem Schoß, kuschelte sich an meinen Bauch, während ich ohne viele große Bewegungen ein paar leise Töne auf dem Klavier spielte. Sachte streichelte ich hier und da seinen Rücken und spielte weiter.

„Ganz schön anstrengend Weihnachen, huh?“, flüsterte ich zu ihm und drückte ihm einen Kuss auf sein Haar, während er schlief oder zumindest döste. Seine Sorglosigkeit genoss ich, wenn ich auch, wenn man das so nenne durfte, neidisch darauf war. Noch einmal Kind, keine Verantwortung, keine Fehler machen, die man nicht ausbügeln konnte.

Ich hatte in den letzten Minuten beinahe ernsthaft darüber nachgedacht, aufzuspringen und einfach zu Bella zu fahren. Entweder war sie zu Hause oder bei ihrem Vater in Forks, dessen Adresse ich allerdings nicht mal wusste. Im Zweifel war sie bei diesem anderen Typen… aber das glaubte ich nicht, das war nicht ihre Art. Und vor allem wollte ich es aus tiefstem Herzen nicht.

Ich beendete das Stück und nahm Collin hoch, um ihn zum Mittagsschlaf hinzulegen. Danach blühte mir wieder meine überglückliche Familie…
 

Tanya lag mit dem Rücken seitlich an meinem Oberkörper, die Beine von sich gestreckt, und verfolgte das Fernsehprogramm, während meine Mutter und Carmen die traditionelle Weihnachtstorte laut schnatternd backten. Meine Geschwister hatten sich verzogen und mein Vater saß bei uns und blätterte liegengebliebene Post und Zeitschriften durch. Hier und da gluckste Tanya über die Fernsehsendung und hielt meine Arm an sich gekuschelt.

„Schau mal, Edward, vielleicht etwas für dich? Muss ja nicht direkt mehrere Monate sein“, hörte ich meinen Vater sagen und nahm die Annouce entgegen. Tanyas Blick fiel ebenfalls darauf, da sie sofort sagte: „Davon hab ich schon gehört. Eine Freundin von mir wollte da mal Kurse machen, nur Kurse, nicht mal ein Studium, und hat es nicht geschafft.“

Ich überflog die wenigen Zeilen dieser Werbeseite des „Berklee College of Music“, die Auditions für Talente aber auch Stellen für Dozenten anboten.

„Da kannst bestimmt selbst du noch was lernen“, sagte mein Vater mir zuzwinkernd. „Gerade diese ‚Summer Studies’ klingen gut. Alleine schon wegen der Zeit“, sagte er und deutete etwas weiter unten auf einen kleinen Text. Ja, alles andere ging über Monate und Jahre. Ja, es klang gut, alles… interessant… aber…

„Berklee ist wirklich großartig, mein Abschlussarbeitsdozent hat dort promoviert und erzählt ständig davon… ich meine, die Uni ist immerhin eine der Besten der Welt“, plapperte Tanya.

Mag sein, aber ich hatte andere Sachen im Kopf und kommentierte das nur mit „ich schaue es mir mal an“, damit sie Ruhe gaben. Mein eigentliches, vorrangiges Problem war nicht meine berufliche Zukunft. Selbst wenn ich nicht die ganz große Karriere machte, war ich mit meinem Lehrauftrag und den Konzerteinsätzen derzeit sehr zufrieden. Wenn ich ehrlich war, besaß ich momentan auch nicht die Kraft mich für etwas anderes zu motivieren.

Tanya widmete sich wieder dem Fernseher und mein Vater dem Rest des Papierstapels, während meine Gedanken abschweiften. So gering meine Motivation und mein Aktionismus beruflicherseits waren, so groß etwas zu tun, um… um was? Sie zurückzubekommen. Nein, das nicht, das war vorbei, dessen war ich mir bewusst. Aber ich wollte, dass sie verstand… dass sie wusste… ich wollte es einfach alles sortieren und mich vor allem in erster Linie bei ihr entschuldigen. Verloren hatte ich sie so oder so… oder?

„Wo gehst du hin?“, fragte Tanya irritiert, als ich sie von mir schob und relativ schnell aufstand.

„Auf die Toilette“, sagte ich zwar, dachte aber „einen Brief schreiben“. Ich hoffte so sehr… ich musste es einfach versuchen.
 

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Freue mich auf Kommentare :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  vamgirly89
2013-12-13T15:40:54+00:00 13.12.2013 16:40
Wow. Ein interessantes Kapitel. Bin schon gespannt wie es weiter geht. Bitte schnell weiter schreiben. Freue mich schon drauf
Von:  emina
2013-12-13T08:53:04+00:00 13.12.2013 09:53
ah das Kapitel ist so traurig ;___;
ich habe immer die Hoffnung gehabt, dass sie es schaffen werden, aber es sieht nicht gut aus, dass macht mich sehr traurig

ich frage mich wie das Ende sein wird, schreib bitte schnell weiter


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