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Entschuldigung

Autor:  Est
Ersteinmal eine große Entschuldigung an all meine Freunde, die sich gefragt haben, wo ich in den letzten Wochen gesteckt haben. Es tut mir Leid, solltet ihr euch um mich gesorgt haben. Die letzte Zeit habe ich mich so ziemlich verkrochen, ins Zocken oder Arbeiten vertieft, einfach um an nichts denken zu müssen.

Heute ist der vierwöchige Todestag meines Katers Tigers. Am 8.April musste er im Alter von 14 Jahren eingeschläfert werden. Im Januar hatten wir erfahren, dass er eine altersbedingte Schilddrüsenüberfunktion und, damit verbunden, ein vergrößertes Herz (schwache Herzklappen) hatte. Für eine Operation, war er bereits zu alt, daher mussten wir ihm starke Medikamente geben, und ab da began ein ständiges Auf und Ab. Es gab Zeiten, in denen es dem Dicken blendend ging, er war verschmust, laut am Maunzen und 'nervig' wie immer. Doch es gab auch Zeiten, in denen wir glaubten ihn zu verlieren.
So eine dieser Zeiten kam vor einem Monat. Dass er etwas weniger Appettit hatten, befanden wir für nicht besorgniserregend, aber mit einem Mal ging es steil bergab mit ihm. Er konnte kaum atmen, sein Herz, welches sonst immer zu stark schlug, schlug nun zu schwach und er fraß nicht, trank nicht und ging nicht auf die Toilette. Wir überließen ihn den Tierärzten, die ihn wieder stabilisieren wollten und erst schien alles gut zu laufen. Um 16 Uhr erhielten wir einen Anruf, er habe sich aufgerappelt und wir könnten ihn abholen. Da wir jedoch bis 18 Uhr arbeiten mussten, konnten meine Eltern und ich erst später hinfahren.
Dort angekommen, hieß es dann aber man habe ihn geröncht, da keine Therapie so wirklich anschlagen wollte. Die Bilder waren fürchterlich.

Tigers Nieren funktionierten nicht richtig, seine Blase war zum Bersten gefüllt und er konnte sich nicht erleichtern, in seinem kompletten Brustkorb (nicht in den Lungen!) hatte sich so viel Flüssigkeit angesammelt, dass seine Lungen zusammengedrückt wurden und er dadurch kaum atmen konnte. Die Ärztin sagte uns, sie habe ihn punktiert und einiges an Flüssigkeit abgesaugt, sodass er besser atmen konnte, dass dies aber keine Dauerlösung sei. Mit Hilfe von Medikamenten und ständigen Spritzen hätte man ihn vielleicht noch zwei Wochen am Leben erhalten können, wenn auch unter starken Schmerzen.
Die Entscheidung stand daher fest: er hatte zumindest einen sanften Tod verdient. Ich war noch lange nicht bereit dafür und bin es auch jetzt immernoch nicht, doch so selbstsüchtig, als dass ich ihn zum Weiterleben zwingen würde, war ich nicht. Tiger hatte genug gelitten.
Es schmerzte so sehr zu sehen wie er röchelnd nach Luft rang, die Narkose ihn zum erbrechen brachte und er einfach nicht verstehen konnte was geschah. Ich saß vor ihm und streichelte ihn, redete mit ihm, während er mich die ganze Zeit ansah, bis seine Augen ganz glasig und leer wurden, und er auf keine Berührungen mehr reagierte. Danach bekam er die zweite Spritze, bis nach wenigen Minuten alles vorbei war.
Was mich noch immer so fertigmacht, war dieser Blick. Ich kenne meinen Kater seit 12 Jahren und ich kenne seine Blicke. Wie er mich anschaut, wenn er entspannt ist, wie er mich anschaut wenn er genervt ist, wenn er Angst hat, wenn er aufmerksam umherschaut...
In dem Moment, war er nicht entspannt. Es war kein "Es ist schon gut so, mach dir keine Sorgen"- Blick. Er sah mich so an, wie er mich immer ansah wenn er völlig verstört war, wenn er Angst hatte und nicht begriff, was um ihn herum geschah. Ein vorwurfsvoller, beängstigter Blick, der mir gänzlich den Rest gegeben hat. Tiger hat 12 Jahre bei uns verbracht, nachdem wir ihn mi 2 Jahren als misshandelten Kater aus dem Tierheim geholt hatten. Er hatte ein gutes Leben, war der Pascha in unserem Haus und an Liebe hat es ihm nie gemangelt. Er hat Dinge getan, lustige, süße aber auch selten dämliche Dinge, die keine normale Katze getan hätte. Oft, haben meine Freunde mir gesagt, wie einzigartig mein Baby doch sei. Wann immer es mir schlecht ging, war er da um mich zu trösten. Wenn ich von der Schule/Uni heimkam, rannte er immer in den Flur und begrüßte miich maunzend, fast schon schreiend, wenn ich auf dem Sofa lag, kam er angerannt und machte es sich auf mir bequem, wenn ich aß, egal was, war er immer gleich da um zu betteln.

Nun komme ich nach Hause und es ist still. Ich laufe durch die Zimmer und es ist still. Ich esse und es ist still. Es ist immer so fürchterlich still und einsam.
Für mich war Tiger mehr als nur ein Haustier. Er war wie ein kleiner Bruder und gleichermaßen mein bester Freund. Er war ein sehr wichtiger Teil meiner Familie, mit dessen Verlust ich noch nicht umgehen kann. Noch nie zuvor, hatte ich es mit dem Tod zu tun gehabt, und noch immer komme ich nicht darüber hinweg. Wo immer ich hinsehe, ich erwarte immer, dass mein schwarz-weißer Fellhaufen rausgekullert kommt und mich maunzend begrüßt.
Nach seinem Tod, habe ich mich so ziemlich von der Außenwelt abgeschottet. Ich brauchte einfach Zeit für mich, Zeit, in der ich nicht denken oder darüber reden musste. Mitleid, oder Beileid konnte ich zu der Zeit einfach nicht ertragen, ich wollte und konnte nicht darüber reden. Ich habe mich einfach in Arbeit und in ein Spiel vertieft, um mich abzulenken...nach dem Prinzip "Zeit heilt alle Wunden." Meine Wunden sind noch lange nicht geheilt, aber immerhin bin ich dazu in der Lage, über Tiger zu reden. Bis ich jedoch nurnoch an die schönen Dinge denken kann, und nicht mehr nur an die verlorenen Dinge denke, die ich so vermisse, wird es noch sehr lange dauern. Allein diesen Text hier zu schreiben, fällt mir sehr schwer, aber irgendwie muss ich mich vor meinen Freunden, die ich so lange vernachlässigt habe, rechtfertigen. Ich hoffe, ihr könnt mich verstehen und mir verzeihen, aber ich werde vermutlich auch weiterhin nicht aktiv online sein. Dazu bin ich noch nicht stark genug. Vom Heulen habe ich die Nase voll und will es nicht weiter provozieren. Bitte, gebt mir noch mehr Zeit, um mich, meine Gefühle und meine Gedanken zu ordnen. Ich muss erst lernen, mit dieser fürchterlichen Einsamkeit umzugehen, ehe sie mich sonst völlig zerreißt und ich etwas tun würde, was ich nachher bereuen würde. Denn auch wenn ich meine Fassade aufrecht erhalten und zumindest in der "Öffentlichkeit" normal sein kann, geht es mir deshalb nicht gleich gut.

Es tut mir wirklich Leid, aber ich schreibe diesen Blog auch, weil ich nicht über Tiger reden möchte. Nicht jetzt. Es geht einfach nicht. Wenn jeder mich darüber ausfragen oder mir sein Beileid kundtun würde, wäre dies nur wie Salz in die Wunde. Ich brauche einfach Zeit, in der ich mich ablenken und darüber hinwegkommen kann und Tigers Anblick in seinen letzten Momenten vergessen kann. Bitte, habt Geduld mit mir und verzeiht mir meinen Egoismus.

Ich danke euch.

Eure Est.
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Datum: 07.05.2013 21:46
Fühl dich in den Arm genommen und gedrückt.
Datum: 08.05.2013 17:36
Ich kann dich verstehen, wenn ich mir vorstelle wie es tatsächlich gewesen sein muss.

Ich empfinde mir dir und wünsch dir, dass du dich bald an die schönen Zeiten erinnern kannst und drüber lächeln kannst, nicht aber weinen..

Mir fehlen auch weitere Worte, da es dafür auch keiner weiteren Worte bedarf.

*sanft knuff*


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