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Krypta In Nächten wie diesen

Autor:  Lyndis

Der matt leuchtende Mond war gerade erst aufgegangen als sie den Entschluss noch einmal raus zu gehen gefasst hatte.

 

Langsam schlenderte sie die Straßen entlang, vorbei an halbkaputten Laternen, die kaum genug Licht spendeten, um den Gehsteig vor sich zu erkennen.

 

Sie war so sehr in Gedanken versunken, dass sie nichts um sich herum bemerkte und sich schließlich vor dem verwitterten Gittertor zum Friedhof wieder fand.

 

Etwas unschlüssig blieb sie stehen, als sie bemerkte wo sie nun war, dennoch war sie nach einem kurzen Augenblick kaum mehr verwundert, dass es sie ausgerechnet an diesen, ihr so bekannten Ort verschlagen hatte.

 

Viele Erinnerungen und Erlebnisse verbanden sie nicht nur im Geiste mit diesem Platz, der von anderen gemieden wurde, wegen den Gerüchten, die man sich nur leise hinter vorgehaltener Hand zuraunte.

 

Langsam öffnete sie das kleine, aber dennoch schöne Tor, zur Ruhestätte der Verstorbenen und fragte sich gleichzeitig, ob es wirklich richtig war, was sie hier tat, wusste sie doch aus eigener Erfahrung wie riskant es war.

 

Schon nach dem ersten Schritt auf dem geweihten Boden, der doch als verflucht galt, schlug ihr ein vertrauter Geruch entgegen, den sie, auch wenn sie es selbst nicht glauben wollte, vermisst hatte.

 

Tief sog sie die sie umgebende Luft ein und stellte wie schon so oft fest, wie sehr sie die modrige Luft an diesem Ort liebte, dennoch war es nicht unbedingt das, was sie so vermisst hatte, nein, es war etwas vollkommen anderes, wie sie sich selbst eingestand, als sie den Blick zu einer der wenigen Gruften lenkte.

 

Es war genau genommen nur ein schlichter Steineingang der völlig unscheinbar hinter dem Schleier zweier Weidenbäume verborgen lag und hinab in eine jahrhunderte alte Krypta führte.

 

Fast automatisch begannen ihre Beine sich in Richtung des Eingangs zu bewegen, während sie sich einfach dem herrlichen Geruch hingab und leicht grinste, denn genau dieser süßliche Geruch war es, der die Gerüchte, die in dem kleinen Dorf kursierten, ausgelöst hatte, dennoch war sie eine von drei Personen, die um das Geheimnis dieses Grabes wussten.

 

Ihre Fingerspitzen fuhren am rauen Stein entlang, als sie vorsichtig die Treppe hinab stieg und somit der süßliche Duft stärker wurde, der sie immer mehr vergessen ließ, was sie am Ende der Stufen erwarten würde.

 

Dies jedoch wurde ihr schlagartig wieder bewusst, als sie in die, durch nur wenige Fackeln beleuchtete, Krypta gelangte und so nun durch das dämmrige Licht die schemenhaften Umrisse des Kreuzes in der Mitte des Raumes erkennen konnte, und sie erinnerte sich noch genau daran wie sehr sie der Anblick des Mannes, der daran hing, bei Ersten Mal erschreckt und gleichzeitig angewidert hatte.

 

Hätte sie damals nicht schon gewusst welche Verbrechen und Sünden diese Person begangen hatte, hätte sie vermutlich versucht ihn von seinen Leiden zu befreien, wie viele andere vor ihr, die jetzt nichts mehr als Staub und Knochen waren, die verstreut am Boden lagen.

 

Über eben diese hinweg schritt sie nun auf ihn zu, blieb kurz regungslos vor ihm stehen, strich dann über seine nackte Brust, ganz leicht mit nur einem Finger und passierte dabei unzählige Schnittwunden, Platzwunden und Blutergüsse, strich über ihr schon bekannte aber auch unbekannte Verletzungen und genoss es in vollen Zügen, so wie immer, wenn sie dort war.

 

Erst die nüchternen Worte „Du kommst spät“ von dem etwas kränklich wirkenden Mann, der sich aus den Schatten der hintersten Ecke der Krypta löst, ließen sie innehalten in ihrer Bewegung.

 

Sie hatte sich gerade vorlehnen wollen um den Geruch des Opfers noch intensiver wahrnehmen zu können, denn er war es, der Geruch des Todes, der sie so faszinierte, doch die Worte hielten sie davon ab, stattdessen starrte sie auf die Person, die sie nie hatte kennen lernen wollen, doch trotz aller Angst ging ihr nur eines durch den Kopf: Was meinte er?

 

„Ich hatte dich bereits vor einer Woche hier erwartet“ Seine Stimme wirkte schwach und heiser, so als ob es sie schon lange nicht mehr gebraucht hätte, als er weiter sprach und dabei langsam auf sie zukam.

 

Sie verstand immer noch nicht ganz, ob der am Kreuz hängende von ihr gesprochen hatte wusste sie nicht und es war auch egal, sie jedenfalls nahm Abstand von dem Opfer und dem fremden, schaute sich dabei nach dem Ausgang um und bemerkte mit Schrecken, dass dieser plötzlich durch ein Gitter versperrt wurde.

 

Der Schatten eines Lächelns war flüchtig auf seinem Gesicht zu erkennen, als er ihren Blick zum Ausgang sah und er neben dem Kreuz stehen blieb. „Ich brauche deine Hilfe“

 

Verdutzt blieb sie stehen und traute kaum ihren Ohren zu trauen, meinte er das wirklich ernst?

„Was wollen Sie? Wobei brauchen Sie meine Hilfe?“

 

Seine Hand ging kurz hinter das Kreuz, wo er einen Mechanismus auslöste, wodurch die Ketten, die das Opfer am Kreuz hielten, entfernt wurden und der leblose Körper zu Boden fiel, wie bei einer Marionette, bei der man die Fäden durchtrennt hatte. „Ich bräuchte ein neues Spielzeug“

 

Geschockt sah sie auf den Toten am Boden und spürte wie Tränen ihren Hals zu schnürten, wobei sie nicht einmal wusste ob sie nun aus Trauer um den Mann oder aus Angst weinte, als sie zu dem Fremden sah.

„Wollen Sie mich? Warum?“, fragte sie leise und trotz der Tränen klang sie seltsam gefasst.

 

„Weil ich es kann…“ Kurz zuckte etwas in seinen Augen auf und im nächsten Augenblick stand er direkt hinter ihr und hauchte leise in ihr Ohr: „…und ich schon lange nicht mehr…“

 

Sie erschrak als er plötzlich hinter ihr stand, konnte aber ein Schaudern nicht unterdrücken, bei dem sie nicht einmal wusste ob es ein unangenehmes oder ein wohliges Erschauern war, wie sehr sie es doch liebte mit dem Feuer zu spielen und kurz davor zu sein sich zu verbrennen, ja, eigentlich vom Feuer bereits komplett eingesperrt zu sein und s waren die Tränen schnell versiegt, es war keine Angst gewesen.

„Was würde mich das bringen?“, unterbrach sie ihn, da sie nicht wissen wollte, was es meinte, das Ungewisse war viel reizender.

 

Er hatte sie schon lange durchschaut und wusste genau was er tun musste damit sie alles für ihn tun würde.

„Soll ich es dir wirklich verraten? Oder willst du es nicht viel lieber selbst herausfinden?“

 

Wieder erschauderte sie und schloss die Augen um diesen Moment voll auszukosten.

„Habe ich denn überhaupt eine Wahl?“

 

„Willst du denn eine haben?“

Er erschien plötzlich vor ihr und sah ihr mit seinen violetten Augen, die mit schwarzen Adern durchzogen waren, in ihr Gesicht.

 

Sie erschrak nicht mehr, schien gelassen und dennoch angespannt, hob nur ihre Hand und legte sanft die Fingerspitzen an seine Wange.

„Nein“, hauchte sie als sie ihre Augen langsam wieder öffnete.

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Die Überarbeitung hiervon findet ihr hier (glaubt mir, es lohnt sich):
http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/126107/173614/
Überarbeitung ist von Priotess.
Weitere Infos zu dem ganzen Projekt steht hier im Weblog unter:
Neues von Priotess und mir oder In Nächten wie diesen sollte man uns nicht begegnen.