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☾ Mikadzuki

von

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Gespräche

Wie schon den ganzen Morgen über ließ Sesshômaru den Blick schweifen.

Die meisten Gäste hatte es nur kurz an der Tafel gehalten, inzwischen standen viele von ihnen in kleinen Gruppen herum. Die meisten Anwesenden waren DaiYôkai wie er, kaum einer brauchte etwas zu essen und auch die anderen hielten sich meist zurück, um nicht schwächer zu wirken. Bloß Daichi, der kaum vierhundertjährige Erbe des Kumaclans und die beiden jüngsten der Kitsunes aßen, aber den Kindern hielt das niemand vor. Sie waren noch nicht in der Lage, alle körperlichen Kräfte durch ihr Yôki zu erhalten.
 

Schließlich erhob er sich selbst und kam auf den Ookamiyôkai zu, der ein wenig abseits allein stand und sich nicht wirklich wohl zu fühlen schien, in seiner Haut.

Kein Wunder, nach allem wie er den kennengelernt hatte, war Kouga nicht gerade dafür bekannt, höfischen Schliff zu beherrschen. Und auch der hellgraue Kimono, der sich so sehr von der üblichen Tracht der Wolfsdämonen unterschied, wirkte bei ihm vollkommen fehlplatziert. Immerhin dachte er daran, den Blick kurz zu senken, als Sesshômaru näher kam.

„Du bist allein erschienen“, bemerkte Sesshômaru und blieb vor dem Jüngeren stehen.

Kouga nickte. „So ist es, Inu no Taishô“, bestätigte er, wobei er sich den höflichen Titel sichtlich abringen musste.

„Als Vertreter Yōrōzokus“, konstatierte der HundeYôkai.

„Als sein Nachfolger. Yōrōzoku-sama starb vor einigen Jahren“, berichtige Kouga, während er den Blick nun wieder hob. Auch wenn er kein Daiyôkai sein mochte, er war politisch gesehen der Herr des Nordens, wie Sesshômaru der Herr des Westens war. Theoretisch politisch war er ihm gleichgestellt.

„Dann ist die Bluterbin deine Gefährtin“ Erneut klangen Sesshômarus Worte eher nach einer Feststellung, als nach der Frage, die sie waren.

„Ich kam als Gefährte Ayames“, bestätigte Kouga auch nur.

„Aber du hast sie nichts mitgebracht. Warum?“ Selbst dieser junge Wolf musste doch wissen, dass zum Jahrhundertreffen die Gefährtinnen wenn vorhanden mitzukommen hatten.

Der Wolfsdämon wusste das durchaus, aber er musste sich ohnehin zusammennehmen, sich von der üblich unterkühlten Art des Hundefürsten nicht provozieren zu lassen. „Sie soll in diesen Tagen den Erben der Ookami zur Welt bringen. Die Reise hätte sie nicht mehr bewältigen können“, erklärte er mühsam höflich.

Sesshômaru musste für sich zugeben, dass dies in etwa der einzige Grund war, den er akzeptierte. Je früher ein Fürst einen Erben hatte, den er ausbilden konnte, desto besser und so etwas brachte man nicht mutwillig in Gefahr.

Nach alldem, was er aber von der Geschichte rund um Kouga und das Menschenweib seines Halbbruders mitbekommen hatte, hatte er allerdings nicht mit dieser Begründung gerechnet. Nun gut, so war es nun mal.

„So wirst du daran interessiert sein, den bisherigen Nichtangriffspakt beizubehalten“, fuhr der Weißhaarige fort.

Kouga nickte nur. Er wusste nur wenig über die momentane Situation der Pakte und Verträge, Ayame hatte ihm zwar alles erzählt, was sie wusste, aber viel war das nicht. Und Yōrōzoku selbst war nicht mehr dazu gekommen.

„So werden zum Sommer wieder ein halbes Dutzend WolfsYôkai hierher entsendet, um ihre Ausbildung zu vervollkommnen?“ Sesshômaru hätte jetzt sonst etwas behaupten können, er hatte durchaus mitbekommen, dass Kouga nicht viel Ahnung von der politischen Lage hatte, aber ihm stand nicht der Sinn nach Spielchen. Also hielt er sich an die Tatsachen, die seinerzeit noch zwischen seinem verehrten Herrn und Vater und Yōrōzoku beschlossen wurden. Hier am Schloss wurden viele junge Yôkai ausgebildet, sechs Wölfe mehr oder weniger fielen da nicht sonderlich auf.

„So sei es“, gab Kouga zurück, in der Hoffnung, dies seien die richtigen Bedingungen. Er zählte auf den Stolz des Hundefürsten und das der ihn nicht veralbern würde.

Sesshômaru nickte derweil beifällig. Die Sache war damit für ihn abgeschlossen. Von den Wölfen hatte er nichts zu befürchten. Er wandte sich ab und gesellte sich notgedrungen wieder zu seiner Mutter. Bis zur Mittagsstunde, wenn sich die Fürsten zu der eigentlichen Besprechung zurückziehen würden, musste er wieder in ihrer Nähe bleiben, noch war sie die Fürstin.

Und da er keinen anderen Antrieb sah, sich demnächst eine Gefährtin zu nehmen, würde sie wohl auch noch eine Weile auf diesem Posten verbleiben.
 


 

InuYasha und seine Gruppe hatten sich derweil ein wenig Ruhe gegönnt. Die Kinder schliefen, Shippô, der ja nur auf Besuch gewesen war, hatte sich verabschiedet und der kleine Baku döste an Kirara gekuschelt, in einer Ecke.

„Scheint, als ob Kohaku und Kirara uns eine Weile erhalten bleiben. Mit Yume werden sie schwerlich in den Kampf ziehen können“, bemerkte Kagome leise und blickte sich zwischen den anderen um. Der Name für den Kleinen war allgemein akzeptiert worden.

Sango nickte ruhig. „Vermutlich. Und Yume scheint sie als Ersatzmutter erwählt zu haben“, fügte sie hinzu.

„Wo ist Kohaku eigentlich?“, wollte Miroku da wissen.

„Immer noch mit Rin unterwegs. Ich glaube, sie wollten Kaede an den Kräuterfeldern abpassen, um ihr zu sagen, dass sie keine Rosskastanien gefunden haben. Sieht so aus, als habe er noch gar nicht mitbekommen, dass Kirara wieder da ist“, antwortete Sango und musterte die Nekomata, die so viele Jahre ihre Begleiterin gewesen war.

„Aber Rin ist und bleibt auch ein Wirbelwind, oder?“, wechselte Kagome da das Thema.

„Sie gehorcht bloß Sesshômaru. Ich glaube, wenn er sie in ein paar Monaten vor die Entscheidung stellt, wird sie sowieso wieder mit ihm gehen“, meldete InuYasha sich zu Wort.

„Da könntest du Recht haben. Sie müsste jetzt etwa 12 sein, oder? Verändert hat sich ihr Wesen jedenfalls kaum“

„Keh. Bloß noch wissbegieriger ist sie geworden“

„InuYasha! – Obwohl, ja, verständlich ist das schon. Ich glaube, sie will aus ihrem Leben so viel machen, wie es irgend geht, schließlich bekommt sie besonders vor Augen geführt, dass sie eine sehr viel kürzere Lebenszeit hat, als jeder Dämon, geschweige denn als Sesshômaru“

„Ob Sesshômaru-sama oder irgendein anderer Dämon ist egal. Altern tun sie alle gleich“, ließ sich da eine neue Stimme vernehmen und eine winzige Gestalt kam auf InuYasha zugesprungen. Allerdings wurde sie bereits abgefangen, ehe sie die Wange des Hanyou auch nur erreichen konnte.

„Das ist nicht gerecht, InuYasha-sama! Nur einer kleines Tröpfchen…“, zeterte der Neuankömmling und hüpfte auf der Hand des Halbdämons auf und ab.

„Nichts da, Myouga. Sag lieber, was du damit meintest“, wiegelte InuYasha ab.

Der Flohgeist seufzte. „Naja, Yôkai altern alle gleich. Egal ob es sich dabei um normale Yôkai, oder Daiyôkai, wie Euren Halbbruder handelt. Höchstens die Entwicklung des Yôkipegels und der Zugriff darauf sind unterschiedlich“

Nun wirkte Kagome doch interessiert. „Wo wir gerade dabei sind, Myouga… sag mal, wie altert eigentlich ein Hanyou? Weißt du das auch?“, fragte sie nach.

Der Flohgeist schielte zu ihr, dann zu InuYasha und aus irgendeinem Grunde brach ihm wie so oft der Schweiß aus. „N-najaaa, ei-eigentlich schon. Aber…“, stammelte er.

„Keh! Was, aber, Myouga?“, mischte sich InuYasha ein.

Der kleine Wicht schluckte schwer. „A-also, eigentlich altert er im Kindesalter ebenso wie ein Mensch. Und danach müsste es wie bei einem Yôkai sein, aber nur wenige Erreichen dieses Alter. Aber was InuYasha-sama betrifft…“, er brach wieder ab, zögerte weiter zu sprechen, tat es aber, als er den Blick des Halbdämons auffing. „Nun ja, wenn das zutreffen würde, müsstet Ihr vom Erscheinungsbild her an die siebzehn sein. Soweit haut es hin. Aber als Eure Mutter starb, wart ihr rein rechnerisch elf Jahre alt. Euer Körper aber wirkte wie höchstens fünf. Die Rechnung kann also nicht stimmen“

Erleichtert atmete Myouga auf, als InuYasha sich für einen kleinen Moment damit zufrieden gab. „Warum dem so ist, weiß ich aber nicht…“, schob er noch nach und wünschte sich im nächsten Moment, es nicht getan zu haben. Denn damit hatte er die Spekulation eröffnet.

„Vielleicht liegt es an InuYashas Vater…“, überlegte Miroku, der ebenso wie Sango der Diskussion bisher nur schweigend beigewohnt hatte.

„Keh! Was bitte sollte mein Vater damit zu tun haben?“, winkte InuYasha ab, doch im Gegensatz zu ihm schien Myouga ernsthaft über diesen Einwand nachzudenken. „Nicht doch, InuYasha-sama. Das könnte tatsächlich sein. Vielleicht gibt es hier einen Unterschied zwischen Yôkai und Daiyôkai. Soweit ich hörte ist die Regel nur wenig untermauert worden und vor Oyakata-sama war da, glaube ich, nie ein Daiyôkai, der ein halbdämonisches Kind hatte“

Während Miroku geschmeichelt schien, dass seine Theorie Beachtung fand, tat InuYasha mehr oder minder erfolgreich so, als würde das Thema ihn nicht jucken. Wie immer wenn die Sprache auch nur annähernd auf seinen Vater kam, schottete er sich davon ab, das merkte auch Kagome, die direkt neben ihm saß. So fragte sie auch nicht weiter nach, sondern ließ das Thema ruhen. Vielleicht würde sich andermal eine günstigere Gelegenheit ergeben, weitere Wissenslücken zu schließen.

Und Myouga schien einem Abschluss der Sache auch nicht wirklich abgeneigt zu sein, wobei irgendwie unter den Tisch gefallen zu sein schien, wieso er hier aufgekreuzt war. Nun, früher oder später würde er sicherlich wieder darauf kommen, momentan war er erst mal froh, diese Szenerie überstanden zu haben.

Damit hüpfte er von InuYashas Hand, hinüber zu Kirara – und entdeckte deren neuen Schützling.

„Gami! Wer ist denn das?“, wollte er überrascht wissen.

Natürlich erkannte er einen Baku, wenn er einen sah, aber ein Mitglied dieser Art hätte selbst er hier nicht erwartet. Dabei sollte er angesichts dieser Chaostruppe doch auf alles gefasst sein.

„Es heißt Yume. Offenbar ist es Waise, Kirara brachte es heute Morgen mit“, gab Kagome bereitwillig Auskunft.

Ich werde zu alt für diese Bande!, stellte Myouga für sich fest und kratzte sich am Kopf. „Ich hoffe ihr wisst, worauf ihr euch da eingelassen habt. Das Baku wird schwerer zu hüten sein, als… naja, egal“, er brach ab, als er merkte, dass er sich beinahe eines für ihn wenig schmeichelhaften Sprichwortes bedient hätte und musterte von Kiraras Kopf herunter des friedlich schlummernde Jungtier.

„Was, egal?“, erkundigte Sango sich von der Seite.

Ausnahmsweise wirkte Myouga wenig erschreckt, sondern eher resignierend. „Nun, ihr könnt froh sein, InuYasha-samas Spürnase in Reichweite zu haben. Sonst wüsstet ihr alle paar Nächte nicht, wo Yume ist. Jetzt wo es nicht mehr von einem Elterntier versorgt wird, wird es selbst auf die Suche nach fressbaren Krankheiten und Albträumen gehen. Diesen Jungtieren muss noch nichts angeboten werden, sie nehmen sich selbst, was sie brauchen“

Sango zog eine Augenbraue hoch. „Na, das kann ja witzig werden“, bemerkte sie, als in der Nachbarhütte ihr Sohn zu quengeln begann. Sie erhob sich.

„Noch ein Kleinkind mehr“, bemerkte Miroku bloß und folgte ihr.

Kagome schmunzelte bloß, während sie den Kopf auf InuYashas Schulter bettete. Sie hatte so das Gefühl, dass Yume nur der Anfang war.
 


 

Sesshômaru stieß ein leises Knurren aus, das die angeregte Diskussion sofort verstummen ließ.

Als Schlossherr hatte er eine gewisse Oberhoheit über die inzwischen seit einigen Stunden im Nebenzimmer des Bankettsaals versammelten Fürsten. Und so langsam wurde ihm diese Streiterei zu bunt. Man konnte auch argumentieren, ohne sich beinahe zu zerfetzen.

Der einzige, der das wirklich zu verstehen schien, war Gin, der erfahrene Fürst der Kitsune und – überraschenderweise – Kouga. Aber der schien sowieso im Moment eher darauf bedacht zu sein, dieses Treffen so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Ob das nun an seinem fehlenden, höfischen Geschick oder an seinem erwarteten Erben lag, wusste Sesshômaru nicht zu bewerten, aber es ließ ihn auch weitestgehend kalt. Eher schon freute ihn insgeheim der anerkennende Blick des Fuchsfürsten, denn der war ein guter Freund seines Vaters gewesen, und als solchen achtete Sesshômaru ihn.

„Also, nochmal von vorne. Wir sind uns darin einig, dass diese Übergriffe aufhören müssen, aber offenbar trifft Fürst Shous Vorschlag nicht auf sehr viel Zustimmung. Können wir nun noch einmal in Ruhe diskutieren, wieso dem so ist?“

Kaum jemand außerhalb dieser Runde hatte Sesshômaru wohl je so viel am Stück reden hören, aber hier war er der Diskussionsführer und so blieb ihm nichts anderes übrig, als ab und an den Stand der Gespräche zusammen zu fassen. Und er ließ sich nicht anmerken, dass ihn die ganze Szenerie annervte. Das war kein Fürstentreffen mehr, das war eine Krisensitzung.

Fast alle Fürsten hatten angesprochen, dass sich die Angriffe völlig minderbemittelter Dämonen in letzter Zeit häuften. Alle waren sie genervt davon und schließlich war die Runde auf eine Grundsatzdiskussion abgerutscht. Denn nicht immer fielen diese Dämonen durch Angriffe auf, oftmals wurden sie auch in ganzen Horden im halbtoten Deliriumszustand aufgefunden. Meist waren sie Stunden später kollektiv tot.

Im eher kleinen Fürstentum der Eidechsen und dem Teilgebiet der Adler im Fürstentum Fürst Shous waren die Oni sogar inzwischen so dezimiert worden, dass die Menschen immer übermütiger wurden, es bildeten sich immer neue Dörfer, es überlebten viel mehr Menschenkinder. Kein Wunder irgendwo, dass Shou schließlich auf die Idee gekommen war, dass die hochrangigen Dämonen sich langsam mal Gedanken machen sollten, wie sie auf diese Ausbreitung reagieren wollten, wenn sie nicht irgendwann allein durch die Masse der Menschen schmählich zurückgedrängt werden wollten.

Der Falkenfürst schien seiner Zeit etwas voraus, aber, ohne das er das erwähnt hätte, konnte Sesshômaru dessen Befürchtungen durchaus nachvollziehen. Hätte er es erwähnt, wäre aber die Frage aufgekommen, woher er das hatte und soweit herabsetzen wollte er sich dann doch nicht.

Denn schließlich stammten solche Andeutungen wenn überhaupt dann von InuYashas Miko oder InuYasha selbst.
 

Die anderen Fürsten hatten inzwischen auf Sesshômarus Zusammenfassung reagiert. „Als ob die Menschen jemals in der Lage wären, uns zurückzudrängen!“, beharrte Yuudai, der Fürst der Schlangen, auf seinem bisherigen Standpunkt.

„Natürlich vermögen sie das, wenn ihre Menge weiter so sehr ansteigt. Sie werden unserem Leben kaum gefährlich werden, aber wollen wir wirklich über Gebiete herrschen, die von den Menschen regelrecht überrollt werden?“, mischte sich Gin mit ruhiger Stimme ein und seine dunkeltürkisen Augen fixierten den Hebi-Yôkai gelassen.

Zögernd schüttelte der etwas jüngere Fürst den Kopf.

„Seht Ihr, Yuudai-san“, erwiderte der Kitsune nur. „Shou-san, wie genau stellt Ihr euch eine Reaktion denn vor?“, fragte er dann, ehe er kurz zu Sesshômaru sah. Der Hundefürst hatte die Oberhoheit über die Diskussion, wenn er anders vorgehen wollte… aber der Weißhaarige nickte fast unmerklich, erteilte dem Fuchsfürsten die Erlaubnis, die Diskussion zu lenken.

Gin hatte mehr Erfahrung darin, die anderen Fürsten so gegeneinander auszuspielen, dass am Ende nur brauchbare Argumente übrig blieben. Dieses Geschick fehlte ihm bisher noch, das hatte Sesshômaru in den letzten Stunden gut feststellen können.

„Ich bin der Meinung, man sollte einem Zurückdrängen einfach zuvorkommen. Noch gibt es genügend Gebiete, die von Menschen vollkommen unbewohnt sind, gerade die Inseln im Ozean im Nordosten. Man könnte sie aus der Wahrnehmung der Menschen nehmen und hätte seine Ruhe“, erklärte der Falkenfürst inzwischen seinen Standpunkt, froh, endlich zu Wort zu kommen.

„Eigentlich ist das keine schlechte Idee. Aber wie soll das zu schaffen sein?“, mischte sich nun Tôran ein, die als einziges, weibliches Wesen mit in der Runde saß, da die Hierarchie unter den Nékoyôkai anders gestaffelt war.

„Stimmt. Keine der Inseln wäre groß genug, alle Fürstentümer wieder aufleben zu lassen. Und nähme man mehrere Inseln, wäre keiner in der Lage, einen durchgehenden, sicheren Bannkreis zu spannen“, bestätigte ihr Bruder, der direkt neben ihr saß.

„Das könnte ein Problem werden“, stimmte Kouga zu, der sich bisher weitestgehend aus dem Gespräch rausgehalten hatte.

„Nicht unbedingt“, ließ sich Sesshômaru da vernehmen. Alle richteten ihre Aufmerksamkeit auf ihn. „Ihr vergesst, dass wir weit mehr Zeit haben, uns eine Lösung auszudenken, als es scheint. Menschen haben eine sehr kurze Lebensspanne und ihre Vermehrung wird niemals in den nächsten paar Jahrzehnten ein kritisches Maß erreichen. Früher oder später wird sich eine Lösung auftun“

So einen Optimismus war man von Sesshômaru kaum gewöhnt, aber es blieb auch unausgesprochen, dass ihm im Gegensatz zu den anderen etwas aufgefallen war. Erstens hatte Tôran etwas zu euphorisch mitgemischt und außerdem war ihm der Blickwechsel zwischen der Nékofürstin und ihrem Bruder aufgefallen. Irgendetwas wussten die beiden, was sie niemandem mitteilen wollten. Er sollte sie beim abendlichen Abschlussball im Auge behalten. Vielleicht war da mehr herauszufinden.

Gin und Shou hatten ihm inzwischen zugestimmt und da sie beide die Erfahrensten in der Fürstenversammlung waren, hatte der Rest sich dem vorerst angeschlossen.

Sesshômaru war zufrieden damit, allerdings doch etwas erstaunt über den Vorschlag, den Fürst Gin daraufhin in die Runde warf. „Wie wäre es, wenn einer von uns besonderes Augenmerk auf diese Problematik legt um eventuell mehr herauszufinden? Du vielleicht, Shou-san?“

Der FalkenYôkai lehnte vehement ab. „Ich habe im Moment eindeutig genug Probleme damit, diese dummen Papageien unter Kontrolle zu bekommen“ Diese Angelegenheit war seit Jahrhunderten ein Problem des Vogelclans und somit kein Schwächebeweis, sonst hätte Shou das niemals so offen ausgesprochen. Aber die PapageienYôkai schlossen sich den übrigen, vogelverwandten Fürstenfamilien eben nur sehr sporadisch an und so kam es immer wieder zu Reibereien.

„Nun gut. Dann… Sesshômaru?“

Im ersten Moment war der HundeYôkai etwas überrascht, dann wandte er dem Kitsune nur den Blick zu, ohne etwas zu sagen. Seine Art der Zustimmung. Er hatte ja sowieso vor, sich etwas näher mit dem Thema auseinander zu setzen.
 


 

Bei InuYasha und seinen Freunden hatte sich inzwischen nicht wirklich viel an der ruhigen Stimmung geändert. Nur das der junge Baku inzwischen erwacht war und Kirara versuchte, trotz der Widrigkeiten, die zum Tod des Elterntieres geführt hatten, ihr eigentliches Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Yume spielte also mit eher mäßigem Erfolg den Dolmetscher zwischen der Nekomata und ihren langjährigen Freunden.

Inzwischen war klar geworden, dass Kagome am besten zu deuten vermochte, was der junge Baku ihr mitteilte und so übernahm sie einen Großteil des ‚Gespräches’, aber InuYashas Einwürfe machten es ihr recht schwer, sich zu konzentrieren. In seiner üblich sturen Art wollte der Hanyou nämlich nicht einsehen, wozu das ganze Theater gut war.

Miroku, der an der gegenüberliegenden Wand saß und auf ein Stück Papier aufschrieb, was Kagome ihm diktierte, schüttelte nur ein ums andere Mal den Kopf, mischte sich aber nicht ein.

Im Vergleich zu den früher oft so hitzigen Streitgesprächen zwischen Kagome und dem Halbdämon, war die momentane Szene regelrecht erholsam. Und er musste sein Tintenfass nicht im Auge behalten, denn die Erschütterung einer Sitzattacke würde ausbleiben, dessen war er sich sicher. Seit Kagome wieder da war, war das Wörtchen ‚Osuwari‘ nie mehr gefallen, obwohl es sogar noch funktioniert hätte, denn noch trug InuYasha die Bannkette. Vermutlich aus gewisser, sentimentaler Anwandlung, was er natürlich abgestritten hätte, hätte man gewagt, ihm das ins Gesicht zu sagen.

Rasch unterbrach Miroku seine Gedanken, wechselte den vollgeschrieben Bogen gegen einen leeren aus und wartete darauf, dass Kagome wieder etwas verlauten ließ.

Ihnen allen war es ein wenig suspekt, mit wie viel Vehemenz Kirara zu Beginn der Aktion darauf beharrt hatte, soweit sie sich ihnen verständlich machen konnte, aber wenn er sich so überlegte, was Kagome da schon alles herausgedeutet hatte, verstand er langsam.

Offenbar wollte Kirara dafür sorgen, dass Dinge, die nur sie wusste, weiterverbreitet wurden. Und Yume dazu mitzubringen, war vermutlich der beste Einfall gewesen, den sie hatte haben können, auch wenn die Tatsache, dass der kleine Kerl noch ein Junges war, vermutlich weniger geplant gewesen war.

Da Kagome im Moment nachzudenken schien, ließ Miroku die bisherigen Notizen Revue passieren.

Zuerst hatte Kirara vom Shikon no tama angefangen, von seinen zwei Seiten, die je nach Träger so oder so überhandnahmen.

Dann war da ein Zeichen gewesen, dass Kagome ‚Yin und Yang‘ genannt hatte und das laut ihr eher in die chinesische Philosophie gehörte, aber die Botschaft war klar gewesen: es ging wohl um ein bestimmtes Gleichgewicht.

Und dann hatte eine Art Aufzählung begonnen.

Zuerst hatte Yume ein Bild übermittelt, dass beinahe das Shikon hätte darstellen können, wäre das gezeigte Juwel nicht Glutfarben gewesen und hätte darin nicht eine Flamme pulsiert. Kagome hatte vor sich hingemurmelt, dass dann wieder das Gleichgewichtszeichen da gewesen wäre, wobei immer eine Hälfte davon abwechselnd verblasste und wieder erschien. So ähnlich hatte Yume zuvor auch versucht deutlich zu machen, dass das Shikon zwei Seiten besaß. Also tat es dieses rote Juwel wohl auch. Daraufhin hatte Yume wohl erst das Bild eines Phönix und dann das eines farblosen Juwels gezeigt. Immer wieder, diese beiden Bilder. Kagome hatte daraus geschlossen, dass dies wohl die Bezeichnung für das rote Juwel war.

Phönix und Juwel, Hôô Hôseki.

Kaum hatte Kagome das eher fragend ausgesprochen, piepste Kirara, die in ihrer kleinen Form neben Yume saß, zustimmend. So hatte Miroku das aufgeschrieben.

Und schon war es weitergegangen.

Diesmal hatte Yumes Sendung aus dem Bildnis eines schwarzen Steines bestanden, ähnlich einem Feuerstein zum Keil geformt. Aber wo dessen Kanten glatt geglänzt hätten, schienen diese hier fast aus Federflaum zu bestehen. Auf den zweiten Blick war aufgefallen, dass sich die Form des Steins zur Spitze hin etwas nach unten krümmte, beinahe wie bei einer Klaue. Dann wieder das Yin-Yang-Zeichen, wieder mit den abwechselnd verschwindenden Hälften. Nun wechselten sich, aus Kagomes gemurmelten Kommentaren ersichtlich, wieder zwei Bilder ab. Das eine war eine Feder, das hatte sie schnell erkannt, aber das zweite wirkte wie Kiraras Pfote, allerdings mit kampfbereit weit ausgefahrenen Krallen.

Yume legte ein wenig den Kopf schief, als es merkte, dass die junge Miko auch nach Minuten noch nicht verstand.

Also änderte der junge Baku das Bild etwas ab. Wieder zeigte es die Pfote, doch diesmal verschwand gleich darauf die Tatze selbst und nur die Krallen blieben zurück. Und endlich verstand Kagome.

Feder und Kralle. Haru Tsume.

Kirara piepste aufgeregt.
 

Tatsächlich hätte die Nekomata wohl aus tiefstem Herzen geseufzt, wenn sie zu dieser Lautäußerung fähig gewesen wäre. Ihr Plan schien aufzugehen, die Menschen begannen zu kapieren.

Ein Glück dass ihre Bande so ziemlich für alles offen war.

Denn wenn sie sich das Gespräch mit Yumes Elterntier nochmal durch den Kopf gehen ließ, wurde ihr nach und nach immer klarer, dass es sicherlich nicht beim Austausch von ein bisschen Wissen bleiben würde.

Die gegenwärtige Situation verlangte Taten.

Und damit meinte sie nicht nur die teils vergessenen oder verschollenen Artefakte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Kirara verteilt fleißig ihr Wissen und Sesshoumaru erklärt sich bereit, Informationen zu sammeln. Ob beide wissen, was sie sich mit ihrem Vorhaben alles eingebrockt haben?
Im nächsten Kapitel, "Bilanz", geht es um Rätsel, Kinder und misshandelte Flohgeister. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Avialle
2013-08-13T15:11:38+00:00 13.08.2013 17:11
Hm
Ein interessanter Gedanke, warum sich die Menschen immer weiter ausbreiten. Bleibt aber die Frage, warum die niederen Youkai so durchdrehen.
Und was manche der Herrschaften aushecken *hust*
Sess darf nun Infos sammeln, da kommt doch sicher freude auf *gg*
Was Kiraras Vorhaben angeht, hatte ich mit meiner Vermutung wohl recht. InuYasha war ja einfach mal typisch! Bin gespannt, wie die Gruppe reagiert, wenn Kirara mal fertig ist, mit dem, was sie sagen will
Warum Myouga aufgetaucht ist, wär auch mal gut zu wissen.
Viele, viele Fragen bei dir hier!
Das ist ja richtig gemein *versuch vorwurfsvoll zu gucken*
Antwort von:  Mimiteh
13.08.2013 20:29
Fragen, die sich klären werden - aber natürlich noch nicht jetzt^^
Und bei Sess kommt vorerst aus anderen Gründen Freude auf, aber was soll der arme Kerl machen, wenn auf ein und derselben Feier zwei weibliche Wesen herumlaufen, die ihn auf unterschiedliche Weise nerven^^


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