Beziehungen
Am nächsten Morgen wurden Väter und Söhne unsanft durch den Klang des Telefons geweckt. Brummend pellte sich der Detektiv aus der Decke und verließ das Gästezimmer um im Flur das Telefon abzunehmen. Dort traf er auf den verschlafenen Heiji der neugierig das Telefonat verfolgen wollte.
„Ja hier Kudo…“ meldete sich dieser und gähnte während er auf eine Antwort wartete.
Doch was er da hörte, vertrieb ihm augenblicklich die Müdigkeit.
„Ist gut, Kenji. Ich bin in einer halben Stunde vor Ort. Team A soll sich auf den Weg machen alles Weitere dürfte klar sein!“ Der Mann am anderen Ende bestätigte und Shinichi legte auf.
„Was ist passiert Papa?“ fragte Shinji der ebenfalls neugierig den Kopf durch die Tür steckte.
„Etwas Schreckliches…Der Parteivorsitzende Kishimoto wurde Gesternacht in seinem Haus überfallen. Die Verbrecher haben seine kleine Tochter entführt. Er selbst wurde verletzt und seine Frau im Handgemenge erschossen! Das Kindermädchen, dass mit im Haus lebte wurde kaltblütig umgebracht, als sie sich wehrte.“
„Das ist nicht gut…“ seufzte Heiji. „Ich würde gern mithelfen…“
„Nichts lieber als das…“ stimmte Shinichi zu. „Wenn du willst fragen wir den Professor ob er auf Kei und Kazuo aufpassen kann!“
„Wieso Shinji könnte doch...?“ wollte Heiji einwenden. Der Betroffene verzog sein Gesicht, auf Babysitten hatte er nun wirklich keine Lust.
Shinichi drehte sich kurz zu Shinji um und grinste. „Nein lass mal, mit meinem Sohn habe ich was anderes vor!“
„Ach und das wäre?“ Shinji lächelte hoffnungsvoll.
„Auch du wirst mir zur Hand gehen! Zwei Kudos sehen mehr als einer!“ grinste er breiter und Heiji lächelte. Es war erstaunlich wie schnell sich scheinbar Shinichi an den Vatergedanken gewöhnte.
„Alles Klar!“ rief Shinji und verschwand voller Stolz im Zimmer um sich umzuziehen…
Dann aber fiel Heiji das überlegene hochmütige Grinsen seines Kollegen auf. Er kannte Shinichi gut genug um zu wissen, dass da noch mehr dahinter steckte.
„Shinichi was hast du vor?“
„Mmh, dir kann ich wohl nichts vormachen. Kishimoto ist Parteivorsitzende der rechten Partei, wie du weißt. Ergo wird auch bei seinen Freunden in den USA die Schreckensnachricht von diesem kaltblütigem Überfall erscheinen. Und was glaubst du wer mit ein bisschen Glück und einer Live-Reportage ihren Sohn und dessen Vater im Fernsehen sieht?“
„…Ran….“ Heiji schluckte.
„Bingo!“ grinste Shinichi.
„Aber…“ versuchte Heiji einzuwenden… „Wäre es nicht besser wenn du mit Shinji zu ihr fliegst und erstmal versuchst die Sache zu klären?“
Shinichi hielt inne, wusste er doch, dass seine Selbstsicherheit nur Fassade war…Denn auch seine Eltern würden dann davon erfahren und diesen wollte er am wenigsten einen solchen Schock zumuten.
„Sicher hast du Recht…“ er seufzte… „Ich werde mich zurückhalten so gut ich kann. Shinji wird aber trotzdem mitkommen, wenn er möchte.“ erwartungsvoll musterte der Detektiv seinen Sohn der lächelnd in der Tür stand. „Ich bin gespannt!“
Es war spät am Abend und wie immer staute sich der Verkehr auf Manhattans Straßen. Die hellen Lichter der Stadt hüllten die belebten Gehwege in ein sanftes Licht, welches sich durch verschieden bunte Neonlichter von den Autoscheinwerfern absetzte.
Mehr durch Zufall erfuhr Ran, als sie auf dem Heimweg in ihrem Auto saß, von dem Kaltblütigen Überfall der sie auf den japanischen Politiker ereignet hatte. Doch leider war der Bericht des Radiosprechers sehr dürftig, was die 34-Jährige zunehmend verärgerte.
Genervt stellte sie das Radio ab und blickte verzweifelnd auf die lange Autoschlange vor ihr. Es war ein Wunder als sie eine Stunde später ihr trautes Heim erreichte und den Wagen in die Garage stellen konnte. Als sie das Wohnzimmer betrat, schmiss sie ihre Aktentasche auf den Esstisch, schaltete den Fernseher an und lauschte von der Küche aus den Ansagen des Nachrichtensprechers. Während den Lokalnachrichten setzte sie Wasser auf und machte sich einen Tee, erst als sie die Ankündigung für den Kishimoto- Überfall vernahm, betrat sie wieder das Wohnzimmer.
„Gesternnacht ereignete sie ein schreckliches Schauspiel in dem Haus des Parteivorsitzenden in Tokio. Nach angaben der Polizei, schafften es drei Unbekannte in das eigentlich gesicherte Haus einzudringen und die Tochter Kishimotos zu entführen. Der Hausherr wurde nur verletzt, jedoch erlagen seine Frau und das Kindermädchen ihren Verletzungen…. Vor Ort befindet sich Thomas Blake mit Polizeiinspektor Wataru Takagi und dem Ermittler des japanischen Geheimdienstes Shinichi Kudo…“
Ran horchte erschrocken auf und verfolgte die Bildüberleitung, wo nun Takagi mit dem Reporter vor der Kamera stand, Shinichi hingegen befand sich noch etwas im Hintergrund und schien sich noch mit ein paar Ermittlern zu unterhalten. Doch dann erkannte sie eine kleinere Person, die interessiert daneben stand. Erst als sich Shinichi abwandte und dem Reporter widmete, konnte sie für einen kleinen Moment sein Gesicht erkennen. Erschrocken ließ sie die Teetasse fallen, die klirrend auf dem Dielenboden zersprang. Die Person, die sie anfänglich für einen jungen Ermittler gehalten hatte entpuppte sich als ihr Sohn, der sich zuvor zwanglos mit seinem Vater unterhalten hatte. Gedankenverloren musterte sie Shinichis Gesicht als dieser voll Selbstsicherheit jede Frage des Reporters beantwortete. Nach schier unendlich langer Zeit sah sie ihn wieder als den Vater ihres Sohnes ohne diese Tatsache verdrängen zu können. Sie ahnte, dass Shinichi die Wahrheit bereits kannte, selbst wenn dem nicht so wäre, würde jedoch Shinji bemerkt haben das Shinichi sein Vater ist, da war sie sich sicher.
Wie er wohl reagieren würde? Sicher wäre er schrecklich wütend und verzweifelt, von ihr enttäuscht. Was sollte sie nur tun? Ihn anrufen…nach all den Jahren des Schweigens? Sie kam sich so Machtlos vor. Sie hatten damals abgeschlossen, ihre Wege hatten sich getrennt und selbst Shinjis Geburt hätte nichts daran ändern können. Sie hatte Angst gehabt. Angst, dass ihr Sohn eine ähnliche Scheidungskindheit wie sie erleben würde. Und diese Angst kam nun wieder hoch. Ihr blieb keine andere Wahl, sie musste mit ihm reden.
Es war Mitternacht als, Shinichis Auto durch das Eisentor fuhr und seine Passagiere entließ.
Gähnend streckte sich Heiji und bemerkte das Schwache Licht, welches vom Fenster herüber schien. Auch Shinji gähnte und hielt sich seinen knurrenden leeren Magen. Fast zwölf Stunden hatten sie sich mit dem Fall beschäftigt und waren schließlich zu einem erschreckenden Ergebnis gekommen. Es waren angeheuerte Verbrecher gewesen die des Nachts in das Haus eingedrungen waren. Doch nicht von Seiten der gegnerische Partei sondern von Kandidaten der Eigenen. Mit vereinten Kräften hatten sie Motive und Beweise gesucht und überprüft, bis sich das Puzzle langsam zusammengefügt hatte.
Stolz schielte Shinichi zu seinem Sohn. Wie souverän Shinji gehandelt hatte, als sie das Versteck der Verbrecher hochgenommen hatten…doch auch davor hatte er große Kombinationsgabe bewiesen und gut mit seinen Ermittlern kooperiert.
Als er auf dem Weg zur Haustür an ihm vorbeiging, sein lautes Magengrummeln vernahm, lächelte er und wuschelte durch sein dunkelbraunes Haar. „Keine Sorge! Ich werde sofort anfangen zu kochen!“ etwas peinlich berührt kratzte sich Shinji am Hinterkopf und folgte schließlich den Erwachsenen ins Wohnzimmer.
„Da hast du aber Glück dass ich Zeit hatte zum einkaufen, Shinichi!“ erwiderte eine weibliche Stimme.
Überrascht blieben Polizist und Detektive im Türrahmen stehen, als sie gegenüber dem Professor keine geringere als Shiho erblickten. Der Professor lächelte matt und legte seine Spielkarten auf dem Tisch ab um in Ruhe zu erklären.
„Die Sache ist die, als ich den Zwillingen etwas zu essen machen wollte, stellte ich fest, dass der Kühlschrank so gut wie leer war. Also bat ich Shiho für uns einzukaufen!“
„Danke Shiho!“ Shinichi lächelte und verzog dann etwas enttäuscht das Gesicht. „Aber seit wann bist du wieder in Japan? Du hättest dich ruhig mal melden können!“
„Nicht nur du hast viel zu tun, Shinichi. Das FBI ist einer Geldschmugglerbande auf den Fersen, die bereits Zahlreiche Menschen auf dem Gewissen hat, ich hatte keine Zeit um Freunde zu besuchen…Aber um deine Frage zu beantworten…ich bin jetzt drei Wochen hier. Leider herrscht seit vier tagen Funkstille und es sieht so aus, als hätten wir die Verbrecher aus den Augen verloren.“
„Wir?“
„Jody und Shuichi sind auch auf den Fall angesetzt!“
„Ist ja interessant!“ grinste Shinichi.
In Shinjis Augen wirkte die Unbekannte etwas jünger als sein Vater, was ihre elegant anziehende Aufmachung unterstrich. Ihre naturblonden Haare waren Schulterlang und der knielange dunkelrote Rock betonte ihre langen Beine.
Noch immer schaute Shinji skeptisch zwischen seinem Vater und der FBI Agentin hin und her was Shiho belustigt musterte.
„Keine Sorge Kleiner, ich hatte nichts mit deinem Vater! Schade eigentlich…“ Diese ernste Aussage trieb Vater und Sohn die Röte ins Gesicht. Nur Heiji und der Professor, die alles belustigt verfolgt hatten, fingen an zu Lachen.
„Aber, wieso ‚eigentlich’?“ hakte Shinji interessiert nach, als er seine Sprache wiederfand. Shinichi wollte schon eingreifen als ihm Shiho frech zuvor kam. „Na ja, nachdem er seine erste große Liebe aus seinem Leben verbannt hatte, hat er sich wie ein Verrückter in seine Arbeit gestürzt und niemanden mehr an sich herangelassen….“
„Shiho lass es sein! Das muss er nun wirklich nicht wissen!“ unterbrach Shinichi sie ärgerlich. Doch die Blondine fuhr fort. „Erst als ihn Einsamkeit drohte aufzufressen, besann er sich etwas, doch zu einer lang anhaltenden Beziehung kam es nie… Ich lege keinen Wert darauf eine von Vielen zu sein…denn mitunter hat er mit den Frauen geschlafen und sie dann fallen gelassen…“
Entrüstet horchte Shinji, doch die Agentin verstummte.
„Wenn du gerade dabei bist, erzähl ihm noch von Reiko, du scheinst dich ja in meinen Beziehungen gut auszukennen!“
Murrend verließ Shinichi das Wohnzimmer und betrat die Küche. Er hatte kein Interesse daran seine Beziehungskrisen noch einmal aufzurollen. Rechtfertigen brauchte er sich nicht, schließlich stimmte das was Shiho erzählt hatte. Nur das sein Sohn durch sie davon erfahren musste, missfiel ihm.
„Wer ist Reiko?“ fragte Shinji noch immer erstaunt und neugierig. Er wusste, dass es ihn eigentlich nichts anginge, doch die Exfreunde seiner Mutter kannte er und nun wollte er auch wissen, mit wem sein Vater in den 16 Jahren zusammen gewesen war.
„Ich kannte sie nicht sehr gut…“ gab die Frau zu, die ihm später mit Miyano vorgestellt wurde. „Doch sie war sehr schön und hatte ein gutes Herz.“ „Vor allem aber, ähnelte sie deiner Mutter …“ ergänzte Hattori und setzte sich auf das Sofa zu den anderen. „In wie fern?“ warf Shinji ein.
„Auch sie waren zuvor Freunde und für einander da gewesen, und als sich schließlich Liebe daraus entwickelte, war es nicht weiter verwunderlich als sie zwei Jahre Später ihre Verlobung bekannt gaben…“ erklärte der Professor.
„Doch dann kam es zum Streit und sie hat deinen Vater vor einem halben Jahr verlassen…“
„Ich verstehe…“ hauchte Shinji und ließ sich ebenfalls auf dem Sofa nieder.
Plötzlich war er sich nicht mehr sicher, ob er wirklich alles wissen wollte. Es musste seinen Vater sehr verletzt haben, als sie ihn verlassen hatte.
***
Sorry erstmal das dieses kap sooo lange gebraucht hat! da war aber auch was los bei mir zu hause! erst war ich ne Woche krank und dann musste ich mich um meine kranken eltern kümmern...
also tut mir leid!!!!
eure L-o-h-chan