Die spontane Überraschung
Kapitel 10
Marron konnte an nichts anderes mehr denken, als an diese so genannte "Blonde Schönheit". Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein? Wahrscheinlich war sie nur eine von Vielen gewesen. Natürlich war es für Chiaki einfacher, sich eine gewisse Auswahl an junger, hübscher Mädchen zu besorgen und sich am Ende die Beste zu schnappen. Darauf würde sie nicht reinfallen. Sie hatte auch ihre Prinzipien und eine davon war: Lass dich nie auf so einen Playboy ein. Ihr Plan war simpel. Sie würde zu ihm gehen, die Überraschung auskosten, zufällig eine SMS bekommen und dann verschwinden. Wenn sie ihr Handy bei ihm vergessen würde, wäre es doch zu verlockend ihren Posteingang zu durchstöbern und dann boom eine nette SMS von einem Adriano zu lesen. Marron grinste in sich hinein. Nun musste sie nur noch ihre beste Freundin Miyako aufsuchen und ein bisschen hin und her texten. Schon hatte sie ihren perfekten Scheinverehrer geschaffen. Erst dann würde Chiaki, wenn ihm überhaupt etwas an Marron lag, merken wie es sich anfühlt so etwas heraus zu finden.
"Marron? Das ist nicht dein Ernst oder?" "Natürlich ist es das. Was würdest du denn an meiner Stelle tun?" "Ich sag ja nicht, dass es schlecht ist. Ich hätte so etwas nur nicht von dir erwartet." "Ist doch jetzt egal. Hilfst du mir oder nicht?" "Natürlich helf ich dir!" Zusammen schrieben sich die beiden SMSen um Postein und -ausgang zu füllen. Bei diesem Geschnülze mussten beide unwillkürlich anfangen zu lachen. "Miyako das ist echt fies, aber effektiv!" "Tja er hätte sich eben vorher überlegen sollen, ob er sich mit dir anlegt. Jetzt solltest du dich aber fertig machen. Weißt du, was ihr machen werdet?" "Nein, sonst wäre es ja keine Überraschung mehr." "Ich wette der Trottel weiß nicht mal selbst was ihr machen werdet." "Damit könntest du gar nicht mal so falsch liegen. Ich frag mich nur was ihm das Bringen soll." "Ich hab auch keine Ahnung. Auf jeden Fall darfst du nicht schwach werden und musst ihm die kalte Schulter zeigen." "Nein...Ich werd genau das Gegenteil tun." "Bitte??" Miyako schluckte. Das war doch nicht ihr Ernst. "Wie heißt es so schön? Wenn es am Schönsten ist, sollte man gehen. Du schickst mir genau um 20.33 Uhr eine SMS und bis dahin werde ich den Abend in eine, für ihn, schöne Richtung gelenkt haben. Dann winke ich ihm und lasse ihn sitzen. "Und du meinst, er würde dich gehen lassen?" "Mach dir darum mal keine Sorgen. Ich schaff das schon!"
Die beiden Freundinnen trennten ihre Wege und Marron ging zurück in ihre Wohnung, wo sie sich auf den Abend vorbereitete. Sie zog extra ein hübsches Kleid an, welches für den Winter eigentlich viel zu kalt war aber sie würde sich von ihrem Gastgeber wärmen lassen und so eine weitere Regel der Gastfreundlichkeit schaffen.
Chiaki währenddessen war am Verzweifeln. Ein einfaches Abendessen war so voraussehbar, ein Videoabend zu einfach und tanzen gehen vielleicht nicht ihr Ding. Er brauchte etwas, was Widererkennungswert hatte, etwas was sie nie vergessen würde. Seine Idee musste sich einfach von so vielen anderen abheben. Und da kam ihm ein Geistesblitz. Es war nicht gerade die beste Idee, aber es war eine Idee. Das war doch die Hauptsache. Er musste nicht mal viel vorbereiten und Marron würde trotzdem viel Spaß haben und er könnte ihr beweisen, wie spontan er war. Er war voll und ganz von seiner grandiosen Idee überzeugt und ging in den Keller um einen wichtigen Bestandteil des heutigen Abends hoch zu holen bzw. es vor die Türen des Orleans zu stellen. Nun musste er sich aber auch ranhalten. Er wollte sich doch noch umziehen und sich wenigstens etwas schick machen.
Um Punkt sieben Uhr stand Marron vor seiner Haustür. Etwas nervös war sie schon, immerhin hatte sie es noch nie gebracht einen Mann hinters Licht zu führen. Was hatte er wohl mit ihr vor? Und sollte sie ihn vielleicht einfach doch nur auf diese Frau ansprechen? Sie wusste es nicht. Die Tür öffnete sich und Marron schaute verwirrt, wenn nicht sogar geschockt. Ihr luftiges kurzes Outfit passte wohl kaum zu Chiakis dickem, warmem Skianzug. "Chiaki?" "Hallo Engelchen. Sexy... aber vielleicht doch eine Spur zu kalt mein Schatz." "Wie?" "Nun ja... Du solltest dir etwas Wärmeres anziehen, sonst holst du dir noch den Tod!" "Aber..." Chiaki schloss seine Tür und kam auf sie zu, drehte sie, hielt sie an den Hüften fest und lief mit ihr zu seinem Auto, wo er sie zurück zu ihr fuhr. So etwas in der Art hatte er sich schon gedacht, deshalb hatte er seinen Teil der Idee auch vor dem Orleans geparkt. Er ging mit ihr nach oben, schob sie in Richtung Tür und stand dicht hinter ihr. "Such dir ein paar wärmere Sachen." hauchte er ihr ins Ohr. Marron wollte die Tür aufschließen, doch zitterte sie so sehr, dass es unmöglich für sie war, das Schlüsselloch zu treffen. Chiaki legte seine Hand auf ihre und schloss die Tür auf. Diese Reaktion auf seine Nähe hatte er überhaupt nicht erwartet. Aber dagegen hatte er auch nicht wirklich etwas einzuwenden. "Chiaki was hast du vor?" "Lass dich überraschen!"
Er ging mit ihr zu ihrem Kleiderschrank. "Aber du siehst wirklich bezaubernd aus." Er schaute an ihr herunter. "Wie hast du es nur geschafft, so heil zu mir zu kommen?" "Naja, es war schon ziemlich kalt." "Von der Kälte abgesehen..." "Wie meinst du das?" "Ich hätte dich sofort in mein Auto gezerrt und geklaut. Und dann hätte ich sonst was mit dir angestellt." flüsterte er ihr ins Ohr und zog sie an sich. Marron stockte der Atem. Das brachte mal wieder ihre ganze Planung durcheinander. Sie musste immun gegen seine Berührungen sein, doch das war sie so gut wie gar nicht. Er konnte sie schon immer mit ein paar Küssen außer Gefecht setzen und das wusste er auch ganz genau. Wie sollte sie da eine Chance haben, klar zu denken? Chiaki ging mit ihr dichter an den Schrank. "Hmm was haben wir denn da? Das sieht doch ganz warm aus! Zieh das hier an."
Marron nickte nur, verschwand im Bad und zog sich schnell um. Sie spritzte sich Wasser ins Gesicht, um wieder zur Vernunft zu kommen. Doch alles, sein Geruch, seine Lippen, seine starken Arme... Alles zog sie magisch an. Wieso musste er nur so ein Playboy sein? Sie hatte sich so sehr gewünscht die Einzige in seinem Leben zu sein, doch so sollte es nun mal nicht sein. Er hatte sie sowieso nicht verdient. Mit frisch getankter Kraft, verließ sie das Badezimmer und zog sich ihre Jacke wieder an. "So wegen mir kann es losgehen. Auch wenn ich etwas misstrauisch bin, was diese Überraschung anbetrifft." "Keine Sorge es wird dir gefallen!" Chiaki schnappte sich Marrons Hand und lief mit ihr die Treppen runter.
"Da deine Überraschung!" Er zeigte auf das Exemplar, welches er vor wenigen Stunden, aus seinem Keller genommen hatte. Marron musste anfangen zu lachen. "Das ist nicht dein Ernst, oder?" "Natürlich ist das mein Ernst!!!" "Du willst mit mir Schlitten fahren gehen??" "Stimmt, ganz genau! Also lass uns losgehen! Da hinten kann man super Schlitten fahren!" "Aber es ist doch schon dunkel!" "Na und? Wen stört es? Mich jeden falls nicht!" "Aber..." "Hast du Angst? Keine Bange dein Lebensretter wird dich nicht aus seinen Augen lassen!"
Na wenn er ihr Lebensretter war, war sowieso alles verloren. Er nahm wieder ihre Hand und mit der anderen Hand, zog er den Schlitten hinter sich her. Er hatte schon alles geplant. "Deshalb wäre auch dein bezauberndes Kleidchen viel zu kalt gewesen." Marron nickte nur. Sie hatte große Sorgen, ihren Plan durchzuführen. Sie konnte ja schlecht ihr Handy im Schnee vergessen. Wieso musste er ihr auch immer einen Strich durch die Rechnung machen? Sie konnte nur hoffen, er würde ihr das Handy einfach so abnehmen, um seiner Neugierde freien Lauf zu lassen. "So Schatz, du setzt dich nach vorne." "Nenn mich nicht immer Schatz!" "Dagegen kannst du gar nichts tun." Chiaki grinste. Marron setzte sich nach vorne und Chiaki direkt hinter sie. Da war es wieder, dieses Kribbeln im Bauch. Chiaki schloss seine Arme um sie und drückte sie an sich. "Halt dich vorne fest." sagte er und nahm mit einem Bein Schwung. Chiaki klammerte sich etwas an sie und beide fuhren den Schnee bedeckten Hügel herunter. "Chiaki nicht so schnell!!" rief Marron und lachte fröhlich. "Nach links!" beide verlagerten ihr Gewicht so, dass sie nach links fuhren und etwas mehr.
Natürlich gehörte das alles auch noch zu Chiakis Plan. Beiden landeten im Schnee und Chiaki, wie sollte es auch anders sein, lag direkt auf ihr. "Uff...Sturzflug." "Also ich bin weich gefallen." "Chiaki geh von mir runter!" "Mir gefällt es aber so ganz gut!" Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelte sie an. Er kam ihr näher und knabberte etwas an ihrem Ohr. Nun ja es war nicht gerade der gemütlichste Platz, um mit Marron zu kuscheln, aber Zeit und Ort waren ja egal, solange die Gesellschaft stimmte. Marron erschauderte sofort und wieder begann alles in ihr zu kribbeln. "Ich halte es keine Sekunde mehr ohne dich aus Marron... Wenn du nachts nicht bei mir bist, schlafe ich keine Sekunde ruhig." hauchte er ihr ins Ohr. War das wieder eine seiner Maschen, eine komplette Castingshow mit wunderschönen Frauen voll zu kriegen? Wenn sie ehrlich zu sich war, hatte sie ihm seine Lügen schon fast abgenommen. "Ich will dir einfach nur noch nahe sein." sprach er weiter und kam ihren Lippen gefährlich nahe. Marron selbst wusste, wenn er sie jetzt küssen würde, könnte sie gar nicht mehr klar denken und würde ihm so ziemlich alles erlauben. Doch zum Glück piepte genau im richtigen Augenblick ihr Handy, sodass sie aus ihrem Traum erwachte und ihn von sich drückte. "Tschuldigung" Sie las die SMS. "Chiaki, ich muss jetzt gehen! Ich hab noch eine Verabredung!" "Was? Du kannst doch jetzt nicht gehen!" "Tut mir leid, Chiaki." "Wo musst du denn hin?" "Ehm." Sie stand auf und suchte nach einer Ausrede, die ihn stutzig werden lassen würde. "Ich treffe mich mit einem Freund." Chiaki schnappte ihr das Handy weg und las die SMS...
"Meine Süße, ich freu mich schon auf gleich. Ich hoffe du hast es dir nicht anders überlegt! In Liebe dein Adriano *kuss* ...Was soll das Marron?? Ein Freund? Danach sieht es mir aber nicht aus!" "Chiaki ich muss jetzt gehen!" Sie schnappte sich das Handy und musste ein Grinsen unterdrücken. Perfekt. "Nein! Ich lass dich nicht gehen!" Er zog sie zu sich und schaute sie an. "Wer ist das? Liebst du ihn?" "Chiaki lass das!" "NEIN. Ich lass dich erst los, wenn du mir alles erzählt hast!" Er drückte sie sanft, jedoch bestimmend an einen Baum und wartete auf ihre Story. "Chiaki das geht dich nichts an!" "Das geht mich sehr wohl was an! Du spielst mit meinen Gefühlen!" Was verstand er schon unter Gefühlen? Mit seiner "blonden Schönheit" konnte er ja auch problemlos rummachen.
