Hilfe, ich liebe den Vater meiner Tochter! von Tea_Kaiba (Azureshipping - mit 16 Jahren Verspätung) ================================================================================ Kapitel 6: Wahrheit ------------------- Tea kam erst wieder richtig zu Bewusstsein, als der Richter verkündete "Kommen wir zur Beweisaufnahme." Was die Gegenpartei zu sagen hatte, plätscherte an ihr vorbei, zum Glück hatte sie sich die Argumentation zuvor auf dem Papier angesehen. Was war nur mit ihr los? Eigentlich überflüssig, das zu fragen... "Ich bitte jetzt die Verteidigung des Angeklagten, ihren Standpunkt vorzutragen." Schnell erhob sie sich. Sie konnte sich keinen Fehltritt leisten. "Nun... wie die Klägerin klargestellt hat, ist nicht zweifelsfrei auszuschließen, dass mein Mandant der Vater des Kindes ist. Allerdings bitte ich das Gericht, zur Kenntnis zu nehmen, dass sich die beiden Parteien der Aussage meines Mandanten zu Folge schon beinahe ein Jahr VOR der Geburt des Kindes offiziell getrennt hatten. Da Mr. Kaiba eine gewisse Tendenz zeigt, Kinder außerhalb seiner Beziehungen zu haben..." Sie wurde unterbrochen. "Könnten sie diese Aussage bitte präzisieren?" Was hatte sie da nur gesagt? Das kam davon, wenn man seine Gefühle ins Arbeitsleben ließ... "Ich will damit sagen, dass mein Mandant bereits eine uneheliche Tochter hat, was ich zweifelsfrei bestätigen kann. Ich bin die Mutter." Seto mischte sich ein. "Was soll das? Das tut hier nichts zur Sache!" zischte er. "Was hier etwas zur Sache tut und was nicht, entscheide immer noch ich! Hättest du dir eben einen anderen Anwalt gesucht!" Sie schreckte hoch, als ein lautes Klopfen ertönte. "Würden sie ihre Privatgespräche bitte auf später verschieben? Danke. Mr. Kaiba, können sie bestätigen, was ihre Verteidigerin gesagt hat?" Mit einem giftigen Blick auf die Person, die ihm das eingebrockt hatte, stand der Angesprochene auf. "Ich kann bestätigen, dass ich ein Kind mit der Frau habe, die ich liebe. Wenn das neuerdings ein Verbrechen ist, dann hat mir das wohl noch niemand gesagt. Allerdings glaube ich kaum, dass es etwas mit unserem gegenwärtigen Prozess zu tun hat." Seine Stimme war kontrolliert, keine Regung bestätigte den Inhalt seiner Worte. Immer noch nicht ganz sie selbst stieß Tea ihren Stuhl zurück und stürmte aus dem Saal. Ich hätte diesen Fall gleich jemand anderem übertragen sollen... Wie konnte ich nur jemals denken, dass ich dem gewachsen bin? Hinter ihr brach Gemurmel los, das der Vorsitzende der Verhandlung aber schnell beendete. "Das Verfahren ist geschlossen. Das Gericht wird die Aussagen und Beweise prüfen und sein Urteil dann schriftlich verkünden." Zwei verwirrende Wochen später traf endlich der Brief des Gerichtshofes ein. Seto saß gerade über seiner Buchhaltung, und froh über die Ablenkung, die ihm die Unterbrechung durch Roland gewährte, öffnete er sofort den Umschlag. Die üblichen Höflichkeitsfloskeln überflog er nur. "Sehr geehrter Mr. Kaiba... ... nach reichlicher Prüfung aller Fakten... können wir Ihnen mitteilen, dass ein von unserem Labor durchgeführter Gentest ihre Vaterschaft zweifelsfrei ausschließen konnte. Die Kosten der Verhandlung trägt die Klägerin." Wenigstens etwas. Vermutlich sollte er jetzt Tea Bescheid sagen. Er wollte schon nach dem Telefon greifen, aber vermutlich würde sie nur gleich wieder auflegen, sobald er sich meldete. Also warf er sich seinen obligatorischen Mantel über und machte sich auf den Weg zu ihrer Wohnung. Die Klingel schrillte, als Rowena gerade aus der Dusche kam. Sie hatte heute ausnahmsweise einmal ausgeschlafen - schließlich waren Ferien - und so war es jetzt schon beinahe Mittag. Schnell schlüpfte sie in ihren Bademantel und riss die Wohnungstür auf. Vor ihr stand ihr Vater. "Hallo. Hab ich was verpasst, wollten wir uns heute treffen oder so?" Er schüttelte den Kopf. "Nein. Ich wollte zu deiner Mutter." Die Grimasse, die sie zog, missverstehend fügte er schnall hinzu: "Keine Sorge, ich bin nicht gekommen, um mich schon wieder mit ihr zu streiten. Aber das Urteil des Gerichts ist heute angekommen und ich dachte, sie will bestimmt wissen, wie es ausgefallen ist." Offensichtlich fühlte sich seine Gesprächspartnerin nicht wohl bei diesem Thema, denn wie um Zeit zu schinden lud sie ihn erst umständlich in die Wohnung ein und bot ihm einen Platz im Wohnzimmer an. Dann begann sie zögernd: "Das will sie bestimmt wissen... aber sie ist nicht da." Seto verstand nicht, was daran so schlimm sein sollte, aber etwas riet ihm, genauer nachzufragen. "Wo ist sie denn dann?" Das Mädchen auf dem Sessel gegenüber rutschte etwas unbehaglich auf ihrem Platz hin und her, dann antwortete sie wiederwillig: "Sie heiratet heute." Erst langsam scheinen die Worte ins Verständnis des Brünetten zu sickern. "Sie tut - was? Wen heiratet sie?" Rowena seufzte. "Ihren Freund. Einen Arbeitskollegen... Ramelley. Ein bescheurtet Name, wenn du mich fragst." Das war im Moment allerdings Setos geringste Sorge. "Wo?" rief er, schon im Aufspringen. Er fing sich ob seiner Reaktion einen irritierten Blick ein, bekam dann aber schnell eine Antwort. "In der Kapelle am Fluss. Du weißt schon - dieser Kitschkapelle. Das war nur ein Grund, warum ich mich geweigert habe, mitzukommen." Tea war nervöser, als sie es hätte sein können, wenn sie sich diese Hochzeit wirklich gewünscht hätte. In Wirklichkeit tat sie es nur, weil sie keinen vernünftigen Grund dagegen fand. Schließlich war Ramelley immer sehr nett zu ihr und sie konnte sich gut mit ihm unterhalten und alles... Aber er ist nicht Seto. Es kostete sie wirklich Mühe, diese boshafte kleine Stimme aus ihrem Kopf zu vertreiben. Was spielte das schon für eine Rolle? Umso besser! Seto hatte sie doch nur enttäuscht. Die Worte des Pfarrers rieselten an ihr vorbei. "Wenn jemand etwas gegen diese Ehe einzuwenden hat, moege er jetzt sprechen oder für immer schweigen." Krachend flog einer der Türflügel auf. In der Öffnung stand eine hochgewachsene Gestalt, die Tea im Gegenlicht nicht erkennen konnte. Sekunden später war das Rätsel gelöst, die Stimme hätte jeder in der Kapelle auf Anhieb identifizieren können. "Mit Freuden. ICH habe etwas dagegen einzuwenden!" Seto richtete seine Augen auf Tea. "Wenn du ihn wirklich liebst, dann verlasse ich auf der Stelle diese Kirche. Aber das musst du mir erst ins Gesicht sagen." Es war so still, dass man das Summen einer Biene am geschlossenen Fenster hören konnte. Ein paar Minuten lang starrte Tea den Mann an, den sie sich eingebildet hatte, zu lieben. Oder den ich immer noch liebe. Jetzt konnte sie es schließlich zugeben. Nach dem heutigen Tag würde sie ihn hoffentlich nie wieder sehen. Sie wollte antworten, aber ihre Stimme schien verschwunden zu sein. Also wandte sie sich nur ab und senkte den Blick auf den Boden. Seto sah einen Moment lang so aus, als könnte er nicht glauben, was er da sah. Dann drehte er ihr langsam den Rücken zu und verließ die Kapelle wieder. Als die Tür hinter ihm zuschlug, hallte der Klang in der kleinen Kirche wieder wie die Ankündigung des jüngsten Gerichts. Jedenfalls, was zwei Menschen betraf. "Ähm..." Der Priester räusperte sich. "Können wir fortfahren?" Offensichtlich hatte es ihn doch ziemlich erschüttert, dass jemand seiner Aufforderung tatsächlich Folge geleistet hatte, ausserdem wollte er die Peinlichkeit der Situation verscheuchen. Tea nickte nur. Sie wagte es nicht, ihren zukünftigen Mann anzusehen, aus Angst, man könnte ihr ihre Verwirrung ansehen. "Ramelley Chikamatsu, ich frage Sie, wollen Sie die hier anwesende Tea Gardner zu ihrer Frau nehmen, sie lieben..." Ramelley schien mit jedem Wort, das der Pfarrer aussprach, nur noch mehr zu strahlen, während Tea das Gefühl hatte, ihr Magen wolle sie durch die Hintertuer verlassen, um es mal vornehm auszudruecken. "Ja, ich will." Antwortete er ohne Zögern. "Tea Gardner, ich frage auch Sie. Wollen Sie den hier anwesenden Rameley Chikamatsu zu ihrem Mann nehmen, ihn lieben, achten und ehren, ihm treu sein in guten wie in schlechten Tagen, bis dass der Tod euch scheidet?" Na los, sag schon ja, und du hast es hinter dir! Tu es einfach! Fünf Minuten lang herrschte Stille im Raum, ganz im Gegensatz zu Teas Kopf. Dann - "Nein." Flüsterte sie. Alle Blicke richteten sich geschockt auf sie, Ramelleys Verwandte hielten die Eskapade vielleicht fuer einen geschmacklosen Scherz, waehrend Teas Freunde sich nur wissend ansahen. "NEIN!" schrie sie diesmal, um gleich darauf fast über ihr Kleid stolpernd aus der Kirche zu rennen. Offenbar musste Seto erst das Erlebte verdauen, denn er war noch nicht einmal um die Ecke verschwunden, so langsam ging er. "SETO!" Abrupt blieb er stehen, drehte sich aber noch nicht um. "Was ist? Soll ich dir jetzt gratulieren?" Ein paar Meter hinter ihm blieb Tea stolpernd stehen. "Das wäre nicht schlecht. Schließlich habe ich gerade die erste vernünftige Entscheidung seit Jahren getroffen." Er lachte auf, aber es klang kein Fünkchen Humor oder Freude darin. "Ich bitte dich. Ich soll dir auch noch dazu gratulieren, dass du letztendlich einen Anderen geheiratet hast?" Tea wusste nicht, ob sie lachen oder heulen sollte. "Nein, du Idiot! Dazu, dass ich es nicht getan habe!" Und dann fiel sie ihm um den Hals. Ganz einfach, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. "Wie machst du das? Dass ich dich immer noch liebe?" Er sah sie nur überrumpelt an, obwohl ihm die Situation keineswegs unangenehm zu sein schien. "Ja, ich liebe dich! NUR DICH!" Rief Tea wieder, wie um zu testen, wie sich diese Worte auf der Zunge anfühlten. Und brach in Tränen aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)