Hilfe, ich liebe den Vater meiner Tochter! von Tea_Kaiba (Azureshipping - mit 16 Jahren Verspätung) ================================================================================ Kapitel 4: Durch meine Finger rinnt die Zeit -------------------------------------------- Songtexte in diesem Kapitel: - "Slipping through my fingers" von ABBA (http://de.youtube.com/watch?v=gkkVIvIePPY) ********************************************************************************* Als Rowena am nächsten Morgen die Tür hinter sich zu zog, hatten sie immer noch kein Wort mit einander gesprochen. Tea sah ihr nach. In ihrem Kopf spukte ein altes Lied herum, sie musste es irgendwo noch auf CD haben. Sie stand auf und ging ins Wohnzimmer. Ja, da war die CD. Sekunden später füllten die Klänge von ABBA den Raum. Schoolbag in hand, she leaves home in the early morning Waving goodbye with an absent-minded smile I watch her go with a surge of that well-known sadness And I have to sit down for a while The feeling that I'm losing her forever And without really entering her world I'm glad whenever I can share her laughter That funny little girl Slipping through my fingers all the time I try to capture every minute The feeling in it Slipping through my fingers all the time Do I really see what's in her mind Each time I think I'm close to knowing She keeps on growing Slipping through my fingers all the time Sleep in our eyes, her and me at the breakfast table Barely awake, I let precious time go by Then when she's gone there's that odd melancholy feeling And a sense of guilt I can't deny What happened to the wonderful adventures The places I had planned for us to go (Slipping through my fingers all the time) Well, some of that we did but most we didn't And why I just don't know Slipping through my fingers all the time I try to capture every minute The feeling in it Slipping through my fingers all the time Do I really see what's in her mind Each time I think I'm close to knowing She keeps on growing Slipping through my fingers all the time Sometimes I wish that I could freeze the picture And save it from the funny tricks of time Slipping through my fingers... Slipping through my fingers all the time Schoolbag in hand she leaves home in the early morning Waving goodbye with an absent-minded smile... Unwillig stellte sie die Musik wieder ab. Was nützte es schon, solchen Gedanken nachzuhängen? Es war eigentlich dumm von ihr, sich von einem kleinen Streit so sehr beeinflussen zu lassen. Und noch dümmer, sich immer in ihrer Einsamkeit zu verkriechen. Sollte Seto doch machen was er wollte, sie würde ihm nicht mehr länger hinterher weinen. Tea stieß einen Seufzer aus. Wenn das so einfach wäre. Aber wie alles Andere war es wohl nur Übungssache. Sie sollte sich einfach mal wieder mit jemandem treffen. Zum Beispiel mit Ramelley (Anm.: Ramelley bedeutet übersetzt so viel wie "Konkurrent", ich weiß nur leider nicht mehr, in welcher Sprache. Aber hier passt es irgendwie rein.), ihrem Kollegen, der sie schon vor Ewigkeiten gefragt hatte. Er konnte schliesslich nichts fuer seinen bescheuerten Namen... und ansonsten war er wirklich nett. Die Brünette warf einen kurzen Blick auf die Uhr. Kurz nach acht, also hatte sie noch Zeit, ihn anzurufen, bevor sie zu dem Treffen mit ihrem geheimnisvollen Klienten musste. Eine Dreiviertelstunde später betrat Tea das verabredete Restaurant. Sie war erst ein einziges Mal hier gewesen, grausamer Weise mit Seto. Sie schüttelte leicht den Kopf, um den Gedanken zu verscheuchen. Seto Kaiba gehörte zu ihrer Vergangenheit, und dieses eine Mal wollte sie sich nicht darum kümmern. Da mochten Leute wie Ishizu Ishtar sagen, was sie wollten, manchmal war es besser, die Vergangenheit ruehn zu lassen. Einer der Kellner nahm ihr ihre Jacke ab und die junge Frau machte sich daran, unter den Tischen im Raum den Richtigen zu suchen. Tisch drei... Ihr Blick blieb an der passenden Tischnummer hängen und wanderte aufwärts, zum Hinterkopf des Mannes, der an diesem Tisch saß. Tea hielt mitten im Laufen inne. Diesen Kopf würde sie überall erkennen, sogar von hinten. Seto schaute ungeduldig auf seine Uhr. Es war jetzt genau neun, also konnte er damit rechnen, dass der Anwalt, den ihm die Kanzlei schicken wollte, sich verspäten würde. Er hasste Unpünktlichkeit. In diesem Moment trat eine Frau neben seinen Tisch und setzte sich ihm gegenüber. "Nachdem wir uns nicht mehr vorzustellen brauchen, sparen wir schon mal eine Menge Zeit." Er traute seinen Augen kaum, aber offenbar stimmte es, denn seine Ohren erzählten ihm das Gleiche: das war tatsächlich Tea. Das Haar hochgesteckt und in einem schwarzen Kostüm, das irgendwie nicht nach dem lebenslustigen Mädchen von früher aussah, aber zweifellos die Selbe. "Was machst du hier?" Sein Gegenüber warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. "Ich bin hier, um meine Kanzlei zu vertreten und meinen Job zu machen. Aber wenn du dir auf einmal alles anders überlegt hast und keinen Anwalt mehr willst, kann ich auch wieder gehen." An ihrer Laune schien sich seit gestern nicht viel geändert zu haben. Oder vermutlich eher, wie er sich eingestehen musste, an der Einstellung, die sie ihm entgegen brachte. Wenn er gewusst hätte, wo sie arbeitete, hätte er sich eine andere Kanzlei gesucht. Aber dafür war es jetzt ein wenig spät. "Nein, bleib sitzen. Wenn du schon mal hier bist..." Sie gab keine Antwort, sondern vertiefte sich nur schweigend in die Mappe mit Unterlagen, die sie bei sich hatte. Nachdem sie mehr oder weniger schweigend ihr Essen hinter sich gebracht hatten, brach Tea schließlich das Schweigen. "Um welche deiner zahlreichen Liebschaften geht es? Oder ist das eine, die du so geschickt vor der Presse geheim gehalten hast, dass ich Nichts davon wissen kann? Schließlich ist es erst fünf Jahre her." Seto antwortete nicht sofort. Nach einer kurzen Pause jedoch erwiderte er: "Wie willst du mich eigentlich verteidigen, wenn du mir nicht im Geringsten glaubst?" Damit hatte er wohl recht. "Na gut. Also schön, noch mal von vorn, worum geht es?" Er warf ihr einen leicht verärgert aussehenden Blick zu, entgegnete dann aber: "Ich wette, das weißt du schon. Eine Frau, mit der ich vor fünf Jahren ein Verhältnis hatte, behauptet jetzt, ein Kind von mir bekommen zu haben, obwohl das schlicht unmoeglich ist. Dann haette die Schwangerschaft mindestens ein volles Jahr dauern muessen." Tea begnuegte sich mit einem knappen Nicken. "Welche Blutgruppe?" Seto starrte sie an, als sei sie nicht ganz richtig im Kopf. "Dafür, dass du eins auf professionelle Anwältin machst, hast du noch ganz schön viel abergläubischen Blödsinn im Kopf. Willst du vielleicht auch noch mein Sternzeichen und meinen Aszendenten wissen? Halt, ich wette, die weisst du noch." (1) Tea verdrehte die Augen himmelwärts. "Erstens spreche ich nicht von dir, sondern von dem Kind, das man dir da anscheinend unterschieben will, und seiner Mutter. Deine Blutgruppe ist B, die habe ich nämlich unglücklicherweise auch noch im Kopf. Und zweitens will ich keine Charakterstudie anstellen, sondern sehen, ob wir den Fall nicht ganz einfach lösen können, du wärst überrascht, wie oft das schon funktioniert hat. Also?" Seto sah noch immer nicht aus, als würde er wirklich verstehen, blätterte aber kurz in seinen mitgebrachten Unterlagen und meinte dann: "B und 0." "Das ist Pech." Tea sah enttäuscht aus. "Willst du mir nicht endlich verraten, worum es geht?" fragte Seto genervt. Sie sah ihn mit einem Gesichtsausdruck an, der eindeutig verriet, wie sie es genoss, einen Wissensvorsprung zu haben. "Nun, wie du wüsstest, wenn du während unserer gemeinsamen Schulzeit etwas mehr im Kopf gehabt hättest als Bilanzen und kurze Röcke-" "Wobei dir Letzteres ab und zu ganz gelegen kam..." "Mag sein, aber darum geht es jetzt grade nicht. Was ich meine, ist, dass die Blutgruppe wie fast jedes andere körperliche Merkmal von der Vererbung abhängt, und da deine Blutgruppe besagt, dass du nur Erbinformation für B oder allenfalls 0 weitergegeben haben kannst, die Mutter aber nur für 0, wüssten wir, falls das Kind Blutgruppe A oder AB hätte, dass du schon mal nicht der Vater sein kannst. Du glaubst gar nicht, wie viele Unterhaltsforderungen durch solche simplen Überlegungen abgeschmettert werden können. Die paar Vorlesungen Biologie, die ich im Studium eingeschoben habe, waren nicht umsonst." Seto sah sie scheinbar gleichgültig an, aber in seinem Blick las sie doch eine winzige Spur von Respekt gegenüber ihrem Fachwissen. Verdammt, nun lass dich nicht schon wieder ablenken. "Naja, es dürfte auch so nicht besonders schwer sein, deine "Unschuld" zu beweisen, lass einfach einen Vaterschaftstest machen. Ehrlich, besonders hell kann deine Ex nicht sein, wenn ihr nicht klar ist, wie lächerlich sie sich hier macht. Das heisst, vorausgesetzt, du bist im Recht." Ohne noch einen weiteren Kommentar abzuwarten, verließ sie das Restaurant, um, kaum zu Hause, mit dem nächsten "Problem" in Form ihrer immer noch unleidlichen Tochter konfrontiert zu werden. "Wo warst du?" Wenigstens redete sie wieder mit ihr. "Arbeiten, wo sonst? Warum, war irgendwas?" Rowena schüttelte den Kopf. "Nein, aber ich hätte schon gern mal gewusst, warum du mir nicht früher verraten hast, dass ich einen Vater habe." Ihre Mutter runzelte die Stirn. "Das wirst du dir wohl gedacht haben. Was dachtest du, warum es dich gibt? Jungfernzeugung? "Ach, hätt ich doch ein Kind, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut, so blau wie Eis!"?" Der Sarkasmus, mit dem sie ihre Worte vorbrachte, machte Seto fast Konkurrenz. Allerdings fand Rowena das wohl nicht besonders lustig. "Du weißt genau, was ich meine! Warum hast du mir nicht gesagt, dass du weißt, wer er ist? Dass ich ihn hätte kennen lernen können??" Tea seufzte. Was sollte sie darauf schon antworten? "Wie hätte ich dir das bitte sagen sollen? Du warst so klein! Glaubst du, das hättest du verstanden? Glaub mir, es war besser so. Du kennst ihn nicht so gut wie ich." Ohne die Antwort ihrer Tochter abzuwarten, warf Tea die Tür ihres Schlafzimmers hinter sich zu und begann, sich für ihre Verabredung umzuziehen. Kurze Zeit später kam sie ihrem besten - und inzwischen einzigen - Kimono wieder zurück in die Küche. Rowena verschluckte sich fast an ihrem Orangensaft, brachte aber irgendwie doch noch heraus: "Seit wann trägst du Kimonos???" "Seit heute." Lautete die nicht ganz wahrheitsgemäße Antwort. Die Wahrheit wäre gewesen "Seit heute wieder". Ramelley war fast ebenso erstaunt wie Rowena, Tea im Kimono zu sehen. Er kannte sie schon seit Jahren, hatte sie auf mehreren Weihnachtsfeiern und sonstigen Festen erlebt, aber nie in einer so traditionell japanischen Tracht. Also erkundigte er sich, während sie beide zusammen durch den Park schlenderten, nach dem Grund dafür - gut genug sah sie wirklich aus in dieser schlichten, aber sehr edlen Aufmachung. Tea sah ihn nicht an, während sie antwortete. "Sagen wir so, ich trage nicht sehr gerne Kimonos, weil sie mich an etwas erinnern, an das ich nicht erinnert werden möchte." Wäre ihr Begleiter taktvoll gewesen, dann hätte er nicht weiter gefragt, aber dafür hatte er ein etwa so großes Talent wie Joey - nämlich keines. "Und darf ich fragen, an was?" Die Frau neben ihm atmete einmal hörbar durch, blieb dann aber stehen und antwortete mit einer Gegenfrage, obwohl sie ihn lieber mit einem schlichten "Nein, darfst du nicht" abgefertigt hätte. Aber schliesslich wollte sie nicht gleich die Stimmung verderben. "Woran denkst du, wenn dir jemand das Stichwort "Kimono" vorlegt?" Er musste nicht lange überlegen. "Eine Geisha natürlich." Tea nickte. "Eben. Wenn du es genau wissen möchtest... der Vater meiner Tochter hat mich mit einer Geisha betrogen, darum habe ich ihn auch verlassen." Etwas überrascht über so viel Offenherzigkeit konnte sich Ramelley dennoch nicht zurückhalten zu entgegnen: "Aber du bewegst dich selber wie eine..." Womit er wohl meinte, dass es nicht ganz einfach war, sich in einem Kimono mit traditionell gebundenem Obi (= der "Gürtel" mit dem ein Kimono zusammen gehalten wird) sicher zu bewegen, aber man sah Tea an, dass sie das gelernt haben musste. Sie lachte bitter auf, den Blick auf den Boden gerichtet. "Oh, ja. Meine Tante war eine Geisha, sie hat mich eine Weile lang zusammen mit ihrer Tochter unterrichtet. Dem selben Mädchen, mit dem mich mein Verlobter später betrogen hat." Ihr Kollege konnte nur immer mehr staunen. "Dann war sie deine Cousine... hieß sie auch Gardner?" Tea nickte. "Sarana (jap.: Träne des Leidens) Gardner. Du hast von ihr gehört." Nicht zuletzt aufgrund ihrer Affäre mit Seto war Sarana zu einer nicht unbedeutenden Berühmtheit gelangt. Man konnte fast sehen, wie hinter Ramelleys Stirn das Räderwerk seines Gehirns arbeitete. "Deine Tochter ist doch sechzehn, oder? Vor sechzehn Jahren war diese Sache, die deine Cousine so berühmt gemacht hat... ihre Affäre mit Seto Kaiba. Und so weit ich weiss, hat das eine ganze Weile gehalten, also..." Wieder ein Nicken. "Du willst mir doch nicht im Ernst erzählen, dass du mit Seto Kaiba verlobt warst?" Ein leicht ironisches Lächeln erschien auf Teas Gesicht. "Du musst mir ja nicht glauben. Aber so war es nun mal. Was ist, wollen wir hier Wurzeln schlagen oder kommst du endlich weiter?" Oh nein, sie war nicht ruhig. Auch wenn sie so tat. Dieses Gespräch hatte sie aufgewühlt, mehr, als sie zugeben wollte. Ihre Seele rebellierte gegen die Erinnerung an die Vergangenheit, wollte den Schmerz, der trotz allem noch da war, ausbreiten wie die Flügel eines verletzten Vogels und fliegen - einfach davon fliegen. Aber alte Gewohnheiten ließen sich nicht einfach ablegen. Nicht nach so vielen Jahren. Also spielte Tea weiter ihre Rolle. Spielte sie sogar weiter, als aus dem Ausgehen mit Ramelley mehr zu werden drohte, als es schließlich mehr war. Und ließ niemanden sehen, wie es wirklich in ihr aussah, nicht einmal die Leute, die sie ihre Freunde nannte. Nichts Anders, als was sie schon seit Jahren tat, aber es wurde immer schwerer. °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° (1) Wie wahrscheinlich viele schon wissen, ist es in Japan relativ verbreitet zu glauben, die Blutgruppe habe Einfluss auf den Charakter eines Menschen, das ist es, worauf Seto hier anspielt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)