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Das Tor

von

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Kapitel 20 - Zwei Leben

Lena schrie aus vollem Hals, obwohl sie wusste, dass ihr das rein gar nicht bringen würde. Tares war ihr zwar einige Sekunden später erst nachgesprungen, doch er hatte sie durch den auffälligen Gewichtsunterschied beim fallen schnell eingeholt. Er griff nach ihrem Arm und bekam sie auch zu fassen. Mit der anderen Hand konnte er einen der spitzen Steine ergreifen. Unter dem Gewicht der beiden, brach dieser jedoch ab und sie stürzten weiter bis er erneut etwas zu fassen bekam. Seine langen, starken Arme waren in diesem Fall wirklich von Vorteil. Lena kniff die Augen zusammen. Sie hatte das Schreien aufgegeben und traute sich jetzt nicht auch nur einmal zu blinzeln und schließlich wurde es schwarz.
 

Einige Zeit schien verstrichen. Langsam kam Lena wieder zu sich. Ihr verschwommener Blick wurde nach und nach wieder schärfer. Sie hatte es also überlebt – oder doch nicht!? Ihr Schädel hämmerte wie wild. Sie musste also doch am Leben sein. Das Bild eines Mannes wurde vor ihren Augen deutlich. Dieser Troll hatte ihr sein Hemd unter den Kopf gelegt. Mit nacktem Oberkörper sah er um einiges bedrohlicher aus.

„Du bist wieder wach, wie schön“, begrüßte er sie mit einem freundlichen Lächeln.

Ein mächtig unangenehmer Schmerz machte sich jetzt jedoch in ihrem gesamten linken Arm breit. Besorgt kniete er sich neben sie. Lena schien eine ganze Weile weggewesen zu sein, denn es war bereits Nacht.

„Ich habe schon befürchtet dass das passiert ist. Ich war der Meinung ich habe dir den Arm dabei ausgekugelt als ich dich gerade noch erwischt hab, womit ich also recht hatte. Ich werde ihn sofort wieder einrenken.“

Er hockte sich hinter Lena.

„Sag mir bescheid, wenn du bereit bist!“

Es dauerte noch einige Sekunden bis Lena begriff worum es ging.

„Schön, ich bin so weit.“

Sie biss die Zähne zusammen. Lena schrie vor Schmerzen doch in Windeseile hatte sie diese Tortur hinter sich allerdings kam es ihr wie eine Ewigkeit vor. Tares hatte das sicher schon einige Male gemacht.

„Das Beste wäre, wir würden deinen Arm einhängen.“

Er schaute sich nach etwas passendem um. Lena hielt ihm ihre verbundene Hand vor.

„Vielleicht sollten wir das erst einmal nehmen.“

Tares war einverstanden. Behutsam wickelte er ihr den Verband ab.

„Danke“, brachte Lena hervor.

Der große Kerl schaute auf, wickelte jedoch genauso behutsam weiter.

„Es tut mir wirklich leid, dass ich mich nicht bei dir bedankt habe.“

Tares lächelte verlegen.

„Du warst wohl ziemlich sauer deswegen als Laris so durchdrehte, wo ich doch dankbar sein sollte, dass ich wenigstens meine Hand noch habe.“

Der Troll winkte ab.

„Nein, das meine ich ernst. Das ist doch sicherlich auch der Grund gewesen, warum du Hals über Kopf das Haus verlassen hast und Narkis dich erwischt hat.“

Jetzt schwieg der Troll verlegen.

„Und nun hast du mir auch noch das Leben gerettet.“

„Ich muss zugeben, ich war wirklich in diesem Moment ziemlich sauer, aber ich war bis dahin auch nicht gerade nett zu dir gewesen.“

Er lächelte sie jetzt richtig lieb an.

„Ich hatte mich eben in dir geirrt.“

So allmählich hatte er die Binde heruntergewickelt. Lena schluckte, als sie ihre Hand sah. Das gesamte letzte Glied ihres kleinen Fingers fehlte also. Glücklicherweise sah sie den Knochen nicht, sonst hätte sie sich direkt übergeben. Laris hatte ganze Arbeit geleistet. Tares merkte sofort, dass sie diesem Anblick nicht länger ertragen konnte. Er riss ein Stück von ihrem Verband ab und versteckte diese Fehlstelle wieder darunter, dann widmete er sich ihrem Arm.

„Ich schätze, wir müssen noch mal ins Haus. Ich brauche für diese Wunde einige von Elyas Tinkturen und Kräutern, dass es sich gar nicht erst entzündet.“

Tares erhob sich und schaute auf das nachtschwarze Meer, doch Lena war jetzt überhaupt nicht nach laufen. Auch sie schaute jetzt auf das Meer hinaus. Der schmale Sandstreifen auf dem sie sich befanden, schien die gesamte Insel zu umgeben. An einigen Stellen lagen recht große Steine. Von Laris’ Fenster aus hatte sie diesen Sand allerdings noch nicht sehen können. Lena drehte langsam den Kopf in Richtung Bucht. Je weiter man da hineingelangte, desto spitzer und höher wurden die Steine. Sie schaute an ihnen empor. Von hier aus konnten sie die Burg nicht mehr besonders gut sehen. Tares bemerkte, dass sie sich sehr interessiert umschaute und setzte sich zu ihr in den Sand.

„Sind wir etwa die ganze Strecke hier heruntergefallen?“

Tares schüttelte den Kopf.

„Ich hatte die feste Hoffnung, Poras würde uns zu dieser Seite der Burg führen. An diesen Felsen bin ich immer heruntergeklettert, wenn ich Elya besucht habe. Wenn ich das alleine gemacht habe, bin ich allerdings immer ganz heil unten angekommen.“

Er grinste Lena an. War er also nicht nur illegal bei Elya gewesen sondern hatte genauso unerlaubt die Burg verlassen um nicht aufzufallen.

„Ich weiß gar nicht wie ich mich bei dir bedanken soll.“

Ihr Blick wanderte auf den Boden und sie begann mit dem Zeigefinger Spuren in den Sand zu malen.

„Wir sollten wirklich von hier verschwinden. Es wird nicht mehr lange dauern, und das Wasser wird hier ein ganzes Stück ansteigen.“

Lena versuchte aufzustehen, kam aber ins schwanken. Tares war sofort zur Stelle, fing sie auf und fasste mit der anderen Hand nach seinem Hemd. Da viel ihr etwas auf.

„Wo sind eigentlich meine Schuhe hingeraten?“

Ahnungslos schaute sich der Troll um. Waren sie doch tatsächlich beim Sturz abhanden gekommen.

„Warte kurz, ich bin gleich wieder da. Ganz bestimmt liegen sie dort noch irgendwo. “

Mit schnellen und sehr großen Schritten verschwand er in Richtung Bucht. Lena lies sich wieder auf den Sand nieder. Es dauerte auch nicht besonders lange und er kam mit ihnen in der Hand zurück. Das Hemd hatte er sich währenddessen wieder angezogen.

„Ich habe mich wirklich in dir geirrt. Elya wusste sehr wohl, was sie an dir hat.“

Wie angewurzelt blieb er auf ihre Worte hin stehen. Ganz sicher errötete Tares in diesem Moment wieder, doch um dies zu sehen, war es einfach zu dunkel.

Am Himmel war kein einziger Stern zu sehen, so bewölkt war es. Nach Regen sah es jedoch nicht aus. Der Mondschein wäre sehr hilfreich gewesen, um den Weg zu finden aber auch dieser ließ sich heute nicht blicken. Sie schlüpfte in ihre Schlappen.

„Vielleicht sollte ich dich besser tragen.“

Ganz bestimmt war Lena ihm nicht schnell genug.

„Ach komm schon, ich weiß ja jetzt schon nicht, wie ich das bei dir gutmachen soll.“

„Bis zu zum Haus ist es auf diesem Weg aber noch ein ganzes Stück. Ich denke wirklich, dass ich dich tragen sollte.“

Lena willigte schließlich ein. Durch seine großen Schritte kam ihr der Weg über Sand und Steine um einiges kürzer vor. Glücklicherweise warf er sie nicht auch über die Schulter, wie es wohl die Art seines Bruders war.
 

Tares wand den Blick nach oben in Richtung Dorf und blieb stehen.

„Da sind wir!“

Er setzte Lena ab.

„Ich bin sofort wieder zurück. Mache es dir hier schon einmal bequem. Ich denke wir sollten bei Tagesanbruch erst weitergehen. Die Strecke wird noch unwegsamer, da wäre es besser, wir haben mehr Licht.“

Lena nickte und lies sich erneut dankbar nieder. Ihr taten alle Glieder weh.
 

Tares erklomm geschickt die steile Böschung. Glücklicherweise hatte er diese Strecke schon einige Male zurückgelegt. An dieser Stelle war es allerdings nicht mehr ganz so hoch wie bei der Burg. Die Mauer, welche dieses Örtchen umgab, begann nicht ganz am Rand dieser Klippen. Ungefähr einen halben Meter war der Streifen außerhalb der Mauer noch breit. An manchen Stellen war er jedoch weggebrochen. An diesen musste er einen großen Satz machen. Tares folgte diesem Streifen noch ein ganzes Stück nach rechts. An einer Stelle endlich war die Mauer in der Höhe etwas weggebrochen. Seit dem Bau dieser Mauer hatte man sich nicht mehr so recht um ihren Zustand gekümmert. Dem Troll konnte das nur recht sein. Mit seinen zwei Metern Größe und der Begebenheit, dass er unfassbare Kräfte besaß, war es für ihn ein Leichtes diese zu erklimmen. Geräuschlos zog er sich hinauf und hockte sich flach auf den Sims.

Senos wirkte wie ausgestorben – möglicherweise kam das auch daher, dass kaum noch jemand hier lebte. Behutsam, mit sehr wachem Blick, schlich er auf der Mauer entlang. Da das Grundstück, welches er aufsuchen wollte, genau an der Mauer endete, kam er unbemerkt in den Garten. Es schien als wäre niemand vermisst worden. Die Haustür war noch geschlossen. Sachte öffnete er diese. Im Inneren war es erwartungsgemäß dunkel. Tares wollte so schnell wie möglich von hier verschwinden und schlich in die Kammer mit den Heilkräutern. Bei Tage hätte er ganz bestimmt besser gesehen was er hier alles vorfand, also packte er ein was er tragen konnte. Er schnappte sich einen großen Stofffetzen und wickelte so viel hinein, wie hinein passte. Lederbeutelchen, Fläschchen und auch lose Blätter wanderten hinein. Anschließend machte er noch einen großen Knoten in den Stoff, um auch nichts zu verlieren. In ein weiteres Stück Leinen wickelte er noch die letzten Lebensmittel bestehend aus zwei Hand voll Obst und einem dreiviertelstem Brot ein. Da er die Tür aufgelassen hatte, konnte er Schritte vernehmen. Schnell machte er auch in den anderen Stofffetzen einen Knoten und wollte unbemerkt hinten hinaus verschwinden, wie er das immer tat, um nicht aufzufallen. Jetzt jedoch wurde er erwischt. Er konnte Lena nicht auf diese Weise da draußen zurücklassen also musste er jetzt Wohl oder Übel kämpfen. Tares setzte die Bündel auf dem Boden ab und lauschte. Ein Klatschen war zu hören. Jemand klatschte in die Hände und Tares kannte nur einen, der in dieser Form auf sich aufmerksam machte – Poras. Er war sich jedoch nicht sicher, ob er ihm jetzt trauen konnte. Vielleicht war er nicht allein hier? Elya hatte die Küchenaxt nach Lenas Fingersache hinter die Flaschen gelegt und Tares kam das jetzt sehr gelegen. Wieder klatschte Poras zwei mal. Mit dem Werkzeug in der Hand schlich Tares fast Geräuschlos wieder in die Küche. Er hatte recht gehabt, es war sein großer Bruder.

„Ich hoffe du bist allein“, flüsterte er.

Poras nickte uns lief eilig auf ihn zu.

' Ich bin so froh dich lebend zu sehen ' , sprach er mit den Händen.

Sofort viel er ihm um den Hals. Tares legte das Beil auf den Tisch und umarmte ihn fest.

„Ich wusste, dass du mich nicht im Stich lässt, so wie es Narkis getan hat.“

Er befreite sich aus der innigen Umarmung und legte ihm dankend die Hand auf die Schulter

„Ich werde jetzt wieder verschwinden!“

Poras nickte.

' Wie geht es dem Mensch? '

„So weit ganz gut.“

' Grüße die Frau von mir und sage ihr bitte das es mir leid tut. '

„Ich schätze das weiß Lena schon, aber ich werde sie gerne von dir Grüßen.“

Er lief zurück um seine Bündel zu holen. Zur Sicherheit nahm er dann auch noch das Beil mit. Tares schlich in den Garten, und ließ seinen Bruder alleine im fremden Haus stehen. Als dieser sich sicher war, dass niemand in der Nähe war, folgte er ihm jedoch und klatschte erneut.

' Ich wünsche euch viel Glück! '

Tares nickte.

„Pass auf dich auf, Brüderchen!“

Poras machte sich wieder auf den Weg zur Burg, um kein Aufsehen zu erregen. Gott sei Dank waren sich alle anderen sicher, dass Tares und Lena diesen Sturz niemals überleben konnten.
 

Vorsichtig, mit wachen Blicken, machte er sich auf den Weg zur Mauer zurück. Plötzlich waren hinter ihm wieder Geräusche. Dann dieses zirpen. Langsam griff er nach der Waffe und drehte sich um. Hinter ihm flitzte etwas vorbei und setzte sich vor seine Füße.

„Loco“, brachte er überrascht hervor.

„Haben sie dich etwa vergessen?“

Er erinnerte sich an seine Worte. Elya und Laris sollten sofort verschwinden und das hatten sie hiermit auch gemacht. Als sein Name fiel, sprang er auf Tares zu. Obwohl der kleine Kerl den Troll nicht besonders mochte, schien er jetzt doch recht froh zu sein, ihn hier zu sehen.

„Na komm, ich nehme dich mit“, flüsterte er und streckte die Hand nach ihm aus. Sofort sprang er ihm auf den Arm und beide verschwanden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Monsterseifenblase
2011-01-08T19:07:22+00:00 08.01.2011 20:07
So da bin ich schon wieder....bin noch immer alleine. Meine Familie lässt sich Zeit, wollte schon vor einer halben Stunde hier sein, aber was solls :D Ist ganz gemütlich momentan^-^

Also, wie schon gesagt finde ich die Weiterenticklung deiner Charaktere ganz gut, glaube aber auch, dass du darauf achten muss, dass diese Wandel nicht zu schnell vonstatten gehen, weil das ganze sonst...ich weiß nicht, ein wenig plump wirkt, wenn zwei Leute, die sich vorher gehasst haben auf einmal die besten Freunde sind, weißt du? In deinem Fall haben die beiden natürlich durch ein verbindendes Erlebniss im Kerker, weshalb das schon in Ordnung ist, wie du das genmacht hast, aber ich wollte mal generell drauf hinweisen :D

Und worauf ich auch noch einmal zurückkommen will ist das Problem mit der Ortsbeschreibung, dass ich schon einmal angesprochen habe. Voher hatte ich nie ein Problem zu verstehen, was du mir beschreibst, aber bei der Burg war das stellenweise ein wenig verwirrend, gerade in diesem Kapitel in dem du beschreibst wie sie von den Felsen wegkelettern ist das ganze manchmal sehr verwirrend...achte darauf, dass so etwas gut nachvollziehbar ist. Ortsbeschreibungen sind nicht immer einfach, manchmal ändere ich manchmal an die vier oder fünf mal um, bis ich damit zufrieden bin...
Generell würde ich dir mal einen Merksatz empfehlen, an den man sich immmer gut halten bzw. orientieren kann:
Ja kleinschrittiger und detailreicher du eine Umgebung beschreibst, desto schwieriger und komplizierter ist es für den Leser, die Beschreibung nachzuvollziehen.
Arbeite lieber mit weniger Worten, versuche die Beschreibungen nicht zu detailreich zu halten...natürlich hat das zur Folge, dass der Leser nicht genau dasselbe Bild vor Augen hat wie du, aber das ist normal:)
Jeder Leser hat genug Fantasy um sich aus den Bausteinen, die du ihm vor die Füße wirfst, etwas zu bauen ...

Jetzt sind sie da. *seufz*
Ich muss schluss machen ^^

Lg
Monsterseifenblase
Von: abgemeldet
2008-08-29T13:20:04+00:00 29.08.2008 15:20
oh da bin ich aber froh!
nicht nur, dass die beiden den Sturz weitgehend überstanden haben, sondern auch, dass der arme Loco nicht gänzlich vergessen wurde -was wäre nur aus ihm geworden! Die Trolle hätten ihn vielleicht als Braten..... ih nein, nein, gut dass es auch liebe Trolle gibt! :)

Wie ich sehe, hat es mit dem kursiv gut geklappt *freu*
Ich finde, die Lösung passt ganz gut, und es ist auch für den Leser ohne weiteres verständlich, dass Poras da Zeichensprache benutzt.

Super gemacht :)




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