Hundeyoukai jenseits des Meeres von Hotepneith (Die dritte Staffel) ================================================================================ Kapitel 1: Schatten über den westlichen Ländern ----------------------------------------------- Eine Woche früher als angekündigt, kommt hier der dritte Teil der Triologie um den Hundeclan... Für lizard, die sich das Ganze als beta angetan hatte und bald keinen Netzzugang mehr hat.. Was bisher geschah: Sesshoumaru wurde in seiner Kindheit mit seiner Cousine Shiro vom Südclan verlobt. Da der Fürst des Südens jedoch gegenüber seinem Vater Verrat begangen hatte, weigerte er sich, sie zu seiner Gefährtin zu nehmen. Um sich für diese Zurückweisung zu rächen forderten Shiro und ihr Zwillingsbruder Akamaru Sesshoumaru und Inuyasha zu einem Ehrenduell, was die beiden Halbbrüder gewannen. Auf einer langen und abenteuerlichen Reise mit Shiro stellte Sessshoumaru fest, dass ihre Stärke und ihr Mut durchaus anerkenneswert waren und er kein Recht hätte, sie zu verachten, nur, weil ihm ein Elternteil nicht passte.Das Gleiche musste er für Inuyasha anerkennen. So akzeptierte er Shiro als Gefährtin und Inuyasha in der Tat als seinen Bruder, überließ ihm sogar die Regentschaft über den Westen, als er und Shiro Narakus Fluch brechen mussten. Der neu aufgetauchte Cousin Yuri hielt sich durch Narakus Einflüsterungen für den wahren Herrrn der westlichen Länder und forderte Sesshoumaru zu einem legendären Duell, das dieser gewann. Somit herrschte endlich Frieden innerhalb der Familie und Sesshoumaru und Inyuasha machten sich- getrennt- auf die Jagd nach Naraku. Shiro sollte die Regentschaft im Westen übernehmen und Yuri sie dabei unterstützen. So, und nun geht es weiter. 1. Schatten über den westlichen Gebieten Der Youkai stand auf einem Hügel, sein dunkles Haar flatterte im Wind. Er betrachtete das Dorf, das sich zu seinen Füssen zwischen das Meer und die Anhöhe schmiegte. Ein Menschendorf. Im Moment waren die einzigen Bewegungen dort die Asche der niedergebrannten Hütten im Wind und die Insekten, die um blutdurchtränkte Kleiderbündel summten. Manche der Toten hatten noch Äxte in der Hand, mit denen sie versucht hatten, sich gegen die Angreifer zu wehren. Jetzt waren alle Dorfbewohner im Totenreich, mit Ausnahme der wenigen, die die Piraten mitgenommen hatten Wieder ein Überfall, dachte der Youkai, wieder in gesamtes Menschendorf zerstört, in einer Nacht. Er drehte sich um. Soweit er gehört hatte, war der Inu no Taishou, Herr der westlichen Gebiete, endlich wieder in seinem Schloss. Er würde ihm Bericht erstatten müssen. Die Stille, die sich über das Arbeitszimmer des Schlossherrn legte, wirkte spannungsgeladen. Sesshoumaru lehnte auf seinem Platz an der Wand, die Beine ein wenig nachlässig angezogen. Selbst hier, in seinem eigenen Schloss, hatte er seine Rüstung nicht abgelegt, eine Eigenart, die manchen verwunderte. Aber natürlich wagte niemand, dem Herrn aller Hundeyoukai, Gebieter der westlichen Länder, Kleidervorschriften zu machen. Sein bernsteinfarbener Blick glitt über die rothaarige junge Frau im kostbaren, zwölflagigen Kimono, die vor ihm kniete. "Nun?" sagte er kühl: "Ich fragte dich, Shiro, wie es kommt, dass während meiner Abwesenheit Piraten Menschendörfer niederbrennen, die Bewohner töten, und du als Statthalter bei meiner Rückkehr mir dies verschweigst?" Shiro blickte nicht nur aus Höflichkeit zu Boden. Immerhin hatte er vor diesem unangenehmen Gespräch alle Diener und Wachen aus seinem Zimmer geschickt. Sie konnte nicht umhin, ihrem Gefährten für diese Schonung ihres Stolzes dankbar zu sein. Aber ihr war klar, dass er auf einer Antwort bestehen würde. Er hatte das Recht dazu. So meinte sie: "Ich wollte dich nicht mit Vermutungen belästigen und dachte, dir bald ein Ergebnis zeigen zu können." Sie konnte nur hoffen, dass er sie nicht bestrafen würde. "Wenn ich es dir erklären dürfte..." "Ich warte." "Gestattest du, dass ich aufstehe?" Das kam zögernd. Eine solche Frage war mehr als unhöflich. Saß der Fürst, durfte es niemand wagen, im gleichen Raum zu stehen. Allein diese Bitte verdiente schon eine Strafe. Aber ihm fiel plötzlich ein, dass sie schon in ihrer Kindheit, bei den wenigen Treffen, die sie da mit ihren Familien gehabt hatten, im Unterricht gern gestanden hatte. Sie hatte einmal erzählt, dass sie nur dann denken könne. Steckte etwa hinter den Überfällen etwas anderes als die üblichen Piraten? Jetzt wurde er neugierig. "Ja." "Danke, Sesshoumaru-donno." Sie erhob sich, trat an das Fenster. Während sie durch das Geflecht nach draußen blickte, erklärte sie: "Die Piraten kommen immer über das Meer, nach Einbruch der Dunkelheit, rauben Mädchen, die noch nicht geboren haben und Jungen unter einem Jahr. Die übrigen werden getötet. Mit dem Dorf gestern gab es sieben solcher Überfälle, seit die Winterstürme aufgehört haben. Und es mag gut sein, das wir fünfzig andere haben werden, ehe der nächste Winter da ist. Diese Piraten haben erkannt, wie leicht es ist, solche Raubzüge zu begehen." "Hast du Youkaiwachen an die Küste geschickt?" Er erwartete eigentlich eine Bejahung, war das doch die übliche Vorgehensweise. Shiro schüttelte leicht den Kopf. Ohne sich umzudrehen sagte sie: "Yuri riet mir dazu, aber da war eine Aussage, die mich abhielt. - In einem Dorf gab es einen Überlebenden, den Hirten des Dorfes, der auf den Hügeln etwas entfernt die Schafe weidete. Er beobachtete den gesamten Überfall. Nach seiner Aussage handelt es sich um Kriegsschiffe, größerer Bauart, die jeweils über fünfzig Krieger aufnehmen können. Fünf solcher Schiffe kamen in Formation und überfielen sein Dorf. Und genau darum schickte ich keine Wachen." Sesshoumaru zog leicht die Augen zusammen, schwieg aber. Er wollte nicht urteilen, ehe er alles wusste. "Um solche Schiffe bauen zu lassen, soviel Krieger zu haben, muss man sehr viel Geld einsetzen. Hinter diesen Piratenüberfällen steckt meiner Meinung nach ein sehr gewissenloser, kluger Plan. Denn nur mit den paar Gefangenen wird der Urheber niemals seine Unkosten hereinbringen. Da muss etwas anderes noch sein, das er beabsichtigt. Und ich befürchtete, die Überfälle wären nur Nadelstiche, die uns dazu bringen sollten, Wachen, Krieger zu schicken - und das Hinterland zu entblößen. Ich habe einige Leute ausgeschickt, die sich umhören sollen. In den Ländern meines Bruders Akamaru hat es bislang keine solchen Überfälle gegeben, was mich in meiner Überzeugung bestärkt, dass es, wer auch immer dahinter steckt auf dieses Fürstentum abgesehen hat." "Du hättest also weiter gewartet, weiter Dörfer zerstören lassen?" Sie konnte den Ton nicht deuten, drehte sich aber nicht um. Sie konnte nur ihre Gedanken sagen. Er würde urteilen. Sie war nur die Verwalterin gewesen. Er war der Fürst. Und alle Macht, die sie gehabt hatte, war nur ausgeliehen. In dem Moment, in dem er wieder hier war, fiel sie an ihn zurück: "Am liebsten hätte ich weiter gewartet, ja. Aber mir ist klar, dass wir...dass du das nicht einfach so hinnehmen könntest. So hatte ich beschlossen, nur noch die Rückkehr der...nun, der Spione abzuwarten. Ich wollte wissen, ob irgendjemand von einem Youkaifürsten gehört hat, der sich eine Flotte zugelegt hat. Denn einem Menschenfürsten traue ich es fast nicht zu, einen Dai Youkai so zu provozieren." Sie hatte sich die Sache überlegt, gab Sesshoumaru zu. Und sie hatte die Verwaltung hier gut gemacht. Er erhob sich: "Wir werden selbst an die Küste gehen, uns einmal umsehen." Shiro wäre fast zusammengezuckt, als er plötzlich hinter ihr stand, die Hände auf ihre Schultern legte. Sie war sich durchaus nicht sicher, ob er mit ihrer Entscheidung einverstanden war. Und wäre er es nicht, so hatte er das Recht, sie zu strafen. Er war der Gebieter, Herr über Leben und Tod aller Youkai und Menschen in seinen Ländern. Zu ihrer gewissen Erleichterung spürte sie, wie er ihr langes Haar über ihre Schulter nach hinten legte. Das sah nicht nach Bestrafung aus. Instinktiv neigte sie den Kopf seitwärts, bot ihm den Hals: die Unterwerfungsgeste eines Hundes einem ranghöheren gegenüber, ein Flirtversuch bei einer Menschenfrau. Shiro war eine Hundeyoukai und so war diese Geste in beiden Arten zu lesen, getrennt und doch zugleich. "Es ist ungewohnt, dich nicht in Männerkleidung und Rüstung zu sehen", sagte er leise: "Und ich bemerke erst jetzt, dass dir dieser Kimono steht. Er macht dich weicher, weiblicher." Shiro glaubte für einen Augenblick, sich verhört zu haben. Sesshoumaru hatte das gesagt? Ein Kompliment gemacht? Aber sie spürte, dass er sie an sich zog, seine Nase an ihr Witterung aufnahm. "Dein Verschweigen verdient dennoch eine Strafe..." Sie begriff, welcher Art die Strafe sein würde. Während sie sich ihm überließ, überlegte sie, ob sie ihm öfter Dinge nicht sagen sollte. Aber das wäre wohl denn doch zu riskant. Die Diener im Schloss verneigten sich hastig vor dem jungen weißhaarigen Youkai, der hereinkam. Yuri-sama hatte nicht nur aufgrund seiner familiären Stellung Anspruch auf diese Ehrbezeugung, war er doch der Cousin des Herrn und der Fürstin, sondern auch einer der stärksten Youkai überhaupt. "Was ist hier los?" erkundigte er sich, als er das Vorzimmer des Fürsten betrat, wo alle schweigend warteten. Von hier aus führte ein schmaler Flur zum Arbeitszimmer des Schlossherrn, der für gewöhnlich offen war. Nun waren alle Schiebetüren verschlossen, klar ein Zeichen, dass der Herr keine Störung und auch keine Zuhörer wünschte. "Wir warten, Yuri-sama", erklärte ein Mitarbeiter. Immerhin hatte Yuri in der Abwesenheit des Fürsten die Ländereien mit verwaltet. "Der Herr bekam einen Bericht. Erneut wurde ein Dorf an der Küste überfallen. Daraufhin befahl er Shiro-sama zu sich. Und er war nicht sehr guter Laune." Oh oh, dachte Yuri. Er hatte sich schon vorgestellt, dass das Ärger geben könnte. Er hatte Shiro ja empfohlen, sie solle Wachen da hin schicken, aber sie hatte abgelehnt. Und da sie die eingesetzte Regentin war, hatte er sich fügen müssen. Hoffentlich konnte sie ihre Theorie gegenüber dem Taishou durchsetzen, oder sich zumindest gebührend entschuldigen. Für einen Augenblick überlegte er, ob er hingehen sollte, mit die Verantwortung auf sich nehmen sollte, um Shiro zu schützen. Er mochte seine Cousine sehr. Aber das könnte leicht ins Auge gehen. Nicht, dass Sesshoumaru ihm noch unterstellte, er hätte unziemliche Gedanken gegenüber seiner Gefährtin. Diese Stellung sollte sie dann doch ein wenig schützen, beruhigte er sich. Shiro kniete wieder ihrem Gefährten gegenüber, im Stillen den Göttern dankend, dass kein Diener es gewagt hatte, einzutreten. Aber sie sah auf. Etwas musste sie noch wissen, und die vergangene halbe Stunde hatte ihr den Mut dazu gegeben: "Darf ich dich noch etwas fragen?" "Und?" "Was beabsichtigst du mit Rin?" "Was meinst du?" "Du hast sie nun hierher mitgebracht. Jaken arbeitet für dich, wie ich sah. Aber sie hat keinerlei Verpflichtung, keine Arbeit zugewiesen bekommen, aber auch keine Ausbildung." Sie sah zu Boden: "Wünschst du, dass ich sie als Zofe aufnehme?" Er bemerkte, dass sie sich zusammennehmen musste, diese Frage zu stellen, verstand aber nicht: "Warum als deine Zofe?" "So könnte sie sehen und lernen, wie sich...wie sich eine Prinzessin verhält." Warum machte er es ihr so schwer? "Das wäre nicht schlecht, ja. Eine gute Idee." Shiro sah so überrascht auf, dass er fragte: "Was hast du?" Und dann begriff er: "Sie ist noch ein sehr kleines Kind, dazu ein Menschenmädchen. Wie kommst du auf den Einfall, ich würde sie als meine Konkubine ins Haus holen? Und meine Gefährtin anweisen, meine Konkubine auszubilden?" "Mein Vater verlangte dies von meiner Mutter." "Vergleich mich nie wieder mit deinem Vater!" kam es scharf. Sie nickte. Natürlich nicht. Ihr Vater war alles andere als ehrenhaft gewesen, ein Hochverräter und Lügner. Wie hatte sie nur auf den Gedanken kommen können, Sesshoumaru sei ebenso. "Verzeih. Es wird nie wieder vorkommen." Das konnte sie versprechen. "Du darfst jetzt gehen, Shiro. - Schick Jaken zu mir." Und da sie sich erhob: "Oh, du solltest mich heute Abend erwarten." Sie lächelte unwillkürlich: "Ja, aite..." und ging. Aite, Gefährte...wie lange hatte sie ihn nicht so nennen dürfen. Er sah ihr nachdenklich hinterher. Ein Jahrhundert lang hatte er sie zurückgewiesen um seines eigenen falsch verstandenen Stolzes willen. Ein Jahrhundert zu lang sie nicht im Arm gehalten. Und jetzt Monate mit der Jagd nach Naraku verschwendet. Immerhin waren sie ihn jetzt hoffentlich für immer los. Und er hatte da noch einiges nachzuholen. Er blickte ein wenig überrascht auf, als Yuri statt Jaken vor ihm niederkniete. "Verzeih, Inu no Taishou", sagte der: "Aber ich hörte, du wärest wegen der Piratenüberfälle erzürnt. Willst du mich auch deswegen sprechen?" "Nein. Es ist alles geklärt." Yuri sah zu Boden: " Es ist ebenso meine Schuld, wie die von Shiro-hime. Bitte, gib mir dieselbe Strafe. Ich möchte nicht, dass sie mich deckt." Yuri und sein Ehrgefühl. Sesshoumaru war für einen Moment versucht, ihm zu sagen, wie diese Strafe ausgesehen hatte, meinte aber nur: "Glaub mir, diese Strafe würdest du nicht wollen. Geh." Und das war eindeutig ein Befehl. So erhob sich der Hundeyoukaiprinz und verließ den Raum. Sesshoumaru hatte den Arm um Shiro gelegt und blickte zu der Decke ihres Betthimmels auf. Wie jedes Bett einer vornehmen Dame wurde auch ihres von Pfosten umrahmt, konnte mit Vorhängen verschlossen werden, wie jetzt. "Wir reisen morgen an die Küste", sagte er. "Gut." "Du ganz als Fürstin, keine Rüstung, kein Schwert." Er spürte ihre Überraschung: "Es ist nur eine Vergnügungsreise. Wer auch immer hinter den Überfällen steckt, soll nicht die Freude haben, uns aufgeschreckt zu sehen. Ich habe um Inuyasha geschickt." "Inuyasha?" Jetzt war sie erst recht verwundert. "Wird er kommen?" "Er wird." Er wollte schweigen, aber sie war seine Gefährtin: "Tessaiga könnte gegen einen erneuten Piratenüberfall nützlich sein. Es wirkt auch gegen Menschen." Da hatte er Recht. Shiro drehte sich leicht: "Ich soll mein Schwert nicht mitnehmen? Unter dem Kimono verborgen..." "Nein." "Wie du wünschst." "Hast du Rin schon gesagt, dass sie deine Zofe sein soll?" "Ja. Und dass es dein Wunsch ist. Sie gehorcht nur dir." "Sie soll auch dir gehorchen. Ich werde es ihr sagen." "Danke." Ein kurzes Zögern: "Wenn die Spione zurückkommen, werden sie gewiss dir Bericht erstatten. Ich würde mich freuen, wenn ich erfahren dürfte, was sie sagten." Das klang sehr vorsichtig. Shiro wusste um ihren Platz. "Gut." Und das war ein Versprechen. Am nächsten Morgen machten sich Sesshoumaru und Shiro durch ein Dimensionsportal auf den Weg zur Küste, während Yuri als Vertreter zurückblieb. Sie ereichten das Meer auf diese Weise in wenigen Minuten und blieben an dem sandigen Strand stehen, betrachteten das Dorf, das vor zwei Tagen vernichtet worden war. Ihre Nasen verrieten ihnen nur zu gut, was geschehen war. "Gut fünfzig tote Menschen..." murmelte die Fürstin. "Shiro." Das war ein Tadel. Sie verstand. Sie plauderte schon wieder zuviel. Aber sie war seit Kindertagen gewohnt gewesen, alles mit ihrem Zwillingsbruder zu bereden, so dass sie manchmal immer noch in dieses Verhalten zurückfiel, auch, wenn es gegenüber ihrem Gefährten sicher nicht schicklich war. Youkai redeten nicht, sie handelten. Sesshoumaru prüfte wieder die Luft. Aber es war eindeutig. Die Dorfbewohner waren Menschen gewesen und auch die Angreifer. Nichts verriet, dass irgendwo ein Youkai dabei gewesen wäre. Menschen gegen Menschen, das ging ihn eigentlich nichts an. Aber sein Vater hatte so manches Dorf an der Küste hier anlegen lassen, um das Land fruchtbar zu machen, diese Gegend zu besiedeln. So war das schon etwas anderes. Überdies hatte Shiro mit einem Recht. Für gewöhnliche Piraten waren sie zu gut mit Männern und Schiffen versehen. Ob doch ein Menschenfürst dahinter steckte? Der wäre allerdings dann lebensmüde. Oder hatte keine Ahnung, mit wem oder was er sich da einließ. Shiro hob ein wenig den Kopf. Der Wind hatte ihr eine Nachricht zugetragen, die sie nicht ganz deuten konnte, einen Geruch, den sie nie zuvor wahrgenommen hatte. Fragend sah sie seitwärts. Da sie gerade getadelt worden war, wollte sie nichts sagen. Sesshoumaru hatte es auch gewittert. Auch er konnte damit nichts anfangen. Es roch nach nichts, was er je kennen gelernt hatte. Aber er erkannte dahinter auch den Geruch von Menschen. Versuchten sie sich etwa zu verstecken? Waren es Dorfbewohner, die Angst vor einem erneuten Überfall hatten? Angst vor Youkai hatten? Oder waren es gar die Piraten? "Gehen wir", sagte er und setzte sich in die Richtung in Bewegung, aus der die seltsame Witterung gekommen war. Shiro hob ein wenig ihren Kimono, um ihn nicht im Sand schleifen zu lassen, als sie ihm folgte. **************************************** Das zweite Kapitel heisst: Piraten! Wer so nett ist und mir einen Kommentar hinterlässt, dem schicke ich eine ENS, wenn ich sehe, dass das nächste Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 2: Piraten! ------------------- Es freut mich, dass euch der "Mitteralterton" gefällt. Ich habe versucht, ihn vor allem in den Szenen im Schloss des Westens beizubehalten, aber grundsätzlich in der ganzen Geschichte. Ein Leben im Schloss könnte so ruhig sein. Aber schon im nächsten Kapitel machen ein paar Leute ein paar Fehler.... 2. Piraten! Sesshoumaru und Shiro wanderten den Meeresstrand entlang, der seltsamen Witterung folgend. Die Küste wurde hier steiler, die Felsen rückten nahe an das Wasser und beide sprangen hinauf auf die Klippen, von dort aus weiter. Shiro verfluchte dabei ihren langen, steifen Kimono, den lästigen, komplizierten Obi in Gedanken. Aber da ihr diese Kleidung befohlen worden war, wäre es unschicklich, nun darüber zu murren, wie unbequem sie war. Dennoch sehnte sie sich nach Männerkleidung und ihrer Rüstung. Sie vermutete, dass ihr Gefährte sie lieber im Kimono sah, sie so eher als weibliches Wesen betrachtete, denn als Kampfpartner. Ein wenig ärgerte sie das, aber sie war zu gut und zu streng erzogen worden, um nicht zu wissen, dass der Platz einer Ehefrau hinter ihrem Herrn war. Sesshoumaru blieb überrascht stehen und blickte in die Bucht hinab, die sich unter ihm ausbreitete. Sie hielt neben ihm, ebenfalls erstaunt. Dort lagen fünf große Schiffe vor Anker. Am Ufer der Bucht lagerten sicher weit über zweihundert Menschen, alle Männer, alle bewaffnet. "Die Piraten", sagte Shiro unwillkürlich. Sie rechnete erneut mit einem Tadel, aber er schwieg, betrachtete nur genau die Schiffe. Tatsächlich. Das waren Kriegsschiffe, dazu noch hochseetüchtig, so weit er davon etwas verstand. Und das war nicht viel. Youkai mochten manchmal zur See fahren, aber gewiss keine Hundeyoukai. Und diese seltsame Witterung war auch dort unten, verstärkte sich. Allerdings spürte er nun auch etwas wie eine Warnung vor einer drohenden Gefahr. Aber zweihundert Menschen waren für ihn keine Gegner, selbst, wenn Shiro nicht mitkämpfen würde. Sie sah zu ihm: "Sesshoumaru-donno...." "Was ist?" "Etwas stimmt da nicht. Kannst du es auch spüren?" Er gab keine Antwort, was sie als ein "ja" nahm. Irgendetwas war dort unten, das Gefahr bedeutete, obwohl sie nichts erkennen konnte. Zweihundert Menschen waren keine Bedrohung, nicht einmal wenn sie unbewaffnet war. Was war das nur? Nun, dachte Sesshoumaru: dann beenden wir eben die Piratenüberfälle hier und jetzt. Er sprang mühelos hinunter. Shiro folgte ihm sofort, da er ihr nicht gesagt hatte, dass sie das nicht tun sollte. "Youkai!" kam der Warnruf aus dem Lager, wo sich hastig alle Männer ausrafften. Einer fasste jedoch nicht nach seiner Waffe sondern nach einer Art weißem Ball, hielt ihn empor. "Aite!" stöhnte Shiro erschreckt auf, als sie begriff, was die Wirkung dieses seltsamen Gegenstandes war. Sie konnte förmlich spüren, wie die Magie dieser Kugel sich um sie legte, ihre eigene Zauberkraft, ihr eigenes Youki, lähmte. Was war das nur für ein Gebilde? Jetzt erkannte sie auch, dass es die Witterung dieser seltsamen Kugel gewesen war, die sie hergelockt hatte. Der Geruch war fremd, anders als alles, was sie je gewittert hatte. Auch der Herr der Hundeyoukai merkte es. Das also war die Gefahr gewesen. Und jetzt saßen sie in der Klemme. Irgendwie vermochte es dieser eigenartige Ball sie daran zu hindern, ihr Youki einzusetzen. Und ein Kampf gegen eine solche Anzahl Menschen ohne Dämonenenergie war schwer. Aber er zog scheinbar unbewegt sein Schwert, als die ersten Angreifer sich ihnen näherten. Shiro hatte kein Schwert und ohne Youki konnte sie auch keine Energiebälle gegen die Piraten schleudern. Sie hatte nur ihren Klauenangriff, um sich zu verteidigen, was die ersten Männer spürten, die ihr zu nahe kamen. Aber erneut fand sie ihren Kimono mehr als hinderlich. Sesshoumaru erwartete die Gegner regungslos. Ohne die Möglichkeit, seine Klinge mit seinem Youki aufladen zu können, musste er sich Stahl auf Stahl verteidigen - und er würde nicht so schnell wie gewöhnlich sein. Aber dennoch war er natürlich stärker und schneller als diese gewöhnlichen Menschen. Dessen ungeachtet war ihre Überzahl allein nun ein schweres Handicap. Er würde so viele wie möglich töten, in der Hoffnung, dass sich die anderen zurückziehen würden. Sein Gesicht blieb ruhig, als der erste Seeräuber sein Schwert von oben auf ihn niedersausen ließ. Mit einer raschen Drehung brachte sich der Youkaifürst aus der Gefahr, schlug mit dem Schwertgriff hinter sich, um einen zweiten Piraten abzuwehren, ehe er Tokejin in raschem Stoß gegen die Kehle des ersten Mannes schickte. Wieder fuhr er herum. Sie waren sehr viele - und er erkannte rasch, dass Shiro in ernsten Schwierigkeiten steckte. Es war ein Fehler gewesen, sie in dem hinderlichen Kimono mit hierher zu nehmen. Aber das war jetzt nicht zu ändern. Wichtiger war, dass er seine Konzentration nicht verlor, versuchte, sich aus diesem Kampf zurückzuziehen. Falls es ihm gelang, zurück auf die Felsen zu springen, wäre er vielleicht auch aus der Reichweite dieses seltsamen Gegenstandes. Er musste allerdings rasch erfahren, dass die Piraten genau das zu verhindern suchten. Sie schienen nicht zu bemerken, wie viele von ihnen er schon getötet hatte. Was trieb sie so in den Tod? Aber er sah aus den Augenwinkeln, dass es einem der Seeräuber gelungen war, nah an Shiro heranzukommen. Sein Schwert steckte nun in ihrem Oberschenkel und sie ging unwillkürlich in die Knie. Für gewöhnlich wäre solch eine Verletzung kein Problem, aber ohne Youki konnte sie sich kaum rasch regenerieren. Und fast zehn Männer stürzten sich nun auf sie. Sesshoumaru stellte in diesem Moment fest, dass er den zweiten Fehler für heute begangen hatte, als er unwillkürlich zu seiner Gefährtin geblickt hatte. Seine Angreifer sprangen ihn nun auch direkt an. Obwohl er es noch schaffte, fünf zu töten, konnte er nicht mehr verhindern, dass sie ihn bewusstlos schlugen. Als er erwachte, lag er auf schwankendem Untergrund. Noch immer konnte er kein Youki einsetzen. Die Ursache dafür war diese seltsame weiße Kugel, die ein Stück neben ihm stand, den Raum erleuchtete. Er stellte mit einer wachsenden Mischung aus Irritation und Wut fest, dass er gefesselt worden war. Und dass er nicht dagegen tun konnte. Offenkundig befand er sich an Bord eines Piratenschiffs. Mühsam setzte er sich auf, lehnte sich an die Wand. Shiro saß bereits, auch sie war gefesselt. Er blickte zu ihr. Natürlich würde sie nichts sagen. Niemand kritisierte einen Fürsten. Aber er wusste nur zu gut, dass sie auf ihr Gespür hätten hören müssen, nicht einfach zu den Piraten hätten gehen dürfen. Und, dass es sein Fehler gewesen war. "Was ist geschehen?" fragte er nur. "Deine Verletzung?" "Ich kann sie nicht heilen." Shiro nickte leicht zu der Kugel: "Es scheint eine Art Juwel zu sein, das verhindert, dass wir unser Youki einsetzen können. Aber warum weiß ich nicht. - Diese Männer waren sehr froh, uns zu fangen. Sie freuen sich, so starke Youkai ihrem Herrn bringen zu können." "Wer ist das?" "Sie sagten es nicht. Sie waren auf der Suche nach sehr starken Youkai und hatten gehört, dass in den westlichen Gebieten die stärksten leben würden. Um uns anzulocken haben sie anscheinend die Dörfer gebrandschatzt. Soweit ich hörte, haben sie die entführten Kinder weiter der Küste entlang als Dienstboten verkauft. Nun wollen sie uns zu ihrer Insel mitnehmen." "Insel?" Sesshoumaru dachte nach. Er war nicht sehr kundig, was die Meere betraf, aber weiter im Westen gab es doch keine Insel? "Sesshoumaru-donno..." Sie sagte es zögernd, da sie nicht wusste, wie er reagieren würde: "Darf ich offen sprechen?" Wollte sie ihn jetzt doch auf seine Fehler hinweisen? Aber das konnte er nicht glauben. Nicht diese wohlerzogene Youkaiprinzessin. "Ja." "Dort oben, neben dem Juwel, habe ich Metall gewittert. Da scheinen Werkzeuge zu sein. Den Geräuschen nach befinden wir uns knapp über der Wasserlinie. Wenn es uns gelingt, ein Loch in die hölzerne Wand zu schlagen, könntest du fliehen." Einem Fürsten Vorschläge zu machen, was etwas bedenklich. Sie hatte ihre Zeit hier gut genutzt, gab er zu. Aber: "Warum nur ich?" "Meine Verletzung behindert mich. Und da diese Kugel auf gewisse Distanz wirkt, müssten wir zunächst von dem Schiff wegschwimmen." Sie klang sachlich, obwohl sie keine Lust verspürte, bei den Piraten bleiben zu müssen. "Überdies bis du der Herr der westlichen Gebiete." Und damit wichtiger, aber das sprach sie denn doch nicht aus. "Shiro-ko..." Sie war etwas überrascht. Er hatte sie bislang erst einmal mit dem Zuneigung zeigenden Suffix angesprochen. Aber er drehte sich: " Versuch, meine Fesseln zu lösen. Dann werde ich sehen, ob dein Plan Erfolg verspricht." Sie hatte ebenfalls die Hände auf den Rücken gebunden und konnte so nichts tun. Aber wozu war sie eine Hundeyoukai? Sie nutzte ihre Fangzähne um den Knoten zu lockern, schließlich zu zerreißen. Kurz darauf war der Youkaifürst soweit frei. Er stand auf, noch ein wenig mühsam. Diese Kugel...Er betrachtete sie. Aber ohne Youki konnte er sie sicher nicht zerstören. Immerhin hatten ihre Entführer ihm die Schwerter gelassen. So sehr vertrauten sie also der Magie dieses Gegenstandes. Sie sollten sich irren. Youkai waren auch ohne Youki nicht hilflos. Er trat zu dem Kasten. Tatsächlich befanden sich dort allerlei Werkzeuge. Er nahm den größten Hammer, den er finden konnte, drehte sich um. "Bist du sicher, dass du nicht ein Stück schwimmen kannst? Sobald wir aus der Reichweite dieses Juwels sind, müssten wir fliegen können." "Zu meinem Bedauern ist es unmöglich." Sie klang ruhig wie immer: "Danke, aite." Es freute sie, dass er so an sie dachte. Aber er war der Fürst, er musste als erstes in Sicherheit gebracht werden. Er legte das Ohr an die Schiffswand, versuchte aus den Geräuschen draußen zu vernehmen, wo das Wasser war, da er gewiss nicht wollte, dass das Meer hier in diesen Raum lief. Er sah auf, begegnete den grünen Augen seiner Gefährtin. Shiro war ruhig wie eh und je und er betrachtete sie einen Moment, ehe er sich wieder umdrehte, den Hammer mit aller Kraft, die er so aufbringen konnte, gegen die Holzplanken sausen ließ. Es gab ein heftiges Krachen, als die Bretter zerbarsten, dann drang frische Luft in den Schiffsbauch. Und Dunkelheit. Es war bereits Nacht und sie mussten schon ein ziemliches Stück von der heimatlichen Küste entfernt sein. Er drehte sich rasch noch einmal um. "Warte auf mich!" sagte er, ehe er durch das Loch hinaussprang, in das kalte Wasser. Hastig bewegte er sich, um sich von den Rudern zu entfernen, die im Takt geschlagen wurden, von den Strudeln des Schiffes. Es war schwer, mit Schwertern und dem Brustpanzer oben zu bleiben, aber er musste es schaffen, solange, bis er sein Youki wieder einsetzen konnte, die lähmende Wirkung der Kugel verschwunden war. Noch ein Schiff fuhr knapp an ihm vorbei, ohne dass ihn jemand in der Dunkelheit bemerkte, dann waren die Piraten auch für ihn in der Nacht verschwunden. Mühsam paddelte er, um an der Wasseroberfläche zu bleiben. Was wäre das für ein Schicksal, hier jämmerlich zu ertrinken?! Aber seine Kleidung, das Fell sog sich mit dem kalten Meerwasser voll, wollte ihn in die Tiefe ziehen. Er kämpfte dagegen an, versuchte, sich zu konzentrieren. Er brauchte sein Youki um fliegen zu können. In welchem Abstand wirkte diese Kugel noch? In diesem Moment fiel ihm ein, dass er nur zwei Schiffe entdeckt hatte. Hieß das etwa, dass die anderen drei weitere Überfälle begehen würden? Wollten sie weiter starke Youkai, Youkaifürsten, anlocken? Dann musste er so schnell es ging, die Dörfer warnen, vielleicht Krieger hinschicken. Die menschlichen Herrscher in diesem Bereich waren alle schwach, würden sich kaum selbst helfen können. Er musste an Land, schon, um etwas gegen diese Piratenbande und ihren Anführer unternehmen zu können. Er durfte hier nicht ertrinken, durfte sich nicht der Kälte ergeben, die langsam durch seinen Körper kroch. Ob diese Entführer Shiro wohl für seine Flucht bestrafen würden? Hoffentlich besaßen sie dazu nicht die Autorität, hoffentlich wollte ihr Herr die Gefangene lebendig haben. Zu welchem Zweck auch immer. Er spürte, wie er ständig müder wurde. Wenn er nicht bald...Mit wachsender Wut bemühte er sich, sich zu konzentrieren, sein Youki zu erreichen. Endlich schaffte er es. Es war viel schwieriger als gewöhnlich, aber er beförderte sich aus dem Wasser, um auf einer Wolke aus Energie über den Wellen zu schweben. In welcher Richtung das Land war konnte er wittern und so flog er dorthin, frierend, erschöpft - und ganz sicher, dass jemand für die letzten Stunden sehr teuer bezahlen würde. Es war noch dunkel, als er die Küste der westlichen Gebiete erreichte, landete. Noch immer ein wenig matt, setzte er sich. Erst einmal drückte er das kalte Wasser aus seinem Fell, seinen Haaren, seiner Kleidung. "Inu no Taishou!" Er blickte auf. Yuri stand neben ihm und an dessen entgeisterter Miene konnte er ablesen, wie er aussehen musste: "Yuri, was tust du hier?" "Wir haben dich und Shiro-hime gesucht. Euer Youki verschwand gestern spurlos. Akamaru spürte es. Er und seine Schwester sind sehr verbunden. So kam er her und alarmierte mich. Wir...wir fürchteten schon das Schlimmste..." Yuri vermied es diskret, seinen Fürsten anzublicken. Das wäre unhöflich gewesen. So, wie der aussah, hatte er ein ziemliches Abenteuer hinter sich. Und was mochte mit Shiro passiert sein? "Ist Inuyasha schon da?" "Ja. Er kam gestern mit diesem Menschenmädchen, dieser Priesterin. Kagome." "Ruf ihn und Akamaru in mein Arbeitszimmer und erwartet mich da. Die beiden Berater sollen auch kommen. Und Jaken." Yuri nickte: "Rachefeldzug?" "Geh." Der Youkaiprinz verschwand sofort durch ein Dimensionsportal, während sich Sesshoumaru langsam erhob. Rache? Eine überflüssige Emotion. Das wäre einfach eine logische Konsequenz. Bei Sonnenaufgang setzte er sich auf seine Matte im Arbeitszimmer des Schlossherrn, fast wie immer wirkend. Aber die Youkai und der Hanyou, die im Halbkreis kniend auf ihn warteten, spürten, dass unter der scheinbaren Gelassenheit etwas anderes tobte. Er berichtete kurz von dem seltsamen Kampf ohne Dämonenenergie am Strand, der Kugel, die ihr Youki vollständig unterdrückt hatte, dass die Piraten Menschen wären und von einer Insel im Westen kommen sollten. Und dass er von Bord des Schiffes flüchten konnte, Shiro jedoch durch ihre Verletzung nicht. Akamaru biss sich leise auf die Lippen, aber er wusste, dass seine Zwillingsschwester zu nüchtern und sachlich war, um nicht die einzige Chance zu sehen, dass wenigstens einer von ihnen beiden entkommen konnte. "Drei der Piratenschiffe dürften also noch vor unserer Küste sein." Sesshoumaru blickte zu einem seiner Berater: "Vorschläge, Hiji-san?" Der Hundeyoukai hüstelte: "Nun, ehe Ihr Euch auf einen Rachefeldzug gegen die Piraten begebt, ist es meines Erachtens ratsam, dass Ihr Euch eine neue Gefährtin nehmt..." Etwas Helles war im Raum. Als es verschwand, lag Hiji buchstäblich in kleinen Stückchen am Boden. Der gleichzeitige strafende Klauenangriff aus vier Richtungen war zuviel für ihn gewesen. Der zweite Berater, Meiji, schluckte etwas. Wäre er als erstes gefragt worden, hätte er das auch empfohlen. Frauen waren nützlich, ein fruchtbares Feld für ihren Herrn, aber doch leicht ersetzlich. Aber wenn er bedachte, dass Akamaru-sama der Bruder von Shiro-hime war, der Herr selbst sie als Verwalterin eingesetzt hatte, Inuyasha-sama und Yuri-sama sie hoch achteten, sah diese Familie das wohl anders. Und er dankte den Göttern, dass nicht er jetzt zerfetzt hier lag. Jeder der vier männlichen Anverwandten hatte sofort zugeschlagen, zwar nur um zu strafen, nicht um zu töten, aber eben jeder. "Meiji-san?" erkundigte sich der Herr der westlichen Gebiete, als sei nichts geschehen. Meiji neigte sich hastig, bemüht, jetzt keinen Fehler zu begehen: "Ich würde vorschlagen, dass ich unser Kartenmaterial studiere. Soweit mir bekannt ist, gibt es keine Insel dort im Westen, zumindest keine, die so viele Männer haben könnte. Wenn Ihr gestattet, fange ich sofort an." "Tu das. - Jaken." Der blickte auf, folgte dem Kopfnicken seines Herrn und eilte mit Meiji aus dem Arbeitszimmer. "Drei Piratenschiffe..." sagte Yuri langsam, als die Familie unter sich war: "Das sind sicher gut hundertfünfzig Krieger, immer noch genug, um jedes Dorf auszulöschen." "Die sind doch für uns kein Problem", meinte Inuyasha: "Erledigen wir sie und dann suchen wir Shiro." "Wir?" Aber Sesshoumaru hatte damit gerechnet. Prompt sagte sein Halbbruder: "Erinnerst du dich? Sie hat mich da mit rausgeholt, bei der dämlichen Bestie. So kann ich wenigstens meine Dankesschuld abbezahlen." "Lass mich auch mitkommen, Herr der Hundeyoukai. Sie ist meine Schwester." Akamaru klang höflich. Er war zwar auch ein Fürst, aber er wusste um seinen Platz in der strikten Hundehierarchie. "Die Piraten sind ein größeres Problem, als du denkst, Inuyasha-sama." Yuri sah fragend zum Hausherrn, ob er seine Meinung sagen dürfe, aber da der nickte, fuhr er fort: "Sie tauchen auf und verschwinden wieder. Wir wissen nicht, wo und wann sie wieder zuschlagen werden. Es mag gut sein, dass es wieder Wochen bis zum nächsten Überfall sind. Diese Zeit würde für die Suche nach Shiro-hime verloren gehen." "Also teilen wir uns auf?" Der Hanyou bewies, dass er in der Zeit, in der er die Regentschaft über die westlichen Länder hatte, erwachsener geworden war. Sesshoumaru nickte unmerklich: "Ja. - Du gehst mit deinen Menschenfreunden zu den Fürsten und Dörfern an der Küste und warnst sie. Sie müssen auf Überfälle gefasst sein. Ein Alarmsystem wäre nicht schlecht. Und du wirst diese Piraten erledigen." "Klar." "Akamaru, du wirst dich abwechselnd um deine eigenen Länder und die Verwaltung hier kümmern. Ich werde, sobald ich Näheres über diese Insel weiß, dorthin reisen." Er brach überrascht ab. Auch die anderen wandten verblüfft die Köpfe, denn was sie spürten, war reines Genki, die Energieform, die nur Götter hatten. Aus einem hellen Licht erschien eine menschliche Gestalt, die sich höflich vor dem Hausherrn verneigte. "Sesshoumaru-sama." "Takami Musubi, der Bote der Sonnengöttin. Welch unerwarteter Besuch." Der Herr der westlichen Gebiete betrachtete ihn. Der Gott nickte leicht: "Es geht um die Piraten, genauer, das Juwel, das sie mit sich führten. Könnte ich dich bitte unter vier Augen sprechen?" *********************************************** Endlich mal jemand, der ein paar Tipps hat, was eigentlich los ist. Wenn man bedenkt, dass der arme Hiji schon gelyncht wurde, weil er ein falsches Wort über Shiro verloren hatte, wird sich der Auftraggeber der Piraten sicher über Besuch freuen dürfen. Ich freue mich über eure Kommentare. Wer so nett ist, mir einen zu hinterlassen, schicke ich, wie immer, eine ENS, sobald ich sehe, dass das neue Kapitel on ist. bye hotep Kapitel 3: Die Insel Le-chan-po ------------------------------- Der Bote der Sonnengöttin bringt hoffentlich eine Erklärung mit.... 3. Die Insel Le-chan-po Sesshoumaru nickte leicht und die beiden Youkai und der Hanyou verließen sofort das Arbeitszimmer des Fürsten. Wenn der Bote der Sonnengöttin, Takami Musubi, mit dem Gebieter der westlichen Gebiete sprechen wollte, hatte das sicher einen guten Grund. Sie hätten allerdings zu gern gewusst, welchen. Takami ließ sich bequem gegenüber von Sesshoumaru nieder: "Ich wurde beauftragt, dir diese Geschichte zu erzählen. Ich werde dabei allerdings ein wenig ausholen müssen." "Es wird wohl nötig sein." "In der Tat. Vor langer Zeit, selbst für Youkai und Götter, gab es im entfernten Südwesten von hier eine große Insel im Meer, zwischen Japan und dem Festland. Menschen lebten auf ihr, auch Youkai. In der Mitte der Insel stand der älteste Tempel der Welt. Er gehörte Izanagi, dem Schöpfer. In ihm befand sich ein magischer Spiegel, durch den Izanagi-sama mit seinen Priestern direkt sprechen konnte. Er lehrte sie so viele Dinge und die Insel blühte in Wohlstand. Die Könige waren Menschen oder Youkai, aber es war Frieden zwischen den Arten. Der Name der Insel war Le-chan-po. Eines Tages war ein Mensch Hohepriester von Izanagi-sama geworden, der hochgradig magisch veranlagt war, schon von Geburt an. Wenige seiner Art hat es je gegeben. Er hatte seit frühester Kindheit im Tempel gelebt und sich in den alten Lehren und Schriften ausgebildet. Er lernte sehr viel in dieser Zeit und war ein herausragender Magier geworden. Um besser zu werden, noch mehr zu studieren, versenkte er sich auch in übermenschlicher Magie, der Lehre von Youki, der dunklen Seite aller Macht und Genki, der hellen Seite, um so die Vollkommenheit zu erreichen. Izanagi-sama sah sein Bemühen um mehr Wissen, um Erleuchtung, und unterstützte ihn, so gut er es vermochte. Leider war dieser Hohepriester nicht fähig, mit all dieser Macht, die er durch sein Wissen angesammelt hatte, umzugehen. Er sah, dass er trotz all seines enormen Wissens und seiner magischen Macht noch immer vergänglich war, ein Mensch, der eines Tages sterben müsste. Dies wollte er verhindern. Er täuschte Izanagi und es gelang ihm, das Sternjuwel aus der anderen Welt zu stehlen." Takami sah auf: "Du hast einen Teil davon schon kennen gelernt." "Diese leuchtende Kugel? Ich verstehe. Ihre Witterung glich nichts von dieser Welt." "Ja. Sie ist aus der anderen Welt. Und das Sternjuwel beinhaltet einen Teil der Magie Izanagis. Da der Zauber aus der anderen Welt ist, wirkt in seiner Gegenwart keine Magie dieser Welt. Weder Youki noch Genki. Auch kein gewöhnlicher Gott könnte in ihrer Nähe etwas erreichen." "Das erklärt es. Weiter. Ich nehme nicht an, dass Izanagi den Diebstahl duldete?" "Nein, natürlich nicht. Er wollte den Hohepriester töten. Dieser hatte inzwischen den König ermordet und sich zum neuen Herrscher gemacht. Aber durch den Diebstahl des Sternjuwels war der nunmehrige Fürst selbst sehr mächtig geworden - und Izanagi konnte die andere Welt nicht mehr verlassen. Denn er nutzte das Sternjuwel nur zu diesem Zweck, hatte es zu diesem Zweck erschaffen. Dennoch kam es zu einem Zusammenprall ihre Magien, bei dem in einem einzigen Tag die gesamte Insel im Meer versank. Nur drei kleinere Inseln blieben übrig. Dai Oya, der Hohepriester, war danach spurlos verschwunden. Und das Sternjuwel mit ihm." Sesshoumaru zog unwillkürlich ein wenig die Augen zusammen. "Spurlos? Für Izanagi? Für den Schöpfer allen Lebens?" "Selbst der Herr der anderen Welt konnte ihn nicht mehr finden. Er war nicht mehr in den Ländern, auf die die Sonne scheint, er war nicht in der anderen Welt, er war nicht im Totenreich. Und das Juwel war ebenfalls verschwunden. - Vor gut zehn Jahren nun übernahm ein Fürst auf den drei restlichen Inseln die Macht, der sich stets in seinem Palast aufhielt, sich bemühte, nicht gesehen zu werden. Gleichzeit wuchs um die Inseln eine rätselhafte Barriere, die es keinem magischen Wesen erlaubte auf die oder von der Insel zu kommen. Soweit meine Herrin, Amaterasu-Omikami, dennoch bemerkte, verschwanden im Laufe der Zeit alle starken Youkai von den Inseln. Später auch von Ländern weit im Süden. Nun haben diese menschlichen Piraten versucht, dich zu entführen, bei Shiro waren sie erfolgreich. Und das Sternjuwel wurde eingesetzt. Das kann nur bedeuten, dass Dai Oya wieder aufgetaucht ist. Und dass er irgendwie Youkai das Youki abzieht um es für sich und die Mehrung seiner Macht einzusetzen. Meine Gebieterin vermutet, dass er auch für das Verschwinden zweier Quellgöttinen auf den Inseln verantwortlich ist. Sie waren die einzigen beiden dort. Also will er wohl auch Genki." "Dann sind die Inseln mit einer Barriere vor Wesen mit magischer Macht geschützt, und auf ihnen kann man kein Youki oder Genki einsetzen?" fasste der Youkaifürst zusammen. "Und dieser Magier stiehlt Youki und Genki für seine Zwecke." "Ja. So sieht es aus. Izanagi-sama lässt dir nun folgendes ausrichten: gehe in meinen alten Tempel auf Le-chan-po, damit du erfährst, wie du im Notfall das Sternjuwel zerstören kannst." Der Bote der Sonnengöttin bemerkte die leise Überraschung: "Nun, du trägst Tensaiga, das Schwert der anderen Welt. Niemand sonst in dieser Welt hat einen Gegenstand aus der anderen - außer Dai Oya. Und der hat ihn widerrechtlich. Ferner nahm der Gebieter an, dass du deine Gefährtin zurückholen willst." "In der Tat." Überdies wäre es undenkbar, einer Anweisung Izanagis zuwiderzuhandeln. "Gut. Izanagi-sama wies seine Kinder an, dir Hilfe zu geben, wo immer du sie benötigst. Soweit ich weiß, wartet bei dem Dorf, das die Piraten als letztes zerstört haben, eine Reisegelegenheit nach Le-chan-po." Der Bote der Sonnengöttin erhob sich: "Wenn ich etwas Neues in Erfahrung bringe, werde ich es dir sagen. Aber auch mich weist die Barriere um die Inseln ab. Sie lässt nur Menschen durch - oder Wesen, die ihr Youki oder Genki vollkommen verbergen können. Und davon gibt es nur sehr wenige." Also wäre er auf diesen Inseln völlig auf sich gestellt. Und magische Energie nicht einsetzen zu können, würde die Sache erschweren. Dieser Dai Oya schien ein harter Fall zu sein. Shiro. Wenn sie erneut ihr Youki verlieren würde, dieser seltsame Magier es ihr abziehen würde...Diesmal gäbe es auch für sie kein Zurück mehr. Sie würde tot bleiben. Tensaiga war da keine Hilfe. Was zu dem anderen Punkt führte: Sie war stark und mächtig und ihr Youki würde Dai Oya sicher noch unangreifbarer machen. Überdies ließ ein Hundeyoukai nie seine Gefährtin im Stich. Sesshoumaru nickte unmerklich. Takami Musabi nahm es als Verabschiedung und löste sich in heller Energie auf. Der Inu no Taishou erhob sich und trat vor die Tür seines Arbeitszimmers, ging durch den schmalen Flur zu seinem Vorzimmer. Wie er vermutet hatte, warteten dort seine Familienangehörigen. Alle drei blickten ihn fragend an. "Inuyasha, du kümmerst dich um die Piraten, wie wir es gesagt hatten. Akamaru, du übernimmst hier die Regentschaft, zusammen mit dem Süden, damit Inuyasha freie Hand an der Küste hat." Die beiden nickten. Das war nicht unbedingt das, was der Bote der Sonnengöttin erzählt hatte, aber sie konnten schlecht fragen. In Sesshoumarus Stimme, in seinen Augen lag etwas, das sie warnte. "Yuri, auf ein Wort." Dieser folgte ihm schweigend, aber mehr als neugierig in das Arbeitszimmer. Als beide saßen, sagte der Schlossherr: "Die Piraten dienen einem mächtigen Magier, dem es vor langer Zeit gelang, Izanagi, dem Schöpfer, einen Teil seiner Magie zu stehlen." Nur die übliche Selbstbeherrschung eines Youkai verhinderte, dass Yuri mit offenem Mund dasaß. "Er lebt auf Inseln im Westen. Dort kann man kein Youki einsetzen. Eine magische Barriere verhindert dies. Und das Sternjuwel, das er einst Izanagi stahl. Das war es auch, was uns beim Kampf am Strand so behindert hat. Die Sonnengöttin glaubt, dass er Youkai und Götter entführt, um ihr Youki, ihr Genki, zu bekommen für seine eigene Machtvergrößerung. Wie auch immer er dies anstellt. Das hat er wohl auch mit Shiro vor." Der Cousin nickte: "Und da er schon früher so mächtig war, sich mit Izanagi anlegen zu können, wird er jetzt gewiss auch sehr, sehr stark sein. - Ohne Youki...das wird schwer." "Ja. - Kommst du mit?" Yuri starrte ihn überrascht an. Der Hundefürst konnte befehlen, warum fragte er ihn? Aber dann begriff er. Sesshoumaru hielt die Sache für so riskant, dass er ihn nicht in den Tod schicken wollte. Er mochte der Herr der Hundeyoukai sein und der Gebieter des Westens - aber er war nicht der Herr über seine eigene Kriegerseele. Niemals würde er nicht selbst in Gefahr vorangehen, da er der Stärkste war, niemals würde er einen Schwächeren beauftragen, um sich selbst zu schützen. "Inu no Taishou..." sagte er leise, mit gewisser Bewunderung. Was für ein Anführer. Aber sein eigener Stolz ließ ihm gar keine andere Wahl. Überdies: er mochte Shiro sehr gern und die Vorstellung, dass irgendein Magier sie töten würde, machte ihn zornig. So rutschte er ein wenig, ließ sich zeremoniell auf ein Knie nieder, die rechte Faust auf dem Boden. "Ich bin der Schatten meines Herrn", gelobte er. Der Schwur eines Samurai. "Gut. - Nimm Daketsaiga mit, Shiros Schwert." Daketstsu - die Vereinigung, und saiga - der Fangzahn, hatte sie ihr Schwert genannt. "Ich kann es nicht führen", wagte Yuri einzuwenden. "Für sie." "Ich lasse es holen." Der Youkaiprinz stand auf und verließ das Arbeitszimmer. Inuyasha war aus dem Schloss gegangen, in den Kirschgarten. Nachdenklich sprang er auf einen Baum. Diese Piraten umzubringen wäre kein Problem - wüsste er, wo sie zuschlagen würden. Wie könnte man nur ein so schnelles Alarmsystem errichten? Boten benötigten Zeit. Menschen waren nun einmal nicht so schnell. Und in jedem Küstendorf eine Youkaiwache zu stationieren würde die Dörfler kaum freuen, da sie in Youkai wahrscheinlich keine geringere Gefahr sehen würden, als in den Piraten. Was konnte er nur tun? Er spürte eine Energie, die er kannte, und sprang vom Baum: "Sesshoumaru?" "Setz dich, Inuyasha." Der jüngere Bruder war überrascht, tat aber, was verlangt war. Sollte das etwa ein brüderliches Gespräch werden? Seit der Sache mit dieser Bestie der Tiefe verstanden sie sich ja soweit, aber der Hanyou hatte nicht vergessen, wie oft sie auf Leben und Tod gegeneinander gekämpft hatten. Jedoch hatte Sesshoumaru ihm danach schon mal die Ländereien anvertraut, schien ihm also zu vertrauen. Er müsste wohl abwarten. Beide saßen unter einem Kirschbaum nebeneinander. "Takami hat mir erzählt, wer der Entführer ist", begann der Hundefürst langsam: "Er ist ein Magier, so stark, dass er selbst die mächtigsten Götter herausfordern konnte. Vermutlich will er das Youki starker Youkai für sich verwenden, wie auch immer." "Das klingt, als ob der Kerl selbst für dich ein echter Gegner ist. Nimmst du Yuri mit?" "Ja." "Dann habt ihr doch gute Chancen. Ich würde ja gern mit..." "Nein!" Das klang scharf: "Du kümmerst dich um die Piraten. Und, Inuyasha, wenn ein Jahr vorüber ist und ihr nichts mehr von mir gehört habt, übernimm du die Herrschaft über dieses Fürstentum." Der Hanyou starrte seinen älteren Halbbruder an: "Das...glaubst du, dass du nicht zurückkommst? Und so nach dem Motto: jemand aus der Familie soll mein Erbe sein?" "Ein Sohn meines Vaters, wenn schon nicht sein Enkel." Sesshoumaru zog ein Bein an, sah aber ins Nichts. Nein. Er würde nie wieder zulassen, dass sein kleiner Bruder in Lebensgefahr geriet. "Aber warte das Jahr ab." "Klar. Glaubst du wirklich, ich reiße mich darum, stundenlang im Arbeitszimmer zu sitzen und mir langweilige Berater anzuhören? Nein. Und ich bring dich um, wenn du nicht zurückkommst." Inuyasha warf erneut einen Blick seitwärts: "Wie heißt der Kerl eigentlich? Der Magier?" "Dai Oya." "Und er will Shiros Youki, wollte auch deins? Dann wird er sicher mit jedem Youkai, den er fängt, immer stärker. Aber das sollte dir nichts ausmachen. Du kannst nur gegen mich verlieren." "Es gibt immer ein erstes Mal, Inuyasha." Das hast gerade du mir deutlich gemacht, dachte er. "Keh. - Nun gut. Ich werde jedenfalls zusehen, dass ich diese Piraten ins Jenseits schicke. Dann ist hier erst einmal wieder Ruhe. Da kannst du dich drauf verlassen." "Ja." Der Herr des westlichen Fürstentums erhob sich. Da werde ich mich drauf verlassen, erkannte er. Als er aus dem Kirschgarten zurückging, bemerkte er Akamaru, der auf ihn zu warten schien. "Was ist?" "Bitte, Inu no Taishou, versteh mich nicht falsch", begann der Herr des Südens ein wenig vorsichtig. Niemand kritisierte einen ranghöheren Fürsten: "Ich hörte, du willst Yuri mitnehmen. Ich weiß, er ist stärker als ich, aber Shiro ist meine Zwillingsschwester. Ich würde gern mit, sie rausholen, statt hier die Verwaltung zu machen." "Yuri ist stärker als du, ja. Aber das ist nicht der Grund, warum ich ihn mitnehme." Sesshoumaru sah keine Ursache für eine weitere Erläuterung. Akamaru nickte leicht. Er nahm an, dass der Youkaifürst durchaus nicht vergessen hatte, dass Yuri sich schon einmal für den rechtmäßigen Herrn dieses Fürstentums gehalten hatte. Wenn das der Grund war, traute er ihm, Akamaru, mehr über den Weg, die Verwaltung ordentlich zu machen - und wieder abzugeben, wenn er zurück wäre. Und war da ja auch noch Inuyasha. So meinte er nur: "Ich werde tun, was du anordnest." Aber rette meine ältere Schwester. Das jedoch sprach er nicht aus. Es wäre ungehörig gewesen. Sesshoumaru akzeptierte das so und ging zurück zu seinem Arbeitszimmer. Er konnte Jaken und Meiji dort wittern. Hatten sie etwas über die Insel herausgefunden, dass sie so schnell wieder da waren? Die Berater warfen sich höflich zu Boden, als er den Raum betrat. Er ließ sich auf seinem Platz nieder: "Nun?" "Sesshoumaru-sama", begann Jaken: "Wir haben da eine geheimnisvolle Insel gefunden. Auf anderen Karten ist sie nicht eingezeichnet, nur auf einer Rolle. Sie heißt die vergessene oder verfluchte Insel. Ihr Name war wohl Le-chan-po. Nach der Erklärung auf der Rolle soll sie einst existiert haben, dann aber durch ein großes Unglück verschwunden sein." "Nähere Angaben?" "Die Rolle, auf der wir sie gefunden haben", fuhr Meiji fort: "Ist eine Karte, die seit langer Zeit im Besitz Eurer Familie ist. Man kann wohl davon ausgehen, dass diese Insel seit mehr als fünftausend Jahren nicht mehr existiert. Und ich weiß wirklich nicht, ob Ihr dorthin reisen solltet. Wieso sollte sie nun auf einmal wieder erschienen sein, Piraten aussenden können?" "Das tut sie. Weiter." "Leider haben wir keine näheren Angaben in der kurzen Zeit finden können. Sollen wir weitersuchen?" "Nein." Er hatte bessere Informationen vom Boten der Sonnengöttin erhalten: "Das war es. Akamaru wird hier die Verwaltung übernehmen, während sich Inuyasha um die militärische Seite kümmert. Unterstützt sie." Er erhob sich wieder. Beide Berater nickten eifrig, wenn auch mehr als irritiert. Yuri wartete im Hof des Schlosses. Er trug jetzt seine Rüstung, sein Schwert. Seine langen weißen Haare wehten in der leichten Brise, die trotz der Mittagshitze aufkam. In seiner Linken hielt er Shiros Schwert, wohlverwahrt in der Scheide. Er spürte die Energie hinter sich und drehte sich um. "Taishou." Sesshoumaru warf einen kurzen Blick auf das Schwert seiner Gefährtin, das auch seinen Fangzahn eingeschmiedet hatte: "Du darfst es in deinem Gürtel tragen", sagte er. Das war die einfachere Lösung, aber ihm war bewusst, dass sein Cousin das nie ohne ausdrückliche Erlaubnis getan hätte. Obwohl ihr Kennenlernen unter recht unglücklichen Vorzeichen gestanden hatte, war Yuri ausgesprochen loyal und sein Ehrgefühl ausgeprägt. Überdies war er nach ihm der stärkste vollblütige Hundeyoukai. Der Youkaiprinz schob die Waffe in den Gürtel, wartete auf die nächste Anweisung. Da er bemerkte, wie der Herr der Hunde ein Dimensionsportal öffnete, tat er es ihm gleich, um ihm folgen zu können. So gelangten sie in kürzester Zeit zu dem niedergebrannten Dorf an der Meeresküste. Sesshoumaru trat an den Strand. Takami hatte gesagt, hier würde er eine Reisegelegenheit zu dieser unbekannten Insel finden. Aber da sah nichts nach einem Schiff aus. Unwillkürlich legte er die Hand an sein Schwert, als das Wasser weiter draußen im Meer aufgewirbelt wurde. Yuri sprang neben ihn, ebenfalls bereit, seine Waffe zu ziehen. Aus den Wassern erhob sich ein gigantischer Kopf, mit seltsamen Stacheln darauf. Schräge, gelbliche Augen musterten die beiden Youkai am Strand. Eine gespaltene Zunge kam aus dem halboffenen Mund. Das war eine Seeschlange, ein Wasserdrachen. Der Kopf kam langsam näher. Yuri umklammerte seinen Schwertgriff. Drachen und Youkai gerieten öfter mal aneinander, auch, wenn er mit Wasserdrachen noch nie Bekanntschaft geschlossen hatte. Aber er zog nicht, da es der Youkaifürst nicht tat. Die Seeschlange hatte seinen raschen Seitenblick gesehen und wusste nun, wer der Ranghöhere war. So kam sie schneller näher, beugte sich hinunter. "Sesshoumaru...." sagte sie: "Steige auf meinen Rücken. Susanowo, der Herr der Stürme und der Schlangen, befahl, dich sicher nach Le-chan-po zu bringen." Den Göttern musste sehr dran gelegen sein, das Sternjuwel wieder in die andere Welt zu schaffen, dachte Yuri unwillkürlich, ehe ihm einfiel, dass der Sturmgott ja ein Sohn Izanagis war. "Erlaubst du, dass auch mein Begleiter auf dich steigt?" erkundigte sich Sesshoumaru nur, als sei die Reise auf einem Wasserdrachen für ihn alltäglich. "Wie du es willst. Bis Le-chan-po soll ich dir gehorchen. So lauten des Sturmgottes Befehle." ********************************** Eine interessante Reisemöglichkeit. Die Familie geht also nach dem Motto vor: getrennt marschieren, vereint schlagen. Der Magier Dai Oya bekommt es mit Sesshoumaru und Yuri zu tun, die menschlichen Piraten mit Inyuasha. Im nächsten Kapitel erfahrt ihr, wie es Shiro bei den Piraten ergeht und was Hundeyoukai auf dem Meer erleben. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 4: Auf dem Ozean ------------------------ Im neuen Kapitel erfahrt ihr, wie bei Shiro die Reise über den Ozean abläuft - und wie eine Meerüberquerung mit einer Seeschlange so ist. Viel Spass beim Lesen! 4. Auf dem Ozean Shiro war unwillkürlich ein wenig erleichtert gewesen, als Sesshoumaru die Flucht gelungen war. Sie war sicher, dass er sie suchen würde. Akamaru, ihr Zwillingsbruder... Ihre Familie würde sie nicht im Stich lassen. Nachdenklich betrachtete sie diesen seltsamen Stein. Mit seiner Fähigkeit, zu verhindern, dass sie Youki einsetzen konnte, was das sicher die größte Schwierigkeit. Seine Witterung war fremdartig. Sie hatte so etwas noch nie in der Nase gehabt, auch noch nie von etwas gehört, das den Einsatz von Youki verhindern konnte. Aber das Juwel war da. Es war eine Tatsache und so fand sie sich damit ab. Ein Youkai dachte nie über sinnloses nach. Durch das Loch im Schiffsrumpf dämmerte der Morgen, als ein Pirat hereinkam. Entgeistert starrte er in den Raum. Es war kaum zu übersehen, dass dort nur noch eine Gefangene war. Und das Leck zeigte, wie der männliche Youkai verschwunden war. Der Mann drehte sich um und lief sofort hoch. Shiro wartete. Sicher würde gleich der Kapitän kommen. Der tat das auch, in sichtlich mieser Laune. Wütend betrachtete er das Loch, dann sah er zu seiner Gefangenen: "Dein Gefährte hat dich also im Stich gelassen?" Das klang höhnisch. Shiro sah ihn schweigend an. Er erwartete doch dazu hoffentlich keine Bemerkung von ihr. "Ah, so stolz und arrogant? Nun, ich denke, du bist eine Prinzessin unter den Youkai, nicht wahr? Da denkst du, du kannst es dir leisten. Und natürlich fühlst du dich uns Menschen gegenüber ja so überlegen." Er nickte zu dem Stein: "Aber das Sternjuwel nimmt euch eure dämonische Energie. Sag mir doch, wo du mir jetzt noch überlegen bist." Sternjuwel, also? Sie hatte davon noch nie gehört. Aber das besagte natürlich nichts. Es gab sicher viele Dinge, von denen sie noch nie gehört hatte. "Verdammt, bist du stur. Keine Angst, dass ich dich für die Flucht bestrafe?" Jetzt müsste sie doch mal was sagen: "Nein." "Ach." Der Kapitän betrachtete sie. Ihre grünen Augen verrieten tatsächlich keine Furcht. "Und wieso bist du dir da so sicher? Weil du eine Prinzessin bist? Weil du eine Youkai bist?" War er etwa so begriffsstutzig? "Du hast mich im Auftrag deines Herrn entführt. Ich weiß nicht, warum, aber er will mich offenkundig lebendig und in guter Verfassung haben, sonst hättet ihr uns am Strand schwerer verletzen können. Also besitzt du nicht die Autorität, zu strafen." "Verdammtes Miststück!" knirschte der Kapitän, was Shiro ein wenig verwunderte. Sie hatte doch nur die Tatsache beschrieben. Menschen. Sie würde diese gefühlsbetonten Wesen nie verstehen. "So hochmütig....Aber ich habe schon andere Youkai hier gehabt, alle so arrogant. Und ich habe sie später gesehen, wenn sie fast wahnsinnig vor Schmerzen unseren Fürsten anflehten, sie zu töten, damit ihre Qualen ein Ende hätten. Und auch du wirst betteln." Das klang nicht gut, entschied die Hundeyoukai. Aber sie sagte kühl: "Dein Herr lässt also Youkai entführen, um sie grausam umzubringen? Was für ein netter Zeitvertreib." "Das ist nicht der Grund. Er will dein Youki." Der Kapitän lächelte seltsam: "Und er wird es bekommen." Er flüsterte nur noch: "Und ich werde ihn bitten, bei dir zusehen zu dürfen. Oh ja. Darauf freue ich mich." Er ging. Shiro blickte auf die geschlossene Tür, hörte, wie der Riegel wieder vorgeschoben wurde. Das waren neue Informationen. Jemand ließ starke Youkai entführen, um ihnen ihre Energie abzuziehen? Was sollte das? Wollte derjenige stärker werden? Mächtiger? Das musste der Grund sein. Aber wie sollte das gehen? Nach einfachem Absorbieren hatte das nicht geklungen. Falls der Kapitän gehofft hatte, sie in Schrecken zu versetzen, hatte er sich freilich geirrt. Shiro war zu nüchtern, um Angst vor etwas zu haben, das in der Zukunft lag. Noch waren sie nicht bei dieser unbekannten Insel. Vielleicht würde das Schiff untergehen, vielleicht würde Sesshoumaru sie zuvor finden...es gab Dutzende von Möglichkeiten, was geschehen mochte. Sie setzte sich ein wenig bequemer hin, so gut das mit gefesselten Hand- und Fußgelenken möglich war. Ihre Glieder begannen in der ungewohnten Reglosigkeit ihren Dienst zu versagen. Wenn man sie hier herausholte, wäre sie sicher schon aus diesem Grund nicht kampffähig. Und da war ja auch noch das Juwel. Sternjuwel? Woher es wohl kommen mochte? Sie schloss die Augen. Auch, wenn sie ihre dämonische Energie nicht einsetzen konnte, wäre es gut, sie zu hüten. Falls dieser Stein zufällig einmal nicht in ihrer Nähe wäre, müsste sie bereit sein, einen Fluchtversuch zu wagen. Die Seeschlange glitt rasch über die Wasseroberfläche. Ihren Kopf hielt sie steil aus dem Meer gestreckt, so dass ihre beiden Passagiere, die auf ihrem Leib saßen, gegen die schäumende Gischt geschützt wurden. "Sagst du mir deinen Namen, Seeschlange?" fragte Sesshoumaru. "Sera." "Wie schnell schwimmst du, Sera, im Vergleich zu menschlichen Schiffen?" "Nun, für gewöhnlich bin ich schneller. Aber da schwimme ich unter Wasser. So jedoch, mit euch, bin ich sicher ebenso schnell wie eines der menschlichen Schiffe." Also hatten die Piraten noch immer einen Vorsprung von gewiss vierundzwanzig Stunden. Und diesen würden sie behalten, bis sie an der Insel angekommen waren. Das war ärgerlich, aber nicht zu verhindern. Der Herr der westlichen Gebiete wandte den Kopf ein wenig seitwärts. Yuri hatte sich neben ihm niedergelassen, freilich ein Stück zurück, den höfischen Rangunterschied beachtend. Er bemerkte den Blick und sah sofort auf, falls ein Befehl käme. Interessant, dachte Sesshoumaru. Der Schatten deines Herrn. Ja, und du meinst es auch so. Aber das ist nicht der Grund, warum ich dich mitgenommen habe. Nicht deine Stärke, nicht deine Loyalität. Das hätte ich von Inuyasha auch bekommen können. Aber ich werde ihn nie wieder in Gefahr bringen, nie mehr zulassen, dass meines Vaters Blut von der Erde verschwindet. Dich, Yuri, habe ich aus einem ganz anderen Grund mitgenommen. Ich hoffe allerdings, dass dieser Fall nie eintritt. Er sah wieder geradeaus: "Wann werden wir die Barriere um Le-chan-po erreichen?" "In zwei Tagen und zwei Nächten", antwortete die Seeschlange. "Dort muss ich euch absetzen, denn es ist mir unmöglich, den Bann zu durchbrechen." Sie verschwieg höflich ihre Neugier, wie das zwei so starke Youkai schaffen wollten. "Dann werden wir ab da unser Youki unterdrücken." Der Youkaifürst blickte auf den Hals des Wasserdrachens. Ohne Dämonenenergie gegen einen mächtigen Magier? Aber immerhin hatte Izanagi ihnen Hilfe zugesagt - und es gab schlechtere Verbündete, als den Schöpfer allen Lebens. "Hm...Du wirst es wissen", sagte die Seeschlange: "Aber seid ihr fähig, euer Youki vollständig zu unterdrücken? Das gelingt nur wenigen." "Ja." Sera nahm das als Zeichen, dass ihre Passagiere keine weitere Unterhaltung wollten. So schwamm sie einfach weiter. Immerhin hatte der Gott der Stürme und der Schlangen höchstpersönlich ihr diesen Transport befohlen. Das war noch nie geschehen, seit es Seeschlangen gab. Es musste äußerst wichtig sein. Dazu spürte sie die Energie, die von den beiden Youkai ausging. Sie waren ausnehmend stark, auch, wenn ihnen das auf der Insel nichts nützen würde. Was war nur geschehen? Yuri blickte auf den Hals der Seeschlange. Er hätte sich nie träumen lassen, einmal auf einem Wasserdrachen zu reiten. Aber der Anführer der Hundeyoukai besaß offenkundig recht gute Verbindungen. Oder den Göttern war diese Insel, dieser Magier, mehr als wichtig. In jedem Fall kannte er seine Pflicht. Er würde Sesshoumaru zur Seite stehen, ihn schützen, unter Einsatz seines Lebens. Shiro...was dieser Magier wohl mit ihr vorhatte? Er mochte seine Cousine sehr, hatte sich gewünscht, sie zur Gefährtin zu haben, aber das war nun selbstverständlich unmöglich. Dennoch - er würde fast alles tun, um ihr zu helfen. Natürlich nichts, was ihn mit seiner Dienstpflicht in Konflikt brachte. Taishou, Anführer...so nannte er seinen Cousin. Und das war dieser in der Tat. Wie hatte er nur auf die Idee kommen können, gegen Sesshoumaru ein Duell auf Leben und Tod antreten zu wollen? Noch heute begriff er nicht so ganz, warum er das überlebt hatte. In jedem Fall schuldete er ihm nicht nur den Respekt eines Rangniederen, sondern auch sein Leben. Und er würde seine Schulden bezahlen. Der Tag verging und es wurde Nacht, ohne dass die Seeschlange ihr Tempo verminderte. Aber gegen Morgen meinte sie: "Ich fürchte, eure Reise wird sich ein wenig verzögern. Ich spüre, wie ein Sturm aufkommt." "Musst du in diesem Fall tauchen?" erkundigte sich Sesshoumaru. "Ja. Könnt ihr das auch?" Gute Frage. Das dürfte noch nie ein Hundeyoukai versucht haben. Genki ließ ihn aufsehen. Der Bote der Sonnengöttin war erschienen, stand nun auf Seras Kopf. "Vor euch liegt ein Sturm", sagte er. "Ja", knurrte die Seeschlange: "Das weiß ich auch." "Bekommst du Probleme?" "Ich weniger, ich kann tauchen." "Also sollte der Sturm besser nicht stattfinden, damit die Hundeyoukai sicher sind." Er verschwand sofort wieder. Sesshoumaru ließ sich nicht anmerken, dass er ein wenig verwirrt war, ehe er begriff. Susanowo, der Herr der Stürme, hatte ihnen die Seeschlange als Reisegelegenheit geschickt. Der Sturmgott war gewiss in der Lage einen Orkan aufzulösen oder woanders hin zu schicken. Gut. Izanagi hatte ihnen Hilfe zugesagt, und wenn Izanagis Kinder sie unterstützten, kämen sie schon einmal gut nach Le-chan-po. Was sie dann dort erwarten würde, stand auf einem anderen Blatt. Offenbar versagte dort auch die göttliche Energie. Kurze Zeit später sagte Sera: "Der Sturm hat sich verzogen. Noch einen Tag und eine Nacht, dann erreichen wir die magische Barriere." "Gut." Der Hundefürst sah wieder regungslos ins Leere. Nichts verriet seine Gedanken. Shiro. Was war mit ihr geschehen? Hatten die Piraten sie für seine Flucht bestraft? Wohl nicht, entschied er. Dai Oya wollte starke Youkai, vermutlich in gutem Zustand. Und er selbst wollte seine Gefährtin zurück. Er wollte ihre nüchternen, sachlichen Ratschläge hören, den Duft ihres Haares riechen, sehen, wie ihre grünen Augen dunkel wurden, wenn er sie küsste, fühlen, wie sie unter seiner Zärtlichkeit bebte. Und nichts und niemand sollte ihm dabei in die Quere kommen. Sie begegneten auf dieser Seereise keinem einzigen menschlichen Schiff. Die Seeschlange war erfahren darin, solche Störungen wahrzunehmen und ihnen auszuweichen. Sie legte keinen Wert auf eine Begegnung mit panischen Sterblichen, die sie gewiss angreifen würden, wie sie es immer taten, wenn sie sie erblickten. Für gewöhnlich tauchte sie dann, manchmal revanchierte sie sich mit einem Schlag ihres Schwanzes, der das Schiff zerschmetterte. Aber heute hatte sie einen Auftrag und ein Ziel. So schwamm sie unermüdlich Richtung Südwesten. Yuri sah aus seiner regungslosen Haltung auf. Er spürte deutlich Magie vor ihnen, seltsam und fremdartig. Das musste die Barriere um Le-chan-po sein. Fragend blickte er zu seinem Fürsten. Dieser sollte es auch bemerkt haben. Tatsächlich konnte der Youkaiprinz fast im gleichen Augenblick fühlen, wie Sesshoumaru sein Youki vollständig unterdrückte. Man hätte annehmen können, neben einem sterblichen Menschen zu sitzen. Yuri hoffte, dass er das ebenso gänzlich verschwinden lassen konnte und konzentrierte sich. Nur selten in seinem Leben hatte er sein dämonisches Ich versteckt, und noch nie war es so wichtig gewesen, es vollständig zu tun. Sera blickte geradeaus: "Die Barriere kommt näher. Könnt ihr voraus schon die Berge sehen?" Sie wollte nicht sagen, dass sie sich fast umgedreht hätte. Plötzlich war die Ausstrahlung der beiden Hundeyoukai verschwunden. Sie hatte für einen Moment fast geglaubt, sie wären von ihrem Rücken gefallen, aber das war denn doch unmöglich. Also konnten sie tatsächlich ihr Youki völlig unterdrücken. Dann würden sie es sicher auch durch diesen magischen Bann schaffen. Nun wusste sie, warum diese beiden so wichtig waren. "Ja", antwortete Sesshoumaru. Am Horizont stieg etwas Dunkles auf. Das mussten die Berge sein, die die Seeschlange meinte. "Das ist das Nebelgebirge", erklärte sie: "Dies ist die Stelle, an der die Barriere am nächsten am Festland ist. Dort soll ich euch absetzen. Denn dort befindet sich ein geheimer Weg, der euch durch das Gebirge bringen wird." "Ist das so?" Sesshoumaru zog ein wenig die Augen zusammen. Ein geheimer Weg? Es fragte sich, wie geheim er noch war, wenn Dai Oya die Insel in seinem Griff hatte. "Ja", versicherte Sera: "Dieser Weg ist nur wenigen bekannt. Er führt unter dem Gebirge hindurch auf die erste der drei Inseln, aus denen Le-chan-po heute besteht. Das Schloss des Fürsten liegt auf der dritten, von hier." Das bedeutete, dass sie zweimal irgendwie über das Wasser kommen mussten. Ohne Youki? Aber er erkundigte sich: "Wie finden wir den geheimen Weg?" "Ich zeige ihn euch. Er ist alt und führt in die Tiefen der Berge. Aber dort wird euch niemand sehen." Die Barriere war immer deutlicher zu spüren, je näher sie dem Gebirge kamen. Die Berge stiegen schroff und steil aus dem Meer auf, bildeten einen natürlichen Riegel, der die Insel nach Nordosten schützte. Ein Weg durch die Tiefen der Berge? Eine Höhle? Hundeyoukai waren nicht gerade für unterirdische Labyrinthe zu begeistern, aber beiden war klar, dass sie möglichst unauffällig sein mussten, um größere Schwierigkeiten zu verhindern. Ohne Youki waren sie zwar noch immer stärker und schneller als Menschen, was jedoch nur in der direkten Konfrontation nützlich wäre. Ohne Dämonenenergie würden sie kaum weit oder hoch springen können, eine Kletterei über das Gebirge wäre sicherlich noch beschwerlicher, zumal für den Youkaifürsten mit nur einem Arm. Es würde eben sein müssen. Sera schwamm langsamer. Die sich nähernde Barriere machte ihr zu schaffen. Überdies suchte sie den alten Eingang. Es war Jahrhunderte her, dass sie einmal hier gewesen war. Aber sie war die einzige ihrer Familie, die diesen Weg kannte, der Grund, warum der Sturmgott ihr diesen Auftrag gegeben hatte. Sie hielt inne, drehte suchend den Kopf. Sie befanden sich nur noch knappe hundert Meter von der Barriere entfernt, die hier wie eine Haut an den Bergen anlag. "Der Eingang?" erkundigte sich Sesshoumaru. "Ja, ich suche ihn", gab sie zu: "Er ist gut verborgen. Nun, ein Geheimgang soll auch versteckt sein, nicht wahr?" Dort drüben? Sie schwamm näher. Es war eine steil abfallende Wand gewesen, mit nur einem Vorsprung. Ja, das könnte es sein. Sorgsam überprüfte sie noch einmal ihre Erinnerung. Aber das musste die Stelle gewesen sein, aus der damals dieser Youkai gekommen war. Sie wandte etwas den Kopf: "Ich habe ihn gefunden. Dort, an der steil abfallenden Wand liegt zehn Meter über dem Wasser ein Vorsprung. An dieser Stelle befindet sich der Eingang. Der Felsen dort ist nur eine Täuschung. Von dort aus führen euch Schächte zunächst etwas tiefer, dann geradeaus. Soweit ich weiß, kann man sich nicht verirren, da immer wieder Zeichen angebracht waren. Dieser Weg stammt noch aus der Zeit, als Le-chan-po eine einzige Insel war. Ich werde so nahe es geht, heranschwimmen." "Gut." Sesshoumaru erhob sich, blieb auf dem riesigen Körper stehen. Für gewöhnlich hätte er mühelos bereits jetzt den Satz hinüber machen können, aber ohne Youki war alles viel schwieriger. Aber daran dachte er nicht. Ein Youkai dachte nie über Dinge nach, die eben so waren. Yuri stand sofort mit auf. Beide Hundeyoukai betrachteten die langsam näher kommende Felswand. Sera bog ihren Körper etwas, um sich und ihre Passagiere gegen die Wellen abzuschirmen, die hier heftig auf das Land prallten. Sie berührte bereits die Barriere, aber sie fühlte nur zu deutlich, wie sie abgewiesen wurde. "Näher kann ich nicht", sagte sie. "Sera." Sesshoumaru trat vorsichtig, um im Schwanken der Wellen nicht das Gleichgewicht zu verlieren, an den Rand des breiten Rückens und machte den Satz hinüber. Ein kleiner Sprung eigentlich für ihn, aber ohne Youki eine ziemliche Strecke. Er konnte die Barriere fast körperlich spüren, etwas drückte gegen ihn. Aber er landete sicher auf dem Vorsprung innerhalb des Zauberbanns. Sofort machte er zwei Schritte um Platz zu schaffen. Yuri folgte ihm, blieb ebenfalls auf dem Sims stehen. Sera betrachtete sie kurz, ehe sie sich abwandte. Sie hatte ihren göttlichen Auftrag erfüllt. Nun mochten diese beiden tun, was immer sie tun sollten. Sie tauchte in den Ozean, rasch auf dem Weg nach Hause. Für die empfindlichen Nasen von Hundeyoukai roch die Felswand hier bereits sehr eigentümlich. Nach Dunkelheit und Feuchtigkeit. Nach einer Höhle. Sesshoumaru witterte noch einmal kurz, ehe er die Hand ausstreckte. Sie versank im Nichts. Tatsächlich bestand hier der scheinbar so massive Fels aus einem speziellen Zauber, der das Portal sich der Umgebung anpassen ließ. So machte er den Schritt hindurch, blieb in der Finsternis der Höhle dahinter stehen. Yuri folgte ihm, hielt links neben ihm, um den Schwertarm frei zu lassen. "In der Dunkelheit müssen wir uns auf unsere Nasen verlassen, Taishou", bemerkte er, als er hörte, wie eine Klinge aus der Scheide gezogen wurde. Überrascht erkannte er, dass der Hundefürst Tensaiga gezogen hatte, das bläulich in der Schwärze leuchtete, ihnen ihre Umgebung zeigte. Er beschloss, künftig nichts mehr zu sagen, ehe nicht der Herr der westlichen Länder etwas tat oder sagte. Beide blickten sich im matten Licht der Klinge um. Sie befanden sich in einer Art Höhle, die aber offenkundig künstlich aus dem Fels gehauen worden war. Die Wände waren glatt, der Boden eben. Geradeaus führte ein Schacht weiter. Es gab nur diese eine Möglichkeit und so setzte sich Sesshoumaru in Bewegung. Yuri folgte ihm sofort. ******************************************************** Mal sehen, wie sich zwei Youkai in einem unterirdischen Labyrinth ohne Dämonenenergie schlagen werden. Und im nächsten Kapitel erfahrt ihr auch, wie Inyuasha sich macht. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich auch eine ENS, wenn ich sehe, dass das nächste Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 5: Unter dem Nebelgebirge --------------------------------- Die beiden Herren Hundeyoukai ohne Dämonenenergie in unterirdischen Gängen.... Und ein Blick auf Inyuashas Pläne gegen die Piraten. Viel Spass beim Lesen! 5. Unter dem Nebelgebirge Die beiden Hundeyoukai erkannten bald, dass der Gang offenkundig von Leuten angelegt worden war, die kleiner als sie gewesen waren. Der Schacht war hier so niedrig, dass sie nur gebückt gehen konnten, was sehr anstrengend war. Überdies waren sie auf diese Weise relativ hilflos, falls sie wider Erwarten angegriffen werden würden. Aber keiner der beiden sagte etwas zu dem Thema. Es war eben so und sie konnten daran nichts ändern. Auf einmal betrachtete Sesshoumaru das Schwert, das er in der Hand hielt. Warum spendete Tensaigas Klinge ihnen ihr bläuliches Licht? Er hatte sich zuvor nicht gefragt, war er es doch gewohnt, dass sein Youki diese Wirkung haben konnte. Aber hier, innerhalb der Barriere des Sternjuwels? Und er unterdrückte seine Dämonenenergie doch vollständig? Aber dann dachte er daran, dass Tensaiga ja auch Magie aus der anderen Welt, wohl auch Magie Izanagis besaß. Das Sternjuwel hatte keine Auswirkungen auf Tensaiga. Darum war er wohl derjenige, der es auch zerstören könnte, wie der Bote der Sonnengöttin angedeutet hatte. Sie waren so gewiss über eine Stunde unterwegs, als sich der Gang auf einmal verbreiterte, die Decke nach oben ging. Ein wenig erleichtert richteten sie sich auf, blickten sich in Tensaigas mattem Schein wieder um. Dies hier war eine natürliche Höhle und die Erbauer des Ganges hatten sie mit verwendet. Die Höhlendecke war kaum zu erkennen. Ein Rauschen und der Geruch von Wasser vor ihnen ließ sie langsam in diese Richtung gehen. Kurz darauf erkannten sie die Ursache. Vor ihnen befand sich ein kleiner See, aus dem ein Bach nach links floss, in irgendeinen anderen Schacht. Aber direkt vor ihnen stürzte das Wasser aus sicher gut zehn Metern Höhe in diesen See. "Wir müssen den Wasserfall hoch." Sesshoumaru blickte empor. Yuri sparte sich die Frage, warum, da auch er nun die Stufen bemerkte, die neben der Kaskade in den Fels gehauen worden waren. Überdies zeigte ein Fels eine Markierung, die wie eine Hand aussah. Ein Finger deutete empor. So meinte er nur: "Erlaube, dass ich vorangehe, Taishou." "Nein." Sesshoumaru war es bedeutend lieber, wenn sein Cousin unter ihm war. Mit nur einer Hand würde es hart werden, auf den rutschigen Stufen Halt zu finden und gleichzeitig Tensaiga als ihre einzige Lichtquelle zu halten. Er hätte das Schwert seines Vaters nie aus der Hand gegeben. Auch Yuri fiel das nun ein und so trat er nur einen Schritt beiseite. Er würde direkt hinter ihm dort emporklettern, versuchen, ihn zu halten, sollte er abrutschen. Für gewöhnlich hätten beide die zehn Meter mit einem einzigen Satz genommen, aber ohne Youki war eben alles ein wenig schwieriger. Der Youkaifürst hielt Tensaiga mit drei Fingern, während er versuchte, mit den anderen zwei auf den Stufen über seinem Kopf einigermaßen Halt zu finden. Der Sprühnebel des Wassers hatte jedoch diese primitive Treppe genässt und es war rutschig. Yuri folgte ihm aufmerksam. Für ihn war es schon mit beiden Händen schwer und er konnte sich vorstellen, wie unsicher man sich mit nur ein paar Fingern fühlen musste. Beide fingen an lauter zu atmen, ungewohnt für sie. Das waren sicher die längsten zehn Meter ihres bisherigen Lebens. Oben kroch Sesshoumaru auf den festen Boden, wich etwas zur Seite, blieb aber sitzen, als er im düsteren Licht seines Schwertes erkannte, was nun folgte. Yuri kam zu ihm. Auch er setzte sich erst einmal, als er erfasste, dass der folgende Tunnel diesmal so niedrig war, dass sie auf allen vieren vorankriechen würden müssen. Das wäre mit Sicherheit anstrengend, aber auch gefährlich. Zwar hatten sie bislang keine Spuren gefunden, die darauf hingedeutet hätten, dass dieser Gang von anderen Lebewesen genutzt wurde, aber sie störte es, sich auch nur möglicherweise nicht verteidigen zu können. Aber sie hatten keine Wahl und so machten sie sich auf allen vieren auf den Weg. Zum Glück stellten sie rasch fest, dass es sich nur um einen Durchschlupf gehandelt hatte. Nach der niedrigen Passage kam wieder eine natürliche Höhle, die ihnen erlaubte, aufrecht zu stehen. Im trüben Licht erkannten sie an der Wand abermals eine Hand im Stein. Der Zeigefinger war ausgestreckt. Ganz offenkundig handelte es sich um einen Wegweiser. Da die Seeschlange gesagt hatte, sie sollten diesen folgen, taten sie es auch, wanderten an der Höhlenwand entlang nach rechts, wo sich ein neuer Tunnel öffnete. Eine eingemeißelte Hand zeigte in ihn hinein. Sie folgten dem neuen Schacht schon länger. Unter ihren Füssen spürten sie, wie glatt er war. Ganz sicher war auch er künstlich in die Felsen gehauen worden. Wozu nur hatten sich die alten Bewohner von Le-chan-po solche Mühe gegeben, hier einen Geheimweg zu schaffen? Aber das würden sie wohl nie erfahren. Plötzlich blieb der führende Sesshoumaru stehen, schob rasch Tensaiga in die Scheide. Es wurde sofort stockdunkel. Yuri trat nahe hinter seinen Cousin, berührte ihn leicht an der Schulter - eine stumme Frage. "Vor uns", flüsterte der Youkaifürst. Yuri hob witternd den Kopf. Etwas war dort vorn anders, ja. Die Luft in dem Gangsystem war bislang immer angenehm gewesen, sauerstoffreich, als ob es Lüftungsschächte gäbe. Aber da verdichtete sich die Atmosphäre, als sei irgendwo weit vorn ein Lebewesen von riesiger Größe, dessen Ausdünstungen sie bis hier wahrnehmen konnten. Und es roch eindeutig nach einem Fleischfresser. Sie waren Hundeyoukai und ihre Nasen extrem gut. Ein Mensch wäre wohl ahnungslos weitergelaufen. Feuchtigkeit war zu wittern, als sei dort ein größeres Gewässer. Ein Höhlensee? Aber sie hatten ein Ziel und so setzte sich Sesshoumaru wieder in Bewegung, gelassen, als sei nichts weiter. Ohren und Nasen waren gut genug, um sie in der Dunkelheit zu führen, auch wenn selbst das matte Licht der Klinge geholfen hatte, die Umgebung zu erkennen. Der Geruch wurde immer intensiver. Es war ein Fleischfresser, aber was für einer? Die Witterung war nach einem Reptil, aber auch etwas wie von einer Kröte, etwas wie von einem Fisch. Es war, als habe sich das Lebewesen nicht entscheiden können, was es nun wäre. Oder es war eine Kreatur, die es nur hier gab. Dem Youkaifürsten fiel ein, dass der Bote der Sonnengöttin etwas davon erwähnt hatte, auf diesen Inseln stände der älteste Tempel der Welt, und dieser sei dem Schöpfergott Izanagi geweiht. Warum sollte er nicht auch einige spezielle Wesen hier erschaffen haben. Ihm war jedoch klar, dass sie vorsichtiger als sonst sein mussten. Ohne Youki konnte er seine Energiepeitsche nicht einsetzen, nicht die Giftklaue, nicht Tokejin mit Energie laden. Es müsste nur mit dem reinen Stahl gehen. Und das mochte selbst zu zweit schwierig werden, wenn das unbekannte Wesen sie angriff, waren sie doch langsamer, schwächer. Er erinnerte sich nur zu gut an den Kampf gegen die zweihundert armseligen Menschen am Strand, eine Erfahrung, auf die er gern verzichtet hätte. In der dunkeln, feuchten Höhle am Rande des Sees bewegte ER sich. Seit undenklichen Zeiten lebte er hier, seit er aus seinem Ei geschlüpft war. Zunächst war alles einfach gewesen. Immer wieder waren Wesen hier vorbeigekommen, öfter Menschen, manchmal auch jene anderen, die soviel Energie mitbrachten. Und er war gewachsen, hatte sich gehäutet, war wieder gewachsen. Dann hatte es plötzlich aufgehört. Niemand kam mehr diese Gänge entlang. Seinen größten Hunger hatte er mit Fischen aus dem See und verirrten Fledermäusen stillen können, so dass er nicht gestorben war. Aber er war nicht mehr gewachsen, hatte sich nicht mehr weiterentwickelt. Vorsichtig setzte er eine Pfote auf den Boden, lauschte. Seine Nase verriet ihm, dass sich in der Dunkelheit zwei Nahrungswesen auf ihn zu bewegten. Sorgsam überprüfte er sie. Leider konnte er diese besondere Energie bei ihnen nicht spüren, aber immerhin, Menschen wären besser als Fische. Sesshoumaru witterte in der Finsternis, dass sie eine größere Höhle erreicht hatten, hörte die leisen Wellen eines Sees. Und er vernahm von rechts das unendlich behutsame Aufsetzen von Krallen auf Steinboden. Yuri blieb neben ihm stehen. Auch er hatte es bemerkt. "Rechts", sagte er ruhig. Der Youkaifürst dachte für einen Moment nach. Nahm er Tensaiga, hatten sie ein wenig Licht - gut für einen Kampf. Aber Tensaiga würde das namenlose Wesen kaum schwächen können. Zog er Tokejin, müssten sie in der Finsternis auf unbekanntem Terrain einen Kampf durchstehen gegen einen fremden Gegner. "Yuri." "Ja?" "Wir haben ein Ziel." Er zog Tensaiga. Im bläulichen Licht der Klinge der anderen Welt erkannten die beiden Hundeyoukai das riesige Wesen, das sich entlang des Seeufers auf sie zuschob. Der Geruch war unerfreulich genug gewesen, bislang, aber nun trauten sie ihren Augen kaum. Es war eine vierfüßige Kreatur, nicht unähnlich einer Eidechse, aber die Haut war weich und rosa. Selbst der nachschleifende Schwanz war haarlos, ohne Schuppen. In der Schnauze zeigten sich nadelspitze Zähne. Die Augen sahen seltsam trüb aus, als seien sie von einer Schicht überzogen. Das ganze Lebewesen wirkte unfertig und sie begriffen, dass es sich wohl um eine Larvenform, oder eher eine Kaulquappenform handelte, ein nicht ausgewachsenes Exemplar irgendeines Reptils oder einer Amphibie. Eine Art Olm. Yuri hielt sein Schwert bereits in der Hand. Er hatte den Satz seines Fürsten verstanden. Wenn das Wesen sie nicht angriff, würden sie weitergehen, ohne Kampf. Sollte es die Feindseligkeiten eröffnen, würden sie sich nur verteidigen, aber zusehen, dass sie ebenfalls weiter vorankamen. Da war Shiro. Und der Befehl des Schöpfergottes. Beides waren zu gewichtige Punkte, um sich auf einen überflüssigen Kampf einzulassen, die wenige Energie, die ihnen so zur Verfügung stand, zu verschwenden. Sesshoumaru hatte kurz den Kopf gewendet, die Gegend betrachtet. Die Höhle, in der sie sich befanden, musste riesig sein, die Witterung des Sees verriet seine Größe. Aber der geheime Weg führte am Seeufer entlang, er entdeckte wieder das Zeichen der Hand. Hinter ihnen. Wenn sie dort entlang gehen würden, müssten sie sich nicht mit dieser Kreatur auseinander setzen. Im gleichen Moment schoss das Geschöpf mit einer für ein unfertiges, aber auch für ein so großes Lebewesen überraschenden Geschwindigkeit auf sie los. Yuri sprang vor. Mit Youki hätte er es schnell erledigt gehabt, aber so müsste er es nur abwehren. Tensaiga bot ihm Licht, aber ihm war klar, dass der Taishou auf diese Art nicht mitkämpfen konnte. So schlug er mit aller Kraft, die er so aufbringen konnte, zu. Er zielte auf die Schnauze, in der Hoffnung, ein heftiger Schlag auf die Nase würde die Kreatur zum Aufgeben bringen. Für gewöhnlich hätte er mit vollem Youki das Wesen damit praktisch halbiert. So aber zuckte der Olm nur instinktiv zurück. Nahrungswesen, zumal Menschen, pflegten sich nicht zu wehren. Dann jedoch reagierte er rasch. Yuri landete gerade, als sich etwas Langes, Feuchtes um ihn wickelte: die Zunge. Seine Arme wurden an seine Seiten gedrückt, so dass er sein Schwert nicht mehr führen konnte. Sesshoumaru hatte es bemerkt und ließ Tensaiga zu Boden fallen. Das magische Licht der anderen Welt erlosch nicht. So zog er im Vorwärtsspringen Tokejin. Seine Klinge prallte gegen die Zunge. Der Olm gab etwas wie ein Quietschen von sich, und brachte sein empfindliches Körperteil rasch in den Mund in Sicherheit. "Dort hinüber!" befahl der Hundefürst. Yuri zögerte kurz, aber da Sesshoumaru zurücklief, ohne zu stoppen Tokejin wegschob, um Tensaiga aufnehmen zu können, rannte er auch. Vor solch einem Wesen wegzulaufen war eines Hundeyoukai unwürdig, aber ohne Youki und mit ihrem Ziel vor Augen war das die logischste Option. Das Wesen überwand seine Überraschung schnell und folgte ihnen. Im matten Licht von Tensaigas Klinge liefen die Youkai zwischen Höhlenwand und See entlang. Der Olm kannte sich hier aus und obwohl er blind war, war sein Geruchssinn ausgezeichnet. Er wusste, wohin diese Nahrungswesen wollten, kannte den alten Geheimgang seit Beginn seiner Existenz. Sie waren schnell, das gab er zu, aber er war nicht geneigt, eine so willkommene Beute zu verlieren. "Kampf?" erkundigte sich Yuri. Er hasste es wegzulaufen, Logik hin oder her. Der Youkaifürst sparte sich die Antwort und lief weiter. Ohne Youki war es schwer genug, gegen das Wesen anzukommen. Kampf war die letzte Möglichkeit. Aber Izanagis Auftrag - und Shiros Rettung - hatten unbedingten Vorrang. Auch vor ihrem eigenen Stolz. Irgendwann würde der Verfolger aufgeben, vermutlich, wenn sie diesen Höhlensee verlassen würden. Aber diese Flucht - dieser strategische Rückzug - war lang und anstrengend. Ohne Youki waren sie langsamer als gewöhnlich und konnten einige ihrer wichtigsten Fähigkeiten nicht einsetzen. Hinzu kam dieses peinliche Gefühl, vor irgendetwas davonzulaufen. Aber das war eben so. Nach einer scheinbar endlosen Zeit bog der Pfad nach links in einen erneuten Höhlengang. Sesshoumaru erkannte wieder eine Hand als Zeichen und wandte sich dorthin. Beide keuchten - ungewohnt für Youkai. Aber immerhin blieb der Olm hinter ihnen zurück. Weiter wagte er nicht zu gehen, sich von seinem Wasser zu entfernen. "Er ist weg", brachte Yuri hervor. Noch nie in seinem gesamten Leben hatte er derart nach Luft ringen müssen. So blieben die beiden stehen, warteten, bis ihr Atem wieder ruhiger wurde, ehe sie sich wieder auf den Weg machten. Sie folgten dem Gang immer weiter, als sie spürten, dass es allmählich aufwärts ging. Sie wussten nicht, wie lange sie unterwegs gewesen waren, aber sie fühlten sich müde, für Youkai ihres Standes ein mehr als eigenartiges Gefühl, als sie vor sich endlich Tageslicht entdeckten. Sesshoumaru schob Tensaiga in die Scheide. Es handelte sich hier wieder um solch eine magische Täuschung wie am Beginn des Geheimgangs. Vor außen wirkte der Gang wie massiver Fels, tatsächlich aber konnte man ohne jedes Problem hindurchgehen. Die Hundeyoukai blieben stehen, betrachteten ein wenig überrascht die Gegend, die sich vor ihnen auftat. Sie standen auf halber Höhe einer Bergflanke. Unter ihnen breitete sich die Insel aus, besser, eine der drei Inseln, die Le-chan-po heute bildeten. Ein helles Wasser lief neben ihnen hinunter in die Ebene, zu dem Flüsschen, das sich dort wand. Sie erkannten Wälder, aber auch bebaute Felder und ein Dorf, direkt vor ihnen. Später mochten andere kommen. "Menschen," konstatierte Yuri. "Dann könnten wir dort etwas über Dai Oya in Erfahrung bringen." "Menschen." Was sollten die schon über einen Magier wissen? Aber vielleicht hatte sein Cousin Recht. Am Horizont erkannte er wieder das Meer. Um dort hinüber, zu einer anderen Insel zu gelangen, benötigten sie eine Überfahrgelegenheit. Ein Boot. Es half nichts. Diese Reise war merklich verdrießlicher, als er sich das je vorgestellt hätte. Aber ohne Youki waren sie eben keine Youkai, zumindest keine Lebewesen der Macht. So setzte sich Sesshoumaru langsam hangabwärts in Bewegung. Als sie sich dem Dorf näherten, wurden die Bauern auf sie aufmerksam. Einer rannte ins Dorf. Hatte er in ihnen Youkai erkannt? Wurden sie gefürchtet? Aber hier, im Bannkreis des Sternjuwels, konnte es doch kaum Lebewesen geben, die Youki oder Genki einsetzen konnten. Sie würden wohl abwarten müssen. Und beide Hundeyoukai waren überzeugt, auch ohne Youki mit ein paar Dörflern fertig werden zu können. Immerhin hatten sie Schwerter, während die Bauern hier unbewaffnet waren. Zwei Männer kamen aus dem Dorf. Einer war wie ein Bauer gekleidet, wenn auch mit deutlich besseren Stoffen, in dem anderen vermuteten sie zu Recht den Priester der Ortschaft. Die beiden starrten ihre Besucher neugierig an, tuschelten miteinander. "Yuri", sagte Sesshoumaru, als sie sich näherten. Er sah keinen Grund, sich mit Menschen zu unterhalten, solange es jemand anderer tun konnte. "Ja." Seinem Cousin machte das nichts aus. Im Gegensatz zu vielen Youkai fand er Menschen, vor allem deren weiblichen Teil, sehr interessant. So meinte er: "Guten Tag. Könnten wir eine Auskunft bekommen?" "Äh..." Der Ortsvorsteher guckte sich seine Besucher noch einmal an. Lange Haare, spitze Ohren...eigentlich sahen sie aus wie jene Lebewesen, von denen sie Schauergeschichten erzählt bekommen hatten, wie Youkai. Aber der Priester hatte ihm versichert, dass er keine andere Energie spüren könnte. Sie alle wussten, dass der mächtige Dai Oya das Sternjuwel besaß, das solch schwarzen Kreaturen verbot, ihre Macht einzusetzen. Aber dennoch konnten es Priester spüren, wenn sie einen Youkai trafen, selbst, wenn dieser sich bemühte, sich als Mensch auszugeben. Aber diese zwei hier schienen wirklich Menschen zu sein. Überdies trugen sie teure Rüstungen und jeder zwei Schwerter. "Ihr seid Krieger?" fragte er daher nur: "Edle Herren?" "Ja. Wir sind auf dem Weg zu Dai Oya." "Oh!" Der Bürgermeister atmete durch: "Ihr habt von seiner Macht gehört und wollt ihm nun dienen? Ja, der mächtige Dai Oya, ein Gott, der zu uns niedergestiegen ist, um uns vor den dunklen Mächten zu beschützen..." Ein Gott? Diese Information war den Hundeyoukai neu. Aber sie konnten es sich kaum vorstellen. Davon hätte der Bote der Sonnengöttin doch etwas erwähnt. Yuri sah zu dem Priester, wandte sich aber wieder an den Ortsvorsteher: "Und daher unsere Frage: könnt ihr uns eine Überfahrt verschaffen, zu der Insel, auf der er lebt?" "Nein, edle Herren. Solche Schiffe besitzen wir nicht. Und selbst wir kommen nie nach Duen Kor. Dort residiert der Herrscher." "Duen Kor." Sesshoumaru sprach zum ersten Mal. Wenn es keine Schiffe gab, würde es schwierig werden, dorthin zu gelangen. Der Priester sah ihn an. Diese seltsamen Markierungen, die dieser Fremde im Gesicht trug.... Der andere wirkte bis auf die langen Haare ja ganz normal, aber solche Zeichnungen? Der Priester konzentrierte sich nochmals. Aber nichts an den Besuchern verriet eine dämonische Ausstrahlung. Und, wenn er es sich so recht überlegte: ein Youkai, der einen Arm verloren hatte, wäre doch wohl ungewöhnlich. Gegen wen hätte er denn verlieren sollen? So sagte er höflich: "Wenn ihr bis morgen wartet....morgen kommen die Fischer wieder an Land. Der eine oder andere wäre vielleicht bereit, Euch zu der wilden Insel zu bringen." "Die wilde Insel?" erkundigte sich Yuri prompt: "Was ist das? Nicht Duen Kor?" "Nein. Das ist die Insel, die dazwischen liegt. Dort leben keine Menschen. Es mag gut sein, dass Ihr Euch mit den wilden Bestien da auseinandersetzen müsst. Aber Ihr seid Krieger, so werdet Ihr es vielleicht riskieren wollen." "Ja, natürlich." Der Youkaiprinz bemerkte, dass sich die anderen Menschen neugierig näher wagten, da es sich um einen friedlichen Besuch zu handeln schien. Und da waren einige hübsche Mädchen dabei. Er lächelte flüchtig einer Dorfschönheit zu. Er wusste, dass Menschenfrauen oft auf starke Krieger standen, und er sah in Menschenaugen gut genug aus, um für sie attraktiv zu wirken. Oftmals hatten sie nicht einmal bemerkt, dass sie mit einem Youkai anbändelten. Der Priester hatte das Lächeln beobachtet. Nein, dass konnten unmöglich Monster sein. Das waren Menschen wie sie selbst, wenn auch Krieger, und gewiss von Adel. Kleidung und Rüstungen waren zu teuer, als dass sie sich jeder leisten könnte. Wenn sie auch noch Dai Oya dienen wollten... "Nun, dann bleibt bis morgen unsere Gäste." "Danke", sagte Yuri frohgemut, ehe er einen Seitenblick warf, und erkannte, dass sich Sesshoumaru bei weitem nicht über die Einladung freute. Tatsächlich bedachte der Youkaifürst den Haken dieses Angebot. Um unauffällig zu bleiben, nicht Dai Oya zu verraten, dass sie hier waren, müssten sie sich wie Menschen benehmen. Er würde also gezwungen sein, tatsächlich Menschennahrung zu sich zu nehmen. Das hatte er erst einmal getan, und damals auch nicht freiwillig. Hoffentlich wusste Izanagi zu schätzen, welche Opfer er ihm brachte. Und dass sein Cousin offenkundig auf Menschenfrauen stand.....Sein eigener Vater hatte es ja auch getan. Woher diese eigentümlichen Gene wohl stammen mochten? Großvater? Aber es half nichts. So folgten sie dem Bürgermeister und dem Priester in das Dorf. Inuyasha stand am Meeresstrand und blickte aufs Meer. Mirokus Idee war gut gewesen. Er hatte vorgeschlagen, mit Spiegeln entlang der Küste eine Nachrichtenkette aufzubauen. Kagome, Sango und Kaede war es gelungen, die Dorfbewohner zu überzeugen, dass dies ihrem Schutz diente. Falls nun ein Dorf überfallen werden würde, käme die Information über die Spiegel rasch zu ihm. Hinter ihm stand ein vollblütiger Hundeyoukai. Zu seinem Bedauern war es ihm als Hanyou einfach unmöglich so ein Dimensionsportal zu errichten, das einen rasch von einer Stelle zur anderen brachte. Allerdings war es für vollblütige Youkai mit nur geringer Energie ebenso undurchführbar. Aber hier, Hiro, würde das für ihn tun. Kagome... Er fand es nur zu recht, dass sie mit ihm in das Schloss seines Bruders gekommen war, immerhin ein Dämonenschloss. Aber sie hatte ihm versichert, dass sie alle nett und höflich behandeln würden und sie sich sicher fühlen würde. Tatsächlich hatte sie sich mit dem Heiler angefreundet und dieser hatte angefangen, ihr Pflanzen beizubringen, die sie noch nicht kannte. Umgekehrt erzählte sie ihm von Heilmethoden aus ihrer Zeit. Sie schien sich im Mittelalter wirklich wie zuhause zu fühlen, selbst in einem ganzen Schloss voller Youkai. Kagome, dachte er und spürte, dass er sie schon wieder vermisste. Hiro stand schweigsam hinter dem jüngeren Bruder des Inu no Taishou, dessen momentanem Erben. Nur zu gut hatten alle in den vergangenen Monaten gesehen, wie stark er war. Und auch, wenn ihm nicht ganz klar war, wie Inuyasha-sama allein gegen drei Piratenschiffe vorgehen wollte, so ziemte es sich sicher nicht, ihn danach zu fragen. Wo nur diese blöden Piraten blieben? Inuyasha sehnte sich danach, es ihnen heimzahlen zu können, dass sie die ganzen Menschendörfer überfallen und massakriert hatten, von der Entführung Shiros ganz zu schweigen. Er verdankte Sesshoumaru und ihr sein Leben - und er würde mit Sicherheit die Kerle zur Hölle schicken, die ihr das angetan hatten. Hoffentlich passierte seinem Halbbruder und Yuri nichts. Wie es ihnen wohl dort drüben, jenseits des Meeres ergehen mochte? Und was war Shiro zugestoßen? ********************************************************** Gute Frage, Inuyasha! Das nächste Kapitel gehört Shiro. Und sie lernt endlich Dai Oya kennen- und erfährt, was er mit ihr vorhat. Wer so nett ist, mit einen Kommentar zu hinterlaasen, schicke ich wie gewohnt eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 6: Im Bann des Sternjuwels ---------------------------------- Schön, dass trotz der Urlaubszeit so viele mitlesen! Im nächsten Kapitel geht es um Shiro - und um Dai Oya. Ich habe ein Bild in die Charabeschreibung getan, was nicht unbedingt sein Aussehen, eher seinen reizenden Charakter widerspiegeln soll. Viel Spass beim Lesen! 6. Im Bann des Sternjuwels Shiro hatte gespürt, dass das Schiff anhielt. Die Geräusche verrieten ihr, dass sie wohl in einem Hafen angelegt hatten. Sie blickte auf. Sicher würden die Piraten sie nun bald holen, vom Schiff bringen. Endlich würde sie erfahren, wer sie hatte entführen lassen, und warum. Die Tür wurde geöffnet. Der Kapitän kam mit einigen Männern herein. "Noch immer so kühl, meine Schöne?" Das klang spöttisch. Was für ein Narr, dachte sie. Es gab doch nichts zu reden. Oder dachte er etwa, dass sie ihn anbetteln würde, sie laufen zu lassen? Er fasste das Sternjuwel: "Das hier verhindert, dass du auf dumme Ideen kommst." Das verhindert, dass ich mein Youki einsetzen kann, verbesserte sie in Gedanken sofort. Ohne Widerstand ließ sie sich aufziehen. Ein Mann löste ihre Fußfesseln, ein anderer befreite ihre Hände. Die Piraten wirkten etwas nervös. Befürchteten sie, sie würde sich wehren? Nun, vielleicht hätte sie einen oder zwei töten können, auch ohne Youki, aber was wäre dann? Hier im Schiff waren gewiss noch andere, von dem Hafen ganz zu schweigen. Und sie würde nie über das Meer entkommen können. Also war Widerstand zwecklos. Vielleicht ergab sich eine Gelegenheit, wenn sie mehr Informationen hatte. Kurz darauf erkannte sie, warum man ihre Hände befreit hatte - nicht aus Nettigkeit. Eine Holzstange wurde in ihren Nacken gelegt, ihre Arme so darum, dass die Stange unter den Achseln durchlief. Dementsprechend wurden ihre Handgelenke wieder angebunden. Was das wohl werden sollte? Aber sie nahm an, dass die Piraten einen guten Grund hätten. "Na, du kannst ja ganz brav sein", kommentierte der Kapitän die Regungslosigkeit seiner Gefangenen, schloss daraus, dass sie aufgegeben hatte, verzweifelt war. "Kommt, Männer." Er trug das Sternjuwel aus dem Raum. Die vier Männer wollten Shiro anschubsen, aber sie ging schon freiwillig. Sie wollte sich nicht mehr als zwingend notwendig von Menschen, noch dazu männlichen, berühren lassen. Durch die Stange an ihrem Nacken musste sie quer durch die Tür gehen, aber sie folgte dem Kapitän. Dieses Sternjuwel...wenn es ihr gelang, es zu zerstören, sie wieder Zugriff auf ihr Youki hätte.... Das musste sie abwarten. Es würde gewiss eine Gelegenheit geben. Sie erkannte vor sich den Ausgang aus dem Schiffsbauch, eine Planke, dahinter Häuser. Da der Kapitän dorthin ging, folgte sie ihm einfach. Er würde sie sicher zu seinem Auftraggeber bringen. Draußen am Kai blieb der Schiffsführer stehen, wartete, bis seine Männer sich um die Gefangene aufgebaut hatten. Shiro sah sich um. Es war ein Ort mit Menschen, gut fünfhundert mochten hier leben. Einige waren auf der Strasse, starrten sie an. "Youkai!" sagte einer - nicht mit dem Unterton des Respekts oder der Furcht, den sie kannte, sondern eher gehässig. Was war hier nur los? Durch das Sternjuwel konnten diese Menschen doch gar keine Ahnung von der Macht eines Youkai haben. Da sich der Kapitän wieder in Bewegung setzte, folgte sie ihm, umringt von den Wachen. Sie achtete aufmerksam auf alle Gerüche, alles, was sie entdecken konnte. Falls es eine Gelegenheit zur Flucht gab, müsste sie sie nutzen können. Schließlich waren hier nur Menschen. Sobald sie ihr Youki hätte, ginge es einfach. Aber dazu müsste sie erst das Sternjuwel zerstören...ein fataler Kreislauf. So dachte sie nicht mehr weiter darüber nach. Sie erreichten ein Gebäude, bei dem es sich eindeutig um ein Schloss handelte, sicher den Sitz des Herrn der Insel. Ihre Wächter schlossen sich enger um sie. Was fürchteten sie? Sie etwa? Was sollte sie ohne ihre Energie schon tun? Aber nun gut, Sesshoumaru war ihnen ja auch entkommen. Sie betraten die große Haupthalle. Und Shiro erstickte fast an ihrem eigenen Atem. Auf dem Platz des Hausherrn saß eine dunkle Gestalt in einem schwarzen Kimono, eine Kapuze über dem Kopf. Das Gesicht wurde von einer Maske bedeckt, die sie von menschlichen Theaterstücken kannte, eine No- Maske. Aber was sie so erschreckte, war die Aura, die der Fremde ausstrahlte. Sie war eine Youkai, ein Wesen der dunklen Seite der Magie. Aber nie zuvor hatte sie so eine kalte Boshaftigkeit gespürt, etwas, das namenloses Böses war. Youkai waren nicht gut oder böse, ebenso wie Götter, da sie sich menschlichen Maßstäben entzogen. Sie waren hell oder dunkel als die beiden Seiten der Magie, der Macht, die seit Anbeginn der Zeiten existierte. Und sie handelten, wie sie es für richtig hielten. Aber das da...Ihre Nase verriet ihr, dass es sich um etwas Menschliches handeln musste - jedoch ihre anderen Sinne zeigten ihr an, dass es kein Mensch war. Der Kapitän verneigte sich: "Ich bringe Euch meine Beute, edler Dai Oya, mein ehrenwerter Fürst." Dai Oya? Shiro betrachtete nochmals die Gestalt, ehe ihr etwas seitwärts, neben dem Hausherrn auffiel. Erneut weiteten sich ihre Augen. Dort stand das eigentliche Sternjuwel. Es mochte gut drei Meter im Durchmesser haben. Der Kapitän trug sein Exemplar dorthin, setzte es ein. Es verschmolz sofort wieder mit dem eigentlichen Sternjuwel. Wenn so ein kleines Stück schon solche Wirkung hatte, dann musste der große Stein den Einsatz von Youki auf der gesamten Insel verhindern. Das würde sicher sehr schwer werden, sie hier zu befreien. Sie fühlte sich in die Knie gestoßen. Zwei Männer fassten die Stange und drückten sie so vor, so dass sie vor diesem Dai Oya nicht nur knien musste, sondern mit der Stirn den Boden berührte. Eine ungemein erniedrigende Haltung für eine Youkaifürstin vor einem Menschen. "Ein hübsches Kind", sagte der Fürst: "Aber doch keine Youkai...doch. Die Hände, die Ohren...Dennoch spüre ich kein Youki. Lasst sie sich aufrichten." Die Männer gehorchten. Shiro blickte auf. Was war dieser Dai Oya? Ein einfacher Mensch? Warum konnte er dann Youki spüren, bzw. spüren, dass sie es unterdrückte? Er stand auf, kam zu ihr, und trotz ihrer gewöhnlichen Selbstbeherrschung überlief sie ein Schauder. Er war kein Mensch. Unter seinem Kimono bewegten sich keine Füße, eher etwas wie nebelige Schwärze. Und sein Geruch war so bedrohlich, dass ihr fast übel wurde. Er betrachtete sie, das wusste sie, auch wenn die Maske sein Gesicht ganz verbarg. "Eine Youkai, die ihr Youki vollständig verbergen kann...und das in so jungen Jahren. Die Kleidung ist kostbar...Eine hochrangige Youkaiprinzessin, nicht wahr? Oder eher Fürstin, denn dein Kimono ist der einer verheirateten Frau. - Du hast mir da etwas sehr Interessantes mitgebracht, Kapitän." "Es freut mich, Euch dienen zu dürfen." Der Angesprochene verneigte sich. "Du bist stark, Prinzessin, nicht wahr? Vielleicht wird dein Youki ausreichen, mir endlich genug Energie bringen, damit ich meinen Körper zurückbekommen kann." Ihr Youki, damit er seinen Körper...Shiro weigerte sich, weiter zu denken. Das klang mehr als merkwürdig. War dieser Dai Oya etwa verrückt? Aber er war kein Mensch - und doch einer. Hatte er irgendwie bei einem magischen Unfall seinen Körper verloren? Aber was wollte er mit ihrem Youki? Langsam fuhr er fort: "Ja, im Augenblick unterdrückst du deine Macht vollständig. Aber ich werde dich zwingen, sie zu zeigen. Du wirst davon allerdings nichts haben, denn das Sternjuwel verhindert den Gebrauch von Youki. Und dann werde ich Stück um Stück deine dämonische Energie aus dir herausholen, bis auf das kleinste bisschen. Vielleicht genügt das... Ich werde mir keinen Fehler leisten. Siehst du dort?" Unwillkürlich drehte sie den Kopf, ignorierte die Stange in ihrem Nacken. Zum dritten Mal in kürzester Zeit benötigte sie ihre vollständige Selbstbeherrschung. Nichts in ihrem Leben hatte sie je auf einen solchen Anblick vorbereitet. An der rechten Seite der Haupthalle befand sich ein seltsames Gebilde. Sie erkannte daran einen Glasbehälter, der zu Dreivierteln mit etwas Weißem angefüllt war. Und sie verstand, dass es sich um Youki handeln musste, auch, wenn sie bislang noch nie so etwas erblickt hatte. Von diesem Ding aus liefen Schläuche, - oder waren es Fäden? -, weiter an die Wand. Und dort hing etwas, das sie nur noch mit Mühe als männlichen Youkai identifizieren konnte. Sie rang unwillkürlich nach Atem. Nie zuvor hatte sie sich auch nur vorstellen können, das denkende Lebewesen mit einem anderen derartig verfahren würden. Jetzt begriff sie, was Dai Oya vorhatte, was auch auf sie warten würde. Mühsam nahm sie sich zusammen. Als sie zu dem Magier blickte, war ihr Gesicht wieder ruhig. "Soviel Aufwand für einen menschlichen Körper?" Das klang sachlich. Noch war es nicht soweit und vielleicht....ja, vielleicht geschah auch etwas ganz anderes. "Du verdammtes..." brachte der Kapitän hervor, aber Dai Oya hob etwas die Hand. Jetzt bemerkte Shiro, dass er auch Handschuhe trug. Anscheinend wollte er verbergen, wie er nun aussah. "Lass. Unsere Prinzessin hier ist anscheinend die Selbstbeherrschung in Person. Oder weißt du nicht, was dort passiert?" "Ich kann es mir denken." "Ich erkläre es dir trotzdem, meine Schöne." Er musterte sie: "Es ist bei dir fast schade, wenn man bedenkt, dass das alles kaputt gemacht werden wird...du bist wirklich ein hübscher Anblick. - Nun, jeder Youkai hat Youki. Die Mächtigen von euch verstecken es gern, zumal, wenn sie hierher kommen. Aber eure Körper haben einen Überlebenswillen. Und das mache ich mir zunutze. Jeder Youkai, den mir meine treuen Untertanen bringen, wird dort an dieses Brett gebunden, mit meiner Schöpfung verbunden. Und dann gehen meine Henker her und fügen euch Verletzungen zu. Nicht arge, und da euer Schmerzempfinden anders ist, als das von Menschen, wird es dir zunächst nicht einmal wehtun. Aber dein Körper wird auf die Verletzung reagieren, Youki ausschütten. Das Sternjuwel verhindert, dass du diese Energie einsetzen kannst, aber sie entsteht unwillkürlich in dir. Und dann wird meine kleine Schöpfung dir dein Youki absaugen, das soeben entstanden ist. Und so geht es immer weiter. Natürlich werden die Verletzungen irgendwann schwerer werden müssen, da du weniger Youki erzeugen kannst, aber so wird dir allmählich alle Energie abgenommen, die du produzieren kannst. Und ich bin sicher, du kannst sehr viel davon herstellen. Am Schluss ist es immer nur die Frage, an was der Youkai hier stirbt: den schweren Verletzungen oder dem Entzug des Youki." Er betrachtete seine Gefangene. Ihre grünen Augen schienen noch immer ruhig zu sein. War sie zu dumm, um sich vorstellen zu können, was das für sie heißen würde? "So stark, wie du bist, wirst du sicher drei Wochen brauchen, um zu sterben." Er betrachtete sie genau. Nur etwas wie ein Schatten schien durch ihre Augen zu ziehen, dann waren sie ruhig wie zuvor. Da gab es noch keine Angst in diesem Geist. "Es ist bedauerlich, dass euch ihr Gefährte entkam. Bei Hundeyoukai ist der männliche Partner stets stärker als der weibliche. Sein Youki hätte sicher gereicht, und ich hätte die Schönheit hier behalten können. Nun, man kann nicht alles haben. Ich werde meine Berechnungen vervollkommnen, die Sternkonstellationen auskundschaften. Noch nie war ich so nahe am Erfolg. Und dein Youki, meine Prinzessin, wird es wohl schaffen. Bringt sie in den Keller. Ich will mir bei ihr keinen Fehler leisten. Endlich, nach fünftausend Jahren..." Das flüsterte er nur, aber Shiro hatte es gehört. Nach fünftausend Jahren? So alt war dieser Mensch, nein, dieses Wesen schon? Und was war damals passiert, das ihm den Körper genommen hatte? Aber letztlich war das gleich. Er wollte ihr Youki, weil er annahm, dann wieder einen Körper bekommen zu können. Warum auch immer er das glaubte. Sie würde ihn kaum vom Gegenteil überzeugen können, zumal sie zugeben musste, dass sie keine Ahnung hatte, ob das nicht doch irgendwie möglich war. Immerhin besaß er dieses ominöse Sternjuwel, woher auch immer es kommen mochte. Und das war nichts, von dem sie je auch nur Gerüchte gehört hatte. Die Männer zogen die Stange empor. Sie musste rasch aufstehen, da sie sich nicht die Schultern ausrenken lassen wollte. Die Schwertwunde in ihrem Oberschenkel war auch noch nicht verheilt. Ohne Einsatz von Youki dauerte ein Genesungsprozess einfach. Der Kapitän lächelte sie zynisch an, als er an ihr vorbeiging. Ganz offenkundig amüsierte er sich, dass sie hier gefangen war, in der Falle saß. Warum nur? Auch die Menschen in dem Ort hatten sich gefreut, eine Youkai gefangen zu sehen. Sie ließ sich durch lange Gänge führen. Endlich blieb der Kapitän stehen: "Nehmt ihr die Stange ab." Seine Männer gehorchten, während er sich bückte, einen Stein am Boden beiseite schob: "So, Prinzessin. Du solltest dort hinunter springen, wenn du nicht willst, dass wir dich stoßen." Das hätte bedeutet, dass sie sich leicht etwas brechen würde. Und ohne Youki wäre das fatal. Dementsprechend trat Shiro an den Rand des Lochs. Unter ihr war ein Raum zu erkennen, Steinboden, aber sicher gut drei Meter tiefer. Für gewöhnlich kein Sprung, der sie erschreckt hätte, aber so war das deutlich schwieriger. Sie war zu vorsichtig, als dass sie sich nicht an den Rand des Loches gesetzt hätte, um sich hinunter gleiten zu lassen. Wieder ärgerte sie sie darüber, dass sie den kostbaren, zwölflagigen Kimono einer Fürstin trug. Männerkleidung war für solche Abenteuer praktischer. Aber das half nichts, sie trug nun einmal dies. So rutschte sie vor und sprang hinab. "Wie brav so eine Youkaiprinzessin doch sein kann", meinte der Kapitän höhnisch und warf noch etwas zu ihr hinunter: "Hier. Zieh das an. Wenn du nicht in einer halben Stunde umgezogen bist, werden wir dich ausziehen." "Eine Frage habe ich, Kapitän." "Ach? Brauchst du mal Wasser?" "Warum hasst ihr Menschen dieser Insel Youkai?" "Ihr seid das Böse in Person." Das klang fast überrascht: "Weißt du nicht, dass ihr schuld am Untergang dieser Insel tragt? Einst war das hier eine große Insel im Glück. Youkai haben sie zerstört." Youkai? Shiro verstand das nicht. Selbst für mächtige Youkai, sogar, wenn ihre Familie zusammenarbeitete, würde es kaum schaffen sein, eine so große Insel zu zerstören. Abgesehen davon, dass sie es gar nicht wollen würden, weil sie keinerlei Nutzen davon hätten. Sie wollte noch fragen, aber der Stein wurde über die Öffnung geschoben. Da es dennoch nur dämmerig im Raum war, blickte sie sich um. An einer Wand oben war eine kleine Lücke, die Tageslicht hindurch ließ. Sonst gab es keinerlei Einrichtung. Sie bückte sich, hob das Kleidungsstück auf, das sie nun tragen sollte. Es war ein recht kurzer, einfacher Kimono. Zumindest dachte sie das zunächst. Sie fand es passend für eine Gefangene, und vermutlich sah das Dai Oya genauso. Da sie keine Wahl hatte, zog sie sich um. Erst dann erkannte sie, dass dieses neue Kleid anders war. Es reichte ihr nur bis zur Mitte der Oberschenkel, war fast schockierend kurz. Sie hatte außer Inuyashas miko, dieser Kagome, noch nie ein Mädchen, eine Frau mit einem so kurzen Rock gesehen. Aber immerhin, Kagome trug solche Kleidung und hatte gesagt, dies sei in ihrer Epoche durchaus üblich. Vielleicht war es das auf dieser Insel auch. Sie konnte sich nicht erinnern, Frauen auf der Strasse gesehen zu haben, so dass ihr der Vergleich fehlte. Und auch ihre Arme waren unbedeckt, wurde das Kleid doch nur von zwei Spangen an den Schultern gehalten. Ganz eindeutig wollten diese Menschen ihr durch ein solches Gewand klarmachen, dass sie keine Prinzessin, keine Fürstin mehr war, sondern nichts als eine, ihnen ausgelieferte Gefangene. Shiro dachte mit etwas Zynismus, dass sie ihnen fast dankbar sein musste, ihr überhaupt noch etwas zum Anziehen gegeben zu haben. Aber auch das hätte ihr weit weniger ausgemacht als es bei einer Menschenfrau der Fall gewesen wäre. Immerhin war sie eine Hundeyoukai und in ihrer wahren Form trug sie auch keine Kleidung. So gesehen, war der psychologische Druck, den dieses Minikleid auf sie ausüben sollte, nicht vorhanden. Sie setzte sich an die Wand, lehnte sich dagegen. Sie konnte nichts tun, als sich darauf zu verlassen, dass ihre Familie sie nicht im Stich lassen würde. Und weil dieser Dai Oya etwas von Sternkonstellationen gesagt hatte, von Berechnungen, schien es auf einen bestimmten Stichtag anzukommen. So dürfte sie eine Gnadenfrist bekommen zu haben, in der ihre Familie sie finden konnte. Nach genau einer halben Stunde wurde oben der Stein beiseite geschoben, ein Korb heruntergelassen. "Leg deinen Kimono hinein", befahl jemand. Shiro gehorchte. Sie verspürte nicht die mindeste Lust, sich irgendwelchen Sanktionen auszusetzen, die diese verrückten Menschen sicher gegen sie verhängen würden. Aus irgendeinem Grund hatten sie keine Ahnung von Youkai, hassten sie aber. Das war unlogisch und sehr emotional, eigentlich sehr menschlich, wenn sie das so recht bedachte. Der Korb wurde emporgezogen, der Stein ohne weiteres Wort wieder über die Öffnung gelegt. So setzte sie sich wieder, lehnte sich gegen die Wand. Es gab nichts, was sie tun konnte. Sie war hier gefangen, und ohne Youki konnte sie daran auch kaum etwas ändern. Ihre einzige Hoffnung war, dass ihre Gefährte und ihr Bruder sie nie im Stich lassen würden. Aber gewiss würden sie Zeit brauchen, um diese Insel hier zu finden, sich dann ohne Youki zu orientieren, das Sternjuwel gar zu zerstören. Wäre das geschafft, könnten sie alle wieder Dämonenenergie einsetzen, und dann sollte dieser Dai Oya sich vorsehen. Zeit. Ja, sie konnte nur hoffen, dass die Berechnungen möglichst lange dauern würden. Und dann....Sie dachte nach. Sie hatte schon einmal Zugang zu der Quelle ihres Youki gefunden, war schon einmal in dem seltsamen Land ihrer eigenen Seele gewesen. Wenn es ihr gelang, zu verhindern, dass die Quelle bei jeder Verletzung das volle Youki aussandte...das könnte gehen. Je weniger Energie ihr dieser Dai Oya auf einmal abzapfen konnte, umso länger würde es dauern, bis sie tot war. Ihr war klar, dass der Versuch, Zeit gewinnen zu wollen, ein äußerst schmerzhafter werden konnte, und vielleicht am Ende nichts bringen würde, aber das Spiel um Zeit war der einzige Weg, den sie sah, um ihrer Familie die Möglichkeit zu verschaffen, sie doch noch zu finden und herauszuholen. In dem Menschendorf lehnten die beiden Hundeyoukai abseits an einem großen Baum, der neben der Hütte des Schamanen stand. Die Dörfler waren froh, dass die beiden vornehmen Herren nichts von ihnen wollten, keine Befehle erteilten, sondern einfach nur auf die Rückkehr der Fischer und deren Boote zu warten schienen. Auf ihrer Insel gab es keine Adeligen, aber sie alle hatten Märchen, Geschichten von früher oder fernen Ländern gehört, über vornehme Gebieter, die sich gegenüber armen Dörflern so einiges herausgenommen hatten. Aber Legenden und Wirklichkeit waren wohl zumindest in diesem Fall etwas anderes. Wie sehr wären die Bauern erschrocken, hätten sie erfasst, dass es sich nicht nur um adelige Menschen, sondern Youkai höchsten Ranges handelte. In ihren Geschichten waren dies Wesen des absolut Bösen. Yuri blickte an sich hinab, betrachtete die beiden Schwerter, die er im Gürtel trug, sein eigenes und Shiros Daketsaiga. Er wusste, dass er es nicht führen konnte, beinhaltete die Klinge doch den Fangzahn seiner Cousine und den des Herrn der Hunde. Es war Sesshoumarus Morgengabe an seine Gefährtin. Er sah seitwärts. "Darf ich dir eine Frage stellen, Taishou?" Der drehte ihm den Kopf zu. Yuri empfand das als Bejahung: "Versteh mich bitte nicht falsch, mein Fürst. Ich will das Schwert nicht führen. Aber ich habe gegen Shiro schon trainiert. Und dennoch ist mir die Wirkungsweise von Daketsaiga noch immer ein Rätsel. Die Klinge nimmt das Youki des Angreifers auf?" "Ja." "Aber sie reflektiert es auch?" "Ja. - Shiros eigene Kampftechnik ist die Reflexion, die Verteidigung." "Aber dennoch ist da noch etwas anderes. Sie meinte, dass läge an deinem Fangzahn. Nun, ihr Schwert heißt ja auch die Vereinigung der Fangzähne." "In der Tat." Sesshoumaru dachte kurz nach. Aber wer wusste schon, was vor ihnen lag und es mochte sein, dass es einmal lebensnotwendig sein würde, wüsste Yuri, was Shiro konnte - und was nicht. "Kennst du Inuyashas Technik des Bakuryuuha?" "Ja, gewiss, ich habe schon gegen ihn trainiert. Tessaiga erzeugt ein kaze no kizu, übernimmt die Energie des Gegners und schleudert diese auf ihn zurück, mitsamt der Windnarbe. - Ah, geht das bei Shiro so ähnlich?" "Ja. Ihr Youki reflektiert den Angriff. Das konnte sie mit jedem Schwert. Zugleich aber nimmt Daketsaiga auch die Energie des Gegners in sich auf, verbindet sie mit sich. Der Angreifer bekommt also nicht nur seinen eigenen Angriff zurückgeschleudert, sondern zusätzlich Shiros Youki. Je stärker der Gegner, desto stärker die Reflexion. Aber nach wie vor kann sie nicht selbst direkt angreifen. Sie kann nur zurückweisen und aus dieser Abwehr angreifen." Er fügte nicht hinzu, dass er selbst sicher war, auch durch diese, ihre Verteidigung zu kommen. Sein eigener Fangzahn in der Klinge würde ihm das ermöglichen. "Das mag ein Hindernis ein, " murmelte der Youkaiprinz. "Aber andererseits auch ein Vorteil. Wir werden sehen." Das werden wir, dachte Sesshoumaru. *************************************************** Arme Shiro. Immerhin hat sie etwas Frist gewonnen. Im nächsten Kapitel lernt Yuri, warum ein Flirt mit einem Menschenmädchen eine dämliche Idee sein kann. Und ein paar Piraten lernen, warum man kein Dorf überfallen sollte, wenn ein Junge mit langen weißen Haaren und einem überdimensioniertem Schwert vor einem steht... Wer so nett ist, mit einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich auch eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 7: Zur wilden Insel --------------------------- Shiro sitzt also erst einmal fest. Und was treiben der Gefährte bzw. die Herren Cousins? Viel Spass beim Lesen! 7. Zur wilden Insel Der Abend dämmerte über dem Menschendorf. Die beiden vornehmen Gäste hatten sich noch immer nicht bewegt. Der Priester hatte sie hin und wieder neugierig betrachtet. Das mussten adelige, junge Herren vom Festland sein oder von der Insel weit im Osten, von der gemunkelt wurde. Ob er sie fragen sollte, wie die Welt dort aussah? Es hätte ihn schon interessiert, aber es schickte sich sicher nicht, solch hochrangige Krieger einfach zu befragen. Er wandte sich ab und sandte um Essen und Trinken für die Gäste. Ein junges Mädchen trat zu den Besuchern, ein Tablett mit Brot und Früchten in der Hand. Höflich kniete sie vor den beiden fremden Männern nieder, verneigte sich, ehe sie das Tablett zu Boden gleiten ließ. Verstohlen musterte sie die beiden. Sie mussten miteinander verwandt sein. Beide hatten lange, weiße Haare, wie sie es noch nie bei einem Menschen gesehen hatte. Aber der eine hatte so seltsame Zeichen im Gesicht...Der Dorfvorsteher vermutete, dass dies eine bestimmte Sorte Kriegerkennzeichnung war, jedoch wagte natürlich niemand zu fragen. Er sah jedenfalls gut aus, wirkte freilich so kalt. Als sie seinem goldfarbenen Blick begegnete, schaute sie hastig in die andere Richtung. Sein Bruder, oder was auch immer, hatte dagegen grüne Augen und lächelte ihr kurz zu. Er wirkte viel anziehender. "Danke", sagte er außerdem. "Bringst du uns auch Wasser?" "Gewiss, edler Herr." Sie stand hastig auf. Immerhin schien wenigstens einer der beiden umgänglich zu sein. Obwohl, wenn sie es sich so recht überlegte - die Kleidung des anderen sah teurer aus, auch die Rüstung war aufwendiger. Von diesem seltsamen Fell um die Schulter ganz zu schweigen. Das musste der Ranghöhere von den beiden sein. Und sie hatte schon einmal gehört, dass Fürsten kaum mit einfachen Bauern sprachen. Als sie zurückkehrte, sich erneut verneigte, hatte sie ihren Plan gefasst. Es mochte verrückt sein, und sie hoffte, ihre Eltern würden davon nichts mitbekommen, aber...So blickte sie zu dem freundlicheren der beiden Fremden: "Ich hörte, Ihr wolltet ein Schiff, um zu der wilden Insel zu fahren. Darf ich...darf ich mich Euch nähern?" "Ja." Yuri wurde neugierig. Sein Cousin beschloss, dass dieses Menschenmädchen irgendetwas auf dem Herzen hatte und nahm an, Yuri allein wäre besser für eine solche Verhandlung geeignet. So erhob sich der Hundefürst, um hinüber zu dem Haus zu gehen, vor dem er den Priester gesehen hatte. Dieser bemerkte den Näherkommenden sofort und trat eilig aus der Hütte: "Ich hoffe, das Essen findet Euren Beifall?" "Ja." Sesshoumaru wäre es weitaus lieber gewesen, nicht hier den Menschen spielen zu müssen. "Ich habe eine Frage. Kennst du auf dieser Insel oder einer der anderen den alten Tempel des Schöpfergottes Izanagi?" "Nein, edler Herr." Der Priester starrte ihn verwirrt an: "Davon habe ich noch nie etwas gehört. Izanagi? Dieser Name sagt mir überhaupt nichts." "Vielleicht kennt ihr ihn unter einem anderen. - Es muss ein sehr alter Tempel sein, vielleicht auch Ruinen." "Nein, ich bedaure. Also, hier auf dieser Insel gibt es das sicher nicht. Allerdings war ich weder auf der wilden Insel noch auf Duen Kor." Er schluckte seine Frage, was sie dort wollten, hinunter. Die vornehmen Fremden hatten sich bislang sehr höflich verhalten und es sollte nicht seine Schuld sein, wenn sich daran etwas änderte. Beide waren bewaffnet und der Priester konnte sich denken, was sie mit ihren Schwertern anrichten konnten. Das Mädchen hatte sich knapp neben den Youkaiprinzen gekniet, so dass niemand hören konnte, was sie sagte: "Edler Herr, mein Vater verfügt über ein Schiff. Er wird auch morgen früh vom Fischen zurückkommen." "Und du meinst, er wird es uns leihen?" "Wenn ich ihn darum bitte." Sie warf ihm einen raschen Blick zu. Yuri verstand: "Aber du willst etwas dafür?" "Nun..." "Sag, was du willst und ich sage dir, ob ein geliehenes Schiff mir das wert ist." Sie erkannte intuitiv in dieser Aussage zweierlei: die unbewusste Arroganz eines Mannes, dessen Befehle stets beachtet wurden und zugleich ein gewisses Wohlwollen, das ihr galt. So schluckte sie nur kurz, ehe sie meinte: "Würdet Ihr...würdet Ihr mir einen Kuss geben?" Nur die Selbstbeherrschung eines Youkai verhinderte, dass Yuri sie anstarrte. So sah er weiterhin an ihr vorbei: "Ein ungewöhnlicher Wunsch." "Verzeiht...ich...ich..." stammelte sie hochrot. Was musste er jetzt von ihr denken: "Ich meinte nur..." "Ich verstehe." Das tat er wirklich. Er flirtete schließlich gern mit weiblichen Menschen und hatte da einiges über deren kompliziertes Verhalten gelernt. Sie hatte dagegen sicher noch nie mit einem Mann angebändelt, durfte das auch gewiss nicht, und hatte wohl gerade ihren ganzen Mut zusammengenommen, um genau das einmal zu tun. Von diesem Kuss mit einem vornehmen Unbekannten würde sie vermutlich ihr ganzes Leben im Dorf lang träumen. Er betrachtete sie. Sie sah hübsch aus, und das war schließlich kein zu hoher Preis für ein notwendiges Schiff. "Komm näher." Sesshoumaru drehte sich um und schloss für einen Moment die Augen. Yuri, dachte er. Das durfte noch nicht wahr sein. Sein Cousin saß da und küsste ein Menschenmädchen? Aber falls das dazu dienen sollte, dass sie ein Schiff bekamen, war es wohl sinnvoll. So beschloss er, erst einmal nichts zu sagen oder zu unternehmen, ehe er das Ergebnis kannte. Er wollte langsam zu dem Baum zurückkehren, als er bemerkte, dass er nicht der einzige gewesen war, der diesen Kuss beobachtet hatte. Eine ältere Frau mit dem gebräunten, wettergegerbten Gesicht einer Bäuerin, wurde blass, dann schoss sie los. Das war der Witterung nach die Mutter des Mädchens. Hatte Yuri es geschafft, sie beide hier in Schwierigkeiten zu bringen? Gemächlich ging er hinterher. "Mitsou!" Das Mädchen zuckte zurück: "Mutter!" Das hatte ja kommen müssen. "Verzeiht, Herr..." sagte sie. So, wie sie ihre Mutter kannte, würde das jetzt Ärger für sie geben - und vielleicht auch für den freundlichen Fremden. Die ältere Frau blieb stehen: "Du...du gehst sofort in unsere Hütte. Wie kannst du es wagen..." Mitsou gehorchte eilig. Ihre Mutter betrachtete den Fremden, der den Blick gelassen erwiderte. Sie erkannte an seinen Augen, dass der Unbekannte daran gewöhnt war, seinen Willen durchzusetzen, an Gehorsam und Respekt. Plötzlich erschien ihr ihre Idee, ihn maßregeln zu wollen, dass er es gewagt hatte sich ihrer jüngsten Tochter zu nähern, als nicht mehr so gelungen. In seinem Gürtel waren zwei Schwerter und sie wollte nicht unbedingt ausprobieren, wie gut er damit umgehen konnte. Überdies kam der andere Besucher von hinten auf sie zu. So kniete sie lieber höflich neben Yuri nieder: "Herr, ich weiß nicht, wie das ist, wo Ihr herkommt, aber bei uns schickt sich solch ein Verhalten nicht für ein Mädchen. Bitte, fordert sie nicht mehr dazu auf." "Nun, es war andersherum." Ein Youkaiprinz log nicht. "Wie bitte?....Was...wieso?" "Sie sagte, ihr Vater, dein Mann, hätte ein Schiff, das uns auf die wilde Insel bringen könnte." "Das ist wahr. Und darum..." Die Frau betrachtete ihn erneut. Nun ja, er sah wirklich gut aus. Attraktiv, ein Krieger, vermutlich adelig und reich...Sie konnte ihre Tochter schon verstehen. Er sah aus, wie man sich in so jungen Jahren einen Traumprinzen vorstellte. Sie hatte das auch einst getan. Und ihr Mädchentraum war immer unerfüllt geblieben. "Nun, Herr, wenn Ihr unser Schiff wollt....Ich verlange den gleichen Preis auch für mich." Yuri starrte sie etwas fassungslos an, blickte dann ein wenig hilfesuchend zu seinem Fürsten. Sesshoumaru war stehen geblieben, wandte sich nun ab, um nachdrücklich das Dorf zu betrachten. In diese Sache hatte sich sein Cousin selbst geritten, nun sollte er auch zusehen, dass er da wieder rauskam. Und das Schiff benötigten sie nun einmal. Das war auch dem Youkaiprinzen nur zu bewusst. Nun gut. Er hatte schließlich noch nie gehört, dass ein Youkai an einem einzigen Kuss gestorben wäre. "Und morgen bekommen wir euer Schiff?" fragte er nur noch. "Morgen wird euch mein Mann auf die wilde Insel bringen", versprach die Frau und schloss die Augen, reckte ihr Gesicht zu ihm. Yuri opferte sich. Inuyasha starrte auf das Meer hinaus, als ihn sein Begleiter ansprach: "Inuyasha-sama...das Zeichen?" Er fuhr herum. Über die Kette von Spiegeln, die sie entlang der Küste errichtet hatten, liefen Lichter. " Piraten.....Das muss das Dorf Akatsuko sein. Erschaffe ein Dimensionsportal, Hiro, und bring uns hin." Der Hundeyoukai war schon dabei. So stark der jüngere Halbbruder des Herrn der Hunde auch war - die Erschaffung eines solchen Portals war ihm offenkundig unmöglich. Er fasste die Hand des Hanyou. Dieser schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, standen sie auf einem Hügel an der Küste, gewiss drei Tagesreisen für Menschen von ihrem Ausgangspunkt entfernt. Ein Mensch, der dort den Spiegel bewacht hatte, fuhr herum. Wie allen hier, war ihnen gesagt worden, dass sie einfach Alarm geben sollten - Hilfe würde kommen. Nun starrte er etwas entsetzt auf die beiden Neuankömmlinge. Inuyasha ignorierte das: "Wo sind die Piraten? Schnell?" "Äh...dort.." Der Mann deutete aufs Meer. "Ich erkannte drei Schiffe, mit Lichtern. Jetzt haben sie die Lampen gelöscht." "Also wollen sie angreifen", konstatierte der Hanyou: "Handelsschiffe würden doch nicht ihre Lichter ausmachen." "Sie würden vor allem ankern, Herr", sagte der Mensch vorsichtig. Das waren doch zwei Youkai? Sollte so die Hilfe aussehen? Irgendwie schien das mehr die Wahl zwischen Hammer und Amboss zu sein. Obwohl: diese beiden hier wirkten gar nicht so wie Monster. "Da ist das Dorf. Los, Hiro. Ich will diese Mistkerle endlich erledigen!" Er rannte los und der Hundeyoukai folgte ihm. Ein wenig kopfschüttelnd ließ der Wächter den Spiegel zu Boden gleiten. Was auch immer folgen mochte - es wäre sicher wert, das anzusehen. Überdies müsste er die anderen Dorfbewohner wecken, damit die im Fall der Fälle fliehen konnten. Hiro blieb etwas hinter Inuyasha, als der sich am Meeresstrand aufbaute, das legendäre Tessaiga zog. Die Klinge verbreiterte sich rasch. Der Hundeyoukai war mehr als neugierig, was das werden sollte. Er hatte den Prinzen schon im Training gegen Yuri-sama gesehen, aber noch nie in vollem Einsatz. Inuyasha schloss die Augen, suchte die Witterung im Wind, der vom Ozean kam. Der Geruch nach ungewaschenen Menschen, alles Männern, Fisch und Holz. Die drei Schiffe kamen nebeneinander fahrend im Dunkel der Nacht auf die Küste zu. Ohne Licht...Komisch, dachte er. Die schienen sich hier sehr gut auszukennen. Aber das war egal. Dieser Angriff würde ihr letzter sein. Er hatte es mit Miroku genau ausgerechnet. Immerhin hatte ihm Sesshoumaru vertraut und er wollte sich nicht blamieren. Kagome hatte ihm auch versichert, dass er es schaffen würde. Er musste nur an die ganzen Menschenleichen denken, die er und seine Freunde in den Dörfern gesehen und begraben hatten, musste nur an Shiro denken, seinen Halbbruder, seinen Cousin, die irgendwo dort jenseits des Meeres in Schwierigkeiten steckten. Nein, es lag allein an ihm und er würde es schaffen. "Tessaiga", flüsterte er: "Für die Menschen UND die Youkai!" Er spürte ein Beben, ein Pochen, wie eine Antwort, als habe das Schwert verstanden. Und er merkte, wie die Klinge selbst den Wind suchte, begierig schien, zuzuschlagen. Also dann: "Kaze no kizu!" In der nächtlichen Schwärze konnte es Hiro mehr riechen als sehen, dass die Macht der Windnarbe in das Meer raste, das Wasser rechts und links seitwärts drückte. Das mittlere der drei Schiffe hatte gerade eben noch gut zehn Meter Wasser unter dem Kiel gehabt - jetzt war da nur noch der Ozeanboden und es stürzte zum Entsetzen seiner Mannschaft in die Tiefe. Gleichzeitig hatte das weggedrückte Wasser riesige Wellen gebildet, die die anderen beiden Schiffe zum Kentern brachten, ehe das Meer wieder über dem mittleren Boot zusammenschlug. "Nicht schlecht, Inuyasha-sama..." sagte Hiro automatisch: "Wie man es von Euch erwarten konnte." Ups, dachte der Hanyou, der sich zwar langsam daran gewöhnte, dass ihn Hundeyoukai als Prinzen achteten, aber solche Komplimente von vollblütigen Youkai hatte er kaum je gehört. "Die Piratenschiffe..." flüsterte es hinter ihm und er wurde sich bewusst, dass da auch die Dorfbewohner standen: "Einfach versenkt.....Da schwimmen welche...!" Tatsächlich waren aus den gekenterten Schiffen und dem versenkten einige Piraten entkommen, die wohl mehr Glück gehabt hatten und auch tatsächlich schwimmen konnten. Sie kämpften sich nun durch den Sog der untergehenden Schiffe, auf das Land zu. Die Dorfbewohner liefen hin. Inuyasha schob Tessaiga in die Scheide: "So. Keine Schiffe, keine Piraten, keine Überfälle." Er war stolz auf sich. "Ja. Und nun sollen die Menschen die Menschen erschlagen." Hiro wandte sich ab. "Hä?" Er blickte sich erstaunt um: "Nun, diese Dorfbewohner erschlagen die Überlebenden, was erwartet Ihr?" "Idioten!" Inuyasha rannte schon los. Ein paar gewaltige Sätze brachten ihn zwischen die Dorfbewohner und die Piraten, die matt an die Küste robbten, erschöpft liegen blieben, auch zu kraftlos, um sich zu wehren: "Hört sofort auf! Ich habe die Schiffe versenkt. Und ich entscheide auch über diese Männer. Klar?" Die Menschen betrachteten ihn erstaunt. Aber sie hatten gesehen, was er mit einem einzigen Schlag seines Schwertes angerichtet hatte. So hielten sie es für klüger, zu schweigen. Nur einer meinte: "Was soll das? Diese Mistkerle haben ganze Dörfer ausgerottet. Sollen wir sie dafür auch noch mit Blumen empfangen?!" "Keh!" machte Inuyasha: "Wenn ihr sie hier umbringt, wenn sie sich nicht wehren können, seid ihr doch kein bisschen besser, als sie, oder? Nehmt ihnen die Waffen ab. Und dann sage ich euch, was ihr mit ihnen machen dürft." Er sah seitwärts. Wie er erwartet hatte, war Hiro ihm gefolgt: "Und du nimmst deine wahre Gestalt an." Der Hundeyoukai gehorchte verwundert, was die Menschen beider Seiten nach Luft ringen ließ. Die Piraten wagten nicht, sich zu wehren. Woher hätten sie denn zuvor wissen sollen, dass dieses Dorf von solch mächtigen Youkai beschützt wurde? Es hatte doch geheißen, ihre Kollegen hätten die stärksten eingefangen. Und die Dörfler hielten es für besser, einem so mächtigen Krieger zu gehorchen, der einen Youkaihund an der Leine führte. "Na also, geht doch." Inuyasha sah sich um: "So. Jetzt hört ihr mir mal alle gut zu. Es waren sieben Dörfer, die zerstört wurden, richtig? Sieben Dörfer, deren Äcker nicht bebaut werden und deren Fischgründe ungenutzt sind. In jedem Dorf, also auch in eurem, gibt es doch jüngere Söhne, die die Äcker ihres Vaters nicht erben können. Die sollen mit ihrer Familie in ein jetzt leeres Dorf gehen. Und aus anderen Orten auch. Und diese Piraten hier werden ihnen als Knechte bei dem Wideraufbau helfen. Falls da irgendetwas nicht klappt, darf Hiro euch fressen. Alles klar?" Der Hundeyoukai würgte leicht bei der Vorstellung, einen Menschen fressen zu müssen, zumal einen der Piraten, aber er bemerkte sehr wohl das Zwinkern des Prinzen, das ihm galt. Dieser fuhr fort: "Das könnt ihr auch in den anderen Dörfern sagen. Oh, und, wo der große Hund herkommt, gibt es noch mehr von der Sorte. Also macht keinen Ärger, ihr dämlichen Piraten." Die Menschen beider Seiten beschlossen, keinen zu machen. Hiro war nicht gerade der mächtigste Hundeyoukai, aber seine Größe war trotzdem für sie beeindruckend - erst recht sein Gebiss. Nein, sie würden nichts tun, was dazu führen würde, dass ein Riesenhund sie jagte. So meinte nur der Dorfvorsteher: "Nein, Herr. Wir werden Eurem Wunsch folgen. Selbstverständlich. Ohne Eure Hilfe wären auch wir schon tot. So stehen wir tief in Eurer Schuld. - Und Euer Einfall, unseren jüngeren Söhnen Land zu geben...aber meint Ihr, dass der Fürst Matsuda damit einverstanden ist?" "Matsuda?" Für einen Augenblick war Inuyasha überrascht, ehe er den Namen einordnen konnte. Das war der menschliche Fürst hier: "Falls er fragt, sagt, es sei der Befehl des Regenten der westlichen Länder." Die Dorfbewohner konnten mit dem Satz nichts anfangen, aber sie begriffen, dass dieser seltsam aussehende Junge vor ihnen wohl höherrangiger war, als selbst ihr Fürst. So warfen sie sich alle vorsorglich auf die Knie. "Gut. Dann verschwinden wir. - Hiro...?" Dieser verwandelte sich zurück, öffnete das Dimensionsportal. Keine Minute später waren nur noch die Dorfbewohner und die Piraten am Strand. Der Morgen dämmerte über den Inseln von Le-chan-po. Die beiden Besucher hatten die ganze Nacht an dem Baum gelehnt verbracht, erst aufgesehen, als Männer mit Netzen voll Fisch in den Ort gekommen waren. Diese hatten die Gäste überrascht gemustert, sich aber dann ihrer Arbeit zugewandt. Kurz darauf trat einer der Fischer zu den Besuchern, kniete höflich nieder: "Meine Frau sagte, Ihr wünscht ein Boot, das Euch zur wilden Insel bringen soll?" "Ja", antwortete Yuri: "Wirst du das tun?" "Nun, wenn Ihr es wünscht, edle Herren. Aber kein Mensch geht auf die wilde Insel. Dort leben fürchterliche Bestien." "Wir fürchten sie nicht." "Verzeiht, das meinte ich nicht...." Der Mann sah zu Boden: "Ich werde Euch dorthin bringen, aber nicht mit an Land gehen." Er hoffte, dass er etwas für seine Arbeit bekommen würde. Aber lieber keine Bezahlung als eine in Stahl - in Form eines Schwertes. Der Youkaiprinz wusste das: "Nun gut. - Wenn du uns dort hingebracht hast, bekommst du das hier." Er zog eine Münze aus seinem Gürtel. In der Tasche dort trug er immer einige bei sich, für Fälle wie diesen, wenn er sich als Mensch ausgeben wollte. Von Youkai konnte er auch so fordern, was immer er wollte. Der Mann starrte die Goldmünze an. Der Aufdruck erschien ihm fremd, aber Gold blieb Gold: "Herr...Ich werde Euch sicher dorthin bringen. - Mein Name ist Kogi." "Nun gut, Kogi. Dann lass uns aufbrechen." Die beiden Besucher erhoben sich und der Fischer war beeindruckt, mit welcher Eleganz und Geschmeidigkeit dies geschah. Er stand hastig ebenfalls auf: "Wenn Ihr mir folgen würdet..." Er wandte sich um und verließ sein Dorf. Seine Frau hatte ihm berichtet, dass diese Krieger zu dem mächtigen Dai Oya wollten, um ihm zu dienen. Dann waren sie wohl auch mutig und stark genug, mit den Bestien auf der wilden Insel fertig zu werden. Jedenfalls waren das keine einfachen Leute, da war er sicher. Und er nahm sich vor, Schweigen zu bewahren. Solche Personen von Rang anzusprechen wäre äußerst unhöflich. Die Sonne zeigte an, dass es bereits Nachmittag wurde, als Kogi sein Fischerboot quer vor die Küste der wilden Insel brachte. Er hoffte, dass er den Rückweg schaffen würde, ehe es dunkel wurde. Sesshoumaru betrachtete das Ufer. Dichter Urwald dehnte sich aus, auch über Hügel, Täler. Im Hintergrund erkannte er schroffe Berge, die diese Insel wohl nach Norden hin begrenzten. Sie mussten freilich weiter nach Westen. Er stand auf, sprang in das nur noch hüfthohe Wasser. Yuri nahm die Goldmünze: "Hier, Kogi." "Danke, edler Herr. Viel Glück, bei Eurem Unternehmen." "Danke." Der Youkaiprinz sprang ebenfalls über Bord. Glück würden sie wirklich brauchen können. Der Fischer drehte sofort ab. Auf seiner Insel liefen die wildesten Gerüchte über diese hier um, und er wollte bei Einbruch der Dunkelheit wieder in sicheren Gewässern sein. Überdies fühlte er die Müdigkeit. Er hatte seit gut vierzig Stunden nicht mehr geschlafen. Ein Stück entfernt wandte er noch einmal den Kopf. Die beiden Fremden verschwanden gerade im dichten Wald am Ufer. ******************************* Das nächste Kapitel heisst: Izanagis Tempel. Ein armes Schwein lernt zwei Hunde kennen. Und diese lernen, was das Sternjuwel eigentlich ist - und was vor fünftausend Jahren schief lief. Wer so nett ist, mit einen Kommentar zu hinterlassen, dem schick ich auch eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel on ist. bye hotep Kapitel 8: Izanagis Tempel -------------------------- Da ihr was von Shiro hören wolltet, kommt hier ein kurzer Blick auf sie. Ansonsten sollte natürlich die Kavallerie wissen, mit was sie es hier zu tun bekommen, nicht wahr? 8. Izanagis Tempel In dem düsteren Licht des Kellerverlieses lehnte Shiro an der Wand. Sie hielt die Augen geschlossen und bewegte sich nicht. Nur das leichte Heben und Senken ihrer Brust verriet, dass sie atmete, noch am Leben war. Ihre Gedanken waren allerdings nicht sehr angenehm. Wenn sie die Tageszeiten richtig berechnet hatte, waren es schon vier Tage, in denen sie hier gefangen saß. Dies war genug Zeit, damit Dai Oya seine Berechnungen vollenden konnte. Vielleicht mochte er noch auf eine gewisse Sternkonstellation warten, aber ihr war klar, dass ihre Zeit hier ablief. Die Stunde näherte sich unaufhaltsam, an der man sie aus diesem Kerker abholen und hinauf in die Halle führen würde, dort an dieses Brett fesseln würde. Dies wäre der Anfang ihres Sterbens. Sie entsann sich nur zu gut, wie die Überreste des Youkai ausgesehen hatten, der vor ihr dieses Schicksal erlitten hatte. Ihre Vorstellungskraft reichte aus, um sich jede einzelne Empfindung ausmalen zu können, die sie dann dort fühlen würde, stundenlang, tagelang, wochenlang. Sie würden nur zu gut aufpassen, dass sie nicht rasch sterben würde. Sie setzte sich auf, mit geweiteten Augen und rasendem Puls. Etwas drang aus ihrer Kehle, das ein Winseln war und sie bohrte ihre Fangzähne in ihre Hand, um es zu unterdrücken. Bewusst atmete sie tief durch, versuchte, sich zu entspannen. Aber sie fühlte sich gar nicht mehr wie eine kriegerische Youkaiprinzessin, eher wie ein Menschenkind, das im dunklen Wald des Nachts um sich Monster lauern sah. "Aite..." flüsterte sie. Das war noch ihre einzige Hoffnung. Ihr Gefährte. Sesshoumaru blieb auf einem Hügel stehen. Yuri trat neben ihn. Vor ihnen fiel die Anhöhe steil ab. Von hier aus hatten sie einen guten Überblick über den Dschungel vor ihnen, der sich scheinbar in endlose Fernen erstreckte. Diese wilde Insel war sicher größer, als die, auf der sie zuerst gewesen waren. Die Gerüche und Geräusche des fremden Urwaldes waren faszinierend, aber beide Hundeyoukai blickten nach Westen, versuchten dort zu erkennen, wo das Meer sei. Wie sie dann von dieser Insel nach Duen Kor kommen sollten, war im Augenblick beiden noch ein Rätsel, aber das hatte Zeit. Wichtiger war, herauszufinden, ob sich hier vielleicht der alte Tempel befand, den sie auf Izanagis Befehl hin besuchen sollten. Der Schöpfergott hatte ihnen versprochen, dort Rat zu geben, und sie wussten, dass sie auf diese Hilfe nur zu angewiesen waren. Yuri nahm den Blick nicht vom Horizont: "Wir müssen jemanden fragen, ob sich ein Tempel oder Tempelruinen hier befinden." Der Hundefürst schwieg zu so einer Selbstverständlichkeit. Daher fuhr sein Cousin langsam fort: "Ich denke, dir ist klar, Taishou, dass das ein erneuter Zeitverlust ist. Es mag gut sein, dass, wenn wir Dai Oya finden, Shiro bereits unter der Erde liegt, unerreichbar selbst für Tensaiga." Sesshoumaru sah geradeaus. Seiner Meinung nach sollte sie nirgendwo liegen, außer in seinem Arm. "Ich weiß." Der Youkaiprinz warf ihm einen raschen Blick zu, ehe er ebenfalls wieder in den Westen schaute. Jeder, der den Ausdruck in den Augen des Herrn der Hunde gesehen hatte und noch ein Wort zu diesem Thema verlor, hätte verdient, dass auf seinem Grabstein stünde: er war zu dumm zum Leben. Nicht nur um abzulenken sagte er: "Diese Witterung..." Auch Sesshoumaru hatte den Geruch in der Nase. Und das war endlich einmal eine positive Überraschung. Er setzte sich in Bewegung. Sein Name war Yusaku. Die rüsselartige Nase und die verlängerten, gebogenen Eckzähne machten jedem klar, dass es sich um einen Wildschweinverwandten handelte. Seine spitzen Ohren und die klauenartigen Hände verrieten den Youkai. Er war einer der klügsten Youkai der gesamten wilden Insel, was allein durch die Tatsache bestätigt wurde, dass er hier noch immer lebte. Seit vor gut zehn Jahren plötzlich und unerwartet irgendetwas geschehen war, das den Einsatz von Youki verhinderte, war er der einzige seiner Familie gewesen, der die Konsequenz daraus gezogen hatte, sich in den tiefen Dschungel zurückgezogen hatte. Wie er nun wusste, war das die beste Entscheidung seines Lebens gewesen. Menschen waren über das Meer gekommen, hatten seine Familie mitgenommen. Ohne Dämonenenergie war die Überzahl selbst solch einfacher Geschöpfe wie Menschen, zuviel gewesen. Yusaku hatte auch nur zu gut mitbekommen, wie die Menschen auch auf andere Youkai Jagd gemacht hatten. Soweit er wusste, lebten hier nur noch wenige Dämonen, die meisten sehr primitive. An denen hatten die Menschen keinerlei Interesse gehabt. Seine eigene Gattung schien bis auf ihn selbst erloschen zu sein. Er bückte sich ein wenig, suchte in dem abgestorbenen Baumriesen nach leckeren Maden, als er plötzlich erstarrte. Ein Geruch hatte seine Nase getroffen, den er schon seit Ewigkeiten nicht mehr gewittert hatte. Langsam richtete er sich auf, während er angespannt lauschte, schnupperte. Dann fuhr er nach rechts herum. An einem Baum dort lehnte ein fremder Youkai. Er hatte noch nie einen solchen gesehen, mit weißen Haaren, aber der Unbekannte trug in jedem Fall Rüstung und Schwert. Und der Geruch verriet, dass er ein Fleischfresserverwandter war, ja, das musste ein Hundeyoukai sein. Yusaku brauchte nicht weiter nachdenken. Raubtier hieß für ihn instinktiv Alarmstufe Eins. Und auch, wenn er sein Youki noch immer nicht einsetzen konnte, der ungebetene Gast dies wohl auch nicht könnte - er selbst war unbewaffnet und der andere trug zwei Schwerter. "Guten Tag", sagte Yuri: " Eine Frage." "Ja....ah?" dehnte Yusaku, wich instinktiv zurück, ehe ihm bewusst wurde, dass der gleiche Geruch ebenso von hinter ihm kam. Er fuhr herum. Auch dort stand ein bewaffneter Hundeyoukai. Sie hatten ihn eingekreist. Und er hatte, verdammt, nicht das Geringste bemerkt. Hektisch überlegte er. Sie waren Fleischfresser - aber sie schienen nicht auf der Jagd zu sein. Und sie waren bewaffnet. Flucht? Wie und wohin? Immerhin hatte der da was von einer Frage gesagt. So fuhr Yusaku fort: "Was willst du wissen?" "Gibt es auf dieser Insel einen alten Tempel, der einst Izanagi, dem Schöpfergott geweiht war?" "Izanagi...dem Schöpfergott..." Der Wildschweinyoukai versuchte, Zeit zu gewinnen. Was wollten die denn da? Und was sollte das? Aber er bemerkte durchaus, wie diese beiden weißhaarigen Youkai fast gleichzeitig die Hand an ein Schwert legten - eine eindeutige Drohung. "Ja...nun, ich weiß von Tempelruinen, " erklärte er daher hastig: "Aber ich weiß nicht, ob das das ist, was ihr sucht." "Gibt es nur diese auf der Insel?" "Ich denke.....also, ich kenne nur diese. In den Bergen." Yusaku deutete nach Norden. "Dort..." "Zeig sie uns." Der andere Hundeyoukai sprach zum ersten Mal. Yusaku begriff plötzlich. Sie wollten ihm nichts tun, würden ihm nichts tun, solange er ihnen nur diesen Tempel zeigte. Nun, das war ein geringer Preis zum Überleben. Denn er bezweifelte nicht, dass er bei einer Weigerung teuer dafür bezahlen würde. Was sie nur bei diesen Ruinen wollten? Aber er sagte: "Dann...schließen wir einen Vertrag?" "Hm", machte Yuri. "Ich...ich zeige euch die Ruinen. Und ihr versprecht, mich nicht zu fressen." "Einverstanden." Der Youkaiprinz wartete das Nicken des Herrn der Hunde gar nicht ab. Was sich dieses Wildschwein nur vorstellte. Ihm graute davor, so etwas essen zu sollen. "Gut." Yusaku verschwendete einen kurzen Gedanken daran, ob sich diese Fleischfresser auch an den Vertrag halten würden. Aber er beschloss, ja. Soweit er je gehört hatte, hatten schwerttragende Youkai ihren eigenen Stolz, egal, um welche Sorte es sich handelte. Dann würden sie kaum ihr Wort brechen. Und dieser Tempel schien ihnen wichtig zu sein, wichtiger zumindest als ein Wildschweinbraten zum Abendessen. So sagte er: "Kommt." Und wandte sich Richtung Norden. Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, dass die beiden Hundeyoukai ihm folgten. Er konnte sie nur zu deutlich wittern. Und er konnte nicht verhindern, dass sich seine Haare im Nacken aufstellten. Schweigend führte Yusaku seine Begleiter nach Norden. Er hatte ein wenig das Tempo erhöht, lief mehr durch den Urwald, auf den Pfaden, die er hier nur zu gut kannte. Wie er erwartet hatte, hatten die fremden Youkai keine Schwierigkeiten, mit ihm mitzuhalten. Die Nacht brach herein und es begann zu dunkeln. Ob er es riskieren sollte, mit einigen weiten Sprüngen seitlich in dem undurchdringlichen Wald zu verschwinden? Aber sie würden gewiss seine Spur finden. Er versuchte sich an alles zu erinnern, was er je über Hundeyoukai gehört hatte, aber das war nicht sehr viel gewesen. In dieser Gegend der Welt gab es keine, so dass Zusammenstösse für gewöhnlich auszuschließen waren. Aber er entsann sich, dass sie mit zu den stärksten Youkai zählen konnten. Und selbst hier, ohne Youki, waren sie noch immer stark und gut genug, mit ihm locker mitzuhalten. Erschreckt zuckte er zusammen, als sie plötzlich rechts und links von ihm waren. So blieb er stehen: "Äh...was...?" brachte er hervor. "Denk nicht einmal dran", empfahl Yuri. Sie hatten gewittert, dass sein Adrenalinspiegel angestiegen war, und vermutet, er plane eine Flucht. "Wir haben einen Vertrag", verteidigte sich Yusaku, der nur zu gut verstanden hatte. Also hatte er keine Chance. "Ja." Da er weiterging, schlossen sie sich ihm wieder an. Sie wanderten die gesamte Nach hindurch, den folgenden Tag, ehe sie am späten Nachmittag die Ausläufer der Berge erreichten. Der Wildschweinyoukai drehte sich um: "Ich...es ist einige Zeit her, dass ich hier war. Diese Ruinen liegen in einem Talkessel. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich denke, wir müssen nun nach rechts gehen. Seht ihr, dort, wo diese beiden Bergspitzen sind." Täuschte er sich, oder schien ein Schwert an der Hüfte des wohl mächtigeren der beiden Hunde zu pulsieren? Sesshoumaru legte die Hand an Tensaiga, um zu zeigen, dass er den Hinweis verstanden hatte. Das musste die Richtung sein - und dort musste sich der Tempel des Schöpfergottes befinden, der älteste Tempel der Welt: "Führe uns dorthin." "Ja, natürlich." Yusaku ging weiter. Was blieb ihm schon anderes übrig. Immerhin hatten sie ihm bislang nichts getan. Wobei er nicht einschätzen konnte, ab wann diese Raubtiere Hunger bekommen würden. Oder waren sie so hochrangig, dass sie auf Nahrung wie ihn verzichten konnten? Das hoffte er. Aber ohne die Stärke des Youki zu spüren, war eine solche Einordnung mehr als schwierig. Er blieb erst wieder stehen, als sich vor ihnen ein Talkessel öffnete. An dessen anderen Ende war in die steil aufragenden Felsen ein terrassenartiger Tempel gebaut worden. Noch heute erkannte man die Stufen der einzelnen Stockwerke. Aber alles war nur mehr wie eine Ruine. Umgestürzte Säulen, eingefallene Mauern zeugten von Erdbeben und Verfall. Yusaku wandte leicht den Kopf: "Ist es das?" "Ja." Yuri warf kurz einen Blick zu dem Hundefürsten, ehe er sagte: "Du kannst gehen." Der Wildschweinyoukai ließ sich das nicht zweimal sagen. Noch während er eilig davonlief, überlege er, was diese beiden verrückten Youkai wohl in den Ruinen eines Tempels wollten, den einst vermutlich Menschen errichtet hatten. Aber letztendlich ging es ihn nichts an und er war froh, mit heiler Haut davongekommen zu sein. Sesshoumaru ging langsam näher. Izanagi hatte ihnen ausrichten lassen, sie sollten hierher kommen. Wenn der Schöpfergott dies wünschte, so hatte das gewiss einen guten Grund. Und ein Zusammentreffen mit ihm war sicher nur im Allerheiligsten möglich. Der Bote der Sonnengöttin hatte da etwas von einem dunklen Spiegel erwähnt, durch den Izanagi einst mit den Priestern hier Kontakt hatte aufnehmen können. Dieser Bereich würde sich vermutlich im obersten Stockwerk befinden. Yuri kam an seine linke Seite, bewahrte allerdings den höfischen Respektsabstand von einem Meter, teils aus zeremoniellen, teils aus praktischen Gründen. So konnte er einen Angriff von hinten oder von links abfangen, ohne dass er dem Inu no Taishou beim Ziehen von dessen Schwert in die Quere kam, sie sich gegenseitig behinderten, als sie sich langsam dem verfallenen Tempel näherten. Obwohl sie sorgfältig witterten, schien es hier keinerlei Leben zu geben. Aber das stimmte sicher nicht. Sie entdeckten Ameisenstrassen, Spuren von kleinen Füssen mit Krallen an sandigen Stellen. Dennoch schien hier irgendetwas zu verhindern, dass sie ihre volle Sinnenkraft einsetzen konnten. Ohne Youki, und nun auch noch in der Wahrnehmung beschränkt - Sesshoumaru fühlte sich sehr an die unglücksselige Zeit erinnert, als er für zwei Tage nichts als ein Mensch war. Aber er schwieg selbstverständlich zu diesem Thema. Nie hätte er sich so weit selbst gedemütigt, davon Yuri ein Wort zu erzählen. Ihre Schritte wurden ein wenig mühsamer, als sie die ersten Stufen erreichten, die empor auf die zweite Terrasse führten. Zum Teil waren die abgebröckelt, obwohl sie aus massivem Fels bestanden, zum Teil lagen Steine oder gar herabgestürzte Säulen im Weg. Sie mussten an manchen Stellen die Hände zu Hilfe nehmen, eher wie Menschen klettern. Und sie vermissten beide ihre Dämonenenergie. Es wurde wirklich Zeit, dass man das Sternjuwel wieder aus dieser Welt entfernte. Hoffentlich konnte Izanagi ihnen da einen guten Rat geben. Auf der ersten Terrasse öffnete sich eine weite Säulenhalle, die weiter in den Berg hinein führte. Vermutlich hatten hier einst Zeremonien mit vielen Beteiligten stattgefunden. Jetzt war die Halle hinten eingestürzt, von der Felswand wieder verschlungen worden. Aber rechts und links führen noch immer erkennbare Treppen auf die nächste Ebene. So wandten sich die Hundeyoukai nach rechts, da diese Stufen noch besser erhalten schienen. Auf der zweiten Ebene des Stufenbaus entdeckten sie, das hier wohl einst die Priester gelebt hatten. Soweit man aus den Ruinen noch etwas entziffern konnte, handelte es sich um viele kleine Kammern, die sich wohl ebenfalls in den Berg hinein gezogen hatten. Hier führte eine breite Treppe hinauf auf die dritte Terrasse, wieder in der Mitte der Tempelfront. Und ab jetzt benötigten sie dauernd eine Hand. Die Stufen waren kaum zu erkennen, wohl abgeschliffen durch Wind und Wetter oder die von der Felswand oberhalb des Tempels herabgestürzten Steine. Es war eine etwas gewagte Kletterpartie und Yuri fragte sich kurz ein wenig besorgt, wie sie hier wieder hinab kommen könnten. Mit Youki wäre das kein Problem, aber so? Das konnte peinlich werden. Der führende Sesshoumaru blieb auf der mit kleineren und grösseren Geröllbrocken angefüllten obersten Etage des Tempels stehen. Vor ihm war eine Art kleine Halle, die in die Felsen führte. Das musste das Allerheiligste sein. Langsam ging er näher. Tensaiga begann erneut zu pulsieren, für ihn das sichere Zeichen, dass das Schwert die Nähe eines Wesens der anderen Welt spüren konnte. Er legte die Hand an den Griff, um die Klinge zur Ruhe zu bringen. Yuri war wieder schräg hinter ihm, blickte sich um. Aber nichts verriet, dass es hier Leben gab, etwas Verdächtiges. Nach dem offenen Tor, das seltsamerweise vom Steinschlag verschont geblieben war, öffnete sich ein dunkler Gang. Sie hatten keine Wahl und so betraten sie ihn ohne Zögern. Zu ihrer gewissen Verwunderung erreichten sie bereits nach zwanzig Schritten eine Kammer, die beleuchtet wurde. Sie blickten empor. Hinter ihnen war einst ein Fenster in die Felswand geschlagen worden, durch das noch immer Licht in das Allerheiligste fiel. Genau gegenüber diesem Fenster lag ein alter Altar. Und hinter dem.... Beide hielten unwillkürlich den Atem an. An der Wand dort war etwas, das man am ehesten als mannshohen Spiegel bezeichnen konnte. Ein goldener, mit Edelsteinen besetzter Rahmen verriet, wie wertvoll er seinen Eigentümern einst gewesen sein musste. Aber dort, wo gewöhnlich Bronze oder Glas war, war in diesem Spiegel nichts. Nur eine Schwärze, die allerdings absolut war. Als sie genauer hinsahen, erkannten sie, dass sich dieses Dunkel bewegte, wie Nebelschleier in dem Spiegel hin und her zu ziehen schien. Und keiner der beiden bezweifelte, dass sie Izanagis Spiegel gerade gefunden hatten, den Weg, auf dem der Schöpfergott einst hier mit seinen Priestern gesprochen hatte. Und wohl auch der Weg, auf dem Dai Oya das Sternjuwel stehlen konnte. Sesshoumaru trat näher, blieb kurz vor dem Spiegel stehen. Tensaiga pulsierte fast hektisch. Yuri hielt sich höflich abseits. Soweit er wusste, wollte Izanagi nur mit dem Träger von Tensaiga sprechen. Sprechen? Hm. Die Nebel in der Schwärze schienen aufzuwallen, als eine dunkle Stimme sagte: "Wie schön, dich einmal zu sehen, mein Junge." Während der Herr der westlichen Gebiete kurz überlegte, wer ihn zuletzt "mein Junge" genannt hatte, sagte er höflich: "Ihr wolltet mich sprechen, Izanagi-sama?" "Ja. Du trägst Tensaiga. Seine Magie ist ebenfalls aus der anderen Welt, meiner Welt. Und es ist die einzige Möglichkeit, die es gibt, das Sternjuwel zu zerstören. - Zu meinem Bedauern ist es mein Fehler gewesen. Ich werde es dir, euch, kurz erzählen. Wie der Bote Amaterasus schon berichtet hatte, war Dai Oya einst hier in diesem Tempel. Er strebte nach Erleuchtung, wie so viele. Und er war einer der brillantesten Magier, die je existiert haben, wenn nicht der allerbeste. Mein bester Schüler, mein größter Fehlschlag. Denn ich war einfach zu eitel." Es tat fast weh, den Schöpfer allen Lebens sich selbst als eitel bezeichnen zu hören. Aber Sesshoumaru schwieg. Es ziemte sich sicher nicht, ihn zu unterbrechen. "Vor Begeisterung über seine Erfolge förderte ich ihn, wo ich konnte. Und übersah dabei, dass er doch nur ein Sterblicher war. Und dass er mit all seinem Wissen, seiner erworbenen Macht darüber nicht hinwegkam. Er strebte nach mehr Macht und schließlich dem ewigen Leben. Zu dieser Zeit war die Magie, die heute im Sternjuwel ist, noch in mir. Sie ermöglichte es mir, zwischen den Welten zu reisen, auch den anderen Göttern, meinen Kindern und anderen, zwischen eurer und meiner Welt zu wechseln, auch in das Totenreich zu gelangen. Dai Oya überredete mich, diese Magie in einen festen Gegenstand zu bannen, so eine Art Portal zu erschaffen, damit es auch ihm möglich würde, mich zu besuchen. Blind vor Stolz und Freude tat ich ihm den Gefallen. Und er stahl das Sternjuwel. Seit dieser Zeit bin ich nun hier in der anderen Welt gefangen und kann nicht mehr in die eure, ebenso, wie die Götter nicht mehr zu mir gelangen können. und niemand von uns kann mehr in das Totenreich." Darum waren auch alle Götter so daran interessiert, das Sternjuwel zurückzubekommen, begriffen die Hundeyoukai. Mit dem Diebstahl hatte Dai Oya vor fünftausend Jahren die gesamten Welten getrennt. Kein Wunder, dass ihn da einige Leute auf ihrer Liste sehr weit oben hatten. Izanagi fuhr ruhig fort: "Nun hat er den Fehler begangen, aus seinem Versteck wieder aufzutauchen, das Sternjuwel einzusetzen. Wie ihr gewiss bemerkt habt, verhindert es die Aufbietung von Magie eurer Welt. Allein Tensaiga kann daher gegen das Sternjuwel eingesetzt werden. Aber dies für sich reicht nicht aus. Nimm Tensaiga, Sesshoumaru, und stoße es in meinen Spiegel. Damit wird eine Verbindung geschaffen. Ich werde die Klinge mit meiner Energie aufladen. So wirst du fähig sein, mein Juwel zu zerstören. Aber seid gewarnt. Yuri, du wirst dieses Schwert dann nicht berühren können." Der wollte schon sagen, dass er daran nicht einmal im Traum gedacht hatte, sparte es sich aber. "Sesshoumaru. Wenn du das Sternjuwel zerstört hast, wird die Energie darin auch in Tensaiga übergehen. Das mag hart für dich werden. Danach kommt auf dem kürzesten Weg zurück. Ihr werdet gewiss Portale erschaffen können. Und gib mir meine Energie und die Energie des Sternjuwels zurück." "Ja, Izanagi-sama." Der Fürst der westlichen Gebiete sagte es ruhig, aber der Schöpfergott wusste in diesem Moment, dass das ein Versprechen war. Sesshoumaru zog das Schwert, das noch immer lebhaft pulsierte und stieß es in die Schwärze des Spiegels vor ihm. Es war, als berühre er eine weiche Masse. Und dann hätte er fast aufgestöhnt, als er eine ungeheure Energie mitbekam. Das war kein Youki, das war kein Genki, das war alles zugleich und noch darüber. Er begriff, dass er gerade über die Klinge die Macht Izanagis spürte. Er konnte förmlich fühlen, wie sich das Schwert mit der Energie anfüllte. "Gut", meinte der Gott schließlich: "Das sollte reichen. - Wenn ihr meinen Tempel nun verlasst, haltet euch rechts am Gebirge. Da werdet ihr die Reste einer alten Strasse finden, die euch an das Ufer dieser Insel geleiten wird. Von dort aus ist es nicht sehr weit über das Meer nach Duen Kor, der Insel, auf der die Hauptstadt heute liegt." Der Hundefürst zog sein Schwert zurück, schob es fast hastig in die Scheide. Er konnte die unbekannte Dynamik, die ungeheure Energie in der Klinge spüren. Ganz sicher würde er Izanagi das zurückgeben, so schnell wie möglich. Dies war keine Macht, die einem auch noch so starken Youkai ziemte. "Ich danke Euch..." sagte er nur, ehe er sich abwendete und ging. Yuri schloss sich hastig an. Izanagi sah ihnen nach, solange es ihm durch den Spiegel möglich war. Wenn ihm je zuvor jemand gesagt hätte, seine Hoffnung gründe sich auf zwei starken, stolzen und sturen Hundeyoukai...Nein, drei. Er durfte Shiro nicht vergessen. ********************************************************** Stimmt. Man sollte Shiro nie vergessen.Aber ihr gehört erst wieder das übernächste Kapitel. Das nächste Kapitel heisst "Menschen, Hanyou und Youkai". Ihr erfahrt, was Inyuasha in seiner Freizeit treibt und wie zwei Youkai lernen, wie man sein Schwert kaputtmachen kann... Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich wie gewohnt eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet ist. bye hotep Kapitel 9: Menschen, Hanyou und Youkai -------------------------------------- Da die Piraten weg sind, kann sich der Teil der Familie, der in Japan blieb, seinen eignen Problemen widmen... Und was Sesshoumaru und Yuri betrifft werden manche bedauern, keinen Photoapparat dabei zu haben... 9. Menschen, Hanyou und Youkai Inuyasha hatte Kagome von der Versenkung der Piratenschiffe erzählt. Sie saßen nebeneinander auf einer Wiese im Garten des Schlosses, unter den alten Kirschbäumen. Die Abenddämmerung hatte bereits begonnen. Sie nickte. "Dann sind hier alle Leute wieder sicher. Und deine Idee, die leeren Dörfer zu besiedeln...wirklich toll... Ich finde, du bist in der letzten Zeit bestimmt ein guter Regent geworden. Richtig erwachsen." "Ja?" Der Hanyou starrte sie mehr als irritiert an. Soweit er wusste, neigte seine reizbare Freundin nicht gerade zu überschwänglichen Komplimenten. "Ja. Ich meine, du hast doch hier das Fürstentum schon mal eine Zeit ganz gut verwaltet. Sesshoumaru traut dir zu, sein Erbe zu sein..." Kagome überlegte. Irgendwie fand sie es faszinierend, dass er so ein hochrangiger Adeliger war. Früher hatte sie nie darüber nachgedacht, dass er auch ein Prinz sein musste, aber es schmeichelte zugegeben ihr eigenes Ego, wenn vollblütige Youkai sich vor ihr verneigten, nur, weil sie seine Freundin war. Jetzt jedoch wollte sie ihren Gedankengang erklären. "Du bist wirklich erwachsen geworden. Guck nur, wie selten ich jetzt "mach Platz"...Entschuldigung..." brachte sie nur noch heraus, da er postwendend zu Boden ging und sie sich zu allem Überfluss an Akamarus Worte erinnerte: wenn sie Inuyasha noch einmal Platz machen lassen würde, während er da sei, würde er sie töten. Sie schloss in jäher Panik die Augen: "Mist..." flüsterte sie: "Es tut mir Leid. So ein Mist...das war ein Versehen...echt..." "War es das?" Diese Frage des Herrn der südlichen Länder bestätigte ihre Vermutung. Er musste sofort aufgetaucht sein. "Ja", keuchte Inuyasha, der mühsam das Gesicht vom Boden brachte: "Sie...sie hat nur nicht nachgedacht." "Das erscheint mir auch so. - Kagome." Diese sah vorsichtig auf. Immerhin lebte sie noch. "Ich habe einfach vergessen, dass das...Wort an sich immer schon reicht." "Dann solltest du jetzt etwas unternehmen." Der Youkaifürst wandte sich ab und ging. Inuyasha raffte sich auf: "Was meinte er?" Aber das Mädchen aus der Zukunft hatte verstanden. Falls Sesshoumaru nicht zurückkehrte, versagte - was sie sich kaum vorstellen konnte - wäre Inuyasha der neue Fürst. In diesem Fall schickte es sich sicher nicht für sein Image, aber auch überhaupt, wenn alle gezeigt bekamen, dass ein Menschenmädchen ihn buchstäblich an der Leine hatte. Aber da war noch etwas offen: "Inuyasha..." "Ja?" "Naraku ist tot, Kikyou hat das Juwel der Vier Seelen mit sich aus dieser Welt genommen. -Hast du schon mal nachgedacht, wie es weitergehen soll?" "Mit uns?" Er wurde rot. "Ich weiß nicht. Du musst ja wieder zurück in deine blöde Schule, nicht wahr?" "Ich muss sie fertig machen, ja, und einen Beruf lernen. Und du kannst dir nicht vorstellen, mitzukommen?" "Nicht für dauernd. Das Essen ist toll, aber ich muss laufend so komische Sachen tragen, allein wegen der Ohren. Und was sollte ich da schon tun? Dämonen verjagen? Außerdem: ich muss in jedem Fall hier bleiben, bis Sesshoumaru zurück ist." Immerhin hatte sein Halbbruder sich in dieser Beziehung auf ihn verlassen. "Ja, das ist wahr. Obwohl, Akamaru ist doch der Regent, oder?" "Nein, er macht es nur, weil ich mich bis jetzt um die Piraten gekümmert habe. Schließlich hat er ja auch noch sein eigenes Fürstentum zu verwalten. Und um Yuris Zeug sorgt er sich auch noch. Er hat sowieso schon gemault. Jetzt muss ich wohl ran." "Also müssen wir uns immer gegenseitig besuchen?" Freilich, das wäre schon mal ein Lichtblick. "Ja, wenn du wirklich noch soviel lernen willst." Er betrachtete sie und wurde erneut ein bisschen rot: "Ich meine, was kannst du da schon lernen, was du hier brauchen kannst?" "Inuyasha..." Sie war etwas verwirrt, spürte dann, wie ihr plötzlich heiß wurde, als sie verstand: "Denkst du, dass ich hier bleiben sollte?" "Ja, warum nicht? Das Lernen macht dir doch sowieso keinen Spaß. Und immerhin, seit einiger Zeit kann ich dir sogar ein Schloss bieten." "Oh...." Sie wusste nicht, was sie davon jetzt halten konnte. Sollte das etwa so etwas wie ein Heiratsantrag werden? In jedem Fall musste sie eins noch tun. Sie fasste nach der Bannkette um seinen Hals, die unter ihrer Magie aufleuchtete, zog sie ihm ab. "Was machst du?" erkundigte sich der Hanyou verwirrt. Sie ließ die Kette neben sich ins Gras fallen und sah sie verlegen an. "Nun, du hast Recht. Du hast ein Schloss, bist ein Prinz....da kann ich dich doch nicht...." "Es wird mir fehlen..." murmelte Inuyasha, der nicht so recht wusste, was er nun sagen sollte: "Irgendwie. Und du auch, wenn du wirklich zurück willst, Kagome." Seine Stimme klang leicht verändert. Überrascht schaute sie ihn an, begegnete einem fast golden schimmernden Blick, der sie ernst musterte. "Ja, aber ich muss zurück. Ich komme wieder, bestimmt." Als ob ich es lange ohne ihn aushalten würde, dachte sie. Irgendwie fühlte sie sich plötzlich so eigenartig. Warum war ihr auf einmal nur so warm? Und mit ihrem Atem war auch irgendetwas los. Aber sie konnte nicht anders, als ihn anzusehen. "Wann willst du gehen?" Auch ihm schien ein wenig die Luft zu fehlen, ohne dass er den Blick abwandte. "Morgen..." Mehr brachte sie nicht heraus. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Da fühlte sie zwei Hände an den Armen, die sie zurück ins Gras schoben, blickte in goldschimmernde Augen über sich, die voll einer Bitte waren, deren Ausdruck nur eine Deutung zuließ. "Bis morgen ist noch lang hin", flüsterte Inuyasha. Und Kagome legte die Arme um seinen Hals und sagte: "Ja." Sesshoumaru und Yuri hatten den Rat des Schöpfergottes befolgt und sich nach rechts gewandt, direkt nach Westen. Trotz der hereinbrechenden Nacht fanden sie die Überreste einer breiten, einst gepflasterten Strasse. Noch immer konnten sie streckenweise die Steine sehen. Das musste der Weg gewesen sein, den Prozessionen von fünftausend Jahren zu Izanagis Tempel genommen hatten. Jetzt hatte sich der Urwald die Strasse zurückgeholt, aber noch immer kam man hier leichter durch, als ohne diesen Weg. Und beide Hundeyoukai wollten so rasch es ging weiter, diese Insel verlassen, hinüber auf Duen Kor gelangen. Sie hatten schon Tage gebraucht, und wer konnte sagen, was aus Shiro geworden war. In jedem Fall mussten sie das Sternjuwel zerstören, den Auftrag Izanagis erfüllen, aber sie dachten beide auch an sie. Es war schon heller Vormittag, als sie den Rand des Urwaldes erreichten. Vor ihnen dehnte sich ein breiter Sandstrand, an dem vereinzelte Nadelbäume wuchsen, geneigt und verkrüppelt unter den heftigen Winden, die vom Meer kamen. In der Ferne konnten sie wieder Land entdecken. Das musste die Hauptinsel von Le-chan-po sein. Nur, wie sollten sie dorthin gelangen? Ohne ein Wort zu verlieren blickten sich beide um. Aber hier wartete keine Seeschlange, was sie nicht überraschte. Kein magisches Wesen konnte durch die Barriere um die Inseln kommen. Dai Oya hatte sich wirklich gut abgesichert. "Darf ich dir eine Frage stellen, Taishou?" erkundigte sich Yuri. Und da sein Cousin ihm den Kopf zuwandte: "Dai Oya...warum hat er wohl den Spiegel nicht zerstört? Er musste ihn doch kennen und wissen, dass Izanagi so Kontakt mit dieser Welt aufnehmen kann." "Er war jahrtausendelang verschwunden. Er weiß gewiss nichts von Tensaiga. Und wie Izanagi sagte, ist dies die einzige Möglichkeit, den Sternjuwel zu zerstören. Er wird es nicht für notwendig gehalten haben, eher für eine gute Gelegenheit, dem Schöpfer zu zeigen, wie hilflos er sei." "Je mehr ich von ihm höre, umso günstiger wird es sein, ihn zu Izanami-sama zu schicken." Zur Totengöttin, der Gemahlin und Schwester Izanagis. Sesshoumaru war der gleichen Meinung, wandte aber wieder den Kopf: "Ein Floss." Yuri schluckte: "Du hast recht, mein Fürst", sagte er nur: "Ich muss allerdings zugeben, dass ich das noch nie getan habe. Und wie fällt man Bäume ohne Youki?" Der Herr der westlichen Gebiete sparte sich die Antwort. Es gab nur eine Möglichkeit, wenn man ohne Klauenangriff Bäume fällen sollte. Ihm tat sein Schwert jetzt schon fast leid. Aber das musste eben sein. Sein Cousin hatte ebenfalls verstanden und blickte sich um. Er hatte noch nie in seinem ganzen Leben Bäume so nach Menschenart gefällt, keine Ahnung, wie man ein Floß bauen konnte, geschweige denn, wie man es lenken sollte. Dennoch lagen nach zwei Stunden drei Bäume entastet am Strand. Die Hundeyoukai hatten sich gezwungen gesehen ihre Rüstungen auszuziehen, da die ungewohnte Arbeit schweißtreibend war, ihre Haori, arbeiteten mit bloßem Oberkörper. Ihre Schwerter waren durch das Baumfällen stumpf und schartig geworden. Hoffentlich würden sie auf Duen Kor einen Schmied finden, der geschickt genug war, die kostbaren Klingen wieder zu schärfen. Yuri zog mühsam eine lange Schlingpflanze über den Sand. Ein Mensch hätte sie nicht vorwärts gebracht, aber ohne Youki war es auch für den Youkaiprinzen schwierig. "Hier, Taishou", keuchte er: "Jetzt müssen wir die Stämme noch einmal verbinden?" "Ja." Sesshoumaru richtete sich auf, blickte zu dem Urwald: "Ein Ruder..." murmelte er. Das würden sie gewiss brauchen. Ein wenig verdrießlich war es schon, das Ziel so nah vor Augen zu haben, und dennoch solche Mühen auf sich nehmen zu müssen, um etwas zu bauen. Er wandte sich wieder zum Floss, half seinem Cousin, die Liane um die Stämme zu binden. Das war jetzt schon die zweite. Er blickte zum Meer. Die Wellen schienen nicht zu hoch zu sein. Aber bei dem Gedanken, mit diesen Bäumen sich auf das Wasser begeben zu sollen, wurde ihm ein wenig seltsam. Es war natürlich keine Angst, aber er hatte gesunden Respekt vor dem Meer. Und seit seinem letzten Bad darin, als er von dem Piratenschiff geflohen war, gleich zweimal. "Ich werde noch eine suchen." Yuri wandte sich ab: "Falls ich einen Baum finde, der als Ruder geeignet ist, sage ich es dir." Gut eine halbe Stunde später war das primitive Floss fertig und die beiden bemühten sich, aus einem Schössling mit ihren Schwertern eine Art Ruder zu schnitzen. Keiner von ihnen hatte das je zuvor getan oder auch nur zugesehen. So etwas war Menschensache. Sie waren nur froh, dass es hier keine anderen Youkai gab, niemand ihnen zusah. Das hätte die Blamage des Jahrhunderts für sie bedeutet. Und vermutlich einen Massenmord unter den Zuschauern. Yuri warf einen Blick auf seine Klinge: "Hoffentlich finden wir einen Schmied, ehe wir auf Dai Oya treffen. Und hoffentlich versteht der sein Handwerk." "Ein Menschenschmied." "Ich weiß, Taishou. Tokejin wird zu hart für einen Menschenschmied sein. Aber vielleicht schafft er es bei meiner Klinge. - Du hast schließlich Tensaiga." Das würde gegen das Sternjuwel sowieso die einzige Waffe sein, die wirkte. Aber beide waren zu erfahren in Auseinandersetzungen, um nicht damit zur rechnen, dass Dai Oya Wächter hatte, Menschen, die für ihn kämpfen würden. Zumindest die Besatzung der beiden Piratenschiffe würde dort sein. Und dafür würden sie Schwerter benötigen, die für einen solchen Streit brauchbar waren. Der Youkaiprinz betrachtete noch einmal seine Waffe. Noch nie hatte er sie zu solch einem primitiven Zweck eingesetzt, stets geschont, gepflegt. Aber diesmal war es eben erforderlich. Er sah wieder auf: "Da wir jetzt fahren können...ich habe zuvor im Wald eine Quelle entdeckt. Keine heiße, aber doch ein wenig warm. Dort könnten wir unsere Muskeln entspannen, ehe wir uns wieder anziehen." Statt einer Antwort erhob sich Sesshoumaru, nahm seine beiden Schwerter auf. Yuri schloss daraus, dass sie baden gehen würden. Es war nur logisch. Nach der ungewohnten Arbeit waren sie nass geschwitzt - ebenfalls unüblich für Youkai ihrer Klasse. Und sie mussten ihre Körper funktionstüchtig halten. Ohne Youki war ein Kampf auch gegen Menschen schwer. Allein die Zahl wäre ein Handicap. So sollten sie sehen, dass sie in Bestform wären. Als beide im Wasser lehnten, betrachtete Yuri seinen Cousin. Er gab sich zu, ein wenig überrascht zu sein. Ohne Rüstung, ohne das Fell, das er für gewöhnlich um die Schulter trug, wirkte Sesshoumaru schlank. Im Verhältnis zum Herrn der westlichen Länder kam sich Yuri direkt schwerfällig, massig vor. Sein Cousin besaß dagegen eine unbewusste Anmut in den Bewegungen, eine Eleganz, die wohl angeboren war. Und das, obwohl sich eine solche Stärke und Macht dahinter verbarg. Plötzlich begegnete er dem Blick des Inu no Taishou. Sesshoumaru sagte nichts, aber sein Cousin wusste, dass es äußerst ungehörig war, einen Fürsten so anzustarren. Hastig wandte er den Kopf ab, meinte aber zu seiner Entschuldigung: "Ich denke, wir sind beide auch ohne Youki soweit kampffähig." Als ob er ihn betrachtet hätte, um die Form zu überprüfen. Das klang gewiss harmloser, als wenn er seine Gedanken gestanden hätte. Diese hätten zu unangenehmen Missverständnissen führen können. "Ja." Der Youkaifürst warf einen Blick auf Tensaiga, das wohlverwahrt in der Scheide neben ihm lag. Er würde es gegen das Sternjuwel einsetzen. Und Yuri müsste die Hauptlast des Kampfes gegen die Menschen tragen. War jedoch dieses Juwel erst einmal zerstört, könnten sie alle beide Youki einsetzen, und hoffentlich Shiro auch. So erhob er sich, kleidete sich rasch an. Sein Cousin folgte diesem Beispiel und gemeinsam gingen sie hinunter zum Strand, schoben das Floss ins Meer. Keine fünfzehn Minuten später erkannten sie, dass es nicht gerade einfach war, ein Floss zu lenken. Eine gewisse Strömung hatte sie erfasst, die sie zwar in Richtung auf die hügelige, grüne Küste von Duen Kor zu trieb, allerdings nicht direkt. So würden sie vermutlich viel zu weit im Norden ankommen, was wieder Zeitverlust bedeutete. Aber obwohl Yuri versuchte, mit dem Ruder gegenzulenken, musste er aufgeben. "Ich weiß nicht, wie man das steuert", sagte er ein wenig resignierend. "So ist das." Sesshoumaru drehte sich nicht um. Es war ein wenig verdrießlich, aber nicht zu ändern. Auch der Youkaiprinz wusste das. Und keiner der beiden verschwendete einen weiteren Gedanken daran. Wichtig war nur, dass sie vor Einbruch der Dämmerung wieder festen Boden unter den Füssen hatten. So überließen sie sich der Strömung. Die Sonne versank hinter den Hügeln von Duen Kor, als die beiden Hundeyoukai die Insel erreichten. Die Dämmerung war schon hereingebrochen und sie waren froh, nicht nachts auf dem Meer sein zu müssen. Jetzt würden sie wieder Menschen aufsuchen müssen, um nach dem Weg zum Schloss Dai Oyas zu fragen. Yuri bezweifelte nicht, dass diese Aufgabe ihm zufallen würde und drehte sich ein wenig. Wie auch der Youkaifürst prüfte er die Witterung, suchte ein Dorf. Aber alles, was zu riechen war, war eine entfernte Rauchspur. Dies war jedoch besser als nichts und so setzte sich Sesshoumaru in diese Richtung in Bewegung. Sein Cousin folgte ihm. Während sie durch die Nacht gingen, erreichten sie eine Straße, die eindeutig von Menschen gebaut worden war, der sie folgten. Der Geruch nach Rauch wurde intensiver. Das musste ein sehr heißes Feuer sein. Hatten sie etwa Glück und eine Schmiede gefunden? Oder hatte gar Izanagi es geschafft, ihnen mit dieser Strömung einen Weg zu einer Schmiede zu zeigen? In der Dunkelheit konnten sie noch immer besser sehen als es Menschen vermocht hätten und ihre Nasen verrieten ihnen nur zu gut, was da vor ihnen lag. Da war ein Haus, mit einer heißen Esse, gewiss eine Schmiede. Die Witterung von Pferden war da, Menschen...und Blut. Unmerklich beschleunigte Sesshoumaru seinen Schritt. Fand da etwa ein Überfall statt? Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten, wäre ein toter Schmied. In jedem Fall müssten sie ihm helfen, sollte zumindest Yuris Schwert wieder verwendbar gemacht werden können. Vor sich erkannte er gut zehn Pferde, die vor einem Haus standen, in dessen Anbau das Schmiedefeuer loderte. Die Reiter mussten in der Behausung sein. Von dort kam der Geruch von ungewaschenen Menschen, von menschlichem Blut. Eine weibliche Stimme schrie auf und die beiden Hundeyoukai wurden schnell. Der einzige Raum des Hauses wirkte überfüllt. Die zehn Männer hatten den Schmied und seine Familie gefangen gesetzt. Jetzt zerrten zwei von ihnen ein sich sträubendes Mädchen zu ihrem sitzenden Hauptmann, der sie betrachtete: "Nun, als Anzahlung ist sie nicht schlecht. Und viel besser, als die gewöhnliche Steuer, die ihr dem mächtigen Dai Oya schuldet..." "Aber ich...wir können doch gar nicht bezahlen!" stöhnte der Schmied auf. Er hatte versucht, sich zu wehren. Blut rann über sein Gesicht, verklebte seine dunklen Haare, die ungewöhnlich lang für einen Menschen waren, ihm bis zu den Schulterblättern reichten: "Lasst uns doch..." "In der Tat. Lasst sie." Bei dem eiskalten Klang einer fremden Stimme fuhren alle zur Tür herum. Erschreckt starrten die Menschen im Raum die beiden Unbekannten an, die dort hereingekommen waren, eindeutig vornehme Krieger, beide die Hand am Schwertgriff. Der Anführer stand langsam auf, ebenso wie seine Männer auch schon zur Waffe tastend. "Wer seid ihr, dass ihr es wagt, eine Steuereintreibung unterbrechen zu wollen? So mutig? Oder so verrückt? Wir sind immerhin zehn, das schafft ihr nie!" "Ich weiß, wie du das feststellen kannst", entgegnete Yuri sachlich. Der Hauptmann hatte seine Stellung nicht erreicht, weil er dumm gewesen wäre. Er betrachtete die beiden Unbekannten. Sie standen gelassen, aber kampfbereit da. In ihren Augen zeigte sich eine leise Spur Verachtung, ansonsten war da nur Kühle und Beherrschung zu entdecken. Sie waren kein bisschen nervös. Und er hatte von Kriegern gehört, die so gut sein sollten, dass sie gegen eine Übermacht bestehen konnten. Ob das solche waren? Er zögerte, den Befehl zum Angriff zu geben. Yuri fuhr fort: "Ihr wollt Steuern haben und der Schmied hat kein Geld. Wir haben einen Auftrag für ihn." Er griff in den Gürtel, zog eine Münze heraus, warf sie dem Hauptmann zu: "Hier ist Gold als Anzahlung. Und jetzt lasst ihn arbeiten." Der Hauptmann hatte das Geldstück rasch aufgefangen, biss hinein: "Gold", bestätigte er: "Aber solch eine Münze habe ich nie zuvor gesehen..." "Gold ist Gold. Also?" Da gab es nichts zu überlegen. Der Goldwert dieser Münze war mehr als die Hälfte der Steuer, die der Schmied schuldete. Gingen sie, so hatten sie immerhin einiges eingetrieben. Gingen sie nicht, würde das Kampf bedeuten. Mit einem ungewissen Ausgang. Etwas in den Augen dieser Fremden jagte ihm Furcht ein. "Nun gut", sagte er daher: "Dann gehen wir. Kommt, Männer." Als er in Richtung auf die Tür ging, wichen die beiden Unbekannten rechts und links aus, mit einer eleganten Leichtigkeit, die dem Hauptmann erfahrene - und gute - Kämpfer verriet. Er gratulierte sich zu seinem Entschluss. Seine Männer folgten ihm schweigend. Mühsam richtete sich der Schmied auf, warf einen raschen Blick auf seine Frau, seine Tochter und seinen Sohn, ehe er sich höflich niederkniete: "Ich danke Euch, edle Herren. Mein Name ist Kamuy. Ihr habt einen Auftrag für mich?" "Ja. Repariere mein Schwert." Yuri bemerkte, dass der Hundefürst schon wieder das menschliche Haus verlassen hatte und folgte ihm, hinüber in den offenen Bereich, wo ein heißes Feuer und glühende Kohlen auf Metall warteten. Kamuy beeilte sich hinterher zu kommen. Seine Familie war in Sicherheit, erst einmal. Doch solche vornehmen Herren liebten es nicht zu warten. Er nahm das Schwert, das ihm der Unbekannte reichte - und zuckte zusammen. Er war ein Schmied mit ungewöhnlichen Fähigkeiten und er erkannte, was er da in der Hand hatte. "Das ist sehr gute Arbeit", sagte er allerdings nur: "Diese Scharten.....habt Ihr damit Bäume gefällt?" "Ja, falls dich das etwas angeht. Bekommst du es hin?" "Ja, Herr. Gebt mir drei Stunden." Er schob die Klinge in die Glut, sah zu dem anderen Besucher: "Auch eines von Euren?" "Du wirst es nicht berühren können." Sesshoumaru wusste, dass Tokejin sich nur von ihm überwinden ließ. Ein Mensch wäre verloren. "Ich denke es mir. Ich bin nicht blind." Er nahm all seinen Mut zusammen, da er nicht wusste, wie die Fremden reagieren würden: "Ich spüre die Energie im Metall, bei allen Euren Schwertern. Keines wurde von sterblichen Schmieden hergestellt. Es sind Youkaischwerter, nicht wahr?" "Und wenn dem so wäre?" fragte Yuri kühl. Kamuy zuckte unwillkürlich zusammen, nur zu bewusst, wer oder was da vor ihm war: "Ich kann bei Euch kein Youki spüren, aber das geht nun schon seit zehn Jahren so. Eure Schwerter, Euer Auftreten...Wollt Ihr zu Dai Oya?" "Ja. Kannst du uns den Weg beschreiben?" "Wollt Ihr in Frieden oder im Krieg zu ihm, Fürsten der Youkai?" "Im Krieg." Nie würde ein Youkai ihres Ranges lügen. "Dann werde ich Euch helfen. Und ich werde auch Euer so böses Schwert schmieden, falls Ihr mir ein wenig zur Hand gehen könntet. Denn auch ich bin ein Youkaiabkömmling." ****************************** Fein,da kann jemand Schwerter reparieren. Wird auch nötig sein. Das nächste Kapitel heisst: Youkivampire. Oder vielleicht besser: arme Shiro. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, bekommt von mir auch eine Info-ens, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 10: Youkivampire ------------------------ Ich erwähnte doch: arme Shiro... 10. Youkivampire Der Schmied war ein Youkaiabkömmling? Sesshoumaru und Yuri tauschten einen raschen Blick, da sie es beide nicht in seinem Blut gewittert hatten, ehe der Prinz meinte: "Ein Hanyou?" Das war kaum zu glauben, dass sich ihre Nasen so irren sollten. "Nein. Mein Blut ist viel verdünnter. Vor über fünf Generationen war mein Vorfahre ein Dämonenschmied." Kamuy trat an das Feuer: "Er verliebte sich in eine menschliche Frau und gründete hier diese Schmiede. Und sein Wissen wird in unserer Familie überliefert, auch seine Fähigkeit, Youkaischwerter zu bearbeiten, obwohl wir fast nur mehr Menschen sind. Ich hatte noch nie diese Gelegenheit, aber ich verspreche Euch, Eure Klingen würdig abermals zu schärfen, sie wieder kampfbereit zu machen." Er sah zu Sesshoumaru, in dem er den Ranghöheren vermutete: "Und Euer Schwert...nun, wenn Ihr die Güte hättet, es am Griff zu halten, es so unter Eurer Kontrolle zu lassen, würde ich auch diese Klinge scharf schmieden." "Dann tu das", erklärte Yuri nach einem Blick zu seinem Cousin und die Hundeyoukai zogen sich ein wenig vom Feuer zurück, während sich Kamuy an die Arbeit machte. Sie bemerkten die neugierigen Blicke, die die Familie heimlich aus dem Fenster warf, aber nicht einmal der Youkaiprinz verspürte Lust auf einen kleinen Flirt. Seine letzte Aktion dieser Art hatte kein so angenehmes Ende gefunden. Als Kamuy eine Pause einlegte, da der Stahl aushärten musste, sagte er zu seinen Gästen: "Dai Oya hasst Youkai. Ich denke, er hat inzwischen alle hier getötet, seit er vor zehn Jahren aufgetaucht ist, die Regentschaft übernahm. Ich fürchte auch um mich und meine Kinder, wenn er je erfahren sollte, wer mein Vorfahre war. Darum will ich Euch helfen." "Du bist uns keine Rechenschaft schuldig." Der Inu no Taishou trat näher: "Nun schmiede dies hier." Er zog Tokejin. Kamuy holte tief Luft. Er spürte die unheimliche Aura des Schwertes und wagte sich kaum vorzustellen, wie mächtig sein Träger sein musste. Das waren gewiss keine harmlosen Besucher für den Fürsten von Le-chan-po. Aber er sagte nur höflich: "Darf ich Euch bitten, die Klinge hier in die Glut zu halten, edler Herr?" Sie hatten seine Familie und ihn gerettet, da die Steuereintreiber für ihre tadelnswerten Manieren bekannt waren. Und vielleicht könnten die Inseln wieder freier atmen, wäre dieser seltsame Regent endlich weg. Er hatte schon von einigen Reisenden Gerüchte erzählt bekommen, Dai Oya sei gar kein Mensch. Sesshoumaru tat das Verlangte. Er war sich nun sicher, dass Izanagi selbst dafür gesorgt hatte, dass sie genau diese eine Schmiede gefunden hatten. So sparten sie sich Zeit, und das mochte wichtiger als alles andere sein, was Shiro betraf. Das Sternjuwel war natürlich auch bedeutend, für die Götter gewiss viel mehr als für ihn. Aber er selbst wusste nur zu gut, dass seine Seele und sein Geist nach seiner Gefährtin suchten. Shiro richtete sich auf, als der Stein an der Decke ihres Kerkers weggeschoben wurde. Ihre einzige Reaktion, ein beschleunigter Herzschlag, konnte der menschliche Kapitän nicht sehen, der sich hinunterbeugte: "Also, meine Schöne. Komm die Leiter empor." Er trat beiseite und eine Leiter wurde durch das Loch hinabgelassen. Für einen Augenblick überlegte sie, ob sie sich einfach weigern sollte. Aber was würde das bringen? Ohne ihr Youki war sie zwar stärker als ein Mensch, auch schneller, aber sie würden sie rasch ermüden können. Und ihr Schicksal würde dennoch seinen Lauf nehmen. Nein. Es wäre gewiss besser, sich die Kräfte einzuteilen, ihre Beherrschung, ihre Energie aufzusparen. Aber sie spürte nur zu deutlich, dass ihr Körper wusste, was auf ihn wartete, dass dies der letzte Weg war, den sie je gehen würde. Sie atmete tief durch, zwang sich selbst zur Ruhe. Sie war eine Youkaiprinzessin, die Fürstin der westlichen Gebiete, und sie würde ihnen zeigen, was sie wert war. So kletterte sie empor. Der Kapitän erwartete sie mit sechs Männern, betrachtete sie: "So in diesem kurzen Kleid siehst du wirklich zum Anbeißen aus, " kommentierte er. Er begegnete einem ruhigen grünen Blick. Verdammt, bekam man dieses Miststück denn nie dazu, Angst zu haben? Aber das würde noch kommen. Vermutlich hatte sie einfach keine Ahnung, was da auf sie wartete. Er wollte mit Wonne ein komplettes Jahresgehalt dafür bezahlen, diese überhebliche Youkai betteln, flehen zu hören und er war sicher, dass es nur eine Frage der Zeit wäre. "Komm mit." Shiro folgte ihm schweigend. Ihr Herz schlug rasch, wie sie es nur von den seltenen Momenten kannte, in denen sie Todesangst gehabt hatte. Aber noch musste sie nicht sterben, noch waren es bestimmt Tage, die vor ihr lagen, Tage, in denen viel geschehen konnte. Vielleicht würde Sesshoumaru sie finden, vielleicht ging die Erde unter, vielleicht starb Dai Oya....Es gab viel, was in der Zukunft verborgen lag und sie zwang sich wieder zur Ruhe. Noch war sie nicht am Ende angekommen. Dem ungeachtet schluckte sie unwillkürlich, als man sie in die große Halle brachte, in der der Schlossherr auf seinem Sessel lehnte. Die No-Maske bedeckte sein Gesicht, aber sie konnte spüren, dass er sie neugierig betrachtete. Zwei der Männer fassten sie an den Armen, ohne dass sie sich wehrte. Sie würde keine Energie verschwenden. Widerstandslos ließ sie sich zu der Seitenwand der Halle zerren, dort mit erhobenen Armen und gespreizten Beinen an das Brett ketten. Ihre Nase verriet ihr den entsetzlichen Geruch nach Angst, Blut, Tränen und Tod, den dieses Brett ausstrahlte. Ihr wurde fast übel. Aber als Dai Oya aufstand und zu ihr kam, hob sie den Kopf, noch immer nicht willens sich entmutigen zu lassen. "Ein wunderschöner Tag, Prinzessin", sagte er fast leutselig: "Die Konstellation ist perfekt." "Und du willst so deinen Körper zurückerhalten." Shiro stellte es nüchtern fest. Sie wusste nicht, ob dieser Kerl wahnsinnig war oder ein sehr guter Magier. Sie tippte fast auf beides. Immerhin hatte er dieses Sternjuwel, wenn schon nicht erschaffen, so doch unter seiner Kontrolle. Er musste ein sehr guter Zauberer sein. "Ja. Endlich." Er trat zwei Schritte seitwärts, zu diesem seltsamen Etwas, das Energie einsammeln konnte, und an dem sich in einem gläsernen Behälter das Youki seiner Opfer anhäufte. Sie folgte ihm unwillkürlich mit den Augen. Nichts, was er tun würde, konnte gut für sie sein. Er fasste dieses seltsame Gebilde, nahm die Fäden auf, die dort locker herunterhingen, sortierte sie ein wenig, ehe er sich umdrehte, die Schnüre in der Hand. Das waren doch Schnüre? Aber Shiro hätte fast zu laut Luft geholt, als er damit zu ihr kam, einzelne Stränge an ihre Arme, ihre Beine, ihren Hals legte. Darum hatten sie ihr nur so ein dürftiges Kleidungsstück gegeben. Sie fühlte unwillkürlichen Widerwillen, als die behandschuhten Hände ihre Haut berührten, der sich steigerte, als sie spürte, wie sich diese Fäden an ihr festsaugten, und in jähem Ekel begriff sie, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Dies war in der Tat seine Schöpfung. Kein mechanisches Gebilde, wie sie bislang vermutet hatte: das dort war ein Lebewesen, dass er offenkundig nur zu diesem Zweck erschaffen hatte. Wie auch immer ihm dies gelungen war. "So. Jetzt können wir anfangen. Ich hoffe, Prinzessin, du bist in einer guten Verfassung. Deine Macht wird die meine sein." "Soll ich dich aufwecken?" fragte Shiro kalt. Sie wusste nun, sie müsste ihren Plan durchziehen, versuchen, Zeit herauszuholen. Je länger sie am Leben blieb, umso größer war die Chance für ihre Familie, sie zu finden. Aber sie würde diesem Abschaum nicht zeigen, welche Angst sie hatte. Sie war die Fürstin der westlichen Länder und sie wollte ihrem Gefährten keine Schande machen. "Sie ist noch immer mit dem Mund vorneweg", sagte der Kapitän zu seinem Herrn: "Erstaunlich. Oder ist sie so dumm?" "Nein, Kapitän Takakura." Dai Oya musterte sie nachdenklich: "Ich weiß, dass sie das nicht ist. - Aber du bist so mächtig, dass dir nie jemand deine Grenzen zeigte, nicht wahr? Noch nie hat dich jemand an den Rand der Fassung getrieben?" "Ich möchte Euch bitten, Herr, ehe Ihr mit ihr anfangt, erlaubt, dass ich sie nur eine Nacht für mich habe. Danach ist sie sicher mürbe." Takakura betrachtete sie. "Dummkopf. Sie ist eine verheiratete hochrangige Youkai. Weißt du nicht, dass ein Youkaifürst in der Hochzeitsnacht einen Bann auf seine Braut legt, der sichert, dass sein Erbe auch sein Erbe ist? Du wärst tot, ehe du dein Ziel erreicht hättest. Überdies ist sie auch ohne Einsatz von Youki noch immer stärker als du. Langsam solltest du das wissen. Fangt an." Er setzte sich, drehte den Stuhl so, dass er sein Opfer betrachten konnte. Shiro verspürte den unbändigen Wunsch, ihm den Hals umzudrehen, aber da das nicht ging, sah sie seitwärts, wo zwei übel riechende Männer herankamen. Sie schoben ein Becken, in dem rotglühende Kohlen aufgeschichtet waren. Darauf lagen allerlei Instrumente, Nadeln, Messer, Zangen. Sie begriff, dass dies die beiden Henker sein mussten. "Hu, eine Schönheit, diesmal....und ein kalte dazu", sagte einer: "Noch keine Angst, Mädchen? Das wird schon kommen. Ich weiß, zuerst tut es nicht sehr weh, aber das ändert sich bald. Aber du musst daran denken, dass wir die Sachen nicht glühend machen, um dir zusätzliche Schmerzen zu bereiten, sondern um zu verhindern, dass sich die Wunden entzünden, du daran sterben könntest. Oder dass du uns verblutest. Das wollen wir doch nicht." "Wir passen gut auf", versprach sein Kollege: "Wir wollen unseren Herrn doch zufrieden stellen. - Hm, was meinst du, Toya: wer kriegt sie zuerst zum schreien? Ich wette einen Monatslohn, dass ich das sein werde." "Ich bekomme einen von dir, wenn sie es bei mir zuerst macht, einverstanden." Shiro hörte mit einer seltsamen Mischung aus Ungläubigkeit und Wut zu. Aber zugleich spürte sie, wie eine nie gekannte Furcht ihre Wirbelsäule empor kroch, sich durch ihre Adern schlich. Diese nüchterne, geschäftsmäßige Art, in der diese beiden Männer über ihren qualvollen Tod sprachen, machte ihr nur zu klar, dass es denen, ebenso wie Dai Oya selbst oder diesem Piratenkapitän vollkommen egal war, was sie würde ertragen können und müssen. Wenn sie mit ihr fertig waren, würden sie jedes bisschen Youki, das sie produzieren konnte, abgesogen haben. Mühsam fing sie sich wieder. Sie musste sich konzentrieren, versuchen zu verhindern, dass sie jedes Mal alles Youki bekamen, das die Quelle ihrer Energie hervorbringen konnte. Schon einmal war sie in dem seltsamen Land ihrer Seele gewesen, hatte die Quelle ihres Youki gefunden. Danach hatte sie es einige Male wiederholt, um sich das anzutrainieren. Zwar benötigte sie noch immer eine tiefe Meditation, aber dann konnte sie sie finden. Das musste einfach klappen. Sie schloss die Augen. Die Quelle ihres Youki war wie ein Marmorbrunnen gewesen. Sie erinnerte sich nur zu gut an das grüne Tal, umgeben von Bergen, tief in ihrer Seele verborgen, der Ursprung ihrer Dämonenenergie, ihrer magischen Macht. So versuchte sie tief in sich zu versinken, dieses Land zu erreichen. Irgendwann schien sie über einer Landschaft zu schweben, die ihr vertraut vorkam. Dort war das Tal. Scheinbar im Flug ging sie tiefer, erkannte den Brunnen, der aus weißem Marmor zu bestehen schien. Wie stets fühlte sie sich davon angezogen. So landete sie dort. Das war der Ort, an dem ihr Youki entstand. Sie konnte zusehen, wie eine Fontäne aus hellem Licht in den Scheinhimmel dieser Landschaft schoss, als sie spürte, wie sich ihr Youki erhöhte. Und genau das galt es zu verhindern. Flüchtig überlegte sie, dass diese Menschen sie wohl ein wenig verletzt hatten. Aber das war unwichtig. Von erheblich mehr Bedeutung war die Frage, wie sie es schaffen konnte, dass nicht soviel Energie freigesetzt werden würde. Sie trat an den Brunnen, blickte hinab. Dort hinunter war sie gesprungen, als sich ihre Seele und ihr Youki wieder vereinigt hatten, sie aus dem Land der Toten zurückgekehrt war. Dort unten war die Quelle. Sie betrachtete nachdenklich die steinerne Umfassung des Brunnen. Ob das gelingen würde? Immerhin schien ihr alles in diesem Land ihrer Seele so greifbar, so real zu sein. Sie musste es einfach versuchen. Mit aller Kraft schob sie gegen den Brunnenrand. Ein Stein löste sich und stürzte hinab. Sie war erleichtert und zerstörte systematisch die Umfassung, warf alle Steine der Ummauerung, alle Platten, die um den Brunnen lagen, hinunter, um die Quelle zu verstopfen, so gut es ging. Wenn sie weniger Youki produzierte, würden sie ihr auch weniger rauben können. Und das bedeutete, dass es länger dauern würde, ehe sie tot war, also ihre Chance stieg, dass Sesshoumaru sie finden konnte. Ihr war nur zu bewusst, was das für sie heißen würde, aber sie war sicher, dass sie sich von Schmerzen und Verletzungen wieder erholen könnte. Vom Tod gab es gewiss keine zweite Wiederkehr. "Sie hat die Augen zu. Also bekommt sie doch Angst, " kommentierte Kapitän Takakura ein wenig höhnisch. Sein Herr wandte ihm den Kopf zu: "Du denkst nicht." "Was meint Ihr?" "Sie ist in sich versunken, meditiert. Das ist interessant. Zum einen, weil sie das jetzt noch schafft. Sie muss eine ziemliche Selbstbeherrschung haben. Und zum zweiten: sie will sich widersetzen. Ich bin neugierig, was sie vorhat." "Aber...kein Youkai kann sich da widersetzen." "Eben darum bin ich neugierig." Dai Oya warf einen Blick auf das Glasgefäß, in dem sich die Menge des Youki nicht erhöht hatte - nun, mit dem bloßen Auge nicht wahrzunehmen. "Hm." Er drehte sich wieder. Seine Henker hatten begonnen, die regungslose Gefangene mit glühenden Nadeln zu stechen. Das sollte einer solchen Youkai keinen Schmerz zufügen können, aber ihr Körper müsste reagieren, Youki ausschütten. Warum erfolgte das nur in solch winzigem Umfang? Hatte sie etwa solch eine Selbstbeherrschung, dass sie sogar ihr Youki kontrollieren konnte? Das war doch unmöglich. Körper und Geist mochten bei Dämonen anders sein, aber der Grundsatz blieb nach allem, was er je gelernt hatte, immer der gleiche. Der Körper wollte überleben und widersetzte sich einem Geist, der ihn daran hindern wollte. Youkai konnten daher gewöhnlich keinen Selbstmord begehen. Also musste sie es irgendwie geschafft haben, die Quelle ihres Youki zu drosseln. Was versprach sie sich nur davon? Ihr musste doch klar sein, dass dies bloß ihr Sterben, ihre Schmerzen verlängern würde. Was für ein interessantes Studienobjekt. Er musste einige Zeit warten, ehe Shiro die Augen öffnete. Er bemerkte, dass sie sich kurz orientieren musste. Ganz offenkundig war sie in sehr tiefer Meditation gewesen. So erhob er sich, trat zu ihr. Die beiden Henker wichen höflich beiseite, wenn auch überrascht. Ihr Herr sprach selten mit Youkai. "Was versprichst du dir davon?" fragte er. "Wovon?" "Komm, Prinzessin. Ich merke doch, dass du dein Youki blockiert hast. Ich sehe nur nicht, was du dir davon versprichst. Außer, dass dein Sterben länger dauern wird. Willst du dir etwa Zeit erkaufen? Auf was wartest du?" "Auf deinen Tod." Diese sachliche Antwort führte dazu, dass er unwillkürlich einen Schritt zurück machte. Shiro konnte trotz der Maske, die sein Gesicht verdeckte, spüren, dass es ihn getroffen hatte. Dann hatte er sich jedoch wieder in der Gewalt: "Meinen Tod? Meine Liebe, denkst du das, weil ich sagte, ich bekäme mit deiner Hilfe meinen Körper wieder? Glaubst du etwa, ich würde sterben, wenn ich nicht zu einer bestimmten Zeit meinen Körper wieder hätte? Nun, da liegst du falsch. Vollkommen falsch. In dieser Form existiere ich schon so lange, dass es auf einige Jahre mehr oder weniger nicht ankommt. Und ich fürchte, meine Schöne, du hast dich gerade selbst zu einer viel längeren Leidenszeit verurteilt." Er kehrte zu seinem Sitz zurück. Shiro blickte ihm nach. Ja, das wusste sie auch. Aber ihr Gefährte hatte gesagt, sie solle auf ihn warten, und genau das würde sie tun. Sie wünschte sich, noch mit eigenen Augen sehen zu können, wie dieser wandelnde Nebel durch Sesshoumarus Hand starb. Sie versuchte sich vorzustellen, wie ihr Gefährte ausgesehen hatte, als er versprochen hatte, zu ihr zu kommen, beschwor das Bild vor ihren Augen. Daran klammerte sie sich, als die Henker erneut zu ihr traten, glühende Klingen tief in ihre Haut schnitten. Akamaru setzte sich auf. "Nichts..." murmelte er. Inuyasha, der ihm gegenüber im Arbeitszimmer des Fürsten saß, schüttelte ein wenig den Kopf: "Du kannst das Youki deiner Zwillingsschwester noch immer nicht spüren?" "Nein. Und mit jedem Tag, der vergeht...." Er brauchte nicht weiter zu sprechen. "Du solltest Sesshoumaru ein bisschen vertrauen." Der Hanyou reckte sich. "Ich bin sicher, dass er alles tun wird, um sie zurückzuholen. Schon um seines eigenen Stolzes willen." "Da magst du Recht haben. Und Yuri ist auch dabei, dennoch..." Der Fürst der südlichen Länder starrte zu Boden: "Aber ich glaube auch, dass sie noch am Leben ist. Ich denke, ich würde es spüren, wäre sie tot." Für einen Moment herrschte Schweigen, ehe Akamaru das Thema lieber wechselte: "Ich sah, dass Diener deinen Flügel des Schlosses umräumten." "Ja. Wenn Kagome aus ihrer Zeit wiederkommt, soll sie richtige Zimmer haben." "Sie ist deine Gefährtin." Jeder Hundeyoukai, der nicht an Schnupfen litt, hatte es gewittert. Und nach der Hierarchie war die Gefährtin der Nummer Zwei der männlichen Rangfolge auch die Nummer Zwei der weiblichen. Durch Eheschließungen wurde bei den weiblichen Hundeyoukai die Rangordnung stets verändert, da sich Gefährten unter Hundeyoukai immer unterstützten. Obwohl, hier wäre es ein bisschen anders, war sie doch einfach ein Mensch. Weder Yuris noch seine eigene zukünftige Gefährtinnen würden hinter einem Menschen zurückstehen wollen. Zum Glück war Kagome nicht immer da. Eine eigene Gefährtin zu finden, ja. Immer öfter dachte er daran. "Öhm..." machte Inuyasha, der seiner Freundin immerhin eine richtige Hochzeit versprochen hatte, wenn sie mit ihrer Ausbildung fertig wäre. Aber die würde wohl in ihrer Zeit stattfinden müssen. Unter Hundeyoukai zählte allein das gegenseitige Versprechen - und die erste Paarung. Das hatte er zugegeben vollkommen vergessen gehabt. Akamaru nahm an, dass der Hanyou an seine so entfernte Gefährtin dachte, und lehnte sich wieder gegen die Wand. Auch er würde irgendwann jemanden finden. Vielleicht sogar eine Hundeyoukai, die die Flöte so perfekt spielen konnte, wie die oder der, den er gestern Abend gehört hatte. Noch nie hatte er solch ein gutes Flötenspiel hier im Schloss vernommen. Das waren wohl Besucher, die vielleicht eine verwaltungstechnische Angelegenheit zu erledigen hatten. Aber erst einmal war etwas anderes wichtiger. Nee-chan, liebe ältere Schwester. Wo bist du und was geschieht dort mit dir? Shiro öffnete die Augen, als sie bemerkte, dass sie in Ruhe gelassen wurde. Sie konnte am Fenster erkennen, dass erneut ein Tag hereinbrach. Dai Oya, der ebenso wie sie selbst keinen Schlaf benötigte, ließ sie nach wie vor nicht aus den Augen, als sei sie ein besonders wertvolles Studienobjekt. Die beiden Henker hatten sich wieder in der Nacht abgewechselt. Sie betrachtete ihre Arme. Es gab dort kein Stück Haut mehr, das größer als eine Wechselmünze gewesen wäre und unversehrt. Ihre Beine mochten genauso aussehen, aber sie sparte sich die Mühe, an sich hinabzublicken. Die Schmerzen waren noch immer für eine Youkai leicht zu ertragen, aber ihre Hilflosigkeit, ihr Ausgeliefertsein zerrte an den Nerven. Freilich hatte sie weiterhin Hoffnung. Sesshoumaru würde nie sein Wort brechen. Er würde sie suchen. "Ich stelle fest, dass du in der Tat eine recht selbstbeherrschte Person bist, meine liebe Prinzessin." Dai Oya sprach zum ersten Mal seit Stunden: "Aber du solltest langsam erkennen, dass du gegen ein so mächtiges Wesen wie mich keine Chance hast. Ergib dich und überlasse mir dein gesamtes Youki." "Du bist nicht mächtig", erwiderte sie prompt. "Was meinst du?" Das klang fast irritiert. Ihm war bewusst, dass sie niemals lügen würde. "Deine Macht besteht aus geraubtem Youki und ich glaube sogar, Genki, denn das spüre ich dort in diesem Gefäß. Gestohlene Macht aber ist keine wahre Macht. Du hast sie nicht erworben, nicht gelernt, damit umzugehen." "Große Worte für eine Gefangene, die nur aufgrund meines Wohlwollens noch lebt." Das klang lauernd: "Henker!" "Herr?" fragte der sofort. "Da glühendes Eisen sie nicht in einen etwas demütigeren Zustand versetzt hat, hole doch einmal die Schnecken." "Au ja, das hatten wir schon lange nicht." Der Mann eilte davon. Shiro atmete unwillkürlich tief ein. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es sich um einfache Schnecken handeln würde. Sie hätte den Mund halten sollen. Aber ihr Stolz war zu groß. Nie würde sie lügen. Sie konnte dennoch nicht verhindern, dass sie angespannt wurde, als der Mann zurückkehrte, eine Schüssel in der Hand. Ihre Nase verriet ihr, dass sich dort tatsächlich Schnecken befanden, aber sie konnte auch eine widerliche Flüssigkeit wittern, eine Säure. Der Henker trug nun einen dicken Handschuh, mit dem er in die Schüssel fasste, eine braune Schnecke herauszog: "Hier. Siehst du? Sie besitzen nicht den Schleim der gewöhnlichen Schnecken, da sie im Meer hier vor der Küste leben. Ihr Schleim ist ätzend. Und das wird du gleich feststellen." Shiro starrte das seltsame Lebewesen an, das auf ihr Handgelenk gesetzt wurde. Im gleichen Moment spürte sie die Säure, die sich in ihre schon verletzte Haut fraß. Das peinigte selbst sie und sie wusste, dass Menschen in diesem Stadium schon schreien würden. Eine zweite wurde auf ihren anderen Arm gesetzt. Das tat so weh, wie als damals, als Sesshoumaru mit seiner Giftklaue den Drachenwurm aus ihrem Arm vertrieb. Er hatte ihr auf diese Art das Leben gerettet. Und sie hatte da nicht geschrieen. Sie zwang sich daran zurückzudenken, an das Gewicht auf sich, sein Gesicht....Das Bild, das sie beschwor, half ihr, auch noch ruhig zu bleiben, als eine weitere Schnecke über ihren Hals kroch. *********************************** Falls jemand Rachegelüste haben sollte: Das nächste Kapitel heisst Feinde im Schloss. Wie immer: wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich auch eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 11: Feinde im Schloss ----------------------------- Es freut mich, dass die arme Shiro euer Mitgefühl hat. Vielen Dank auch für eure lieben Kommentare zu dem Special aus der Verlobungszeit. Ich habe mich sehr gefreut. Aber jetzt wird es an der Zeit, einmal etwas gegen Dai Oya zu untrnehmen, oder? Viel Spass beim Lesen! 11. Feinde im Schloss Sesshoumaru blieb stehen, Yuri kam sofort an seine linke Seite. Vor sich konnten sie wieder das Meer erkennen, aber auch eine kleine Stadt, die sich in die Bucht schmiegte. Von dem Hügel aus, auf dem sie standen, erblickten sie dort einen Hafen, in dem nur ein Piratenschiff lag, und seitwärts am Stadtrand ein größeres Gebäude, das eindeutig ein Palast war. In diesem wohnte Dai Oya, dessen waren sich beide Hundeyoukai sicher. Der Wind des beginnenden Abends spielte mit ihren langen weißen Haaren. Der Herr der westlichen Gebiete blickte hinunter auf die Kleinstadt. Wachen oder gar Krieger waren keine zu sehen. Fühlte sich der Magier durch seine Barriere so vor Überraschungen sicher? Dachte er nicht einmal daran, dass sich menschliche Feinde nähern könnten? Diese Überheblichkeit oder Blindheit würde ihn teuer zu stehen kommen. "Yuri." "Taishou?" "Wir müssen schnell und lautlos sein. Wenn wir im Schloss sind, lautet deine Aufgabe einzig und allein Shiro zu finden, sie zu befreien. Ich werde das Sternjuwel zerstören. Sobald du Youki einsetzen kannst, gehe mit ihr zu dem Punkt, an dem wir mit dem Floß gelandet sind. Dort mögt ihr auf mich warten." "Aber, Taishou..." wagte Yuri einzuwenden, dessen Pflichttreue sich dagegen sträubte, seinen Fürsten ohne Rückendeckung zu lassen. "Du hast verstanden." Falls das Sternjuwel gut bewacht war, was er annahm, würde er dort auf Schwierigkeiten stoßen. Aber seine Gefährtin wäre gerettet - und, falls ihm etwas zustieß, würde sich Yuri mit Sicherheit ihrer annehmen. Das war der Grund gewesen, warum er ihn und nicht Inuyasha hatte mitnehmen wollen. Yuri könnte Shiros neuer Gefährte sein, ihr ein Leben in ruhigen Bahnen sichern. Der Youkaiprinz wusste, wann er einen Befehl bekommen hatte: "Ja, Sesshoumaru-sama", sagte er nur. Dai Oya musterte seine Gefangene genau. In ihren grünen Augen lag noch immer Gelassenheit, aber er hatte zuviel Erfahrung, um nicht zu wissen, dass sie müde wurde. Weniger körperlich, das würde noch dauern, aber ihr Geist begann schwach zu werden, sich nach Ruhe zu sehnen. Früher oder später würde ihr Widerstand zusammenbrechen, er stets ihr volles Youki bekommen. Es war sowieso bemerkenswert, mit welcher Hartnäckigkeit sie sich wehrte. Er schwankte ein wenig hin und her, wie er sich dazu stellen sollte. Zum einen war er in gewisser Hinsicht stolz darauf, dass sie so stark und mutig war, sich ihm zu widersetzen, zum anderen konnte er es nicht verwinden, dass sie eben dies tat. "Nun, " dachte er, "Wir werden ja sehen, wie weit ihre Selbstbeherrschung noch reicht. Eigentlich ist es fast zu früh, aber ich will endlich mehr Youki von ihr. Das, was sie in den vergangenen Tagen herausgerückt hat, hätte mir jeder Wurmyoukai schneller gegeben." Er erhob sich, trat zu ihr. Shiro blickte ihm regungslos entgegen. Sie hatte schon gelernt, dass es nie etwas Gutes bedeutete, wenn er sich ihr näherte. Was kam nun? "Ich sehe schon, meine Schöne, mit äußerlichen Verletzungen bekommen wir dich nicht dazu, deinem Körper mehr Youki zu entlocken. Nun gut. Wir werden sehen, was du tust, wenn meine Männer beginnen, dich in Stücke zu reißen." Die Youkaifürstin presste unmerklich die Zähne zusammen, versuchte, sich zu fassen. Dieser Mistkerl sollte nicht wahrnehmen, welche Angst sie hatte, sie schwach sehen. Aber ihr wurde klar, dass ihre Zeit schneller ablief, als sie gedacht hatte. Warum kam Sesshoumaru nicht? War ihm etwas zugestoßen? Auf dieser Insel konnte er gewiss auch kein Youki einsetzen, solange das Sternjuwel existierte. Aber sie erwiderte nur: "Ich kann dich nicht daran hindern." "Nein, das kannst du nicht. Sonst hättest du mich schon längst getötet, nicht wahr?" "Natürlich." Shiro hoffte, dass niemand hörte, wie ihre Stimme zitterte. Aber ihr war klar, dass sie keine Steigerung ihrer Schmerzen mehr aushalten würde, ohne das Gesicht zu verlieren. Nur mit Mühe gelang es ihr, ihren Angstlaut in der Kehle zu ersticken. Dai Oya nickte leicht. Er hatte das winzige Zittern wahrgenommen. Der erste Riss im Schutzwall. Das würde noch ein interessanter Abend werden. Mit Beginn der Abenddämmerung zog Ruhe in der kleinen Stadt am Meer ein. Die Menschen kehrten in ihre Häuser zurück. Immer mehr Kerzenschein in den offenen Fenstern zeigte, dass sie sich zum Essen niederließen. Die Beobachter auf dem Hügel warteten, bis es vollständig dunkel geworden war, ehe sie hinab stiegen, einen Halbkreis um die Stadt schlugen. Das Schloss befand sich am anderen Ende und sie hofften so, von hinten in es vordringen zu können, vielleicht auch, dass dort weniger Wachen stehen würden. Sie wanderten ungesehen durch die Gärten hinter den Häusern, witterten sorgfältig, um jeden Kontakt zu Menschen zu meiden. Sie wollten keine harmlosen Stadtbewohner töten, aber falls jemand sie sah, würden sie ihn ungerührt zum Schweigen bringen. So näherten sie sich von hinten der Schlossmauer. Zu ihrer gewissen Überraschung stand das Tor hier auf. Obwohl sie lauschten, witterten, konnten sie keine Wachen wahrnehmen. War das eine Falle oder waren diese Menschen so leichtsinnig? Lautlos kamen sie von rechts und links auf das so einladend offene Tor zu, blickten vorsichtig um die Ecke. Vor ihnen lag ein leerer Hof, dahinter begann ein Schlossflügel. Und damit erhielten sie auch die Erklärung für das Fehlen von Wachen. Die Schatten am Fenster zeigten, dass ungefähr acht Mann dort saßen und gemeinsam aßen. Vermutlich alle Wächter gleichzeitig, zumindest, was dieses Tor betraf. Die beiden Hundeyoukai wechselten unwillkürlich einen Blick. Was waren diese Menschen bodenlos leichtsinnig. Jeder von ihnen beiden hätte seinen Hauptmann bestraft, wenn er so etwas zugelassen hätte. Aber hier war es nur in ihrem Sinn. Noch einmal witterten sie, ehe sie über den leeren Hof rannten, zu der Tür des Schlossflügels. Yuri sah fragend zu seinem Fürsten auf: "Jetzt schon?" fragte er so leise, dass es nur ein Youkai verstehen konnte. "Erst die Wachen", gab Sesshoumaru zurück, der seinen Cousin verstanden hatte. Er hatte ihm befohlen, nach Shiro zu suchen, aber ihm war auch klar, dass sie zunächst schnell und lautlos diese Wächter ausschalten mussten. Ohne Youki war das zu zweit besser. Yuri schob geräuschlos die Tür beiseite, und die Eindringlinge betraten das Schloss des Inselfürsten, blickten sich rasch um. Sie befanden sich in einem größeren Vorraum. Geradeaus zog sich ein langer Gang weiter in den Palast, vermutlich zu den Repräsentationsräumen, den Räumen des Fürsten. Nach links und rechts führten jeweils zwei Türen. Die rechter Hand waren offen und sie erkannten, dass dort alles dunkel war. Ihre Nasen verrieten ihnen, dass es sich um die Schlafräume der Wachen handeln musste. Und dass sich dort im Augenblick niemand aufhielt. So drehten sie sich ohne weiteres Wort nach links. Auch hier waren zwei Türen. Hinter einer schimmerte Licht, drang Reden hervor und sie wussten, dass dies der Raum sein musste, wo die Wächter gerade aßen. Die andere Tür schien dagegen ebenfalls in ein leeres Zimmer zu führen, aber sie konnten und wollten kein Risiko eingehen. Sesshoumaru trat zu der Tür, hinter der die Wächter sich unterhielten. Yuri legte die Rechte an sein Schwert, ehe er mit der Linken die Tür lautlos beiseite schob. Dann drehte er sich um. Nur für ein übermenschliches Gehör war zu vernehmen, wie er sagte: "Eine Tür hinüber." Der Hundefürst nickte zufrieden. So konnte man diese Menschen in die Zange nehmen. Er hob die Hand, deutete mit zwei Handbewegungen eine zehn an, ehe er sich wieder der Tür zuwandte. Yuri betrat das leere Zimmer, baute sich dort vor der Verbindungstür auf. Als er bis zehn gezählt hatte, schob er sie beiseite, ging ohne Hast in den Raum und schloss die Tür wieder hinter sich. Fast etwas wie ein Lächeln spielte um seinen Mund, als er stehen blieb. Der Inu no Taishou betrat ebenfalls den plötzlich stillen Raum, aber niemand bemerkte ihn, da alle entgeistert zu Yuri blickten. Sesshoumaru überflog rasch die Örtlichkeit. Zwei Wachen saßen ihm genau gegenüber, hätten ihn sehen müssen, hätten sie nicht seinen Cousin so angestarrt. Zwei andere kehrten ihm den Rücken zu, die anderen vier saßen mit Gesicht zu Yuri, denn auch die letzten beiden waren herumgefahren, als sie an den entsetzten Blicken ihrer Kameraden hatten ablesen können, dass da etwas in ihrem Rücken geschehen war. Yuri zog sein Schwert und jetzt kam Leben in die Szene. Die Menschen sprangen auf, versuchten, ihre Waffen zu ziehen. Aber noch immer schrie niemand um Hilfe, zu geschockt waren sie durch das unerwartete Auftauchen dieses Fremden. Freilich hatte auch Sesshoumaru bereits Tokejin in der Hand. Youki hin oder her: zwei erfahrene Youkaikämpfer ließen den überraschten Wachen keine Chance. "Nummer eins", erklärte Yuri und schwenkte rasch seine Klinge, um sie wieder vom Blut zu reinigen, ehe er sie zurück in die Scheide schob. "Sie waren nichts Besonderes." "Die Steuereintreiber auch nicht," erinnerte Sesshoumaru. Dieser Dai Oya schien nur über Piraten zu verfügen, die harmlose Dörfer überfallen konnten. Gegen echte Krieger kamen sie nicht an. Umso besser für sie beide. Und für Shiro. Sie verließen den Raum, gingen gemeinsam den langen Gang in den Haupttrakt des Schlosses, immer witternd, immer auf der Hut. Aber zu ihrer Überraschung schien dieser seltsame Magier über keinerlei Personal zu verfügen. Hatte er etwa verhindern wollen, dass ihm Menschen auf die Schliche kamen, er sei gar keiner der Ihren? Aber für ihre Zwecke war das besser. Sie hatten damit gerechnet, sich den Weg freikämpfen zu müssen. So aber gelangten sie ungehindert an das andere Ende des Ganges. Vor ihnen lag wieder ein größerer Vorraum, wie ein vorsichtiger Blick um das Eck verriet. Zwei Wachen standen vor einer voluminösen hölzernen Tür mit zwei Flügeln. Da musste es in die Haupthalle des Schlosses gehen. Vermutlich hielt sich Dai Oya dort auf. Sesshoumaru legte seine Hand an die Schulter seines Cousins. Überrascht blickte Yuri zu ihm auf. "Das Sternjuwel..." flüsterte der Hundefürst. Der Youkaiprinz prüfte die Luft. Auch er konnte etwas wittern, das er so noch nie gerochen hatte. War das der Stein Izanagis? Das Juwel der anderen Welt? Sesshoumaru hatte es schon einmal getroffen, also würde er Recht haben. Dann würde er nun dorthinein gehen, versuchen, das Juwel zu zerstören. Und er selbst müsste nach Shiro suchen. Bislang hatten sie sie nicht wittern können. Ein Aufschrei aus der Halle zerriss die Stille des Schlosses. Shiro! Beide Hundeyoukai hatten sofort die Hand am Schwert. Was auch immer sie dort mit ihr anstellten, es musste schrecklich sein, wenn die unbeugsame Shiro die Beherrschung verloren hatte. Yuri sah fragend zu seinem Fürsten - und erschrak, als er dessen zusammengezogene Brauen erblickte. Er war niemand, dem es an Mut fehlte, aber dieser Ausdruck in den kalten, bernsteinfarbenen Augen jagte ihm Furcht ein. "Los!" Die beiden Hundeyoukai rannten um die Ecke, ihre Klingen schon gezogen. Bevor die Wächter vor der Tür richtig mitbekamen, dass die Wesen, die dort auf sie zuliefen, keine Kameraden waren, sondern Feinde, fielen sie tot zu Boden. Gemeinsam stießen die Cousins die Flügel der Tür auf und stürzten in die Halle. Für einen Moment blieben sie stehen, überflogen mit raschen Kopfbewegungen die Szene. Ein seltsames Wesen in schwarzem Umhang und einer No-Maske, daneben zwei Krieger, ein Brett an der Wand, an das Shiro gefesselt war, vor ihr zwei Henker. Und neben diesem Dai Oya ein gut drei Meter großer heller Stein, das Sternjuwel. Beide Hundeyoukai erkannten auf den ersten Blick, dass die Menschen mit Shiro nicht gerade sanft umgesprungen waren. Aber so gern Sesshoumaru zu seiner Gefährtin gelaufen wäre, das Sternjuwel war wichtiger. Und nur er allein vermochte es zu zerstören. Danach konnte er ihr eher helfen, wenn sie alle wieder Youki besitzen würden. Nicht noch einmal würde er den Fehler begehen, sein Ziel aus den Augen zu lassen, um nach ihr zu sehen. So lief er ohne weitere Verzögerung los, schob im Laufen Tokejin weg, zog Tensaiga. "Dein Monatslohn geht an mich, Toya", sagte einer der Henker zum anderen: "Sie hat bei mir geschrieen!" Und wusste nicht, dass er damit sein Todesurteil unterschrieben hatte. Keiner der Menschen, nicht einmal Dai Oya selbst, hatte bemerkt, was sich in ihrem Rücken abgespielt hatte. Zu sehr waren sie alle mit ihrem Opfer beschäftigt gewesen, das endlich einmal hatte nachgeben müssen. Der Magier stellte nur plötzlich Bewegungen rechts und links hinter sich fest und entschied sich, zunächst nach rechts zu blicken. Zu seiner Überraschung kam da ein Unbekannter herangelaufen, dessen Tempo höher war, als es ein Mensch vermocht hätte. Ohne im Lauf innezuhalten, schlug er seine Klinge gegen Kapitän Takamura. Dieser war tot, ehe ihm bewusst war, dass er sterben musste. Sein Begleiter spürte noch etwas wie Klauen am Hals, ehe er zu Boden ging. Yuri rannte weiter. Der Henker, der sich gerade selbst dafür gelobt hatte, Shiro zum Schreien gebracht zu haben, starb als nächster. Der Youkaiprinz erkannte eine glühende Zange in dessen Hand, in der Fleisch hing. Mit neu erwachtem Zorn fuhr er zu dem anderen Schergen herum. Shiro, verloren in der Welt aus Schmerz, hatte kaum wahrgenommen, dass die Tür geöffnet worden war. Aber dann begriff sie, wer dort hereingelaufen kam, auf sie zukam. "Aite...Yuri..." brachte sie kaum hörbar hervor. Sie hatten sie gefunden. Eine jähe Erleichterung erfasste sie, ließ sie in ihren Fesseln zusammensinken. Eine Youkai konnte nicht in Ohnmacht fallen, aber sie war nicht mehr fähig zu denken, sich selbst auf den Beinen zu halten. Dai Oya war schockiert. Nie im Leben hatte er damit gerechnet, dass Youkai auf seine Insel gelangen könnten, gar bis zu seinem Schloss vordringen könnten. Und auch, wenn sie kein Youki einsetzen konnten, waren diese hier wohl sehr gefährlich. Der eine massakrierte seine Männer, der andere...ja, was tat der da? Dieses Schwert in seiner Hand leuchtete, strahlte eine Energie aus, die er selbst seit gut fünftausend Jahren nicht mehr gefühlt hatte. "Izanagi..." brachte er hervor. Wenn er Recht hatte, dieser Youkai ein Schwert der anderen Welt in der Hand hatte... Panisch drehte er sich um die eigene Achse. Das Sternjuwel verhinderte auch, dass er das Youki und Genki einsetzen konnte, das er schon absorbiert hatte. Er war verloren, falls es diesen beiden gelang, das Sternjuwel zu zerstören. Sie würden dann wieder ihre volle Macht erreichen. Und vor allem Izanagi leider auch. Der Magier verlor den Kopf. Bei dem Zusammenstoss mit der Macht des Schöpfergottes vor fünftausend Jahren war die Insel zerstört worden, hatte er seinen Körper verloren, obwohl Izanagi in der anderen Welt gefangen war. Und die Aussicht, ihm persönlich gegenüberstehen zu müssen... Er musste hier weg. Schleunigst. In seiner Panik sah er keine Alternative, als sich dorthin zu flüchten, wo er die letzten Jahrtausende verbracht hatte. Seine Pläne hier waren wohl zunächst gescheitert. Bevor er sich auflöste, bemerkte er noch, wie der Hundeyoukai mit dem Fell über der Schulter auf das Sternjuwel sprang und mit seinem Schwert genau in das Herz des Steines zielte. Yuri hatte unterdessen auch den letzten Mann getötet. Er schob seine Waffe in die Scheide ehe er zu seiner Cousine trat, die Ketten löste. Zu seiner Überraschung stürzte sie ihm förmlich entgegen. Er fing sie auf, hob sie mit beiden Armen auf. Scheinbar war außer ihrem Gesicht keine Stelle ihres Körpers unversehrt. Sie musste in den vergangenen Tagen durch die Hölle gegangen sein. Unwillkürlich drehte er sich um. Schreie waren irgendwo im Gebäude zu hören. Anscheinend hatte jemand die toten Wächter gefunden. So wussten sie nun, dass Feinde im Schloss waren. Er sah, wie der Hundefürst auf dem Juwel stand, mit aller Kraft, die er in diesem Moment aufbringen konnte, Tensaiga Stück um Stück hineintrieb. Und er fühlte, wie sein eigenes Youki anstieg. Endlich wieder. Er war froh, seine eigene Macht erneut abrufen zu können. "Yuri!" sagte Sesshoumaru scharf und sein Cousin zuckte zusammen. Natürlich. Er sollte Shiro hier wegbringen. Und es konnte noch einige Zeit dauern, bis der Sternjuwel all seine magische Kraft auf Tensaiga übertragen hatte. Es widerstrebte ihm zwar, seinen Fürsten hier allein zu lassen, mit einer Horde Menschen im Schloss, die ihn sicher umbringen wollten. Aber er hatte einen klaren Befehl erhalten. Und wenn Tensaiga erst einmal aufgeladen war, würde der Inu no Taishou sein eigenes Youki einsetzen. Dagegen hatte selbst eine Armee Menschen keine Chance. So erschuf der Youkaiprinz ein Dimensionsportal, durch das er mit seiner bewegungslosen Last verschwand. Am Meeresufer lag noch das Floß, mit dem sie nach Duen Kor gekommen waren. Vorsichtig legte Yuri seine Cousine ins Gras, die sich noch immer nicht regte, die Augen geschlossen hielt. Ein wenig nervös zupfte er am Saum ihres Kleides herum, bemüht, nicht den Eindruck zu erwecken, er sei an ihrer Blöße interessiert. Dieses Gewand war wirklich kaum schicklich für irgendjemanden und schon gar nicht für die Fürstin der westlichen Gebiete. Dabei betrachtete er sie. Schnittwunden, Stichverletzungen, Verbrennungen und ein tiefes Loch am Oberarm. Er entsann sich der Zange, die der eine in der Hand gehabt hatte. Seine Vorstellungen vom Totenreich waren etwas verschwommen, aber er hoffte, dass spätestens, wenn Izanagi seine Gemahlin Izanami, die Jenseitsgöttin, wieder besuchen konnte, diesen Mistkerlen dort irgendetwas wirklich Scheußliches zustoßen würde. Er selbst hatte schon oft genug getötet, Youkai und Menschen, die sich mit ihm angelegt hatten, aber er hatte sie immer schnell und sauber erledigt. Einen Wehrlosen zu misshandeln erschien ihm unter jeder Würde. Er zog sich die Rüstung ab, um seinen Haori ausziehen zu können. Darunter trug er noch ein Gewand, so dass er seinen Panzer wieder anlegen konnte. Dann hob er Shiro hoch. "Komm, zieh das hier über..." Seltsamerweise konnte er ihr Youki noch immer nicht spüren. Aber dann glaubte er zu begreifen. Sie hatte tagelang versucht, ihre Energie zu verstecken. Und vermutlich hatte sie den Umschwung ihrer Lage noch nicht ganz mitbekommen. Sie öffnete die Augen. "Yuri... Es tut mir leid..." "Du solltest dich erholen, Shiro-hime. Setz dein Youki ein. Sesshoumaru-sama zerstört den Sternjuwel." Er zog ihr seinen Haori über. "Danke." Das hatte sie nicht gemeint. Mühsam richtete sie sich auf, versuchte, ihre Energie abzurufen. Tatsächlich gelang es ihr, wenn auch nicht sehr viel. Sie hatte die Quelle ihres Youki wirklich gut zugedeckt. Das konnte dauern, bis sie wieder vollen Zugriff hatte. "Er zerstört...aber, wie ist das möglich?" "Izanagi selbst hat Tensaiga aufgerüstet mit seiner Energie. Wir müssen sie ihm allerdings wieder zurückbringen. Erst dann können wir nach Hause." Er betrachtete sie besorgt, aber sie schien sich zu erholen. Langsam konnte er auch Youki bei ihr wahrnehmen. "Ihr...ihr wart bei Izanagi?" "Ja. Darum waren wir ein wenig spät dran." Sie schüttelte leicht den Kopf: "Ihr seid gekommen." Das war alles, was zählte. Eingesetztes Youki ließ beide herumfahren, zumal sich ein Portal öffnete. Wachsam sprang der Youkaiprinz auf, die Hand am Schwert, ehe er erkannte, wer dort kam, und sich entspannte. Sesshoumaru trat auf die Wiese. "Aite..." sagte Shiro unwillkürlich. "Das Sternjuwel...?" erkundigte sich Yuri. "Es ist zerstört." Aber in der Stimme des Hundefürsten lag ein seltsamer Unterton: "Yuri, du musst uns zu dem Tempel Izanagis bringen, die Portale erschaffen." "Ist Tensaiga nun so schwer zu bewachen?" Der Youkaiprinz rechnete eigentlich mit einem Ja. Sesshoumaru klang ruhig wie immer, als er sagte: "Es geht. Aber als das Sternjuwel zerstört wurde, zersplitterte es in viele tausend Teile. Einige dieser Splitter drangen in meine Augen. Ich bin blind." **************************************** Ihr habt doch nicht erwartet, dass alles glatt geht? Das nächste Kapitel heisst: In der anderen Welt. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich wie immer eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 12: In der anderen Welt ------------------------------- Ich wusste, dass das ein übler Cliffhanger war, aber mit solch einem Proteststurm hatte ich nicht gerechnet. Ich dachte, ihr wisst, dass ich happy-ends mag, wobei ich natürlich auch gewisse Kehrtwendungen in der Geschichte mag.Wir sind hier ja erst in der Hälfte.. Für die Nerven aller Beteiligten ein ruhiges Kapitel. Viel Spass beim Lesen. 12. In der anderen Welt Shiro und Yuri starrten den Fürsten der westlichen Gebiete fassungslos an. Er war blind? Nun, da er es gesagt, hatte, erkannten sie, dass er nur dorthin den Kopf wandte, wo er etwas wittern konnte. Und Shiro begriff eines entsetzt. Sie war kaum fähig, sich selbst auf den Beinen zu halten, geschweige denn, zu kämpfen. Yuri trug noch immer ihr Schwert. Falls er jetzt nicht loyal war, das Fürstentum noch anstrebte....selbst gemeinsam hätten sie gegen ihn im Augenblick kaum eine Chance. Yuri sah von dem Herrn der Hunde zu dessen Gefährtin. Er zog den gleichen Schluss. Aber ihm war zweierlei bewusst: er würde nie im Leben oder Sterben seinen Schwur brechen und er hatte gesagt, er sei der Schatten seines Herrn. Überdies war da die Sache mit Tensaiga und er nahm nicht an, dass Izanagi solch einen Verrat auf sich beruhen lassen würde. So zog er Daketsaiga samt seiner Scheide aus seinem Gürtel, reichte es der Fürstin: "Hier, Shiro-sama", betonte er. "Im Augenblick wirst du noch nicht kämpfen können, aber wer weiß, wozu es gut ist. Und es ist dein Schwert." Sie erhob sich mühsam: "Danke." Und das bezog sich nicht nur auf die Waffe. "Komm zu mir, Shiro." Sesshoumaru schien zu wittern: "Du trägst Yuris Gewand?" "Ja. Das Kleid ist sehr kurz." Sie hielt ihre Waffe in der Rechten, da sie keinen Gürtel besaß. "Ich weiß." Er hob ein wenig die Hand, als ob er sie zum Tanz führen wollte. Verstehend legte sie ihre Linke darauf, so dass ihre Unterarme eine gemeinsame Linie bildete. So würde sie ihn führen können, ohne dass es zu demütigend wurde. Und Yuri war der einzige, der im Augenblick kampffähig war. Er würde unter Umständen beide Hände benötigen. So meinte Sesshoumaru nur: "Beeilen wir uns. Die Macht will zu ihrem Schöpfer." Der Youkaiprinz verstand den Hinweis und öffnete ein Dimensionsportal zu dem alten Tempel Izanagis auf der anderen Insel. Fast gleichzeitig spürte er, wie die Energie seines Fürsten sich anschloss, das Tor erweiterte, so dass sie zu dritt dort hindurch gelangen konnten. Sesshoumaru mochte erblindet sein, aber er war nicht schwach geworden. Im Schloss des Fürsten der westlichen Gebiete fuhr Akamaru so ruckartig auf, dass Inuyasha automatisch die Hand ans Schwert legte. Er hatte Tessaiga sogar hier, im Arbeitszimmer, neben sich liegen. "Was ist denn?" fragte der Hanyou etwas verwundert, da er keine Gefahr entdecken konnte, begriff dann aber: "Ist etwas mit Shiro?" "Ja. Ich konnte ihr Youki spüren. Schwach und weit weg, aber immerhin. Und das bedeutet, dass sie sie gefunden haben, irgendwie dieses Juwel zerstört haben." "Das "Wie" würde mich schon interessieren", meinte Inuyasha: "Denn ohne Youki...nun, ich will nicht behaupten, dass Sesshoumaru je wie ein normaler Mensch ist, aber das kommt der Sache schon näher." "Ich weiß es nicht." Der Fürst der südlichen Gebiete atmete tief durch: "Aber ich weiß nun, dass meine Zwillingsschwester noch lebt. Ich weiß nicht, ob sie so schwach ist oder das durch die weite Entfernung bedingt war...aber eines ist klar. Sie lebt." "Ich hab dir doch gesagt, dass sich Sesshoumaru darum kümmert. Ob du das glaubst oder nicht, aber ich denke, er mag deine Schwester wirklich. Egal, was er das letzte Jahrhundert dauernd von sich gegeben hat." "Ich weiß." Akamaru wirkte plötzlich ein wenig traurig: "Und ich wollte, ich würde auch einmal eine Gefährtin finden, um die ich mich kümmern kann." "Warum solltest du nicht?" "Weibliche Hundeyoukai sind recht selten, weißt du das nicht? Auf über dreihundert Jungen kommt nur ein Mädchen. Und mein Vater hat bloß Shiro in unserer Kindheit verlobt. Mädchen sind für die Väter bei unserem Volk wertvolles Handelsgut. Für sie hätte er alles verlangen können. Sie ist aus guten Hause, stark..." "Was hat er denn von meinem Vater verlangt?" erkundigte sich Inuyasha prompt. "Ich weiß es nicht. Ich war ja selbst noch ein Kind. Und das hat sich ja dann durch die Fehde zwischen unseren Familien erledigt gehabt. Und mein Vater hatte wohl niemanden für mich gefunden, den er für angemessen hielt." "Hm", machte der Hanyou: "Also, irgendwie sehe ich da weniger ein Problem." Er war glücklich, endlich mit Kagome zusammen zu sein, und wünschte seinem Cousin das auch: "Ich meine, du bist nicht gerade schwach, siehst, denke ich, gut aus. Warum sollte dich eine weibliche Hundeyoukai ablehnen?" "Danke..." Was sollte man dazu sagen. "Außerdem", fuhr Inuyasha fort: "Hast du da wohl was übersehen." "Ach, und was?" "Du bist der Fürst in den südlichen Gebieten. Wenn du einem untergeordneten Hundeyoukai befiehlst, dass du seine Tochter willst, wird der kaum was anderes als "Ja, Akamaru-sama" sagen, oder? Und sich mit Forderungen zurückhalten." "Du hast Recht. Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Natürlich. Ich muss mit niemandem verhandeln. Denn es gibt außer unserer Familie ja keine gleichwertigen Partner. Und ich habe nicht die Absicht zu warten, bis meine Schwester vielleicht ein Mädchen bekommt, und das alt genug ist." Plötzlich erhellte ein Lächeln das Gesicht des Fürsten des Südens: "Danke, Inuyasha-sama. - Wenn du erlaubst, werde ich mich in den nächsten Tagen in mein Fürstentum begeben. Ich denke, ein Fest wäre ganz nett, um jemanden kennen zu lernen..." "Klar. Ich frag mich bloß, was deine Zwillingsschwester sagen wird, wenn du sie mit einer Schwägerin beglückst." Aber auch der Hanyou grinste. Shiro betrachtete verwundert den uralten verfallenen Tempel des Schöpfergottes. Der Dschungel hinter ihr war voller seltsamer Geräusche und Laute. Hier ohne Youki durchzugehen mochte schwer genug für die beiden gewesen sein. Sie spürte, wie müde sie war. Sie hätte gern geschlafen, sich erholt, aber das war im Moment unmöglich. Zunächst einmal musste die Macht, die im Augenblick in Tensaiga gebunden war, ihrem Besitzer zurückgegeben werden. Sie fühlte nur zu deutlich, welche Anstrengung es Sesshoumaru kostete, die ungeheure Energie im Schwert zu kontrollieren, sie nicht ausbrechen zu lassen. Und dann....vielleicht könnte sie sich dann erholen. Sie spürte in sich noch immer die enorme Anspannung, die es ihr ermöglich hatte, die letzten Tage zu überstehen. Aber sie hatte keine Ahnung, wie sie damit umgehen sollte, wie sie sich lockern konnte. Nie zuvor war sie in solch einer Lage gewesen. "Dort sind sehr viele Stufen", sagte sie nur. "Ich bin mir dessen bewusst." Sesshoumaru dachte kurz nach. Sie hatten klettern müssen, zum Teil die Hand zu Hilfe nehmen müssen. Ohne sehen zu können, wohin man trat oder griff, würde das gefährlich werden. Aber jetzt hatte er wieder Youki: "Ich werde fliegen. Begleite mich." Auch Yuri flog mit empor. So gelangten sie diesmal schneller und bequemer auf die oberste Stufe des Tempels. Der Youkaiprinz ging voran, um Shiro den Weg in das Allerheiligste zu zeigen, aber diese bemerkte rasch, dass sie ihren Gefährten nicht mehr führen musste. Tensaiga pulsierte, schrie förmlich nach dem Schöpfergott. Sesshoumaru legte die Hand an den Griff, folgte aber der Richtung, in die ihn das Klopfen lenkte. Als er vor den schwarzen Spiegel trat, der die beiden Welten verband, blieben seine Begleiter höflich ein wenig abseits stehen. "Du hast es geschafft", sagte die dunkle Stimme. Wieder schienen die Nebel durcheinander zu wallen. "Nimm nun Tensaiga und stecke es durch den Spiegel." Der Youkaifüst gehorchte. Erneut konnte er spüren, dass dort etwas wie ein Hindernis war, hinter dem eine ungeheure Dynamik wartete, die Energie des Schöpfergottes. Aber dann merkte er mit gewisser Erleichterung, wie Izanagi seine Macht aus der Klinge nahm. Es wurde für ihn immer leichter, sein Schwert zu halten, es zu kontrollieren. "So", meinte Izanagi schließlich: "Nun ist die Macht des Sternjuwels wieder die meine. Endlich, nach fünftausend Jahren, kann ich wieder die Durchgänge zu den Welten öffnen. Ihr habt mich nicht enttäuscht. - Ich werde hier das Portal öffnen, Sesshoumaru. So könnt ihr alle drei in meine Welt gelangen." Und da er wohl bemerkte, dass der Hundefürst stutzte: "Du hast in meinem Dienst dein Augenlicht verloren. Hältst du mich für so undankbar, dass ich das so lasse?" "Nein, natürlich nicht, Izanagi-sama, " meinte Sesshoumaru sofort, der nicht damit gerechnet hatte, je wieder sehen zu können. Ohne zu zögern machte er einige Schritte vorwärts, durch dieses weiche Hindernis, das er zuvor schon gespürt hatte. Er konnte auch fühlen, dass Shiro und Yuri sofort hinter ihm waren. Der Youkaifürst hatte keine Ahnung, wo er war. Er konnte nichts sehen, es war nicht zu hören, nichts zu wittern. Aber er fühlte vor sich eine Präsenz, eine Gegenwart, die ihn unwillkürlich dazu brachte, auf ein Knie niederzugehen, höflich den Kopf zu neigen. Sowohl Shiro als auch Yuri hatten eine zu strenge höfische Erziehung genossen, um nicht sofort, jeweils einen Schritt zurück, rechts und links neben ihrem Taishou auf beide Knie zu fallen, sich vorzuneigen, mit der Stirn den Boden zu berühren. Sie waren rangniedriger. Auch sie konnten nichts sehen. Sie befanden sich in einem schwarzen Raum in einer dunklen Leere. Aber sie fühlten ebenso die Gegenwart des Schöpfergottes. Aus dem Nichts löste sich eine menschlich anmutende Person. Izanagi hatte höflich diese Form angenommen, um seine Gäste nicht zu erschrecken. Für einen Moment blieb er amüsiert stehen. Diese drei arroganten, sturen Hundeyoukai so unterwürfig vor sich zu sehen, war sicher niemandem außer ihm vergönnt. "Ihr dürft euch aufrichten", sagte er aber. Die drei gehorchten, blieben allerdings auf Knien. Er deutete seitwärts: "Durch eure Hilfe kann ich nun wieder Verbindungen zwischen den Welten erschaffen. Shiro, gehe dort hinüber nach rechts. Uzume erwartet dich." Und da er den überraschten Blick bemerkte: "Nun, ich denke, eine andere Kleidung wäre wohl angemessen." Shiro war froh, dass sie nicht rot werden konnte, und gehorchte hastig, erhob sich und wandte sich nach rechts. Dort erkannte sie jetzt eine helle Tür. Eine junge Frau im Kimono erwartete sie. Uzume? Das sagte ihr etwas. Dann fiel es ihr ein. Die Göttin der guten Gesundheit und der Lebensfreude. Izanagi fuhr fort: "Sesshoumaru, ich werde die Teile des Juwels, die noch in deinen Augen sind, entfernen. Dies wird dich gewiss schmerzen. Aber es muss sein. Danach wird Okuni-Nushi deine Augen heilen." Dieser war zuständig für Medizin und Zauberei. Das würde nützlich sein. Uzume betrachtete die Hundeyoukai: "Du bist also Shiro. Wir haben interessiert zugesehen. Eingreifen konnten wir ja nicht." Ihrer Besucherin wurde klar, dass sie sich zwar allein gefühlt hatte, aber tatsächlich unter Beobachtung gestanden hatte. Dann hatten also auch alle Götter mitbekommen, wie schwach sie am Schluss gewesen wahr? Wie ungemein demütigend. Aber sie sagte nur: "Ich...ich soll etwas anderes zum Anziehen bekommen?" Die Göttin betrachtete sie: "Ja, auch. Komm. Was hältst du von einem heißen Bad?" Sie konnte die Anspannung in ihrem Gast spüren. Darum also hatte Izanagi gesagt, sie solle sich um sie kümmern: "Möchtest du dann einen Kimono oder lieber eine Rüstung? Du hast da ein Schwert in der Hand?" "Männerkleidung und Rüstung", antwortete Shiro sofort. Es wurde heller um sie und sie erkannte, dass sie sich in einem vornehmen Haus befand. Vor ihr lag ein Becken, in dem einladend heißes Wasser dampfte. "Hier", meinte Uzume: "Leg dein Schwert hierher und zieh dich aus. Ich kümmere mich um frische Kleidung für dich." Sie verschwand. Ein wenig erleichtert gehorchte Shiro, glitt in das heiße Wasser. Ihre Verletzungen schmerzten noch, aber das würde verheilen. Sie hatte immer mehr Zugriff auf ihr Youki, konnte den Heilungsprozess nun beschleunigen. Und das wäre gut. Falls sie irgendwo je wieder diesem Dai Oya begegnete, würde sie ihn umbringen. Wenn ihr Gefährte das nicht tun wollte. Sie roch einen zarten Duft im Wasser, der sie fast müde zu machen schien, in einen seltsamen Dämmerzustand versetzte. War das etwa eine Droge? Sie wollte schon auf, aber dann beschloss sie, dass das der Göttin der Gesundheit wohl unangemessen wäre und lehnte nur den Kopf an den Rand zurück, spürte, wie sich nicht nur ihr Körper ein wenig entspannte. Sie zuckte unwillkürlich zusammen, als etwas, nein, jemand sie berührte. Niemand außer ihrer Mutter, ihrem Bruder hatte das je getan, nun gut, ihr Gefährte, ohne sie anzugreifen, verletzen zu wollen. Und die vergangenen Tage hatten diesbezüglich genug Varianten geboten. "Ruhig", sagte Uzume, die sich ebenfalls ausgezogen hatte, nun im warmen Wasser stand: "Bitte. Lass mich dich heilen." "Danke, aber das kann ich selbst. Ich habe wieder Zugriff auf mein Youki, " meinte Shiro steif, wagte aber nicht, der Hand auszuweichen. Das wäre sehr unhöflich gewesen. Die Göttin ließ sich nicht beirren, legte den Arm um sie, zog sie zu sich: "Das weiß ich. Aber da gibt es etwas anderes." Die Hundeyoukai verstand nicht, spürte eine Hand, die sich auf ihre linke Schulter legte, ein wenig tiefer glitt: "Was soll das?" "Die Tage dort bei Dai Oya waren nicht einfach für dich. Das wissen wir alle. Ich bin die Göttin der Lebensfreude, hast du das vergessen? Dein Youki mag reichen, die Verletzungen deines Körpers zu heilen. Aber dein Herz..?" "Hältst du mich für so schwach?" fauchte Shiro sofort. Gleichzeitig war sie sich bewusst, dass sie normalerweise nie so irrational reagiert hätte. Hatte Uzume Recht? "Schwach? Meine Liebe, auch der härteste Stahl kann unter zu großer Belastung brechen." Die Youkai spürte ein seltsames Gefühl. Etwas, wie sie noch nie empfunden hatte. Die Hand der Göttin auf ihrem Körper schien Wärme auszustrahlen, aber sie verursachte auch irgendetwas anderes. Shiro fühlte plötzlich, wie sich ihre Kehle zuschnürte. Zu ihrer Überraschung begannen ihre Augen zu brennen. Und zum ersten Mal in ihrem Leben begann sie zu weinen. Verblüfft ließ sie sich an Uzume ziehen. Youkai konnten doch nicht in Tränen ausbrechen? Aber sie war seltsam willenlos, als sie sich schluchzend in die Arme der Göttin fallen ließ. Sie hätte nicht sagen können, wie viel Zeit verstrichen war, als sie sich wieder aufrichtete, erschreckt, sich so schwach gezeigt zu haben. Sie rieb die Tränen hastig aus den Augen. Wie hatte sie sich nur so gehen lassen können? Sie musste jedoch zugeben, dass die ungeheure innere Anspannung deutlich gemildert worden war. Aber: "Ich dachte...Youkai haben keine Tränen..." brachte sie hervor. "Nein, gewöhnlich nicht. Aber du bist hier in meinem Haus. Da herrsche ich." Uzume betrachtete sie: "Ich nehme an, dass dir das etwas peinlich ist, geweint zu haben. Aber du warst so ungeheuer angespannt. In diesem Zustand wärst du für Sesshoumaru keine Hilfe gewesen bei der Jagd nach Dai Oya. Und dein kleines Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben." Vielleicht stimmte das, aber Shiro war nicht sonderlich zufrieden mit sich selbst: "Ich ...ich verstehe nicht, warum ich so schwach sein konnte." "Was für Ansprüche stellst du eigentlich an dich? Du hast sehr schwere Tage hinter dir. Und wie gesagt, auch Stahl bricht unter zu großer Belastung. Jetzt kannst du deinem Gemahl, nein, ihr sagt Gefährten, wieder eine Hilfe sein." Das war wohl wahr. Shiro überprüfte ihr seelisches Gleichgewicht. Doch, sie war wieder entspannter, kampfbereit. So sagte sie zögernd: "Ich sollte mich wohl bei dir bedanken, Uzume." "Das wäre nett." Die Göttin lächelte und stieg aus dem Wasser. "Aber ich weiß es auch so. Du hast Hilfe gebraucht und ich konnte sie dir geben. Das ist wichtig, zu wissen, dass man gebraucht wird." Sie begann sich anzuziehen. "Vielleicht", gab Shiro zu und ging an das andere Ende des Beckens, wo Männerkleidung und Rüstung lagen. Ihre Rüstung, stellte sie überrascht fest. Sie mussten sie geholt haben: "Aber das ist dann jetzt ein ziemlich...verächtliches Bild, das du von mir hast." "Ach ja? Wie viele Youkai oder Götter hätten es vermocht, ihre Energie so zu drosseln? Überhaupt so durchgehalten? Gib dir keine Mühe, Shiro. Mein Bild von dir steht fest." Die Youkaifürstin beschloss lieber nichts mehr zu sagen. So zog sie sich an, legte sich die Rüstung um, schob ihr Schwert griffbereit an die Hüfte. Jetzt fühlte sie sich in der Tat viel besser, bereit, jedem Gegner entgegenzutreten. Uzume kam zu ihr: "Lass uns gehen." Die Göttin führte sie wieder in diesen seltsamen dunklen Raum, wo Sesshoumaru und Yuri noch immer vor Izanagi knieten, der sich allerdings ebenfalls gesetzt hatte. Aber alle drei wandten den Kopf, als sie zu ihnen trat, sich niederließ und sie begriff, dass ihr Gefährte wieder sehen konnte. Das war nur zu beruhigend. Der Schöpfergott nickte: "Nun, da ihr alle ein wenig erholt seid, möchte ich euch um einen kleinen Gefallen bitten. Schickt Dai Oya zu meiner Gemahlin ins Totenreich." "Gern." Sesshoumaru sah kein Problem. Das hätte er sowieso vorgehabt. Nur: warum wollte es der Schöpfergott nicht selbst erledigen? Die Erklärung folgte sofort: "Er ist schon einmal mit dem Sternjuwel verschwunden gewesen und ich konnte ihn fünftausend Jahre lang nicht finden. Diesmal war es uns aber möglich, seiner Spur zu folgen. Wie schon zuvor floh er nicht in eure Welt, nicht in die meine, nicht ins Totenreich. Denn überall dort hätten wir ihn schon in den fünftausend Jahren gefunden. Er ist in der Zeit verschwunden." Izanagi bemerkte die Kopfbewegungen: "Nun, dorthin kann ihm weder ich noch mein Sohn Tsuki folgen, der Gott der Zeit. Uns sind die Hände gebunden. Würden wir durch die Zeit reisen, würden wir alle Ströme dort durcheinander bringen und nichts wäre mehr, wie es war. Die Gefahr für alle Welten ist zu groß. So möchte ich, dass ihr euch auf den Weg macht. Auf dieser Insel, die heute den mittleren Teil von Le-chan-po bildet, liegt am anderen Ende, meinem Tempel genau gegenüber, eine Grotte, die Tsuki gehört. - Sesshoumaru, Shiro, ihr seit schon einmal so durch die Zeiten gereist. Auch diesmal wird euch Tsuki helfen, euch durch die Zeit schicken. Aber es gibt wohl ein kleines Problem. Das wird er euch jedoch selbst sagen. Im Augenblick versucht er, herauszufinden, wo genau sich Dai Oya aufhält. Oder besser, wann." "Wie kann ich ihn töten?" "Was meinst du?" "Er ist kein Lebewesen in dem Sinn, schien mir." "Nein, Tensaiga nutzt dir nichts gegen ihn. Er ist immer noch am Leben. Was für ein Leben, zwar, aber er lebt noch. Als damals unsere Energien zusammenprallten, da ich versuchte, mit Gewalt dieses Portal aufzubrechen, wurde sein Körper zerstört. Aber er verstand zuviel von Magie und war zu mächtig, als dass er nicht ohne Körper hätte existieren können. Und während der letzten Jahrtausende scheint er mit dieser nebeligen Form seines Daseins gut zurechtgekommen sein. Du musst sogar damit rechnen, dass er auch mit einem Schwert kämpfen kann. Und wird." Izanagi nickte leicht: "Geht nun. Und sucht die Grotte meines Sohnes auf. Tsuki wird euch dann sagen, was ihr wissen müsst." Die drei Gäste verneigten sich ein wenig, ehe sie sich erhoben. Etwas veränderte sich um sie herum. Dann erkannten sie eine hellere Fläche. Sesshoumaru ging darauf zu, die anderen beiden folgten sofort. Wieder spürten sie einen Widerstand, dann standen sie in dem alten Tempel des Schöpfergottes. Der Herr der westlichen Gebiete warf einen raschen Blick auf seine Gefährtin. Sie wirkte ruhig, gelassen wie immer und er konnte nicht abschätzen, wie sehr die Erlebnisse der vergangenen Tage sie belastet hatten. Shiro hatte seinen Blick bemerkt und freute sich etwas, dass er so besorgt schien. "Ich bin voll kampffähig, Sesshoumaru-donno", sagte sie. "Dann gehen wir." Er verließ das Allerheiligste, um mit weiten Sprüngen den Tempel hinab zu gelangen. Shiro und Yuri schlossen sich an. ********************************** Die Jagd auf Dai Oya ist eröffnet. Zuhause herrscht leichtes Chaos.Inyuasha übt sich als Liebesratgeber und Akamaru gehen langsam die Hormone durch. Nun, das nächste Kapitel heisst: Neue Erkenntnisse, und das betrifft tatsächlich die meisten Leute der Familie. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, bekommt wie immer eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 13: Neue Erkenntnisse ----------------------------- Freut mich, dass ihr alle dem armen Akamaru auch jemanden gönnt.Immerhin hat er eigentlich die langweiligste Arbeit erledigt, während die anderen drei auf Abtenteuer waren und sind. In diesem Kapitel kommt ein neuer Charakter vor, zu dem ich ein Bild hochgeladen habe. Und das japanische Gedicht habe ich aus einem bayerischen Musikbuch. Falls die Übersetzung nicht stimmt, bitte Beschwerden nicht an mich... Viel Spass beim Lesen! 13. Neue Erkenntnisse Die drei Hundeyoukai wanderten schweigend hintereinander durch den dampfenden Urwald der wilden Insel. Alle hielten ihre Energie versteckt, um nicht auf sich aufmerksam zu machen. Zwar nahmen sie nicht an, dass Dai Oya seinerseits sie jagen würde, aber Vorsicht war oft besser. Ein Tiger, der sie darum für Menschen hielt, und den am Schluss gehenden Yuri von hinten ansprang, erkannte zu spät seinen Irrtum, als er gegen den nächsten Baum geschleudert wurde. Der Youkaiprinz hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sein Schwert zu ziehen. Bis zum nächsten Morgen hatten sie eine ansehnliche Strecke zurückgelegt. Am frühen Mittag blieb der führende Sesshoumaru auf einer Lichtung stehen, drehte sich um. Shiro wollte schon fragen, ob er eine Pause machen wollte, als sie erkannte, dass er angespannt war, lauschte. So versuchte auch sie etwas zu hören, zu wittern. Aber hier im Dschungel blühten so viele Blumen, waren so viele Gerüche, dass sie kaum einzelne unterscheiden konnte. Dann allerdings hörte sie es auch. Ein etwas zu lautes Atmen, tief, keuchend. Und ein Knacken im Unterholz, das sich ihnen näherte. Was dort immer kam, war groß und schwer. Und es roch, das konnte sie nun deutlich erkennen, nach einem Fleischfresser. Sie konnte die typischen Ausdünstungen wittern. "Eine Art Drache", sagte Yuri, die Hand am Schwert. Sesshoumaru wandte sich wieder ab und ging weiter. Falls der Drache nichts von ihnen wollte, umso besser. Sie hatten ein Ziel und er verspürte keine Lust auf einen überflüssigen Kampf. Sollte der Drache allerdings sie angreifen, würde er ein wenig zu spät bemerken, dass er keine drei Menschen überfallen hatte. Seine Begleiter folgten sofort, von den gleichen Gedanken bewegt. Keine Minute später blieb der Youkaifürst wieder stehen. Vor ihnen trat ein gut fünf Meter hoher, zweibeiniger Drache hinter einem Baum hervor. Sie hatten ihn nicht gewittert, nicht gehört, da sein Begleiter diesen Lärm mit Absicht gemacht hatte. Und dieser kam nun von hinten auf sie zu. Sie hatten sie in die Zange genommen. "Hmpf..." Sesshoumaru unterdrückte sein Missvergnügen kaum, als er die Hand an Tokejin legte. Während er sein Schwert zog, flammte sein Youki auf. Shiro war ein wenig unsicher, ob sie ihm helfen sollte, entschied sich aber dafür, dass er sehr wohl in der Lage war, solch einen törichten Zeitgenossen allein aus dem Weg zu räumen. Hinter sich spürte sie, wie auch Yuri seine Energie auflodern ließ. So wartete sie einfach ab, sah gelassen zu, wie der Youkaifürst seine Klinge ein wenig seitwärts hielt, die unter seiner Macht aufleuchtete. "Souryouha." Die Drachen erkannten entsetzt ihren Irrtum, aber da war es schon zu spät. Zwei Angriffe mit Youki rasten auf sie zu. Miyaki blickte sich verstohlen um. Hier im Garten des Schlosses des Herrn der Hunde war jedoch niemand zu bemerken. Endlich ein bisschen alleine sein, dachte die junge Hundeyoukai. Sie ließ sich unter einem Baum auf die Wiese nieder. Warum nur hatte ihr Vater ihr befohlen, mit zu diesem Schloss zu reisen? Sie war eine solche Menge an Youkai, aber auch Menschen nicht gewohnt. Im Haus ihres Vaters gab es außer ihr nur zwei Dienstboten. Und sie war noch nie von zuhause weggekommen. Vielleicht hatte es ihr Vater gut gemeint, ihr eine Reisegelegenheit geben wollen, ehe sie verheiratet wurde. Sie wusste, dass ihr Vater sie einem seiner Freunde versprochen hatte. Sie legte ihre Flöte neben sich ins Gras. Vielleicht sollte sie später ein bisschen spielen. Aber jetzt würde sie zunächst etwas anderes tun, ihren Geist beruhigen. Sie zog aus dem Gürtel ihres zweilagigen Kimonos ein Kästchen, nahm Papier und eine Feder heraus. Ihr Gedicht war noch nicht fertig. Irgendetwas fehlte noch immer. Es war nicht...rund, fand sie. Musik und Gedichte liebte sie über alles, auch, wenn ihr Vater meinte, sie solle sich mehr mit den Pflichten einer Hausherrin beschäftigen. Aber da sie das tat, erlaubte er ihr auch diese Künste. Hoffentlich würde Hayao-san nach der Hochzeit ihr das auch gestatten. Sie betrachtete das Papier, seufzte: "Ein Gedicht über Kirschblüten. Kein Wunder, dass ich damit im Hochsommer Schwierigkeiten habe." "Du schreibst Gedichte?" Sie schrak zusammen, drehte den Kopf. An einem anderen Baum gelehnt, saß ein junger Mann. Sie hatte ihn zuvor nicht bemerkt, da er für sie hinter dem Stamm versteckt gewesen war. Er trug Obergewand und Hose, allerdings keine Rüstung, wie es hier fast alle taten. Aber er war eindeutig ein Hundeyoukai, auch, wenn sie noch nie jemand mit solch roten Haaren gesehen hatte. "Du brauchst nicht zu erschrecken", sagte er: "Es war meine Schuld. Ich hätte auf mich aufmerksam machen müssen." Das klang sehr nett und Miyaki atmete durch: "Ja, ich schreibe gern Gedichte. Verstehst du etwas davon?" "Nun, ich schmeichle mir, keine schlechten zu schreiben." "Das denke ich mir. Du bist kein Krieger, nicht wahr? Bist du ein Diener hier?" "Ein Gast. - Kein Krieger? Wie kommst du darauf?" Das hörte sich sonderbar amüsiert an. Miyaki zögerte etwas. Sie wusste nicht, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten sollte. Allein mit einem jungen Mann war sie noch nie gewesen und es schickte sich sicher nicht. Aber er schien nett zu sein: "Nun, du trägst kein Schwert, schreibst Gedichte... was könntest du denn sonst sein?" "Oh, könnte ich nicht ein Fürst sein?" "Nie!" sagte sie überzeugt: "Soweit ich weiß, trägt der Fürst der westlichen Gebiete immer eine Rüstung und Schwert." Akamaru war erheitert. Solange er zurückdenken konnte, war sie die erste Hundeyoukai, die ihn nicht erkannte. Sein rotes Haar war normalerweise genug als Beschreibung. Er würde es genießen, einmal eine ganz nette Unterhaltung führen zu können, ohne diese Unterwürfigkeit, die er kannte - allerdings auch gewöhnlich verlangte. Er war in den Garten gegangen, um ein wenig träumen zu können. Im Morgengrauen hatte er wieder dieses perfekte Flötenspiel gehört, kunstvoll und mit einer Hingabe, das er sich wünschte, einmal den Spieler oder die Spielerin kennen zu lernen. Aber er antwortete: "Ja, das tut er allerdings. - Verrätst du mir dein Gedicht? Vielleicht kann ich dir dabei helfen?" Erneut zögerte Miyaki, ehe sie meinte: "Unter einer Bedingung." "Und die wäre?" "Du bleibst da sitzen." "Natürlich." Er wollte ihr nicht zu nahe kommen, sie in eine peinliche Situation bringen. Nun, peinlicher, als diese Zweisamkeit hier schon war. Er wollte sie gerade nach ihrem Namen fragen, aber er beschloss, dies sein zu lassen. Wenn sie dann seinen wissen wollte, hätte sie sicher gewusst, wer er war. Und dazu war diese Stimmung, im Garten zu sitzen und Gedichte zu schreiben, einfach zu schön. Und viel zu selten. Miyaki sah auf ihr Blatt, ehe sie meinte: "Darf ich dich etwas fragen?" "Was denn?" "Ich...ich werde bald heiraten. Würdest du deiner Gefährtin erlauben, Gedichte zu schreiben, Musik zu machen?" "Ja. Möchtest du das weiterhin?" "Ja, gern." "Ich wollte immer ein Haus führen, in dem Künstler und Wissenschaftler ein- und ausgehen. Leider bin ich in den ganzen vergangenen Jahren nicht dazu gekommen. Aber ich möchte es so gern tun." "Oh, das stelle ich mir schön vor." Miyaki sah ihn neugierig an. Die Zeichnungen in seinem Gesicht waren vom gleichen Grün, wie seine Augen: "Warum hast du es denn noch nicht getan? Oh, entschuldige...ich bin manchmal zu vorwitzig." "Schon gut. Familienfehden. Endlich ist Frieden." "Also kannst du doch kämpfen?" "Ja, wenn ich muss." Akamaru dachte kurz nach, ehe er ehrlich meinte: "Aber meine Schwester ist viel besser als ich." "Deine Schwester kann kämpfen? Dann wird sie sicher nie einen Gefährten finden. Vater sagt immer, die Herren mögen fleißige Gefährtinnen und gute Herrinnen des Hauses." "Nun, manche. Sie ist verheiratet. Und ihr Gefährte hat sie in fairem Kampf bezwungen." Miyaki schloss daraus, dass dieser Unbekannte sicher nicht gerade ein starker, guter Kämpfer war, wenn selbst seine Schwester schon ihn übertrumpfen konnte. Aber das war eigentlich auch besser so: "Dann...ich habe ein Gedicht über die Kirschblüte geschrieben, aber etwas passt nicht." Überdies wurde ihr jetzt erst bewusst, dass sie überhaupt kein Youki bei ihm spüren konnte. Er konnte wirklich kein starker Dämon sein. "Lies es mir vor", sagte Akamaru und lehnte sich bequem zurück. Wie lange hatte er schon nicht mehr in einem Garten gesessen und über ein Gedicht geplaudert. Shiro hatte für so etwas keinerlei Sinn, der einzige grundlegende Punkt, in dem die Meinungen der Zwillinge auseinander gingen. Und wer setzte sich schon gemütlich neben den Herrn der südlichen Länder, um ein wenig über Kultur zu reden. Die Hundeyoukai gehorchte, las zögernd vor. "Sakura, sakura! Yayoi no sorawa. Miratasi kaghiri. Kasumi ka? Kumo ka? Niou zo izuzu Izaya, izaya! Mini yukan. Kirschblüte, Kirschblüte, Ein Märzhimmel ist Soweit man sehen kann. Ist es Dunst? Ist es eine Wolke? Es duftet und riecht Kommt, kommt! Wir wollen die Kirschblüte sehen." Der Youkaifürst betrachtete sie dabei. Ihre Wimpern waren dunkel und schwer, legten sich beim Lesen über die schwarzen Augen, als seien diese Geheimnisse, die nicht betrachtet werden sollten. Und ihre langen, kohlefarbigen Haare schimmerten wie Seide in der Sonne. Er stellte sich vor, dass es angenehm sein musste, sie unter seinen Händen zu spüren. Der zwölflagige Kimono einer Fürstin würde ihr reizend stehen. Sie müsste viel mit rot tragen, das brächte ihre Haut wunderbar zu Geltung. Und helle Perlen in dem nachtschwarzen Haar. Gemeinsam Gedichte schreiben, musizieren. Man könnte morgens aufstehen und sich auf etwas freuen... Aber dann riss er sich zusammen. Sie hatte doch gesagt, dass sie bereits versprochen sei. Und sie hatte nicht sonderlich entsetzt über diese Aussicht gewirkt. Vermutlich mochte sie ihren Verlobten. Nein. Selbst, wenn Inuyasha wahrscheinlich recht hatte und er da ein Machtwort sprechen könnte - was wäre das für eine Verbindung, wenn sie dauernd daran denken müsste, dass er sie einem Youkai entrissen hatte, den sie gern hatte. Zumal ja nicht gesagt war, dass sie ihn selbst leiden konnte. Miyaki blickte auf. Hatte ihm ihr Gedicht gefallen? Unwillkürlich stutzte sie. Die grünen Augen betrachteten sie so seltsam. Irgendwie wurde ihr warm: "Hat...hat es dir gefallen?" "Ja. Entschuldige. Ich finde es sehr schön, vor allem den Schlusssatz: Kommt, lasst uns die Kirschblüte sehen. Er rundet dein Gedicht ab, nachdem du zuerst den Zauber der Blüte selbst beschrieben hast. Ich war gerade am Träumen. - Darf ich dich um etwas bitten?" "Nichts gegen meine Ehre", erwiderte sie sofort. "Natürlich nicht. Spiel mir etwas auf der Flöte vor." Und da er selbst merkte, dass er es unwillkürlich befohlen hatte: "Bitte." "Gern. Hast du ein Lieblingslied?" "Spiele, was du magst. Ich möchte noch ein wenig träumen." Miyaki war ein wenig verwundert. In seiner Stimme hatte gewisse Sehnsucht und gewisses Bedauern gelegen. Hatte er nicht viel Zeit, zu träumen? So fragte sie: "Möchtest du die Lerche im Frühling hören?" Das war eines der schwierigsten Stücke und Akamaru sah sie überrascht an: "Das kannst du?" "Ja." Miyaki war stolz auf sich. Sie hatte es monatelang geübt, ehe sie ihre jetzige Sicherheit erreicht hatte. So begann sie und der Herr der südlichen Länder versank in äußerst angenehmen Wunschträumen, als er das perfekte Flötenspiel erkannte, das er gesucht hatte. Ein Aufschrei weckte ihn daraus: "Miyaki!" Ein Hundeyoukai stürzte herbei, offenbar ihr Vater: "Bist du von Sinnen? Während ich hier in der Kanzlei die Bittschrift wegen der Heirat einreiche, einfach zu verschwinden? Und dann auch noch hier in den Garten zu gehen und Flöte zu spielen." Er fuhr herum: "Und du, Nichtsnutz! Hast du sie etwa angesprochen? Bist ihr zu nahe getreten, du Tagedieb? " Akamaru überlegte flüchtig, wer ihn je so beleidigt hatte und noch am Leben war. Aber der Mann erkannte ihn offenbar ebenfalls nicht. Und Miyaki - ein schöner Name fand er - zur Belohnung für ihr Flötenspiel den Vater zu töten, erschien ihm doch ein wenig unangemessen. So sagte er nur: "Ich lauschte ihrem Spiel." Das Youki des Fremden war nicht sonderlich beachtlich. Der Hundeyoukai starrte ihn finster an, ehe er seine Tochter grob am Handgelenk packte: "Los, auf. Wir gehen sofort zu Hayao-san. Du wirst heute noch verheiratet, damit du dir solche Flausen erst gar nicht mehr in den Kopf setzt. Und noch dazu im fürstlichen Privatgarten. Zum Glück ist Sesshoumaru-sama nicht da, wer weiß, wie er dich, wie er uns bestraft hätte! Und Inuyasha-sama ist im Arbeitszimmer. Also wirklich. Ich hätte nie gedacht, dass du so...leichfertig bist." "Vater!" bat Miyaki erschrocken: "Ich wusste nicht...ich dachte, hier ist niemand und ich wollte doch nur ein wenig allein sein. Bitte....Ihr könnt mich doch nicht heute schon zu Hayao-san bringen? Ohne Vorbereitung, ohne ..." Aber sie ließ sich aufziehen, sich nur zu bewusst, welche Rechte ihr Vater über sie besaß. "Wenn du erst meinen alten Freund zum Gefährten hast, wird dir dein Spielen und Blumen beschreiben schon vergehen..." Er begann rasch wegzulaufen, in seinem Höchsttempo, und Miyaki folgte ihm. Aber als sie den Garten verließ, wandte sie noch einmal den Kopf, in ihren Augen ein Blick, der Bände sprach. Eher ein stummer Schrei. Akamaru war mit einem Satz auf den Beinen. Sie schien doch nicht diesen Youkai nehmen zu wollen. Er lief hinterher, konnte sie aber nicht mehr entdecken. In welche Richtung sie wohl gegangen waren? Er hätte sie mühelos einholen können, hätte er die Zielangabe gewusst. Wären sie stärker gewesen, hätte er ihr Youki spüren können. Wittern war undurchführbar, hier wimmelte es schließlich vor hundeartigen Youkai. Und so vertraut war ihm die Fährte nicht. Aber ihm blieb noch ein anderer Weg. Im Gegensatz zu Miyaki und ihrem Vater konnte er ein Dimensionsportal erschaffen. So erschien er innerhalb kürzester Zeit zum Schrecken der Schreiber und der Besucher in der Kanzlei des Schlosses. Alle Anwesenden warfen sich sofort zu Boden. "Akamaru-sama..." sagte der Vorsteher ehrerbietig: "Womit können wir Euch dienen?" "Heute war ein Hundeyoukai hier, der eine Bittschrift wegen der Heirat seiner Tochter Miyaki mit jemandem namens Hayao einreichte. Wo wohnt dieser Hayao?" "Wir werden Euch den Vorgang suchen. Wann wünscht Ihr die Antwort?" "Sofort." Der Chef der Kanzlei wagte einen vorsichtigen Blick in das Gesicht des Herrn der südlichen Länder. Was er dort sah, ließ ihn hastig den Kopf senken: "Sogleich, Akamaru-sama..." antwortete er nur, ehe er und seine Schreiber sich fieberhaft auf die Suche machten. Und die Bittsteller im Raum wussten, sie müssten eben etwas länger warten. Auf der wilden Insel senkte sich langsam die Sonne, als Sesshoumaru stehen blieb. Sie hatten erneut das Meer erreicht. So blickten sie sich alle drei um. Izanagi hatte gesagt, hier läge die Grotte des Zeitgottes und dort würden sie weitere Instruktionen erhalten. Aber: wo war sie? Der Schöpfergott hatte erwähnt, sie sei genau gegenüber seinem Tempel auf dieser Insel und da sich Youkai nicht verliefen, hätte es hier sein müssen. Aber an dieser Stelle endete der Urwald direkt in einem Mangrovensumpf und vor sich witterten sie Brackwasser, dann das Meer. Sorgfältig prüften alle drei die Luft, suchten nach Anhaltspunkten. Und fast gleichzeitig bemerkten sie den Geruch von Felsen, links von ihnen, vielleicht zwei Stunden entfernt. Izanagi hatte das wohl nur so ungefähr gemeint. Der Youkaifürst bog sofort ab, wanderte entlang dem Mangrovensumpf weiter. Shiro folgte ihm und Yuri machte den Schluss. Diese Reihenfolge hatten sie schon seit dem alten Tempel beibehalten. Sie mochten die Hälfte der Strecke zurückgelegt haben, als sich der Strand änderte. Statt des dichten Mangrovenwaldes zwischen ihnen und dem Meer breitete sich nun eine sandige Küste aus, die einen gut hundert Meter breiten Streifen zwischen Urwald und Wasser bildete. Vereinzelt wuchs Gras dazwischen. Während sie weitergingen wurde der Bewuchs dichter, bis schließlich eine Wiese aus Gräsern den Strand bildete, die das Salzwasser und den Wind vertrugen. Yuri warf einen Blick hinüber zum Meer. Seine Ländereien lagen im Landesinneren und er konnte sich nicht der Faszination dieser großen Wasserfläche entziehen. Dabei entdeckte er ein ungewöhnliches Gebilde, das wohl die Wellen hier angeschwemmt hatte. Eine Holzkiste, wie sie Menschen zu bauen pflegten. Uninteressant, eigentlich. Aber was ihn stehen bleiben ließ, war das plötzliche Gefühl von Youki. Schwach, sehr schwach, aber dennoch vorhanden. "Verzeih, Taishou", sagte er: "Ich möchte etwas überprüfen." Sesshoumaru blieb ein wenig überrascht stehen, drehte sich ebenso wie Shiro um. Beide beobachteten regungslos, wie ihr Cousin zu der angeschwemmten Holzkiste lief. Nun, sicher, es war eigenartig, dass Youki zu spüren war, aber keiner der beiden hätte nachgesehen. Das betraf sie sicher nicht, stellte erst recht keine Gefahr dar. Yuri blieb stehen. Auf der Kiste waren menschliche Banderolen angebracht worden, Siegel, die gegen Youkai wirken sollten. War in der Kiste etwa einer eingesperrt worden? Und durch diese Bannsiegel so schwach? Seltsam. Was hatten da Menschen gewagt? Und welchen Zweck sollte das haben? Gegen ihn wirkten solche Sprüche freilich nicht und so ließ er kurz seine Energie aufflammen, riss die Zettel ab. Das war eine Sache, die nun endgültig seine Neugier geweckt hatte. Dann öffnete er den Deckel der Kiste. Für einen Moment erkannte er nichts, außer einem rot-weißen Wirrwarr, ehe er eine weibliche Gestalt identifizierte, die eng zusammengepresst dort in der Kiste lag. Erst auf den zweiten Blick erfasste er, dass es sich um eine junge Youkai handeln musste, mit weißem Oberteil und rotem, hochgezogenem Rock, offenbar unverheiratet. Die langen weißen Haare hatten einen bläulichen Schimmer. Große dunkle Augen starrten ihn erschreckt an. Offenkundig konnte sie sich nicht bewegen, war tagelang so eingesperrt gewesen. Er bückte sich und hob sie heraus, ließ sie auf das Gras gleiten. Dabei erkannte er überrascht den langen Schwanz, der sich aus ihrem Rock ringelte, die großen Ohren auf ihrem Kopf. Auch die Witterung bestätigte seinen Verdacht. Er hatte eine Katzenyoukai gerettet. ********************************************************** Das nächste Kapitel heisst: "Hunde und Katz" und Akamaru stört eine Hochzeitszeremonie. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich wie gewohnt eine ENS, sobald ich sehe, dass es freigeschaltet wurde. bye hootep Kapitel 14: Hunde und Katz -------------------------- Es freut mich, dass ihr Miyaki mögt. Und so schlimm stelle ich es mir auch nicht vor, Akamarus Frau zu sein. Eine kleine Katze hat da mehr Probleme. Zwischen Katzen und Hunden gibt es einige kulturelle Unterschiede. Ihr Bild ist neu in der Chara-Beschreibung. Viel Spass beim Lesen! 14. Hunde und Katz Das junge Katzenmädchen starrte noch immer erschreckt zu Yuri auf. Sie beruhigte sich auch nicht gerade, als Sesshoumaru und Shiro herankamen. Für sie waren das drei Fremde, alle bewaffnet. Sie konnte kein Youki spüren, also waren das wohl Menschen. Und mit Menschen hatte sie in der letzten Zeit wirklich keine guten Erfahrungen gemacht. Mühsam raffte sie sich zum Sitzen auf. "Eine Katze?" Shiro betrachtete sie nachdenklich. Das Youki der Fremden war kaum spürbar. Unterdrückte sie es so? Yuri lächelte beruhigend. Er konnte sehen, dass die Katzenyoukai Angst hatte: "Wie heißt du?" erkundigte er sich: "Und wie konnten dich Menschen in die Kiste sperren?" "Seid ihr Menschen?" Das führte zu einem irritierten Blickwechsel der Hundeyoukai. Sicher, sie unterdrückten ihre Energie vollständig, aber sie musste doch die spitzen Ohren erkennen, die Hände... Auch das Katzenmädchen merkte jetzt, dass die Haare zu lang für Menschen waren, ebenfalls das Fell, das da einer über der Schulter trug, war ungewöhnlich für Menschen. "Wir sind Hundeyoukai", erwiderte Yuri. "Beantworte meine Frage." Die Katzenyoukai schloss kurz die Augen. Menschen wären schlimm genug gewesen. Aber Hunde? Und wieso konnte sie kein Youki spüren? Sie hatte einmal gehört, dass nur sehr starke Youkai ihre Energien so vollständig unterdrücken könnten. Und fast bewegungsunfähig als Katze zwischen drei starken, bewaffneten Hunden zu sitzen, kam einem Alptraum ziemlich nahe. Aber sie konnte unmöglich weglaufen. Und immerhin hatten sie sie aus dieser schrecklichen Kiste befreit. So sagte sie: "Mein Name ist Myu-Myu. - Die Menschen haben mich am Ufer gefangen genommen und auf ihr Schiff gebracht. Sie sagten etwas, dass sie mich zu ihrem Herrn bringen wollten." Sie beobachtete den erneuten Blickaustausch der um sie stehenden Hunde. Zögernd meinte sie: "Aber dann merkten sie wohl, dass ich....dass ich sehr schwach bin. Sie meinten dann, mit jemandem mit so wenig Youki könnten sie nichts anfangen und sperrten mich in diese Kiste. Und warfen mich ins Meer. Ich weiß nicht, wie lange ich dort war." "Du unterdrückst dein Youki nicht?" fragte Yuri verdutzt nach: "Das ist alles, was du hast? Erstaunlich für eine Katzenyoukai." "Mehr habe ich eben nicht, du Vollidiot!" fauchte Myu-Myu, die das schon Zeit ihres Lebens gehört hatte. Erschreckt bemerkte sie, wie der Fremde vor ihr unwillkürlich die Hand an sein Schwert legte, dann aber nur sagte: "Shiro-hime, erkläre du es ihr bitte, ehe ich diese undankbare Katze in Stücke reiße." Myu-Myu zuckte aus zwei Gründen zusammen. Zum einen war da die Anrede Prinzessin Shiro, was ihre Vermutung bestätigte, dass diese drei sehr hochrangige und starke Hundeyoukai waren. Und zum zweiten hatte in diesem Satz nicht einmal eine Drohung gelegen. Eher etwas wie Zurückhaltung. Und ihr wurde bewusst, dass er tatsächlich wegen einer Beschimpfung bereit und fähig wäre, sie zu töten. Das wurde ja immer schlimmer. Fragend blickte sie daher zu der weiblichen Hundeyoukai. Rote Haare hatte sie noch nie bei einem Youkai gesehen. Shiro erkannte den irritierten und ängstlichen Blick. War diese Katze zu jung oder zu unerfahren, um die Regeln des Lebens zu kennen? Sie hatte eigentlich keine Lust, einer fremden Youkai etwas beizubringen, aber die großen Augen guckten sie jetzt so eingeschüchtert an, dass sie ein gewisses Beschützergefühl spürte. Daher meinte sie ruhig: "Unter Youkai in Menschenform, und unter schwerttragenden Youkai, gibt es Regeln des Ehrgefühls. Bis eben dachten wir, Katzen würden auch dazu gehören." Und da sie anscheinend noch immer nicht begriff: "Wir wären weitergegangen, aber Yuri - Yuri-sama für dich - hat dich aus dieser Kiste befreit, dir damit das Leben gerettet. Du schuldest ihm dein Leben. Also ist es nun deine Pflicht, ihm zu folgen, bis du diese Schuld begleichen konntest." "Ich...ihr meint, ich soll jetzt seine Dienerin spielen?!" "Es sein", korrigierte Shiro sofort. Myu-Myu starrte zu den drei empor. Für einen Moment wünschte sie sich, sie hätten sie in der Kiste gelassen. Aber dann gewann ihre Vernunft die Oberhand. Sie wusste nicht, wo sie war, was hier für Gefahren lauern mochten. Die drei Hundeyoukai waren viel stärker als sie und bewaffnet. Sie hatte keine Wahl. Überdies hatte sie das ungute Gefühl, dass diese Prinzessin Recht hatte. Wenn man jemandem sein Leben schuldete, durfte man ihn kaum beschimpfen. Jetzt entsann sie sich auch, dass Hundeyoukai eine strikte Rangordnung hatten. Vermutlich fanden die es völlig normal, dass sie nun diesem da gehorsam sein sollte. Für eine Katze war das freilich eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, jemandem außer der eigenen Mutter zu gehorchen. Sesshoumaru wandte sich ab: "Gehen wir. Entweder sie folgt oder sie stirbt." Er ging. Shiro schloss sich ihm sofort an. Yuri blickte zu dem Katzenmädchen, das mühsam aufstand: "Ich habe wohl keine Wahl", murmelte sie: "Yuri-sama?" "Komm, Myu." Er wandte sich ab. Sie wollte schon protestieren, dass sie Myu-Myu heiße, aber sie schwieg. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass das wieder Ärger bedeuten würde. Die Abenddämmerung hatte gerade begonnen, als sie einen Hügel erreichten, dessen eine Seite steil zum Meer abfiel. Auf der landeinwärts gerichteten Hälfte öffnete sich eine große Grotte. In deren Mitte war ein See mit fast schwärzlichem Wasser. "Tsukis See", sagte Shiro. "Aber er ist nicht hier." "Warten wir." Sesshoumaru verließ die Höhle wieder, blieb draußen stehen, witterte. Die anderen drei folgten ihm. Myu war sehr überrascht. Tsuki? Der einzige mit dem sie diesen Namen verbinden konnte, war der Gott des Mondes. Was hatten denn drei Hundeyoukai von fürstlichem Rang mit dem Mondgott zu schaffen? Shiro sah sich um: "Dort ist eine heiße Quelle, aite." "Regeneriere dich", antwortete Sesshoumaru nur und sie verschwand im Gebüsch. Aite - Gefährte? Myu dachte nach. Dann waren diese beiden also verheiratet? Gefährten? Bei Katzen gab es so etwas nicht, aber sie hatte einmal gehört, dass bei Hunden immer der weibliche Teil dem männlichen gehorchen musste. Auch wieder eine Sache, die für eine Katze unmöglich war. Sie zuckte unwillkürlich zusammen, als dieser Hundeyoukai mit dem Fell über der Schulter knapp vor ihr stand. Er war viel größer als sie, sie erreichte kaum seine Brusthöhe und starrte nun auf den dunklen Panzer. "Hilf ihr!" Das war ein Befehl, der ihr galt. Myu spürte, wie Zorn in ihr aufstieg. Wofür hielten sich diese arroganten Hunde eigentlich? Es war schlimm genug, dass sie diesem Yuri gehorchen sollte, aber einer wildfremden Youkai beim Baden zu helfen? "Du hast gehört, was der Taishou sagt, Myu", kam es von Yuri. Gleichzeitig fühlte sie ein kurzes Aufflackern von Youki vor sich - ein Ausmaß an Energie, wie sie es noch nie gespürt hatte. Entgeistert erkannte sie, dass das wohl eine Drohung sein sollte. Wie stark war dieser Kerl eigentlich? Hastig sagte sie: "Natürlich, Yuri-sama..." als habe sie auf dessen Einwilligung gewartet und verschwand. Während sie der Nase nach zur Quelle ging, überlief sie ein Schauder. Diese Energie...das war unwahrscheinlich gewesen. Wie hatte Yuri gesagt? Der Taishou? Der Anführer? War das etwa der Inu no Taishou? Der Herr der Hunde? Kein Wunder, dass er dann so stark war. Und diese Shiro war seine Gefährtin. Vermutlich wollten sie sie gar nicht ärgern, sondern betrachteten das als völlig selbstverständlich, dass eine Dienerin eines rangniederen Hundes der Fürstin beim Baden helfen sollte. Hunde hatten es anscheinend nicht gerade einfach, wenn sie immer von einem Ranghöheren herumkommandiert werden konnten. Katzen waren dagegen frei. Shiro wandte leicht den Kopf. Sie lehnte im warmen Wasser der Quelle. Ein wenig überrascht sah sie die Katzenyoukai herankommen: "Was ist?" "Der...der Taishou sagte, ich solle dir helfen, Shiro-hime." Hoffentlich war das jetzt so richtig. Die drei schienen großen Wert auf passende Umgangsformen zu legen. "Lebensmüde?" erkundigte sich Shiro, die sich heimlich freute, dass ihr Gefährte besorgt um sie schien, aber nicht gewillt war, solche persönlichen Anreden einer fremden Youkai durchgehen zu lassen. "Was meinst du?" Irgendwie klang das gar nicht gut. "Gibt es bei Katzen keine Höflichkeitsformen untereinander?" Oder war diese Myu schwer von Begriff. "Äh....nein.... Es gibt ja keine solche Rangordnung." Hatte sie doch schon wieder etwas falsch gemacht? "Ich verstehe. Darum hast du die Anreden verwendet, die du von Yuri hörtest. Aber für dich gilt, dass du jeden von uns mit -sama ansprichst." "Ja, Shiro-sama." Verdammt, dachte Myu. Ich will hier weg. Aber sie brauchte sich nur im dunklen Wald umhören, um zu wissen, dass da ganz andere Schwierigkeiten auf sie lauerten, als falsche Anreden. Sie betrachtete jetzt die Hundefürstin genauer, erkannte an ihrem linken Oberarm eine große Narbe, viele kleinere. Das schien frisch zu sein, und obwohl die Hundeyoukai so stark war, hatte sie es wohl noch nicht vermocht, auch die Narben zum Verschwinden zu bringen. Daher vermutlich das Bad hier, jetzt. "Was...was ist mit dir passiert?" erkundigte sie sich. Shiro zog ein wenig die Augen zusammen. Solche Fragen einer Dienerin war sie nicht gewohnt. Aber dann erkannte sie in dem Blick echtes Mitleid. Was war das nur für eine Katzenyoukai? Sie verhielt sich ganz anders, als es solche für gewöhnlich taten. So sagte sie: "Das, was die Piraten auch mit dir vorhatten, wenn du mehr Youki besessen hättest." "Dann hatten sie dich auch entführt? Obwohl du so stark bist?" "Myu, das schickt sich nicht, so zu fragen. - Aber ich werde dir antworten. Ja. Und meine Familie hat mich befreit." Auch sie sagte nur Myu. Das Katzenmädchen beschloss, die Freundlichkeit der Fürstin auszunutzen: "Darf ich dir noch eine andere Frage stellen, Shiro-sama? Warum nennt ihr mich Myu?" "Du sagtest, du heißt so." "Ich heiße Myu-Myu." "Nur Katzen verdoppeln Namen. Hunde nie." Shiro schloss die Augen, sank ein wenig tiefer in das Wasser. Es war angenehm und sie hoffte, auch die Narben so langsam verheilen lassen zu können. Diese Katze war fast amüsant. Ganz offenkundig hatte sie keine gute Ausbildung bekommen, geschweige denn, dass sie viel über Hunde wusste. Sie musste gerade so das Erwachsenenalter erreicht haben. Aha. Myu hockte sich ein wenig irritiert an das Ufer der Quelle. Sie wagte nicht wegzugehen, das würde sicher wieder Ärger bedeuten. Aber diese Hundefürstin wollte wohl gar keine Hilfe. Und was hatte sie da gesagt? Die Piraten waren schuld an diesen Verletzungen gewesen? Das hätte für sie selbst übel ausgesehen, zumal sicher niemand aus ihrer Familie sie befreien gekommen wäre. Miyaki sah sich unbehaglich in der Halle um. Ihr Vater trat zu dem Hausherrn: "Hayao, mein alter Freund..." "Sei mir willkommen. - Und auch du, Miyaki..." Sie neigte höflich den Kopf. Seltsamerweise war ihr nie zuvor aufgefallen, dass ihr Verlobter so alt wie ihr Vater war. Aber sie wusste, dass ihr das egal zu sein hatte. Ihr Vater hatte das Recht, ihr einen Gefährten zu suchen. Warum nur fand sie die Aussicht, Hayao heiraten zu sollen, plötzlich so unangenehm? Aber im tiefsten Innern war ihr klar, warum. Schuld waren grüne Augen, die sie ansahen, der Youkai, der ihrem Flötenspiel so gerne zugehört hatte. Sie musste sich zusammenreißen. Ihr Schicksal hieß Hayao und daran konnte sie nichts ändern. "Hayao, ich möchte dich nun bitten, dein Wort einzulösen, Miyaki zu deiner Gefährtin zu machen." "Natürlich. Hat Sesshoumaru-sama der Übertragung der Eigentumsrechte zugestimmt, so dass dein Enkel, mein Sohn, unsere beiden Ländereien haben kann?" "Der Fürst war nicht da und Inuyasha-sama war wohl noch zu beschäftigt. Aber das ist ja nur eine reine Formsache. Ich bin mir bewusst, dass es recht kurzfristig ist, aber Miyaki ist nun alt genug, um Pflichten zu übernehmen, sich nicht mehr durch Gedichte oder Flöte ablenken zu lassen." "In der Tat. Zu solch einem Unsinn wird sie nicht mehr kommen." Miyaki schluckte unwillkürlich. Das hörte sich nicht so an, als ob sie weiterhin spielen dürfte. Wieder stieg ein anderes Gesicht vor ihrem inneren Auge auf, wieder musste sie es mit Gewalt vertreiben. Sie hatte keine Wahl. Hayao fuhr fort: "Und wenn ich sie so betrachte, bin ich begeistert von der Aussicht, sie unverzüglich zu meiner Gefährtin zu machen. Tauschen wir die Versprechen, mein Freund, und ich werde dann nur zu gern sofort die Paarung durchführen." "Das wird dann die kürzeste Ehe aller Zeiten", sagte jemand kalt. Alle drei Hundeyoukai im Raum wandten erschreckt die Köpfe, zumal als eine Woge von Youki zu spüren war, die sie überraschte. Sie erkannten gerade noch, dass sich ein Dimensionsportal schloss, durch das der unerwartete Besucher gekommen war. "Du schon wieder!" fauchte Miyakis Vater, erstaunt über die Energie des Fremden, die er zuvor im Schlossgarten nicht bemerkt hatte. Aber das war ja fast egal. Was traute sich dieser dahergelaufene Lümmel eigentlich? Immerhin war der unbewaffnet, war wohl kein Krieger, und er selbst trug sein Schwert. Hayao starrte den Unbekannten an: "Was wagst du! Hier einfach so in mein Haus zu platzen und dumm daherzu..." Plötzlich wurde ihm bewusst, dass der Neuankömmling lange, rote Haare und grüne Augen hatte. Und es gab nur einen einzigen männlichen Hundeyoukai auf den diese Beschreibung passte. Bestürzt warf er sich auf die Knie, berührte mit der Stirn den Boden: "Akamaru-sama! Verzeiht mir, edler Fürst! Ich habe Euch nicht sofort erkannt!" "Akamaru..." ächzte Miyakis Vater, ehe er hastig nach dem Handgelenk seiner erstarrten Tochter fasste, sie mit sich zu Boden zog. Akamaru. Fürst der südlichen Gebiete, Nummer vier der strikten Hundehierarchie. Und ihm war klar, dass er und sein alter Freund nur unter ferner liefen rangierten. Mit Entsetzen dachte er daran, wie er den Fürsten beschimpft hatte. Wollte dieser ihn jetzt bestrafen? Ihn töten? Und seine Familie dazu? Das Recht dazu - und die Macht - hatte Akamaru-sama. Darum wäre es auch völlig sinnlos, um Gnade zu bitten. Obendrein benötigte der Fürst gewiss kein Schwert, um sie alle drei in Sekunden zu erledigen. "Willkommen in meinem Haus..." brachte Hayao hervor: "Was...was wünscht Ihr, edler Fürst?" Er hob etwas den Kopf. "Du trittst von deiner Verlobung mit Miyaki zurück. - Oder wir kämpfen um sie." Akamaru betrachtete nachdenklich seine Finger. Miyaki glaubte nicht recht zu hören. Ein so hochrangiger Hundeyoukai hatte mit ihr gesprochen, sie hatte ihm vorgespielt. Er war mehr als nett zu dem unbedeutenden Mädchen aus der Provinz gewesen. Und was er da jetzt sagte! Sie wagte es, ein wenig den Kopf zu heben. Die Finger ihres Vaters umklammerten noch immer ihr Handgelenk. Hayao brauchte nicht zu überlegen. Er hatte die Wahl zwischen einem Leben ohne Miyaki und dem Tod, denn er bildete sich nicht ein, auch nur zwei Sekunden lang einen Kampf gegen einen Youkaifürsten durchzuhalten. "Selbstverständlich trete ich zurück", antwortete er hastig: "Es ist sehr großzügig von Euch, mir dies zu erlauben." Immerhin hätte der Fürst ihn auch gleich umbringen können. "Verzeiht, wenn ich das so sage, Akamaru-sama...aber welches Interesse habt Ihr an meiner Tochter?" Immerhin musste er sie doch beschützen, auch, wenn er keine Ahnung hatte, wie er das bewerkstelligen sollte. "Ich möchte sie zu meiner Gefährtin. Hast du Einwände?" "Nein, natürlich nicht, nie im Leben." Erstens gab es kaum etwas besseres, als der Schwiegervater eines Fürsten zu werden und zweitens hatte da etwas in der Stimme des Herrn der südlichen Gebiete gelegen, das keine andere Antwort zuließ. Miyaki hob den Kopf, starrte Akamaru völlig fassungslos an. Dieser bemerkte es: "Ich sagte dir, was ich für ein Haus führen will. Und du wirst das tun." "Ja, Akamaru-sama..." brachte sie heraus. In den letzten Minuten waren auch ihre kühnsten Träume wahr geworden. Vor der Höhle des Mondgottes warteten vier Youkai. Sesshoumaru lehnte an einem Baum und sah ins Nichts, Shiro an einem anderen. Beide sprachen nicht und Myu fand das mehr als eigenartig. Sie hätte erwartet, dass sich ein Paar unterhalten würde. Sie selbst hatte sich wohlweislich ein Stückchen entfernt niedergelassen, versuchte, die seltsamen Verhaltensweisen der Hunde zu studieren. Yuri saß gute drei Meter neben ihr, beachtete sie auch nicht. Plötzlich zuckte sie zusammen, als sie hinter sich Youki fühlen konnte, ungefähr in der Stärke, wie sie selbst es besaß. Erschreckt fuhr sie herum. Hinter ihr im Dschungel war etwas. Aber was? Sie wollte schon aufspringen, wegrennen, als etwas wie Wind an ihr vorbeistrich, Bäume zerriss - und auch das schlangenartige Wesen, das sich angeschlichen hatte. Myu starrte für einen Augenblick bestürzt hin, ehe sie sich umdrehte. Yuri hatte anscheinend nur eine Handbewegung gemacht, nicht einmal sein Schwert gezogen. Sie begriff, dass der Wind, den sie da gespürt hatte, sein Youki gewesen war, sein Angriff. Er hatte sie gerettet. Sie krabbelte etwas näher zu ihm, kniete sich hin: "Du...du hast mich beschützt, Yuri-sama." "Natürlich. Du gehörst zu mir." Sie musste diese neue Information verdauen. Bedeutete das etwa, dass bei den Hunden Schutz gegen Gehorsam stand? Wenn man nicht selbst stark genug war, wurde man beschützt, musste dafür aber gehorchen? Yuri sah sie an: "So überrascht, Myu?" "Ich danke dir", sagte sie hastig, da sie vermutlich schon wieder unhöflich gewesen war: "Ich bin nur nicht gewohnt, dass mich jemand beschützt." "Ist das unter Katzen nicht üblich?" "Nun, meine Mutter hat mich beschützt, bis ich großjährig war. Dann musste sie es nicht mehr." "Bei deinem Youki? Mir will scheinen, dass dir auch gewöhnliche Tiere gefährlich werden könnten." "Ja." Myu blickte zu Boden: "Sie war auch sehr böse auf mich. Sie sagte immer, sie wisse nicht, was sie bei mir falsch gemacht hatte. Meine Geschwister waren alle viel stärker und sie war sich sicher, dass sie sich auch bei mir mit starken Katern gepaart hatte. Darum hat sie mich ja auch weggeschickt." "Deine eigene Mutter hat dich weggeschickt?" Yuri konnte es nicht fassen. Unter Hunden galt die Familie, zumal die engste, sehr viel und niemand würde verstoßen werden, nur weil er schwach war. Er hätte sicher andere Fähigkeiten, die nützlich für die Gemeinschaft wären. "Sobald du großjährig warst?" "Ja." Myu betrachtete das Gras vor sich. Es schmerzte sie noch immer: "Sie und meine Geschwister wollten mit einem so schwachen Wesen nichts mehr zu tun haben. Sie sagten, wenn ich noch einmal zurückkäme, würden sie mich im Brunnen ertränken." Katzen, dachte Yuri wütend. Für einen Moment überlegte er, ob er sich nicht diese Familie mal vorknöpfen sollte. Aber er meinte nur: "Du bist also allein gewesen. Darum konntest du auch den Piraten in die Hände fallen." "Ja." Myu seufzte ein wenig: "Und selbst für die war ich zu schwach. Ich weiß ja, dass ich nichts wert bin." "Du bist schwach. Aber möglicherweise hast du andere Fähigkeiten." Das Katzenmädchen hob ungläubig den Kopf. Ihr ganzes Leben lang hatte man ihr gesagt, dass sie wertlos sei, zu schwach. Und jetzt deutete ausgerechnet ein Hund an, dass sie vielleicht doch etwas können würde? Aber sie meinte: "Ich weiß von keiner, Yuri-sama. - Und mein Youki...meine Mutter meinte, es sei gerade so, dass ich kein Mensch sondern eine Youkai bin. Aber mehr geht nicht." "Wir werden es auf unserer Reise sehen." Sesshoumaru hatte zugehört, ohne sich eine Regung anmerken zu lassen. Das erinnerte ihn an den Fehler, den er gemacht hatte, als er Inuyasha verachtet hatte, um des Blutes seiner Mutter willen. Auch er hatte sein engstes Familienmitglied verachtet, fast getötet. Vielleicht würden die Katzen auch irgendwann einsehen, dass dies falsch war, Myu wieder aufnehmen. Diese sah vorsichtig zu Yuri: "Verzeih, wenn ich frage: dieser Tsuki, auf den ihr wartet, ist das der Mondgott?" "Ja. Wir haben einen Auftrag von Izanagi persönlich bekommen. Tsuki soll uns helfen." Yuri lächelte ein wenig: "Erschreckt?" "Ja", gab Myu zu. Wieso hatten Hundeyoukai einen so guten Draht zu den Göttern? Aber eigentlich ging sie das ja nichts an: "Eine Reise, wohin?" "Das wissen wir nicht." "Und du willst mich mitnehmen?" "Ja. Du gehörst mir und ich kann dich kaum hier auf der wilden Insel allein zurücklassen. Das wäre dein sicheres Todesurteil." Myu betrachtete ihn. War das sein Ernst? Sie sollte mit auf eine Reise, die von Göttern befohlen worden war? Andererseits mochte er Recht haben und sie auf dieser Insel wirklich in Lebensgefahr sein. Immerhin hatte er ja gesagt, er würde sie beschützen. Sie drehte ein wenig den Kopf. Der Fürst und seine Gefährtin hatten gewiss zugehört, aber sie schwiegen weiterhin. So sah sie wieder zu dem Hundeprinzen: "Danke", sagte sie nur. Eine helle Energie war zu spüren, als aus der Höhle ein junger Mann trat mit langen, dunkeln Haaren. Sofort waren alle Youkai auf den Füßen. Hoffentlich würde der Gott des Mondes und der Zeit neue Informationen haben. ***************************************************** Sollte er. Schließlich wird es an der Zeit, dass sie sich auf die eigentliche Jagd nach Dai Oya begeben. Und ob es so eine weise Entscheidung war, Myu mitzunehmen, wird sich noch zeigen. Das nächste Kapitel heisst: "Überraschungen". Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich wie gewohnt eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 15: Überraschungen -------------------------- Ich muss feststellen, dass ihr mich ganz gut kennt... Ja, mit Myu hat es eine eigene Bewandtnis. Viel Spass beim Lesen! 15. Überraschungen Tsuki betrachtete das Katzenmädchen, ehe er sich an Sesshoumaru wandte: "Wie euch mein Herr und Vater Izanagi sagte, ist Dai Oya in den Wirren der Zeit verschwunden. Da es mir unmöglich ist, ihm dorthin zu folgen, weil dies für den Zeitteppich schwerwiegende Probleme verursachen würde, war es ein wenig heikel, seine Spur zu verfolgen. Ich bin jedoch davon ausgegangen, dass er ein starker Magier ist und mit einer solchen Zeitreise auch ein enormes magisches Potential verbunden ist. So habe ich nach einem Punkt in der Zeit gesucht, an dem eine magische Explosion erfolgt. Dort sollte Dai Oya in seiner jetzigen Form zu finden sein." "Sollte", wiederholte der Hundefürst. Tsuki zuckte ein wenig entschuldigend die Schultern: "Ich bin nicht allmächtig, wie du weißt. Aber das ist der beste Weg, den ich euch sagen kann. Und eine magische Explosion fand hier auf dieser Insel statt. Ich vermute, dass er dorthin geflüchtet ist, in eine Gegend, in der er sich gut auskennt. Er muss nur beachten, sich selbst nicht zu begegnen. - Wenn ihr in meinen See springt, werdet ihr nun auf Le-chan-po vor mehr als fünftausend Jahren landen. Ich kann euch nicht viel sagen, was dort geschieht. Nur solltet ihr eines beachten. Ihr seid sehr starke Youkai. Zur damaligen Zeit hatte Izanagi-sama ein scharfes Auge auf diese Insel. Und damals weiß er nicht, dass er euch heute beauftragt hat. Er würde euch sicher angreifen, würdet ihr seinen Hohepriester töten. Das Beste wird sein, dass ihr euer Youki versteckt, euch als Menschen ausgebt, bis ihr Dai Oya gefunden habt." Nicht schon wieder, dachten Sesshoumaru und Yuri gleichzeitig. Aber immerhin war der Tipp nicht schlecht. "Falls wir ihn dort nicht finden?" erkundigte sich Shiro. "Dann werde ich versuchen, Kontakt mit euch aufzunehmen, euch eine andere magische Explosion zu zeigen. Aber grundsätzlich seid ihr bei Schwierigkeiten allein auf euch angewiesen. - Und ob dieses Kätzchen eine Hilfe ist, sei dahingestellt." "Würdest du auf sie aufpassen?" fragte Yuri prompt, der auch wenig Lust verspürte, jemanden auf solch eine Reise mitzunehmen, den er dauernd beschützen müsste. Andererseits wollte er sie auch nicht allein unter den Bestien der Insel lassen. "Ich?" Tsuki schien entsetzt: "Wirklich nicht. - Also geht." Da die drei Hundeyoukai sofort die Grotte betraten, kam auch Myu mit, die mehr als furchtsam war, was das jetzt werden sollte. Zu ihrer Überraschung blieben der Hundefürst und seine Gefährtin nur kurz am Ufer stehen, ehe sie absprangen, mitten in die schwarze Flüssigkeit hinein. Täuschte sie sich oder schienen sich die beiden aufzulösen, sobald sie das Wasser berührten? War das der Weg in die Zeit? Sie hätte gern Yuris Hand genommen. Immerhin war er der Einzige, der ihr Schutz zugesagt hatte. Aber soweit sie je gehört hatte, wäre das mehr als unhöflich gewesen. So fasste sie einfach seinen weiten Ärmel. Der Youkaiprinz warf ihr einen raschen Blick zu. Das war eine recht vorwitzige Geste. Niemand durfte einen hochrangigen Hundeyoukai berühren. Er erkannte jedoch, wie ängstlich sie war, jetzt auch fest die Augen zusammenkniff. Vermutlich musste sie ihren ganzen Mut zusammennehmen. Auch ihm war nicht sonderlich wohl bei der Vorstellung, mal eben fünftausend Jahre zurückzulegen, aber er wusste, dass Sesshoumaru und Shiro solch eine Zeitreise bereits hinter sich gebracht hatten. Auch Inuyasha und seine miko pendelten regelmäßig zwischen zwei Zeiten. Das war wohl kein Problem, wenn man Tsuki auf seiner Seite hatte. So sagte er zu Myu: "Spring!" Und da sie gehorchte, machte auch er einen weiten Satz, mitten in das, was nur so aussah, wie Wasser, aber ein Portal durch die Zeiten war. Sesshoumaru und Shiro waren nicht sonderlich überrascht, wieder in der Grotte zu stehen. Aber ein Blick nach draußen verriet ihnen, dass die Landschaft sich verändert hatte. Statt des dichten Urwaldes der wilden Insel waren es hellere Wälder und sie konnten bebaute Felder wittern. Rechter Hand, nach Norden, schienen die Forste dichter zu werden. Der Youkaifürst drehte den Kopf, als er spürte, dass auch Yuri mit seinem Anhängsel angekommen war. "Gehen wir." Er wandte sich nach Norden. Die drei Hundeyoukai konnten dort eine magische Macht erkennen. Sie selbst hielten ihr Youki sofort wieder unterdrückt, um nicht auf sich aufmerksam zu machen. Wer auch immer sie traf, würde sie zunächst für Menschen halten. Shiro machte einen Schritt vor, um fast neben ihren Gefährten zu kommen: "Sesshoumaru-donno?" "Was ist?" Ihm war bei dieser Anrede bewusst, dass sie eine offizielle Mitteilung machen wollte. "Stahladler. Ich glaube, Stahladler zu wittern. Sehr fern, aber falls sie uns angreifen, müssen wir auf der Hut sein." "Kannst du mit ihnen reden? Dein Vater hatte solche in seinem Heer?" "Auch Akamaru hat sie. Nein. Sie gehorchen nur dem, dem sie Treue schworen. Wenn der Befehl zum Angriff erfolgt, greifen sie an." Sie warf einen kurzen Blick zurück zu Yuri: "Sie können ihre Schwungfedern abschießen. Und diese sind wie bester Stahl. Ein Angriff durch Stahladler bedeutet einen Angriff von Hunderten von Stahlpfeilen." Der Youkaiprinz zuckte die Schultern: "Wie stark sind sie?" "Sie sind auch für uns eine Gefahr, wenn sie zu viele sind." Shiro klang gleichmütig: "Aber ihr Befehlshaber wird auch dabei sein. Und es ist nicht sehr einfach, Stahladler dazu zu bekommen, zu gehorchen." "Also könnte es Dai Oya sein." Yuri nickte: "Immerhin." Myu sah erstaunt von einem zum anderen. Die Fürstin hatte da gerade etwas gewittert, dass auch ihnen gefährlich werden konnte, aber sie machten nicht den Eindruck, ängstlich zu werden. Stattdessen freuten sie sich fast, weil es schon schien, als ob sie diesen Dai Oya, ihr Ziel, ihre Beute, finden könnten. Hunde. Ob sie sie je verstehen würde? Sesshoumaru prüfte den Wind. Ja, Shiro konnte recht haben. Er selbst war Stahladlern nur einmal begegnet, als sie gegen den Vater der Zwillinge gekämpft hatten, aber der Prinzessin der südlichen Länder war dieser Geruch vertraut. So würde sie sich sicher nicht irren. Er ging langsam weiter. Die Stahlfederangriffe könnten ein Problem darstellen, zumal, wenn Dai Oya mit auftauchen würde. Dessen Magie war sicher nicht ohne. Aber war er erledigt, würden auch die Adler von einem weiteren Vorgehen absehen. Sie wanderten stundenlang durch den immer dichter werdenden Wald, ohne Menschen oder Youkai zu begegnen. Myu lief in der Reihe zwischen Shiro und Yuri und erkannte auf einmal dankbar, dass der Prinz sie nicht wie eine gewöhnliche Dienerin hinter ihm laufen ließ, um einen möglichen Angriff selbst abfangen zu können. Er wollte sie wirklich beschützen. Und das Katzenmädchen hatte plötzlich ein sehr warmes Gefühl in der Brust. Nie in ihrem Leben hatte jemand sie freiwillig behütet. Ihre Mutter hatte es nach der Tradition müssen und die erste sich bietende Gelegenheit genutzt, sie loszuwerden. Dieser Hundeprinz verlangte dafür nicht anderes, als dass sie tat, was er sagte - oder auch die Leute forderten, die über ihm in der Rangordnung waren. Aber wenn sie es sich recht überlegte, kamen dafür nur noch der Fürst und seine Gefährtin in Betracht. Anscheinend war es für die Hunde so: solange sie diesen dreien gehorchte, würden sie sie beschützen. Vor einigen Wochen hätte sie das noch strikt abgelehnt, überhaupt jemandem gehorsam zu sein, aber hier, in einem unbekannten Wald einer unbekannten Zeit, überlegte sie, ob das nicht eigentlich ein kleiner Preis für Leben und Sicherheit war. Ohne diese Hunde wäre sie jetzt schon zweimal tot. Sesshoumaru blieb kurz stehen. Sie hatten den Rand des Waldes erreicht. Vor ihnen dehnte sich eine Tiefebene. In fünftausend Jahren würde sie von Meerwasser überflutet sein. Erst dort hinten am Horizont die Berge würden die dritte Insel bilden, die von Le-chan-po übrig bleiben würde. Und dort unten in der Tiefebene war die magische Macht, die sie angelockt hatte. Es war nichts zu erkennen, was auf eine Falle hinwies. So sprang er hinunter. Shiro folgte sofort. Myu fühlte sich hochgehoben und in weiten Sätzen mit bergab getragen. Sie war überrascht. Weniger, dass Yuri sie hochheben konnte, als vielmehr, dass er es tat. Nun, alle Hunde waren größer als sie, selbst die Fürstin überragte sie, aber dass er so nett war... Unten blieben sie stehen, witterten. Myu spürte etwas, das sie zittern ließ. Da war eine Magie am Werk, die sie irgendwie erkannte und sie frösteln ließ. Sie konnte es jedoch nicht benennen. Ob sie die anderen darauf aufmerksam machen sollte? Aber sie besaßen soviel mehr Youki als sie, sie müssten es doch auch bemerken? Sie konnten sicher alle drei mehr zaubern, als sie es auch nur spüren konnte. Und sie war doch ein Nichts, ein Niemand, gegen so starke Youkai. So schwieg sie, zu besorgt, sich einer Strafe auszusetzen. Sesshoumaru ging langsam weiter. Hier auf der Ebene war es kühl und der Wind pfiff scharf. Die wenigen Bäume waren niedrig und verkrüppelt, beugten sich unter der Kraft der Stürme alle nach Osten. Aber etwas war hier, Magie, er konnte es nun deutlich spüren, ohne sie identifizieren zu können. Und der Geruch nach Stahladlern wurde immer deutlicher. Seltsamerweise begannen einzelne Schneeflocken zu tanzen. Es war Hochsommer und das hier eine Tiefebene - das war unlogisch, es sei denn, ein Zauber war am Werk. Ohne sich umzublicken sagte er: "Shiro, Yuri, wenn uns etwas angreift, übernehmt die Verteidigung." Myu war wieder etwas überrascht. Die beiden nickten nur knapp, aber keiner fragte, was der Youkaifürst tun wollte. Durfte man das auch schon wieder nicht? Oder wussten sie, was er tun würde? Ob sie diese komischen Hunde je verstehen würde? Und wieso ordnete der Taishou das jetzt an? Seit Stunden war nichts passiert. Konnte er auch die Magie spüren, die der Katzenyoukai mittlerweile einen Schauder nach dem anderen über den Rücken jagte? Doch, dachte sie. Genau das ist es. Sie sind sicher, in einer Falle zu sein. Aber warum drehen sie nicht um, versuchen zu fliehen? Sie hob den Kopf. Ihre Angst stieg von Minute zu Minute: "Yuri-sama..." begann sie zögernd. "Was du tun sollst? Bleib unten und komm uns nicht in die Quere, " sagte der ohne nachzudenken. Auch er musterte immer intensiver die Gegend. "Ein Bannkreis!" Shiro blieb stehen. Im gleichen Moment spürten es auch die anderen. Sie waren mitten in eine Falle gelaufen. In dem Augenblick, in dem sie genau die Mitte des Bannkreises erreicht hatten, wurde der aktiviert. Ein Schneegestöber kam auf, das es fast unmöglich machte, weiter als zwei Meter zu sehen. Zum Glück wurden weder Ohren noch Nasen besonders davon betroffen. Myu fühlte einen Stoß, der sie auf die Knie fallen ließ. Sie war verwirrt, fast etwas empört, aber als sie aufsah, erkannte sie den Grund. Vor ihr stand der Herr der Hunde, links neben ihr seine Gefährtin, Yuri-sama rechts von ihr, alle ihr den Rücken zugewandt. Sie hatten sie eingekreist, wollten sie offenkundig beschützen. So blieb das Katzenmädchen auf Knien, versuchte nur zu erkennen, was jetzt geschah. "Was bewirkt der Bannkreis?" fragte Yuri, die Hand am Schwert, mit allen Sinnen in das Schneetreiben spürend. "Schnee und Eis", erwiderte Sesshoumaru: "Wettermagie." Das war interessant. Eigentlich gab es nur sehr wenig Youkai die das beherrschten - und auch nur wenige Menschen. Ob das Dai Oya war? Aber nichts an diesem Bannkreis zeigte seine Witterung. Das mochte nach fünftausend Jahren nichts heißen, aber es konnte ebenso bedeuten, dass dieser Bannkreis nicht von ihm erschaffen worden war. Auch der Youkaifürst versuchte, zu erkennen, welche Gefahr der dichte Schneefall barg, abgesehen davon, dass er den Boden bereits bedeckte. "Stahladler." Shiros ruhiges Wort bewirkte, dass alle drei Hundeyoukai die Schwerter zogen. Myu presste beide Hände an das Gesicht. Das würde also das werden, worüber sie sich zuvor unterhalten hatten? Adler, die Stahlpfeile losschicken konnten? Wie sollten die drei das denn überstehen? Oder sie selbst? Was tat sie hier eigentlich? In einem Bannkreis, in einem Schneesturm in einer fremden Zeit? Sie wollte hier weg! Ihre Furcht steigerte sich. Sie blickte zu der Fürstin, die sie für die schwächste hielt. Schatten waren oben im Schneegestöber zu entdecken, dann glitzerte etwas. Warum tat Shiro-sama nur nichts? Myu erkannte, dass da sicher zwanzig solcher stahlglitzernden Pfeile auf die Hundeyoukai losrasten, ohne dass die sich bewegte. Nur plötzlich schlug sie mit ihrem Schwert einen Kreis vor sich. Etwas leuchtete auf und selbst Myu spürte das Youki. So stark konnte eine weibliche Youkai sein? Sie starrte überrascht auf die Stahlpfeile, die an der Abwehr abgeprallt waren, jetzt harmlos im Boden steckten. Sie wandte den Kopf. Yuri-sama schien eine andere Technik zu haben. Auch er schlug mit dem Schwert scheinbar durch die Luft, aber lud gleichzeitig die Klinge mit seinem Youki auf. Diese Art der Attacke löste die Stahlpfeile auf, ehe sie herankommen konnten. Und der Hundefürst hatte so etwas Ähnliches. Aber sie setzten alle drei im Kampf Youki ein. Myu unterdrückte ihr Miauen. Wie lange konnten sie das durchstehen? Sie würden doch ihr Youki verbrauchen? Und was würde dann aus ihr? Allein hatte sie keine Chance gegen diese seltsamen Adler. Ihre Furcht wurde zur Panik. Und dann erfolgte es. Myu spürte, wie ihre Gefühle ihren Verstand übernahmen. Oh nein, dachte sie plötzlich: das ist mir schon so lange nicht passiert...ich will hier weg, ja...aber doch nicht die drei umbringen...sie wollen mich doch beschützen...? Aber sie konnte nicht widerstehen. Der Teil ihrer Magie erwachte in ihr, der sich für gewöhnlich so gut versteckte. Ohne nachzudenken, lege sie beide Hände vor sich auf den Boden, nur eine Handbreit auseinander, als ihr Überlebensinstinkt einen Zauber weckte, der für gewöhnlich tief in ihr schlief. Alle drei Hundeyoukai spürten überrascht die unerwartete Magie in ihrem Rücken. Instinktiv setzten sie sich gegen den Zauber zur Wehr. Was bedeutete das? Dort war doch nur Myu? Woher kam dann diese helle Energie? Und noch dazu, eine Magie, die sie zwingen wollte, mit sich zu kommen? Und deren Stärke mehr als überraschend war? Sesshoumaru fuhr herum. Da er Shiro und Yuri befohlen hatte, die Abwehr zu übernehmen, war er der einzige, der sich darum kümmern könnte und sollte. Zu seiner Verblüffung erkannte er, dass das Katzenmädchen auf dem Boden kniete, die Augen geschlossen. Beide Hände lagen auf dem Boden. Zwischen ihnen war der Zirkel einer ungemein starken Magie, die verblüffenderweise menschlichen Ursprungs war, der Zauber einer starken Priesterin. Aber er verschob das auf später. Wichtig war zunächst, dass dieser entweder verschwand, damit sie ungehindert kämpfen konnten, oder aber so verstärkt wurde, dass Myu ihre Absicht vollenden konnte. Wenn er das richtig deutete, wollte sie sich und sie drei hier wegbringen. Im Augenblick kämpfte Myus Magie hauptsächlich gegen das Youki der Hundeyoukai. Wenn das nicht bald beendet wurde, mochte eine magische Explosion hier alles in Stücke reißen. Nur wieso hatte eine Katzenyoukai Menschenmagie? Interessiert stieß er Tokejin in den menschlichen Bannkreis, lud ihn zusätzlich mit seiner Energie auf, bemüht, nur zu helfen, keinen Widerstand zu leisten. Myu hatte kaum bei Bewusstsein gespürt, wie ihr Schutzmechanismus übernommen hatte, sie wegbringen wollte. Aber sie wehrte sich, so gut es ging, wollte die Hundeyoukai nicht allein in der Falle lassen. Sie konnte jedoch spüren, wie sich das Youki der drei gegen sie zur Wehr setzte. Natürlich, sie würden ja nicht wissen....Erschreckt bemerkte sie plötzlich den Hundefürsten vor sich, der sein Schwert in ihren Bannkreis trieb. Wollte er ihn zerstören? Aber dann konnte sie fühlen, dass da Energie zu Hilfe geschickt wurde. Sie würden sich mit ihr verbünden ... Mit einem leisen Seufzen spürte sie, wie der Wirbelsturm ihrer Magie sie selbst umfasste, auch die Hunde einschloss. Sie dachte noch: "Ich habe sie gerettet..." ehe sie bewusstlos wurde. Soweit sie wusste, war sie die einzige Youkai, die ohnmächtig werden konnte. Ein Grund für die Verachtung ihrer Familie. Als Myu erwachte, lag sie auf eine Wiese. Die drei Hundeyoukai standen um sie, betrachteten sie ausdruckslos. Waren sie jetzt wütend auf sie, weil sie sie aus einem Kampf weggeholt hatte? Oder überhaupt? Sie raffte sich auf. "Was für Magie hast du angewendet?" fragte der Inu no Taishou. "Ich ..ich weiß es nicht." Das klang dumm genug. "Du verwendest Magie, ohne sie zu kennen?" vergewisserte sich Yuri. Für Myu war er noch immer der freundlichste der Drei und so versuchte sie es ihm zu erklären: "Ich weiß nicht, was das ist. Das habe ich schon immer. Immer wenn ich sehr große Angst habe, oder wenn ich sehr zornig bin, kommt das, eine Magie, in mir hoch. Ich...ich kann dann nicht mehr denken und dann passiert immer irgendetwas. Meist ist alles um mich kaputt. Einmal war sogar ein Bär tot, der mich im Wald angreifen wollte." "Dann sollten wir dankbar sein, dass du diesmal Teleportation eingesetzt hast", meinte Shiro trocken: "Aber das ist unmöglich. Deine Magie muss doch von jemandem bemerkt worden sein?" "Ja, meine Mutter und Geschwister waren wütend, wenn da etwas kaputtging", murmelte Myu. "Katzen!" In Sesshoumarus Wort lag etwas wie ein Kopfschütteln. Das konnte auch nur Katzen passieren. Jeder Hundeyoukai hätte ein Kind mit solch einer unbekannten Magie zu weisen Leuten gebracht, zur Not zu Menschen, da es sich um menschliche Magie handelte, versucht, herauszufinden, woher diese ungeheure Stärke kam und wie man sie kontrollieren könnte. "Du hattest also sehr große Angst", bemerkte Yuri: "Traust du uns nichts zu?" "Oh, doch...aber ich...ich hatte ja auch um euch Angst. Ihr wart alle sehr nett zu mir..." "Ja, darum hat deine Magie nicht auch nur dich weggeholt, sondern wollte uns mitnehmen." Der Youkaifürst musterte sie. Sie log nicht, hatte wohl tatsächlich keine Ahnung von der Macht, die da in ihr schlief. "Ich habe mich deshalb eingemengt. Sonst hätte die Gegenwirkung unserer Magien dort die halbe Tiefebene zerstört. Und uns alle vier womöglich auch." Myu starrte zu ihm auf. Noch nie hatte sie gehört, dass er soviel gesprochen hatte. Wollte er ihr etwa erklären, was da los war? Aber warum? Er war der Anführer der Hunde und sie nichts als ein kleines Katzenmädchen? Sesshoumaru sah seitwärts: "Yuri, komm mit. - Shiro, du bleibst bei Myu. Und was immer auch geschieht: sie sollen dich für einen Menschen halten." "Ja", sagte diese bloß. Als die beiden männlichen Youkai verschwunden waren, stand Myu vorsichtig auf: "Wo...wo sind sie hin?" Shiro warf ihr einen raschen Blick zu. Sie wusste nicht so genau, wie sie sich diesem seltsamen Wesen gegenüber verhalten sollte. Als Youkai, als Katzenyoukai, war sie lächerlich schwach und unerfahren. Aber da schlummerte eine wilde Magie in ihr, die mehr als beachtenswert war. Und diese Macht war gefährlich. Aber, nun, es war einfach zu verhindern, dass sie erwachte. Myu durfte weder wütend werden noch Todesangst bekommen. So sagte die Youkaifürstin: "Sie suchen den Verursacher des Bannkreises, um ihn zu töten. Wenn das Dai Oya war, ist unser Auftrag beendet und wir können nach Hause." "Und warum sollst du bei mir bleiben, Shiro-sama?" "Nun, jemand muss auf dich aufpassen." "Warum bin ich euch so wichtig?" Das klang kleinlaut. "Du gehörst zu Yuri, bist ein Rudelmitglied." Shiro nahm auf einem Stein Platz. Myu starrte sie an, als sie langsam begriff. Sie war ein Rudelmitglied. Und damit war wohl alles gesagt, ja. Sie hatte auf einmal zwar keine Familie, aber ein Rudel, so seltsam sich das für eine Katze auch anhören mochte. ********************************************** Im nächsten Kapitel wird Sesshoumaru feststellen, dass er gerade zwei Fehler gemacht hat.Einer davon ist die Tatsache, dass sie sich als Menschen ausgeben sollen. Myu mit ihrem Katzenschwanz und den Ohren? Das nächste Kapitel heisst: Eiszeit. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich wie gewohnt eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 16: Eiszeit ------------------- Ja, Myu hat so ihre Eigenheiten... Ihr werdet schon noch die Ursache erfahren. In diesem Kapitel sollen die beiden Damen also Menschen spielen,Myu mit Katzenohren und Schwanz, die beiden Herren suchen den Verursacher des Bannkreises. Natürlich geht etwas schief. Viel Spaß beim Lesen! 16. Eiszeit Shiro hatte sich auf einen Stein gesetzt und sah nachdenklich über das Hügelland. Sie sollte hier auf Myu aufpassen und zugleich einen Menschen spielen. Ein wenig eigentümlich fand sie das schon, ausgerechnet eine junge Katzenyoukai hüten zu sollen, aber der Magieausbruch, den diese gehabt hatte, als sie Todesangst bekommen hatte, war erstaunlich genug gewesen. Und Shiro hatte das dunkle Gefühl, als ob da irgendjemand ihnen nicht alles gesagt hatte. Warum hatte der Mondgott die Kleine so seltsam angesehen? Warum hatte er mit allen Anzeichen des Entsetzens abgewinkt, als Yuri ihn gefragt hatte, ob er nicht auf das Katzenmädchen aufpassen wolle? Hatte Tsuki etwa gewusst, was da in ihr schlief? Myu hockte sich ein wenig ratlos neben die Hundefürstin. Was sollte sie tun? Ansprechen war sicher wieder mal falsch. Vermutlich mussten sie einfach warten, bis die anderen zwei zurückkämen. Aber da war doch etwas? Sie drehte den Kopf zu dem Hügelland. Ihre Ohren hatten Geräusche wahrgenommen: Stimmen, das Knarren von Rädern. Fragend blickte sie zu Shiro, die ebenfalls in diese Richtung blickte, zu wittern schien. "Menschen", sagte sie ruhig: "Du brauchst dich nicht aufzuregen. Wir sind ebenfalls Menschen. Hast du verstanden?" "Ja, Shiro-sama", erwiderte Myu fügsam, die sich noch immer nicht so ganz dran gewöhnt hatte, gehorchen zu sollen. Aber das Gefühl, beschützt zu werden, überwog. Kurz darauf tauchte der Wagenzug auf, den die beiden Youkai schon wahrgenommen hatten. Bewaffnete Männer umgaben mehrere Wagen, deren Last zum Teil verdeckt war, zum Teil aus Tieren bestand, die in Käfigen saßen. Am Beginn des Zuges ritt ein deutlich reich gekleideter Mann auf einem Pferd. Als er die beiden weiblichen Gestalten an seinem Weg sah, zügelte er kurz vor ihnen. Shiro blieb gelassen sitzen. Sie sollte einen Menschen spielen und sie würde diesem Befehl gehorchen. Zum anderen waren für eine so starke Youkai diese vielleicht fünfzig Menschenmänner keine Gegner. Aber der Unbekannte sah auf Myu, die sich fast erschreckt unter seinem Blick näher zu Shiro flüchtete: "Was sehe ich denn da? Diese Ohren? Und ein Schwanz? Eine Katzenyoukai, nicht wahr? Oder ein Katzenhanyou. Das wäre die Attraktion. Nehmt sie mit!". "Ach ja?" Shiro stand langsam auf: "Wie kommst du denn auf diese Idee?" Wie würde sich eine Menschenfrau in dieser Lage verhalten? Die ersten Samurai des Unbekannten, die sich den beiden genähert hatten, blieben stehen, als sie erkannten, dass sie eine Frau in Rüstung und mit Schwert vor sich hatten. "Du willst kämpfen?" fragte einer: "Wir sind in der Überzahl." "Das ist richtig." Shiro sah zu dem Anführer: "Dieses Mädchen ist meine Dienerin. Was willst du von ihr?" "Sie wird die Attraktion bei meiner neuen Schau werden. Tiere wie die hier.." Er deutete hinter sich: "Gibt es immer und an allen Orten. Aber eine echte Youkai?." Die Hundeyoukai zog leicht die Augen zusammen. Sie wusste nicht, was er damit meinte, aber ihr Instinkt warnte sie. Er betrachtete sie nun genauer: "Aber auch du bist eine Seltenheit, meine Schöne. Deine Rüstung und dein Schwert waren so teuer, dass ich sicher bin, dass du damit gut umgehen kannst, nicht wahr? Du bist eine von den wenigen weiblichen Kriegern, die es gibt. - Nun, ich mache dir einen Vorschlag. Ihr beide kommt mit, dient meinem Publikum zur Unterhaltung. Du darfst ihnen im Zirkus zeigen, wie gut du kämpfen kannst. Und deiner kleinen Freundin hier passiert nichts. Bist du damit nicht einverstanden? Nun, meine Männer werden dich ansonsten töten und die Kleine hat keinen Schutz mehr." Myu keuchte erschreckt auf. Shiro wandte den Kopf nicht: "Ruhig", befahl sie: "Reg dich nicht auf." Hätte der Befehl nicht gelautet, sie sollte unter allen Umständen versuchen, eine Menschenfrau zu spielen, hätte es in diesem Moment fünfzig Männer weniger gegeben. Aber sie würde Sesshoumarus Anweisung stets befolgen. So sagte sie gelassen: "Du scheinst auf eine Menge Männer verzichten zu können." "Bist du so gut? Wir werden es in der Vorstellung sehen. Also, kommt friedlich mit. Oder du stirbst. Und die Kleine hier nehmen wir trotzdem mit." Die beiden letzteren Möglichkeiten bezweifelte Shiro. Aber sie hatte keine Wahl: "Und wann können wir wieder gehen?" "Wir werden sehen." Die beiden neuen Gefangenen gingen hinter einem Wagen her, in dem ein katzenartiges Raubtier hinter Gittern gehalten wurde. Shiro sah seitwärts: "Kannst du dich mit ihm verständigen?" Myu blickte überrascht auf: "Mit wem?" "Mit dem Tiger oder was immer er ist." "Nein." Sie klang schon wieder kleinlaut. Zu gar nichts war sie nutze. Shiro nickte nur. Sie hätte interessiert, was diese Männer mit den Tieren - und nicht zuletzt mit ihnen - vorhatten. Schau, der Begriff Zirkus, Vorstellung waren gefallen, aber das war nichts, mit dem sie etwas anfangen konnte. Die einzigen Vorstellungen, die sie kannte, waren die des Kabuki-Theaters bei Menschen. Und dazu brauchte man keine wilden Tiere, keine weiblichen Krieger. Was das wohl werden sollte? Freilich passierte ihnen im Augenblick nichts und die Katzenyoukai schien ruhig zu sein. Immerhin etwas. Eine solche Magieexplosion wie bei dem Kampf gegen die Stahlvögel würde mit Sicherheit die Menschen töten. Sie selbst könnte sich der Zauberattacke widersetzen, vermutlich zumindest, aber dann würde jeder wissen, dass sie eine Youkai war. Und das wäre gegen ihren Befehl. Sie hob ein wenig den Kopf. Da schien etwas wie eine Stadt vor ihnen zu liegen, ein größerer Ort, voller Menschen. Aber der Anführer der Karawane bog ab. Jetzt erkannte sie vor sich die hölzernen Häuser einer Stadt, aber auch ihr eigentliches Ziel. Dort befand sich ein größeres Holzgerüst, vielleicht ein Theater? Aber noch nie hatte sie so ein großes, hölzernes Oval gesehen. Davor befanden sich andere Hütten, Käfige und Gehege. Als sie näher kamen, konnte sie auch verschiedene Menschen identifizieren, die Tiere versorgten oder auch gegeneinander trainierten. Alle blickten neugierig zu der sich nähernden Karawane, die mitten in diesem nur scheinbaren Chaos hielt. "Bringt die beiden Hübschen in den Warteraum in der Arena", rief der Anführer. "Morgen werden wir sehen, wie viele Neugierige sie anlocken." "Eine Frau?" Einer der Männer, die trainiert hatten, musterte Shiro, die den Blick kühl erwiderte. "Tatsächlich. Glaubst du, du hältst lange gegen mich durch?" "Ich habe nur mit Männern gekämpft", erwiderte sie nur. Das war nicht gelogen und sie sollte doch eine Menschenfrau spielen. Würde sie ernst machen, würde dieser Verrückte nicht einmal mehr spüren, dass er sterben würde. "Das könnte interessant werden." Er musterte ihre Figur mit einem derart anzüglichen Lächeln, dass die Hundefürstin ihre Selbstbeherrschung zusammennehmen musste: "Wenn ich gewinne, werde ich dich nicht töten. - He, Iwago-sama?" Der Anführer war inzwischen abgestiegen: "Was ist?" "Wenn man sie besiegt...,kriegt man sie dann?" "Warum nicht. - Jetzt bringt diese beiden zu der Arena!" Myu trat ängstlich eng zu Shiro. Am liebsten hätte sie sich an diese geschmiegt, ohne es freilich zu wagen. Sie hatte schon mitbekommen, dass Hunde keinen Körperkontakt leiden konnten. Aber lieber nahe der Youkaifürstin, als allein unter diesen Männern. Da Shiro ruhig mitging, tat es auch die Katzenyoukai. Sie wurden in einen kleinen Raum gebracht, der sich im Inneren des Ovals befand. Das musste wohl die Arena sein. In zwei Meter Höhe war ein kleines Fenster. Shiro sprang hinauf, sah hinaus. Sie konnte in ein sandiges Oval blicken, das mit Gittern umgeben war, dahinter Tribünen. Sollte sie dort kämpfen um Publikum zu unterhalten? Was waren das hier nur für Sitten? Aber sie ließ sich fallen, landete elegant. "Gut, Myu. Setz dich hin." "Aber.." "Setz dich. Erst morgen geschieht wieder etwas, bis dahin sind wir sicher, ohne dass ich zeigen muss, wer ich bin. Und denk daran, dass Sesshoumaru...Sesshoumaru-sama und Yuri-sama bis dann auch zurück sein könnten." Sesshoumaru. Jetzt wusste sie immerhin den Namen des Anführers der Hunde. Myu ließ sich fallen. Natürlich hatte Shiro-sama Recht. Sie brauchte augenblicklich keine Angst zu haben, im Moment geschah nichts. Und bis morgen könnten die anderen beiden hier sein. Oder auch.....Das Katzenmädchen betrachtete nachdenklich die Hundefürstin, die sich an die Wand lehnte, scheinbar völlig entspannt. Sie hatte gesehen, wie energiereich deren Youkiabwehr war. Wenn sie das mit ihrer Mutter verglich, oder ihren Geschwistern.... Diese drei, denen sie buchstäblich vor die Füße geschwemmt worden war, würden auch jeweils einzeln ihre gesamte Familie auslöschen können, ohne sich auch nur anzustrengen. Myu atmete tief durch. Und diese starke Youkai würde sie beschützen. Also gab es gar keinen Grund, Furcht zu haben. Sesshoumaru und Yuri erreichten wieder die Tiefebene. Diesmal achteten sie sehr auf einen Bannkreis, aber nichts geschah. Auch die Witterung nach Stahladlern fehlte vollständig. So gingen sie immer weiter, nebeneinander, aber fünf Schritte voneinander entfernt, um einem potentiellen Angreifer kein gemeinsames Ziel zu bieten. Die verkrümmten Bäume waren ohne Blätter, was um diese Jahreszeit, im Hochsommer, erstaunlich war. Der Erdboden war hart, als sei er gefroren. Die gesamte Landschaft wirkte wie im tiefsten Winter. Bei ihrem ersten Besuch hier war es ihnen nicht aufgefallen, da sie unwillkürlich mehr auf den Himmel geachtet hatten, um die Stahladler rechtzeitig zu erkennen. Als leichtes Schneetreiben begann, fühlten sie die magische Energie einer anderen Person. Sie blieben stehen. Schnee war das letzte Mal durch den Bannkreis ausgelöst worden. Nun jedoch konnten sie keinen spüren. Aber wer oder was kam da und brachte den Schnee mit? Etwas schien zu kichern und der Schneefall wurde dichter. Die Flocken verwirbelten sich vor ihnen in deutlicher werdenden Schatten, formten sich schließlich zu einer weiblichen Figur. Lange weiße Haare, eisige, grüne Augen und eine Haut wie durchscheinender Marmor. Das weite schneeweiße Gewand unterstrich nur die Blässe der gesamten Erscheinung. Die Hundeyoukai betrachteten sie. Sie nickte leicht: "Ihr schon wieder. Aber jetzt nur zu zweit? Aus meinem Bannkreis seid ihr ja entkommen. Was mich übrigens ein wenig erstaunte. Kein noch so starker Youkai entflieht für gewöhnlich dieser Falle. Dazu benötigt man die Magie eines Menschen. " Sie blickte von rechts nach links: "Wer von euch beiden ist der Stärkere? Denn der darf mit mir kämpfen." Sie schätzte anhand der teureren Kleidung, der besseren Rüstung ihren Gegner ab. Sesshoumaru zog leicht die Augen zusammen: "Dürfen?" "Also du. - Nun, ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich mit dem schwächeren Gegner zuerst kämpfe, fühlt sich der stärkere irgendwann verpflichtet, einzugreifen. Wie langweilig. Das kann man auch gleich anders machen." Der kühle Blick wanderte zu Yuri: "Du darfst eben ein wenig später sterben." Sie sprang zurück: "Ich bin Iza, die Schneekönigin. Und wer mir begegnet, ist tot." Sesshoumaru legte die Hand an Tokejin, versuchte, sie abzuschätzen. Sie war kein Mensch, aber auch keine Youkai, soweit er das sagen konnte. In jedem Fall beherrschte sie Wettermagie. Sie klang sehr von sich überzeugt. Nun, immerhin hatte sie es geschafft, diese Stahladler zu kontrollieren. Shiro hatte erwähnt, dass dies kein so leichtes Unterfangen sei. Also müsste Iza Glück oder Können gehabt haben. Er würde feststellen, was es war. Ein rascher Seitenblick bewies, dass Yuri zurückwich, einen Kampfplatz freigab. So zog er blank. Ein schneller, weiter Sprung auf seine Gegnerin zu und ein Hieb mit seinem Schwert - es war, als ob er durch nichts schnitt. Sie löste sich in einzelne Flocken auf. Er landete, fuhr abwehrbereit herum. Das wäre viel zu einfach gewesen, hätte er jetzt schon gewonnen. Tatsächlich flirrten die Flocken wieder zusammen, bildeten erneut die Gestalt der Schneekönigin. Im gleichen Moment schoss etwas auf ihn zu, vier oder fünf Eiszapfen. Er parierte, lenkte sie von sich ab. Eiszapfen? Welch originelle Kampftechnik. Aber er konnte spüren, dass in dem Eis etwas anderes verborgen lag, Magie. Sie lachte ein wenig: "Nun, du bist schnell. Vielleicht sollte ich dir einen Tipp geben. Wenn ein solcher Eiszapfen deinen Körper trifft, wird sich Eis in dir ausbreiten, bis es dein Herz erreicht. Und dann gehört du mir." "Kontrollierst du so auch die Stahladler?" erkundigte sich Yuri. Sie beachtete ihn nicht, sondern hob die Hand. Ein heftiges Schneegestöber entstand zwischen ihr und dem Youkaifürsten, das es sehr schwer machte, ihre Bewegungen zu erkennen. Aber er witterte die Veränderung in der Luft, als erneut Eiszapfen auf ihn zuflogen. So konnte er sie wieder von sich ablenken. Er hatte keinen Grund daran zu zweifeln, dass ihn Iza kontrollieren würde, träfe einer von denen. Aber sie kamen relativ langsam angeflogen. Und eigentlich war dieser Kampf nervend. Er wich etwas zurück, versuchte, in dem Schneetreiben die Gestalt seiner Gegnerin auszumachen. Mit einem hohen weiten Sprung landete er knapp vor ihr, schlug erneut zu. War er schnell genug gewesen, als dass sie sich nicht mehr auflösen konnte? Seine Klinge prallte auf etwas und er erkannte überrascht, dass sie plötzlich ebenfalls ein Schwert in der Hand hielt, das nun unter dem Schlag von Tokejin zerbrach. Auch dieses hatte aus Eis bestanden. Mit einem Überschlag sprang Iza zurück. Als sie landete, lachte sie ein wenig: "Schnell und stark, ja, ich habe mich nicht geirrt." Sie hob ihre Hände. Sesshoumaru blieb regungslos stehen, als sich das Schneetreiben um ihn verdichtete. Soweit es irgend ging wollte er kein Youki einsetzen. Sie sollten doch Menschen spielen, nicht auf sich aufmerksam machen. Aber das hier sah nicht so aus, als ob es ohne Dämonenenergie gehen würde. Dann erkannte er, was sie plante. Der Schnee wurde immer undurchdringlicher, bildete um ihn eine wirbelnde Wand. Irgendwann sollte er wohl fest genug sein, um ihn bewegungsunfähig zu machen. Er hielt Tokejin waagerecht vor sich, verband seine Energie damit. Der Schneewall um ihn zerfiel in dem bläulichen Licht seines Youki wieder in Millionen einzelner Schneeflocken, die harmlos zu Boden sanken. Er blickte abermals zu seiner Gegnerin. Was sie sich wohl als nächstes einfallen lassen würde? Von Stärke hatte er noch nicht viel gespürt, aber sie konnte sie womöglich verstecken. Oder arbeitete sie lieber mit Tricks? "Hu", sagte sie leise: "Youki eines starken Youkai, fein. Du wirst mir ein sehr nützlicher Diener sein. Sterben brauchst du nicht, aber du wirst verlieren. Denn nun spiele ich nicht mehr!" "Wie langweilig." Warum nur redeten Leute in einem Kampf immer soviel? Aber er hielt die Klinge abwehrbereit, als sie die Arme hob, beide Handflächen ihm zugewandt. Dutzende von Eiszapfen kamen in rascher Folge aus ihren Händen, schossen auf ihn zu. Er lenkte sie seitwärts ab, aber ihm war klar, dass das nur eine Frage der Zeit wäre, bis er doch einen übersehen würde. So sprang er hoch in die Luft, um dem Geschosshagel auszuweichen, lud sein Schwert mit seiner Energie auf, ehe er hinter ihr landete. Iza fuhr sofort herum, musste dadurch aber ihren Angriff unterbrechen. Fast erschreckt spürte sie das Youki, das in der bläulich leuchtenden Klinge steckte, jetzt mit einer knappen Handbewegung auf sie geschleudert wurde. Sesshoumaru beobachtete regungslos, wie sie wieder in einzelne Schneeflocken zerfiel. War es vorbei? Er konnte es kaum glauben. Dazu müsste er mehr Youki einsetzen, nahm er an. Nun gut. Mit der nächsten Attacke würde er alle Energie aufrufen. Hoffentlich fiel es niemandem auf. Aber hier schien weit und breit niemand zu leben, weder Mensch noch Youkai. War sie daran schuld? Er konnte sehen, wie sich erneut die Gestalt aus dem Schnee formte. Gleichzeitig begann der Boden um sie, der von dem fallenden Schnee bedeckt wurde, zu knirschen. Er begriff und sprang empor, blieb in der Luft schweben, während unter ihm eine spiegelnde, glatte Fläche aus Eis entstand. "Du kannst fliegen?" Die Schneekönigin klang fast anerkennend. Aber noch als sie sprach, schoss erneut eine Staffel Eiszapfen auf ihn los. Der Youkaifürst schleuderte sie mit seiner Klinge von sich, parierte bei einem jedoch zu spät. Der Zapfen bohrte sich in sein Schulterfell, drang jedoch nicht bis zu seiner Schulter durch. Das war knapp gewesen. Er hob sein Schwert erneut waagerecht vor sich. Jetzt war endgültig Schluss. Sein gesamtes Youki flammte auf, verband sich mit der Klinge, ehe er den Energieangriff gegen Iza schickte. Die Schneekönigin löste sich wiederum in Flocken auf. Fast gleichzeitig jedoch stoppte das Schneetreiben, das Eis verschwand spurlos. Sesshoumaru landete neben einer kleinen Wasserpfütze, die als einziges noch verriet, dass hier eben noch Schnee und Eis geherrscht hatten. Sein Schwert ruhte bereits wieder an seiner Hüfte. Yuri kam heran. Obwohl er seit ihrem legendären Zweikampf wohl am besten wusste, wie stark sein Cousin war, überraschte ihn die Höhe des eingesetzten Youki immer wieder. "Sie hatte wohl nichts mit Dai Oya zu tun." "Nein. Gehen wir." Sie mussten zu Fuß zurückwandern, da der erneute Einsatz von Dämonenenergie sie vermutlich endgültig verraten hätte. Das würde sie wieder einige Stunden kosten, ebenso wie der Herweg. Lästig, aber notwendig. Sie konnte sowieso nur hoffen, dass niemand diesen Kampf bemerkt hatte. "Taishou, diese Iza sagte, dem Bannkreis konnten wir nur durch Menschenmagie entkommen." "Myu." "Ja. Aber sie ist eine Youkai." Der Youkaiprinz warf einen raschen Blick seitwärts: "Was auch immer sie in Wahrheit ist, sie scheint nichts darüber zu wissen. Wenn du keinen Einwand hast, würde ich sie auch nach dieser Reise in meiner Nähe behalten. Sie macht mich neugierig." "Sicherheit für eine Katze?" Sesshoumaru sah geradeaus. Aber Myu weckte in ihm die Erinnerung an vergangene Reisen, als ein kleines Mädchen ihm durch die Wildnis folgte. Rin war ein Mensch und Myu immerhin eine Youkai, noch dazu eigentlich ausgewachsen. "Es ist deine Sache." "Danke." Die Cousins erreichten den Abhang der Tiefebene und begannen emporzusteigen. ******************************************************** Yuri interessiert sich für Myu, welche Überraschung. Inzwischen haben seine Cousine und deren Schützling ganz andere Sorgen. Das nächste Kapitel heisst: Tödliche Spiele. Wer so nett ist, mit einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich auch eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 17: Tödliche Spiele --------------------------- Der Zirkusveranstalter hat zwei neue Attraktionen. Aber man sollte sich besser genau ansehen, wen man einsetzt.. 17. Tödliche Spiele Gegen Mittag des nächsten Tages hörten Shiro und Myu von oben Stimmengewirr. Als die Hundefürstin zum Fenster emporsprang, hinausblickte, bestätigte sich ihre Vermutung. Diese Arena füllte sich mit Menschen. Wollten die alle zusehen, wie sie kämpfte? Oder die Katzenyoukai besichtigen? Ein seltsames Freizeitvergnügen. Immerhin hatte dieser Iwago, der sie hier gefangen hielt, ihnen Wasser und Essen bringen lassen. Nicht, dass sie es benötigt hätten, aber da Shiro ihr Youki vollständig unterdrückte, um für einen Menschen zu gelten, war das ein gutes Zeichen. Sie sprang wieder hinab. Myu war aufgestanden, guckte sie ängstlich an: "Was machen sie da?" "Menschen. Sie reden und lachen, wollen wohl zusehen, bei Schaukämpfen." "Bist du...bist du sicher, dass es nur Schaukämpfe sind?" Shiro war irritiert. "Was meinst du?" "Shiro-sama, der eine Mann redete doch so, als ob er dich töten wolle." "Das kann er ja versuchen." Unwillkürlich klang die Hundeyoukai arrogant. "Aber ich kann nicht kämpfen." "Das überlasse mir. Bleib ruhig und komme mir nicht in die Quere. Und das ist ein Befehl." "Ja, Shiro-sama." Aber Myu war nicht so ganz beruhigt. Als sich die Tür öffnete, zuckte sie zusammen, sprang instinktiv an die Wand. Die Youkaifürstin hätte fast geseufzt. Eine kleine, ängstliche Katze war schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe. Aber sie blickte die Männer an, die an der Tür stehen blieben: "Was wollt ihr?" "Kommt, ihr zwei. Das Publikum wartet. Das wird euer großer Auftritt." Shiro drehte den Kopf: "Also, komm, Myu. Und reg dich ab!" "Nun, an ihrer Stelle wäre ich auch aufgeregt", sagte einer der Männer mit leichtem Grinsen. "Aber das Problem ist, dass wir es meist mit Anfängern zu tun haben." Und da die beiden zu ihnen kamen, fuhr er fort: "Und was dich betrifft, schöne Kriegerin: sie schließen Wetten ab, wie lange du kämpfen kannst." "Solange ich will." Die Hundeyoukai spürte, wie sich Myu eng an sie drängte, aber sie sagte nichts. "Solange du willst? Na, da bin ich mal neugierig." Die Männer begleiteten die beiden Youkai zu einem großen Tor: "Also, ich erkläre euch euren Auftritt. Dahinter liegt die Arena, in der Mitte wurde ein Pfosten aufgestellt. Er ist gut zwei Meter hoch, sollte also für eine Katzenyoukai kein Problem darstellen. Und an deiner Stelle, Kätzchen, würde ich mich brav da oben hinsetzen." Myu starrte ihn an, ohne genau zu begreifen. Shiro tat das eher: "Und ihr schickt etwas in die Arena, gegen das ich kämpfen soll?" "Ja. Das solltest du wirklich tun, Kriegerin. - Also." Das Tor öffnete sich. "Nun, dann komm." Die Youkaifürstin betrat gelassen die Arena, fühlte Myu nah hinter sich. Mit einer leichten Kopfdrehung betrachtete sie das Rund. Dicht gedrängt standen Zuschauer hinter der Absperrung, schrieen, riefen irgendetwas über sie beide, das sie nicht interessierte. In der Mitte des Platzes war der Pfosten, von dem der Mann gesprochen hatte. "Ist der Sprung auf den Pfosten für dich ein Problem?" erkundigte sie sich. "Nein, Shiro-sama. Aber soll ich da wirklich hoch?" "Höhenangst?" "Nein." Aber Myu wusste, dass die Hundeyoukai sicher besser kämpfen konnte, wenn sie nicht neben ihr stand. So ging sie neben Shiro zu dem Pfosten. Oben war eine Fläche von vielleicht einem Quadratmeter. Mit einem Satz war sie oben, hockte sich nieder, beide Hände zwischen den Knien. Ihr Schwanz hing herunter. Shiro bemerkte, wie er unwillkürlich hin- und herrollte. Myu war also sehr nervös. Hoffentlich gab es nicht wieder eine Magieexplosion. So blickte sie empor: "Reg dich endlich ab, Myu! Du beleidigst mich, wenn du mir nichts zutraust!" Das half. Das Katzenmädchen wollte sicher nicht die einzige Person verärgern, die sie im Augenblick beschützen konnte und das auch beabsichtigte. So guckte sie sich erst einmal ein bisschen um. Diese Menschen starrten sie an, zeigten mit den Fingern auf sie. Hatten sie noch nie eine Katzenyoukai gesehen? Sie blickte wieder hinunter. Shiro-sama stand regungslos da, hatte nicht einmal die Hand am Schwert. Sie wirkte überhaupt nicht aufgeregt. Und Myu entsann sich, wie gelassen alle drei Hunde den Angriff der Stahladler erwartet hatten. Sie verschwendeten keine Energie mit Angst oder auch nur Aufregung, ehe etwas geschah. Ob sie je auch so ruhig werden könnte? Shiro bemerkte, dass eine kleinere Tür auf einer Seite geöffnet wurde. Zwei Männer kamen herein, mit Rüstungen, die den Oberkörper schützten, Helmen und Schwertern im Gürtel. Armselige Menschen, dachte sie. Mit Youki wären sie jetzt schon tot, aber auch ohne war sie immer noch stärker und schneller als ein Mensch. Sie ging ihnen ein bisschen entgegen, um den Pfosten nicht im Rücken zu haben, ehe sie wieder regungslos stehen blieb, nicht einmal die Hand am Schwert. Die beiden Männer hielten in drei Meter Entfernung. Sie waren erfahren in solchen Situationen. Für gewöhnlich hatte der Gegner Furcht, war seelisch angeschlagen durch die Gefangennahme. Diese Frau dagegen wirkte fast eher gelangweilt. Wie gut war sie? Aber sie waren zu zweit und kampferprobt und überdies Männer. So zogen sie in einer synchronen Bewegung ihre Schwerter. "Gut", dachte Shiro. "Sie sind aufeinander eingespielt. Also muss ich einen nach dem anderen erledigen, darf sie nicht zum Zug kommen lassen. Ich muss das Tempo machen." Wie würde eine Menschenfrau jetzt wohl reagieren? Sie sollte doch eine darstellen. Sie würde sich wohl nervös umsehen, beschloss die Youkai und drehte den Kopf zum Tor. Dort war eine Art Loge, in der Iwago saß, der Mann, der sie gefangen genommen hatte. Neben ihm stand ein anderer, militärisch gekleidet. Dieser beugte sich gerade zu seinem Herrn. "Das dürfte der beste Kämpfer sein, den wir seit langem hatten, Iwago-sama", flüsterte er. "Kämpfer?!" Der Veranstalter hob ein wenig die Brauen: "Ich denke, dass sie recht gut sein muss, solch ein Schwert dürfte teuer sein. Aber sie hat gegen unsere Männer keine Chance." "Wir werden sehen. Bemerkt Ihr, wie ruhig sie ist?" "Das dürfte daran liegen, dass sie denkt, mit diesem einen Kampf wäre alles vorbei." Der Ausbilder schwieg. Er hatte Selbstsicherheit erkannt, gepaart mit Kälte. Und außerdem warnte ihn sein antrainierter Kampfinstinkt vor dieser jungen Frau. Er war tatsächlich ein bisschen froh, dass nicht er dort unten gegen sie antreten musste. Die beiden Männer hatten den Seitenblick bemerkt und sofort ausgenutzt. Sie waren die Glücklichen, die das Los gezogen hatten, als erste gegen die rothaarige Schönheit antreten zu dürfen. Wer sie besiegte, würde sie besitzen dürfen. Und solch eine Blöße, den Kopf zu drehen, ohne auch nur ein Schwert in der Hand zu haben, ließen sie sich als erfahrene Kämpfer nicht entgehen. Als eingespieltes Team machten sie beide gleichzeitig einen Schritt auseinander und nach vorn, schlugen von beiden Seiten mit den Schwertern auf die Stelle zu, an der ihre Gegnerin stand, oder besser, eben noch gestanden hatte. Myu keuchte auf, ehe sie erkannte, dass sich Shiro fallen gelassen hatte. Während sie sich mit der linken Hand abstützte, schossen ihre Füße gegen die Knie eines ihrer Gegner. Dieser stürzte. Noch in der gleichen Bewegung drehte sich die Hundeyoukai weiter und stand vor dem anderen Mann, ihr Schwert in der Hand. Er hatte es instinktiv geschafft, seine Klinge zurückzureißen und konnte ihren Angriff parieren, aber er war erschreckt. Solch ein Tempo und solche Kampfkunst hatte er bei einer Frau nicht erwartet. Shiro wich sofort zurück, griff erneut an. Diese Krieger waren gut ausgebildet worden, aber gegen das jahrhundertelange Kampftraining einer Youkaiprinzessin kamen sie nicht an. Auch waren sie langsamer als die Hundeyoukai - und als sich Klinge gegen Klinge drückte, zeigte sich, dass sie auch schwächer waren. Sie stieß ihren Gegner zu Boden, fuhr sofort herum, da sie gehört hatte, dass der zweite schon hinter ihr war, parierte den Angriff. Das war lästig, fand sie. Überaus lästig. Mit Youki wäre das alles kein Problem, aber sie sollte einen Menschen spielen. Wie lange wohl eine Menschenfrau brauchen würde, um den Kampf zu beenden? Das war gleich, beschloss sie dann. Sie würde diese Sache hier und jetzt beenden. Nicht, dass sich Myu noch aufregte - mit allen Folgen. Die Katzenyoukai starrte hinunter, aber sie war sich eigentlich sicher, dass die Hundefürstin mit diesen zwei Menschen fertig werden würde. So war sie nervös, wie ihr hin - und her schwingender Schwanz verriet, aber nicht zu sehr. Danach würden diese seltsamen Menschen sie bestimmt gehen lassen...Sie blickte zu den Zuschauern. Diese schrieen, johlten. Ihnen schien der Kampf zu gefallen. Auf einmal waren alle still, dann lief etwas wie ein allgemeines Raunen durch das Publikum. Myu sah rasch wieder hinunter und erkannte, dass sie den Höhepunkt verpasst hatte. Die Hundefürstin stand zwischen zwei Toten, schob gerade ihr Schwert in die Scheide zurück, als sie sich umdrehte, zu dem Veranstalter blickte. Iwago nickte leicht: "Tja, nicht schlecht, Kriegerin. Ich hoffe nur, du hast nicht gedacht, dass wir dich gehen lassen. - Und da du gut mit deinem Schwert umgehen kannst, darfst du jetzt gegen den besten meiner Männer antreten. Mitsuaki!" Das Publikum schrie auf. Anscheinend konnten sie etwas mit diesem Namen anfangen. Shiro warf einen Blick zu ihrem Schützling. Immerhin schien die junge Katzenyoukai relativ ruhig zu sein. Aber sie hatte inzwischen die Taktik des Veranstalters verstanden. Er würde sie gegen seine Männer solange kämpfen lassen, bis sie zu müde war, sich noch wehren zu können. Sein schöner Plan hatte nur den Haken, dass sie eben keine Menschenfrau war. Sie wich ein wenig von den leblosen Körpern zurück, bemüht, keine Hindernisse im Weg zu haben. Wenn dieser Mitsuaki tatsächlich so gut war, müsste sie sich besser konzentrieren, als in dem Kampf zuvor. Die Tür wurde wieder geöffnet und eine große Gestalt betrat die Arena. Ein Youkai, erkannte Shiro. Der Witterung nach mochte er ein Rinderverwandter sein, aber das war gleich. Er war in jedem Fall zwei Meter groß und hatte vier Arme, vier Hände. In zweien davon trug er Schwerter. Ein Kampf gegen einen Gegner mit zwei Klingen hatte sie gelernt, wenn auch nie in der Praxis ausgeübt. Problematischer war da etwas anderes. Er besaß Youki und sie durfte keines einsetzen. Nun gut, sie war vielleicht schneller als ein Mensch, aber die Frage war, in welchem Verhältnis sie zu Mitsuaki stand. "Shiro-sama..." Sie blickte rasch empor zu der Katzenyoukai: "Was ist?" "Er...er ist sehr groß." "Größe ist nicht alles. Und jetzt sei still." Mitsuaki blieb stehen, betrachtete seine Gegnerin. Sie musste gut sein, wenn sie zwei von Iwago-samas Kämpfern so rasch ausschalten konnte. Aber ihr Glück würde hier enden. Er konnte kein Youki spüren, nur das, was von diesem Katzenmädchen ausging und das war lächerlich. Also war diese rothaarige Frau auch kein Hanyou, wie er schon vermutet hatte. Nur ein Mensch. Er betrachtete sie. Diese grünen Augen musterten ihn und er wurde sich bewusst, dass sie wirklich keine Anfängerin war. Sie hatte gewiss schon auf Leben und Tod gekämpft - und sie hatte immer bestanden. Nun gut, dachte er. Das war mit Sicherheit kein Grund, von seinem üblichen Vorgehen abzuweichen. Er wärmte sich immer zunächst mit Übungen auf, die gleichzeitig das Publikum unterhielten und den Gegner beeindruckten. So hob er die Arme, begann mit einer raschen Reihe komplexer Übungen. Shiro sah ihm dabei ausdruckslos zu. Sie hielt das für dumm. Er zeigte ihr damit seine Bewegungsabläufe, seine Schnelligkeit. Und die war leider recht beachtlich. Er war schneller, als sie ohne Youki. Für einen Dämon war er sicher nicht sonderlich stark, aber es genügte natürlich, um in diesem seltsamen Spiel erfolgreicher als jeder Mensch zu sein. Was musste das für ein Youkai sein, der sich als Unterhaltungsobjekt für Menschen anbot. Ein leises, verächtliches Lächeln huschte um ihren Mund. Aber sie dachte nach. Er war schneller als sie ohne Youki, nicht viel, aber sie schätzte gewiss zehn Prozent. Und für einen Schwertkampf unter Experten war das eine Menge. Seine Zeitberechnung war hervorragend und er war gewiss stärker als sie, so. Sie würde einiges riskieren müssen, um ihn zu besiegen. Die Alternative lautete, dass sie ihr Youki einsetzen würde - und das wäre gegen Sesshoumarus Befehl gewesen und gegen den Rat, den ihnen der Mondgott gegeben hatte. Also hatte sie keine Wahl. Sie ließ ihn nicht aus den Augen, versuchte, Bewegungsmuster zu erkennen. Er schien sich strikt an seine Schule zu halten, die Art, wie er ausgebildet worden war. Sie selbst und Akamaru hatten, um solchem Schwachpunkt auszuweichen, verschiedene Lehrer bekommen, mit verschiedenen Ausbildungen. Aber sie war hier ja fünftausend Jahre vor ihrer Zeit. Der Schwertkampf hatte sich in diesem langen Zeitraum sicher weiterentwickelt. Wenn das die hier übliche Kampftaktik war- und sie entsann sich, dass auch ihre ersten beiden Gegner so gekämpft hatten - könnte sie mit ihrer besseren Technik siegen. Seine zwei Klingen waren ein Problem, aber da musste sie eben schnell sein, immer wieder zurückweichen, um ihm nicht den Gegenschlag zu einfach zu machen, während sie sein eines Schwert angriff. "Shiro-sama!" Der angsterfüllte Ruf des Katzenmädchens ließ sie unwillkürlich herumfahren. Erschreckt betrachtete sie Myu. Diese starrte mit weißem Gesicht seitwärts. Die angelegten Ohren und der buschig gewordene Schwanz verrieten ihre absolute Panik. "Ruhig, Myu!" sagte sie unwillkürlich, ehe sie ebenfalls hinübersah, um zu erkennen, was dort denn gar so Schreckliches war. In der Seitenwand der Arena hatte man ein Gitter geöffnet und ein großer Hund kam langsam herein. Er mochte Rückenhöhe vielleicht eineinhalb Meter haben und sein Gebiss war beeindruckend. Shiro begriff jetzt den infamen Plan des Veranstalters, zumal, als sie bemerkte, wie der Hund Myus Witterung aufnahm. Er war auf Katzen abgerichtet worden. Und während sie mit Mitsuaki beschäftigt wäre, würde dieser Hund auf das Katzenmädchen losgehen. Er war jetzt schon in Lauerstellung. Überdies war das Podest nicht hoch genug, um Myu zu schützen. Sie konnte bereits spüren, wie die magische Energie in ihrem Schützling anstieg: "Myu!" befahl sie scharf: "Reg dich ab! Das ist nur ein Hund. Nur..." Sie betonte es: "Ein Hund!" Nur ein Hund, der auf Katzen abgerichtet ist, dachte Myu verzweifelt, die nur zu gut verstanden hatte, was mit ihr geplant war. Erst dann begriff sie. Shiro-sama war ja eine Hundeyoukai. Konnte sie sich vielleicht dem Hund verständlich machen? Ihm gar Befehle erteilen? Sie wurde ruhiger. Die Youkaifürstin warf einen raschen Blick zu Mitsuaki, der durch das Auftauchen des Hundes ein wenig aus dem Konzept gebracht schien. Nun gut. Sie musste es riskieren, dass er sie von hinten angriff, aber erst einmal sollte sie dieses Tier loswerden. Sie konnte unmöglich gegen einen Youkai ohne ihr eigenes Youki kämpfen, in der Gewissheit, dass Myus Magie jede Sekunde erwachen könnte. So trat sie zwischen das Podest und den Hund, der sich unwillkürlich abduckte, bereit zum Angriff auf sie. Kein Hund, der einigermaßen bei Verstand war oder nicht gerade Todessehnsucht hatte, würde je gegen einen Hundeyoukai die Feindseligkeiten eröffnen. Aber da sie ihr Youki unterdrückte, kam er wohl nicht auf die Idee. Da blieb nur eines. Sie fasste an ihren linken Unterarm, schob den Ärmel zurück, ritzte sich, zur Verwunderung der Zuschauer. Blut quoll aus der Verletzung. Der Hund stellte prompt die Nackenhaare auf, als er den Blutgeruch in die Nase bekam. Er war auf die Jagd nach Katzen abgerichtet worden, aber deswegen hatte er nicht vergessen, wie entfernte Verwandte rochen. Und er erkannte die Hundeyoukai. Ohne zu zögern warf er sich zu Boden, rollte sich auf den Rücken, zeigte demütig seine Entschuldigung. Jeder Hund wusste, was ihm blühte. "Was hat denn dieser dämliche Köter?" erkundigte sich Iwago bei niemand bestimmten. Er hatte damit gerechnet, dass der Hund sofort das Katzenmädchen angreifen würde, das in Panik fliehen würde, zum Vergnügen der Zuschauer. Und diese Kriegerin ihr nicht helfen könnte, da Mitsuaki sie beschäftigen würde. Was machte der blöde Hund jetzt? Hielt er das für ein Kuschelstündchen? "Ich werde Befehl geben, ihn zurückzuholen." Der Ausbilder betrachtete nachdenklich die fremde Kriegerin. Immer deutlicher sagte ihm sein Instinkt, dass da etwas nicht stimmte. Und er war ein viel zu erfahrener Kämpfer, als dass er nicht auf diesen Instinkt gehört hätte. Er verließ die Loge. Er konnte gerade noch sehen, dass Mitsuaki mit der ihm eigenen Geschwindigkeit auf die junge Frau zuschoss, die herumfuhr, ihr Schwert bereits in der Hand. Sie war ebenfalls beachtlich schnell. Die Zuschauer waren begeistert. Sie wussten nur zu gut, wie tödlich Mitsuaki war. Gegen ihn und seine zwei Schwerter hatte noch jeder Gegner alt ausgesehen. Aber ausgerechnet diese junge Frau hielt sich gut. Sie wehrte immer nur eine Klinge mit ihrem eigenen Schwert ab und wich der anderen behände aus. Mitsuaki war ein wenig irritiert. So schnell war noch keiner seiner menschlichen Gegner gewesen. So unterbrach er seinen Angriff. Er war gewohnt, rasch auf seinen Widersacher zuzulaufen, rechts und links in dem ihm eigenen Tempo zuzuschlagen, bis er den anderen getroffen hatte. Nie zuvor hatte jemand diesem Wirbel seiner Klingen solange standgehalten. Und die Technik dieser Kriegerin war sehr gut, wenn auch fremdartig. Er betrachtete sie noch einmal. Dieses Schwert in ihrer Hand...Wenn er sich nicht schwer täuschte hatte das ein Meister angefertigt. Und zwar kein menschlicher Meisterschmied. War das ihr Geheimnis? Sie kämpfte mit einem Youkaischwert? Aber Menschen konnten solche Schwerter doch gar nicht führen? Die Energie der Klinge würde sie früher oder später zerstören. Shiro bemerkte, dass er ihr Schwert musterte und hob es an, hielt es quer vor sich. Sie war versucht es mit ihrem Youki aufzuladen, aber das wäre gegen den Befehl gewesen. "Verstehst du?" fragte sie nur. "Du hast ein gutes Schwert. Aber das wird dich vernichten." "Kaum. Also hast du nicht verstanden." Sie lief los, hob ihre Klinge, als ob sie von rechts oben schlagen wolle. Sofort riss er seine eigene linke Waffe zur Abwehr schräg empor. Diese Schule war so leicht zu berechnen, dachte sie noch, als sie ihre Bewegung im letzten Moment abbrach, sich um die eigene Achse drehend geradeaus zustach. Sein Körper war auf diese Weise ungedeckt gewesen. Noch während Mitsuaki zusammenbrach, erschütterte eine heftige Detonation die Arena. Myu! Dachte Shiro und fuhr hastig herum. Aber das Katzenmädchen starrte nur zum Tor. So folgte die Hundeyoukai ihrem Blick, spürte jetzt erst das vertraute Youki. Aus den Wolken der Explosion, die das Tor zerschmettert hatte - und die Loge des Veranstalters - traten zwei weißhaarige Gestalten. Die Zuschauer schrieen auf. Das waren keine Menschen, die da kamen, das bewies das zerstörte Tor nur zu gut, und jetzt fiel ihnen auch ein, dass diese Katze ja wohl eine Youkai war. Kamen da andere Youkai, um sie zu retten? Sich an den Menschen zu rächen? Auf den Tribünen herrschte Aufregung, panisches Gedränge. Sesshoumaru und Yuri beachteten das Chaos nicht. Der Youkaifürst warf nur einen Blick auf die drei Toten im Sand der Arena, sah dann zu seiner Gefährtin, die gerade ihr Schwert weg schob: "Ohne Youki?" "Dein Befehl." Sesshoumaru hätte fast den Kopf geschüttelt. Natürlich hatte er gesagt, sie solle einen Menschen spielen. Er würde in Zukunft aufpassen müssen mit dem Zusatz: egal, was passiert. Shiro würde sich stets bedingungslos an seine Anweisungen halten, das wusste er nur zu gut. Aber er hatte nicht mit solchen Kämpfen gerechnet. Dessen ungeachtet meinte er: "Wir witterten, dass sie euch mitgenommen hatten und hörten von einer bevorstehenden Hinrichtung." Shiro verstand nun, warum ihr Auftritt derartig explosiv gewesen war, gegen den Rat des Mondgottes. Myu war mit einem weiten Satz direkt vor den Youkaiprinzen gesprungen, umarmte ihn freudig: "Yuri-sama! Bin ich froh, dich wieder zu sehen. Shiro-sama hat mich beschützt!" Ein wenig irritiert blickte er zu ihr nieder. Sie erreichte knapp seine Schulterhöhe: "Lässt du mich los?" Sie gehorchte sofort. Wieso hatte sie vergessen, dass man Hunde nicht anfassen durfte? Yuri sah zu Shiro, die zu ihnen kam: "Nicht schlecht, Cousine." Bevor sie antworten konnte, spürten sie helle Energie. Genki. Tsuki, der Gott der Zeit materialisierte sich neben ihnen. Er warf einen Blick auf die noch immer schreiend fliehenden Menschen, schüttelte ein wenig den Kopf, ehe er meinte: "Ich muss euch leider sagen, dass das Nebelwesen namens Dai Oya, das ihr sucht, sich nicht in dieser Zeit befindet. Die Magieexplosion, die ich hier fand, entstand nicht durch ihn, sondern durch ein Zeitparadoxon." "Und?" erkundigte sich Sesshoumaru, der sich eher die Zunge abgebissen hätte, als zu fragen, was das war. "Nun ja..." Tsuki sah ein wenig verlegen zu Boden: "Wie schon gesagt, es ist sehr schwer, im Webteppich der Zeit etwas zu erkennen. Aber die Explosion, die ich in unserer Zeit hier festgestellt habe, war die, die Myu verursachte. In unserer Zeit hatte sie ja schon stattgefunden, obwohl sie noch gar nicht stattgefunden hatte. Das ist eben ein Zeitparadoxon." "Wir könnten doch Dai Oya in dieser Zeit umbringen, " schlug Yuri vor. "Nein. Denn dann verändert ihr die gesamte Zukunft. Bloß nicht." Tsuki schien so erschüttert, dass sie es ihm glaubten. "Ich habe nun die andere Zeit gefunden. Wenn ihr mich begleiten würdet..." Sekunden später starrten die zurückbleibenden Menschen auf eine leere Arena. *********************************************** Ein Zeitparadoxon, also? Nun, in der Zeit warten noch andere Fallen auf Reisende. Im nächsten Kapitel trefft ihr auch wieder auf die Familienmitglieder, die in Japan geblieben sind. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 18: Frauenprobleme -------------------------- Wie angekündigt ein Blick zu Akamaru und seiner Miyaki... 18. Frauenprobleme Miyaki stand neben Akamaru am Strand. Die Sonne ging unter und der Herr der südlichen Länder betrachtete die letzten Strahlen. Die junge Hundeyoukai war nervös. Ihr Vater und ihr, ja, ihr Gefährte hatten zuvor den Ehevertrag unterschrieben, den Inuyasha als Vertreter des Herrn der Hunde beglaubigt hatte. Akamaru hatte ihrem Vater ein kostbares Schwert gegeben und drei Wagenladungen Seide, was diesen sehr zufrieden gestellt hatte, hatte er doch nicht gewagt, etwas zu fordern. Als sich ihr Vater von ihr verabschiedet hatte, hatte er sie noch einmal ermahnt, demütig und gehorsam zu sein, für das undenkbare Glück, dass ein Fürst aus allen weiblichen Hundeyoukai ausgerechnet sie erwählt hatte. Und zum ersten Mal in ihrem Leben war sie danach durch ein Dimensionsportal gegangen. Das Youki ihres Gefährten war groß genug um sie mitnehmen zu können. Doch was würde jetzt wohl passieren? Akamaru wandte den Kopf. Er konnte wittern, dass sie aufgeregt war. Eben erst fiel ihm ein, dass Mädchen ja nichts über den Ablauf einer Hochzeitsnacht erfuhren. Flüchtig überlegte er, ob Shiro damals auch nervös gewesen war. Aber jetzt war etwas anderes viel wichtiger. Er nahm die Hand seiner Begleiterin: "Du zitterst ja. Dabei will ich dir nichts tun. Nun, zumindest nichts Unangenehmes." Das klang schon etwas tröstlich, fand Miyaki. Aber sie sagte leise, bemüht, ihrem Vater zu gehorchen: "Was soll ich denn jetzt machen, Akamaru-sama?" "Nimm deine wahre Gestalt an. Und dann lauf weg." Sie starrte ihn so verwirrt an, dass er lächelte: "Keine Sorge, ich werde dich schon einholen. Das gehört zum Spiel. So ist das uralte Ritual." Er gab sie frei, ließ sein Youki aufflammen, um sich zu verwandeln. Miyaki wich ein wenig zurück, ehe sie ihre Hundeform annahm, mit kurzen braunen Haaren, aber einem langen, weichen Schwanz. Ihre Augen waren schwarz geblieben. Sie warf noch einen raschen Blick auf den schwarzen Hund mit grünen Augen vor sich, der größer als sie selbst war, ehe sie sich abwandte und davonlief. Akamaru wartete nur kurz, bevor er beschloss, dass dieser Vorsprung reichte. Inuyasha grinste über das ganze Gesicht, als er seinen Cousin am nächsten Morgen traf: "Na, angenehme Nacht gehabt?" "Oh, du weißt gar nicht, wie schön es ist, eine Gefährtin zu haben", sagte der prompt, ohne nachzudenken. "Ach ja?" Inuyasha grinste womöglich noch breiter, was Akamaru zurück auf die Erde brachte: "Natürlich, entschuldige. - Ich möchte noch heute mit Miyaki in den Süden reisen. Sie ist nun die Fürstin und hat Anspruch auf die Morgengabe." Das wusste auch Inuyasha. Jede Frau bekam von ihrem Ehemann am Morgen nach der Hochzeit etwas, das sie absichern sollte, bei Scheidung oder Witwenschaft. "Natürlich. Was willst du ihr denn geben? Sicher kein Schwert." Dieses Geschenk hatten sehr viele Leute als sehr exzentrisch empfunden, auch wenn das natürlich niemand dem Fürsten gegenüber geäußert hätte. Aber wie sollte ein Schwert Shiros Auskommen sichern? "Nein. Das hat zu Sesshoumaru und Shiro gepasst. Nee-chan ist eine kämpferische Natur. Miyaki bekommt von mir ein Sommerschloss in den Bergen, mit den zugehörigen Ländereien." "Hübsch. Wo ist sie eigentlich?" "Sie zieht sich um. Sie trägt nun ja auch den Kimono einer verheirateten Fürstin." "Dann gute Reise. - Und ich darf hier diese langweilige Verwaltung allein machen. Sag nichts. Ich weiß, du hast den ganzen Papierkram im Süden auch zu erledigen. Aber dir macht das ja wohl auch nichts aus. Ich will dagegen endlich hier weg. Ich hoffe dauernd schon, dass mein Herr Bruder wieder auftaucht. Stundenlange Gespräche mit Jaken sind nicht so mein Ding." "Sie haben Shiro befreit, da bin ich mir sicher. Und warum die drei noch nicht zurück sind, hat gewiss einen guten Grund. Wenn sie wieder hier sind, werde ich ihnen Miyaki vorstellen." "Mal sehen, was deine Schwester dazu sagt." "Ich gebe zu, es wird sie überraschen. Aber es war eben eine spontane Entscheidung." "Sehr spontan. Na ja. Gute Reise, Akamaru. Und ich muss eben noch ein bisschen Jakens Berichte anhören. Die Welt ist ungerecht." Er ging. Miyaki stand ziemlich steif da. Es war für sie ungewohnt, einen Kimono aus zwölf Lagen zu tragen. Shiros Zofe, Tamiko, hatte ihr geholfen, auch dieses kleine Menschenmädchen, Rin, das Tamiko anscheinend in der Lehre hatte. Das trat jetzt zurück, klatschte begeistert in die Hände: "Oh, Miyaki-sama...Ihr seht so schön aus." "Ja, in der Tat." Tamiko reckte sich ein wenig. Sie war solche Anproben nicht mehr gewohnt. Einst war sie Shiros Erzieherin gewesen, und die Prinzessin hatte sie nach ihrer Verheiratung mitgenommen. "So, Miyaki-sama, jetzt soll noch diese Perlenkette in Euer Haar." "Das ist mir richtig peinlich, wenn du Miyaki-sama sagst. Du bist doch viel älter als ich." "Aber Ihr seid nun die Fürstin. Jeder wird und muss Euch so anreden. Und, wenn Ihr mir die Bemerkung gestattet: es ziemt sich nicht für eine Fürstin, ihre Bedenken oder Gedanken laut zu sagen, geschweige denn, vor Dienern." "Aber die Perlenkette...woher ist sie denn?" Miyaki war sich nur zu bewusst, dass sie weder solch teuere Garderobe noch Schmuck je besessen hatte. Aber sie hatte den Rat verstanden. "Akamaru-sama sandte sie, mit dem Befehl, sie Euch ins Haar zu flechten." Die junge Fürstin erstarrte. Noch ein Geschenk von ihm? Wie sollte sie ihm denn je ihre Dankbarkeit beweisen? Gut, er hatte da gestern Nacht etwas davon gesagt, dass sie ihn glücklich gemacht habe, aber...? "Sie wird dir wunderbar stehen, Miyaki-ko." Hastig gingen die drei vor dem Fürsten auf die Knie. "Akamaru-sama..." sagte Tamiko höflich. Sie kannte ihn, seit er ein Welpe gewesen war, sie war die Erzieherin seiner Zwillingsschwester gewesen. Darum wagte sie den Satz: "Darf ich offen sprechen?" "Was ist?" "Würdet Ihr mir gestatten, mit Euch und Miyaki-sama in den Süden zu gehen?" "Meine Schwester wird deiner bedürfen." Tamiko zögerte, sie bewegte sich auf einem sehr schmalen Pfad. Niemand machte einem Fürsten Vorschläge: "Sollte Shiro-sama meine Rückkehr wünschen, werde ich gehorchen. Aber bitte bedenkt, dass niemand in Eurem Schloss lebt, der Miyaki-sama in ihre neue Würde einführen kann." Akamaru dachte kurz nach. Er hatte eine gewisse Achtung vor der alten Tamiko. Sie war damals nach der Verlobung von Sesshoumarus Vater geschickt worden, um Shiro zu einer würdigen Fürstin zu erziehen. Und Miyaki würde eine bestimmte Hilfe in der ersten Zeit brauchen, das war richtig. Sie entstammte keiner adeligen Familie, würde wohl öfter unsicher sein. Das Letzte, was er wollte, wäre, dass sich seine vornehmen Untergebenen lustig über seine Gefährtin machten, auch wenn sie gewiss nicht so lebensmüde wären, das offen zu zeigen. "Ich werde Inuyasha-sama bitten, dich mitzuschicken. Sollte meine Schwester deine Rückkehr wünschen, kehrst du zurück." Tamiko beugte sich noch weiter vor: "Darf ich dann die Kette in das Haar der Fürstin flechten?" Dazu müsste sie aufstehen, was in Gegenwart des Fürsten unhöflich war. "Ja. Ich werde zusehen." Miyaki wurde verlegen. Es schickte sich doch nicht, dass ein Mann dabei zusah, wie man frisiert wurde? Sie hörte, wie die Zofe nahe zu ihr trat, leise flüsterte: "Das ist überaus schmeichelhaft für Euch, dass der Herr sich so für Euch interessiert", ehe sie begann, die Perlen kunstvoll in das schwarze Haar zu flechten. Die junge Fürstin war plötzlich mehr als froh, diese alte Youkai mitnehmen zu können. Es gab sicher so viel, was sie nicht wusste, und rasch lernen musste, sollte sie ihren Gefährten nicht blamieren. Und das wollte sie gewiss nicht. Vier Gestalten erschienen in der Grotte des Zeitgottes. Die drei Hundeyoukai legten unwillkürlich die Hände an ihre Schwertgriffe. Etwas war hier seltsam. Aber nichts war zu erkennen. Draußen war es dunkel, schien Nacht zu sein. Ob das nun die richtige Zeit war, in die sich das Nebelwesen Dai Oya geflüchtet hatte? Myu blieb eng neben Yuri: "Was ist?" flüsterte sie. "Spürst du nichts?" Sie zögerte, dann meinte sie: "Ich spüre kein Youki...." Sesshoumaru wandte etwas den Kopf: "Yuri, komm." Dieser trat sofort neben ihn. Shiro presste für eine Sekunde die Lippen zusammen, ehe sie sachlich fragte: "Mein Befehl?" "Du bleibst bei Myu." "Wie du willst, Taishou." Hielt er sie für so viel schwächer als Yuri, dass er sich lieber mit dem Cousin auf die Jagd nach Dai Oya machen wollte? Und sie taugte zu nichts, als Kindermädchen für diese Katze zu spielen? Der Hundefürst drehte sich etwas erstaunt um. Diese Anrede war formell richtig, er war auch ihr Anführer, aber für gewöhnlich sprach sie ihn mit dem höflichen Suffix- donno an. Dann erkannte er den gut verborgenen Zorn in ihr. Shiro. Er hatte sie schonen wollen, nach der ganzen Aufregung der Entführung und Gefangenschaft und nicht bedacht, dass sie sich in ihrer Ehre gekränkt fühlen würde, ohne freilich die Unhöflichkeit zu besitzen, ihm zu widersprechen. Der einzige Ausdruck ihres Unwillens war die ungewöhnliche Anrede gewesen. Glaubte sie etwa, er halte sie für zu schwach? Er wusste, dass sie noch immer seine Verachtung befürchtete. "Für den Kampf gegen Dai Oya werde ich dich benötigen", sagte er daher, ehe er sich abwandte und ging. Yuri folgte ihm sofort. Shiro atmete unmerklich auf. Er hatte bemerkt, dass sie sich gekränkt fühlte, und ihr so zu verstehen gegeben, dass er sie durchaus an seiner Seite kämpfen lassen würde. Nur, wenn er sie für den Kampf gegen Dai Oya brauchen würde, warum hatte er sie nicht mitgenommen? Rechnete er etwa nicht damit, dass der Magier hier sei? Irgendetwas Seltsames war da draußen, das spürte sie auch, aber es schien nicht dieser wandernde Nebel zu sein. Wollte Sesshoumaru nur auf Erkundung gehen? Oder war es einfach nur, weil es schicklicher war, eine Frau bei dem Katzenmädchen zu lassen? Machte sie sich umsonst Gedanken? Sie trat zu dem Grottenausgang. Es war so dunkel, dass sie die beiden schon nicht mehr sehen konnte, nur wittern. Das war keine gewöhnliche Nacht. Wo waren sie hier nur gelandet? Was war das für eine Zeit? Sie prüfte erneut die Luft. Bäume gab es, sie konnte auch einige Tiere erkennen, aber sonst lag dicht und schwer alles im Dunkel eines fremden Zaubers. Das war keine gewöhnliche Welt. Was hier wohl auf sie warten würde? Eigentlich war das genau der Ort, an dem sie Dai Oya suchen würde. Aber der Wind verriet nichts von ihm. "Shiro-sama..." flüsterte Myu und wagte es, die Hundefürstin am Ärmel zu zupfen. "Was ist?" "Dort drüben, zwischen den beiden Bäumen...siehst du es nicht?" "Katzen sehen im Dunkel besser als Hunde. Und ich kann nichts wittern, " gab Shiro ehrlich zurück. "Dort ist jemand. Augen...mehrere Augen, aber kleine Gestalten." Das Katzenmädchen war nicht so aufgeregt, wie sie es noch vor wenigen Tagen gewesen wäre. Immerhin hatte die Youkaifürstin schon bewiesen, dass sie sie beschützen würde. "Tiere?" Shiro witterte, konnte aber nichts bemerken, was an Tiere oder auch andere Youkai erinnert hätte. Allerdings gab sie zu, dass sie hier in einer sehr eigenen Welt waren. Ob dies wohl eine andere Ebene war, ähnlich der, durch die sie bei einem Dimensionsportal gingen? "Keine Tiere, sie gehen auf zwei Beinen, sind größer als ich...Ich fürchte, sie sind bewaffnet, Shiro-sama. Und sie gucken die ganze Zeit zu uns." "Wie viele?" "Zehn vielleicht." Shiro überlegte kurz. Bei einem Kampf stünde sie allein gegen zehn Angreifer, deren Kraft sie nicht abschätzen konnte. Sie könnte Myu zwar hinter sich in der Grotte lassen, aber falls es den anderen gelang, sie wegzulocken, könnte jemand hineingelangen. Myus magische Macht würde erwachen und die Grotte zerstören, ihre einzige Möglichkeit, hier wieder wegzukommen. "Komm, seitwärts." Myu gehorchte sofort, in der Hoffnung, der Hundefürstin sei etwas Gutes eingefallen. Ein Stück entfernt blieb Shiro stehen. Sie konnte noch immer kein Youki spüren, aber ihre Erfahrung mit magischen Fähigkeiten verriet ihr, dass sich Zauberwesen näherten. "Sie kommen?" erkundigte sie sich bei Myu. "Ja." Das klang ängstlich. "Drück dich an die Felswand und bleib ruhig." Die Hundeyoukai drehte sich um, machte einige Schritte vor, die Hand bereits am Schwert. Plötzlich erfasste sie eine Witterung, mit der sie in dieser fremdartigen Welt nicht gerechnet hatte. Sie zog hastig Daketsaiga, aber da war der Angriff der zehn Rattendämonen auch schon über ihr. Sesshoumaru und Yuri waren geradeaus durch die Dunkelheit gewandert. Auch sie spürten nirgends Youki, aber sie wussten, dass magische Wesen um sie waren. Manchmal hörten sie ein Rascheln zwischen den Bäumen, witterten ein Tier, aber nichts verriet, dass hier Dai Oya zu finden war. Und nur dessen Gestank suchten sie. Der Youkaifürst blieb kurz stehen, ehe er weiterging. Er hatte vor sich Blut gerochen, das er nicht einordnen konnte. "Ein Tier", sagte Yuri und kam ein wenig neben ihn, freilich immer noch den höfischen Respektsabstand wahrend. Kurz darauf standen sie vor einem toten Tier, wie sie es nie zuvor gesehen hatten. In der Schwärze dieser Welt hatten sie Mühe, es zu erkennen. Es war größer als jeder Ochse, grau und schien zwei Schwänze zu haben, denn einer hing aus seinem Gesicht. Große Ohren lagen nun schlaff auf der Erde. Zwei weiße Zähne ragten aus seinem Maul, als ob es damit zustoßen könnte. Und es hatte keinen einzigen Tropfen Blut mehr in sich. Die Witterung stammte von einer Blutlache, die sich neben dem kurzen Hals befand. In diesem waren Bisswunden zu erkennen. Was auch immer dieses Wesen getötet hatte, es hatte es nicht gefressen, sondern nur sein Blut getrunken. Unwillkürlich spannten sich die beiden Youkai an, witterten in die Dunkelheit um sich. Aber kein Geruch, kein Geräusch warnte sie. Es war nur eine flüchtige Berührung am Hals. Yuri hätte gewöhnlich angenommen, ein Blatt sei vorbeigeweht, aber in dieser Situation empfand er das als Bedrohung. Ohne zu zögern ließ er sein volles Youki aufflammen, sich um ihn verbreitend. Sesshoumaru sprang gerade noch hoch, einige Bäume in der Umgebung wurden gefällt. Der Youkaifürst blickte ein wenig irritiert zu seinem Cousin. So ohne Vorwarnung eine solche magische Explosion zu verursachen, war mehr als unhöflich. Wäre er selbst nicht stärker und schneller als sein Begleiter, wäre er übel in Mitleidenschaft gezogen worden. Aber dann erkannte er eine schwarze, verkohlte Gestalt, die neben Yuri auf dem Boden lag. Dieser starrte mit ausdruckslosem Gesicht darauf. Soweit man das noch erkennen konnte, schien es sich um eine Art Fledermaus zu handeln. Was waren das denn hier für Fledermäuse? Sie kannten eigentlich nur solche, die Früchte fraßen. Nun gut, es gab auch Fledermausyoukai, die Menschen jagten, aber das hier war kein Youkai. "Es wollte mich beißen", erklärte Yuri ein wenig verspätet. Und seine magischen Fähigkeiten waren wohl auch nicht zu verachten, wenn es sich so unauffällig hatte nähern können. "Gut, dass du so stark bist", meinte Sesshoumaru nur und drehte um. Shiro und Myu mussten vor dieser Gefahr gewarnt werden. "Ja, denke ich auch. Ich konnte spüren, dass es sich meinem Youki zu widersetzen vermochte. Ein gewöhnlicher Youkai wäre sein Opfer geworden." Yuri hob den Kopf. Der Hundefürst spürte das gleiche. Shiros volles Youki. Und das würde sie nur in einem sehr heftigen Kampf zeigen. Was war da passiert? Sie rannten los. Die Hälfte der Ratten war mit Schwertern bewaffnet gewesen, die andere Hälfte nicht. Shiro hatte den ersten Angriff mehr oder weniger dadurch überstanden, dass sie blind um sich geschlagen hatte, in einer kurzen Pause ihre Klinge mit ihrer Energie aufgeladen hatte. Ihre nächste Attacke hatte vier Ratten mit Schwertern das Leben gekostet. Aber dann waren sie schlauer geworden. Obwohl sie es schaffte, noch zwei weitere zu töten, war es ihnen gelungen, sie zu entwaffnen. Eine der Rattendämonen hatte in einer praktisch selbstmörderischen Aktion sich gegen ihre rechte Schulter geworfen, oben, wo sie nicht durch die Rüstung geschützt wurde, direkt am Gelenk, hineingebissen. Die Angreifer waren einen Kopf kleiner als Shiro. Sie hatte zunächst den Schmerz ignoriert, dann jedoch gespürt, wie sich die Ratte immer tiefer in sie fraß und mit der Linken zugepackt, diese weggeschleudert. Der Rattendämon war tot, aber im gleichen Moment hatten seine Kameraden angegriffen und sie so von ihrem Schwert getrennt. Leider waren die drei Überlebenden schlau genug, Daketsaiga sofort in das Gebüsch zu werfen, so dass sie es nicht ohne weiteres in der Dunkelheit finden konnte. "Shiro-sama..." keuchte Myu entsetzt. Sie konnte mit ihren Katzenaugen den Kampf verfolgen, erkannte bestürzt, dass die Hundefürstin verletzt und entwaffnet war. Zwar waren nur noch drei übrig, aber... "Ruhig!" befahl Shiro unweigerlich. "Du brauchst keine Angst zu haben." Die Ratten lachten: "Du bist verletzt. Und ohne dein Schwert hilflos. Du wirst unser Abendessen werden, ebenso wie dein Junges." Sie trugen selbst allerdings auch keine Waffen. Und eine Katzenyoukai für das Kind eines Hundes zu halten sprach nicht gerade für ihre Intelligenz. "Irrt euch nicht!" meinte die Hundeyoukai: "Rattengezücht. Ihr versteckt euch doch unter der Erde, aus Angst vor Hunden!" Rattendämonen lebten seit Urzeiten in selbstgegrabenen Gängen. Und zwischen den Arten herrschte ebenso lange schon Todfeindschaft. Sie drehte etwas den Kopf: "Geh dort links zu dem Felsen und lehne dich daran." Myu gehorchte sofort. Sie ist ruhiger geworden, dachte Shiro, ehe sie sich wieder ihren Gegnern zuwandte. "Ihr greift feige aus dem Hinterhalt an: zehn zu eins und lobt euch noch, dass ihr es geschafft habt, mich zu verletzen." Die drei griffen sofort an. Das Katzenmädchen sah fasziniert zu, wie Shiro in die Luft sprang, die Hand zur Klaue werden ließ. Ein Rattendämon wurde getroffen und wich verwundet zurück. Myu presste sich eng an den Felsen. Erst zehn zu eins, jetzt immer noch drei zu eins, dieser Kampf war so unfair, zumal Shiro-sama verletzt war. Aber Sesshoumaru und Yuri würden doch bald kommen... Der Nahkampf wurde erbittert. Als Shiro plötzlich bemerkte, dass sie zwei der Rattendämonen von Myu weglocken wollten, damit der dritte zu dem Katzenmädchen gelangen konnte, sprang sie sofort zurück, erwischte diesen, der das mit dem Leben bezahlte. Dabei hatte sie allerdings ihre eigene Verteidigung außer Acht gelassen. Einer der Rattendämonen traf sie mit seinen Krallen an der rechten, bereits verletzten Schulter. Mit einem Aufschrei ging sie in die Knie, richtete sich aber sofort wieder auf. "Vergesst es einfach", keuchte sie: "Ihr beide seid die letzten Überlebenden einer zehnköpfigen Truppe..." "Du bist hier gleich tot, Hündin..." knurrte eine der beiden Ratten, die erneut angriffen, sich in die Hundeyoukai verbissen, die zu Boden ging. Etwas wie ein Aufblitzen war zu sehen. Shiro spürte etwas, das sie schon einmal erlebt hatte, und wappnete sich, baute ihr gesamtes Youki als Schutzschirm auf. Die Rattendämonen traf die Energie dagegen vollkommen unvorbereitet. Sie verschwanden buchstäblich in der fremden Magie. Die Hundefürstin wollte sich mühsam aufrichten, als sie etwas wieder zu Boden drückte. "Shiro-sama..." weinte Myu und umarmte sie fest: "Es...es tut mir so leid. Du bist verletzt...Und dein Schwert ist weg..." "Ich muss mich bei dir bedanken." Vorsichtig schob Shiro das Katzenmädchen zurück: "Deine Magie ist gerade wieder aufgeflammt?" "Ja", murmelte Myu: "Ich...ich hatte solche Angst, dass sie dir etwas antun. Ich...oh, ich wurde so wütend, als sie dich gebissen haben!" Ein wenig verlegen fuhr sie fort: "Mir wurde da ganz heiß, weißt du, Shiro-sama?" "Kann ich mir vorstellen." Die Magie war stark genug gewesen. Die Hundeyoukai stand mühsam auf, suchte die Witterung ihres Schwertes, als sie sich umdrehte, da sie bekannte Gegenwarten fühlte. Sesshoumaru hielt Daketsaiga in der Hand, sah sie mit undefinierbarem Blick an. "Seit wann hast du gegen Ratten ein Problem?" "Verzeih." Mehr konnte sie nicht sagen. Er musste doch selbst wissen, dass sie an Myu hatte mit denken müssen, sich so nicht frei bewegen hatte können, wie sie es für gewöhnlich in einem Kampf getan hätte. Aber so etwas erwiderte man seinem Fürsten nicht. Er reichte ihr ihr Schwert, betrachtete kurz die Bisswunden, die bereits begannen, sich zu schließen. Ihr Youki schien wieder vollen Einfluss auf ihre Selbstheilungskräfte zu haben. Und da war noch etwas. Er blickte zu Myu, die prompt verlegen zu Boden starrte. "Du hast wieder die Beherrschung verloren." "Ja, Sesshoumaru-sama. Entschuldige." Langsam wusste sie, was sich bei Hunden gehörte. "Ja, was macht ihr denn hier?" fragte eine bekannte Stimme. Die vier drehten sich um. Tsuki kam aus seiner Grotte: "Ich sehe schon, ich sehe schon", meinte er: "Myu und ihre Magie, oder? Ihr habt euch beim Sprung durch die Zeit in eine Parallelwelt verirrt. Lag das auch an ihr? Kommt nun. Ich denke, ich weiß, wo Dai Oya ist." "Solltest du uns nicht auch etwas über Myu sagen?" Der kaum bemerkbare Unterton machte aus der Frage des Youkaifürsten eine Drohung. "Myu?" Der Herr der Zeit dachte kurz nach: "Ich werde fragen, ob ich das erzählen darf. Und jetzt kommt bitte. Ich kann das Tor zu dieser Welt nicht lange offen halten." Und nicht nur Myu hatte das Gefühl, als ob der Mondgott nicht sehr viel über sie sagen wollte. *********************************** Myu und ihre Knuddelattacken. Irgendwann erwischt sie mal den Falschen. Und wer oder was sie ist, wird Tsuki schon noch erzählen müssen... Das nächste Kapitel heisst: Dai Oya. Dieser bekommt Besuch, mit dem er nicht gerechnet hatte. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 19: Dai Oya ------------------- Tja, was es mit Myu auf sich hat...da müsst ihr noch warten. Erst einmal erfährt jemand anderer, wie es mit seinem Schicksal aussieht.. Viel Spass beim Lesen! 19. Dai Oya Die vier Youkai traten aus der Zeitgrotte. Tsuki, hinter ihnen, deutete vage in die nebelige Umgebung. "Irgendwo in diesem Wald ist er, da bin ich mir sicher. Aber...es gibt ein Aber." "Und?" Sesshoumaru versuchte, die Gerüche zu ordnen. "Ihr habt auf Le-chan-po Wesen getötet. Das ging gerade mal so noch gut, weil die gesamte Insel ja drei Tage später in die Luft flog. Aber hier seid ihr so weit zurück in der Zeit, dass niemand sagen könnte, wie sich eure Gegenwart ändert, wenn ihr hier etwas oder jemanden tötet. Mit Ausnahme von Dai Oya, versteht sich." Der Mondgott wich zurück. Er sollte diese Grotte nicht verlassen. Das hier war so weit in der Vergangenheit, dass er nicht wusste, was geschehen würde, beträte er diese Ebene. Der Zeitteppich war schwer zu kontrollieren. Nicht er beherrschte die Zeit, in gewisser Weise war das andersherum der Fall. So gingen die drei Hundeyoukai und das Katzenmädchen hinaus, sahen sich um, witterten. Um sie lag eine Landschaft, die nach Wald roch, aber auch feucht. Die Morgennebel begannen sich langsam zu heben. Solche Bäume hatten sie jedoch noch nie gesehen. Sie besaßen eine andere Art der Rinde, manche schienen gar keine zu besitzen. Myu blickte an einem empor: "Yuri-sama?" fragte sie dann. "Was ist?" "Dieser Baum hier ist aber sehr eigentümlich." Er trat neben sie. Sie sollte sich nicht aufregen, nicht erneut einen Magieausbruch provozieren. Außerdem wollte er ihr gern helfen: "Wieso? Ein Stamm und..." Er blickte empor: "Wedel...?" "Das sieht doch eigentlich wie ein Farn aus, oder? Sind wir so klein geworden?" "Nein, unmöglich. Tsuki hätte etwas erwähnt." Der Youkaiprinz wandte den Kopf, aber nur um zu sehen, dass die anderen beiden auch neben ihnen standen, hochblickten. "In der Tat", meinte Shiro: "Das scheint ein gigantischer Farn zu sein. Dann sollten wir uns vorsehen." Sie musste das nicht weiter erläutern. Wenn die Farne schon so groß waren- wie groß mochten hier die Tiere sein. Im dichten Wald wallte der Nebel, aber sie konnten Tiere wittern. Zwar nur Tiere, aber seit ihren letzten Erlebnissen wussten sie, dass sie noch längst nicht alle Lebewesen wahrnehmen konnten. Und wenn sie nichts und niemanden außer dem geflohenen Magier töten durften, würde das die Sache erschweren. "Es sind zwei Arten von Bäumen." Sesshoumaru hatte sich umgesehen: "Farne und andere, deren Rinde fast wie Siegel aussieht. Gehen wir." Er hatte im Hintergrund Berge bemerkt. Vielleicht könnten sie sich von dort aus einen Überblick verschaffen, oder auch warten, bis sich der Nebel verzogen hatte. Dann müsste man auch besser riechen können. Möglicherweise würden sie dann Dai Oya entdecken können. Sie wanderten durch den lichten Wald, immer vorsichtig witternd. Aber nichts geschah. Sie hörten die Geräusche des erwachenden Waldes, spürten Tiere, aber keine magische Energie. Als sie an einem Felsen von gut zehn Meter Höhe vorbeikamen, konnte Myu nicht widerstehen und machte den Sprung hinauf, blickte sich um. "Oh, seht nur!" rief sie. Da sie begeistert klang, sprangen die Hundeyoukai hinterher. Ein Überblick würde nicht schaden. Ihre Selbstbeherrschung wurde jedoch auf die Probe gestellt, als sie ihre Umgebung sahen. Sie befanden sich in einer riesigen Sumpflandschaft mit tropischem, feuchtwarmem Klima. Der Dschungel verdichtete sich immer weiter, wenn sie nach Osten blickten. Zwischen ihnen und den Bergen lag jedoch ein großer See, in dem sich ganze Herden von Tieren tummelten, die alle sehr groß waren und eindeutig nach Reptilien rochen. Manche hatten längere Hälse, andere kürzere, manche waren auch scheinbar viel kleiner - aber immer noch länger als sie selbst. Das waren alles Vegetarier, wenn sie den Botschaften des Windes trauen durften, aber sie stammten selbst von Fleischfressern ab. Und diese Menge an Beute musste auch Raubtiere anlocken. Die wären sicher nicht gerade viel kleiner als ihre Opfer. Sie würden sich vorsehen müssen. Der See war faszinierend und beschäftigte die Sinne. So war es eigentlich verwunderlich, dass Myu der große Erdhügel hinter ihnen auffiel, so dass sie sich ein wenig drehte. Es war gar keiner. Sie wollte schreien, die anderen warnen, aber kein Laut drang aus ihrer zugeschnürten Kehle. Yuri blickte zufällig seitwärts und entdeckte, dass ihr Schwanz buschig wurde. Hastig fuhr er herum, erkannte ihr entsetztes Gesicht. "Taishou!" Er legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. Der Hundefürst und seine Gefährtin drehten sich sofort um. "Ein Drache?" fragte Shiro irritiert, um fortzufahren: "Ruhig, Myu." Das Wesen, das dort auf sie zukam und das das Katzenmädchen zuerst für einen Erdhügel gehalten hatte, war ein Reptil. Der Geruch erinnerte an einen Drachen, aber es trug keine Kleidung, kein Schwert, schien auch nicht sonderlich intelligent zu sein. Es wirkte mehr wie eine gigantische, zweibeinige Eidechse. Die Größe von ungefähr zwanzig Metern hinderte es nicht, nur auf den Hinterbeinen zu laufen. Die beiden Vordergliedmassen hingen scheinbar nutzlos und verkümmert vor seiner Brust. In keinster Weise verkümmert war dagegen das Gebiss, in dem jeder Zahn vierzig Zentimeter Höhe maß. Jeder Schritt brachte das Reptil ihnen vier Meter näher. "Springt!" Sesshoumarus Befehl war nur logisch. Sie durften nicht kämpfen, sollten nichts töten - und dieser Drachenverwandte roch nach Fleischfresser. Für gewöhnlich hätte er ihn erledigt, aber Tsukis Warnung kam sicher nicht von ungefähr. Das Wesen hatte sie entdeckt. So sprangen die Youkai mit einem etwas zu hastigen Satz vom Stein. Yuri packte die noch immer ein wenig geschockte Myu am Handgelenk und zerrte sie mit sich durch den Wald. Hinter ihnen dröhnte der Boden, als das Reptil die Verfolgung aufnahm, das sie offenbar für eine verlockende Mahlzeit hielt. Aber Youkai waren recht schnell und so hatten sie bald einen guten Vorsprung erhalten. Myu wäre gern stehen geblieben. Ihr Herz schlug bis zum Hals und rein körperlich konnte sie eine solche Hetzjagd nicht lange durchhalten. Aber sie wurde unbarmherzig immer weiter vorwärts gezogen. Plötzlich erkannte sie auch, dass der Hundefürst diese Richtung nicht grundlos gewählt hatte. Vor ihnen stieg plötzlich eine Felswand auf. Elegant sprang er empor, gefolgt von seiner Gefährtin. Das Katzenmädchen wollte auch aufwärts, aber sie schaffte es nicht mehr. Ohne weiter nachzudenken fasste Yuri zu, schwang sie sich über die Schulter und sprang mit ihr empor. So eng an ihm gehalten, konnte er spüren, wie ihr Herz raste. Sie war eindeutig nicht nur vom Youki her, andern auch von der Körperkraft viel schwächer als sie. Oben ließ er sie zu Boden gleiten. "Danke...", keuchte sie. Zu einer höflichen Anrede fehlte ihr einfach die Luft. Aber sie gab sich selbst zu, dass ihre Magie diesmal nicht erwacht war. Obwohl sie erschreckt gewesen war, von einem derart riesigen Raubtier verfolgt zu werden, hatte sie genug Vertrauen in die drei Hunde besessen, um nicht in Panik zu verfallen. Sesshoumaru trat an den Rand der Steilwand, blickte hinab. Das Reptil hatte wohl eingesehen, dass es keine Youkai fressen konnte und zog in Richtung auf den See. Aber der Wind trieb ihm die Ahnung eines Geruches zu, den er kannte. "Dai Oya." Der Name genügte, dass Shiro und Yuri neben ihm standen, selbst witterten. Sie hatten Mühe, aber da sie wussten, nach was sie suchen mussten, erkannten auch sie bald die winzigen Luftmoleküle. Der Herr der Hunde wandte leicht den Kopf: "Yuri, du sorgst dafür, dass Myu nicht meinen Kampf stört." "Ja." Das war ein klarer Befehl für den Youkaiprinzen und er würde sich daran halten. Sesshoumaru hatte zuvor bereits erwähnt, dass er für diesen Kampf seine Gefährtin an seiner Seite wollte. Yuri wusste zwar nicht, warum, aber es hatte gewiss einen Grund. Und es schickte sich nicht, einen Fürsten um Erläuterung seiner Anordnungen zu bitten. Myu ihrerseits war unwillkürlich erleichtert, dass sie selbst bei einem Kampf gegen einen Gegner, den diese starken Hunde so ernst nahmen, beschützt werden sollte. "Shiro." Sesshoumaru sah sie nicht an. "Ja?" Sie spürte, wie ihr Herz etwas rascher schlug. Diesmal nicht Yuri, nicht der Cousin, sondern sie, die Gefährtin. "Dai Oya hat Magie, aber Izanagi sagte, er werde vermutlich auch mit einem Schwert kämpfen. Bedenke das. - Gehen wir." Er erschuf ein Dimensionsportal, spürte, wie sich sofort das Youki seiner Familie anschloss. Myu wurde auf diese Art einfach mitgenommen. Sie erschienen scheinbar aus dem Nichts auf einer Hochebene, von der aus man einen herrlichen Ausblick auf die prähistorische Landschaft gehabt hätte, hätte denn ein Youkai sich für so etwas interessiert. Der Geruch nach dem Magier war hier überall zu erkennen und sie sahen sich um. Gut fünfhundert Meter hinter ihnen lag eine Bodenwelle, fast ein Hügel, dahinter stiegen die Berge höher empor. Vor ihnen befand ein Felsengewirr. Und genau dort musste sich Dai Oya aufhalten. Sesshoumaru blickte sich nicht um: "Yuri." Dieser begriff, nahm Myus Hand und zog sie mit sich, zu der Bodenwelle. Das Katzenmädchen lief mit, so rasch sie konnte. Ihre eigene Magie spürte hier einen fremden Zauber, der ihr Schauder über den Rücken jagte, ohne dass sie es hätte begründen können. Sie rannten den Hügel empor. Oben stieß Yuri sie buchstäblich zu Boden, ließ sich auf sie fallen. Empört wollte sie weg, wollte sich beschweren, wollte...sie wusste nicht was, als sie plötzlich erkannte, dass er sie so nicht nur in Deckung gestoßen hatte, sondern sie auch noch mit seinem eigenen Körper schützte. So schluckte sie hastig jeden Kommentar, fragte nur leise: "Wird es so heftig?" "Sicher. Sesshoumaru-sama ist nicht gerade schwach." Sie wagte aufzusehen. Der Hundefürst und seine Gefährtin standen nebeneinander vor dem Felsgewirr, beide noch nicht die Hand am Schwert. Der Wind spielte mit ihren Haaren, mit der Fellboa, aber sonst war alles ruhig. Zu ruhig, fand das Katzenmädchen plötzlich. Sie konnte eine Magie spüren, die ihr fast übel werden ließ. Gleichzeitig entdeckte sie, dass auch die beiden dort das fühlen konnten, denn die Hände senkten sich auf die Schwertgriffe. Und da tauchte eine schwarze Gestalt mit einer No-Maske über dem Gesicht auf den Felsen auf. Myu zuckte zusammen. "Welch unerwarteter Besuch", sagte Dai Oya und es klang fast amüsiert: "Tsuki hat euch also hergeschickt? Er wusste, wo ich bin?" "Tsuki wusste, wo du bist. Izanagi gab uns den Befehl, dich zu töten." Sesshoumaru klang eisig. "Oh, diese Freude wird ganz auf meiner Seite sein. Er kann euch hier ja nicht helfen. Und die beiden Schwächlinge dahinten sind euch gewiss keine Hilfe, wenn ihr sie jetzt schon weggeschickt habt." Der Magier sprang elegant vom Felsen, landete sechs Meter vor dem Paar. Er betrachtete Shiro: "Meine liebe Prinzessin hat sich auch wieder erholt. Erinnerst du dich an die Stunden, die wir gemeinsam in meiner Halle verbracht haben?" Shiro spürte, wie sie unwillkürlich ein Schauder überlief, als sie ihre Erinnerungen niederkämpfte. "Oh, ich sehe, das ist der Fall." Er schien amüsiert: "Ich werde dir zeigen, dass man auch mit den ungleich primitiveren Mitteln dieser Zeit ziemlich viel anrichten kann. Aber du hast Glück, meine Schöne. Ich werde wohl nicht die Geduld haben, dich so lange leiden zu lassen, wie du es verdienst." Er blickte zu Sesshoumaru. Seine Stimme war nur noch leise: "Ich rechne allerdings mit keinem solch einem Umstand, wenn es um dich geht, Hundefürst. Ich habe dir die ganzen Unannehmlichkeiten hier zu verdanken, die Zerstörung des Sternjuwels, die Zerstörung meiner Pläne." Sesshoumaru hatte ihn reden lassen, dabei versucht abzuschätzen, wie stark er war, wie viel Macht er besaß. Und das war leider wohl eine ganze Menge. Es würde dauern. Als Dai Oya jetzt aus der Umhüllung ein Schwert zog, es in der behandschuhten Rechten hielt, wusste er, dass eine Art Youkiangriff folgen würde. "Shiro." Sie ließ die Augen nicht von ihrem Gegner: "Aite?" "Ich werde fünf Minuten brauchen." Sie nickte nur. Also würde sie fünf Minuten allein gegen Dai Oya kämpfen müssen, ihn beschäftigen müssen. Darum hatte Sesshoumaru also sie an seiner Seite gewollt. Sie war die einzige, die den Angriff spiegeln konnte, die auch ihn mit beschützen könnte, während er sich auf die Quellen seines Youki zurückzog, die Quellen seiner Macht, um einen vernichtenden Schlag gegen ihren Widersacher führen zu können. Fünf Minuten konnten sehr lang werden, aber sie nahm nicht an, dass Dai Oya viel über sie selbst und ihre Kampfstrategie wusste. Die Überraschung würde ihnen wertvolle Sekunden bringen. Sesshoumaru hatte ihr Nicken gesehen und wusste, er würde diese fünf Minuten bekommen, gleich, was es sie kosten würde. So zog er zwar langsam sein Schwert, ignorierte aber sofort den Magier, als er Zugang zu seiner Seele suchte, den mythischen Quellen dort, die seine Energie erschufen. Shiro beachtete ihren Gefährten nicht mehr. Sie hatte in den Kriegen ihres Vaters oft genug mitgekämpft, dabei auch stets ihren Zwillingsbruder gegen Youkiangriffe beschützt. Akamaru stand diese Technik nicht zur Verfügung. Sie war es daher gewohnt, den halben Schritt nach vorn und beiseite zu machen, um etwas vor ihren Partner zu gelangen. Dai Oya bemerkte es: "Du lässt deine Frau für dich kämpfen? Das hätte ich jetzt von einem Youkaifürsten nicht erwartet. Oder ist es etwa bei euch anders? Ist sie stärker als du? Nun, wir werden sehen!" Seine Stimme klang etwas angestrengt, als schon eine Energiewolke rotleuchtend auf das Paar zurannte. Myu rang nach Atem, aber sie erkannte die Abwehrbewegung, das rasche Schlagen eines Kreises mit dem Schwert, so einen Schild aus Youki bildend. Aber wo die Stahlpfeile der Adler nur abgeblockt worden waren, passierte nun etwas anderes. Shiro keuchte unwillkürlich auf, als der unerwartet starke Angriff auf sie prallte. Aber sie besaß nicht umsonst ein Schwert mit einer besonderen Fähigkeit. Daketsaiga nahm den Energieangriff praktisch in sich auf, vereinigte ihn mit dem eigenen Youki der Hundeyoukai. Und Shiro warf die Attacke mit aller Kraft zurück. Der Magier machte einen raschen Sprung zur Seite, um nicht seinen eigenen Angriff plus der Energie seiner Gegnerin zurückzubekommen. Das gesamte Felsenlabyrinth hinter ihm wurde pulverisiert. "Nicht schlecht", sagte er: "Darum hast du die vordere Stellung. Du kannst dich gut verteidigen. Aber nur verteidigen hilft nicht zum Sieg. Und ich bin sicher, dass dir bald die Kräfte ausgehen werden." Shiro konnte spüren, dass er jetzt noch mehr Energie schicken würde und spreizte ein wenig die Beine, um festeren Stand zu bekommen. Das würde hart werden. Und die fünf Minuten würden für sie eine Ewigkeit werden. Noch nicht einmal eine davon war um. "Warum soll nur Shiro-sama kämpfen?" flüsterte Myu. Yuri zögerte kurz, ehe er sagte: "Ich kann mir nur einen Grund vorstellen. Und dann hat Dai Oya verloren." "Was meinst du?" "Sesshoumaru ist stärker als ich, wie du weißt. Und ich habe das in einem sehr harten Kampf gelernt. Ich war völlig am Ende, und dachte, er auch. Und dann hatte er plötzlich wieder volle Energie. Ich weiß nicht, ob du das verstehst, Myu: er scheint da in sich irgendwo einen Ort zu haben, eine Quelle, wo er zusätzliches Youki bekommt. Und ich bin sicher, dass er diese gerade abruft. Shiro soll ihm den Magier nur solange vom Hals halten, bis er die doppelte Macht hat." Der Angriff des Magiers war fast noch mal so stark wie der erste. Shiro hatte das Gefühl, als ob ihr ihr Schwert fast aus der Hand gerissen würde, aber sie schaffte es, die Energie zurückzuschicken, allerdings nicht mit ihrem eigenen Youki zusätzlich aufgeladen. Dai Oya spürte das natürlich: "Du wirst schon schwächer? Hier." Bewusst ließ er ihr keine Atempause. Sie sollte offenkundig nur verteidigen. War sie doch die Stärkere der beiden und hoffte dieser dämliche Hund, ihn so zu schwächen, um am Ende ein direktes Duell angehen zu können? Er würde da einen großen Fehler begehen. Ein bisschen war er von dieser Art der Abwehr überrascht worden, aber eigentlich war es ganz nett, die eigene Energie zurückzubekommen, gemeinsam mit dem der Hundeprinzessin. Erstens machte es sie rasch müde. Sie musste einen unglaublichen Youkiverbrauch haben. Und zweitens konnte er so immer abschätzen, wie weit er gehen musste, um sie aus diesem Kampf zu entfernen. Vielleicht wäre es ganz amüsant, sie nur zu erschöpfen, dann ihren Partner zu schlagen. Die beiden dahinten wären sicher kein Problem. Und dann hätte er sie für sich. Auch keine schlechte Idee und eine kleine Genugtuung für alles, was diese Hundeyoukai ihm angetan hatten. Er jagte bereits die nächste Attacke los. Die Hundefürstin wurde von dem zweiten Angriff innerhalb kürzester Zeit überrascht. Sie schaffte es zwar, den ersten zurückzuschicken, aber für den zweiten reichte es nicht. Ihr blieb nicht anderes übrig, als zu versuchen, diesen Youkiangriff mit der Klinge direkt abzufangen, praktisch darum zu wickeln und blind seitwärts zu schleudern. Einiges kam allerdings an ihrer Abwehr vorbei, traf hart auf ihre Rüstung. Sie rang unwillkürlich nach Luft, als Stücke des Brustpanzers brachen. Der Schmerz warnte sie auch. Sie durfte sich keine Nachlässigkeit leisten. Und die fünf Minuten waren noch längst nicht um. Sie musste diesen Mistkerl irgendwie ablenken. Ohne weitere Andeutung machte sie einen hohen, weiten Sprung auf den Magier zu, schlug mit der Klinge zu. Er riss sein Schwert sofort empor, um Stahl auf Stahl abzuwehren. Sie hatte nicht erwartet, dass dieser Angriff durchkäme. Aber sie brauchte ein bisschen Erholung von den Youkiangriffen. Überdies war ihr klar, dass ihr Gefährte so ungeschützt war. Er meditierte sicher noch, um sein Youki zu erhöhen. So ließ sie sich von dem Gegendruck Dai Oyas zurückschubsen, nutzte das, um wieder auf ihren Ausgangsplatz zurückzugelangen. Dieser betrachtete sie. Ein wenig wunderte ihn schon, dass sie allein kämpfte, aber er musste eben davon ausgehen, dass sie der Stärkere von den beiden war. Kein männlicher Hundeyoukai würde doch sonst seine Gefährtin allein kämpfen lassen, nur regungslos dastehen. Diese Prinzessin war jedenfalls unbestritten kampftechnisch gut. Aber ihre Rüstung war geborsten und er konnte spüren, dass ihr Youki bereits deutlich gesunken war. Das würde gewiss nicht mehr lange dauern. So jagte er einen weiteren Angriff über die Ebene, kurz darauf gefolgt von einem zweiten. Verdammt, dachte Shiro, als sie wieder nur knapp abwehren konnte. Er hat verstanden, wie er mich ermüden kann. Auch ihr war klar, dass ihr Energiepegel bereits deutlich gesunken war, fast zu sehr für die drei Minuten, in denen sie hier kämpfte. Aber da eine erneute Attacke auf sie zugeschossen kam, sparte sie sich weitere Überlegungen. Es war egal, ob sie müde wurde, ihr Schwertarm immer schwerer wurde, ihr Youki erschöpft wurde. Sesshoumaru hatte gesagt, er brauche fünf Minuten und die würde sie ihm verschaffen. Das war alles was zählte. Allerdings fiel ihr die Reflexion diesmal viel schwerer und sie erkannte, dass Dai Oya seine Energie erneut erhöht hatte. Wie stark war er eigentlich? Sie schrie unwillkürlich etwas auf, als sie seinen Angriff zurückjagte. Der Aufprall war so hart gewesen, dass sich ihr rechter Arm gestaucht hatte. Ein stechender Schmerz schoss bis in ihre Schulter. Aber sie fand keine Gelegenheit zu einer Atempause. Der Magier hatte erkannt, dass er sie bereits verletzt hatte und setzte sofort nach, diesmal bewusst auf ihre rechte Seite zielend, aber knapp an ihr vorbei - direkt auf ihren Gefährten. Um ihn zu schützen, war sie auf diese Weise gezwungen, den Abwehrkreis seitlich von sich zu schlagen- eine zusätzliche Belastung für den verletzten Arm. Sie holte zischend Luft, machte aber nun einen Schritt nach rechts, um eine Wiederholung zu verhindern. Dieser Magier hatte noch einmal seine Energie erhöht. Wie stark war er? War das alles gestohlenes Youki? Hatte Sesshoumaru eine Ahnung gehabt, wie mächtig der Zauberer wirklich war und daher die Frist für sich gewollt? "Nicht schlecht, Prinzessin, " sagte Dai Oya ein wenig höhnisch. Er sah, dass sie keuchte, versuchte, ihren rechten Arm zu schonen: "Aber jetzt ist Schluss mit Spielen." Er lud erneut seine Klinge mit seiner Energie auf. Shiro begriff entsetzt, was das bedeutete. Anscheinend war das jetzt alles, was er aufzubieten hatte, und das war viel. Zu viel, als dass sie das reflektieren und dazu aufladen könnte. Sie müsste das irgendwie nur abwehren - und das würde schon schwer genug werden. Sie versuchte alle Energie, die sie in sich auftreiben konnte, in Daketsaiga zu schicken, als das Youki auf sie zuraste, sie ihren Abwehrkreis schlug. Unabsichtlich schrie sie auf, als der Zusammenprall erfolgte. Ihr Abwehrschild wurde zurückgedrückt. Falls das sie berührte, bekam sie ihre eigene Energie plus die seine ab. Und das würde sie umbringen. Mit aller Kraft, die sie noch aufbringen konnte, stemmte sie sich dagegen, drehte sich etwas, um die gesammelte Macht in die Berge zu jagen. Keuchend vor Schmerz und Anstrengung brach sie auf die Knie. Ihre Hand zitterte, umklammerte aber immer noch ihre Waffe. "Das war's." Der Magier hob erneut sein Schwert, das unter seiner Energie rot aufleuchtete. Shiro wollte auf, sie durfte doch nicht versagen. Aber sie blieb knien, als sie hinter sich das aufflammende volle Youki ihres Gefährten spürte. "In der Tat." Sesshoumaru hielt Tokejin leicht neben sich, dessen Klinge bläuliche Energie umgab. Eine rasche Armbewegung ließ diese auf Dai Oya zurasen. Der Magier riss seine Waffe herum, wollte noch parieren, aber es war zu spät. ****************************************** Da hatte jemand einen Fehler begangen.... Im nächsten Kapitel erfahrt ihr etwas über Myu. Mal sehen, wer richtig getippt hat. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, schicke ich wie gewohnt eine ENS, sobald ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 20: Myu --------------- Da einige wohl Freitag weg sind kommt das neue Kapitel diesmal etwas früher. Und nicht nur Myu dürfte überrascht werden, von wem sie so abstammt... 20. Myu Die beiden Zuschauer erhoben sich vorsichtig. Myu sah beeindruckt zu dem Hundeprinzen auf: "Das...das ist die Macht von Sesshoumaru-sama?" "Ja." Auch der Cousin klang imponiert. "Und gegen ihn hast du mal gekämpft?" "Ja." "Warum lebst du dann noch?" Diese Frage war berechtigt, das wusste auch Yuri. Aber auch er hatte nie eine Antwort gefunden. So sagte er nur: "Komm, Myu." Shiro raffte sich auf, schob ihr Schwert weg. Der Youkaifürst hatte seines bereits wieder im Gürtel. "Gehen wir", sagte er, als die anderen beiden heran waren. Die Hundeyoukai erschufen wieder ein Dimensionsportal und gelangten so in kürzester Zeit zu der Grotte zurück. Tsuki kam zum Eingang, wagte aber wieder nicht, die andere Zeitebene zu betreten: "Du hast es geschafft, Sesshoumaru." "Natürlich." Was sollte man dazu sagen? Der Mondgott hätte fast gegrinst. Aber er kannte diese sturen und stolzen Youkai. So meinte er nur: "Wenn ihr in den See springt, werde ich euch zu eurer eigenen Zeit geleiten." Er blickte zu dem Katzenmädchen: "Immerhin gab's diesmal keine Explosion." Myu sah verlegen zu Boden. Yuri antwortete sofort für sie: "Sie weiß jetzt, wann sie keine Angst haben muss." "Wird auch gut sein", murmelte Tsuki. Der Youkaifürst, der schon im Begriff gewesen war, zum See zu gehen, drehte sich prompt um: "Was weißt du über Myu?" "Nun...kehrt erst einmal in eure Zeit zurück. Dann ..nun ja...dann erzähle ich, was ich weiß." Tsuki nickte zu seinem See. Shiro trat neben ihren Gefährten und gemeinsam sprangen sie in das schwarze Wasser des Zeitportals. Yuri und Myu folgten. In der Grotte auf der wilden Insel blieben die vier Youkai stehen und wandten sich um. Wie erwartet, erschien auch der Zeitgott bei ihnen. "Ich finde es bedauerlich, dass ich den Kampf nicht ansehen konnte." Sein Blick glitt zu Shiro, deren Rüstung Löcher zeigte, die noch immer leicht erschöpft wirkte. "Ich konnte nur die eingesetzten Energien spüren. Und dein Schlussangriff, Sesshoumaru, muss wirklich interessant gewesen sein." Dieser warf einen raschen Blick seitwärts. Shiro freute sich insgeheim, dass er zu prüfen schien, wie es ihr ging. Aber er erwiderte nur: "Dieser minderwertige Magier hat mich unterschätzt." So minderwertig war er nicht, wollte Tsuki schon sagen, aber er hatte das Gefühl, dass das nicht gut aufgenommen werden würde. "Also, dann könnt ihr von hier aus direkt nach Hause zurückkehren, " meinte er: "Die Barriere um Le-chan-po besteht nicht mehr und ihr könnt durch das Dimensionsportal reisen. "Du wolltest mir noch etwas sagen", erinnerte Sesshoumaru den Mondgott. Dieser seufzte ein wenig, aber er hatte sich schon gedacht, dass er da nicht herauskam. So blickte er zu Myu: "Wegen ihr, meinst du?" "Ja." Tsuki bemerkte, dass das Katzenmädchen ihn fast ängstlich anstarrte und meinte hastig: "Du brauchst dich nicht aufzuregen, Myu-myu, nein, Myu, nennen sie dich ja hier. Es geht nur um deine Magie." "Ich höre", war der Kommentar des Hundefürsten. Sie hatten schon genug Erfahrung mit der Macht, die in der jungen Youkai schlief. Nur war die Frage was der Mondgott wusste - und woher. "Nun ja...." Tsuki hatte das unbehagliche Gefühl sich rechtfertigen zu müssen, ungewohnt für ihn: "Das Ganze war eigentlich eine Idee meines Herrn und Vaters, Izanagi-sama. Keine besonders gelungene, wenn ich das so sagen darf." "Darfst du nicht!" Erschrocken blickten alle in den Hintergrund der Grotte. Dort saß plötzlich ein älterer Mann, nur scheinbar menschlich, in vornehmen Gewändern. Aber die Aura der Macht, die von ihm ausging, war nur zu greifbar. Hastig gingen Youkai und Gott auf die Knie, verneigten sich. Izanagi fuhr ruhig fort: "Du bist mein Sohn, Tsuki, und ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen." "Verzeiht", beteuerte der hastig: "Ich wollte nicht Eure Entscheidung kritisieren, nur darauf hinweisen, dass es immer wieder Probleme geben wird." "Kaum. Richte dich auf, Myu." Dann, als ob er bemerke, dass diese Anweisung auf die anderen drei Youkai seltsam wirkte: "Ihr alle dürft euch aufrichten." Das Katzenmädchen gehorchte ängstlich. Immerhin war das der Schöpfer allen Lebens. Was hatte er denn mit ihr zu schaffen? Zu ihrer Beruhigung spürte sie eine Hand, die sich kurz auf ihre legte. Yuri-sama, dachte sie erleichtert. Izanagi hatte die Geste bemerkt. Hunde und ihr Beschützerinstinkt. Er hätte doch keine Katze nehmen sollen. Aber er sagte: "Du bist wirklich ein hübsches Kätzchen geworden, meine Liebe. Nun, du hast ein gewisses Recht, diese Geschichte zu erfahren. Vor einigen Jahren, Jahrzehnten, Jahrhunderten, nun so genau weiß ich das nicht mehr.... stellte ich fest, dass es unter den Wesen, die ich geschaffen hatte, immer wieder zu Vermischungen kam. Götter und Menschen verliebten sich, es entstanden Wesen, die das Genki der Götter besaßen und doch menschliche Körper hatten. Dies führte kaum zu Problemen. Youkai und Menschen bekamen Kinder, doch das Youki führte oft zu Schwierigkeiten, da es zu stark für den Körper von Hanyou war. So kam ich auf den Einfall, dass es für Halbdämonen einfacher wäre, wenn sie bei solcher Elternschaft die magischen Fähigkeiten von Menschen bekämen. Aber das wiederum war unmöglich, da ein Hanyou ohne Youki nicht existieren kann. Und ich beschloss, ein Wesen zu erschaffen, das gerade soviel Youki hatte, um als Youkai existieren zu können, aber die Magie eines Menschen. Du, Myu-chan, bist das Muster einer neuen Art. Wenn es bei dir gut geht, werden alle künftigen Halbdämonen so sein." Nicht nur das Katzenmädchen starrte ihn fassungslos an. Aber sie brachte hervor: "Dann...dann seid Ihr mein Vater?" Das war eine Erklärung dafür, warum ihre Mutter sich nie erinnern konnte, wer das denn gewesen sei. Izanagi lächelte ein wenig: "Nein. Zumindest nicht so, wie du das meinst. Ich war damals auf der Suche nach einem weiblichen Youkai, der meiner Schöpfung einen Körper verleihen würde. Durch den Diebstahl des Sternjuwels konnte ich zwar nicht selbst von einer Welt in die andere gelangen, aber meine Schöpfungsmagie war daran nicht gebunden. Deine Mutter war in Paarungslaune, als ich sie entdeckte und ich wusste, sie würde sich nicht wundern, bekäme sie ein weiteres Kind. So versetzte ich sie in Schlaf, und erschuf dich. Da deine Mutter eine Katze war, bist du nun auch ein Katzenyoukai geworden. Allerdings mit der Magie der Menschen. Etwas ganz anderes, als alles andere." Myu spürte, wie etwas in ihr aufstieg, das sie zu spät als heißen Zorn erkannte: "Oh, vielen Dank, Izanagi-sama!" fauchte sie: "Wirklich, herzlichen Dank, dass Ihr so freundlich wart, mir nichts als Ärger zu bescheren! Meine Mutter, meine Geschwister wollten wegen meinem schwachen Youki, meiner magischen Kraft, nie etwas mit mir zu tun haben, sobald ich großjährig wurde, haben sie mich rausgeworfen, wollten mich umbringen. Und das alles, weil Ihr einen Einfall hattet! Wie lustig auch, eine neue Art zu erschaffen!" Ihre Magie verbreitete sich in Wellen um sie. Die anderen in der Grotte waren stark genug, die Energie abzufangen. Die Hundeyoukai mussten allerdings die Arme vor das Gesicht heben, um dem Staub auszuweichen, der vom Sandboden hochgewirbelt wurde. Tsuki machte einen hastigen Schritt zurück. Yuri sagte noch eilends: "Myu!" Das war gerade mehr als lebensgefährlich. Und gegen Izanagi könnte auch er sie nicht beschützen. Diese erkannte auch, wen sie da gerade angeschrieen hatte, wen ihre Magie da gerade alles angegriffen hatte, beugte sich hastig vor: "Verzeiht...ich...das kommt immer so plötzlich...Es tut mir leid...vergebt mir bitte..." "Das meinte ich, Herr Vater", meinte Tsuki, der vorsorglich noch einen Schritt beiseite machte. "Impulsiv, nicht in der Lage ihre Magie zu kontrollieren und absolut unerfahren." "Sie hat aber in gewisser Weise Recht." Izanagi betrachtete sie: "In der Tat. Ich hätte daran denken müssen, dass sich eine Youkaifamilie über die Menschenmagie nicht gerade freuen würde. Und sie haben dich natürlich auch nicht ausgebildet, nicht wahr?" "Nein", brachte Myu hervor. Warum war er so nett zu ihr? Weil er in gewisser Weise doch ihr Vater war? Aber ihre Mutter war nie so freundlich gewesen... "Dein Youki ist nicht der Punkt, nicht wahr? Du kannst die Menschenmagie nicht kontrollieren?" "Ja. Wenn ich große Angst habe oder wütend bin, übernimmt sie mich." "Um dich zu schützen. Ja. Dazu hatte ich sie gedacht. Aber so hast du natürlich ein Problem. Aber das haben wir gleich, mein Kind. - Tsuki." "Izanagi-sama?" "Nimm Myu mit in deine Welt zwischen den Zeiten." Und da er bemerkte, wie sie in jäher Panik hilfesuchend zu Yuri blickte, ihre Magie bereits wieder anstieg: "Dort werde ich dir zeigen, wie du deine Macht bündeln kannst. Hier wird kaum eine Stunde vergehen. Ich bringe dich dann hierher zurück." Er erhob sich: " Ich möchte mich noch bedanken, dass ihr auf sie aufgepasst habt. Es wäre schade gewesen." Er verschwand und Tsuki sah zu Myu: "Also, dann gib mir die Hand, Kätzchen." Hoffentlich regte sie sich nicht gleich wieder auf. Sie stand auf, drehte sich um: "Yuri-sama..." Das klang kläglich. "Geh. Wenn Izanagi-sama selbst dich ausbilden will, gibt es keinen Widerspruch." Auch die Hundeyoukai erhoben sich. Als sie unter sich waren, blickte Sesshoumaru zu seinem Cousin: "Sie braucht deinen Schutz nicht mehr." "Wir werden sehen." Yuri wollte nicht sagen, dass er gerade geglaubt hatte, nicht recht zu hören. Diese kleine, verängstigte Katze war ein Wesen, dass eigentlich in dem Sinn keinen Vater, keine Mutter hatte, sondern von Izanagi höchstselbst erschaffen worden war. Wenn sie ihre Magie nun kontrollieren konnte, wäre sie sicher wirklich in der Lage, auf sich allein aufzupassen. Und der Youkaiprinz stellte fest, dass er das ein wenig bedauerte. "Izanagi-sama wusste, warum er uns auf der wilden Insel nicht direkt zu Tsukis Grotte sandte." Shiro sprach aus, was auch die anderen beiden begriffen hatten. Er hatte sie genau dort entlang geschickt, wo sie Myu finden würden. Anscheinend lag ihm viel an ihr. "Wir warten." Der Hundefürst ging aus der Grotte, blieb draußen aber stehen. Es wäre sicher sehr unhöflich gegenüber Izanagi gewesen, nicht auf das Katzenmädchen zu warten. So verharrten die drei nebeneinander, schweigend und regungslos. Myu blickte sich ängstlich um. Sie befand sich in einer riesigen Höhle. Der Mondgott hatte ihre Hand losgelassen, froh, dass sie sich zusammennahm. "Hier ist mein Zuhause", sagte er: "Hier existiert keine Zeit. Gleich, wie lange du lernen musst, deine Magie zu beherrschen, draußen wird nur eine Stunde vergangen sein. Kannst du wenigstens schon dein Youki kontrollieren? Meditieren?" "Ja." Sie drehte sich wieder. Irgendwie fühlte sie sich auf einmal schrecklich allein. Sie vermisste die drei Hundeyoukai jetzt schon, vor allem Yuri-sama. "In der Tat?" Izanagi kam heran. Sie erschrak. Konnte er Gedanken lesen? "Ja", bestätigte er fast vergnügt: "Aber ich sage es nicht weiter, Myu-chan. Komm ein wenig. Ich möchte sehen, wie sehr dich bereits in Meditation versenken kannst. Das wird nötig sein, um die menschliche Magie je nach Bedarf abrufen zu können." Dagegen gab es nichts zu sagen, und so ging sie mit. Die Hundeyoukai drehten sich um, als sie die Magie hinter sich spürten. Tsuki war mit Myu am Eingang der Grotte erschienen. Das Katzenmädchen verneigte sich höflich gegen ihn: "Danke für alles. Auf Wiedersehen." Dann ließ sie den Mondgott stehen und schoss auf die drei los, blieb kurz vor ihnen stehen, verbeugte sich wieder in ungewohnter Formalität: "Guten Tag, Sesshoumaru-sama, Shiro-sama, Yuri-sama! Ich freue mich so, Euch alle wieder zu sehen!" Nichts verriet die leise Überraschung. Nur Yuri meinte: "Dem entnehme ich, dass für dich mehr Zeit vergangen ist, als für uns." "Ja. Ich war jetzt einen Monat in Tsukis Höhle." Sie strahlte ihn an: "Und Izanagi-sama war so freundlich, mir zu zeigen, wie ich meine Magie kontrollieren kann. Guckt nur!" Instinktiv sprangen die Hundeyoukai einen Satz zurück. Ihre Erfahrungen mit Myus Magie waren nicht die besten. Das Katzenmädchen wusste das. Aber sie wollte ihnen doch zeigen, wie viel sie gelernt hatte. So schloss sie kurz die Augen. Um sie erschien ein Bannkreis aus Menschenmagie, stark und läuternd. Sie sah zu Yuri: "Das ist gut, nicht? So kann mich kein Youkai mehr angreifen." "Kein gewöhnlicher Youkai, zumindest." Der Hundeprinz trat einen Schritt näher, musterte die Barriere: "Ich bin sicher, ich käme durch. Der Taishou natürlich auch. - Aber du hast Recht. Dieser Bannkreis wird dich schützen." Schade, dann bräuchte sie ihn nicht mehr, dachte er gleichzeitig. Im selben Augenblick wunderte er sich über diesen Gedankengang. Myu ließ den Bannkreis fallen: "Ist das wahr? Ihr kämt da durch?" Und da alle drei nickten, sah sie mit gerümpfter Nase zu Boden: "Dabei hatte ich mich so gefreut..." "Es gibt nicht viele Youkai unseren Ranges", tröstete Yuri prompt: "Und du hast einen sehr starken Bann." Er konnte es nicht ertragen, wenn sie so traurig aussah. Sofort lächelte sie ihn wieder an: "Ja, dann bin ich doch beruhigt. Izanagi-sama meinte, dass mich das schützen würde. Und er zeigte mir auch, wie ich das machen kann, dass alles um mich in die Luft geht, also, absichtlich und nicht weil ich Angst habe." "Das brauchst du uns nicht zeigen!" Diesmal lachte sie vergnügt. "Nein, das soll ich auch nicht. Tsuki hat mir gezeigt, was ich machen soll, wenn mir so heiß wird, vor Angst, oder weil ich wütend werde...Ich bin jetzt ganz ruhig. Und ich durfte sogar zu ihm älterer Bruder sagen. Das war sehr freundlich von ihm." Sie sah ein wenig vorsichtig zu Sesshoumaru. Dieser hatte sich abgewendet, wollte deutlich gehen: "Tsuki sagte, ihr würdet mich mitnehmen, zurück nach Japan." "Ja. Du kannst ja kein Dimensionsportal erschaffen. - Oder jetzt doch?" erkundigte sich Yuri. "Nein. Dazu braucht man genügend Youki." "Gehen wir." Dieser Befehl des Fürsten wurde gern befolgt. Sie erreichten die Küste des Fürstentums am späten Nachmittag. Über eine solche Distanz genau einen Tunnel zu erschaffen fiel schwer. Aber sie fanden, dass sie ganz gut gezielt hatten. Sesshoumaru atmete unmerklich auf. Endlich würde er einfach nur der Fürst hier sein können, das hoffte er zumindest inständig. Ein wenig Ruhe wäre einmal wirklich angebracht. Yuri blickte zu Myu, die offenkundig etwas auf dem Herzen hatte: "Was ist?" "Ja, ich...ich muss jetzt dann wohl gehen..." "Wohin musst du gehen?" fragte er erstaunt zurück: "Ich habe dich nicht weggeschickt. Oder hat Izanagi-sama..." "Nein, nein. Ich dachte nur, weil wir jetzt ja wieder da sind...ich meine..." Sie wusste nicht weiter. Sie hätte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte. Nur eine, wo sie gern geblieben wäre. "Myu, wer ist dein Herr?" "Du, Yuri-sama." "Und wer entscheidet, wohin du gehst?" "Du." Sie atmete deutlich auf: "Dann darf ich noch bei dir bleiben?" "Ja." Shiro hätte fast den Kopf geschüttelt. Es war nur zu deutlich, dass weder Myu gehen wollte geschweige denn Yuri sie gehen lassen wollte. Wozu verschwendeten sie so viele Worte? Aber sie hatte durchaus mitbekommen, dass beide sehr redselig für Youkai waren. Im Schloss blieb ihre Ankunft nicht verborgen und Inuyasha raste förmlich zu seinem Halbbruder: "Endlich. - Hallo, Shiro, schön dass es dir gut geht. - Ich dachte schon, du kommst nicht wieder, Sesshoumaru. Dann kann ich hier endlich weg. Ich möchte endlich zu Kagome, in ihre Zeit." "Das wird kaum sofort möglich sein", antwortete sein Halbbruder. Das Hanyou seufzte: "Jetzt muss ich erst noch dir Bericht erstatten?" "Natürlich." "Na, dann. Morgen, oder? - Oh, Shiro, die wichtigste Neuigkeit ist für dich. Halt dich fest. Akamaru ist verheiratet." Das mit ihm und Kagome hatte Zeit bis morgen. "Akamaru?" Sie glaubte nicht recht gehört zu haben. "Ja, aber wen denn? Es gab doch gar keine Verhandlungen?" "Nein. Das war mehr eine: die oder keine Idee." Inuyasha grinste etwas: "Warum auch nicht. Miyaki ist ein sehr schönes Mädchen. Und spielt ausgezeichnet Flöte. Oder glaubst du, dein Bruder hätte einen schlechten Geschmack?" "Nein, das weniger." Flöte? Ach ja. Seine Vorliebe für die Kunst hatte sie nie teilen können. Es war schön, wenn er jemanden gefunden hatte, der das tat. Aber: "Miyaki? Den Namen habe ich noch nie gehört." "Sie ist aus dem Hinterland, hier." "Keine Prinzessin? Das könnte ihr Probleme bereiten. Das höfische Parkett im Süden ist glatter als hier." "Tamiko ist mit, um sie auszubilden." "Oh!" Gut, dachte Shiro: keine Zofe, keinen Bruder mehr, kaum ist man mal weg. Aber sie ließ sich nichts anmerken. Es war Akamarus Sache, wen er zu seiner Fürstin machen wollte. Inuyasha entdeckte jetzt erst Myu: "Oh...noch ein neues Familienmitglied?" "In gewisser Weise", sagte Yuri: "Sie gehört mir." "Gehen wir." Sesshoumaru wollte jetzt einfach nur noch in sein Zimmer und seine Ruhe haben. Die Familie folgte ihm. ***************************************** Da ist jemand wohl leicht gestresst von seiner:" du bist das Familienoberhaupt also hast du die Verantwortung- Rolle". Warum soll es der Inu no Taishou auch leicht haben. Das nächste Kapitel heisst: Für die Katz. Und es ist erst das vorletzte. Wie immer, wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schick ich eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 21: Für die Katz ------------------------ Ja, Yuri stellt sich für einen erfahrenen Schürzenjäger ziemlich eigen an, oder? Aber er hat da jemanden gefunden, den er beschützen will, um jeden Preis. Und Myu trifft zum ersten Mal in ihrem Leben eine eigene Entscheidung. Wohl auch zum letzten Mal.... 21. Für die Katz Myu wusste nicht so genau, was sie nun tun sollte. Ihre Instinkte trieben sie dazu, hinaus aus dem Schloss zu gehen, in der Gegend herumzustreifen. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie rollig. Sie erinnerte sich, ihre älteren Schwestern, ihre Mutter waren immer in der Nacht verschwunden. Soweit sie wusste, hatten sie sich dann mit jedem Kater gepaart, den sie hatten finden können. Aber das war hier, mitten in einem Hundeschloss, sicher nicht zu machen. Überdies wollte sie es auch nicht. So ging sie in den Garten, suchte sich eine abgeschirmte Lichtung. Hier würde sie einfach warten, bis diese Nacht vorbei wäre. Niemand würde sie so anstarren, wie es die Hundeyoukai schon am Abend getan hatten. Plötzlich kam ihr eine ungute Idee. Hatten die Hunde mit ihrer feinen Nase etwa bemerkt, dass sie...? Aber sie konnten doch kaum an einer Katze interessiert sein, nein, sicher nicht. Sonst... Mit einem Seufzen setzte sie sich auf die Wiese, umschlang mit ihren Armen ihre Knie. Sonst wäre doch sicher schon alles ganz anders. Vermutete sie. Wieder einmal wurde ihr nur zu bewusst, dass sie eigentlich noch recht jung war, obschon sie als erwachsen galt. Normalerweise hätte sie in Mutters Schloss sitzen sollen, oder im Schloss ihrer ältesten Schwester und nicht hier, nach Abenteuern im Garten des Herrn der Hunde. Sie war das lebende Beispiel dafür, mit wie wenig Youki ein Youkai noch überleben konnte, ohne als Mensch zu gelten, und auch, wenn Izanagi-sama recht freundlich zu ihr gewesen war, war sie nicht sicher, ob ihr Leben nun in geordneteren Bahnen ablaufen könnte. Immerhin hatte noch niemand hier gesagt, sie solle wieder verschwinden. Nun, vielleicht würden sie es auch nicht tun. Freilich stand sie noch bei Yuri-sama in der Schuld und es sah nicht so aus, als ob sie diese Schuld je bezahlen können würde. Mit einem Seufzer legte sie den Kopf auf die Knie. Warum nur? Dachte sie. Warum nur ich, Izanagi-sama? Sie zuckte unwillkürlich zusammen, als sie spürte, dass sich jemand näherte. Sie erkannte Dämonenenergie, aber dann war auch schon jemand da, neben ihr. "Nun, meine Schöne?" sagte eine männliche Stimme. Erschreckt starrte sie den Hundeyoukai an: "Was soll das? Was willst du hier?" "Na, was wohl, Katze." Er kniete neben ihr nieder. Bevor sie erkannte, was er wollte, hatte er einfach ihren Gürtel gelöst, wollte ihren Kimono abstreifen. "Also, halt..." protestierte Myu entsetzt. "Das...das darfst du nicht...was..." Sie versuchte, ihn von sich zu schieben. Der Erfolg war nur, dass er lachte: "Soll das ein Witz sein? Eine Katze in deinem Zustand ist doch sonst nicht wählerisch?" Erst jetzt begriff Myu, dass ihre Idee, sich aus dem Schloss zu entfernen, anscheinend genau die falsche gewesen war. Höchstwahrscheinlich hatte dieser Hundeyoukai ihr Absondern als Einladung missverstanden. Sie fasste seine Hände: "Lass mich oder ich schreie", drohte sie. Er lachte auf: "Natürlich wirst du schreien, Katze. Das weiß ich jetzt schon. Vor Vergnügen. Nun zier dich nicht so...komm." Er drückte sie einfach zurück. Myu überlegte verzweifelt, was sie machen sollte. Wenn sie ihre Magie einsetzte, würde sie ihn vielleicht töten. Und wie das dann wieder die Hunde sehen würden? Warum nur kam immer sie in solche Situationen? Sie versuchte erneut, sich einfach mit Kraft gegen Kraft zu wehren, auch, wenn sie wusste, dass das sinnlos wäre. Aber sie konnte ihn doch nicht umbringen. Er gehörte hierher, war Sesshoumaru-samas Untergebener. Und wie würde der Inu no Taishou reagieren, würde sie einfach einen seiner Leute töten? Sie war doch eine Katze...Ob das dann Krieg geben würde? Der Hundeyoukai versuchte, die sich Sträubende zu küssen, als er plötzlich einen gewaltigen Schlag bekam. Erst, als er gegen einen Baum prallte, realisierte er eine große Energie, die er zuvor nicht wahrgenommen hatte. Youki der mächtigsten Variante. Mühsam öffnete er die Augen. Und starrte entsetzt auf die Spitze eines Schwertes, die sich genau zwischen seinen Beinen befand, Druck ausübte. "Habe ich dir erlaubt, mein Eigentum anzufassen?" fragte eine kalte Stimme. Mist, dachte der Hundeyoukai panisch. Das hatte ich vollkommen vergessen. "Verzeiht einem armseligen Diener, Yuri-sama..." stammelte er in Todesangst: "Ich wollte nicht...Ich meine, ich dachte nicht....ich habe vergessen...ich würde nie wagen, etwas auch nur zu berühren, dass Euch gehört...bitte...verzeiht..." "Du solltest allen Göttern danken, dass ich heute meinen guten Tag habe." Das Schwert wurde weggenommen: "Verschwinde." Das ließ sich der Diener nicht zweimal sagen. Er wusste, er durfte mehr als froh sein, mit dem Leben, geschweige denn unversehrt, davongekommen zu sein. Yuri schob sein Schwert weg, betrachtete kurz Myu, die sich aufgerichtet hatte, ihn noch immer etwas erschreckt anstarrte: "Es war dumm von dir, das Schloss zu verlassen." "Verzeih, Yuri-sama", sagte sie mit niedergeschlagenen Augen: "Ich...ich dachte, so könnte ich allein diese Nacht durchstehen. Ich...ich dachte, ich würde im Schloss mehr Aufsehen erregen." Noch ein wenig kleinlauter fügte sie hinzu: "Es ist das erste Mal..." Der Youkaiprinz ignorierte den letzten Satz. "Wie man es nimmt. Jeder Hundeyoukai kann wittern, in welchem Zustand du bist. Eine rollige Katze schreit ihre Paarungsbereitschaft förmlich hinaus und lockt so männliche Youkai an." Er ließ sich unter dem Baum nieder: "Wenn du hier bleiben willst, werde ich auf dich aufpassen müssen." "Du willst mich beschützen?" fragte sie, ehe ihr der andere Teil seiner Erklärung dämmerte: "Du...du sagtest, jeder männliche Youkai?" "Ja. Sie werden davon angelockt. Und erregt. " Er blickte zu Boden, so dass seine Haare sein Gesicht verdeckten, "Du ... auch?" Das klang ganz schüchtern. "Ich auch, " bestätigte er neutral: "Aber ich werde dich beschützen. Auch vor mir selbst." Myu ordnete ihre Kleidung, bemüht, nachzudenken. Schließlich meinte sie: "Danke, Yuri-sama. - Ist es...weil ich eine Katzenyoukai bin?" "Was meinst du?" "Shiro.." Sie korrigierte sich hastig: "Shiro-sama erwähnte, dass bei Hunden eine Paarung gleichzeitig die Heirat sei. Unter Katzen ist das anders." "Ich weiß. Dort gibt es keine Gefährten." "Und ich denke, kein Hund würde solch eine Paarung mit mir ernst nehmen, wie der zuvor gezeigt hat. Ich....ich meine, mir ist klar, dass ich eine Katzenyoukai bin, dass ich schwach bin....aber, wenn du möchtest...Ich meine..." Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen: "Wenn du mich willst, nimm mich. Ich weiß, dass ich nie deine Gefährtin sein kann." "Myu!" Er sah sie erstaunt an. "Rede nicht so einen Unsinn." Mit einem leisen Seufzen blickte sie zu Boden. "Ich weiß, du bist nett und hast die ganze Zeit versucht, mich zu beschützen. Darf ich dir nicht wenigstens eine einzige Gegenleistung geben? Und ich habe nichts, was ich dir anbieten könnte, außer mir selbst." Und er war der Einzige, dem sie sich schenken wollte, egal, was ihre Katzeninstinkte sagten. "Hör auf, Myu!" Aber sie hatte in seiner Stimme einen fast verzweifelten Unterton gehört. Plötzlich begriff sie: "Ja, du bist wirklich sehr gütig zu einer heimatlosen Katze, Yuri-sama. Selbst jetzt willst du mein Angebot nicht annehmen, weil du denkst, du nutzt mich nur aus." "Ja", gab Yuri zu: "Genau so ist es. Und darum hör auf, Myu. Bitte." "Nein." Sie richtete sich auf: "Du nutzt mich nicht aus. Es ist doch meine Sache, was ich verschenken will. Und ich werde nur aufhören, wenn du sagst, dass dich mein Geruch anwidert, dass du mich hässlich findest, dass die schiere Vorstellung, eine Katze zu umarmen für dich unerträglich ist. Wenn dem so ist, sage es und ich werde nie wieder darauf zurückkommen." Der Youkaiprinz atmete tief durch: "Nein, du widerst mich nicht an. Eher im Gegenteil. - Aber, Myu-chan, in einem Punkt irrst du dich." Er stand auf. Sie blickte ihn fragend an, bewegte sich aber nicht, als er sich neben ihr niederkniete. "Du bist meine Dienerin. Es ist nicht deine Entscheidung, ob du morgen früh meine Gefährtin bist oder nicht. Sondern nur die meine. Das ist Hunderecht." Etwas wie ein Schnurren drang aus ihrer Kehle, als sie sich rückwärts auf die Wiese sinken ließ, den Kopf nach hinten bog. Sie hatte diese Geste als Zeichen der Unterwerfung bei Hunden gesehen: "Ich unterliege dem Hunderecht, Yuri-sama..." Sie schloss die Augen. Yuri legte sich neben sie, umfasste mit seinen Fangzähnen vorsichtig die Kehle des Katzenmädchens, als Geste seiner Einwilligung. Sie konnten unmöglich beide ihre wahre Gestalt annehmen, wie das unter Hundeyoukai üblich war. Aber es würde auch so gehen. Er umarmte sie, ehe er ihre Lippen suchte. Sie war so grazil, dass er unwillkürlich behutsam mit ihr umging. Der Geruch ihrer Paarungswilligkeit hatte ihn schon seit Stunden nervös gemacht - und eifersüchtig auf jeden anderen, der das wittern konnte. Jetzt war er glücklich, dass er der Einzige sein würde, der mehr als nur Träume bekam. Sesshoumaru erstarrte unmerklich, als er seinen Cousin am Morgen vor seinem Arbeitszimmer traf. Yuri wusste, dass der Herr der Hunde über eine feine Nase verfügte: "Darf ich dich um die Erlaubnis bitten?" erkundigte er sich. Immerhin hatte Sesshoumaru nicht mit der Wimper gezuckt, als Inuyasha ihm erklärt hatte, dieses Menschenmädchen sei seine Gefährtin. Aber nun gut. Das war Hanyou und Mensch. "Du warst sicher, dass ich sie dir nicht verweigere, nicht wahr?" Yuri senkte höflich den Kopf: "Nun, ich nahm nicht an, dass du Izanagi bedeuten wolltest, seine neueste Schöpfung sei nicht würdig, in deine Familie einzuheiraten." "Sie ist eine Katze. Das könnte Probleme geben." "Vielleicht." "Mit ihrer Familie." "Myu wünscht, zu ihrer Familie zu reisen und ich werde sie begleiten." "Gut." "Danke, Inu no Taishou." Der Youkaiprinz drehte sich um. Mit dieser Heiratserlaubnis war Myu nun ein vollwertiges Mitglied des Hundeclans. Nicht, dass er sich nicht zugetraut hätte, seine Gefährtin gegenüber jedem Hundeyoukai zu schützen, der ihr zu nahe treten wollte, aber schon aus Gründen des Erbrechts und anderen Dingen war dies wichtig. Es war ein größeres Haus, das die Familie der Katzen bewohnte, die Mutter und all ihre Kinder, die sich nicht nach auswärts begeben hatten, was vor allem die Kater taten. Die älteste Tochter würde eines Tages die Erbin sein. Diese stand zufällig vor dem Tor, als sie eine Witterung wahrnahm, mit der sie nicht gerechnet hatte. Sie fuhr herum: "Myu-Myu!" Ihre Schwester stand vielleicht fünf Meter vor ihr: "Nee-chan..." "Du wagst es..." Aber sie brauchte nicht weiter zu reden. Ihre Mutter hatte die Ankunft mitbekommen und schoss aus dem Tor: "Du! Ich sagte dir, dass wir dich töten werden, wenn du es wagst, noch einmal hier zu erscheinen." "Ach ja?" Myu betrachtete ihre Familie, die sich langsam um die Mutter sammelte. Fünf Katzenyoukai, die sie so lange gefürchtet hatte. Seltsam, wie schwach sie ihr auf einmal vorkamen. "Da wäre ich neugierig, wie ihr das anstellen wollt." Ihr ältester Bruder sprang auf sie los, prallte gegen einen Bannkreis und schrie auf. Um ein Haar wäre ihm seine Dämonenenergie entzogen worden. Myu sah zu ihrer Familie: "Hört ihr mir zu? Ihr könnt mir nichts tun. Dieser Bannkreis schützt mich gegen die Angriffe der allermeisten Youkai." "Was ist das für eine Magie?" fragte ihre Mutter, ehe sie begriff: "Das ist das, was du schon immer hattest? Und jetzt kannst du es kontrollieren?" "Ja." "Wer hat...?" Immerhin war das Menschenmagie. Welcher Youkai kannte sich damit schon aus? Oder welcher Mensch war so verrückt gewesen, ausgerechnet eine Youkai zu unterweisen? "Izanagi-sama hat mich unterrichtet." "Iza...." Die Katze guckte ihre Tochter sprachlos an: "Wage es nicht, den Namen des Herrn allen Lebens unziemlich zu verwenden!" "Es ist wahr. Er sagte, er habe mich eben so erschaffen. Und da ihr mir nicht geholfen hattet, tat es er. Er war sehr gütig zu mir." "Iza...." Das war mehr als unglaublich. Wo hatte diese klägliche Katze denn die vergangenen Wochen nur gesteckt? Sie wirkte auch anders, selbstbewusster, erwachsener. "Ja. Aber darum bin ich nicht hier. Ich habe einen Partner. Und es ist meine Pflicht, das euch mitzuteilen." "Lügnerin. Keine Katze hat je einen Kater als festen Partner. Oder nur sehr selten. Und welcher Kater sollte so verrückt sein, ausgerechnet die schwächste aller Katzenyoukai zu nehmen?" "Er ist kein Kater. Er ist ein Hundeyoukai." "Ein..." Ihrer Familie fiel nichts anderes ein, als sich gegenseitig anzustarren. War Myu-Myu geisteskrank geworden? Aber da war der Bannkreis, der bewies, dass sie Fortschritte gemacht hatte. Unglaubliche Fortschritte. So sagte ihre Mutter: "Irgendein Hundeyoukai soll eher dich genommen haben als ein Wesen seiner eigenen Art?" "Ja." "Nun, dann ist er sicher das Allerletzte. Hat er auch einen Namen?" "Yuri." "Yuri? Nie gehört." "Er ist der Herr der Ländereien im Osten um das Midogebirge." "Yuri, im Osten...Moment mal, der Yuri? Der Prinz, der mit dem Herrn der Hunde verwandt ist? Mit Sesshoumaru?" Myu deutete seitwärts. Ihre Familie betrachtete die entfernte Gestalt auf der Klippe. Ja, das war ein Hundeyoukai. Er musste bemerkt haben, dass alle zu ihm blickten, denn er ließ seine Energie, die er bislang offenkundig unterdrückt hatte, aufflammen. Und ohne Zweifel war das das stärkste Youki, dem sich die Familie je gegenüber gesehen hatte. Die Mutter sah hastig zu ihrer jüngsten Tochter. Sie wusste von Hundeyoukai eines mit Sicherheit. Jeder beschützte seine Gefährtin. So sehr sie es auch aufbrachte, ihre so schwache Tochter plötzlich einige Sprossen auf der sozialen Leiter über sich zu sehen: sie konnte nichts dagegen tun. Da war der Bannkreis. Und die schlichte Tatsache, dass dieser Yuri ein Hundeprinz war, dessen Kraft als sagenhaft galt. Er sollte sogar einmal einen legendären Zweikampf gegen Sesshoumaru überlebt haben. So sagte sie mühsam: "Dann kannst du dich glücklich schätzen, denke ich. Aber was willst du hier?" Falls sie gekommen war, um sich mit Hilfe ihres Gefährten zu rächen, hätte die Familie ein mehr als ernstes Problem. Myu zuckte ein wenig die Schultern: "Ich wollte euch sagen, wo ich bin und was aus mir geworden ist. Nur, falls dich das interessiert, Mutter." "Tut es nicht sonderlich. - Und du solltest dir nicht so sicher sein, dass ein Hundeprinz dich lange als Gefährtin behält. Soweit ich weiß, kann man bei Hunden von der Gefährtin auch zur Konkubine herabgestuft werden. Ich kann mir nicht vorstellen, was er an dir findet, aber für seinen Erben wird er gewiss eine starke Hundeyoukai suchen." Myu drehte sich ohne ein Wort um und ging. Warum nur hatte sie gehofft, ihre Familie würde nett zu ihr sein, sie akzeptieren. Aber als sie zu Yuri zurückkehrte, spürte sie, wie die bissigen Worte ihrer Mutter ihren Zweifel geweckt hatten. War sie wirklich nur ein Spiel für ihn? Ihr Gefährte betrachtete sie: "Die Aussprache war nicht sehr erfolgreich, will mir scheinen. Du hast deinen Bannkreis sofort errichten müssen." "Ja. - Sie wollten mich angreifen." "Was ist, Myu-chan? Haben sie etwas gesagt, das dich gekränkt hat?" Er spürte also, dass sie unsicher war. "Bitte, lass uns gehen", sagte sie: "Vielleicht erzähle ich es dir dann, Yuri-sama." Er erschuf ein Dimensionsportal, durch das die beiden verschwanden. Erst dann wagte die Katzenfamilie unten aufzuatmen. Es war ein lichter Wald, in dem sie landeten und der Hundeprinz drehte sich leicht: "Erzählst du mir, was sie zu dir sagten?" "Es könnte dich beleidigen." "Wenn es mich beleidigt..." Yuri brach ab. Fürchtete sie, er würde ihre Familie umbringen? Er hatte bemerkt, dass sie noch immer gehofft hatte, Frieden schließen zu können. So fuhr er fort: "Ich werde dir die Entscheidung überlassen, ob ich sie töte oder nicht." "Danke." Das hatte sie zwar nicht gemeint, aber er war wirklich freundlich wie immer zu ihr. Myu seufzte ein wenig. "Meine Mutter...meine Mutter sagte, ich...du würdest gewiss einen Erben wollen und dir dafür eine Hundeyoukai als Gefährtin suchen, mich ....mich nur noch als Konkubine behalten wollen." "Deine Mutter hat wirklich eine böse Zunge." Yuri betrachtete sie: "Und du hast es geglaubt?" "Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich meine, das mit dem Erben stimmt doch, nicht wahr?" "Wenn du mir einen Erben schenkst, werde ich sehr froh sein. Das ist wahr. Bei Hund und Katze würde das nie gehen, das ist auch wahr. Aber du bist Izanagi-samas neueste Schöpfung und so werde ich es ihm überlassen, wie er darüber entscheidet." Er klang ruhig. Myu blickte in seine grünen Augen, fand darin nichts außer Wärme: "Danke", flüsterte sie. Er war ehrlich: "Und das andere...kann eine Gefährtin zurückgestuft werden?" "Ja, in Ausnahmefällen." Er wollte nicht mehr dazu sagen, aber da sie so fragend guckte: "Wenn sie schwere Verfehlungen begeht." Er mochte ihr nicht nach dem vorhergegangenen Gespräch sagen, dass auch Unfruchtbarkeit dazu gehören könnte. Nicht bei ihr und nicht durch ihn. Izanagi selbst hatte da die Hand über ihr. "Aber du hast wirklich eine reizende Familie", schloss er. "Ich will sie nie wieder sehen." Myu hörte selbst, dass ihre Stimme hart klang: "Bitte, Yuri-sama, bring mich nach Hause." "Nach Hause? In das Schloss des Westens? Oder ins Midogebirge?" "Wohin immer du gehst. Du bist mein Zuhause." "Dann erst zum Inu no Taishou. Wir müssen uns doch noch verabschieden. Und du darfst noch einkaufen." Im Schloss ließ er Myu allein, sie sollte sich noch Garderoben aussuchen, was sie in der Schneiderei mit wachsendem Vergnügen tat. Sie durfte jetzt bis zu achtlagige Kimonos tragen und sie genoss die Anproben. Er selbst schuf erneut ein Dimensionsportal und stand in kürzester Zeit mit offen gezeigtem Youki vor dem Haus von Myus Familie. Er wollte dieser noch etwas deutlich machen. Myu hatte so gekränkt geklungen, betroffen und verletzt. Und das sollte nie wieder geschehen. Die Ankunft eines so starken Youkai mit voller Energie war eine Provokation, ja, eine Kriegserklärung. So kam Myus Mutter hastig vor das Tor, nicht im Zweifel, wer der unerwünschte Besucher war. Sie presste ein wenig die Lippen zusammen, sich nur zu bewusst, dass sie gerade in Lebensgefahr schwebte. Aber sie sagte höflich: "Mein Name ist Kira. Du bist Yuri, nehme ich an, vom Hundeclan des Westens." "Yuri-sama für dich. - Myu wünscht nicht, einen von euch je wieder zu sehen. Wenn es einer von eurer Familie wagen sollte, seinen Fuß auf meine Ländereien zu setzen, werde ich ihn töten." Das klang immerhin nicht so, als ob er es sofort tun wollte. Kira beschloss es zu wagen, eine Frage zu stellen: "Du ... Euch ist bewusst, wie erbärmlich schwach Myu-Myu ist?" "Dir ist bewusst, dass du gerade meine Gefährtin beleidigt hast?" Yuri klang fast sanft. "Das...das meinte ich nicht", beteuerte die Katzenyoukai hastig, die wusste, dass das eine Drohung war: "Ich..." "Du hast verstanden. Und sag das auch deinen Kindern." "Aber sie ist doch meine Tochter...soll ich sie denn nie wieder sehen?" Diese Bemerkung kam so unerwartet, dass Yuri sie fassungslos anstarrte. Aber er fing sich rasch: "Um sie ertränken zu können? Myu will dich nie wieder sehen. Und ich werde dafür sorgen, dass ihre Wünsche erfüllt werden." Er drehte sich um und verschwand im Nichts. Als er zurückkehrte, lief ihm seine Gefährtin freudig entgegen: "Oh, sieh nur, ich habe mir schon so viele Kimonos ausgesucht. Was glaubst du, Yuri-sama, welchen soll ich zum Abschied tragen?" "Was meinst du?" "Der Haushofmeister sagte, es gäbe ein Fest, zum Abschied, weil auch Inuyasha-sama jetzt wieder in eine andere Zeit gehen würde und wir weggehen würden..." "Und wann soll das Fest sein?" "In drei Tagen...." Sie hob einen seidenen Kimono hoch: "Sieh nur, so etwas besticktes habe ich noch nie gehabt..." Sie freute sich an den schönen Kleidern, an der Höflichkeit, die man ihr entgegenbrachte. Yuri musste ein wenig lächeln: "Du wirst wunderbar darin aussehen, Myu-chan." Nie wieder sollte sie jemand kränken. Er würde sie vor allem Kummer und allen Sorgen beschützen. ********************************************* So, jetzt wäre doch alles Freude, freude Eierkuchen, oder? Aber einige von euch haben schon bemerkt, dass es in einer Beziehung ganz gewaltig unter der Oberfläche Spannungen gibt. Das nächste - und letzte - Kapitel heisst: Rosenkrieg. In diesem Zusammenhang möchte ich euch um eure Meinung bitten. Wenn diese Staffel Hundeyoukai vorbei ist, und auch Brothers in arms, werde ich den neuen Krimi hochladen, danach eine andere amüsante Story. Aber ich habe bereits mit der vierten Staffel angefangen. Was ist euch lieber. Bis Sommer zu warten und sie komplett zu bekommen oder jetzt immer so, wie ich schreibe? Das würde bedeuten so alle drei Wochen oder so ein Kapitel. Ich persönlich würde es lieber haben, meinen Stil nicht zu ändern und nur hochzuladen, was abgeschlossen ist. Aber ich habe soviele Anfragen bekommen, ob Hundeyoukai weitergeht, dass ich das einfach mal wissen möchte. Wer so nett ist, mit einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich, wie gewohnt, eine ENS, wenn ich sehe, dass ds neue Kapitel freigeschaltet wurde. bye hotep Kapitel 22: Rosenkrieg ---------------------- Ja, da gibt es Missverständnisse, auch bei ranghohen Youkai. Und das endet leicht in einem Duell. 22. Rosenkrieg Shiro stand am Fenster in ihrem Zimmer, drückte ihre Stirn gegen das Geflecht, ohne wirklich etwas draußen zu erkennen. In ihr herrschte eine seltsame Mischung aus Wut und Verzweiflung. Seit zehn Tagen waren sie nun wieder hier im Schloss, alles schien seinen gewohnten Gang zu gehen, wenn man davon absah, dass Yuri und Myu geheiratet hatten, übermorgen zu Yuris Schloss reisen wollten. Aber seit zehn Tagen hatte Sesshoumaru sie kein einziges Mal in sein Arbeitszimmer befohlen, um etwas mit ihr zu besprechen, seit zehn Nächten war er kein einziges Mal zu ihr gekommen. Obwohl er bei öffentlichen Veranstaltungen sie als Fürstin teilnehmen ließ, sogar einige Worte mit ihr wechselte, behandelte er sie sonst wie Luft. Warum nur? Was hatte sie falsch gemacht? Sie fand keine Antwort. Auch auf der Reise war er lieber mit Yuri gegangen, hatte sie Myu hüten lassen. Mit ihr gesprochen hatte er schon da nicht mehr viel, wie ihr erst jetzt auffiel. Sicher, sie hatte mit ihm gegen Dai Oya kämpfen dürfen, da geglaubt, er vertraue ihr wieder, aber die vergangenen Tage hatten nur zu deutlich gezeigt, dass dem wohl nicht so war. Sie hatte sich doch solche Mühe gegeben, seine Wünsche bedingungslos zu erfüllen. Wodurch nur hatte sie versagt? Was hatte sie nicht beachtet, welchen Befehl falsch ausgeführt? Warum nur verachtete er sie wieder? Plötzlich kroch eine ungute Vorstellung in ihr empor. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Wäre es möglich...? Sie richtete sich auf. Nahm ihr Gefährte etwa an, Dai Oya habe sie entehrt? Wollte er darum nicht mehr ihr Bett teilen? Aber warum tötete er sie dann nicht? Warum schickte er sie nicht zu ihrem Bruder zurück? Weil er keinen Beweis hatte? Oder aber.....ein noch grässlicherer Gedanke stieg in ihr auf. Hatte er etwa Mitleid mit ihr? Wollte er sie nicht bestrafen für etwas, für das sie nichts konnte? Oder können würde, da ja nichts geschehen war. Wollte er ihr ihren Rang als Fürstin nach außen hin lassen, auch, wenn er sie nie wieder anrühren würde? Nachsicht, Mitleid, Schonung? Sie presste die Lippen zusammen. Dann ergäbe sein Verhalten einen Sinn. Sie würde die Fürstin bleiben - aber ihr Gefährte würde sich eine andere Hundeyoukai suchen, in deren Schoss er seinen Erben zeugen konnte, mit der er sich besprechen würde. Sie fuhr herum: "Rin?" Das Menschenmädchen kam sofort herein. Da Tamiko noch im Süden war, war sie im Augenblick die einzige persönliche Dienerin der Fürstin: "Shiro-sama?" "Hole mir haori und hakama. Und meine Rüstung. Ich möchte trainieren." Sie brauchte etwas, um sich abzureagieren. Damals, als Sesshoumaru sich geweigert hatte, sie zu heiraten, da sie die Tochter eines Verräters gewesen sei, hatte sie in tagelangen, verbissenen Trainingseinheiten ihren Zorn einigermaßen unter Kontrolle gebracht. Und die Vorstellung, dass er Mitleid mit ihr hatte...Sie ballte unwillkürlich die Hände. Sesshoumaru saß in seinem Arbeitszimmer, als er das Youki seiner Gefährtin spürte. Trainierte sie zu so ungewohnter Stunde? Er erhob sich, trat an das Fenster, von wo aus er den Übungsplatz sehen konnte. Tatsächlich. Ein wenig überrascht erkannte er, wie sie eine sehr lange, anstrengende Reihe von Übungen begann. Und das in der größten Mittagshitze. Dann aber konnte er ihr Gesicht sehen und bemerkte, dass sie so versuchte, ihrer Gefühle Herr zu werden. Dann würde das Training ihr sicher gut tun. Er wusste nicht, was ihr bei den Piraten und Dai Oya genau alles widerfahren war, aber er konnte sich vorstellen, dass es sie an den Rand ihrer Selbstbeherrschung gebracht hatte. Darum hatte er auf der Jagd nach dem Magier schon versucht, sie möglichst zu schonen, auch, wenn er im Schlusskampf ihre Technik gebraucht hatte. Und seit sie hier waren, hatte er sie in Ruhe gelassen, hatte warten wollen, ehe sie wieder vollkommen wiederhergestellt war, bevor er sie mit Verwaltungsdingen belastete, ihr gar durch seine Annäherungen lästig fiel. Wenn sie die Erinnerungen an ihre Gefangenschaft jetzt durch hartes Training abbauen könnte, wäre es nur gut für sie. Vielleicht sollte er ihr zusehen. Er drehte sich um und verließ ohne ein Wort sein Arbeitszimmer. Seine Schreiber sahen ihm schweigend hinterher. Auch sie konnten das Youki der Fürstin spüren und vermuteten, wohin er wollte. Sesshoumaru stand neben dem Trainingsplatz. Ihre Bewegungen waren elegant, zeugten von langem, hartem Training. Aber sowohl die viel zu hoch eingesetzte Energie, als auch der Nachdruck in den Schlägen und Abwehrtechniken bewiesen eine tief in ihr tobende Wut. Ob sie sich vorstellte, wie sie Dai Oya tötete? Shiro hatte ihn entdeckt, brach die Bewegung ab. Aber der Youkaifürst hatte ihren Blick gesehen und eines begriffen. Ihre Wut richtete sich nicht gegen den Magier. Sondern gegen ihn. War sie zornig, weil er hatte fliehen können und sie nicht? Weil er und Yuri so spät gekommen waren? Aber sie musste doch wissen, dass es nicht anders gegangen wäre. Zugleich beschloss er aber, ihr zu helfen. Wenn sie auf ihn wütend war, sollte sie ihre Wut abreagieren können. Vielleicht wäre sie danach ausgeglichen. Er legte daher die Hand an sein Schwert: "Möchtest du gegen mich trainieren, Shiro?" Sie atmete tief durch. Was sollte das denn jetzt? Aber vielleicht war das eine Möglichkeit, diese unerträgliche Situation zu beenden. So meinte sie: "Ja." Für einen langen Moment standen sie sich gegenüber, ehe Shiro ihre Klinge mit Youki auflud. Sie sah für sich nur noch eine Möglichkeit, außer sich selbst umzubringen. Obwohl, dachte sie, eigentlich ist das genau das Gleiche. Sie schleuderte mit einer harten Armbewegung ihr Youki gegen den Hundefürsten, der fast gelassen parierte. Die Energie flog beiseite. Er war nicht überrascht, dass sie nicht zunächst Stahl auf Stahl kämpfen wollte. Sie musste sich in einer nervenangespannten Situation befinden, aus der ihr nur ein harter Kampf heraushelfen würde. So setzte auch er sein Youki frei. Wie zu erwarten, vermochte sie es zu reflektieren, so dass er seinem eignen Angriff ausweichen musste. Die eingesetzten Energien waren stark genug, um Inuyasha und Yuri aus dem Haus zu locken, auch einige andere Youkai kamen heran. Ein solcher Trainingskampf war gewiss sehr interessant. Sie beobachteten denn auch gespannt Sesshoumarus Youkiangriffe, Shiros Reflexionen, die sie mit ihrem eigenem Youki noch erhöhte. Aber je länger das dauerte, umso deutlicher war eines zu spüren: "Sag mal, Yuri", wandte sich Inuyasha an ihn: "Was ist denn da los? Ist Shiro übergeschnappt?" "Spürst du es auch?" Der Youkaiprinz klang angespannt. "Ich merke, dass sie dauernd ihre eingesetzte Energie steigert. Das macht man doch nicht bei einem Trainingskampf." "Sie zeigt schon fast ihr gesamtes Youki offen. Aber Sesshoumaru sagt nichts. Er erhöht seines allerdings auch." Yuri warf einen Blick hinüber: "Eines ist natürlich auch klar. Sie muss verrückt geworden sein. Niemand darf es ungestraft wagen, den eigenen Fürsten so hart zu attackieren, noch dazu den eigenen Gefährten. Wenn sie so weitermacht und er sie tötet, hat er alles Recht dazu." Inuyasha nickte leicht. Plötzlich fiel ihm ein, dass er einst einem Duell zwischen den beiden zugesehen hatte. Und Shiro hatte damals schon bewiesen, dass sie bereit war, zu sterben, wenn sie nicht siegen konnte. Aber das hier war doch ein Training, oder? Er begriff blitzartig: "Genau das will sie erreichen", sagte er. "Wie bitte?" "Shiro will, dass er sie tötet. Warum auch immer. Ich habe keine Ahnung, was da zwischen den beiden vorgefallen ist. Aber du kennst ja ihren Stolz. Und dickköpfig sind sie beide." Yuri schüttelte leicht den Kopf. Er konnte sich das nicht so ganz vorstellen, wusste er doch, wie sehr sein Cousin seine Gefährtin mochte. Und umgekehrt. Sesshoumaru betrachtete seine Gegnerin. Sie wagte es tatsächlich, ihn voll und hart zu attackieren, mit allem, was sie hatte. Verbotenerweise in einem Übungskampf. Und das, obwohl sie damit rechnen musste, dass er zurückschlagen würde, ebenfalls Ernst machen würde. Oder glaubte sie etwa, sie könnte seine komplette Macht auch noch reflektieren? Gegen ihn gewinnen? Da würde sie sich täuschen. Ihr Schwert trug auch seinen Fangzahn in sich, was es zum einen stärker machte. Aber zum anderen war er so der einzige, der es überwinden konnte. Warum auch immer, diese Sache mit Dai Oya musste sie völlig aus der Bahn geworfen haben. "Schluss jetzt", sagte er kalt. Mit zwei leichten Drehungen seines Handgelenkes lud er Tokejin mit allem Youki auf, das er besaß. Die entsetzten Zuschauer gingen vorsorglich in Deckung. Shiro blieb stehen, ihr Schwert verteidigungsbereit. Aber sie vermutete, dass sie diese Attacke nicht zurückschicken konnte. Sie hatte gegen Dai Oya schon genug Probleme gehabt - und er ihn mit einem einzigen Angriff getötet. Allerdings wusste sie, dass sie das provoziert hatte. Und besser sterben, als verachtet weiterleben zu müssen. Sie erkannte die gewaltige Energie, die auf sie zulief, versuchte instinktiv, doch noch einen Abwehrkreis zu schlagen, aber es war schon zu spät. Sie wurde von der Wucht des Aufpralles zurückgeschleudert, schrie unwillkürlich etwas auf, ehe sie kaum bei Bewusstsein liegen blieb. Dennoch begriff sie irgendwo im tiefsten Innern, dass sie gerade geschont worden war. Im allerletzten Moment musste er einen guten Teil seines Youki zurückgehalten haben. Im nächsten Augenblick spürte sie ein Gewicht auf sich, Schwertabfangdornen, ein Schwert an der Kehle. Keuchend starrte sie zu ihrem Gefährten auf: "Töte mich", brachte sie hervor: "Wenn du schon glaubst, dass Dai Oya mich entehrt hat! Ich will dein Mitleid nicht!" Sesshoumaru stutzte unmerklich. Was redete sie da? Wie kam sie denn auf diesen Gedanken? Aber dann begriff er, dass sie seine Rücksichtnahme der letzten Tage für Verachtung gehalten hatte. Und sie musste geglaubt haben, er verstoße sie nur aus Erbarmen nicht. Meine arme Shiro, dachte er. Aber er sagte laut: "Gerade du solltest wissen, dass ich kein Mitleid kenne." Er erhob sich, schob sein Schwert weg: "Geh in deine Räume. Ich werde mir überlegen, wie ich dein Verhalten bewerte." Sie stand mühsam auf, bemerkte jetzt erst die Zuschauer, die sie alle fassungslos anstarrten. Sie wusste, sie hatte mehr als einen Fehler begangen. Sie hatte als rangniedriger Hundeyoukai den Inu no Taishou angegriffen, als Untertan den Fürsten, zumal ihren Gefährten. Er hatte gleich drei Mal das Recht, sie zu töten, oder anders zu bestrafen. Und so, wie er das gesagt hatte, würde sie am Leben bleiben müssen. Yuri stand neben ihr: "Was war denn in dich gefahren?" fragte er. Sie schüttelte müde den Kopf: "Lass mich." "Er wird dich bestrafen, das hast du gehört?" "Ja." Sie wandte sich ab und ging. Sie konnte noch wahrnehmen, wie die Diener sich überlegten, was wohl auf sie warten würde. In ihrem Zimmer gab sie Rin ihre Rüstung: "Bringe mir einen weißen Kimono", befahl sie: "Nur einen." "Nur einen?" Sie sollte sie ausbilden: "Ja, nur einen. Ich habe einen schweren Fehler begangen und Sesshoumaru-sama wird mich richten. Da ziemt sich nicht der Kimono einer Fürstin. Denn er wird mich gewiss strafen." "Oh, das glaube ich nicht. Er mag Euch zu sehr." Die Kleine ging. Ach, was verstehst du von Stolz und Ehrgefühl, Menschenkind, dachte Shiro unwillkürlich, als sie ihre Kleidung abstreifte. Ich habe völlig falsch reagiert, mich nicht unter Kontrolle behalten. Und allein das verdient schon...Ja, was? Sie bezweifelte nicht, dass er die für sie schlimmstmögliche Strafe suchen würde. Und er kannte sie viel zu gut, als dass er ihren schwachen Punkt nicht wüsste. Ihren Stolz. Würde er sie zurück zu Akamaru schicken? Sie wäre dort eine lästige Verwandte, hatte er doch nun eine eigene Gefährtin und Miyaki würde sicher auf ihrem Vorrang bestehen. Überdies wüsste ihr Bruder gewiss bis dahin, wie unmöglich sie sich betragen hatte. Nein, bevor sie zurück in den Süden ginge, würde sie sich umbringen. Aber das wüsste auch Sesshoumaru. Und da er sie nicht getötet hatte, sie leben sollte, würde er sie hier behalten wollen, ihr auch nicht erlauben, rituellen Selbstmord zu begehen. Sie nahm den weißen Kimono, den ihr Rin reichte, band sich auch einen weißen Gürtel um. Ob er sie schlagen lassen würde? Es selbst tun würde? Oder aber.....sie erinnerte sich plötzlich an ihre Gedanken zuvor. Wenn er sich nun eine andere Gefährtin suchen würde? Sie selbst herabstufen zu einer Konkubine? Das wäre der übelste aller möglichen Fälle, das Demütigendste, das sie sich vorstellen konnte, ihrer Nachfolgerin zu Diensten sein zu müssen. Und alles nur, weil sie ihre Selbstbeherrschung verloren hatte, zu stolz gewesen war, die Mutmaßung ihres Gefährten über sich hinzunehmen. Sie bemerkte, dass Rin sie betrachtete: "Was ist?" "Ihr denkt zuviel, Shiro-sama. Vertraut ihm doch. Er ist gut." Zu dir schon, dachte die Hundeyoukai. Aber sie sagte: "Lass mich nun allein, Rin." "Ja." Sie verschwand sofort. Sie hätte gern noch die Fürstin getröstet, aber Tamiko hatte ihr schon beigebracht, dass sich das nicht schickte. Ob sie zu Sesshoumaru-sama gehen sollte, ihn fragen sollte...? Aber das war vermutlich auch wieder falsch. Das Leben in so einem Schloss konnte ganz schön kompliziert sein. "Rin." Sie fuhr herum, strahlte: "Sesshoumaru-sama!" "Warst du bei Shiro?" "Ja." Sie zögerte ein wenig, ehe sie sagte: "Sie meinte, sie habe einen Fehler gemacht und Ihr werdet sie bestrafen." Sie sah hinauf: "Werdet Ihr?" "Ja." "Sie hat große Angst." Sesshoumaru betrachtete das kleine Menschenkind, wieder einmal erstaunt: "Hat sie dir das gesagt?" "Nein, natürlich nicht. Shiro-sama sagt nie, was sie denkt. Aber sie hat sich umgezogen..." Dem Hundefürsten war nicht ganz klar, was das mit Angst zu tun haben sollte: " Du brauchst heute nicht mehr zu ihr gehen." Rin guckte in die kalten, bernsteinfarbenen Augen. Und was sie dort sah, ließ sie nur antworten: "Ja, Sesshoumaru-sama." Sie kannte ihn doch so gut. Er wandte sich ab, ging weiter. Der Räume der Fürstin waren durch einen Seitengang zu erreichen, der mit verschiedenen Schiebetüren je nach Bedarf abgetrennt werden konnte. Er blickte zu den beiden Dienerinnen, die vor der letzten knieten, um von den Zofen weitergeschickt werden zu können, falls Shiro Durst hätte oder andere Wünsche: "Geht. Und schließt alle Türen hinter euch." "Ja, Sesshoumaru-sama." Sie hatten schon von dem Auftritt auf dem Übungsplatz gehört und nahmen nicht an, dass der Fürst gute Laune hätte. So sprangen sie förmlich seitwärts, schoben hinter ihm die erste Gangtür zu. Er vernahm, dass sie es auch mit den weiteren taten. Niemand würde hören können, was sich im Zimmer der Fürstin abspielte. So schob er die letzte Tür beiseite. Shiro neigte sich nur höflich vor. Sie durfte nicht reden, ehe er sie nicht ansprach, wollte doch auch wieder Selbstbeherrschung zeigen. Sie hörte, wie die Tür geschlossen wurde, dass er näher kam. "Übertreibst du nicht ein wenig, Shiro?" Das klang spöttisch. Sie begriff nicht, antwortete aber nur: "Ich verstehe nicht..." ohne sich zu bewegen. "Ganz in weiß. Nimmst du an, dass ich dir befehlen würde, Sepukku zu begehen?" "Ich würde gehorchen." "Ich weiß. Aber ein ritueller Selbstmord erscheint mir unpassend." Das hatte sie befürchtet. "Steh auf. Ich habe keine Lust, deinen Rücken anzusehen." Sie gehorchte. So direkt vor ihm wurde ihr wieder bewusst, wie groß er war. Die Schwertdornen seiner Rüstung waren fast auf Höhe ihres Gesichtes. Sie fühlte, wie er die Hand unter ihr Kinn legte, sie so zwang, ihn anzusehen. "Närrin", sagte er: "Wieso sollte ich annehmen, Dai Oya hätte dich entehrt?" "Ich weiß, da gibt es diesen Bann, den Youkaifürsten auf ihre Braut legen", gestand sie: "Aber Dai Oya war ein sehr mächtiger Magier..." "Du hast von dem Bann gehört." Das klang sachlich. Sie konnte seiner Miene nichts ablesen. "Ist dir also nie etwas aufgefallen, Shiro?" Was meinte er nur? "Nein." "Ich habe keinen solchen Bann auf dich gelegt." "Aber...warum?" Jetzt war sie mehr als verwirrt. "Wie du dich vielleicht erinnerst, gab es da Narakus Flüche und ich wollte keine Reaktionen damit auslösen." "Ja, aber..." Irgendwie verstand sie gerade gar nichts mehr. "Du bist viel zu stolz dafür, mich zu hintergehen. Und falls Dai Oya - wohlgemerkt, dieses Nebelwesen - tatsächlich dich entehrt hätte, hättest du mir das als erstes erzählt." Er hatte Recht. Shiro begriff nicht, wie sie so dumm hatte sein können. Natürlich. Der Magier war nur ein Zaubergeschöpf gewesen, ohne eigenen Körper. Und sie gestand Sesshoumaru zu, dass er sie wirklich kannte. Ja, sie hätte ihn sofort um ihren Tod gebeten, hätte Dai Oya...Aber das brachte sie nur zu der Erkenntnis, wie verrückt, ja, verblödet sie da auf dem Übungsplatz auf ihn gewirkt haben musste. Sie schloss die Augen, wagte aber nicht, ihr Gesicht aus seinem Griff zu befreien. "Du bist gekommen, um mich zu strafen", flüsterte sie: "Bitte, sag, was du beschlossen hast." Er betrachtete sie. Er konnte wittern, dass Rin Recht gehabt hatte, sie hatte Angst. Nicht um ihr Leben, vermutlich nicht einmal vor Schmerzen...aber davor, dass er ihren Stolz verletzen, vernichten würde. "Nun, der Angriff auf einen Fürsten mit vollem Youki in einem Trainingskampf ist Hochverrat. Aber das weißt du, hast es immer gewusst. Und du wolltest da ja auch, dass ich zurückschlage, dich töte, nicht wahr? Närrin, die du bist. Konntest du dir nicht vorstellen, dass ich dir Zeit geben wollte, dich von den Strapazen zu erholen?" Shiro riss förmlich die Augen auf. War das wahr? Aber dann begriff sie. Natürlich, er hatte ja nicht wissen können, dass Uzume sie da zum Weinen gebracht hatte, ihre angeschlagene Psyche geheilt hatte. Und sie hatte so dumm reagiert. "Nein", sagte sie: "Ich fühlte mich ja schon seit dem Besuch in der anderen Welt sehr gut." Er gab sie frei: "Ich verstehe. Dessen ungeachtet hast du mich heute in eine unangenehme Situation gebracht." Sie sah zu Boden: "Ich bin mir dieser Tatsache bewusst. Willst du....willst du eine andere Gefährtin?" Er war ein wenig überrascht. Das war ihre größte Furcht? "Nein. Aber ich will Genugtuung." Sie nickte, wagte dann aber, zu ihm aufzublicken: "Räche dich." "Das werde ich. Und du wirst um Gnade bitten, meine Fürstin." Shiro spürte überrascht, wie er den Arm um sie legte, ihren Mund suchte. Er sollte Recht behalten. Yuri ging unruhig auf und ab. Inuyasha seufzte: "Setz dich endlich! Shiro wird das schon überleben." Er hatte seinen Cousin vorher auch schon mit sanfter Gewalt in sein Zimmer geschleift. "Ich hoffe, aber..." "Setz dich. Und das ist ein Befehl!" Der Prinz gehorchte: "Warum bist du nur so gelassen? Er ist seit Stunden bei ihr." "Was bedeutet, dass er sie nicht töten will. Das macht er immer sauber und schnell." Inuyasha betrachtete seinen Cousin. "Und er würde mit Sicherheit dich umbringen, wenn du da in Shiros Zimmer platzt. Im Übrigen muss ich dich daran erinnern, dass dich Shiro nichts anzugehen hat. Außerdem hast du Myu." "Ja, ich weiß. Ich bin auch sehr froh drum. Und du hast mir vermutlich den Hals gerettet. Ich war zuvor schon versucht, hinterher zu gehen, zu versuchen, Shiro zu schützen." "Schon klar, aber ich mach mir da mal keine Sorgen." Der Hanyou trank einen Schluck Tee: "Rin ist doch Shiros Zofe und obwohl sie Sesshoumaru verehrt, mag sie auch Shiro. Glaubst du im Ernst, sie würde Lieder singend durch den Garten gehen und Blumen pflücken, wenn da was Tragisches am Laufen wäre?" "Da ist etwas Wahres dran." Yuri entspannte sich: "Du willst auch übermorgen abreisen, Inuyasha-sama?" "Ja. Kagome in ihrer Zeit besuchen und später ein paar alte Freunde. Endlich bin ich ja hier den Job wieder los. Auch, wenn der Herr Prinz natürlich noch bei dem Fest erscheinen muss," ergänzte er spöttisch. "Ja, morgen ist das Abschiedsfest." Der Hundeprinz lehnte sich gegen die Wand: "Und ich werde Myu dann in mein Schloss einführen." Ob sie den Garten vielleicht anders mochte? Katzen mochten doch bestimmte Pflanzen gern? Er begann zu planen. Sesshoumaru betrachtete Shiro, die in seinem Arm lag. "Aishiteru", hatte sie zuvor geflüstert, ohne es mitzubekommen. Ich liebe dich. Er wusste, das war auch der Grund, warum sie solche Furcht vor seiner Geringschätzung hatte. Seine Zurückweisung über Jahrhunderte musste sie tief verletzt haben. Und die Narben würde wohl nie verheilen. Er würde das künftig beachten müssen. Sie bemerkte seinen Blick, sah zu ihm. "Ich habe dich nie um deiner selbst willen verachtet", sagte er leise. "Vergiss das nie wieder, Shiro-ko." Bei der offiziellen Verabschiedung fiel allen auf, wie seltsam entspannt das Fürstenpaar miteinander umging. Nie zuvor hatte man gesehen, dass sie sich in der Öffentlichkeit auch nur berührt hatten. Und jetzt kam es immer wieder zu beiläufigen Körperkontakten, kurzen Gesten. Yuri, der den Arm um Myu hatte, sah zu Inuyasha, lächelte. Der Hanyou gab das Grinsen zurück. Die beiden Eisklötze schienen endlich einmal bereit gewesen zu sein, miteinander zu reden, aufeinander zuzugehen. Klassisch, dass sie das erst nach einem Duell tun würden. Ehestreit bei denen war immer gleich eine recht heiße Sache. Aber Inuyasha musste nur an sich und Kagome denken, Vielleicht lag das in der Familie. Wobei natürlich ein Streit zwischen Yuri und Myu auch nicht ohne wäre: starkes Youki und starke Menschenmagie... Was für eine komplett durchgeknallte Familie, dachte Inuyasha glücklich und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Auf die nächste Generation konnte er schon mal gespannt sein. ******************************************************* Nicht nur er. So weit, wie ich in der vierten Staffel schon bin, hat da jemand schon Nachwuchs bekommen, aber mehr wird nicht verraten. Zunächst mal läuft Brothers in arms noch fertig. Und nächste Woche kann, wer mag, sich auf den neuen Krimi freuen: Tod eines Rechnungsprüfers. Ich werde jedem zu dem Krimi bzw. der vierten Staffel ENS schicken, der so nett ist, mir das kundzutun... bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)