Invisible Sun von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 19: 4 minutos ante del mare ----------------------------------- Edit: Jetzt hab ich doch tatsächlich den Titel vergessen gehabt... ^^' Tadaimaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah!!! I'm back!!! Endlich endlich endlich hab ich es geschafft, das letzte Kapitel ist da!!! Erstmal eine riesengroße Entschuldigung für die lange Pause!! Ich hatte über 2 Monate keinen PC mehr. Seit Anfang April hatte ich es wieder und dann hab ich mich sofort rangesetzt. Ich hoffe, es gefällt euch!!!!!! Aber Mensch, ich bin echt aufgeregt. Und wehmütig. Ich mein, hallo, das letzte Kapitel??? Nach so vielen... das ist schon traurig... hach ich werd melancholisch, wenn ich daran denk. Ich hab noch nie sowas langes geschrieben. Wenn ich da daran denk, dass es eigentlich nur als Oneshot gedacht war!!! Und jetzt sitz ich hier... 2005 hab ich angefangen, und 2007 lad ich das 19. Kapitel hoch. Wahnsinn... wenn ich daran denke, was sich in der Zeit alles verändert hat. Und was ICH alles anders machen würde, wenn ich es nochmal machen würde. Aber auf manche Kapitel bin ich auch stolz. Michelles Tod zum Beispiel. Hehe. (Ist ja eigentlich nix zum hehen, aber ich finde, das ist mir gelungen...) Überhaupt, so im Rückblick mag ich Michelle immer noch total gern. Armes Mädel... *schnief* Naja, aber jetzt hör ich am Besten mal auf, euch hier mit meinem Gelaber zu bombadieren. Stattdessen komm ich zu was viel Wichtigerem!!! DANKE!!! Danke für eure vielen vielen Kommentare, die mich immer zum Lachen gebracht und ermutigt und angespornt haben. Ihr seid genial!! Und die 200-er Marke habt ihr sogar gesprengt!!!! Die Krone tragen dabei drei ganz besondere Kommischreiber!!! Mit 17, bzw 18 Kommis... Tilly!!! DarkEye!!! Kyoko_Kaito_Demon!!!! Ihr habt die meisten Kommis geschrieben und kriegt dafür von mir quer durchs Netz nen Orden von mir!!! Und nen dicken Kuss!!!! An zweiter Stelle folgt -BlackRoseNici- mit 12 Kommis (liest du mich noch??? *vermiss*), gefolgt von Black_Dragon *letzten-Cocktail-reich* und Mina-san mit 9. Erwähnen möchte ich außerdem Dama-chan (8), su-chan (7), und Sizu, Antigone17, antuh-chan, goldenchie (alle 6). Vielen Danke!!!! Außerdem danke an (chronologisch geordnet, wohlgemerkt!!): 5 Kommentare: Kyoko-chan NamisSister 4 Kommentare: suzume Mr_Beagle Sephira 3 Kommentare: Streuner Sugarshock Neko-chan720 Gribomo Tsukasa Kozuki ren_tsuruga 2 Kommentare: black_wolf smallAngel Gilraen-Telperie danky6 Tomoko93 Pokerface Vanadie flan Yunakeks Miyuu Und 1 Kommentar: Jona Sea, Lady Mars, Mrs Kaktus, gacktxx, Missu, skip-tinchen, mamo-chan, Josi 90, toratora, Amychan und Patricia Meyerweb (bitte lies mich weiter!! *sniff*) Danke euch allen!!! Ich hab euch alle zum Fressen lieb!!!!! Und vielen Dank auch an all ihr Leser, die stumm geblieben sind. Ich hoffe, es hat euch gefallen!!! (Seid nicht böse, wenn ich mich verzählt haben sollte. Das war ne Riesenarbeit, ich hab ewig für gebraucht...) -------------- An dieser Stelle nochmal ne kurze Zusammenfassung, was in den letzten Kapiteln passierte. Für alle, die es nach der langen Pause nicht mehr wissen!!! Die Fanfiction setzt nach den Dreharbeiten zu DarkMoon an. Ren ist durch die Serie zur Legende geworden und ständig nur noch am Arbeiten. LME konnte dadurch expandieren, ist also auf seinen Erfolg angewiesen. Rory bemerkt, dass Ren fast völlig ausgebrannt ist, und schickt ihn kurzerhand für eine Erholungswoche nach Hakone (ein Erholungsort unweit des Fujisan). Dort wird Ren durch einen Song an seine Kindheit erinnert. Es quält ihn, und in einer Kurzschlussreaktion ruft er bei Kyoko an, legt aber schnell wieder auf. Kyoko hat ihn trotzdem erkannt und entschließt sich spontan, zu ihm zu fahren, weil sie sich Sorgen macht. In Hakone kommen Ren und Kyoko sich näher, aber Ren's Erinnerungen drängen an die Oberfläche. Er stößt sie zurück, und nahc einer erneuten Annäherung erfährt Kyoko, dass Ren Koon ist. Verwirrt und verletzt fährt sie nach Tokyo zurück, fühlt sich verantwortlich für seine Depression und beschließt, aus seinem Leben zu verschwinden. Ren nimmt ein Angebot in den USA an. Nach einigen Monaten treffen sie sich wieder. Ren ist schockiert, als er erfährt, dass Kyoko verlobt ist, und lässt sich auf eine Beziehung mit Michelle ein, die ihm von Rory vorgestellt wird. Michelle ist drogenabhängig, und gemeinsam mit ihr gerät er immer tiefer in die Depression. Nach Kyokos Hochzeit, die er heimlich beobachtet, nimmt er von der zugedröhnten Michelle Drogen an. Als sie am nächsten Morgen aufwacht, ist sie entsetzt, dass sie ihn in den Abgrund zu ziehen droht, hört außerdem, wie er im Schlaf Kyokos Namen murmelt. Sie verlässt die Wohnung und bringt sich durch eine Drogenüberdosis um. Ren findet sie. Von Rory erfährt er, dass sie schwanger war, und verliert jeglichen Halt. In einer Kurzschlussreaktion will er sich erschießen, doch die Pistole ist leer, und er will nun die Beerdigung abwarten. Dort trifft er auf Kyoko und erkennt, dass sie Kenichi, ihren Mann, nicht wirklich liebt. Er beschließt, sich noch einmal dem Leben zuzuwenden und um sie zu kämpfen. In einer Pressekonferenz begibt er seinen Abschied vom Showbiz bekannt. In der Folgezeit arbeitet er u.a. inkognito im Theater und trifft dort auf Kyoko und Kenichi. In einer stillen Minute bittet er Kyoko, mit ihm nach Kyoto zu fahren, da er sich dort seiner Vergangenheit stellen will. In Kyoto kommen sie sich näher, schlafen miteinander, werden jedoch durch Kenichis Auftauchen jäh getrennt. Dieser beobachtet Ren und Kyoko zusammen, spricht Kyoko aber nicht darauf an, sondern veranlasst sie, mit ihm nach Tokyo zurückzukehren... (Mann, wie ein Bollywoodfilm... ^^') Okay!!! *tief-lufthol* Vorhang auf für das letzte Kapitel!!!! -------------------------------------------------------------------------------- Zielstrebig ging er zu einem Schrank, öffnete die unterste Schublade und holte aus der hintersten Ecke eine kleine Pistole hervor. Lange betrachtete er den blauschwarzen Stahl, wog die Waffe in seiner Hand. Er war ebenso fasziniert wie abgestoßen. Wie ferngesteuert hob er sie dann zu seiner Schläfe. Die Mündung lag eisig auf seiner schweißbedeckten Haut. Kalt schienen einige Sonnenstrahlen durch die halbgeschlossenen Jalousien. Er schloss die Augen nicht. Er drückte ab. ............................................„The Trigger“ ---------------------------------------------------- Jeden Tag scheint es, als könnte man tausend Wege beschreiten, und müsse nur auswählen. Ob nun kleine Entscheidungen oder große, es ist, als stünden einem alle möglichen Türen offen. Und man denkt nach, entscheidet sich und ist sich sicher, dem eigenen Willen entsprechend gehandelt zu haben. Aber in Wirklichkeit hat man nie die Wahl. Denn welche Entscheidung man fällt, das bestimmt immer die eigene Persönlichkeit. Und die wird geprägt von der Umgebung, der Familie, den Erfahrungen, die man sammelt – den anderen. Man kann immer nur den Weg wählen, den man geht. ---------------------------------------------------- Mit einem tiefen Aufseufzen ließ Ren sich in den von der Nacht noch kalten Sand fallen und sah hinauf in den durchscheinend blauen Himmel. Es war noch früh am Morgen, die Sonne war gerade erst am Horizont erschienen und ertränkte die düsteren Gedanken, die ihn letzte Nacht wach gehalten hatten, in pastellblassen Farben. Seit er aus Kyoto zurückgekehrt war, waren 4 Tage vergangen. Einmal noch hatte er mit Kyoko telefoniert, die unsicher wirkte und ihm versicherte, sich von Kenichi trennen zu wollen. Die letzten Tage hatte er in seinem Haus verbracht, hinter geschlossenen Jalousien, im Dunkeln, da es ihn irgendwie beruhigte. Nur hin und wieder hatte er Licht gemacht, um sich etwas zu essen zu holen oder ähnliches. Er hatte nicht gelesen, nicht ferngesehen, keine Musik gehört. Er hatte nur nachgedacht, sich dem Strudel aus widerstreitenden Gefühlen und ineinander verwobenen Gedanken überlassen. Irgendwann dann hatte sich eine Frage herauskristallisiert: Die Frage, die er seit Monaten mit aller Kraft zu vermeiden versuchte. „Was passiert, wenn sie sich nicht für mich entscheidet?“ Was dann. Wasdannwasdannwasdannwasdann. Wie verschüttete schwarze Tinte hatte sich der Gedanke auf seinem Herz ausgebreitet, sein Inneres mit zäher, klebriger Dunkelheit ausgefüllt, bis er das Gefühl hatte, sich in der selbstgewählten Finsternis seines Hauses aufzulösen. Er hatte jegliches Gefühl für die Zeit verloren, unfähig, sich aufzuraffen oder sich zusammenzureißen. In aufblitzenden Bildern war die Vergangenheit an ihm vorbeigezogen, einzelne Augeblicke aus seiner Kindheit, seiner Schauspielerkarriere – und Kyoko, immer wieder Kyoko. Ihr Gesicht, ihre Augen, ihr schwarzes und später haselnussbraunes Haar. Die hellen Sommersprossen, die sie als Kind hatte, und ihre weiche Haut, als er sie in Kyoto in den Armen hielt. Ohne sie hätte er längst aufgegeben. Aber vielleicht würde er auch nicht so leiden, hätte er sie niemals getroffen. Und jetzt. Was jetzt. Konnte er weiterleben, wenn sie sich gegen ihn entschied? Wollte er weiterleben? Er hätte nicht sagen können, wie lange seine Gedanken immer wieder um diese eine Frage kreisten. So lange, so unendlich lange, bis er – seine Seele, die Essenz seiner Selbst, das, was „Ren Tsuruga“ im tiefsten Inneren ausmachte – völlig erschöpft war. Und dann war die Entscheidung gefallen. Er hatte sie nicht getroffen, es war vielmehr so, dass irgendetwas in ihm aufgab, ein winziges Rädchen im Getriebe seiner Selbst den Dienst verweigerte, zerbrach. Noch einige Momente hatte er im Dunkel verharrt, bevor er aufgestanden war, sein Haus verlassen hatte, schneller und schneller gelaufen war, über den kleinen Waldweg rannte, ohne auf die in den Weg hängenden Zweige zu achten, schneller, schneller - bis er dann endlich, endlich angekommen war. Die Abendsonne senkte sich gerade herab, und ihm war, als stünde er in einer Ewigkeit aus Farben und schimmernden Lichtreflexen und rotglühender Dämmerung. Jetzt war er hier. Um seine Antwort zu erhalten. Am Meer. Am Meer. --------------------------------------------- Das Meer hat tausend Gesichter. An manchen Tagen glaubt man alle Farben der Welt in ihm erkennen zu können, und manchmal sieht man aufs Wasser, das tiefe, geheimnisvolle, immer im Wechsel begriffene Wasser, hinaus und ertrinkt schier in purem, tiefen, leuchtendem Blau. Und man ist sicher, sich sein Leben lang an diesen Augenblick zu erinnern, aber nur wenige Stunden später hat man alles wieder vergessen. Das Meer lässt sich nicht festhalten. Und trotzdem ist es immer da, wenn man es wirklich sucht. -------------------------------------------- Ans Meer... ich will ans Meer. Der Gedanke schoss Kyoko durch den Kopf, als sie das Fenster ihrer Tokioter Wohnung einen Spalt breit öffnete und sie ganz schwach den salzigen Duft des Meeres wahrnahm. Sehnsucht stieg in ihr hoch, sie stützte den Kopf auf ihre Hand auf, schloss die Augen, suchte das Bild des Meeres in ihrem Inneren, das Wasser, die Farben, der Geruch, das Gefühl des Sandes auf ihrer Haut, die kühle Nachtluft, Rens Hände auf ihrem Körper, seine Zunge, die... Kyoko biss sich auf die Lippen. So ging das schon seit Tagen. Ständig schoss ihr die Erinnerung durch den Kopf und raubte ihr die Konzentration, ließ sie glücklich und mit einem schlechten Gewissen und ihrer schmerzhaften Sehnsucht nach Ren zurück. Ich muss es Kenichi sagen. Ich muss es ihm sagen. Ich muss... Aber aus irgendeinem Grund brachte sie nie die Energie dazu auf. Sie versuchte es, stellte sich innerlich darauf ein, machte sich bereit, mit Kenichi darüber zu sprechen. Sie legte sich die Worte zurecht, ging zu ihm, öffnete den Mund.. Aber irgendetwas ließ sie immer im letzten Moment zurückschrecken. Sie verabscheute sich dafür, aber sie brachte einfach nicht die Kraft für eine offene Konfrontation auf. Manchmal fragte sie sich, ob Kenichi es vielleicht wusste, ob er sie deshalb zurück nach Tokyo geschleppt hatte und sie nun keine Sekunde mehr aus den Augen ließ. Aber sie bemühte sich, darüber nicht nachzudenken. ------------------------------------------- Denkst du an ihn? Siehst du ihn, wenn du die Augen schließt? Und wenn du mich ansiehst, siehst du da wieder ihn? Nur ihn, immer nur ihn? Denk nicht mehr an ihn. Sieh nicht mit so traurigem Gesicht aus dem Fenster, in den blauen blauen Himmel. Sieh mich an. Sieh mich an, sieh nur mich an! Aber du siehst mich nicht. Dein Blick geht durch mich hindurch, gleitet in die Ferne. Kyoko, ich werde es nicht zulassen. Egal was du tust. Egal was du fühlst. Ich kann dich nicht verlieren. Du musst für immer bei mir bleiben. Und wenn ich dich hier festnageln muss. Ich werde jeden einzelnen Nagel in deinen Körper hineintreiben, damit du den Schmerz nicht vergisst. Damit du immer an mich denken musst. Ich lasse dich nicht gehen. Niemals! ---------------------------------------- „Mhm?“ Kyoko wandte sich zu ihm um. „Hast du was gesagt?“ „Nein...“ Kenichi trat lächelnd hinter sie und legte ihr die Arme um die Taille. Die Wärme seiner Haut drang durch ihr dünnes Sweatshirt. „Woran denkst Du?“ „An nichts besonderes... ans Meer...“ Sie stützte ihr Kinn auf ihre Hand und sah wieder zum Fenster hinaus. „Ans Meer? Du willst wohl schon wieder in die Ferien fahren.“ „Nein, ich bin nur...“ „Bist du erschöpft? Soll ich dich massieren?“ „Was? Nein, danke, das ist wirklich nicht...“ Ohne sich beirren zu lassen, begann er, ihre Schultern mit kraftvollen Bewegungen zu massieren. „Auuuuuuuuuu nicht so fest!“ Mit einem betont fröhlichen Lachen bemühte sie sich, sich aus seinem Griff zu winden, aber Kenichi hielt sie fest. „Kyoko.“ Er hatte sich zu ihr herunter gebeugt. Als er weitersprach, spürte sie seinen Atem an ihrem Hals. „Kyoko, ich werde dich niemals gehen lassen.“ Mit einem verkrampften Lächeln wollte sie sich zu ihm umdrehen, doch er ließ es nicht zu. „Egal was passiert. Egal was du willst. Ich lasse dich nicht gehen.“ ----------------------------------------- Kalter Stahl. Das Versprechen, das in die klaren Formen eingearbeitet ist. Ruhe. Die endlose Finsternis. Kein Gedanke mehr, kein Nachdenken, keine verzehrende Rastlosigkeit. Wenn alles zu Ende ist. ----------------------------------------- Ren Tsuruga sah zum inzwischen tiefblauen Abendhimmel hinauf. In Tokyo hatte ihm dieser Anblick immer gefehlt, aber meistens war er zu müde oder beschäftigt gewesen, um das zu bemerken. „Meine Antwort, wo ist sie nun?“ Langsam ließ er sich zu Boden sinken und schloss die Augen. Die Wellen brandeten ans Ufer. Ebenso wie zuvor, ebenso wie in seiner Kindheit. Wie sie es schon getan hatten, lange bevor er geboren wurde. Ein Windstoß erreichte ihn und verwirbelte seine seidigen Haare. Er fröstelte. Ich habe verloren. „Ren Tsuruga“ hat das große Spiel gegen das Schicksal verloren. Zwar nicht durch KO, sondern nach Punkten, aber trotzdem verloren. Eindeutig und unzweifelhaft verloren. Eine gewaltige Erleichterung machte sich in ihm breit, während er sich dies eingestand. Flüsternd und wie zur Probe kamen die Worte über seine Lippen. „Ich kann nicht mehr.“ Es stand fest. Eingemeißelt und bis in alle Zeit. Es war endgültig vorbei. So wie er gelebt hatte, hatte er all seine Kraft aufgebraucht und war schließlich hier gestrandet. In dieser Nacht, unter diesem Himmel. Das, wovor er immer so furchtbare Angst gehabt hatte, dass er sich diese noch nicht einmal eingestehen konnte, war eingetreten. Er hatte einfach keine Kraft mehr, um zu kämpfen. All seine Energie und Entschlossenheit waren aufgebraucht. Und es erschreckte ihn nicht. „Und jetzt?“ Seine Gedanken kehrten zurück zu einem Moment vor langer Zeit. Zu einem Moment, an den er nie mehr hatte denken wollen. Fast hatte er das Gefühl, seine Gedanken würden in einen schwarzen Strudel gesogen, aber er wehrte sich nicht. Die Pistole in seiner Hand. Eiskalt auf seiner schweißbedeckten Haut. Das Muster der wenigen durch die Jalousien dringenden Sonnenstrahlen auf dem Boden. Die Hand bewegt sich wie von selbst. Die Mündung liegt auf seiner Schläfe, und er drückt ab. „Ist sie das? Meine Antwort?“ Halblaut rief er es zum fast schwarzen Himmel empor. Einen Moment blieb er noch liegen, dann richtete er sich auf. Die Pistole... ich habe sie noch. Ich weiß wo sie ist. Ich muss sie nur holen... Aber er stand nicht auf. Kurz verharrte er, dann lehnte er sich wieder zurück. Der kühle Sand. Er schmiegte sich genauso an seinen Rücken wie vor wenigen Tagen, als er mit Kyoko geschlafen hatte. Überhaupt war die Ähnlichkeit verblüffend. Es sah so aus wie an dem Strand bei Kyoto, es roch genauso nach Pinien und Salzwasser, aber obwohl er das wusste, fühlte es sich anders an. Weil er selbst inzwischen anders war, schien dieser Ort von dem Strand bei Kyoto so weit entfernt wie ein fremder Planet. Ren sah zum Nachthimmel auf. Inzwischen waren die Sterne zu sehen, viel mehr als bloßer Lichtschein im Dunkeln, viel farbiger, als es eine Kamera einfangen könnte. Es gibt Dinge, die man nur mit seinen eigenen Augen sehen kann. Er rührte sich nicht. Dachte nicht nach. Es war keine Kraft mehr dafür übrig. DASEIN. Einfach nur da sein. Atmen. Fühlen. Das war alles, was zu tun blieb. Irgendwann, der Horizont begann sich gerade heller zu färben, stand er auf. Ihm war eiskalt, und seine Gliedmaßen waren steif, aber es störte ihn kaum. Er klopfte sich den Sand von den Kleidern und machte sich auf den Weg nach Hause. Weder plante er, sich umzubringen, noch schloss er es aus. Sein Kopf war völlig klar. Was passieren musste, würde passieren. Der Fluss des Lebens nimmt auf niemanden Rücksicht, alles, was man tun kann, ist sich von ihm treiben zu lassen. Die Tür zur Terasse stand noch genauso offen, wie er sie verlassen hatte. Die Jalousien waren heruntergezogen, und nur das blinkende, rote Licht des Anrufbeantworters durchdrang die Dunkelheit. Beiläufig schaltete er ihn an, bevor er begann, die Jalousien hochzuziehen und die Fenster zu öffnen, um den abgestandenen Geruch zu vertreiben, der sich in den letzten Tagen im Haus ausgebreitet hatte. „Sie haben eine neue Nachricht.“ „Ren? Ren, bitte, geh ran, wenn du da bist. Ich glaube, er weiß über uns Bescheid... Bitte hilf mir, ich habe Angst! Er hat mich eingesperrt und ich weiß nicht,was... Ren? Ren, ich liebe dich...“ Ein Klicken war zu hören. Bewegungslos verharrte Ren einige Momente, dann erwachte er aus seiner Starre und eilte umso schneller zum Anrufbeantworter, um die Nachricht noch einmal anzuhören. Kyokos Flüstern hallte erneut durch den Raum, wieder veränderte sich der Klang ihrer Stimme von angespannt über verzweifelt zu zärtlich, bevor die Nachricht abrupt abbrach. Die Hand zur Faust geballt, versuchte er, seine Gedanken zu ordnen. Sie hat angerufen. Kenichi hält sie fest, sie braucht Hilfe. Ren atmete tief durch. Mit wenigen Schritten war er bei seiner Kommode und griff sich den Autoschlüssel, der obenauf lag. Er wollte ihn einstecken, doch mitten in der Bewegung hielt er inne. Langsam ließ er sich auf die Knie herabsinken, öffnete die unterste Schublade. Da lag sie. Der Stahl glänzend, graublau, und neben ihr eine einzelne Patrone. Bedächtig nahm er die Pistole heraus und lud sie. Dann wandte er sich um und verließ das Haus. ------------------------------------ „Kenichi, was soll das denn? Bitte, mach die Tür auf.“ Kyoko bemühte sich um einen scherzhaften lockeren Tonfall, aber es war ihr unmöglich, den unterschwelligen Ton von Panik aus ihrer Stimme zu verbannen. An die Tür gelehnt, lächelte er ihr zu. „Wo willst Du denn hin? Du liebst mich, ich liebe dich. Wir brauchen nichts und niemanden, ist es nicht so?“ Sein Lächeln hatte sich, während er sprach, in eine zynische Grimasse verwandelt. „Ist es nicht so?“ Sein Tonfall hatte etwas Drohendes. Mit einigen wenigen Schritten war er bei ihr und umfasste ihre Handgelenke mit eisernem Griff. Kyoko schossen die Tränen in die Augen. Er musterte sie eine Sekunde, dann fuhr er mit leiser Stimme fort. „Was, du weinst? Gefällt es dir etwa nicht, mich bei dir zu haben?“ Er küsste sie, bemühte sich, ihren Mund zu öffnen, aber sie hielt die Lippen geschlossen. Erfolglos versuchte sie sich aus seinem Griff zu winden, als sie plötzlich den Druck seiner Hand an ihrer Kehle spürte. Die Augen weit aufgerissen, sah sie ihn an, öffnete den Mund, um nach Luft zu ringen, zu atmen, irgendwie Sauerstoff in ihre Lungen zu bringen... aber stattdessen spürte sie seine Zunge in ihrer Mundhöhle. Mit letzter Kraft biss sie die Zähne zusammen, schmeckte Blut, sein Blut, hörte seinen erstickten Schrei und kam endlich frei. Keuchend wich sie einige Schritte zurück. Ihre Lungen brannten wie Feuer. So gut es ging, riss sie sich zusammen, lief zur Tür. Fieberhaft versuchte sie, den Schlüssel herumzudrehen, doch da war Kenichi wieder bei ihr, umfasste ihren Arm und zog sie zurück. An seinem Mund waren Blutspuren, aber seine Stimme klang noch immer ruhig, unberührt. „Kyoko, was soll das denn? Du liebst mich doch. Du kannst nur mich sehen, oder nicht?“ „Nein!“ Kyoko spuckte ihm die Worte geradezu entgegen. „Ich liebe dich nicht! Ich habe dich nie geliebt!“ Wieder versuchte sie sich loszureißen, aber er ließ sie nicht. Ein neuer, harter Ausdruck erschien in seinem Gesicht. Ohne ein Wort zu sagen drückte er sie zu Boden. Mit den Fingernägeln krallte sie sich in seinen Arm, doch er schien es nicht einmal zu bemerken. „Lass das!“ Er begann, ihren Hals zu küssen. Seine linke Hand wandert ihren Bauch hinab. Tränen schossen ihr in die Augen. „Kenichi, lass das. Bitte...“ Langsam hob er den Kopf und sah sie an. In seinen Augen lag eine unendliche Leere. „Warum?“ Nur ein Flüstern. „Weil du Ren Tsuruga liebst?“ Kyoko erstarrte. „Ja.“ Von ihr selbst fast unbemerkt hatte sich das Wort über ihre Lippen gestohlen. „Ich liebe ihn. Ich liebe Ren.“ Ein hässlicher Zug erschien in seinem Gesicht. Ohne ein Wort zu sagen, fuhr er fort, sie zu berühren. „Kenichi, hör auf...“ Er legte ihr die Hand auf den Mund, bevor er anfing, ihre Bluse aufzuknöpfen. Es klingelte. Der Druck seiner Hand verstärkte sich. Regungslos verharrte er. „Kyoko? Bist Du da?“ Rens Stimme. Kenichi erstarrte, sah zur Tür auf. Für einen Moment lockerte sich sein Griff, und Kyoko wand sich etwas unter ihm hervor. „REN!“ ----------------------------------------- Ihre Stimme. Eindeutig. „Kyoko!“ Einen Moment wartete er, doch diesmal bekam er keine Antwort. Er hämmerte an die Tür. „Kyoko, was ist los? Geht es dir gut?“ Aus der Wohnung drang ein kurzes Geräusch, dann war es wieder still. Ein entschlossener Ausdruck trat in seine Augen. Er musterte die Tür. Sie war verschlossen und viel zu stabil, um sie eintreten zu können. „Kyoko, geh von der Tür weg!“ Ren zog die Pistole, trat einen Schritt zurück, zielte und schoss. Der Knall war in dem kleinen Flur kaum zu ertragen. Rauch trat ihm beißend in die Augen, und sie begannen zu tränen. Sein Blick glitt zur Tür. Sie war offen. Tief atmete er ein, dann stieß er die Tür auf. Die Tür schwang auf, und das Blut gefror in seinen Adern. Kyoko lag regungslos auf dem Boden, und eine tiefrote Blutlache bildete sich langsam unter ihrem Körper. Die Kugel hatte sie mitten in die Brust getroffen. Er blinzelte, und die Schreckensvision verschwand. Vorsichtig trat er ein. Kyoko war nirgends zu sehen. Aufmerksam sah er sich um. Eine großzügig geschnittene Großstadtwohnung, in warmen Tönen gehalten und merkwürdig unpersönlich. „Kyoko?“ Zuerst blieb es still, dann hörte er einen lauten Knall wie von zerspringendem Glas. Rasch wandte er sich in die Richtung, aus der es gekommen zu sein schien. Eine offene Tür führte zu einem großen Balkon. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Mit wenigen Schritten war er bei ihr angekommen. Dann sah er sie. Kyoko in Kenichis Armen, mit halb geöffneter Bluse, das Gesicht tränenverschmiert. Auf dem Boden ein zerbrochener Blumentopf, der umgefallen war, als Kenichi sie auf den Balkon gezerrt hatte. Er hielt ihren Mund mit der linken Hand zu und drückte sie mit seinem Körper gegen die Balkonbrüstung, die ihr nur bis knapp an den Rücken reichte. Ren hob die Pistole. „Lass sie los.“ Kenichi drehte seinen Kopf provozierend langsam zu Ren. Die Waffe in dessen Händen schien ihn nicht zu beeindrucken. „Und wenn nicht? Was wollen sie dann tun, Tsuruga-san?“ Aus seinem Mund klang der Name wie eine Beleidigung. Ren taxierte ihn. Nach außen ließ er es sich nicht anmerken, aber in seinem Kopf schrillten alle möglichen Alarmglocken. Es fehlte nicht viel, und Kyoko würde rücklings vom Balkon stürzen. Vermutlich würde sie Kenichi mit herabziehen, aber es war gut möglich, dass genau dies dessen Absicht war. Der Mann war wahnsinnig. Ren sah ihn an und erkannte keinen Funken klaren Verstandes in ihm. Ein hässliches Lächeln trat auf Kenichis Lippen. „Jetzt weißt du wohl nicht mehr, was du tun sollst? Wenn du auf mich schießt, triffst du sie auch. Du hast gedacht, du kannst sie mir wegnehmen, aber ich geb sie nicht her. Sie gehört mir. Verstehst du? Mein Eigentum.“ In Kyokos Augen lag ein so abgrundtiefes Entsetzen, dass es Ren beinahe körperlich weh tat. Er sah sie an, blendete den Wahnsinnigen neben ihr aus, versuchte irgendwie, ihr Ruhe zu geben. Keine Sorge, ich bin hier bei dir. Egal was es kostet, ich hol dich hier raus. Und tatsächlich schien es, als beruhigte sie sich etwas. Kenichi war diese stumme Kommunikation nicht entgangen. Mit einer brutalen Bewegung drückte er sie noch fester gegen das Geländer, so dass sich ihr Rücken nach hinten bog. Der Schmerz schoss Kyoko wie ein Messerstich durchs Rückgrat. Ren biss sich auf die Lippen. Die Lage war verfahren. Er machte einen vorsichtigen Schritt auf Kenichi zu, den dieser jedoch sofort bemerkte. Sein Kopf fuhr herum. Keinen Schritt näher. Die Drohung war auch unausgesprochen deutlich zu erkennen. Ren verharrte mitten im Schritt. Regungslos standen sie sich einige Sekunden gegenüber, in einer aussichtslosen Pattsituation. Es war dann auch weder Kenichi noch Ren, der die Stille auflöste, sondern Kyoko. Mit plötzlicher Entschlossenheit riss sie sich los und lief zu Ren. Ein Schritt, zwei Schritte – sie war bei ihm, noch bevor Kenichi reagieren konnte. Wut blitzte in seinen Augen auf, und er stürzte sich auf Ren. Ein, zwei Schläge landeten in dessen Bauch und Gesicht, bevor er die neue Situation erfasste. Und plötzlich war auch das wieder vorbei, und Kenichi stand mit einem verzerrten Grinsen vor ihnen. In der Hand hielt er die Pistole. Ren's Blick fiel auf das dunkle Schimmern des Stahls. Seine Augen verdunkelten sich, die Pistole zog seine Gedanken magisch an. Lange betrachtete er den blauschwarzen Stahl, wog die Waffe in seiner Hand. Er war ebenso fasziniert wie abgestoßen. Wie ferngesteuert hob er sie zu seiner Schläfe. Bedächtig hob Kenichi die Pistole. Fast nachdenklich sah er sie an, dann wandte er sich Ren zu und zielte. Die Mündung lag eisig auf seiner schweißbedeckten Haut. Er schloss die Augen nicht. Er drückte ab. Kenichi drückte ab. ---------------------------------- Die Zeit ist etwas Seltsames. Manchmal scheint sie sich endlos zu ziehen, manchmal liegt eine Ewigkeit in einem Augenblick, und wenn man aus ihr erwacht, hat sich alles verändert. Als wäre man auf einem fremden Planeten ausgesetzt worden. Nur die Uhren sind davon unbeeindruckt. Ohne sich um die Menschen zu kümmern, ticken sie die Zeit herunter. Du möchtest schreien „Hört auf!“, aber es ist sinnlos. Erbarmungslos drehen sich die Zeiger weiter, und kaum hast du es bemerkt, ist schon wieder eine Stunde vorbei, ein Jahr, obwohl du im Grunde immer noch derselbe bist. Alles um dich herum verändert sich, verschwimmt, oder hält die Luft an, nur du bist außen vor. ... Und jetzt öffnest du die Augen, in einem merkwürdigen Zeitlupentempo, und tausend Jahre sind vergangen oder ein einziger Herzschlag, und du erkennst nichts wieder. ---------------------------------- Was ist geschehen? Er hat abgedrückt. Jetzt sollte alles vorbei sein. Es ist alles vorbei. Aber warum bin ich dann noch da, und er ist verschwunden? Und warum ist Kyoko verschwunden? Kyoko? Kyoko?! ---------------------------------- „Kyoko!“ Rens Schrei zerriss die Stille. Mit einem Mal drang die Realität auf ihn ein. Kenichi hatte abgedrückt, doch die Pistole war leer gewesen. Er hatte die einzige Kugel verbraucht, um die Tür aufzuschießen. Aber Kyoko hatte nicht gewusst, dass die Pistole leer war. Sie hatte Ren beschützen wollen, hatte sich auf Kenichi gestürzt, und gemeinsam waren sie über die Balkonbrüstung gefallen. Wie in Trance stolperte Ren zum Balkongeländer. Der Weg kam ihm unendlich lang vor. Die Sekunden, Millisekunden zogen sich wie eine Ewigkeit. Tränen schossen ihm in die Augen, rannen ihm über die Wange. Dann war er am Rand angekommen. Vor seinem inneren Auge sah er Kyoko in der Tiefe liegen, zerschmettert, in einer Blutlache, Kenichi neben sich. Als wolle er den Anblick herauszögern, als würde er erst Wahrheit, wenn er sich in seine Netzhaut und in seine Gehirnwindungen eingebrannt hätte, wurde er plötzlich langsamer. Seine Hände, sein gesamter Körper verkrampften sich, während er über die Brüstung sah und sich innerlich vor dem Anblick wappnete. Aber da war nichts. Weder Kyoko noch Kenichi lagen in der Tiefe. Verblüfft blinzelte Ren. Sein Hirn verweigerte im ersten Moment den Dienst, und für einige Nanosekunden wusste er nichts mehr, erkannte nichts wieder, als wäre er gerade erst geboren worden. Dann erregte eine Bewegung am unteren Rand seines Gesichtsfeldes seine Aufmerksamkeit und ließ ihn zusammenfahren. Kyoko war gefallen, hatte sich jedoch an einem Balkon zwei Stockwerke unter ihrer Wohnung festhalten können. Verzweifelt klammerte sie sich fest, aber es war auf den ersten Blick zu erkennen, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde. Von Kenichi fehlte jede Spur. Panisch sah Ren sich um. Es würde zu lange dauern, ins untere Stockwerk zu laufen, bei den Nachbarn zu klingeln, und dann Kyoko helfen zu können. Es musste eine andere Möglichkeit geben! Sein Blick irrte umher, doch er sah weder ein Abflussrohr noch etwas ähnliches, an dem er hätte herunterklettern können. Er biss sich auf die Lippen. Mit einer fließenden Bewegung glitt er über das Balkongeländer und ließ sich vorsichtig herunter. So weit es ging hangelte er sich herab, dann ließ er los. In Gedanken machte er sich schon darauf gefasst, auf die Brüstung zu prallen oder, noch schlimmer, den Balkon zu verfehlen und in die Tiefe zu stürzen, aber alles ging gut. Mit einem Knall landete er auf dem unteren Balkon, anscheinend auf einem Tisch oder etwas ähnlichem, das mit einem lauten Krachen zerbrach. Im angrenzenden Wohnzimmer sah Ren eine Frau aufspringen und ihn entsetzt anstarren, aber schon schwang er sich über das nächste Geländer, holte aus und glitt hinunter zum nächsten Balkon. Diesmal hatte er nicht soviel Glück. Ein stechender Schmerz schoss ihm durch den linken Unterschenkel, als dieser auf der eisernen Balkonbrüstung aufschlug. Er biss die Zähne zusammen und stand auf. Kyoko war nur wenige Meter von ihm entfernt. Der Schweiss stand ihr auf der Stirn, und er erkannte mit einem Blick, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde. Mühsam schleppte er sich zu ihr und umfasste ihren Arm. Ein winziges Lächeln stahl sich auf ihre Züge. „Wusste ich doch, dass du mich nicht im Stich lassen würdest...“ Ihre Stimme klang gepresst. Ren antwortete nicht, sondern konzentrierte sich darauf, sie hochzuziehen. Seine Hände waren verschwitzt, und ihre glatte Haut drohte immer wieder, ihm durch die Finger zu rutschen. Zudem brannte der Schmerz in seinem Bein immer heftiger, und er spürte, wie warmes Blut auf den Balkon herabrann. Tief holte er Luft und nahm alle Kraft zusammen, um sie in einem Zug bis an den Rand der Brüstung zu ziehen. Es gelang. Er sah gerade noch, wie sie mit den Füßen am Geländer Halt fand und ansetzte, sich auf die sichere Seite zu ziehen, dann wurde ihm schwarz vor Augen. In seinen Ohren rauschte es, und mit einem Mal verschwand auch der rasende Schmerz in seinem Bein. Er wurde bewusstlos. ----------------------------------------- „Erinnerst du dich, als wir uns kennenlernten? Bei dieser Party wurden wir einander vorgestellt, weil unsere Agenturen eine Beziehung zwischen uns als gute Publicity betrachteten. Ich fand dich sofort perfekt, ich wollte dich um jeden Preis. Und du... du warst völlig am Ende, weil SIE einen anderen heiraten wollte. Aber das wusste ich damals nicht. Und dann wurden wir ein Paar. Ich liebte dich. Das hast du nie gewusst. Nicht wissen wollen. Die Finsternis, in die wir beide eintauchten, war viel zu tief, um so etwas zu bemerken. Ich habe es ja auch nicht erkannt, lange lange Zeit. Aber in Wirklichkeit warst du der einzige Mann, den ich je geliebt habe. Nur hast du mich nicht geliebt. Auch wenn du immer noch Schuldgefühle wegen meinem Tod hast. Meinem Tod... und dem Tod unseres Kindes. Er wäre inzwischen vielleicht schon im Kindergarten, oder was denkst du? Wäre es beliebt? Hätte es viele Freunde, die es nach Hause einladen würde? Nach Hause... wie hätte unser Zuhause ausgesehen? Ich kann es mir nicht vorstellen. Egal wie sehr ich es versuche, da entsteht einfach kein Bild. Wir zwei hätten keine Familie gründen können. Unsere Beziehung war eine Sackgasse. Aber dennoch bleibt meine Liebe für dich. Sie bleibt bis in alle Ewigkeit, reiner als unsere Liebesgeschichte, die nie eine war. Ich hoffe, dass du sie spüren kannst. Wenn du jetzt endlich mit deiner über alles geliebten Kyoko glücklich wirst, möchte ich, dass du dich manchmal daran erinnerst. An mich. Ich verzeihe dir. Ich verzeihe dir. Ich verzeihe dir... Lebewohl, mein lieber, liebster Ren. Werde glücklich. LEBE!“ -------------------------------------------- Mit einem Schlag riss Ren die Augen auf. Im ersten Moment sah er nichts, dann erkannte er im Dunkeln die Umrisse einer Zimmerdecke, eines Bettes, eines Fensters ohne Vorhänge. Ein Krankenhauszimmer. Er wollte sich auf die Seite drehen, um Licht zu machen, als er die Gestalt bemerkte, die halb auf sein Bett gesunken in einer fast unmöglichen und sicher sehr unbequemen Haltung schlief. Vorsichtig wandte er den Kopf und betrachtete Kyoko. Inzwischen hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, und im blassen Licht des Vollmonds erkannte er die Konturen ihres Gesichts. Die Linie ihrer Wangenknochen war sanft geschwungen, die Nase klein und wohlgeformt. Ihre Wimpern warfen im fahlen Licht kaum sichtbare Schatten auf ihre Wangen, und einige vorwitzige Stränen fielen ihr in die Stirn. Ohne sich zu rühren sah er sie an. Langsam glichen sich seine Atemzüge ihren an, und er schlief wieder ein. Als er das nächste Mal wach wurde, war schon Tag. Kyoko saß aufrecht neben seinem Bett und unterhielt sich mit gedämpfter Stimme mit einem Teenager, der Ren irgendwie bekannt vorkam. „Maria!“ Das Mädchen drehte blitzschnell den Kopf. „Reeeeeeeeeeeeeen du bist wach!!“ Sie wollte sich auf ihn stürzen, um ihn zu umarmen, doch Kyoko hielt sie mit strenger Miene zurück. „Bist du wahnsinnig? Der Mann wär fast verblutet, da kannst du doch nicht einfach so über ihn herfallen.“ Ein listiges Grinsen erschien auf Kyokos Gesicht. „Und außerdem... bin ICH die einzige, die über ihn herfallen darf. Jetzt und bis in alle Ewigkeit!!!“ Mit einem Lachen ließ sie sich auf seine Brust sinken und umfasste ihn mit beiden Armen, wobei sie allerdings sorgfältig darauf bedacht war, sein verletztes Bein nicht zu bewegen. Mit einem Lachen küsste er sie auf die Stirn. Ihre Augen suchten und fanden sich, und zielstrebig senkten sich ihre Lippen auf seine. „Iiiih das ist voll eklig!!“ Mit roten Wangen sah Maria aus dem Fenster auf den darunter liegenden Parkplatz hinaus. „Ey, Yashiro kommt! Und mein Opa ist auch im Anmarsch!!“ „Was, dein Opa? Der Präsident kommt?“ ------------------------------------- „Und jetzt bin ich also hier aufgewacht. Wo ihr Mann ist, weiß ich allerdings nicht...“ beendete Ren seine Berichterstattung für Yashiro. „Kenichi hatte Glück. Er ist günstig aufgekommen und hat nur einen gebrochenen Knöchel und mehrere Prellungen.“ warf Rory ein. Es war das erste, das er seit der Begrüßung zum Gespräch beisteuerte. „Er lebt also noch...“ Irgendwie war Ren erleichtert, dass ihm nichts Gravierendes passiert war. Er sah zu Kyoko hinüber, die auf einem Stuhl neben seinem Bett saß. Sie hatte während seiner Erzählung kein Wort verloren, aber er erkannte an ihrer verkrampften Haltung und ihrem abwesenden Blick, dass sie noch längst nicht über diese Stunden hinweg war. Sacht hob er den Arm und berührte ihre Wange. Sie hob den Kopf und sah ihn an, dann legte sie behutsam ihr Gesicht in seine Handfläche. Yashiro und Rory betrachteten die ungewohnte Szene. „Jetzt lasst das doch mal, das ist echt ätzend!“ Maria unterbrach die Stille. Rory grinste ihr zu. „Du hättest wohl selbst gerne einen Freund, was?“ „Was?! Nein, wie kommst du denn auf sowas!!!“ Ihre Backen hatten sich in Sekundenschnelle purpurrot gefärbt. Yashiro begann zu lachen. „Lass dich von deinem Onkel mal nicht ärgern. Das findet sich schon alles!“ Verschwörerisch blinzelte er ihr zu. Auch die anderen fingen zu lachen an. „Mensch, ihr seid vielleicht kindisch!“ Genervt drehte sich Maria um und beobachtete wieder den Parkplatz. Ren wurde wieder ernst. Aufmerksam sah er Rory an. „Bist du nur hier, um deinen Krankenbesuch zu absolvieren, oder geht es um mehr?“ Rory erwiderte seinen Blick. „Ich wollte mich entschuldigen.“ „Wofür denn?“ „Als du noch in der Agentur warst... ich habe mich nur noch ums Geschäft gekümmert, ich habe dich gar nicht mehr wie einen Mensch behandelt. Es tut mir leid.“ Ren zuckte mit den Schultern. „So ist das Business nunmal. Dafür musst du dich nicht entschuldigen.“ Einige Sekunden schwiegen alle, dann holte Rory tief Luft. „Ren, ich weiß, dass damals viel schief gelaufen ist, aber willst du es nicht doch nochmal mit dem Schauspielern versuchen? Ogata will einen Film drehen, einen richtigen Kinofilm, und hat ein ziemlich tolles Drehbuch. Deine Rolle ist ziemlich komplex, du könntest dich richtig austoben...“ „Meine Rolle?“ Amüsiert hob Ren die Augenbrauen. „Das klingt ja fast so, als wäre das alles schon geregelt...“ „Naja, ich habe noch nichts festgemacht, aber theoretisch könntet ihr in ein paar Monaten loslegen. Drehort wäre...“ „Also jetzt mal Stopp!“ Kyoko saß mit blitzenden Augen auf ihrem Stuhl aufgerichtet. „So geht das nicht! Ren hat das Schauspielern nicht aus einer Laune heraus aufgegeben! Und er allein kann entscheiden, ob er jetzt wieder damit anfangen will!“ Ren blinzelte. War Rory da gerade wirklich mit dem Gesichtsausdruck eines ertappten Schuljungen zusammengezuckt? Ein Grinsen unterdrückend legte Ren Kyoko die Hand auf den Arm. „Keine Sorge, ich lasse mich zu nichts zwingen. Aber das Drehbuch sehe ich mir gerne mal an.“ fuhr er zu Rory gewandt fort. Dieser nickte eifrig. „Aber bist du sicher, dass Ogata mich für diese Rolle will?“ Ren runzelte die Stirn. „Schließlich war ich lange weg von der Bildfläche. Vielleicht erinnert sich das Publikum gar nicht mehr an mich...“ Hastig schüttelte der LME-Präsident den Kopf. „Ach was! Mit dieser dramatischen Geschichte hast du Publicity genug! Das müssen wir einfach ausnutzen!“ Verblüfft starrte Ren seinen früheren Chef an. Dann begann er zu lachen. „Rory, du bist wirklich unverbesserlich!“ --------------------------------------- Behutsam schloss Yashiro die Tür hinter sich und folgte eilig Rory und Maria, die sich auf den Weg zum Auto machten. Halblaut wandte sich Rory an Yashiro. „Was denkst du, wird er das Angebot annehmen?“ Dieser antwortete mit einem Schulterzucken. „Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich will er sich erstmal um seine Beziehung zu Kyoko kümmern.“ „Denkst du, er will sie heiraten?“ Maria hatte sich mit plötzlich erwachtem Interesse eingemischt. Yashiro zwinkerte ihr zu. „Das weiß ich nicht, aber wenn, wirst du bestimmt Brautjungfer spielen müssen!!“ --------------------------------------- „Endlich sind wir allein...“ Aufseufzend ließ Kyoko sich auf einen Stuhl neben Rens Bett fallen. Er musterte sie aufmerksam. „Wie geht es dir wirklich?“ „Nicht so gut... erst ist Kenichi durchgedreht, und dann...“ Ihre Stimme wurde sehr leise. „Dann sah es auch noch so aus, als würde ich dich verlieren...“ „Aber so schlimm ist meine Verletzung doch nicht?“ Kyoko biss sich auf die Lippen. „Ren, du wärst wirklich fast verblutet. Sie wussten zwischendurch nicht, ob du es schaffen würdest.“ „Tut mir leid, dass ich dir Sorgen gemacht habe...“ „Dir tut es leid?! Du hast mich doch gerettet und wurdest dabei verletzt! Und jetzt belaste ich dich auch noch damit!“ Müde sah sie aus dem Fenster. Ren nahm ihre Hand und zog sie an seine Lippen. „Kyoko.“ Ein Kuss für ihren Daumen. „Du kannst mir alles erzählen.“ Ein Kuss auf die Spitze ihres Zeigefingers. „Vielleicht kann ich dich nicht immer hundertprozentig verstehen, aber darauf kommt es gar nicht an.“ Ein Kuss auf die Spitze ihres Mittelfingers. „Wichtig ist nur, dass wir zusammen sind. Wenn wir zusammen sind, wird alles gut.“ Kurz hob er die Augen, dann küsste er vorsichtig ihren Ringfingers. Kyokos Wangen hatten sich gerötet. „Woher willst du das wissen? Es kann alles mögliche passieren, wie sollen wir wissen, ob wir es schaffen können...“ Ein Kuss auf den kleinen Finger. „Weil das unser Schicksal ist.“ Noch immer hielt er sie fest. Kyokos Herz hatte begonnen, wie wild zu schlagen, und als er ihre Handfläche auf sein Herz legte, spürte sie, dass es ihm ebenso ging. „Kyoko, ich lasse dich nie wieder los.“ Sekundenlang verharrten sie in dieser Position, dann lehnte Kyoko sich vor und bettete ihren Kopf auf seine Brust. Sie schloss die Augen. Ganz leise drang seine Stimme an ihr Ohr. „Kyoko, wollen wir heiraten?“ „...Ja.“ --------------------------------------------- ... ... ... O_O Aus!! Aus und vorbei!!! Das wars!!!!! Hats euch gefallen? Ich hoffe doch sehr, war schließlich total anstrengend!!!! Und zumindest in Word eeeewig lang!!!! Ach Leute... hoffentlich mögt ihrs. HOffentlich seid ihr nicht enttäuscht!!! *hysterisch-herumhoppel* Meine Lieblingsszene ist ja die mit Michelle. Hab sie einfach total liebgewonnen, jaaaaaaaaa... mögt ihr das Ende??? Ich hoffe, es ist euch nicht zu kurz? Ich wollte nicht so pompös werden mit auf die Knie sinken oder keine Ahnung, es auf ne Werbetafel zu tapezieren. Ich fand diese schlichte kleine Szene nach den ganzen Problemen, die die zwei hatten, einfach am schönsten. Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaah jetzt isses mitten in der Nacht!!!! Ich muss morgen früh raus!!!! Und ich hab euch alle lieb!!! Und geh jetzt schlafen!!!! Das wars!!!! Alles vorbei!!!! Tschüüüüüüüssssssssssss ich vermiss euch schon jetzt!!!!!! Die Pori Edit 2: Woah, ich bin gerade total sauer. Mexx hat Kapitel 6 rausgenommen, weil ich KEIN KOMMA ZWISCHEN WÖRTLICHER REDE UND SATZ gesetzt hab. Haha. Ich hab's geändert, und hoffentlich kommts wieder, aber... Ich mein, geht's noch??? Ist das hier ne Deutschklausur oder was??? Regt mich wirklich wirklich auf... Ach ja, was ich noch sagen wollte: Wundert euch Kenichis Verhalten? Ich konnte ihn ja von Anfang an nicht leiden. Diese aalglatten Typen, die sich immer so großartig verkaufen, sind meiner Meinung nach die wirklich Kranken... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)