Unschlüssig stand er dort. Sollte er jetzt zu Bill reingehen und sagen "Du Sorry man, ich habs verkackt, dein Bruder wollte mir nichts sagen?" Hey, wer war eigentlich überhaupt auf die Idee gekommen, das er mit Tom darüber reden sollte? Eigentlich hätte er es ja überhaupt nicht machen müssen. Klar, er wollte Bill in irgend einer Art und Weise ja beistehen aber... das war eine Sache, die die Zwillinge am besten wirklich unter sich klären sollten. Er würde da eh nur im Weg stehen. Und Schwupps, hatte er sich von der Ma der beiden verabschiedet und war durch die Haustür entschwunden.
Unterdessen saß Bill in seinem Zimmer wie auf heißen Kohlen. Wieso kam Gustav nicht zurück? Ungeduldig sah er auf die Uhr. Bereits seit über einer halben Stunde war er schon da drüben. Langsam müsste er doch fertig sein mit reden. Oder nicht? Hatte Tom ihn vielleicht gar... neeeeeeeeein, darüber wollte er jetzt nicht nachdenken, das war einfach zu abwegig.
Eigentlich wollte er seinem Bruder ja nicht so schnell wieder über den Weg laufen, aber da Gustav ja nicht von selbst wiederkommen wollte, musste er wohl oder übel in das Zimmer seines Bruders. Er erhob sich von seinem Bett, warf noch einmal einen prüfenden Blick auf die Uhr und ging dann hinaus auf den Flur. Seltsam, aus Toms Zimmer drang kein einziger Laut. Naja, vielleicht hatten sie gerade eine Redepause eingelegt.
Als er die Tür öffnete, wusste er nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Zum einen war Gustav scheinbar abgehauen, zum anderen lag sein Bruder so unheimlich süß im Bett, das er spontan das Bedürfnis bekam, sich selbst dazuzukuscheln. Aber das ging schlecht, Tom würde ihm das sicher unheimlich übelnehmen. "Gustav? Ich hab doch gesagt ich will allein sein." Bill lehnte sich in den Türrahmen. "Der ist deiner Anweisung auch gefolgt.." Erschrocken sah Tom hoch. "Was machst du denn hier?" - "Gustav suchen." - "Der ist doch schon vor ner ganzen Weile wieder abgezischt." Tom musterte seinen Zwilling. Bill tat das gleiche, jedoch versuchte er es weniger offensichtlich zu tun. Ihm wurde es flau im Magen. Was sollten die Blicke seines Bruders? Er spürte sie auf der Haut. Es waren keine stechenden, keine bohrenden Blicke. Es rief in ihm eher ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit hervor. Mein Gott, was hätte er jetzt alles dafür gegeben, sich an seinen Bruder kuscheln zu dürfen. Einfach nur seine Nähe zu spüren. Sollte er es wagen? Einfach zu ihm hingehen? Sich mit in sein Bett legen? Nein, weiß Gott keine Gute Idee. Er hatte ja heute morgen schon nach dem Kuss so komisch reagiert. Obwohl, und da war Bill mittlerweile felsenfest von überzeugt, Tom IHN geküsst hatte und nicht umgekehrt. Tom lächelte müde, was Bills Knie weicher als Wackelpudding werden liess. Dieser Blick aus diesen Augen. Diese leicht hochgezogenen Mundwinkel. Nein, beim kuscheln würde er es jetzt garantiert nicht belassen können. Oh mein Gott, was dachte er da nur? Es musste langsam aufhören. Sie waren Brüder und noch dazu war Tom unter Garantie NICHT Schwul, bisexuell oder auch nur etwas in diese Richtung angehaucht. Er musste sich mit dem Kuss einfach geirrt haben. Es musste doch von ihm selbst ausgegangen sein. Was aber immer noch nicht die Sache erklärte, WARUM Tom überhaupt in seinem Bett gewesen war...
Bill seufzte, liess sich auf die Erde fallen und gab seinem Inneren Drang nach: "Sag mal, warum warst du heute Nacht bei mir im Bett?" Tom sah ihn verdutzt an. "Wie bitte? Ich hab doch gesagt, eingeschlafen bin ich bei mir!" Bill schüttelte den Kopf. "Du bist noch nie schlafgewandelt. Du kannst mir nicht erzählen, das es dir jetzt auf einmal passiert!" Tom drehte den Kopf weg und sah zu Boden. Scheiße verdammte. Wenn er Bill jetzt erzählte, warum er rübergekommen war in der Nacht, dann würde er ihn bestimmt nur auslachen und nichts anderes. "Also? Ich warte..." Ausserdem war da auch noch diese Sache mit dem Kuss. Von dem er immer noch nicht wusste, warum er stattgefunden hatte. "Mensch... es... es ist nicht so einfach..." fing Tom an. "Ich hab Zeit." Bill legte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Dabei zog sich sein Shirt leicht hoch und gab einen Blick auf seinen Bauch frei. Ach du liebe Zeit... was richtete diese Aussicht nur mit ihm an? Hallo? Er stand doch auf Mädchen. Eigentlich... Tom wurde es heiß und kalt. Das konnte doch jetzt echt nicht sein, das er lediglich von der Aussicht auf Bills Bauch soetwas wie ein Kribbeln im Bauch bekam. Bill seufzte. Wenn es sein musste, würde er die ganze Nacht auf die Antwort warten. Beim auf dem Rücken liegen fiel ihm auf, das er Tom's Zimmer schon lange nicht mehr so intensiv betrachtet hatte wie heute. Irgendwie war es anders als sein eigenes - aber in gewisser Weise gleichten sich die Zimmer auch wieder. Die Einrichtung war komplett anders. Die Farben waren anders. Aber die Art, wie die Möbel standen, darin gleichten sie sich wieder. Er grübelte gerade intensiv darüber nach, wie sie ihre Zimmer eingerichtet hatten, als Tom ihn aus seinen Träumen riss, da er plötzlich neben ihm Rücklings auf dem Boden lag. "Ich hatte Angst." Bill zog seine gepiercte Augenbraue hoch. "Wie, Angst?" - "Angst halt. Ist egal vor was." Doch Bill gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden. "Na komm, sag schon. Ich verhau dich auch nicht!" Tom grinste. "Als ob du das schaffen würdest, wa?" Bill nickte. "Und ob." Er sah seinen Bruder an. "Und jetzt raus mit der Spradche. Ansonsten lass ich mir irgendwas gemeines einfallen." Tom drehte sich auf den Bauch und sah Bill an. "Ich... ich hatte irgendwas dummes geträumt. Und bin dann mit der Angst aufgewacht, dich zu verlieren..." Bills Herzschlag setzte für Sekunden aus. Er hatte Angst, ihn zu verlieren? Sein Herz japste nach Luft und begann kleine Sprünge zu machen. "Deswegen bin ich auch zu dir rüber. Ich konnte alleine einfach nicht mehr einschlafen. Nicht mit dem Gedanken daran, das dir vielleicht etwas passieren könnte und ich sehe dich nicht wieder..." Er beugte sich über Bills Gesicht. Bill war überrascht, denn schon wieder kam sein Bruder ihm näher. Ohne ein einziges weiteres Wort küsste er Bill. Erst nur ganz sanft auf die Lippen. Dann streichelte er mit einer Hand Bills Nacken, während er mit seiner Zunge um Einlass bat. Zögerlich spielte er mit Bill's Zungenpiercing, dann wurde der Kuss langsam etwas wilder. Nicht unbeherrscht, aber dennoch intensiv. Bill fühlte sich, als ob tausend Stromstöße in seinem Körper umherjagten. Er streichelte mit einer Hand über den Rücken von Tom, die andere vergrub er in den Dreadlocks. Tom ging es nicht großartig anders. Er kümmerte sich nicht mehr darum, was richtig und was falsch war. Er wollte Bill einfach nur noch küssen. Ihn schmecken, ihn spüren. Er rutschte mit seiner Hand unter das Shirt seines Bruders und streichelte seinen Bauch. >>Wie weich seine Hand doch ist<< staunte Bill und fuhr seinerseits unter das Shirt auf den nackten Rücken. Immer noch küssten sie sich wie von Sinnen.
Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, als sie sich trennten. Tom lächelte. Sein Hirn war noch zu vernebelt von den Hormonen, die ihn dazu getrieben hatten, seinen Bruder zu küssen und zu streicheln. Bill hingegen war schon wieder ziemlich gut bei Sinnen und fragte sich, was das ganze nun schon wieder zu bedeuten hatte. War da vielleicht doch mehr von Tom aus? Plötzlich stand Tom wortlos auf und verliess das Zimmer. Bill sah ihm nach. Was war nur in diesen Kerl mit diesem geilen Hinterteil gefahren? Er war verliebt in Tom... soviel stand fest. Eigentlich sollte er doch glücklich sein, das er mit Tom rumgeknutscht hatte. Ihn streicheln durfte. Er sogar bei ihm im Bett geschlafen hatte. Aber... irgendwas stach trotzdem... nur was?
