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U-Bahn-Station

von

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Kapitel 1

U-Bahn-Station
 

Ich wollte schon länger eine Fanfiction schreiben. Und da ich zwei Wochen auf Computerentzug war [*noch immer zitter*], habe ich die traurige Gelegenheit genutzt und damit begonnen. Am Bahnhof, Paris Montparnasse. Gewisse Teile entsprechen daher der Realität.
 

Nun, es sind Charaktere, die nicht existieren. Alles reine Fiktion.
 

Hoffe auf Kommentare... ._.
 

Angenehmes Lesen,

Katsu
 


 

Kapitel 1
 

Ein kühler Wind weht und der Geruch nach Abgasen schlägt mir ins Gesicht. Reflexartig rümpfe ich die Nase.

Ich nehme meine Tasche und versuche sie, die Treppe hochzutragen. Seufzend lasse ich sie gleich darauf wieder auf den Boden fallen. Sie ist schwer.

Leise fluchend bleibe ich stehen und hebe mein Gepäck langsam auf die erste Stufe. Das kann ja wirklich heiter werden.

Ich lasse meinen Kopf sinken, um kurz darauf meine mir vor die Augen gefallenen Haare wieder hinter die Ohren zu streichen.

"Soll ich dir vielleicht helfen?"

Erschrocken fahre ich zusammen, doch ein Mann trägt bereits meine Tasche hoch, ohne auf meine Antwort zu warten.

Ich eile hinterher.

Vor einer Informationstafel hält er, stellt das Gepäck auf den Boden und verschwindet.

"Danke", flüstere ich, doch er ist bereits nicht mehr zu sehen.

Ein weiterer Luftzug lässt mich leicht frösteln.

Ich versuche mich auf dem Plan vor mir zu orientieren, aber eine plötzlich einsetzende schrille Melodie über mir beansprucht meine Aufmerksamkeit. Eine Ansagerin beginnt zu sprechen. Ihre Worte hallen aus den Lautsprechern, die überall angebracht sind.

Eine U-Bahn fährt ein und ihr Grollen lässt die Stimme untergehen.
 

Ich seufze erneut und setze mich auf die Tasche. Mein Kopf schmerzt und ich bin so müde, dass ich nicht einmal fähig bin, mein Frühstück auszupacken.

Ich strecke die Beine aus und betrachte meine Schuhe. Sie sind schmutzig und ein Schnürsenkel ist offen.

Ich hebe einen Fuss und wippe leicht hin und her. Die Bändel schwingen. Leise lachend richte ich mich wieder etwas auf. Ein kleiner Junge steht vor mir und sieht mich irritiert an. Ich zucke mit den Schultern und ziehe meine Hosen etwas tiefer, so dass sie die Schuhe verdecken. Sie sind ganz ausgefranst, da ich sie zu gross gekauft habe. Wie ich es meistens tue.

Gähnend lasse ich mich nach hinten kippen und stosse mit einem klappernden Geräusch meinen Kopf an der Tafel. Murrend streiche ich mir die Haare hinter die Ohren, doch sie fallen sogleich wieder nach vorne. Ich schiele nach oben und puste die feinen, schwarzen Strähnen hoch.

"Interessante Beschäftigung..."

Ich drehe mich ruckartig um und blicke in ein braunes Augenpaar. Ein Junge steht vor mir, an die Stange der Informationstafel gelehnt und sieht auf mich herab. Sein rotoranges Haar fällt über seine schmalen Schultern und umspielt sein Gesicht. Er ist hübsch.

Als ich nichts erwidere, hebt er eine Augenbraue und beginnt, mich zu mustern.

Er kniet sich vor mir hin und starrt mich an, dann kneift er in meine linke Wange.

"Au!"

"Huch! Es lebt!"

Ich fahre mir über die wahrscheinlich gerötete Stelle und sehe den anderen Jungen verdutzt an.

Der Ausdruck in seinen Augen wird freundlicher: "Du bist nicht von hier, hm?!" Er kaut auf einem Kaugummi herum und bläst ihn auf, bis die Kugel mit einem leisen Knall platzt. Dann fährt er sich mit der Zunge über die Lippen. Sie glänzt.

Er legt seinen Kopf schief und sieht mich an.

"Äh... Nein. Ich bin eben hierher gezogen."

"Du? Alleine?"

Er kneift die Augen zusammen.

"Meine Mutter und meine Schwester sind schon seit zwei Monaten hier. Neue Hochzeit, und so weiter... Tja..."

Ein neuer Luftzug, der sein feines Haar leicht wehen lässt.

"Und weshalb kommst DU mit der U-Bahn?"

"Ich wollte das Semester beenden."

"Ahso..."

Der Junge lässt sich auf die Knie fallen, dreht sich um und lehnt sich an meine Tasche.

"Ich bin Jake."

Er sieht hoch, direkt in meine Augen.

"Micha..."

Ein Lächeln.

"Gehen wir frühstücken?"

Ich denke an meine Mutter, die zu Hause wartet, mit meiner älteren Schwester und meinem Stiefvater und die Zweifel verfliegen.

"Ja..." Was soll ich dort schon tun? Kaffee trinken und süss lächelnd über meine Reise und die Familienpläne plaudern?

Ich will meine Tasche nehmen, doch Jake kommt mir zuvor. Er schwingt sie elegant über die Schulter, so dass ich fürchte, seine schlanke Gestalt würde nächstens unter der Last zusammenbrechen, und geht zum Ausgang der Bahnhofshalle.

Auffordernd wartet er, bis ich ihn erreicht habe. Wir treten in die Fussgängerzone.

Die Sonne ist vor noch nicht allzu langer Zeit aufgegangen und taucht nun die ganze Umgebung in ein rötliches Licht. Jakes Haare scheinen zu leuchten.

Ich halte mir den Arm vor die die Augen und blinzle. Als ich losgefahren bin, war es noch stockdunkel.

Der Junge neben mir legt seine freie Hand auf meinen Rücken und ich lasse mich von ihm durch die Gassen zu einem kleinen Café führen.

Er stellt meine Tasche hin, begrüsst den Kellner, der sofort strahlend auf uns zugeeilt kam, und wir setzen uns an einen Tisch.

Wenig später wird ein komplettes Frühstück aufgetischt. Ich bin verwirrt.

"Eh... Woher wusste er...?"

Jake lächelt: "Hier gibt es keine Speisekarte. Du setzt dich hin und kriegst das, was sie gerade gekocht haben. Wir können mal hier Essen gehen... Es ist sehr gut."

Er rechnet damit, dass wir uns wiedersehen?

Ich nehme meine Gabel und picke etwas Rührei auf. Er mustert mich, was mich etwas verlegen unter meinen Haaren hervorblicken lässt.

Grinsend schiebt er sich etwas von dem Ei in den Mund.

Ich beginne zu essen. Meine Bewegungen sind unsicher.

Das liegt an ihm.

Ich wurde noch nie so plötzlich angesprochen, geschweige denn zum Frühstück mitgenommen.

Dazu noch von einem Jungen, der ausserordentlich hübsch ist.

Meine Wangen erwärmen sich und ich befürchte, rot zu werden.

Zögernd lege ich das Besteck zur Seite.

"Was ist?"

Bin ich wirklich so durchschaubar, dass sogar ein mir völlig Fremder bemerkt, dass ich etwas sagen möchte?

"Nun... Warum... hast du mich angesprochen...?"

Jake legt ebenfalls seine Gabel weg, trinkt einen Schluck Schwarztee - Earl Grey - und fährt sich durch die Haare: "Du sassest so in dich zurückgezogen in dieser riesigen Halle, als hättest du darauf gewartet, endlich abgeholt zu werden..."

Dann fügt er mit einem völlig ernsten Gesichtsausdruck hinzu:

"Und weil ich dich gesucht habe."

Diese Antwort sollte mich noch lange beschäftigen.
 

Er bringt mich in Verlegenheit, doch bevor ich nur schon an eine Erwiderung denken könnte, kommt bereits der Kellner, um unsere Gläser mit Orangensaft nachzufüllen.

Ich bedanke mich und nehme einen grossen Schluck.

Ein saurer Geschmack fliesst durch meinen Mund die Kehle hinab. Vielleicht werde ich Sodbrennen kriegen. Ich vertrage Zitrusfrüchte nicht.

Das restliche Frühstück verläuft beinahe schweigsam.

Jake fragt mich einige belanglose Dinge, ich gebe kurze und knappe Antworten.

Ich überlege mir, was ich sagen könnte. Es ist nicht meine Art, nach einem Thema zu suchen, nur damit gesprochen wird, doch die Stille zwischen gerade diesem Jungen und mir, ist unangenehm.

Ich verliere meine Gedanken, als plötzlich eine kühle Hand meine Wange berührt.

Jake blickt direkt in meine Augen. Sie sind so dunkel. Ich frage mich für den Bruchteil einer Sekunde, ob ich mein Spiegelbild in ihnen erkennen könnte, und er das Seinige in meinen, doch ich bin zu überrascht, um klar zu denken.

Mit einem Finger streicht er über meinen linken Mundwinkel, dann legt er in auf meine Lippen.

Feucht.

Zögernd öffne ich den Mund und fahre mit der Zunge leicht über die Fingerkuppe: Marmelade. Kirschen.

Jake zieht seine Hand langsam zurück.

Er baggert mich wirklich an.

Diese Tatsache wird mir so schlagartig bewusst, dass ich fürchte vom Stuhl zu kippen.

Beinahe geistesabwesend nehme ich wahr, wie er bezahlt, meine Tasche nimmt und wir gehen.

"Wo wohnst du eigentlich?"

Ich sehe ihn ungläubig an, bevor mir bewusst wird, was er meint:

"In der Nähe der Kirche, glaube ich. Piniengasse 12..."

Mir kommt es so vor, als ob Jake innerhalb der letzten Stunde seine Persönlichkeit ausgetauscht hätte. Er spricht kaum und sein Grinsen bleibt weg. So ganz anders als in der Bahnhofshalle.

"Soll ich dich hinbringen?"

Ich nicke.
 

Wir schlendern nebeneinander durch die Stadt.

"Danke..." er sieht mich etwas überrascht an, "Für das Essen..."

Ich versuche ein Lächeln, und da er es erwidert, nehme ich an, dass es mir auch gelungen ist.

"Ich danke dir..."

Leicht verlegen versuche ich, mich auf den Weg zu konzentrieren. Ich sollte ihn mir schliesslich merken.

Jake biegt um eine Ecke und bleibt in einer schmalen Gasse stehen.

Es ist schattig und es stehen überall Pflanzen in ockerfarbenen Töpfen. Ob ihnen die Dunkelheit wirklich bekommt?

"Hier. Dein Zuhause." Er grinst und stellt mein Gepäck vor die hölzerne Tür.

"Man sieht sich, ja...?!"

Jake tritt einen Schritt auf mich zu. Sein feines, langes Haar fällt über seine Schultern und streift wie ein sanfter Hauch eines Windes im Sommer mein Gesicht. Es kitzelt leicht.

Ich habe das Gefühl zu erstarren.

Meine Augen scheinen sich von selbst zu schliessen, als seine warmen, weichen Lippen meine Schläfe berühren.
 

Ich bin verliebt.
 

Kapitel 1 - Ende
 


 

[Bitte, Kommentare!]

Kapitel 2

U-Bahn-Station
 

Kapitel 2:
 

Kälte hat sich über die Stadt gelegt. Es ist bereits Nacht und die weisse Sichel des Mondes steht am Himmel. Seit ich auf meinem Bett liege, hat sie beinahe die Strecke der Breite meines Dachfensters durchquert.

Ich höre das Klirren von Gläsern aus dem unteren Stockwerk. Das gedämpfte Murmeln meiner drei unfreiwilligen Mitbewohner dringt sogar zu mir hoch.

Ob ich dies bis zu meinem Schulabschluss durchstehe? Wohl kaum.

Ich kann nicht einmal sagen, wann diese Abneigungen unter uns angefangen haben.

Es kam schneidend.

Meine Schwester ist wie Mutter.

Ihr stupides Verhalten grenzt an Unverschämtheit.

Ich habe schon so viele verschiedene Versionen ihrer Ansicht über mich gehört, dass ich meine Diplomarbeit über Synonyme schreiben könnte, die so ausführlich wäre, dass ich einen Preis gewinnen würde.

Ich seufze.

Darüber nachzudenken kostet mich zu viel Energie. Ich stehe auf, um mich umzuziehen. Mein Spiegelbild blickt mir entgegen und ich bleibe stehen.

Ich betrachte mein Gesicht. Es ist so blass und meine hellen Augen erscheinen irgendwie leer. Langsam ziehe ich mir das T-Shirt über den Kopf. Die Haare fallen wirr in mein Gesicht.

Ich bin so dünn.

Zögernd mache ich einen Schritt auf den Spiegel zu und lehne meine Stirn gegen das kühle Glas. Es knarrt leicht, als ich mein Gewicht verlagere.

- "Und weil ich dich gesucht habe." -

Was hat das zu bedeuten?

Wie kann er so etwas sagen, wo er mich doch gar nicht kennt.

Beinahe unbewusst fahre ich mit meiner Hand über die glatte Oberfläche. Ich drehe meinen Kopf, so dass ich mich direkt ansehe. Ein leichter Schauer durchfährt mich und meine Augen beginnen zu brennen. Ich schliesse sie. Kurz darauf suchen sich warme Tränen ihre Bahnen über meine Haut.

Das kühle Holz unter meinen nackten Füssen lässt mich frösteln.

Langsam lege ich mich auf den Rücken. Nur in Jeans und völlig verheult liege ich da, starre an die Decke und atme den leichten Harzgeruch des Bodens ein.

Der Mond ist verschwunden.
 

Dir Sonnenstrahlen dringen durch die nur halb geschlossenen Storen und füllen mein Zimmer mit ihrem Licht.

Ich blinzle.

Die meist noch ungeöffneten Umzugskartons werfen ihre Schatten auf die hohen Wände und bilden unheimliche Gestalten.

Langsam richte ich mich auf und mein Blick sucht den Wecker auf dem Nachttisch: Es ist zwei Uhr Mittags.

Gähnend schlage ich die weiche, schwere Decke zurück und schwinge meine Beine über die Bettkante.

Unsicher tapse ich zur Tür und trete in den Flur. Von Unten vernehme ich Stimmen. Sie sind wohl gerade beim Mittagessen.

Seufzend steige ich die beiden Treppen hinab.

Als ich in die Küche komme, sieht meine Familie von ihren Tellern auf und grüsst mich.

Am Seitenblick meines Stiefvaters bemerke ich seine Unzufriedenheit über die Tatsache, dass ich mich so spät noch dazusetze und nur ein Shirt und Shorts trage.

Er erläuterte mir einmal seine Vorstellungen von einem perfekten Familienleben.

Ich würde ihm nicht einmal den Gefallen tun, wenn es mir leid täte.

So lasse ich mich einen "Guten Morgen" murmelnd auf den freien Stuhl fallen und giesse mir Wasser ein.

"Micha, du hast Post bekommen." Mutter schiebt mir einen weissen Umschlag zu. Etwas irritiert betrachte ich meine sorgfältig geschriebene Adresse. Der Brief ist ohne Absender und Marke.

Jake?

Stirnrunzelnd nehme ich ihn an mich und lege ihn auf meinen Schoss.

"Schon eine Verehrerin gefunden?"

Meine Schwester ignorierend stehe ich auf und gehe zum Kühlschrank. Ich entnehme ihm Butter und Marmelade, schneide mir einige Scheiben Brot und setze mich wieder hin.

Das Essen beende ich alleine.

Die anderen sind schon gegangen. Da ich nicht rechtzeitig erschienen bin, stellen auch sie ihre Höflichkeit zurück.

Als Rache sozusagen.

Ich bin Micha, 17 Jahre und wohne in einem Kindergarten.
 

Nachdem ich alles aufgeräumt habe, gehe ich in mein Zimmer, um den Brief zu lesen. Es ist nur ein kleines, kariertes Papier, auf dem einige Zeilen geschrieben stehen:
 

Hi, Baby
 

Hast Du gut geschlafen?

Lass uns morgen Kaffee trinken gehen.

Ich warte um 15°° Uhr beim Bahnhof auf Dich.
 

Jake
 

Ich schlucke. Mein Herz scheint gegen meine Rippen zu hämmern. Wie kann ein Junge, den ich kaum kenne, mich so aus der Fassung bringen?

- Hi, Baby -

Ich lege den Brief auf das Nachttischchen und werfe mich wieder aufs Bett. Seufzend vergrabe ich mein Gesicht in dem Kissen. Es riecht nach meinem alten Shampoo.
 

Den Tag verbringe ich mit dem Ausräumen aller Kartons und dem Einrichten meines Zimmers.

Als ich zum Abendessen erscheine, werde ich mit einem Blick aus Überraschung und Spott empfangen.

Ich gebe nicht meinem Stiefvater die Schuld. Es war schon vor der zweiten Hochzeit von Mutter so. Davor wurde alles mit meiner Männlichkeit begründet. Ich verstehe es halt nicht, mit zwei Frauen zusammenzuleben. Da sei es normal, dass ich etwas der Aussenseiter sei. Jetzt bin ich einfach der Jüngste, der gerade die unberechenbaren Phasen der Pubertät durchmacht.

Es hat sich alles entwickelt, und es würde nur zu Ende gehen, durchbreche einer von uns den Teufelskreis.

Mir ist es das nicht wert.

Es gibt Kartoffelstock und Gemüse.

"Von wem war der Brief?" Eine Frage, die nur von meiner Schwester kommen kann.

"Kennst du nicht."

Sie weiss genau, dass ich es ihr nicht erzählen werde.

"Das weisst du doch nicht!"

Ihre penetrante, laute Stimme erscheint mir schrill und ich kneife etwas die Augen zusammen, während ich mir Erbsen auf den Teller schiebe.

Ob sie sich verstellt, oder ob sie wirklich so ist?

Beide Antworten wären tragisch.

Ich seufze: "Mama, ich habe vorgestern mein Zeugnis bekommen."

"Und?"

"Es ist beinahe gleich geblieben. In Bio und Physik habe ich eine 1 bekommen."

"Das haben wir ja erwartet."

Ich sehe sie an. Alle drei.

Weder ein Lächeln, noch sonst irgendeine Beachtung. Mutter widmet sich wieder ihrem Essen und mein Zeugnis ist vergessen.

Ich bettle nicht um Anerkennung, aber gewisse Dinge erstaunen mich dennoch.

Und manchmal muss ich mir einfach erneut beweisen, dass die Atmosphäre zwischen uns wirklich so frostig ist.

Der Stich, den ich dabei gefühlt habe, ist schon längst verschwunden.
 

Später helfe ich meinem Stiefvater beim Abwaschen.

"Kommst du morgen zum Frühstück?"

Ich trockne das Geschirr, doch mein Küchentuch ist bereits komplett durchnässt.

"Nein. Ich bin nicht zu Hause."

"Aha..."

Die Teller klappern, als ich sie im Schrank staple.

"Was machst du denn?"

"Ich habe ein Date."

Mit diesem Satz beende ich diese kurze Unterhaltung bewusst.

Als alles aufgeräumt ist, verabschiede ich mich und gehe schlafen.
 

Kapitel 2 - Ende
 


 

[Tja... Es ist nicht sonderlich viel passiert... Aber trotzdem, bitte, Kommentare! ~ Katsu]

Kapitel 3

U-Bahn-Station
 

Kapitel 3
 

Ich stehe am Bahnhof und warte auf Jake. Es passiert mir sonst nie, dass ich zu früh bin.

Meine Haare sind noch nass von der Dusche und einzelne Strähnen kleben mir leicht an der Stirn.

Es weht ein warmer Wind.

Jake kommt um eine Ecke gebogen und eilt auf mich zu.

Er sticht völlig aus der Menge der Leute hervor.

Bei mir angekommen lächelt er, beugt sich etwas zu mir hinunter und haucht mir einen Kuss auf die Wange: "Hi, Baby..."

Schon wieder.

Mein Inneres zieht sich zusammen.

Ich erröte und eine Gänsehaut jagt über meinen Körper.

"Hi..."

Ob er es bemerkt?

"Komm, gehen wir! Du hast bestimmt noch nichts gegessen!"

Ich muss lachen: "Ja, stimmt."

Er legt seine Hand um meine Taille und zieht mich mit sich.

Ich rieche seinen angenehmen Duft. Nur wenig, wenn er sich beeilt und ich ihm beinahe nicht nachkomme, und ganz deutlich, wenn er sich zwischen den Leuten an mich drängt.

Noch immer hält er mich.

Nach einer Viertelstunde etwa, bleibt er vor einem Haus stehen und zieht einen Schlüssel aus seiner Hosentasche. Er schliesst die Tür auf und führt mich in den kleinen Flur.

Wir gehen die Treppe hoch, durchqueren das Wohnzimmer und treten auf die Terrasse. Inmitten der vielen Pflanzen, die hier aufgestellt sind und den Blick auf die Gasse versperren, befindet sich ein Tisch, der schon gedeckt ist.

"Setz dich."

Ich bin völlig überrumpelt. Mit dem habe ich überhaupt nicht gerechnet.

Jake schiebt einen Stuhl zur Seite und nimmt meine Hand.

Ich setze mich hin und er verschwindet wieder nach Drinnen.

- "Und weil ich dich gesucht habe." -

Diese Worte fallen mir schlagartig ein.

Er hat mich gesucht?

Dieser einfache Satz macht mich so nervös, dass mir beinahe übel wird.

Ein Teller, der vor mir auf den Tisch gestellt wird, reisst mich aus meinen Gedanken.

Ich fasse es nicht, er hat für mich gekocht.

Wir kennen uns drei Tage und er lädt mich zu sich nach Hause ein.

Verstohlen blicke ich unter meinen Haaren hervor, die mittlerweile etwas getrocknet sind.

Ich beobachte Jakes Bewegungen, wie er uns beiden Wasser in die Weingläser einschenkt, seine Serviette faltet und sich die orangeroten Strähnen hinter die Ohren streicht und mir kommt die Vorahnung, dass wahrscheinlich eine Beziehung zwischen uns entstehen wird.

Er kämpft beinahe um meine Aufmerksamkeit, und ich gebe sie ihm widerstandslos.

Vielleicht spielt er mit mir, sucht ein Abenteuer, doch das glaube ich nicht. Es mag naiv sein, aber ich halte es für ausgeschlossen.

Jake legt den Kopf leicht schief und sieht mich an. Er beginnt, auf seiner Unterlippe zu kauen, während er die Augen etwas zusammenkneift.

Ich lächle: "Vielen Dank... Das ist wirklich... unglaublich..." Das letzte Wort habe ich nur geflüstert, doch seinem Blick entnehme ich, dass er es gehört hat.

"Heute Abend ist Rummel. Möchtest du hingehen?"

Ich nicke und entlocke ihm so ein Grinsen. Mir scheint, ich könne eine gewisse Erleichterung in seinen Augen erkennen.

Das Essen ist ausgezeichnet.

Als ich Jake helfen will, den Tisch abzuräumen, schüttelt er nur den Kopf und drückt mich an den Schultern auf den Stuhl zurück.

Ich weiss nicht, ob es Absicht ist, oder nicht, dass er mir leicht und flüchtig über meinen Hals streift, als er die Hände wieder zurückzieht und danach in der Küche verschwindet, doch es lässt mich kurz frösteln.

Das ist mir wirklich noch nie passiert.

Ich bin ihm bereits verfallen.
 

Meine Haare wehen im Wind, als wir zusammen in die Innenstadt fahren. Ich sitze auf dem Gepäckträger von Jakes Fahrrad, während er in die Pedalen tritt. Meine Beine leicht angewinkelt und die Hände um seinen Bauch geschlungen, rasen mir die seltsamsten Gedanken durch den Kopf.

Ich habe tierische Angst, dass ich bei dem Tempo vom Rad falle, andererseits würde ich mich von niemandem sonst mitnehmen lassen. Ich geniesse es, mich an Jake zu drücken, um einen halbwegs sicheren Halt zu finden, doch habe ich das Gefühl, dass meine Hände wie verrückt zittern.

Manchmal fallen seine Haare in mein Gesicht und ich drehe daraufhin den Kopf zur Seite.

Wir fahren über einen steinigen Weg, sodass ich mich mehr an ihn dränge. Ich lege meine Hand an den Bund seiner Jeans, mit der anderen gleite ich unabsichtlich unter sein kurzes Shirt. Ich erschrecke so sehr, dass ich beinahe loslassen will, doch der Ruck, der mir beim Passieren einer Schwelle versetzt wird, lässt mich wieder zu Verstand kommen.

Meine Hände liegen noch immer an derselben Stelle.

Ich berühre seine Haut. Jakes Haut.

Kühl und weich.

Mein Herzschlag erscheint mir ohrenbetäubend.

Denk an etwas anderes, Micha. Sei vernünftig.

Denken, denken, denken... Kekse. Kekse sind gut. Kekse sind lecker und süss. Jake ist auch süss. Nein! Falsche Richtung!

Ich kneife die Augen zusammen und murmle weiter vor mich hin.

"Wir sind da. Micha? Micha!!"

Verwirrt blicke ich um mich. Tatsächlich. Wir stehen.

Jake dreht sich etwas zu mir um und lächelt mich an.

Und da wird mir bewusst, dass meine Hände noch immer auf seinem Bauch liegen.

Ich ziehe sie schnell zurück: "Entschuldige..."

Was muss er auch ein so kurzes Shirt anziehen?!

Er stellt sein Rad an einen Zaun und schliesst es ab.

Dann gehen wir zusammen weiter in die Stadt.
 

Von überall her ertönen Musik, Angebote, die den Gewinn versprechen, Namen von Speisen und das Gerede der Leute.

Je näher wir ins Zentrum kommen, desto dichter wird die Menge und Jake nimmt meine Hand.

Ich umschliesse seine mit meinen Fingern und erwidere somit den leichten Druck.

Sein Blick verrät mir seine Überraschung.

Wir halten vor einem Süsswarenstand und Jake kauft sich eine Zuckerwatte.

Ich möchte etwas davon wegziehen, doch er wehrt meinen Arm ab und grinst. Bevor ich überhaupt reagieren kann, hält er mir ein wenig von der Süssigkeit vor den Mund.

Er will mich füttern?

Ich öffne meine Lippen und die Watte zergeht mir auf der Zunge.

So schlendern wir durch die weniger belebten Strassen, bis nur noch das rosa verklebte Holzstäbchen übrigbleibt, das Jake in die nächste Mülltonne wirft.

Mir ist, als klebten während den letzten Minuten jede Menge Blicke an uns, doch ich konnte wegen meiner Konzentration, jegliche Peinlichkeiten zu vermeiden, nicht ganz darauf achten.
 

Wenig später stellen wir uns in die Schlage vor dem Riesenrad.

Ich lehne mich etwas an Jakes Schulter und er zieht seine Hand aus meiner Umklammerung, um sie an meine Hüfte zu legen.

Müdigkeit überkommt mich.

Langsam schliesse ich die Augen und lasse mich von ihm etwas nach vorn schieben, sobald wir aufrücken können.

"Jaques!"

Ich merke, wie Jake sich abrupt umwendet, sodass ich mich wieder aufrichte. Er begrüsst einen soeben auf ihn zugeeilten Jungen und sie umarmen sich.

Irritiert sehe ich die beiden an. Ich dachte nicht, dass das rufen dieses französischen Namens ihm galt, so musste man mir meine Verwirrtheit selbst aus grösserer Entfernung angesehen haben.

"Jules, das ist Micha. Micha, Jules."

Ich nicke knapp und stecke die Hände in die Hosentaschen.

Ob er ihn auch gesucht hat?
 

Wir stehen schon ziemlich weit vorne, als der andere Junge wieder verschwindet.

"Ich finde diesen Namen schrecklich."

Ich lächle leicht.

"Die meisten nennen mich Jake."

Wir sind an der Reihe.

Ich setze mich ihm gegenüber auf die rote Holzbank, deren Farbe bereits abblättert.

Es wird kühl.

"Hast du eigentlich Geschwister?"

Ich wende meinen Blick von der Stadt unter uns ab und sehe zu Jake.

"Eine Schwester."

Der Ton in meiner Stimme verrät mehr, als ich zeigen wollte, doch gegen meine Erwartung fragt Jake nicht nach.

"Ich habe einen grossen Bruder, Kai, und eine jüngere Schwester, Lena."

Er grinst und bringt mich damit wieder zum Lächeln.

"Aber wir waren heute alleine?"

"Ich hab sie rausgejagt! Ausflug in die Berge."

Ich weiss nicht, ob er übertreibt, oder die Wahrheit sagt, aber eigentlich spielt es keine Rolle. Vielleicht mag er es, zu übertreiben.

"Sieh mal!"

Er unterbricht meine Gedankengänge, indem er in die Ferne zeigt.

"Da ist mein Haus und dort wohnst du!"

Zugegeben, ich kann überhaupt nichts erkennen. Es ist bereits dunkel geworden, und ich hätte wohl auch bei Licht Mühe, ihm zu folgen.

Doch er lässt nicht locker, sodass ich mich etwas über den Rand der Kabine beuge und in die Nacht starre.

Er steckt sich und fuchtelt mit seinem Arm vor mir herum.

Unsere Gesichter sind sich plötzlich so nah, dass ich seinen Worten und Gesten keine Beachtung mehr schenken kann.

Aus den Augenwinkeln heraus versuche ich, alle Details von ihm wahrzunehmen.

Seine roten Haare, die leicht im Wind wehen, das Ohr, an dem vier silberne Ringe hangen, seine Wimpern, die dunklen Augen, vereinzelte Sommersprossen auf seiner schmalen Nase und der Wange und sein schön geschwungener Mund.

Ich realisiere kaum, wie er in seinen Bewegungen innehält, sich leicht zu mir dreht und mich mit leicht gesenkten Lidern anblickt.

Sein Atem streift meine Haut.

Ich schlucke und mein Herz beginnt, gegen meine Rippen zu hämmern.

"ENDSTATION!!!"

Wir zucken zusammen.

Der Aufseher des Riesenrades sieht uns verärgert an: "Macht draussen weiter, es wollen noch andere Leute rein!"

Ich stehe ruckartig auf und eile aus der Kabine.

Jake folgt mir.

Als wir aus dem Blickfeld der Leute gelangt sind, die diesen peinlichen Moment verfolgt haben, bleiben wir stehen.

Es scheint mir, ein leichter Rotschimmer habe sich auf seine Wangen gelegt.

Er streicht sich durch die Haare, die kurz darauf über seine Schultern fallen.

"Wo willst du noch hin?"

"Dort."

Ich deute auf eine Achterbahn und ziehe ihn mit mir.

Langsam glaube ich zu verstehen, wonach er gesucht hat.
 

Kapitel 3 - Ende

Kapitel 4

U-Bahn-Station
 

Kapitel 4
 

Der Mond steht hoch am Himmel und ein kühler Luftzug weht durch die vollen Strassen.

Jake und ich stehen gerade neben einem chinesischen Essenstand.

Ich werfe einen Blick auf die Uhr: Es ist schon nach halb zwei.

"Musst du nach Hause?"

"Nein. Es ist nur... Sie mögen es nicht, wenn ich so spät nach Hause komme."

"Du kannst bei mir schlafen."

Er lächelt mich an.

"Wirklich?"

"Wirklich."

Etwas verlegen senke ich den Blick und ziehe mein Handy aus der Hosentasche.

Das Häschen, das daran baumelt, wiegt im Takt meiner Bewegungen hin und her.

Jake beobachtet mich, während ich beginne, eine Nachricht einzutippen.

"Damit sie wissen, dass ich weg bin..."

Er nickt und spielt mit dem Anhänger: "Das ist so süss!"

Ich muss lachen und lasse das Telephon wieder verschwinden.

"Wollen wir gehen?"

"Ja."

Wir schlendern dorthin zurück, wo Jake sein Rad abgestellt hat.

Ich setze mich erneut auf den Gepäckträger und er fährt los.

Es ist kalt geworden.

Der Reissverschluss meines Sweatshirts klimpert gegen die Metallstange des Sattels.

Ich fühle mich schon sicherer als bei der Hinfahrt, sodass ich mich nicht mehr an den Jungen vor mir klammere.

Bei ihm zu Hause angekommen, schleichen wir in sein Zimmer, wo er mir gleich etwas zum Übernachten heraussucht.

Ohne uns im Bad fertigzumachen, ziehen wir uns um und gehen schlafen.

Als ich ihm zugesagt habe, dachte ich gar nicht daran, dass es zu umständlich wäre, Nachts um zwei eine Matratze zu holen und frisch zu beziehen, weshalb ich beim Anblick von Jakes Bett mir am liebsten eine geschlagen hätte.

Du bist wirklich bescheuert.

Nun liege ich neben ihm, dem Jungen, in den ich mich verliebt habe, und fühle, wie mein Puls rast.

Fein gemacht.

Ich drehe meinen Kopf etwas zur Seite, doch Jake schläft mit dem Rücken zu mir.

Was will er eigentlich von mir?

Es ist sogar für mich offensichtlich, dass, ergriffe ich die Initiative, er sich bestimmt nicht dagegen sträuben würde.

Das muss er doch wissen.

Aber warum tut er das? Weshalb ist er so sicher und beinahe aufdringlich?

Habe ich ein Schild um, auf dem steht: "Jung & willig"?!

Ich sehe an mir herab, als ob ich tatsächlich eine Aufschrift erwarten würde, doch überraschenderweise kann ich nichts erkennen.

Und was will ich?

Ich sehe an die Decke.

17 Jahre jung, Single und Jungfrau.

Ich will alles.
 

Die Hälfte der Sommerferien ist bereits um.

Ich muss noch meine neue Schule besuchen und die Unterlagen durchsehen.

Ausserdem läuft die Gültigkeit meiner Identitätskarte bald ab und ich brauche neue Photos.

Seufzend sehe ich von meinem Buch auf.

Ich sitze auf meinem Bett, trage noch immer meinen Pyjama, höre Musik und lese.

Geduscht habe ich auch noch nicht.

Ich sehe auf meinen Wecker: Bald 17°° Uhr.

In zwei Stunden muss ich bei Jake sein. Seine Familie ist weg und er hat mich eingeladen.

Ich lege das Buch zur Seite, schalte meinen mp3-Player aus und stehe auf.

Gähnend beginne ich, mich fertigzumachen.
 

Eine Katze rennt an mir vorbei, als ich in der Nähe von Jakes Haus eine Strasse einschlage. Das Glöcklein an ihrem Hals scheppert mit jedem ihrer Schritte.

Ich gehe weiter und drücke auf die Klingel.

Etwas nervös spiele ich mit meinen Fingern. Ich dachte, meine plötzlichen Gefühle würden sich etwas legen, wenn das Unbekannte zurückgegangen ist, doch dem war nicht so.

Im Gegenteil: Zu meinen Tagträumen gesellten sich schlaflose Nächte und wenn ich doch einmal Ruhe finde, wache ich schlagartig auf, mit einem Druck im Unterleib, der mich beinahe um den Verstand bringt.

Beschämt lasse ich den Kopf sinken.

"Baby!" Jake öffnet strahlend die Tür und zieht mich in eine Umarmung.

Das bin ich mich noch immer nicht gewöhnt.

"Komm' rein!"

Mittlerweile kenne ich sein Haus, so ziehe ich meine Schuhe aus, während er schon vorgeht.

Aus der Küche dringt ein süsslicher Duft und als ich auf die Terrasse trete, erwarten mich verschiedenste asiatische Gerichte.

Jake steht hinter mich.

"Es gibt Frühlingsrollen, Reis, Suppe, Teigtaschen und Gemüse. Bitte, setz dich."

Er stupst mich mit seinem Kinn leicht an und ich lasse mich auf einen Stuhl fallen.

Es riecht herrlich.

Er arbeitet in einem Restaurant, wo er sich manchmal die Speisen abguckt und zu Hause selbst ausprobiert. Das hat er mir erzählt, als ich ihn einmal, völlig hingerissen von seinen Kochkünsten, fragte, wo er das gelernt habe.
 

Ich stehe an den Türrahmen gelehnt und sehe zu, wie sich Jake gerade die Hände trocknet. Er hat abgewaschen.

Verträumt beobachte ich ihn. Er trägt schwarze, enggeschnittene Jeans und ein ebenfalls schwarzes Shirt, das zur Hälfte seinen Bauch freigibt. Seine roten Haare heben sich von seiner Kleidung ab und umspielen sanft seinen Körper.

"So... Fertig..."

Er streckt sich und kommt auf mich zu: "Gehen wir hoch oder willst du wieder auf die Terrasse?"

Er will an mir vorbeigehen, doch ich rühre mich nicht von der Stelle, noch antworte ich ihm.

Jake blickt mich irritiert an.

Was mache ich hier eigentlich?

Vorsichtig hebe ich meine Hand, möchte ihn berühren, doch ich zögere.

Dann beuge ich mich leicht vor und ohne dass weitere Zweifel aufkommen können, lege ich meine Lippen auf seine.

Sie sind so weich, wie ich sie mir immer vorgestellt habe.

Ich löse mich von ihm, nur um ihn kurz darauf wieder zu küssen.

Und er erwidert es.

Seine Lippen schmecken ein wenig nach Sojasauce.

Ich lege meine Hand, die ich noch immer in der Luft gehalten habe, an seine Wange.

Langsam zieht er mich an sich und fährt mit seinen Händen an meinen Seiten nach unten, um auf den Hüftknochen zu verweilen.

Er öffnet seinen Mund und berührt mit der Zunge meine Lippen.

Ein Kribbeln durchzieht meinen ganzen Körper.

Ich habe das Gefühl, meine Beine geben nach und so lasse ich mich in Jakes Arme fallen.

Er löst den Kuss und tritt einen Schritt zurück. Dann greift er plötzlich nach einer Gürtelschlaufe meiner Jeans und deutet mir an, ihm zu folgen.

Ich stolpere beinahe über die Treppenstufen.

Er stösst die Tür zu seinem Zimmer auf und wirft sie hinter sich wieder ins Schloss.

Das laute Knallen lässt mich leicht aufschrecken.

Jake hält meine Taille und drückt mich an sich.

Er küsst mich erneut, inniger als zuvor.

Ich lege die Hände an seine Schultern.

Vorsichtig schiebt er ein Bein zwischen meine eigenen und weist mir so, rückwärts zu gehen.

Als ich gegen sein Bett stosse, öffne ich die Augen und blicke direkt in diejenigen von Jake. Eine gewisse Unsicherheit liegt in ihnen.

Seine Lippen sind feucht und die Wangen leicht gerötet.

Ich atme einmal kurz durch, ziehe mir mein Shirt über den Kopf und lasse es zu Boden fallen.

Dann beginne ich, ihm seines auszuziehen. Er rührt sich kaum, sondern sieht mich nur überrascht an.

Ich küsse ihn wieder und drücke ihn leicht auf die Matratze. Er zieht mich am Nacken näher, bis ich beinahe auf ihm liege.

Seine Hände streichen durch meine Haare, scheinen sich darin zu verfangen.

Sie wandern tiefer, über meinen Rücken, zu meinem Bauch.

Das Blut kocht in meinen Adern und verströmt eine unglaubliche Hitze.

Er gleitet in meine Hosen und lässt mich aufseufzen.

Mein Herz schlägt schneller.

Er streicht mir den Oberschenkel entlang, zwischen meine Beine.

Ich halte inne.

Jake erhebt sich und legt mich in die Kissen.

Seine Haare tanzen auf meinem nackten Körper und saugen die einzelnen Schweissperlen auf.

Das letzte, was ich wahrnehme, ist das kleine Windspiel vor dem Fenster, das sich im Wind bewegt, während ich mit Jake schlafe.
 

Kapitel 4 - Ende

Kapitel 5

U-Bahn-Station
 

Kapitel 5
 

Ich schliesse die Haustür auf und stelle meine Tasche ab.

"Micha?"

Schwerfällig lasse ich mich auf den Boden fallen und ziehe mir die Schuhe aus.

Mich an der Türklinke hochziehend erhebe ich mich wieder und gehe in die Küche, wo Mutter am Tisch sitzt und einen Tee trinkt.

"Hallo."

Ich setzt mich, nachdem ich eine Tasse aus dem Schrank geholt habe und schenke mir ein.

"Du kommst spät."

"Es ist drei Uhr. Ich sagte doch, dass ich wegbleibe."

Ich werde unruhig.

"Sagtest du. Aber sonst nichts. Wo warst du denn?"

Der aufgesetzt liebliche Tonfall in ihrer Stimme provoziert mich und das weiss sie.

Ich versuche gelassen zu bleiben: "Bei einem Freund."

Mit dem Finger teste ich, ob der Tee schon genug abgekühlt ist, um ihn zu trinken, doch er ist noch zu heiss. Ich lecke den Tropfen an meiner Hand ab und fahre mir durch die Haare.

Gerade, als ich etwas sagen will, klingelt das Telephon und Mutter geht in das Wohnzimmer.

So schlurfe ich mit der Tasse in der Hand und der Tasche über die Schulter geworfen die Treppen hoch.

Brave Freundin, die sie angerufen hat.

Sie rettet mich vor einer Mutter-Sohn-Unterhaltung und ich stehe nicht einmal als der unfreundliche Junge da.

Als ich mein Zimmer betrete, schliesse ich die Tür ab, stelle den Tee auf das Nachttischchen und lege mich auf den Holzboden.

Ich habe mit Jake geschlafen.

Jake hat mit mir geschlafen.

Wir haben zusammen geschlafen.

Jede Version hört sich irgendwie verrückt an.

Ist es das, was ich wollte?

Ich ziehe an einer Haarsträhne und lasse sie auf mein Gesicht fallen. Sie riecht nach Jakes Pfirsichshampoo. Süss.

An der Decke krabbelt eine Spinne.
 

Das schäumende Spülwasser fliesst in den Abfluss, der es mit einem grollenden Geräusch zu verschlucken scheint.

Ich wische mit dem Schwamm über die Ablage, lege ihn zurück an seinen Platz und trockne mir die Hände an meinen Hosen ab.

Eilig verlasse ich die Küche, lösche das Licht hinter mir und gehe ins Badezimmer im obersten Stock, das eigentlich nur ich benutze.

Aus dem Spiegelschrank nehme ich ein Fläschchen schwarzen Nagellack, danach setze ich mich in meinem Zimmer an den Tisch.

Ich ziehe die Beine an und stecke mir eine Klammer in die Haare, damit sie mir nicht ins Gesicht fallen können. Dann beginne ich, mir die Nägel zu lackieren.

Der penetrante Duft steigt mir in die Nase und ich muss niesen.

Ich schliesse die Flasche wieder und puste auf meine Hände, damit die Farbe schneller trocknet.

Es klopft.

"Micha!" Mein Stiefvater.

"Ja?" Überrascht stehe ich auf.

Er öffnet die Tür und sieht mich etwas skeptisch an: "Telephon für dich."

Ich nehme ihm das Gerät ab und er verschwindet wieder nach unten.

"Hallo?"

Gespannt warte ich auf eine Antwort. Ich weiss nicht, wann ich das letzte Mal zu Hause angerufen wurde, und wenn, dann von der Schule oder an meinem Geburtstag.

"Baby!"

"Jake...?!"

Mein Herzschlag wird schneller.

"Was machst du?"

"Nichts besonderes... Weshalb rufst du an?"

Ich drehe mich auf dem Bürostuhl um die eigene Achse, und als ich in den Spiegel blicke, fällt mir auf, dass ich noch immer die kitschige, rosa Klammer im Haar trage.

"Um zu hören, wie es dir geht..."

Ich stelle mir vor, wie er lächelt.

"Ich muss morgen wieder arbeiten. Kommst du zum Mittagessen? Da habe ich eine Stunde frei."

"Ja, gerne. Wann soll ich kommen?"

"Um eins."

Etwas nervös ziehe ich an meinem T-Shirt.

"Gut."

"Also... Schlaf schön, mein Süsser..."

"Danke. Du auch."

"Bye."

Dann das unerträgliche Tuten.

Ich ziehe den Plastikschmuck aus dem Haar und gehe aus dem Zimmer, um das Telephon zurück nach unten zu bringen.

Meine Mutter und ihr Mann schauen fern.

Seufzend lasse ich mich auf die Couch neben ihnen fallen.

"War er das?"

"Wer?"

"War das der Freund, bei dem du übernachtet hast?"

Ich winkle die Beine an, um bequemer sitzen zu können.

"Ja."

"Wie lange kennst du ihn schon? Ist er von hier?"

Oha, woher das plötzliche Interesse?

"Seit ich hier bin und ja, ist er."

"Was macht ihr denn zusammen?"

Ich lasse den Kugelschreiber fallen, den ich vom Tisch genommen habe, um damit herumzuspielen und starre meine Mutter an.

Bitte?

"Die Sache ist die...", wirft nun mein Stiefvater ein und lehnt sich etwas nach vorn, "deine Mutter und ich haben uns gefragt, ob du... Nun ja... Ob du vielleicht ,anders' bist..."

Also doch. Ich wusste, ihre Aufmerksamkeit hatte einen Haken.

"Bitte?"

Soll ich jetzt lachen oder weinen?

"Fühl dich nicht angegriffen. Aber du bist schon sehr feminin. Und deine Kleidung ist auch

ziemlich... weiblich. Du lackierst dir die Nägel, schminkst dich ab und zu, trägst pinke Haarklammern und plötzlich ruft ein Junge an. Da musst du doch verstehen, dass wir uns Gedanken machen."

Blitzmerker.

"Micha, ist es so?"

In einer anderen Situation hätte ich mir einen Kommentar über die übertrieben betonten Worte nicht verkneifen können, aber ich bin einfach zu überrascht.

Ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll.

Die Wahrheit oder irgendeine ironische Bemerkung?

"Wie soll es sein?"

Ich will es erst hören. Aus ihrem Mund.

"Bist du... schwul?" Sie ist leiser geworden.

"Ja."

Vielleicht war es der mütterliche Ausdruck in ihren Augen, oder meine Müdigkeit darüber, ein Spiel zu erfinden, doch ich wollte nicht lügen.

Einen Augenblick herrscht Stille zwischen uns. Nur aus dem Fernseher erklingen Stimmen.

Ein Mädchen rennt durch die Strassen. Es scheint jemanden zu suchen. Verfolgt von dem Blick eines gutaussehenden Mannes, der aus dem Fenster grinst.

Dann schaltet meine Mutter das Gerät aus.

"Und ist dieser Junge dein Freund? Dein fester Freund?"

Ich nicke. So bewusst war mir das noch gar nie.

Er ist wirklich mein Freund. Ich bin mit ihm zusammen.

"Wie alt ist er und wie heisst er denn?"

"Jake... Er ist 21."

Meine Schwester kommt nach Hause. Ich höre sie mit den Schlüsseln klappern und ihre Schuhe hinstellen. Kurz darauf betritt sie das Wohnzimmer.

"Bring ihn mal zum Essen mit."

Ich lächle, nicke erneut und gehe an dem 4. Familienmitglied vorbei.
 

Schwere Regentropfen prasseln auf die Scheibe des Dachfensters über mir.

Die Nacht ist hereingebrochen und ich liege im Bett. Die Decke bis zum Bauch gezogen, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und mit meinen Gedanken bei dem Tag zuvor, beobachte ich den Regen, der in breiten Bächen hinabläuft.

Jakes Lippen, die meine Haut küssten und feuchte Spuren auf meinem Körper hinterliessen.

Seine Haare auf mir.

Mit den Händen berührte er mich beinahe überall.

Zärtlich, sanft und doch begierig.

Ich schlucke.

Alleine schon die Erinnerung daran lässt in mir den Wunsch nach mehr heranwachsen.

Ich erhebe mich etwas und ändere meine Position. Zögernd streiche ich mit einer Hand meinen Körper hinab. Mein Atem wird schneller und ich beisse mir auf die Unterlippe.

Durch die beinahe geschlossenen Lider erkenne ich verschwommen den Mond am Himmel. Es hat aufgehört zu regnen.

Ein unterdrückten Stöhnen, dann sinke ich auf die Matratze zurück. Meine Haare kleben an der Stirn. Ich betrachte meine Handinnenflächen, bewege die Finger. Der Lack erscheint noch dunkler.

Ruckartig stehe ich auf und gehe ins Badezimmer, wo ich mir die Hände mit Seife wasche. Das kalte Wasser fliesst bis zu meinen Armen, bevor es plätschernd in das Becken fällt.

Langsam hebe ich den Kopf und siehe vor mich.

Bin ich das, der mir aus dem Spiegel entgegenblickt?
 

Kapitel 5 - Ende

Kapitel 6

U-Bahn-Station
 

vielen lieben dank, für die kommentare. ._.

ich freue mich riesig darüber.
 

katsu
 

Kapitel 6
 

Es ist kühler als sonst. Der Himmel ist verdeckt von dicken Wolken, die kaum Sonnenstrahlen durchscheinen lassen. Ich wechsle die Strassenseite, um doch etwas Wärme erhaschen zu können, und eile weiter. Es ist bestimmt schon eins Uhr durch, doch ich bin gleicht dort. Ich renne über einen Fussgängerstreifen, da die Ampel gerade auf Rot gesprungen ist, und laufe in diesem Tempo über einen kleinen Platz, der etwas versteckt zwischen Bäumen und Häusern liegt, sodass man ihn von der Strasse aus beinahe nicht erkennen kann. Nach einigen Metern erreiche ich das Restaurant, in dem Jake arbeitet.

Ich atme einmal tief durch, bevor ich die mit Zetteln und Schildern beklebte Glastür öffne und eintrete.

Der Geruch nach Essen schlägt mir entgegen und ich merke langsam, dass ich hungrig bin. Ich sehe mich um und entdecke sogleich Jake, der sich gerade die Schürze auszieht und sie an einen Haken hängt. Elegant wirft er seine Haare zurück, die ihm anmutig über den Rücken fallen.

"Jake!"

Er dreht sich um und lächelt mir entgegen: "Micha..."

Schüchtern trete ich näher zu ihm und streiche mir eine schwarze Strähne hinter die Ohren.

Mit einem Mal werde ich an meinem Shirt in einen Raum gezogen, zu dem nur das Personal Zutritt hat. Beinahe tollpatschig stolpere ich über die Türschwelle, doch Jake hält mich im selben Augenblick fest und drängt mich bestimmt, aber dennoch vorsichtig an die eine Wand.

Er küsst mich fordernd, öffnet meinen Mund und beginnt, mit meiner Zunge zu spielen. Ich bin völlig überrumpelt, sodass ich etwas Zeit brauche, um mich zu fassen. Zögernd lege ich meine Arme um seinen schlanken Körper und lasse mich gehen.

Seine Berührungen sind so angenehm.

"Hi, Jake..."

Erschrocken reisse ich die Augen auf und kann gerade noch einen jungen Mann erkennen, der mit einem Stapel Handtücher zur Theke schlendert.

Zu allem Überfluss hat Jake auch noch zurückgewinkt.

Als er sich mir wieder zuwendet, sieht er mich überrascht an, bevor sich ein Lächeln auf seine Lippen schleicht: "Ach, das macht doch nichts..."

Er hebt die Hände und streicht mir über die Wangen. Sie sind bestimmt gerötet.

Langsam nähert er sich meinem Gesicht und küsst mich erneut. Ganz sanft und beinahe schüchtern. Seine Lippen streifen meine Mundwinkel, mein Kinn, meinen Hals.

Ich sinke zurück gegen die Wand und schliesse die Augen.

Jake wandert zu meinem Schlüsselbein, verweilt dort einige Sekunden und knabbert danach leicht an meiner Haut. Er saugt daran und hinterlässt eine feuchte Spur.

Mir entweicht ein Seufzen.

"Bitte... Wir sind nicht... alleine..."

Zögernd lässt er von mir ab, küsst mich noch ein letztes Mal und streicht mir flüchtig durch die Haare.

"Gut, Baby... Gehen wir etwas essen."
 

Wir sitzen auf der Terrasse eines kleinen Restaurants. Von hier aus hat man eine wunderschöne Aussicht über die Altstadt.

Die Bäume neigen sich leicht im kühlen Wind, und die Strassen sind bis auf ein paar wenige Fussgänger wie leergefegt.

Ich habe mir gegrilltes Gemüse und Nudeln bestellt, die herrlich duftend vor mir auf dem Tisch stehen. Jake wickelt gerade Spaghetti auf seine Gabel und pickt mit der freien Hand eine Piniekerne aus dem Teller.

Er schiebt sie sich in den Mund und lächelt mir zu.

"Meine Eltern möchten, dass du einmal zu uns kommst."

"Du hast ihnen von uns erzählt?"

Er weiss um unser Verhältnis. Wir haben einmal darüber gesprochen, doch nach kurzer Zeit wechselten wir auf meinen Wunsch hin das Thema.

Ich schüttle den Kopf: "Sie haben gefragt, nachdem du angerufen hast."

Er nickt und sieht mich etwas besorgt an.

"Und? Kommst du?"

"Willst du das...?"

"Ja..."

Ich möchte ihn wirklich zu Hause vorstellen, vielleicht ist das ein Schritt zur Besserung.

"Ich komme gerne. Wann?"

"Sonntag?"

"Sonntag."

Etwas unsicher greife ich nach meinem Glas und nehme einen Schluck Wein. Ich mag ihn nicht. Alleine schon der Geruch nach Alkohol steigt mir in den Kopf.

Doch ich versuche es, mir nicht anmerken zu lassen. Jake hat ihn bestellt.

"Deine Fingernägel sind hübsch."

Ich blicke den Jungen vor mir an, dann sehe ich auf meine Hände.

"Danke..."

Die hellblaue Serviette hebt sich ein wenig über den Tellerrand, als ein kühler Luftzug an uns vorbeiweht.

Jakes Hand ruht auf dem Tisch.

Ein schmaler, silberner Ring ziert einen seiner Finger.

Hatte er ihn vorgestern an?
 

Rosa Erdbeereis tropft neben mich auf den Boden. Ich drehe die Waffel etwas und lecke von der pinkfarbenen, süssen Flüssigkeit ab.

Ich war in der Schule, um mit dem Direktor zu sprechen.

Er was sehr freundlich und nach dem Gespräch führte mich seine Sekretärin im Hauptgebäude herum.

Bald werde ich dort das neue Semester anfangen.

Es ist alles so anders als noch vor den Ferien.

Ein Neuanfang.

Ich könnte eine Arbeit suchen, um neben der Schule ein wenig Geld zu verdienen. Dann werde ich ausziehen.

Ich beisse etwas von meinem Eis ab und lasse es zergehen.

Am Sonntag kommt Jake zu mir.

Das macht mich nervös.

Es wird ihm vorkommen, als ob meine Aussagen über meinen Stiefvater und meine Familie komplett übertrieben waren. Ich kenne ihre schauspielerischen Fähigkeiten. Sie sind immer nett und freundlich, wenn sie mit anderen Menschen sprechen.

Ich habe schon lange aufgehört, dagegen etwas zu sagen. Es kam immer nur ein verständnisloser Blick, ein Kopfschütteln und ein Satz wie: "Was hast du nur? Du kannst doch zufrieden sein."

Ich bin mir sicher, sie werden es auch bei Jake so machen. Und wahrscheinlich wird er darauf reinfallen.

Vielleicht habe ich eine Ausstrahlung, die zeigt, ich wäre einfach nur überempfindlich und schon beinahe zickig.

Seufzend lasse ich meinen Kopf sinken.

Wir werden sehen.

Ich zerknülle mein vom Eis verklebtes Taschentuch und erhebe mich. Langsam schlendere ich zum nächsten Mülleimer, werfe es hinein und lasse mich sogleich wieder auf den Boden neben der Kirche fallen.

Über mir rascheln die Blätter der beiden Baumkronen.
 

Sie werfen vielfältige Schatten auf alles unter ihnen.

Ich lege mich in das Kies und schliesse die Augen. Ein kühler Wind weht über mich hinweg und ich atme die frische Luft tief ein.

Diese Stadt riecht so anders als die, aus der ich gekommen bin.

Angenehm und so leicht.
 

Ein Auto hält laut quietschend neben mir, bevor kurz darauf eine Tür zugeschlagen wird.

Ich hebe den Kopf und blicke unter meinen Haaren hervor.

Mein Rücken schmerzt. Wo bin ich überhaupt? Langsam sehe ich mich um und blinzle. Ich liege noch immer vor der Kirche.

Einzelne Steinchen kleben an meiner Haut und haben kleine Dellen darin hinterlassen.

Murrend erhebe ich mich, fahre mir durch die Haare und klopfe meine Klamotten ab.

Es wird Zeit, dass ich nach Hause komme.

Gähnend strecke ich mich und schlendere los.

Ob Jake heute Abend anruft?
 

Ende - Kapitel 6
 

[Danke fürs Lesen... Ich finde diesen Teil so grausam... Und ich brauchte Ewigkeiten für... T.T]

Kapitel 7

vielen lieben dank für die kommentare. .___. ich fühle mich so geehrt.

ich habe diesen teil vor ewigkeiten geschrieben. drum weiss ich gar nicht recht, ob ich ihn mag, oder nicht... oO aber ich richte mich auch gerne nach meinungen und verbesserungsvorschlägen...
 

katsu
 


 

U-Bahn-Station
 

Kapitel 7
 

Sonntag. Jake kommt zu Besuch.

Ich stehe im Badezimmer und kämme mir das Haar. Einzelne Strähnen fallen über meine Stirn und ich puste sie wieder aus dem Gesicht.

Dann nehme ich einen schwarzen Kajal und beginne, meine schmalen Augen zu umranden. Ich bin wieder einmal zu spät dran.

Gerade als ich mit einem kleinen Pinsel etwas Gloss auf meine Lippen auftrage, klingelt es an der Haustür. Ich kontrolliere mich kurz im Spiegel und eile nach unten.

Meine Mutter hat Jake schon hereingelassen.

Mitten auf der Treppe bleibe ich stehen, halte mich mit einer Hand am Geländer fest und beobachte die Szene.

Sie reichen sich die Hände.

„Guten Abend. Schön, Sie endlich kennen zu lernen. Ich bin Emilia.“

„Gleichfalls. Und vielen Dank für die Einladung.“

Diese Förmlichkeiten erschrecken mich beinahe.

Ich habe sie beide kaum schon einmal so gesehen.

Langsam gehe ich weiter hinunter und schlucke den Kloss, der sich gerade in meinem Hals gebildet hat, hinunter: „Jake!“ Er dreht sich um und lächelt dieses wundervolle Lächeln. Meine Gedanken verflüchtigen sich. Zumindest für einen kurzen Moment. Ich lasse mich in seine Arme fallen, als er sie nach mir ausstreckt und lege meinen Kopf auf seine Schulter.

Es ist seltsam, das vor meiner Mutter zu tun.

Ich spüre ihren Blick auf meinem Rücken und ich kann ihn mir nicht im Geringsten vorstellen.

Jake jedoch schiebt mich nur etwas von sich, sieht mich an und küsst mich kurz darauf sanft auf den geschminkten Mund.

Ich verkrampfe mich, doch ich versuche, dieses Gefühl so schnell wie möglich wieder von mir zu schieben und nehme die Hand meines Freundes.

Meine Mutter hat sich bereits umgedreht und geht gerade in die Küche.

Ich versuche zu lächeln und es gelingt mir.

„Zeigst du mir dein Zimmer?“

Zögernd nicke ich und wir steigen zusammen die Treppen hoch. Unsere Hände sind noch immer ineinander verschlungen. Ich weiss, was er denkt und er bestätigt es mir sogleich, als er es ausspricht:

„Sie ist nett.“

Ich schlucke und ignoriere den Kommentar. Glücklicherweise sind wir gerade bei meiner Zimmertür angekommen, die ich leicht anstosse und vor Jake den Raum betrete: „Komm rein…“

Er sieht sich um und dreht sich einmal im Kreis: „Wow… Das ist ja riesig…“

Ich schlinge von hinten meine Arme um seinen Bauch und drücke mich an ihn. Er lächelt, stösst mich etwas weg und hebt mich hoch: „Mir ist nie aufgefallen, wie leicht du bist…“ Ein Rotschimmer scheint sich auf meine Wangen zu legen, denn er sieht mich amüsiert an.

„Micha…“

„Hm…?“

„Ich liebe dich…“

Mein Atem versagt und ich habe das Gefühl, mein Herz setze für einen Moment aus. Ich beuge mich zu Jake hinunter und hauche ihm einen Kuss auf die Lippen. Er stellt mich wieder auf den Boden, ohne sich von mir zu lösen. Seine Arme ziehen mich noch näher an ihn. Ich kann fühlen, wie seine Brust sich hebt und senkt. Langsam gleitet seine Zunge in meinen Mund und entlockt mir ein Seufzen. Ich lehne mich gegen seinen Oberkörper, während wir unseren Kuss vertiefen.

Jake fährt mir durch die Haare und legt seine Hand in meinen Nacken. Die sanfte Beführung jagt mir eine Gänsehaut über den Körper.

„Jake…“ Ich drücke mich etwas von ihm.

„Hn…?“

„Woher… Hast du den Ring eigentlich?“

Abrupt unterbricht er den Kuss und sieht mich fragend an. Skeptisch hebt er eine Augenbraue und lächelt. Etwas Verträumtes legt sich auf sein Gesicht: „Ich hatte ihn verloren… Als du am Tag nach unserer gemeinsamen Nacht nach Hause gegangen bist, da habe ich ihn wiedergefunden. Er lag einfach so auf dem Boden. Da habe ich ihn angezogen. Er soll mich immer an dich erinnern.“

Dann scheint alles still zu werden. Ich weiss nicht, was ich erwidern soll.

„Nun wein doch nicht…“

Jake streicht über meine Wange.

Ich habe nicht bemerkt, wie sich einige Tränen aus meinen Augen stahlen. Er beugt sich vor und küsst mich auf die Nasenspitze: „Dein Make-up verläuft noch…“ Ich muss leicht lachen. Sanft zieht er mich in eine Umarmung und wiegt mich hin und her.

„Komm, gehen wir essen.“ Er legt einen Arm um meine Taille und wir verlassen das Zimmer.
 

Meine Familie mag Jake. Und er scheint sie zu mögen.

Wir sitzen noch immer am Tisch, trinken Kaffee und essen Kuchen. Mein Stiefvater unterhält sich gerade mit meinem Freund, doch ich bin mit meinen Gedanken vor einiger Zeit abgedriftet.

Schwesterchen ist ausgegangen.

Wenn ich mir überhaupt eine Vorstellung dieses Abends gemacht habe, dann hat sie mit Sicherheit etwa so ausgesehen wie die Realität jetzt. Ein Moment, der sich so schnell nicht wiederholen wird.

Ich beginne eine Serviette zu falten. In der Grundschule habe ich gelernt, wie man eine Tischdekoration für Muttertag basteln kann. Das habe ich nie mehr vergessen.

Die Servietten, die ich damals benutzte, waren orange. Sie passten zu den Blumen auf dem Tisch. Mutter hatte mir über den Kopf gestrichen, bevor sie, ohne mein Geschenk überhaupt wahrgenommen zu haben, aus der Tür stürmte. Die Spaghetti, die Sauce, Blumen und Dekoration landeten im Mülleimer.

Glücklicherweise hat sich mein ökologisches Bewusstsein in der Zwischenzeit geändert.

Vielleicht konnte sich jemand anderes an meiner kindlichen Hoffnung erfreuen.
 

Scheppernd tragen meine Eltern das Geschirr in die Küche. Sie lassen uns alleine.

Wir stehen auf und schieben die Stühle an den Tisch zurück. Jake folgt mir aus dem Esszimmer und wir steigen zusammen die Treppen hoch. Hinter mir schliesse ich die Zimmertür ab und lehne mich dagegen. Grinsend dreht er sich zu mir um. Ich kann sein Gesicht nicht erkennen. Es ist schon zu dunkel im Raum. Langsam kommt er auf mich zu, bis ich seinen Atem an meinem Hals spüren kann und sein Oberkörper meinen berührt. Mit den Händen fährt er unter mein Shirt und zieht mich noch näher an sich. Er küsst mich, während er mit geschickten Bewegungen meine Hosen öffnet. Mit einem Ruck nimmt er mich auf die Arme und trägt mich zum Bett. Bevor er mich hinlegt, zieht er mir die restlichen Kleidungsstücke aus und legt mich nackt auf die dunkle Matratze.

Ich beobachte, wie die Stoffe von seinem schlanken Körper gleiten und zu Boden schweben. Seine Haare scheinen ihm schwachen Licht der Strasse zu leuchten. Er kniet sich neben mich und beginnt, meine Haut mit Küssen zu überdecken.

Meine Hände krallen sich in das Laken. Jakes Berührungen werden intensiver und inniger. Einzig mein schneller Atem ist in der Stille zu hören.

Dann erlöschen die Strassenlaternen.
 

Ende – Kapitel 7



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  snowwhitedoll
2008-04-09T19:23:06+00:00 09.04.2008 21:23
Es ist so toll mit was für einer Selbstverständlichkeit sich die Beziehung der Beiden entwikelt!!!
Super!
Und der letzte Satz ist der Hammer!
Genial!

lg
Von: abgemeldet
2007-05-12T14:12:59+00:00 12.05.2007 16:12
huhu,

wahnsinnig gute Story + Schreibstil. ^^
Bitte schreibe weiter! xD

Mfg Nami *ab in meine Favo damit*
Von: abgemeldet
2006-06-10T11:07:58+00:00 10.06.2006 13:07
schön! ;_______;
du hast so eine schöne... mmh, wie soll ich sagen... ich bin ganz schlecht, wenn es drum geht sowas zu beschreiben.... sry.. TT_____TT
jedenfalls, ich finde die geschichte toll! schreibst du weiter? *-*
Von: abgemeldet
2005-12-04T11:19:06+00:00 04.12.2005 12:19
schreib sofort weiter =__=
*dir tastatur in hand drück*
SOFORT
ich mags, ich mags, ich mags
und ich will weiter lesen
Von: abgemeldet
2005-08-29T22:23:46+00:00 30.08.2005 00:23
*das erst jetzt gelesen hat* o.o wow. ..
ich mag deinen schreibstil. er ist ..so.. fesselnd, anders und noch einiges. man bekommt direkt eine sucht nach mehr^^
also hoff ich doch, dass es bald weitergeht!
mach weiter so..

lG
diss
Von: abgemeldet
2005-08-20T22:12:28+00:00 21.08.2005 00:12
ich find d fic mega cool! aber das weisch du ja ^.~


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