See with your heart von Melora ================================================================================ Prolog: Mysterious plans ------------------------ Wahahahaaa XDD Melo was dreaming, right? XD Very interesting dream, I Think XD And now, here is the first Chapter ^^' Wie üblich bei mir ist es etwas verwirrend geschrieben und Durchblick bekommt man erst am Ende, finde ich >DDD *an einer netten Stelle auf gehört hat* Ich denke, es werden 5 Kapitel, mal sehen ^^' Jedenfalls nichts arg langes XDDDDDDDDDDDDD~ So, jetzt dürft ihr anfangen XDDDDD *haut mal ab* XP Es goss wie aus Kübeln. In seinem Versteck war es eiskalt, denn der Winter war im Anmarsch. Ende des Jahres war es viel wärmer als sonst gewesen, jetzt im Januar kam der Winter erst so richtig zur Geltung. Während der Regen wie mehrere Eimer Wasser zugleich vom Himmel kam, mischte sich Schnee darunter, während ein Wind geradezu pfiff. Zu allem Überfluss zuckten ab und an Blitze am Himmel. Die Kleidung des Jungen war durchnässt und Blutgestank hatte sich mit Wasser vermischt. Einige seiner Kugeln hatten ihn voll erwischt, das Blut kam unter seinen Händen hervor, saugte sich in den Pullover. Im nächsten Moment schien die Sonne aufzugehen, obwohl das Unwetter blieb. "Hey, hey, my dear Gin, what are you're doing? Hunting little sweet children as well as dirty rats?" Ein gehässiges Lachen war zu hören, das von der Frau kam, wenig später ein Klacken, das von einer Waffe ausging - eine Baretta, ihre Waffe. Der Junge lugte zwischen Mülltonnen hindurch, sie schien heute auf Verkleidung verzichtet zu haben, so schien es ihm zumindest, doch aus Erfahrung wusste er, das Auge konnte sich täuschen. "Hör auf Englisch zu reden, Belmot, das geht mir, verdammt noch mal, auf den Zeiger!" "Dann hör du auf, meinen Namen zu verfälschen, Arschgesicht!" "Wie zum Henker hast du mich eben genannt, du Miststück?!" Das hatte sie noch nie gewagt. Klar, sie nahm sich viel raus, aber so viel? Hatte die schon wieder gesoffen? "Hey, Darling, mach nicht so ein Gesicht", der Mann in Schwarz und den langen blonden Haaren, ging auf die blonde Frau zu, die noch immer mürrisch und fast verhasst schaute. "Komm mir ja nicht zu nahe!" Ihre Waffe war nun geladen und zeigte auf sein Herz. "What do you think, what I'm doing now? Would you advise, please!" Wollte die jetzt allen ernstes Ratespielchen veranstalten? Das Dumme war, dass er nicht so ganz verstand, was sie ihm da sagte. Englisch war nie seine Sprache gewesen, weswegen ihre Konversationen meist auf Japanisch abliefen. "Hör jetzt auf mit diesen albernen Scherzen, Belmot..." Der Abzug wurde betätigt und ihn traf eine Kugel mitten in die Brust, aufgrund dessen spuckte Gin Blut und hielt sich die Hand an die Stelle, bevor er mit links seine Waffe zog, um diesem Weib Manieren beizubringen. "Ich kann es nicht leiden, wenn du mich Belmot nennst!" Deswegen schoss sie ihn halb tot? Die Frau war echt böse, in seinen Augen zumindest. "Kein Grund so auszuflippen! Du wärst schon mehrmals tot, wenn ich dich anschieße, weil du Englisch sprichst..." "You think, you can handle this? Sorry, such an idiot like you could never kill me, don't forget!" Das war alles, was man ihm noch sagte, was seine Augen verhasst zu Schlitzen verzog. Gin hatte genau verstanden, was sie da sagte, sie hatte ihn Idiot genannt, das würde sie jetzt aber bereuen." Gin war dabei abzudrücken, als sie dasselbe tat, diesmal aber mit tödlichem Ausgang. Wie eine Statue stand der hochgewachsene Mann da, seinen Mund schockiert geöffnet und atemlos. "Evil Woman..." Er verdrehte die Augen und klappte vor ihr zusammen. "Armer Gin, du hast mir ja nicht zugehört. Ich sagte, du würdest es nie schaffen, mich umzubringen, das macht dich zum Narren..." Sie grinste gehässig, fuhr sich durch die Haare und drehte sich dann um. "Come on, come out, Cool Guy!" rief sie dem Jungen zu, der sich die ganze Zeit über vor Gin versteckt hatte, als er nicht tat, was sie wollte, ging sie auf die Mülltonnen zu und schaute wenig später mit einem netten Lächeln zu ihm. "Gin wird dich nie mehr jagen, das kann ich dir hundertprozentig versprechen." Aufgrund ihrer Worte fühlte er sich, als hätte man eine riesige Last von seinen Schultern genommen, weshalb er nach vorne in ihre Arme stürzte und zu heulen begann, was man so gar nicht an ihm kannte. "Hey, hey, everything's alright now." Er schluchzte in ihre Jacke, war wohl im Moment wirklich ein kleiner Junge, der Angst hatte. Während seiner regelrechten Heularie, verzog sie keine Miene, saß einfach da, bis er verheult zu ihr aufschaute. "Man, jetzt flenne ich hier einer Killerin was vor, ich bin ja echt erbärmlich." "Lass uns abhauen, es ist kalt und du brauchst jemanden, der dich verarztet." Wer sie kannte, wusste, dass sie nichts ohne Grund tat, so auch diesmal nicht. Die blonde Frau, deren hellblaue Augen heute recht matt zu sein schienen, drehte sich herum. "Los, halt dich an mir fest." Einmal mehr fragte er sich, wieso sie das überhaupt tat, schließlich waren sie Feinde. Shinichi jagte diese Organisation, zu der sie gehörte, müsste sie dann nicht eher gegen ihn arbeiten? Durch den Blutverlust schlief er auf ihrem Rücken ein, noch bevor sie ihr Auto erreicht hatten. Sie setzte ihn hinten rein und schnallte ihn an, bevor sie vorne einstieg. ,You're not as clever as your sister was...' Ein Lachen war zu hören, ein undefinierbares, keiner wusste, was wirklich in ihrem Kopf vorging. Ein Seufzen war zu hören im Raum war es ziemlich dunkel, man konnte die Hand vor den Augen derzeit nicht sehen. "Was seufzt du, Chris, stimmt was nicht?" Er lag auf ihr und blickte in ihre Augen, die man selbst im Dunklen entdecken konnte. "Vielleicht wollte ich bloß Krach machen, Sêi-chan, weil es so still war?" "Nein, nein, das war ein wehleidiges Seufzen, woran hast du gerade gedacht?" "Wer weiß?" "Ach bitte, hör auf mit der Show, ich bemerke, wenn es dir schlecht geht, also... what is it?" Noch ein Seufzen kam über ihre Lippen, er gab wohl nie auf, locker lassen gehörte nicht zu seinen Stärken. "Baileys." Wie sie diesen Namen aussprach, voller Hass und Abscheu. "Plant die was, oder hat die schon wieder etwas getan?" Seine Hand fuhr über ihren Arm bis zu ihrer Seite, sollte sie ein wenig beruhigen. "Treibt sich bei Gin rum...", antwortete seine Freundin, weswegen er angewidert das Gesicht verzog, aus dem Grund fand sie seine Worte im nächsten Moment auch irgendwie seltsam. "Was daran stört dich? Soll sie es doch mit ihm treiben, dann kommt der wenigstens nicht auf die dämliche Idee, hierher zu kommen." Er mochte nicht mal dran denken, dass die beiden mal etwas miteinander gehabt hatten - sie und so ein bekloppter Psychopath, das passte doch gar nicht zusammen. "Baka, wenn du eine Frau wärst, würdest du das verstehen, aber du bist keine und verstehst sie auch nicht..." Der todtraurige Ton in ihrer Stimme schmerzte ihn. "Mach dir keine Sorgen, mich kann die nicht reinlegen." Er fand, das war alles, was sie sorgte, doch es war schlichtweg, dass sie ihr Image versauen wollte und sie als Flittchen hinstellte, was sie eben nicht war. "Gin hat vor, einen Spitzel bei den Môris einzuquartieren. Der Mann will einfach nicht reden, der misstraut mir. Ich wüsste aber schon gerne, wen er einsetzen will." "Du hast mit Sicherheit selbst einen Spitzel hingeschickt, oder?" "Jemanden, den ich schon fast solange kenne, wie dich..." "Etwa einen Kerl?" Sêiichî sagte das nun doch sehr unbeherrscht, was ihr ein Lachen über die Lippen kommen ließ. "Ja, ein Kerl namens Torino, der ab und zu Aufträge für mich erledigt, damit ich mir die Finger nicht schmutzig machen muss", kam von ihr, so dass er genervt seufzte. "Torino... kenne ich nicht." Es gefiel ihm gar nicht, dass er den Mann nicht kannte, er wollte wissen, mit was für Gestalten sie es zu tun hatte, diese Organisation war schließlich voll von Schweinen. "What will you do, Cognac? Ihn ausspionieren, um zu erfahren, wer er wirklich ist?" "Du kennst mich zu gut..." Dass er ihn nicht kannte, war doch schon schlimm genug, am besten man kannte sie alle, um in Sicherheit zu sein. Wenn man ihre Stärken und Schwächen kannte, konnte man doch viel besser auf sie reagieren. "Was Gin angeht... der entwickelt sich allmählich zur echten Gefahr. Mir gefällt nicht, dass er es besonders auf Schnüffler und Verräter abgesehen hat. Von beidem kenne ich schließlich genug." "Wenn er nicht sofort merken würde, wenn er einen Sender bei sich trägt, hätte ich ihm einen untergejubelt. Kudô hat das mehr als einmal versucht und jedes Mal ist er dahinter gekommen. Der sollte besser aufpassen, was er tut. Irgendjemand muss ihn warnen, damit Gin nicht auch noch erfährt, wo er seinen Spion zu suchen hat. Mir wäre echt lieber, der hat nichts mit uns zu tun. Das ist alles bloß Sherrys Schuld, die soll bloß ihre Schnauze halten, sonst vergesse ich meine Vorsätze und jage ihr eine Kugel in den Kopf." "Sie weiß, dass es besser ist, den Mund zu halten, sie wird ihm nicht mehr als nötig verraten." Da war sich der junge Mann ziemlich sicher, immerhin kannte er sie, jedoch nicht alleine durch die Organisation - er hatte schlichtweg Akemi Miyano und deswegen auch Shiho gekannt. "Ich bin froh, dass du eingesehen hast, dass dieses Mädchen zu töten, der falsche Weg war." "Du bist ständig über etwas froh..." Sie lachte leise und kuschelte sich enger an ihn, schloss daraufhin zufrieden die Augen. Währenddessen war Conan in einem fremden Bett gelandet und öffnete benommen die Augen. Er sah sich in dem hübschen Zimmer um und fragte sich, wo genau er wohl war. Vielleicht in einem Hotel? Der Detektiv in ihm wollte alles wissen, deswegen auch das. Kurze Zeit später ging die Tür auf und seine Retterin trat ins Zimmer. "Dir scheint es ja schon etwas besser zu gehen, was?" "Danke noch mal, Vermouth, ohne dich wäre ich jetzt wahrscheinlich durch meine eigene Dummheit tot..." "You'd better call me Baileys..." Was hatte denn das jetzt zu bedeuten? Der Junge verstand nicht, was ihm diese Frau da mitteilen wollte. Sollte das etwa bedeuten, das war gar nicht Vermouth? Was wurde hier gespielt? War das die Antwort auf all seine Fragen? Kapitel 1: Feeling incomplete ----------------------------- *kuller* Fünf Teile habe ich versprochen, wenn die alle so lang sind, wie der hier, liest das keiner, aber so wird es sicher kommen X'D Ich mag die FF so, wie sie ist, da sie ja "fast ganz zumindest" auf einem Traum basiert. Manche Träume sind es eben wert, dass man sie verfasst. Ich habe alles ziemlich in die Länge gezogen, war keine Absicht Oo' Jedenfalls finde ich den Teil irgendwie ja traurig ._. Das soll aber auch so sein, so war's im Traum auch, zwei Leute haben da ziemlich geflennt, das musste so sein, sonst geht dem Ganzen ja das Gefühl verloren. So, ich verziehe mich dann. Deprileute bitte warten, bis es euch besser geht, es ist doch heftig, finde ich... wie die leiden ;_; *eh aus Erfahrung spricht* *zwar keine Geschwister hat, aber ihre Beste Freundin welche hatte, die gestorben sind, außerdem einen guten Freund hatte, der Selbstmord beging, von daher...* *geht platzen* Viel Spaß ^^ *Puff und weg XD* Ein lauer Wind wehte. Trotz der momentanen Umstände war es nicht kalt in Osaka, eher das Gegenteil. Während in Tokyo der Winter endlich hereinbrach, sah es hier ganz anders aus. Kazuha trug einen recht kurzen Rock und knielange Strumpfhosen, beides in dunkelgrün. "Und dann flog ich raus, weil er ja mit jemand wichtigem und begabtem, wie Miura reden musste, toll was?" Heiji wollte auf etwas Verständnis seitens Kazuha stoßen, doch diese grinste nur vor sich hin. "Miura, ja, er arbeitet gerne mit ihm zusammen, sagte Vater so. Wär' möglich, dass ich mal mit dem ausgehen soll. Mein Vater ist auch voll begeistert von ihm. Sie haben ihn in den höchsten Tönen gelobt." "Und jetzt fäll'ste mir in den Rücken?" Seine beste Freundin schlug sich jetzt auch auf die Seite dieses Detektivs, der schon eine Weile Konkurrenz für ihn war. Heiji war bei der Presse jedoch beliebter, da Kôji keine Lust auf die hatte, außerdem kannte der Jungdetektiv da einen netten Reporter, der gerne über ihn berichtete. "Was kann'en ich dafür, dass du die Wahrheit nicht verkraftest?!" fuhr Kazuha ihren besten Freund an, der sie angiftete, als hätte sie ihm etwas geklaut. So lief das immer, sie stritten wegen solcher Belanglosigkeiten, wobei Kazuha meistens Heijis Ego verletzte, was er einfach nicht ertrug. Der Gipfel aller Frechheiten war doch, dass sich dieser Miura halbwegs in Heijis Familie schlich. Vielleicht sollte der ihn in Sachen Sohn des Polizeichefs ja bald ersetzen? Und am Ende noch Kazuha kriegen, was ihn mit am meisten wütend machte... Womöglich mochte er den ja eh mehr, er zog ihn doch ständig vor. Dass Heizo Kôji einfach nur als Detektiv schätzte, darauf kam er nicht, es sah ihm eher so aus, als wolle er ihn austauschen, weil er dem, der Sohn dieses hohen Mannes zu sein, einfach nicht gewachsen war. Man erwartete ja schließlich, dass er der Beste war, dann kam da so ein Jurastudent, der Hobbydetektiv war und ließ ihn verdammt alt aussehen. Kudô war leider nicht sein einziger Rivale. Es war recht dunkel im Büro, da die Rollläden runtergemacht worden waren. "Und dieser korrupte Akai steht mit Miura in Verbindung? Ganz sicher?" fragte Toyama seinen Freund, der mit dem Rücken zu ihm saß, wie ein Boss eben, sich allerdings wenig später zu ihm herumdrehte und die Hände faltete, auf denen er den Kopf bettete. "Die beiden sind Cousins. Ich habe mal ein paar Spitzel losgeschickt. Es gibt keine Zweifel. Dieser FBI-Agent ist sein Cousin und er weiß etwas. Ich treffe mich heute Nachmittag in der Uni mit ihm. Du weißt doch, ich werde ihn überzeugen, damit er den Mund aufmacht. Dieser Kerl hat schließlich einen von uns einfach umgebracht." Schweigen trat in den Raum, niemand hatte sie gehört. Ihre geheimen Pläne kannte keiner, bis sie sie bekannt gaben. Gegen zwölf Uhr mittags befand sich Polizeichef Hattori auf Miura wartend auf dem Dach der Kansai-Uni. Wehe, er würde seinen Fragen ausweichen, dann würde er den jungen Detektiv aber in den Boden stampfen. Iwamoto kam ja mit Toyama ganz gut alleine klar, die konnte man eine Weile alleine lassen. Seit geraumer Zeit gab es im Präsidium einen Spitzel, Hattori hoffte, sein neuer Lieblingsdetektiv würde es nicht sein, das würde ihm doch nahe gehen. Kôji hatte engen Kontakt zu Akai, man konnte durchaus annehmen, dass er etwas korrupt sei, obwohl er bisher oft die Lösung gehabt hatte. "'Tag, Hattori... ich bin spät, ich weiß, es wird schnell gehen..." ~Klack~ Blitzartig drehte sich der Mann herum und sah in ein Gesicht, das ihm irgendwo schon einmal begegnet war. Ein psychopathisches Grinsen zierte die Lippen des Killers, der anstatt Kôji hier aufgetaucht war. Der erste Gedanke des Polizeichefs war: ,Die haben mich reingelegt!' Als nächstes zog auch er seine Waffe, um sich zu verteidigen, doch der für ihn unbekannte Kerl, drückte da schon ab und schoss ihm die Waffe aus der Hand, sie flog gegen das Gitter und machte einen kleinen Abstecher in das Stockwerk unter ihnen, blieb dort vor einem Fenster liegen. Der zweite Schuss traf ihn sehr weit links in die Brust, man möchte meinen, so ein Killer würde einen gefährlichen Mann wie Hattori, sofort töten, doch es war kein tödlicher Schuss, er sollte ihn nur langsam in die Knie zwingen. "Schönen Gruß von Miura." Wenn er schon Heijis Vater tötete, wollte er noch eine falsche Fährte legen und seinem Cousin das Leben verbocken, indem er ihm den Mord in die Schuhe schob, doch er konnte ja nicht ahnen, dass... Heiji schaute auf. "Was war das eben für'n Geräusch? Klang, als wenn was gegen ein Gitter geprallt wär'." Er versuchte herauszufinden, was es gewesen war, sah jedoch erst einmal nichts, bis seinen Augen eine Waffe begegnete, die er mehr als gut kannte. ,Was macht Vaters Waffe da oben?' "Das bild'este dir ein, Heiji..." Kazuhas Stimme ignorierend, stürmte der 18-jährige los, worauf sie ihm verdattert nachsah. "Was hat den denn jetz' geritten?" ... die Tür aufsprang und Miura höchstpersönlich dort stand. Er hatte durch Zufall von einer engen Freundin erfahren, dass Yuki in der Uni aufgetaucht war und dachte sich, dass er hier irgendwelchen Unsinn verzapfte, womit er ja nicht falsch lag. Durch seine detektivischen Kenntnisse war er schnell dahintergestiegen, dass auf dem Dach etwas passieren würde, aus dem Grund war er jetzt hier, um das Unheil, das sich über ihnen ausbreitete, abzuwenden. "Nimm die Waffe runter, Yuki Ichihara!" brüllte Kôji dem jungen Mann entgegen, der jedoch älter als er selbst war. "Was, wenn nicht, Kleiner? Ballert Klein-Kôji dann mit seiner Waffe rum?" Schallendes Lachen war zu hören. Natürlich machte sich Yuki über ihn lustig, denn Kôji hatte in seiner gesamten Laufbahn als Schnüffler, nie auf einen Verbrecher geschossen, was einen einfachen Grund hatte: Er konnte nicht auf Menschen schießen. Yuki ließ Hattori außer Acht, der war ihm im Moment egal geworden. Sein Cousin war viel wichtiger, er und sein Leid, es sollte ihm schlecht gehen und im Moment war kein Akai in der Nähe, der Kôji beschützte, die Lage war so günstig, dass er sie nutzen würde. Der Polizeichef hinter ihm konnte mit seiner Verletzung und der abhanden gekommenen Waffe, nichts ausrichten, von daher... Sein Auftraggeber wollte Heijis Vater zwar umlegen lassen, doch das hatte Zeit, er würde sowieso verbluten, so oder so, denn niemand, der in die Sache gerade verwickelt war, würde ihm rechtzeitig helfen können, dachte sich Yuki derweil. Er ging langsam auf Kôji zu, wobei ein finsteres Lächeln sichtbar geworden war. "Du kleiner Idiot!" Er schoss Kôji die Waffe aus der Hand, er hatte sowieso gewusst, dass er nichts unternehmen würde. "Komm zur Vernunft, Yu-", Kôji brach ab, denn die Waffe wurde ihm gegen die Stirn gedrückt. Sein Herz begann heftig zu schlagen, was man durchaus als Angst deuten konnte. "Mach dich nicht unglücklich, das bin ich ja gar nicht wert, Ichihara." Obwohl er durchaus Angst davor hatte, dass sein Cousin abdrücken würde, zeigte er ihm das nicht, es trat nur ganz wenig Schweiß in sein Gesicht und rann seine Wange hinab. Doch Yuki konnte sie dennoch sehen, es war ihm eine Wonne, Kôji so zu erleben. Ein eiskalter Detektiv war aus ihm geworden, er zeigte nie seine Gefühle, wenn er arbeitete, trotzdem kannte er ihn von allen Verbrechern am besten und wusste genau, was jetzt in ihm vorging. Gedanken wie, was habe ich dir denn getan, was bist du für ein Mensch, gingen ihm nun durch den Kopf, das war dem 26-jährigen klar. Doch das interessierte ihn schon seit langem nicht mehr, schon gar nicht im Bezug auf ihn, der ihn doch eh nie hatte leiden können. Kôji kam sich als Detektiv doch ganz toll vor, so konnte er sich ja weiter bei Shuichi und seinem Vater einschleimen, weil sein eigener zum FBI abgehauen war, ohne dass Kôji es wusste, wo dieser steckte. In seinen Augen hatte er die Familie verlassen, Kôji hatte sich deswegen seinem Onkel zugewandt, doch das würde ihm sein Cousin nie verzeihen, er verstand Heiji mit am besten. Deswegen fiel ihm der Mord von vorhin auch ziemlich schwer, doch verschonen konnte er nicht. Er würde sich um Heiji kümmern, als sei er sein Vater, er würde schon darüber hinweg kommen... Aber vorher musste Kôji Angst vor ihm haben, was ihm ja gelungen war. Hattori hatte sich nie so hilflos gefühlt. Man bedrohte seinen Lieblingsdetektiv mit einer Waffe und wollte ihn umbringen, also sah er nur eine Lösung. Erst mal ein paar Leute kontaktieren und dann aufstehen. Sein Notruf erreichte einen seiner zuverlässigsten Leute, er würde schneller als der Blitz da sein, wenn man ihm sagte, Kôji sei in Gefahr. Ein Piepen war zu hören, was Trivento alarmierte, und er sich deswegen umdrehte. Hattori und dieses Handy brachten ihn zu einem Knurren, jetzt war dieser Kerl aber so was von fällig! Wie konnte der es überhaupt wagen, nachdem er ihn niedergeschossen hatte, noch eine SMS zu schreiben und Hilfe holen zu wollen? Das machte ihn zum Versager, das konnte sich der Killer nicht erlauben. Chardonnay konnte es nicht leiden, wenn man ihn enttäuschte, schon gar nicht im Bezug auf Kriminalisten. Der quälte seine Leute, darauf hatte er nicht die geringste Lust. Alles war von seiner ursprünglichen Bahn abgekommen, seit Kôjis Auftauchen. Eigentlich dachte Yuki ja, dass es nicht schlimmer kommen konnte, doch das war machbar. Als die Tür erneut aufging und sein Freund Heiji in dieser stand, wurde ihm klar, dass es noch schlimmer kommen konnte. Er hätte ihn nie mit einer Waffe sehen sollen, schon gar nicht, wenn er dabei war, auf seinen Vater zu schießen. Trivento schoss auf eine Lampe über Heiji, die beim Treffen der Kugel ins Glas zersprang, so dass der Schülerdetektiv erschrak. Ihm blieb keine Zeit, sich darauf einzustellen, dass sein sogenannter Freund gerade auf seinen Vater schießen wollte und es wohl auch schon getan hatte. Kôjis Waffe war gegen die Tür gerutscht, wo ja nun Heiji stand, er bemerkte dies, setzte ein arrogantes Lächeln auf. "Dafür gibt es Knast, Ichihara..." Was man ihm sagte, passte Yuki gar nicht, also begann er eine Kugel nach der anderen abzufeuern, alle gingen in Heijis Richtung und trafen die Tür, allerdings sehr knapp an Heijis Körper vorbei. "Du kannst mich nicht aufhalten!" kam vom Killer, was Heiji dagegen vollkommen anders sah. "Werden wir sehen... Miura!" Er kickte die Waffe zurück zu seinem Besitzer. "Halt ihn in Schach!" Währenddessen kramte der Oberschüler sein Handy aus der Jackentasche und wollte gerade einen Arzt konsultieren, als ihn eine weitere Kugel davon abhielt. Sie traf das Handy und machte es funktionsunfähig. "Keine Bewegung, oder du wirst es bereuen, du Schnüffler!" meinte Trivento gehässig, während er noch immer die Waffe auf seinen Freund gerichtet hielt. Kôji wandte sich mit Verachtung an seinen Cousin und hielt ihm die Waffe unter die Nase, auch wenn er nicht abdrücken konnte. ,Warum schießt der denn nicht einfach?!' fragte sich Heiji, der das nicht im Geringsten verstand, denn er würde, abdrücken, er wollte bloß nicht aus Versehen, jemand Falsches treffen, immerhin konnte er mit dem Ding gar nicht umgehen. Dass sein Cousin es wagte, so etwas zu tun, missfiel ihm, schließlich sollte Kôji Angst vor ihm haben. "Lass Heiji da raus, im Grunde willst du doch bloß was anderes..." "Dräng dich nicht so vor, Vollidiot, du bist nach ihm an der Reihe!" Mit diesen geschrieenen Worten, legte er den Finger um den Abzug, wollte gerade abdrücken, als man einen Schuss hören konnte. In der Tür stand nun ein weiterer Mann, der gerade auf Trivento geschossen und ihn seiner Waffe beraubt hatte. "Das war's mit deinem Spiel!" schrie man ihn an. "Und jetzt Hände hoch und hinter den Kopf, du bist verhaftet!" Nun wurde es doch ungemütlich für ihn, dieser Kriminalist, der gerade aufgetaucht war, wusste mit einer Waffe umzugehen. Viele Verbrecher, die er kannte, hatten so ihre Probleme mit ihm, außerdem fackelte der Kriminalist nicht lange. Dass er ebenfalls zur Schwarzen Organisation gehörte, wusste Trivento nicht. "Sêiichî, mach nichts Falsches", warf Kôji seinem Kollegen zu, weil er nicht wollte, dass sein Cousin hier ermordet wurde. "Keine Panik." Das jedoch sagte Sêiichî zu früh, denn Trivento war nicht so dämlich, nur eine Waffe zu haben und richtete die Zweite jetzt auf Kôji. "Tu es, und er wird am meisten darunter leiden, Iwamoto!" Langsam ging Trivento nach hinten, behielt sie alle im Auge und bedrohte sie weiter. "Weg da von der Tür, ihr beiden, oder ich ballere ihm das Gehirn weg!" Der kam sich ja ganz toll vor, da er sie in der Hand zu haben schien. "Ich weiß, dass du Kôji nicht leiden kannst, aber deswegen musst du ihn nicht gleich umbringen!" Heijis Satz machte Sêiichî stutzig. Der drehte gerade vor ihren Augen durch und er dachte, er könnte an ihn rankommen? Wie naiv konnte man denn sein? "Ihr lasst mir keine Wahl." Nun lächelte der dunkelbraunhaarige Killer grausam. "So läuft das in den Reihen der Killer, nicht gewusst, Detektiv?" Er tat, als wolle er freundlich sein und ließ sein grausames Grinsen einem netten Lächeln weichen. "Also, weg da, und ihm passiert nichts." Wer waren sie denn, dass sie sich von so einem bedrohen ließen? Sêiichî ließ kurz einen Seitenblick auf Hattori ruhen, dem ging es aber gar nicht gut, sie hatten keine Zeit, sich mit diesem Killer zu unterhalten, während er immer mehr Blut verlor. "Man wird dich trotzdem kriegen", sagte Sêiichî, ließ seine Waffe aber nicht sinken, so lebensmüde war er nicht, zumal er ihn nicht kannte, eines stand jedoch fest, nämlich, dass er zu Chardonnay gehörte, der es auf Heizo ohnehin abgesehen hatte. Noch ehe die SMS von seinem Chef gekommen war, wusste er, was passieren würde, deswegen war es ihm möglich gewesen, so schnell aufzutauchen. Über Chardonnays Aufträge wusste er immerhin fast immer Bescheid, schließlich war er selbst Polizist und stand demnach auf deren Seite, also genau auf der Gegenseite von Chardonnay, weswegen er ihm Steine in den Weg legte. Heiji verstand Sêiichî nicht, man musste ihn festhalten, sonst wäre er nie zur Seite gegangen. "Man trifft sich immer zweimal, denk dran...", meinte der 23-jährige schnippisch. Yuki machte sich schnell aus dem Staub, am Ende musste er dem Kriminalisten noch dankbar für seine Fairness sein, weil man ihn umgebracht hätte, wenn es zu einer Verhaftung gekommen wäre. "Du lässt ihn abhauen?" "Schau' rüber zu deinem Vater und dann sag' mir, dass das falsch war! Er braucht dringend einen Krankenwagen, sonst verblutet der mir hier noch. Was ist wohl wichtiger? Diesen flüchtigen Verbrecher aufhalten, wobei wir Verstärkung rufen können, oder erst mal dafür sorgen, dass dein Vater durchkommt, mhm?" Unten wartete sowieso eine Einheit, die mit ihm gekommen war, es hieß also nicht, dass der Kerl weit kommen würde. Sein Blick war der eines neugierigen Kindes. "Oha? Das musst du mir jetzt aber genauer erklären..., Baileys." Es war schon seltsam für ihn, eine Frau, die Chris Vineyard mehr als nur ähnlich sah, auf einmal Baileys zu nennen. Alles würde einen Sinn ergeben. Dass Ai nie etwas Gutes für diese Frau übrig gehabt hatte. Dass sie solche Angst vor ihr hatte. All diese Dinge, die ihm spanisch vorgekommen waren, machten jetzt Sinn. "Es ist ganz leicht, Kleiner. Ich bin nicht sie, ich habe mich nur als sie ausgegeben, verstehst du?!" Um ihm das verständlicher zu machen, entfernte sie erst einmal ihre Perücke, woraufhin schwarze Haare zum Vorschein kamen, bevor sie sich die Gesichtsmaske abzog und ein völlig anderes Gesicht sichtbar wurde. "Ich dachte nicht, dass das viele so perfekt können." "Du meinst, so perfekt, wie Sharon und Chris, mhm? Das ist leicht zu erklären, mein bester Freund ist Yuji Ikeda, der Toichi Kurobas Neffe ist, da bist du ganz baff, oder? Ich habe ihn mit 17 kennen gelernt und so durch ihn auch Toichi. Er hat mir so ein paar Tricks gezeigt. Auf dem Weg bin ich auch an Sharon geraten, lange Geschichte, willst du sicher nicht hören." "Um sie so perfekt zu imitieren, musst du sie verdammt gut kennen...", gab er nachdenklich zurück, seufzte kurz, bevor er den Kopf schüttelte. "Wenn du Sharon ja kennst, dann..." Conan wollte es nicht aussprechen, ihm saß ein Kloß im Hals und er wusste nicht mehr, was der Realität entsprach. Dass war kein Traum, oder? "Dann was?" "Weißt du genaustens Bescheid, denke ich mal. Wie gut kennst du sie?" "Gut genug, um zu sagen, dass sie falsch und hinterlistig ist. Nach außen hin spielt sie die nette Frau, aber innerlich ist sie kalt und schlecht." Baileys sprach in ruhigem Ton und machte auf ihn nicht den Eindruck, als würde sie ihm etwas vorspielen, trotzdem musste man bei solchen Leuten vorsichtig sein, immerhin hatte er damit schon Erfahrung. Verkleidungskünstler machten ihm manchmal ziemliche Angst, aber auf gewisse Weise vertraute er ihr, schließlich hatte sie ihm das Leben gerettet. Warum kam ihm alles so wahrheitsgetreu vor? "Aber eines verstehe ich nicht! Wieso hast du dich als Vermouth verkleidet? Kannst du mir das erklären? Das macht keinen Sinn." "Der Boss liebt sie über alles und lässt ihr viel durchgehen. Ich habe Gin erschossen, das wird er nur nie erfahren. Wenn sie so etwas tut, vergibt er ihr. Die darf sich verdammt viel erlauben. Wenn ich das tun würde, nicht auszudenken, was der mit mir machen würde. Verstehst du? Außerdem wollte ich nicht, dass noch mehr Leute umgebracht werden. Schon gar nicht du. Deine Schwester hat gereicht. Das ist übrigens ihre Schuld." Baileys führte ihre Intrige weiter. Sie hatte ihn doch längst schon so weit, dass er ihr alles glaubte, sie musste es nur ein wenig geschickt anstellen. "Damals, als sie auf Sherry losgehen wollte, konnte ich sie austricksen und bin selbst dorthin. Ich wollte nicht, dass unschuldige Leute sterben. Sherry hat sie eh immer gehasst. Sie an meiner Stelle hätte, deine Freundin Ran einfach umgebracht. Sie ist eben so, verhasst, böse und heimtückisch, anders kann man's nicht sagen." Dass sie die Tatsachen verdrehte, war ihr klar, aber nur so konnte sie ihn auf ihre Seite ziehen. "Moment!" hielt Conan sie an. "Sie ist schuld am Tod meiner Schwester? Das kann doch nicht wahr sein!" Das wollte er ihr jetzt nicht einfach so abkaufen. War sie echt so böse, wie Baileys sagte und er war bloß Opfer ihrer Illusionen geworden? "Doch, es ist wahr. Shina wusste zuviel, also musste Chris sie eben loswerden. Sie hatte rausgefunden, dass sich hinter ihr Sharon verbirgt. Und deswegen... hat sie sie aus dem Weg geräumt..." Baileys täuschte jetzt ein paar Tränen vor und wischte sie sich mit dem Handrücken weg. "Yuji deprimiert zu erleben, weil man seine Cousine getötet hat, zerreißt mir das Herz, genauso, wie mit ansehen zu müssen, wie er so schrecklich benutzt wird..." Sie schluchzte auf, so dass es dem Jungen immens schwer fiel, kein Mitleid zu empfinden. "Weißt du, Sharon ist ihr Geheimnis wichtiger als alles andere, da geht sie gerne mal über Leichen." "Yuji? Gehört der etwa auch dazu und wird quasi benutzt?" wollte Conan wissen. Dass man irgendwelche Leute benutzte, war ihm klar gewesen, Akemi Miyano war ein gutes Beispiel dafür, wie weit die gingen, auch wenn er immer gedacht hatte, dass man Sharon irgendwie gezwungen hatte, doch jetzt sah alles ganz anders aus. Er wusste nicht, wie er das nächste Mal reagieren würde, wenn er die wiedersehen musste. "Ja, er ist Absinth. Dass er andauernd Leute ermorden muss, geht ihm ziemlich an die Nieren. Er hat da drin nichts verloren. Er ist viel zu gut dafür. Er sollte so etwas nicht tun müssen. Einer, der über ihm steht, erpresst ihn mit seinem Bruder. Schon lange wagt er es nicht mehr, diesen Mann zu widersprechen. Er hat Angst, dass man ihm dann noch den Bruder nimmt. Seine Eltern und die wenigen Verwandte, die er kannte, sind ja schon lange tot. Meinst du, du könntest ihm irgendwie helfen? Du bist doch so ein toller Detektiv." Yuji sollte endlich raus aus der Organisation. Shina konnte man schlecht benutzen, auch wenn sie noch leben würde nicht, aber bei ihm konnte man das. Er war jetzt auf dem richtigen Weg. Und ihrer Feindin eins auswischen konnte sie damit auch noch. Mal sehen, was ihr bei Ran so einfallen würde... Ein klatschendes Geräusch war zu hören. "Was hast du dir dabei gedacht, Miura?!" Heiji riss Kôji, der auf einem Stuhl saß hoch und schüttelte ihn, er war voller Wut, was Sêiichî ein klein wenig erschreckte. "Hey, hey, beruhig dich!" Er drückte Heiji von seinem Freund weg und schüttelte den Kopf. "Das macht es nicht besser, wirklich nicht. Wir sollten Ruhe bewahren, wir sind immerhin im Krankenhaus." Und da wollte er nach unten gehen, um zu telefonieren, das war ein schlechter Scherz. Seiner Meinung nach konnte man die beiden nicht alleine lassen, ohne dass Streit ausbrechen und Heiji Kôji vermöbeln würde. "Lass mich in Ruhe, immerhin hat er zugelassen, dass die meinen Vater fast umbringen!" "Er kann nicht auf Menschen schießen, das war schon immer so, deswegen wurde ich ja gerufen. Du solltest deine Energie lieber aufsparen. Wer weiß, wie es um deinen Vater steht?" Er versuchte den Hitzkopf doch nur zur Vernunft zu bringen, doch das war nicht einfach. "Schlag ihm nicht ins Gesicht, weil er so ein guter Mensch ist und so ein weiches Herz hat, also wirklich. Das muss nicht sein!" Auf irgendeine Weise machte ihn das auch wütend. Kôji saß teilnahmslos da, sagte nicht ein Wort, was Sêiichî bekümmerte. "Siehst du nicht, wie fertig er ist?" "Sêiichî?" Er blickte zu Kôji, dessen Blick zu Boden ging. "Das war Yuki Ichihara... mein Cousin..." "Hm?" Das war jetzt doch mal eine Überraschung. "Ich wusste gar nicht, dass der auch zu deinen Cousins gehört. Kann es sein, dass er was gegen dich hat?" "Kann nicht nur sein, das ist so, er hasst mich und hätte mir sicher eine Kugel ins Gehirn geballert, wenn niemand gekommen wäre." "Du drängst dich ja auch immer vor, deswegen kann er dich nicht leiden..." Kôji hob nun doch den Kopf, sah Heiji mit einem mürrischen Blick an. "Er ist ein Mörder, ist das noch nicht bei dir angekommen, du Freak? Er wollte deinen Vater töten." "Genau, gib nicht Kôji die Schuld, er war's schließlich nicht, der auf deinen Vater schoss." "Verhindert hat er's aber auch nicht..." Der schwarzhaarige Kriminalist setzte sich mit einem Seufzen neben Kôji. "Lasst euch nicht so gehen. Unser Chef wird gerade operiert, seine Chancen stehen zwar gut, aber während so einer komplizierten Operation können immer noch Komplikationen auftreten. Also hofft lieber, dass alles gut geht, ich muss telefonieren... Bitte schlagt euch nicht die Köpfe ein, dann redet lieber gar nicht miteinander..." Er musste Heizos bestem Freund Bescheid sagen, zufällig kannte Sêiichî diesen Mann schon ziemlich lange - stand ihm sogar recht nahe. Außerdem konnte er sich auf dem Weg gleich nach seinem besten Freund erkundigen. "Grüß Ryochi Akaja von mir, bitte." Heiji bettelte ja geradezu, er konnte ihm Derartiges nicht abschlagen, auch wenn Ryochi das wohl ziemlich egal sein würde, ob so ein Schülerdetektiv aus Osaka ihm Grüße ausrichten ließ. Sêiichî hob die Schultern an. "Meinetwegen, wenn ich ihn an die Strippe kriege." Nachdem er das gesagt hatte, war er auch schon die Treppe hinab zu den Telefonen verschwunden. "Ich bin zu weit gegangen, Miura, es war eben doch ein Schock, dass Yuki solche Nebenjobs hat." Heiji schlug deprimiert die Augen nieder, während Kôji kurz zu ihm schaute. "Vergeben und vergessen... Ich hätte abdrücken sollen, du hattest schon Recht, aber er ist mein Cousin. Trotz allem kann ich ihn nicht einfach anschießen. Das bringe ich nicht über mich." ,Memme.' Der junge Mann war nun unten angekommen, nahm den Hörer eines Telefons ab und warf Geld hinein, da es erstens billiger war und zweitens der Akku seines Handys den Geist aufgegeben hatte. Wie gut, dass es noch für die Notrufe gereicht hatte. Ob sie den Kerl nun geschnappt hatten, wusste er nicht, da hier Handygebrauch verboten war. Am anderen Ende nahm der Polizeichef höchstpersönlich ab und meldete sich wenig später mit harter Stimme. "Polizeipräsidium Tokyo, Polizeipräsident Akaja am Apperat. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?" "Iwamoto hier. Wie geht's dir?" Dass er einen seltsam vertrauten Ton wählte, war schon Normalität. "Was gibt's, Sêiichî?" meinte der andere erfreut, während sein Gesprächspartner kurz schluckte. Nicht nur, dass zwei Leute gestorben waren, jetzt war eine dritte in Lebensgefahr und er musste ihm diese verdammte Botschaft überbringen. "Hattori wurde niedergeschossen. Er wird gerade operiert. Ich dachte, das solltest du wissen." "Und ich dachte, du rufst wegen Ryo an." "Das auch, aber größtenteils wegen Hattori. Was macht Ryo so?" "Er hat sich in Matsudo förmlich verbarrikadiert. Er spricht mit keinem, geht ja nicht mal ans Telefon, wenn man anruft. So langsam könnte er wieder auf die Beine kommen. Akiko und ich sind neulich rausgefahren, aber es war niemand zu Hause. Ich habe keine Ahnung, wie es ihm geht, aber alles spricht dafür, dass er leidet. Und keiner kommt an ihn ran." Es tat Sêiichî weh, so etwas zu hören, er wollte nicht in seiner Haut stecken. Gut, er litt doppelt, weil es bei ihm gleich zwei Leute erwischt hatte, bei ihm war es nur ein Bruder, bei Ryochi gleich die Verlobte mit dazu, kein Wunder, dass es ihm so mies ging. "Das verstehe ich", kam leise von Sêiichî. Man hörte es ihm förmlich an, wie zerrissen er war. "Schade, ich dachte, dass ich ihn irgendwie ans Telefon bekomme. Der kann sich nicht so hängen lassen, irgendjemand muss sich doch mal um ihn kümmern, sonst geht er noch zugrunde." Es war ja immerhin nicht das erste Mal, dass er die Frau, die er liebte, verloren hatte. Schon zweimal war ihm das passiert, was irgendwo ja unfair war. "Wenn das jemand schaffen kann, dann du. Ruf am besten auf seinem Handy an, aber unterdrück die Nummer nicht, damit er sieht, wer dran ist. Vielleicht geht er bei dir ran." "Vielleicht ist er auch wütend auf mich..." "Wieso sollte er?" Sêiichî war für einen kurzen Moment drauf und dran, seinem Ersatzvater alles zu sagen, doch dann schwieg er doch. "Wir haben etwas gestritten." "Ach komm, das bringt euch doch nicht auseinander, ihr kennt euch doch schon recht lange. Sag' bloß ihr seid in die gleiche Frau verliebt?" "Nein, nein... er kann meine Frauengeschichten meist nicht leiden, da sind wir grundverschieden, ist wohl auch besser so. Was Hattori angeht. Die Operation dürfte in 5 Stunden überstanden sein. Er liegt im Kitano-Krankenhaus hier in Osaka. Unter seinem Decknamen allerdings, damit nicht jeder hierher kommt, der ihn kennt. Du verstehst?" "Verstehe! Ich schneie dann heute Mittag mal vorbei, sag das Heiji, und dass er sich nicht verrückt machen soll. Heizo ist ein harter Brocken." "Mach ich, war schön mal wieder deine Stimme zu hören." Er schloss die Augen, während er das sagte und lächelte zufrieden. "Das kann ich nur zurückgeben, Sêi-chan! Lass dich, wenn du Urlaub hast, mal wieder blicken, verstanden?" "Jawoll, Chef!" Es traten Tränen in seine Augen, es rührte ihn, dass man ihn trotz allem noch als Mitglied der Familie ansah. "Und ich weiß, dass du weißt, wo Yuichi steckt, also sag ihm, er soll auch mal die Güte haben, aufzutauchen, verstanden?!" Nun schwieg er, was sollte er auch anderes tun? "Sêiichî? Stimmt was nicht?" Bis auf die Tatsache, dass Yuichi bei Shina gewesen war, war alles in Ordnung, doch das konnte man dem Mann ja nicht antun, zumal keine Leichen gefunden worden waren. Auch wenn es so gut wie keine Hoffnung mehr gab, hatte er ein kleines Fünkchen davon bewahrt, das noch immer nicht an den Tod der beiden glaubte. Sêiichî wollte nicht wahr haben, dass beide einfach weg sein sollten. "Wenn er mir über den Weg läuft, sag ich es ihm..." Es fiel ihm schwer so zu reden, aber er bemühte sich, wo er konnte, damit es ihn nicht doch überkam. "Ich nehm' dich beim Wort." "Ja, bis dann..." Der Kriminalist hatte vor Angst, dass man ihm alles anhören konnte, schnell aufgelegt, er wollte nicht, dass man bemerkte, wie es ihm überhaupt ging. Allerdings ging er nun den Gang hinab, bis zum Ausgang und holte dort dann sein Handy raus, das noch immer aufladebedürftig war. "Verdammter Mist!" Schweren Herzens lief er zu seinem Auto und schloss dort sein Handy an, damit er wenigstens telefonieren konnte. "Jetzt geh bloß ran..." Er legte den Kopf gegen seinen mit Leder bezogenen Sitz und schloss die Augen, gönnte sich für einen Moment mal Ruhe. Das Handy vibrierte, was man bemerkte, da es unter seinem Kissen lag. Schon wieder wollte irgendjemand etwas von ihm, er wollte nur so gut wie mit niemandem reden. Er hatte bereits zwei Freunde hier, die ihm Gesellschaft leisteten. Trotzdem trieb ihn die Neugierde nun doch dazu, dass er das Handy hervorholte und auf das Display schaute. "Sêiichî...", flüsterte Ryo zu sich selbst. "Geh ran, er macht sich sicher auch allmählich Sorgen, wie dein Vater." "Womöglich breche ich ihm in Tränen aus, Wataru." Der Genannte saß neben ihm auf dem Bett und fragte sich wirklich, wieso Ryochi sich so verschloss. Er selbst würde das nicht über sich bringen. "Und?" Und? So etwas konnte nur Wataru fragen. "Dann kommt er her und sieht, wie es mir geht, das muss nicht sein, er hat genug um die Ohren." Sêiichî konnte das doch im Grunde gar nicht ertragen, er musste lächeln können, doch im Moment war ihm nicht danach, und man würde hören, dass er geweint hatte. "Du solltest dir mal zuhören, Ryo. Er ist dein bester Freund, hat er da nicht ein Recht auf die Wahrheit? Außerdem würde er sicher versuchen, dir zu helfen!" "Und würde deprimiert werden, wenn es nicht funktioniert." Watarus Schwester kam gerade aus der Küche und brachte ein paar Reisbällchen mit, da der junge Mann seit Tagen nur im Bett gelegen und Trübsal geblasen hatte. Er musste endlich wieder was essen, sonst kippte er, wenn er ins Bad ging, noch um. "Hier, iss was, sonst fällst du echt noch um, das wollen wir ja nicht." "Oho, höre ich da einen Befehl, Ri-chan?" Frech sein konnte er wohl schon wieder, wie es schien. "Das war ein gut gemeinter Rat, Ryo-chan, und jetzt iss das, oder ich muss dich füttern." "Hör auf damit, ich ergebe mich, das wäre mir ja peinlich." "So ist es brav." Wataru schüttelte den Kopf, frech war sie ja immer gewesen, auch wenn sie es gerade doch extrem war. "Erst soll er ans Handy gehen, Sêiichî will was..." Ryochi seufzte widerspenstig, er wollte nicht reden, wenn die beiden da waren, er würde sicher heulen, das sollten sie nicht sehen. Allerdings hatte er seine Rechnung ohne Riina gemacht, die einfach sein Handy schnappte und das Gespräch annahm. "Hey, das habe ich dir aber nicht erlaubt", meinte er, zeigte Andeutungen des Schmollens. Die tat aber auch, was sie wollte. "Hey, Sêiichî, warte, ich gebe ihn dir..." Der Anrufer war noch etwas stutzig, weil nicht Ryo, sondern Watarus Schwester, die zu allem Überfluss seine Exfreundin war, ans Handy gegangen war. "Und jetzt stell dich nicht so an, Ryo, ihr habt seit 3 Wochen nicht geredet, es wird allmählich mal Zeit." Ein resignierendes Seufzen kam von dem Detektiv, der das Handy jetzt in die Hand nahm und ein leises "Hallo" hineinsprach. "Hi, Ryo, warum gehst du nicht selbst an dein Handy?" "Sorry." Alles, was ihm da einfiel, war ein Sorry? Nicht zu glauben. "Alle machen sich Sorgen um dich, Ryo. Was treibst du zu Hause und was macht Riina da? Ihr macht doch keine Schweinereien, oder?" "Deine Eifersucht ist mal wieder total unbegründet, außerdem solltest du deine Ex besser kennen, bevor du auf solche blöden Ideen kommst." Er fuhr ihn ein wenig an, auch wenn das nicht Ryos Absicht gewesen war. "Entschuldige, du bist ja ganz schön gereizt. Ich habe etwas Sehnsucht nach dir, nur damit du es weißt." "Oh Gott, muss ich mir Sorgen machen, dass du die Seiten wechselst, Freundchen?" Ein kleiner Witz, der seine wahren Gefühle verbergen sollte, doch sein Freund war nicht dämlich und wusste, was er damit vertuschen wollte. "Lass das, Ryo", ein Seufzen, "mir kannst du nichts vormachen. Ich weiß, dass es dir beschissen geht. Was hältst du davon, wenn du nach Osaka rüberkommst? Ich nehme mir dann eine Woche frei. Na?" "Du bist ja ziemlich aufdringlich, Sêiichî." "Sag's gleich, wenn du nicht mehr mit mir befreundet sein willst." Der Schwarzhaarige hatte sich so ein Telefonat anders vorgestellt, der wäre nie und nimmer rangegangen, wenn Riina das nicht übernommen hätte. "Nimm nicht alles gleich so ernst, Sêiichî, so war das nicht gemeint. Wieso bist du denn so komisch? Ist was passiert?" "Hattori wurde beinahe umgebracht, von jemandem, der für Chardonnay arbeitet, das ist schlimm genug, aber es geht noch besser. Ich kenne diese Person nicht. Der Kerl hat es mal wieder auf die Polizei abgesehen." "Er gehört in die Klapse, wirklich." "So schnell kriegt man den nicht rein, er macht sich die Hände ja nicht schmutzig. Wenn man ihm nichts nachweisen kann..." "Ich weiß, aber so wie ich dich kenne, arbeitest du dran, oder? Sei dabei bloß vorsichtig, er kann es nicht leiden, ausspioniert zu werden." Er hatte Angst, dass man seinen besten Freund auch noch umbrachte und es ihm dann erst richtig dreckig ging. "Keine Sorge, ich bin da vorsichtig, ich kenne ihn doch..." "Dann ist ja gut! Und zu deiner Frage. Okay, ich werde kommen, dann kann ich auch etwas auf dich aufpassen, Sêi-chan." Warum mussten eigentlich alle immer gleich solche Witze reißen? War er denn zu dämlich, um auf sich selbst Acht zu geben? Allerdings war der Kriminalist viel zu froh, als dass er sich darüber hätte ärgern können. "Da bin ich froh, ich freue mich. Ich vermiss dich echt. Ich brauche mal wieder jemanden zum Reden..." "Geht es dir denn nicht gut?" versuchte Ryochi herauszubekommen, was man nur mit einem Seufzen beantwortete. "Ich sage es dir, wenn du wieder da bist." "Ich versuche mich zu beeilen. Kann ich eine Weile bei dir wohnen, geht das? Ich brauche mal Abstand von allem." Er konnte seinen Eltern nicht mehr unter die Augen treten, seit er ein weiteres Geheimnis mit sich herumtrug. Ryochi wollte ihnen nicht wehtun, indem er sagte, was passiert war. Er konnte ja leiden, das verdiente er seiner eigenen Meinung nach immerhin, weil er im Grunde an allem schuld war, seine Eltern jedoch nicht, nicht solange es Hoffnung gab. "Gut, ruf mich an, wenn du ankommst, okay?" "Mach ich, bye." Er legte auf, sah zwischen Riina und Wataru hin und her. "Ich fahre nachher nach Osaka, wer will mit? Du vielleicht, Wataru?" "Mhm, gute Idee, ich habe morgen und übermorgen frei, da kann ich ja mal Kôji besuchen." Riina zog eine Augenbraue hoch. "Ich verzichte, nein danke, das muss nicht sein, dann zoffen wir die ganze Zeit, das verdirbt euch bloß die Laune. Und jetzt iss endlich deine Reisbällchen." "Ist ja gut, Mami..." Er nahm sich eines der Reisbällchen und biss hinein. "Zufrieden, Kleine?" "Erst, wenn du sie alle gegessen hast." "Sind wirklich gut", sagte er mit vollem Mund, weswegen Wataru leicht lachen musste. Wenigstens vergaß er so mal für einige Momente, dass er Kummer hatte. Die beiden Geschwister tauschten zufriedene Blicke aus, was der Detektiv natürlich mitbekam. ,Ich könnte heulen, wenn ich die beiden so unbeschwert sehe, dabei habe ich kein Recht, mich so aufzuführen und eifersüchtig zu sein.' Unbeschwert hatte er schon lange nicht mehr sein können, schon gar nicht mit ihm, jetzt sollte er ganz verschwunden sein, es ließ sein Herz schmerzen und wenn er nicht aufpasste und zu lange an ihn dachte, trieb es ihm Tränen der Schuld in die Augen. Am frühen Nachmittag war Takeshi Akaja im Krankenhaus aufgetaucht, so dass Iwamoto lieber verschwand, er würde ihn nur ausquetschen, das wollte er momentan vermeiden, da kam es ihm gerade gelegen, dass auch Ryochi in Osaka angekommen war. Er sah seinen Mercedes, der auf dem Straßenrand geparkt worden war, ging zu ihnen rüber, wobei er wartete, bis die Straße nicht so dicht befahren war und zog eine Augenbraue hoch. "Was ist das denn jetzt? Du hast Wataru mitgebracht? Wo hast du den denn jetzt aufgegabelt?" Dass Riina bei ihm gewesen war, verstand er ja gerade noch, aber wie kam Wataru dazu? Auf den ersten Blick bemerkte der Kriminalist sofort, wie angegriffen sein Freund aussah, es musste ihm einfach schlecht gehen, das konnte man nicht übersehen. "Aufgegabelt?" Ein Lachen entfuhr Ryochi, das war doch wieder typisch für Sêiichî. Alles wollte er genau wissen und schmollte, wenn man ihm etwas versäumt hatte, zu sagen. "Ich habe ihn nicht aufgegabelt. Stell dir doch mal vor, Sêi-chan. Wataru hat sich seine Schwester geschnappt und solange geklingelt, bis ich vor lauter Genervtheit die Tür geöffnet habe. Sie haben sich Sorgen gemacht, weil keiner ans Telefon ging und mich dann ja halbwegs gezwungen, sie reinzulassen. Sind sie nicht freundlich?" Ein Seufzen entfuhr ihm. "Aber im Endeffekt war ich doch froh, dass jemand da war." "Wataru kann ja richtig dreist sein", Sêiichî zog einen Schmollmund, "aber, wenn du wolltest, dass jemand da war, warum hast du mich dann nicht einfach angerufen? Ich wäre schneller als der Blitz da gewesen." "Weil ich im Grunde keine Lust auf jemanden hatte. Ich sagte doch, ich wollte alleine sein, aber sie haben mich halbwegs gezwungen. Jetzt ist das ja was anderes... Du siehst gestresst aus, wann hast du das letzte Mal länger als 3 Stunden am Stück geschlafen?" Sein dämliches Doppelleben und sein hin und her-Pendeln zwischen Osaka und Tokyo, machte ihn doch noch ganz bekloppt, wenn er es nicht schon war, aber er kam von dort wohl einfach nicht los. Ein ertapptes Lächeln kam auf Sêiichîs Gesicht auf. "Nun ja... ich habe literweise Kaffee intus, das geht schon. Ich bin ja heute Nacht erst wieder von Tokyo hierher gerast, hatte noch weniger Zeit, als sonst. Mit anderen Worten: Ich habe heute Nacht nicht geschlafen, Ryo, aber mir geht es gut, doch." Ryochi schüttelte den Kopf. "Habt ihr wieder Überstunden gemacht, was? Die kriegt wohl auch nicht genug, oder wie sehe ich das?" "Du denkst echt, dass ich gearbeitet habe, nein, habe ich nicht. Ich war als Sêiichî, nicht als Kenji in Tokyo." Sein verpeilter Blick sprach Bände, er verstand seinen Freund vollkommen falsch, was dieser so lustig fand, dass er schallend zu lachen anfing. "Oh mein Gott, du bist echt unbezahlbar." Ihm kamen beinahe Tränen vor lachen. "Ich meinte dich und Chris, du Baka, ihr habt Überstunden gemacht, klingelt es jetzt, du Superkerl?!" Der Kriminalist sah den Detektiv noch immer mit hochgezogener Augenbraue an, dann machte es doch allmählich Klick und eine leichte Röte kam in seinem Gesicht auf. "Drück dich doch mal deutlicher aus, also wirklich, ja, bei ihr war ich, weil ich sie die ganze Woche nicht sehen konnte. Ich hatte einfach zuviel zu tun, und Nachtdienst." Ein Seufzen entfuhr ihm, das wie eine Art Nebel in der Kälte aus seinem Mund kam. "Oje, eine Woche?" Ryochi stellte augenblicklich das Lachen ein. "Du hast dich zu sehr daran gewöhnt, sie andauernd zu sehen. Was wirst du tun, wenn es sie mal erwischt? Dann wirst du sie sehr lange Zeit nicht mehr wiedersehen. Gewöhne dich besser nicht zu sehr daran, bei ihr zu sein, dann tut es nur doppelt so weh." Normalerweise war er nicht so pessimistisch, das machte Sêiichî Sorgen. Er wusste doch von ihnen wirklich am besten, wie es war, die Freundin zu verlieren. Sêiichî hatte schreckliches Mitleid mit ihm - seine Frage war begründet und Recht hatte er auch noch. "Sie stirbt nicht, solange ich da bin und sie schön brav auf den Boss hört!" sagte er bestimmt. "Mach dir keine Sorgen um mich." Er wollte es einfach nicht wahr haben, dass auch sie sich einer gewissen Gefahr ausgesetzt hatten und in den Reihen, in denen sie sich befanden, sehr schnell Unfälle passierten. "Du hast dir aber eine Frau ausgesucht, die innerhalb der Organisation nicht gerade gemocht wird. Viele gehen ihr aus dem Weg, aber was ist mit denen, die keine Angst vor ihr haben...? Hast du dir je Gedanken darüber gemacht? Und dass sie auf den Boss hört, glaubst du ja selbst nicht. Was, wenn man ihr mal einen Auftrag erteilt, auf den sie keine Lust hat? Schon habt ihr den Salat." Sêiichî schlug betrübt die Augen nieder. "Dass man mich von ihr trennen wird, weiß ich jetzt schon, denn das ist doch wohl unvermeidlich." "Wie meinst du das?" "Dass sie eine Mörderin ist." "Seit wann macht dir das was aus?" "Ach komm, du bist sonst auch nicht so naiv..." Sêiichî drehte sich herum, so dass er auf die andere Straßenseite schaute und sich gegen das Auto seines Freundes lehnte. "Wo gehören wir Mörder hin?... Ins Gefängnis, genau." Seine Stimme war eindeutig leiser geworden, während er das von sich gab. "Vielleicht landet sie auch in einer Psychiatrie, weil man denken wird, sie hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Wenn sie vor Gericht sagen sollte, dass sie Gott spielen darf, weil unsere Welt ja so beschissen ist, landet sie entweder im Knast, oder in einer Klinik. Es ist doch bloß eine Frage der Zeit. Sag mir, wie ich das verhindern soll..." "Du findest, dass sie Gott spielen darf, nicht wahr?" "Ja, er tut ja nichts..." Allmählich verlor er seinen Glauben an ihn, denn er hatte sie bestraft und eine Killerin aus ihr werden lassen. "Es sind so viele Dinge geschehen, die hätten vermieden werden können. So viele Tote. Aber trotzdem war jeder unserer Morde nicht ohne Grund. Wieso soll man sie einsperren und mich verschonen? Wo ist das fair? Wenn sie da rein gehört, dann ich auch." "Hey, bei euch ist das was Anderes, die Umstände verlangen danach. Außerdem wird man sie ganz sicher nicht ihr ganzes Leben lang einsperren. Vergiss nicht, dass ihr einen Boss habt. Bevor es sie knallhart trifft, wird es ihn treffen, der ist der Drahtzieher eurer Bande. Ja, vielleicht landet sie eine Weile im Knast, aber ich denke nicht, dass das lange der Fall sein wird. Bisher hat sie es ja vermieden, dass man zu viele Beweise gegen sie in der Hand hat, oder nicht?" "Was, wenn niemals jemand bezeugen kann, dass es den Boss gab? Man wird eine stinknormale Mörderin in ihr sehen. Du denkst nicht wirklich, dass der Boss zulässt, dass man ihn kriegt, oder? Er wird Selbstmord begehen, bevor man ihn kriegt, da bin ich sicher. Wenn sie dann sagt, sie habe einen Boss gehabt, werden wir alle als bekloppt abgestempelt. Was es nie gab, kann man auch nicht bezeugen. Ohne Beweise sehen wir alt aus. Und ich weiß nicht, wie ich dafür sorgen soll, dass man den Boss kriegt. Nur etwas zu wissen, reicht da nicht aus, man muss Beweise haben... So ist das eben, aber wenn es so weit ist, gehen wir sicher leer aus, und büßen dafür, dass man uns hat zwingen können. Wir haben es ja schließlich zugelassen..." Ein Seufzen kam ihm über die Lippen. "Außerdem gibt es jemanden, der handfeste Beweise gegen sie in der Hand hat. Nämlich das FBI... Jodie und Shuichi, die haben genug Beweise, um sie einbuchten zu lassen. Ich habe Angst, dass sie sich falsch behandelt fühlt und dann total austickt... Das hat gerade noch gefehlt, sie fühlt sich ihr ganzes Leben falsch behandelt!" "Das tun einige, ohne auszurasten, Sêiichî, oder hast du Pinot abgemurkst, weil er dich falsch behandelt hat? Sie soll aufhören, die Queen zu spielen, das ist sie nicht. Wenn sie nicht damit aufhört, geschieht es ihr recht, wenn man sie einsperrt. Aber ich denke, du hast zuviel Angst. Ich glaube nicht, dass sie so ausrastet, damit schadet sie nur sich selbst. Was Jodie angeht. Der Mord ist längst verjährt. Was will die Frau Chris anhängen?" Ryo lachte auf. "Sie hat vor 20 Jahren jemanden umgebracht, das ist ihr persönliches Wissen. Wenn sie schön hier bleibt, passiert ihr nichts, solange Jodie nicht hinter einen ihrer jetzigen Morde kommt. Du hast wenig Vertrauen in sie, sie ist nicht auf den Kopf gefallen. Wenn man sie nicht auf frischer Tat ertappt und es keine polizeilichen Zeugen gibt, glaubwürdige Zeugen, hat sie nichts zu befürchten. Wer sollte schon gegen sie aussagen und auch noch Glauben geschenkt bekommen? Sollte Jodie das versuchen, wird die auch noch als verrückt abgestempelt. Irgendwie kann sie einen ja Leid tun. Sie weiß genau, diese Frau bringt Leute um, kann aber nichts dagegen tun. Tja, muss sie sich mehr anstrengen. Sonst ist sie nicht mehr als eine Hobby-FBI-Agentin. Leider wahr." Sêiichî wusste einen Moment nicht mehr, was er antworten sollte, allerdings sah sein Freund alles recht genau. "Wahrscheinlich habe ich wirklich zuviel Angst davor, dass man mich von ihr trennt." "Im Moment ist es nur eure Aufgabe, am Leben zu bleiben, über alles andere könnt ihr später noch nachdenken, oder nicht? Jedenfalls ist sie ein harter Brocken. So leicht ist sie auch wieder nicht klein zu kriegen, darum würde ich wetten." Sêiichî schüttelte den Kopf. "Ich frage mich nur, ob es richtig war, so zu handeln, wie wir es getan haben. Ich hatte mir geschworen, nie aus Liebe zu töten, aber im Endeffekt tue ich es doch. Ich kann ja schlecht zusehen, wie man sie quält, trotzdem lebt Baileys noch, fragt sich nur wie lange. Ich sehe es jedes Mal in ihren Augen, wie fertig sie ist. Und es wird immer schlimmer. Ich frage mich, ob es noch tiefer geht... Das ertrage ich bald nicht mehr." Seine Stimme klang angegriffen, es kam selten vor, dass er über solche Dinge redete. "Baileys ist ein dummes, neidisches Miststück, mehr nicht. Sie kommt nicht damit klar, dass ihre Rivalin besser ist und will ihr alles versauen. So läuft das eben. Frauen wie sie, sind so. Siori ist auch so ein dummes, neidisches Miststück. Alles dasselbe Kaliber. Meinetwegen kann die sich das Genick brechen..." Wenn nicht, würde er womöglich noch nachhelfen, so davon kommen lassen, konnte er sie nicht. Die lief mit Sicherheit nicht lange frei hier herum. Er würde sie finden und dann einsperren lassen, am besten in eine Klinik, wo man sich rund um die Uhr um sie kümmern würde. "Nein, ein dummes, neidisches und billiges Miststück, das an ihr Niveau nicht rankommt. Das Billig hast du vergessen. Kaum hat sie eine Intrige durch, kommt die Nächste, ich warte schon darauf, dass wieder was von ihr kommt. Ich denke, derzeit ist alles etwas zu viel. Sie schafft es nicht mal, vor mir zu verbergen, wenn es ihr schlecht geht, das konnte sie früher mal besser. Sie hat einen Punkt erreicht, wo es wohl wirklich nicht mehr schlimmer geht. Und, dass ich da bin... reicht ihr wohl nicht mehr... ich fühl mich hilflos..." Sêiichî legte seinen Kopf auf den Armen ab, während Ryochi nachdenklich neben ihm stand. In dem Fall wäre es wohl besser, wenn Chris die Klappe hielt und ihn nicht mit rein zog, auch wenn das ziemlich hart klingen würde. Sie wusste doch, wie Sêiichî reagierte, und dass er oft ein kleines Sensibelchen war. Diese Frau war schlau genug, um dahinter zu steigen und das war sie mit Sicherheit. Dass er Bescheid wusste, sagte doch alles, sie hatte es satt, sich dieses Miststück geben zu müssen. "Da braucht es schon weit mehr, dass sie am Ende ist. Ich denke, richtig am Ende ist sie, wenn alle tot sind, die sie mag, ansonsten wird sie immer weitermachen, so wie du, oder nicht?" Er versuchte seinen Freund bloß aufzuheitern, selbst dann, wenn es ihm selbst beschissen ging. "Lass uns hier abhauen, fühl' mich beobachtet, irgendwie..." Sêiichî klang gerade, wie jemand, der in Osaka geboren worden war. Dieser Dialekt war doch zum wegrennen. Wie schnell der auf einmal redete, da musste man ja aufpassen, dass man ihn nicht falsch verstand. "Pass mal auf deine Aussprache auf, bei deinem Gelaber fallen mir die Ohren ab." Beide stiegen in das Auto, Wataru schwieg noch immer. Mit dem war eindeutig etwas nicht in Ordnung. "Warum bist du so still?" "Nichts ist, ich geh dann. Kôji ist doch da drin, oder?" Da er vor dem Krankenhaus geparkt hatte, meinte er das zu Ryochi. "Ja, so weit ich weiß... aber unter einem Decknamen. Ruf' einfach meinen Vater an, der hat sein Handy immer an, auch im Krankenhaus, wenn auch stummgeschaltet, der holt dich dann ab, wenn du zu ihm willst." Wataru bekam Herzklopfen. "WAS?!" Das war doch nicht sein Ernst! Er konnte doch nicht den Polizeipräsidenten von Tokyo so frech belästigen. "Das traue ich mich nicht." Sêiichî grinste vor sich hin. "Der Mann hat noch niemanden gefressen, aber versuch' es doch auf der Intensivstation, du wirst Kôji schon finden, der ist dort mit Hattori. Die beiden haben gestritten, aber wenn mein Vater da ist, wird er ganz brav sein." "Dein Vater?" Wataru legte den Kopf schief. "Erkläre ich dir ein anderes Mal", gab Sêiichî seufzend von sich. Er wollte etwas Zeit mit seinem besten Freund verbringen - alleine, weswegen er Wataru jetzt ein wenig ausschloss. Während sie auf dem Weg waren, begann es zu schneien, zum ersten Mal seit über einem ganzen Jahr. Letztes Jahr hatte es gar nicht geschneit, obwohl sie nun schon Januar hatten. Der kalte Schnee landete nicht nur auf ihren Köpfen, wo er augenblicklich schmolz, sondern auch in ihren Gesichtern, da es windig geworden war. "Meine schöne Frisur", meinte Sêiichî, so dass man ihn gleich wieder aufziehen musste. "Deine größte Sorge sind wohl echt deine Haare, dabei kannst du die waschen und neu machen, Baka." Man schnappte Ryochi am Arm und zog ihn hinter sich her, bis zur Wohnung. "Man, ist das jetzt aber kalt geworden!" Sêiichî warf die Tür hinter sich zu und verriegelte sie mehrfach. War er vielleicht auch ein bisschen paranoid? "Da ist das Wohnzimmer, mach's dir bequem, ich mache uns einen heißen Tee, sonst kriege ich wieder eine Erkältung, bah." So etwas wollte er nicht haben, wenn er nämlich etwas bekam, dann gleich so, dass er richtig flachlag. "Und trockne dir damit mal die Haare ab." Sêiichî warf seinem Freund ein Handtuch zu, das er locker auffing. "Ja, Papi. Bis gleich." Ryochi schaute sich das Wohnzimmer gleich mal genauer an, lief in diesem herum und ließ den Blick schweifen. "Man könnte meinen, hier wohnt ein verheirateter Mann, nicht zu glauben." Er machte frech einen Schrank auf und fand eine kleine Videosammlung vor. "Ach herrje, er ist eindeutig besessen, was ist das da denn?" Ein unbeschriftetes Video, er schob das Teil in den Videorekorder, machte den Fernseher an und schaute mal, was da so drauf ist. "Oh mein Gott... jetzt filmt er schon sich selbst..." Nach einigen Sekunden bemerkte er, dass da noch jemand anderes war und riss die Augen auf. "Um Himmels Willen, der hat sich doch nicht ernsthaft mit ihr gefilmt?" Obwohl er leise sprach, bekam er jetzt doch leichte Panik, schaltete das Ding aus und verstaute alles wieder im Schrank. ,Was mache ich auch so etwas? Ich sollte mich echt schämen, hier so rumzuschnüffeln!' Sêiichî und ein halbes Sexvideo mit seiner Flamme, das war dann doch zu viel für seine Nerven. Der kam vielleicht auf bescheuerte Ideen... Er begab sich zum Sofa, stieß dort aber auf ein paar Bilder. "Man sieht gleich, wo er hingehört..." Ein Seufzen kam von ihm, da es sich um alte Bilder handelte, auf denen sie alle noch glücklich und zufrieden gewesen waren. Abgebildet waren Yuichi, Sêiichî in der Mitte und Ryo ganz links. Sie hatten wohl im Dreck gewühlt und waren von ihrer Mutter ordentlich ausgeschimpft worden, er erinnerte sich noch an den Tag, an dem sie eine kleine Höhle erkundet hatten und voller Dreck im Gesicht gewesen waren, was ihm einfach Tränen in die Augen trieb. Jetzt waren sie alle erwachsen, führten ihr eigenes Leben, wobei auch der Spaß und die Freude verloren gegangen war. Manchmal wünschte er sich sein altes Leben zurück. Ohne Leid, ohne Unglück, einfach ein unbeschwertes Kind sein. Während er das Foto runternahm, da es über dem Sofa an der Wand hing, rannen ihm die Tränen über das Gesicht und er musste dieses Foto an sich drücken, als würde er sich wünschen, es würde zum Leben erweckt werden, wenn er dies tat. Schon, seit er 14 gewesen war, war sein Leben schlichtweg den Bach runtergegangen, obwohl man denken müsste, dass er eigentlich glücklich war. Seitdem hatte die Schwarze Organisation mitgemischt und sie allesamt auseinandergerissen. Man verlangte von ihnen, dass sie zu dem Zeitpunkt schon erwachsen wurden, ihnen ging die Kindheit verloren. Unter seinen Tränen, die ihm der Trauer wegen kamen, mischten sich auch welche aus Wut, schließlich waren nur die schuld, dass es ihnen dreckig ging. Weil es sie gab, konnten sie nicht glücklich sein. Yuichi musste sein Leben für das seines kleinen Bruders opfern und mit schlechten Leuten verkehren, Sêiichî musste mit ansehen, wie seine Freundin leiden musste und er selbst, ihm wurde die Verlobte genommen. Wann würde der ganze Mist denn endlich zuende sein? Er wünschte sich nichts sehnlicher als etwas Normalität in seinem Leben. Es gab genug Schlimmes auf der Welt, man musste wenigstens diese Organisation stoppen, die alles Böse, das es auf Erden gab, schon einmal verbrochen hatte. Sie und ihr verdammter Boss, der damals ihn selbst haben wollte. Sêiichî konnte ein Schluchzen aus dem Wohnzimmer hören, ließ vom Herd ab, auf dem das Wasser bereits zu sprudeln begann, doch das war ihm jetzt total egal, er rannte - nein stürzte - vorwärts und riss die Tür auf. Er konnte sich nicht mehr genau an den Tag erinnern, an dem er so fertig gewesen war, dass er weinte, wie gerade eben, es zerfetzte ihm brutal das Herz und ließ ihn schlucken. ,Die Fotos, ich Idiot!' Sêiichî legte vorsichtig seine Hände um seinen Körper und nahm ihm dabei das Bild aus der Hand. "Ich hätte sie wegtun sollen, sorry. Ich hab nicht dran gedacht, Verzeihung." Die Tränen standen nun auch ihm in den Augen, er ließ es selten zu, aber wenn er ihn weinen sah, konnte er sich nicht mehr beherrschen, weswegen er ihn jetzt fest an sich drückte, dann weinten sie jetzt eben gemeinsam um ihren Bruder, es sah ja niemand - zum Glück. Der Trost, welchen sie sich gegenseitig spendeten, konnte die Wunden zwar nicht heilen, aber so waren sie wenigstens nicht alleine und konnten sich in der schlechten Zeit beistehen. So war es immer gewesen. Ryochi fühlte sich wirklich wieder wie ein Kind, das Mami verloren hatte und nun hilflos umher irrte. Sêiichî war immer selbstständiger gewesen, er würde alleine klar kommen, da war er sich sicher, nur er wieder nicht. Er brauchte ja eine Frau, um wieder einigermaßen klarzukommen, alleine sein bekam ihm nicht. Doch wenn sie beide ehrlich zu sich selbst waren, kam keiner von ihnen wirklich alleine klar. Wer wirklich alleine klargekommen war, war Yuichi, sonst keiner. Sie brauchten sich gegenseitig, sonst wären sie schon vor langer Zeit zusammengebrochen. Der eine kam ohne den anderen nicht mehr wirklich klar. "Es tut mir so Leid, dass du jetzt leiden musst, weil dein Freund ein Versager ist...", schluchzte Sêiichî, seine Nerven lagen blank, er wusste nicht mehr, ob er es überhaupt wert war, dass man ihn mochte, er machte im Grunde doch nur Ärger, statt hilfreich und nützlich zu sein. Er hätte es verhindern können, er befand sich doch direkt an der Quelle. Stattdessen musste man ihm ständig helfen, wenn er Probleme hatte. In dem Moment wurde ihm das erst so richtig bewusst. "Du bist kein Versager!" raunte Ryochi ihn an, was eher wie ein Krächzen klang, da seine Stimme vom Weinen angegriffen war. Wie kam er nur darauf, dass er ein Versager war? "Ich kleiner Egoist bin einfach bei denen eingestiegen, ohne großartig an die Zukunft zu denken. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Takeshi auch dazu gehören würde und die mich alle wiedererkennen. Ich bin mit am meisten schuld, dass es ihm schlecht ging..." Man hörte ihn schniefen, sein Freund wusste gar nicht mehr, was er noch sagen oder tun sollte. "Rede keinen Unsinn, Sêiichî, er hat damals einfach so entschieden, da mitzumischen, damit er mitbekommt, was die planen." "Ich hätte mir denken können, dass diese ganzen Schweine mit von der Partie sind, ich bin dumm und naiv. Ich habe es mir nicht so schwierig vorgestellt, die zu zerstören. Meine eigene Rachsucht hat mich da reingetrieben, weil ich es Chardonnay nicht durchgehen lassen konnte, dass er es auf dich abgesehen hatte. Schon ironisch, dass er es ausgerechnet auf meine Freunde und meine Familie abgesehen hat. Das riecht ja schon nach Bestrafung. Endlich weiß ich, wie das ist... Das, was ich immer an anderen kritisiert habe. Aus Rache etwas tun, ich sollte schön brav den Mund halten, ich bin nur halb so ein guter Mensch, wie andere denken." Sêiichî wollte wohl gar nicht mehr aufhören zu reden, schon gar nicht von diesem Unsinn. "Der Witz ist, dass Takeshi sein Sohn ist..." Alles kam wieder in ihm hoch. Diese ganzen, kleinen Quälereien, die man ihm als Kind angetan hatte. Er klammerte wie ein hilfloses Kind an seinem besten Freund, so kannte man Cognac nicht, er würde sich nie so kindlich an jemanden klammern, Sêiichî schon. Es gab nur wenige Personen, die ihn so schwach erleben durften, denen er so sehr vertraute, damit er sich gehen ließ. "Takeshi!" Der Name kam voller Verachtung von Ryochi, auch wenn ein Zittern ihn durchfuhr und seine Stimme wackeln ließ. Musste der denn ausgerechnet wie sein Vater heißen? Wenn er jemanden hasste, dann diesen Kerl, der nicht nur seinen Bruder verprügelt hatte, er hatte ihn regelrecht gequält, so einer konnte unmöglich normal im Kopf sein. "Pinot und Teran lieben sich abgöttisch, pff, da können sie Klein-Sêiichî ja gemeinsam wehtun, zusammen mit dem ganzen dreckigen Rest, ich bin ja echt selbst schuld." Cognac machte immer einen auf Obermacker, hatte nie Angst, Sêiichî trug sie ständig mit sich herum. Ryochi war von Sorge förmlich zerfressen. "Wer ist alles hinter dir her?" fragte er leise, wie ein eingeschüchtertes Kind. "Teran und dein Mistkerl von Bruder sind nicht die Einzigen, nehme ich an..." Wie schlimm konnte es noch kommen? Waren Takeshis Psychopathen-Freunde etwa auch dabei? Der Schwarzhaarige zögerte, er wusste nicht, ob er es ihm wirklich sagen sollte, er wollte nicht, dass er noch mehr Angst um ihn hatte. Jetzt musste er wieder den Starken spielen, der er innerlich nicht war. "Bevor ich sterbe, bringe ich sie alle um, also keine Panik. Ich darf das, ich darf mich verteidigen." Er hasste es, wenn er das tun musste, aber ihm blieb keine Wahl, er konnte mit dem Morden nicht mehr aufhören, wenn man es ständig auf ihn abgesehen hatte. Natürlich durfte er das, er brauchte sich vor seinem Freund nicht rechtfertigen. Er vertraute ihm und wusste, dass er so etwas nicht zu seinem Vergnügen machte, sondern, um anderen zu helfen, wie gut, dass er auch an sich dachte und nicht nur an andere. Er selbst musste sich schließlich auch verteidigen. Gerade als Ryochi sich die Tränen wegwischte und erneut fragen wollte, wer denn nun alles mit Pinot gegen Sêiichî war, kratzte dieser sich an der Wange und legte einen verpeilten Blick auf. "Jetzt hast du dir doch nicht die nassen Haare abgetrocknet!" Was sollte das denn nun bedeuten? Verdutzt sah Ryo zu seinem Freund, bis er checkte, was dieser da betrieb. Er wollte ihm nicht sagen, wer alles dazu gehörte und kam ihm deswegen mit dem Handtuch? Nicht zu fassen. "An den nassen Haaren kratze ich schon nicht ab, mein Gott, ich will wissen, wen du mit den anderen gemeint hast. Also?" Seine Stimme war bedrohlich angehoben, er wusste, dass Ausreden nun nicht mehr zählten. Wenigstens weinte er nun nicht mehr, vielleicht würde er wieder damit anfangen, wenn man es ihm sagte? Um ihn zu schonen, suchte er nach Ausreden, hatte daraufhin auch gleich eine Idee. "Pinot ist mit den übelsten Leuten befreundet, was sonst? Alles, was in der Organisation als Mistkerl bekannt ist, ist doch mit dem befreundet. Ich habe keine Angst vor denen, das darf man nicht, dann geht man schnell drauf, die sind link wie sonst was." Er wollte doch bloß nicht, dass man sich Sorgen um ihn machte. "Ich wünsche mir, ich könnte dich da rausholen, euch zwei, ich weiß ja, dass es euch schlecht geht." "Sie kriegt man da so leicht nicht raus. Komm' mir nicht auf Ideen, mich lässt der auch nicht so einfach weg. Wenn man sich einmal hat benutzen lassen..." Dafür fühlte er sich wohl am meisten schuldig. Der Boss mochte Cognac, weil er so ein toller Mörder war, jetzt kam er gar nicht mehr los. "Nicht das auch noch. Und wenn du aufmuckst, geht es dir sehr schlecht, was?" "Bin ziemlich aufgestiegen, nachdem ich Silvaner umgelegt habe..." Er seufzte leicht. "Ich bin einer der Besten, na Freude. Darauf kann man sich echt was einbilden, wenn man böse ist, zumindest." Er bildete sich darauf nur zum Schein etwas ein, er war überhaupt nicht stolz auf seine Killerkarriere. "Und jetzt musst du Leute töten, echt gut gemacht, Sêiichî." "Keine Panik, er gibt mir nur spezielle Aufträge und... meistens lassen wir die Leute verschwinden, wenn sie nichts Böses getan haben. Wir sind da recht trickreich, aber wir müssen aufpassen. Und Pinot wird mich nicht verraten, er will mich weiterquälen." "Dieser Mistkerl." Armer Sêiichî, er hatte es echt gut getroffen. Jetzt war es Ryochi, der seinen Freund festhielt, er sollte wegen so etwas jetzt bloß nicht deprimiert werden. "Und ich heule hier rum, unfassbar." "Ist schon gut, ich komme klar, ich finde es nur furchtbar, wenn es dir so schlecht geht." "Mir geht es jetzt schon ein wenig besser, weil du da bist..." "Das freut mich. Auch wenn ich dir wohl kaum beide ersetzen kann..." Er seufzte leicht in sich hinein, währenddessen setzten sie sich endlich mal hin, nachdem sie die ganze Zeit vor der Couch gestanden hatten. Die Zeit stand still, so kam es beiden zumindest vor. Für ein paar Stunden hatten sie hoffentlich ihre Ruhe und konnten sich wieder ein wenig von den Strapazen erholen, auch wenn der Schmerz wohl nicht so schnell vergehen würde. Ruhe wurde ihnen wohl nicht gegönnt, denn keine 2 Minuten später - sie hatten gerade die Augen geschlossen und sich Entspannung gegönnt, da hörte man Sêiichîs Handy. ,Ich hätte es abstellen sollen.' Er rannte zum kleinen Tisch neben der Couch und nahm es vom Ladegerät. Die Melodie, die es spielte, kannte Ryochi nur zu gut. Warum erinnerte ihn andauernd etwas an zwei Menschen, die ihm abhanden gekommen waren? Wollte man ihn jetzt auch schon anfangen zu bestrafen? Sêiichî verdrehte die Augen. "Nichts Wichtiges", sagte er, ignorierte, dass jemand etwas von ihm wollte und schaltete es ab. "Der gleiche Klingelton", gab Ryochi daraufhin monoton von sich. "Wie bitte?" Sêiichî konnte damit nun echt nichts anfangen. "Du hast den selben Klingelton, wie Shina... hat", seufzte der Detektiv, so dass Sêiichî ebenfalls ein Seufzen von sich gab, das Handy wieder einschaltete und einen anderen Klingelton einstellte, damit ihn sein dummes Handy nicht andauernd an so etwas erinnerte. "Wusste ich nicht, ich weiß so gut wie nichts über euch Zwei." "Ist ja nicht so wichtig", er winkte ab und tat, als würde es ihm nichts ausmachen, doch das tat es. "Ich habe einfach kein Glück mit so etwas." Sêiichî setzte einen traurigen Blick auf. "Das denke ich nicht. So was ist eben Schicksal. Ich weiß jetzt gar nicht, was ich sagen soll." "Am besten nichts, es ist ja immerhin mein Bier. Wenn die beiden mich nicht hätten retten wollen.. dann..." Nicht schon wieder! Sêiichî rutschte an seinen Freund ran, lehnte sich etwas an seine Schulter. "Gib nicht immer dir die Schuld an so etwas." "Wieso nicht? Siori hat mich gefangengehalten und sie sind gekommen, weil sie mich befreien wollten. So war es, das weiß ich ganz genau!" Er verbarg sein Gesicht vor seinem Freund, legt den Kopf auf die Knie. "Wäre ich alleine klargekommen, dann wäre das alles doch gar nicht geschehen." "Dann wäre vielleicht irgendwas anderes passiert", kam vom Schwarzhaarigen mit einem Seufzen. Ryochi hatte wirklich außerordentliches Talent dafür, sich an allem schuldig zu fühlen. "Ja, dann wäre ich wenigstens nicht schuld." "Dann würdest du auch was finden, an dem du schuld sein könntest, ich kenne dich doch. Und jetzt hör endlich auf dich selbst fertig zu machen, du bist schon genauso schlimm wie Wataru." "Du würdest genauso denken, wenn einer deiner besten Freunde, nur deinetwegen in so einen Saftladen einsteigen würde und dann auch noch verschwinden würde. Weißt du wie schrecklich diese Ungewissheit ist? Was, wenn er irgendwo ist, und unsere Hilfe braucht? Diese Untätigkeit macht mich so was von krank, weißt du?" "Steiger dich da nicht rein, Ryo-chan. Sonst drehst du noch komplett durch. Denk einfach nicht mehr dran." Ihm gelang das doch auch halbwegs, wenn auch nicht ganz. "Außerdem braucht er sicher keine Hilfe, wenn er denn am Leben ist. Bisher hat er sich selbst helfen können, außerdem weiß selbst Carpanos Schwester nicht, wo er abgeblieben ist. Und jetzt kommt es, die ist auch mit Shina befreundet. Wenn sie keine Ahnung hat, dann auch sonst niemand. Außerdem bin ich sicher, dass Tatsuji nach ihm sucht. Wenn er Hilfe braucht weiß er das als erstes..." Hoffentlich war das wirklich so. "Toll. Den hat es auch zweifach getroffen, ich stelle mich vielleicht an. Ich sollte mit diesem Egoismus aufhören und was dagegen machen..." Der Detektiv hatte sich erhoben. "Jedenfalls nicht untätig rumsitzen." Sêiichî sprang nun auch auf und ging ihm nach. "Hey, warte mal, was meinst du denn damit jetzt?" Dass der Kriminalist gerade nicht im Geringsten wusste, was gespielt wurde, gefiel ihm überhaupt nicht. "Es wird Zeit, dass ich mich selbst verteidige..." Um Himmels Willen, jetzt war er wohl vollkommen am Durchdrehen. "Siori weiß sicher mehr, und wenn sie den Mund nicht aufmacht, wird ihr das sehr Leid tun." So kannte er ihn nicht und es gefiel ihm auch nicht, er sollte nicht aus Verzweifelung handeln. "Lass mich das machen..." "Wieso? Weil ich das nicht alleine hinkriege? Nein, nein, die Zeiten, in denen man mich bloß beschützt hat, sind vorbei. Kümmere dich um deine Angelegenheiten und lass mich das selbst regeln." "Kommt gar nicht in Frage, das lässt du schön sein!" Sêiichî stellte sich zwischen seinen Freund und die Tür. "Du kommst jetzt wieder runter. Er ist eingestiegen, weil du so weit weg wie möglich sein sollst. Du sollst dich nicht mit denen anlegen, also tu mir den Gefallen, ja? Ich bin ja noch da." Sollte Yuichi noch leben und sein Bruder machte solche Sachen, würde es am Ende noch Sêiichî treffen, er wollte nicht, dass er wieder einen Grund hatte, um wütend auf ihn zu sein, deswegen musste er es verhindern. "Geh mir jetzt aus dem Weg, du benimmst dich kindisch, Sêiichî. Ich nehme ja meine Waffe mit, nur zum Selbstschutz und ich verspreche dir, diesmal drücke ich ab, wenn es sein muss." "Nicht, Ryo, sag nicht so etwas." Solche Sachen wollte er nicht hören, er wollte verhindern, dass sein sauberer Freund jetzt auch noch auf Menschen schoss, das passte doch gar nicht. Aber wie sollte er ihn davon abhalten? Wenn der sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es durch, wogegen man wenig machen konnte. Kapitel 2: Being Powerless -------------------------- War gar nicht so einfach XP Hab mir am Ende was abgebrochen, weiß aber nicht wieso *dropz* Nette Ereignisse haben wir da.. X'D Ich gestresste arme Melo träume von Stress, wahahahaha, war doch mal wieder klar XD Der Teil ist im Gegensatz zum Nächsten voll harmlos ._." im Nächsten gehts erst richtig los ~.~" Also dann, ich denke, ich verzieh mich wieder ^^ Ich hatte für die FF viel Zeit, hatte ja ne Weile kein Internet, bin froh wieder welches zu haben ~.~' Baibai XD *alle knuff* Es war still, bis auf ein paar Schüsse, welche die Stille zwar nicht störten, da derjenige einen Schalldämpfer benutzte, ebenso wie sie, allerdings hörte man ein anderes Geräusch - das Tropfen von Blut in Schnee und kleine Schreie, die ihr des Schmerzens wegen über die Lippen kamen. Nur einen Schuss hatte sie auf den Kerl abgegeben, dafür war sie jetzt aber auch förmlich gelöchert worden und war im Schnee gelandet, wo sie nun heftig atmend lag. Mehr war nicht in seinem Sinn, er wollte sich nur eine Runde amüsieren und ihr zeigen, wie mies sie als Killerin eigentlich war. "Ich frage mich, warum dich der alte Knacker noch duldet, Miststück." Ein gehässiges Lachen war von ihm zu hören. Schwach schaute sie hoch, ihre Augen fielen ihr beinahe zu, aufgegeben hatte die blonde Frau allerdings noch nicht. Dieses verdammt dreckige Grinsen, das er ihr stets zuwarf, war Grund genug dafür. Sie packte eine Hand voll Schnee und warf ihm diesen direkt ins Gesicht, dann sprang sie hastig auf. Noch während er sich über das Gesicht fuhr, da er Schnee in die Augen bekommen hatte, zielte er auf den kleinen Fleck, der sich zu bewegen begann. Sekunden verstrichen, Schüsse fielen, doch getroffen wurde sie diesmal nicht, da seine Augen tränten und er somit nicht klar sehen konnte. Sie hatte sich nun aufgerappelt und rannte in irgendeine Seitengasse hinein, nach einem Zufluchtsort suchend. Nach ein paar Metern machte sie fast schlapp, ging zu Boden, stand allerdings noch einmal auf, in all ihrer Angst, die sie vor diesem Mann hatte, der sie hundertprozentig verfolgte und wieder auf sie schießen würde. Heute verlor sie mehr Blut als sonst, das war ihr schon, als es in den Schnee getropft war, aufgefallen. Was war bloß los mit ihr, dass sie so ein kleines Gefecht schon so umhaute? Sie müsste es eigentlich gewöhnt sein. Man konnte das Zerknautschen von Schnee hören, ein eindeutiges Indiz dafür, dass irgendjemand ganz in der Nähe den Schnee zertrampelte, indem er durch ihn lief, doch dann hatte sie ein Rauschen im Ohr und fiel einfach um, blieb regungslos in der eiskalten Schneedecke liegen. Ein Mann in rabenschwarzen Klamotten entdeckte die junge Frau am Boden, in ihrem eigenen Blut liegend, was ihn nun doch schockte. Er musste dringend handeln, sonst würde sie hier noch verbluten, also hob er sie fix vom Boden auf, wobei man noch deutlicher sah, wo genau sie blutete. "Oh mein Gott...", durchfuhr es ihn, es war wirklich nicht mehr viel Zeit, also haute der Kerl mit ihr ab und fuhr sie auf schnellstem Weg ins Krankenhaus... In der Zwischenzeit war ein 23-jähriger Detektiv gerade dabei einige Personen zu beobachten, wobei er bei einer jungen, rothaarigen Schönheit hängen blieb und sie mit einem Grinsen fixierte. ,Hab ich dich', dachte er nur, schaute ihrem Ferrari nach, in den sie einstieg, worauf er eine blaue Sonnenbrille aufsetzte. Als sie Gas gab, ließ er ihr einen kleinen Vorsprung, fuhr ihr dann jedoch nach. Durch seine Ermittlungen hatte er sie wiedergefunden. Sich zu verstecken, war vollkommen umsonst, sie würde ihm nicht wieder entwischen, diesmal würde er sie stellen. Sie fuhr recht schnell, also gab auch er Gas. Auf der Hauptstraße fuhr ein Porsche an ihm vorbei, ohne dass er ihn bemerkte, genauso wenig, wie den Insassen... Drei Stunden waren vergangen, bis die blonde Frau wieder zu Bewusstsein kam. Sie lag in einem Bett, erinnerte sich an rein gar nichts. Kopfschmerzen plagten sie, so dass sie mit beiden Händen zu ihren Schläfen ging und mit den Fingerkuppen darüber fuhr. "Oh man, ein Kater, hab ich getrunken...?" Noch total benebelt sah sie zum Fenster, irgendetwas war seltsam, aber sie wusste nicht, was es sein sollte. Ein totaler Blackout. Doch dann überkamen sie Bilder, die ihre Augen groß werden ließen. Ja, sie hatte heute sehr viel mehr Blut verloren als sonst, war in Ohnmacht gefallen, aber dann? Wie war sie bloß ins Krankenhaus gekommen? Alles total egal, sie stand hektisch auf, wobei ihr doch sehr schwindelig wurde, so dass sie erst einmal zurückfiel und etwas die Augen verdrehte, bis sie, sehr geschwächt zwar, wagte, sich im Bett aufzusetzen. Krankenhäuser hasste sie sowieso und sie wollte nicht hier sein, also zog sie sich ihre Schuhe an, die vor dem Bett standen und ging zum Kleiderschrank für Patienten hinüber. Hastig zog sie sich ihr schwarzes, enges Kleid über, bemerkte dann aber, dass die Verletzungen noch immer schmerzten. "Jetzt erinnere ich mich, das war Akai, wer auch sonst?" Ein schweres Seufzen verließ ihre Kehle, sie betrachtete sich in einem Spiegel. Scheußlich - das war alles, was ihr einfiel, sie sah richtig scheiße aus, wie kurz nach dem Aufstehen, das war Grund genug für sie, um Schminksachen aus dem Schrank zu holen, welche sie in ihrem Mantel gehabt hatte, der zwar voller Blut war und in einer Plastiktüte steckte, aber sie wollte nichts wie weg. Und nichts da, mit dem sie sich etwas hätte verkleiden können, weswegen sie sich den Mantel anzog und den Kragen weit in ihr Gesicht zog, um dieses ein klein wenig zu verdecken. So ging sie dann nach draußen und verschwand spurlos aus dem Krankenhaus. Als die Schwester kam, um nach der armen Frau zu sehen, die heute ihr Kind durch einen Unfall verloren hatte, war sie nicht mehr da... Unterdessen war Sêiichî auf dem Schreibtisch liegend eingenickt und träumte etwas aus seiner Kindheit. Er war mit seinen Freunden unterwegs. Sie tollten auf einer großen Wiese, doch auf einmal taten sich Schluchten auf und einer nach dem anderen wurde von diesen förmlich verschlungen. Am Ende war ihm bloß Ryochi geblieben, der an seinem Arm hing und sich an seinem besten Freund festhielt. Dann tauchte eine schwarze Gestalt auf, die sich als Chardonnay herausstellte und auf beide schoss. Über ihm konnte man eine Tafel entdecken, auf denen Bilder zu sehen waren. Es war Baileys, die diese versuchte auszuradieren. Er versuchte sie davon abzuhalten. Wenig später tauchte seine Freundin hinter ihm auf, die total durchlöchert, nein, eher an einigen Stellen durchsichtig war, was bedeutete, dass sie nicht mehr ganz vorhanden war. Etwas von ihr fehlte. Auf einmal befand er sich nicht mehr auf einer Wiese, sondern im Schnee, weit und breit gab es nichts anderes mehr, nur eine rote Stelle, auf die er zuging und dort einen Mann in seinem Blut sah. Er hatte kein Leben mehr in sich, lag einfach nur da, der Blutfleck war weitaus größer als er selbst. Er beugte sich zu ihm hinab, wagte es jedoch nicht wirklich ihn anzufassen. Dann war sie wieder da und sagte ihm, er solle endlich aufhören zu klammern, weswegen er sich herumdrehte. Ihr Gesicht war eiskalt - schon wieder. "Du weißt doch, so geht es uns allen - eines Tages - gewöhn dich dran!" Sie schrie ihn an, warum tat sie das eigentlich? Er hatte nie Angst gehabt, eines Tages so zu enden. Dass Yuichi tot im Schnee lag, konnte ihn nicht kalt lassen und doch verlangte sie danach. Ein männliche Stimme erklang an seinem Ohr, was ihn jetzt doch total verwirrte. Er zuckte, also war er nahe dran, aufzuwachen. Na gut, dann war er eben fies. Kôji hielt seinem Kollegen einfach die Nase zu und wartete ab, bis er keine Luft mehr bekam und aufsprang. "Na, du Schlafmütze, hast du wenigstens einigermaßen schön geträumt?" Der Angesprochene war noch immer verwirrt, konnte sich allerdings genau daran erinnern, was er da für einen Unsinn geträumt hatte, auch wenn er innerlich wusste, dass das bloß seine Ängste waren. "Klar, klar, war mal wieder ordentlich pervers", meinte er, als er sich gefangen hatte. Er konnte doch nicht auf der Arbeit einschlafen, also wirklich. "Jemand hat einen Verdächtigen gesehen, der wie mein Cousin aussieht, ganz in der Nähe. Was machst du jetzt?" "Wo hat man ihn gesehen?" "In der Nähe des Hafengebietes, aber sei vorsichtig. Wenn er dort ist, sind da vielleicht noch mehr. Es wäre besser für dich, wenn du als Cognac dahin gehst, um zu schnüffeln. Es würde nicht gut ausgehen, wenn die dich als Kriminalist dort entdecken..." Kôji hatte es ihm nur zugeflüstert, aber er wusste es im Grunde selbst. "Ich habe meine Klamotten im Auto gut versteckt, ich zieh' mich dann einfach um, darf nur eben kein Polizeiauto nehmen..." Kôjis schlimmste Ängste waren wahr geworden. Yuki war in der Organisation, mit Sicherheit hing er mit Gin rum. Wenn das ihr Cousin Shuichi erfuhr, würde er ihn vor lauter Wut sicher über den Haufen schießen. Dass Gin keine Gefahr mehr war, wussten sie ja noch nicht... Siori war angekommen und stieg aus. Ihren Cousin, der um die Ecke geparkt hatte, sah sie noch nicht. Ahnungslos schloss sie ihr Fahrzeug ab und machte sich auf den Weg zu ihrer Freundin, die auf sie wartete. "Hast du es sehr eilig?" Erschrocken drehte sie sich herum. "Warum schleichst du dich so an, Ryo-chan?" "Ich wollte dich erschrecken, was sonst?" Hatte der was getrunken? Das war doch sonst nicht seine Art. Er lehnte sich gegen ihr Auto, grinste dabei doch recht schäbig. "Ich wollte mal eine Weile mit dir alleine sein, reden und mal sehen, was noch." So geil wie sie auf ihn war, würde sie sicher naiv darauf eingehen und mit ihm wegfahren. Er wollte nur etwas außerhalb mit ihr sein, wenn er sich mit ihr unterhielt, damit ihr nicht irgendjemand helfen konnte. Falls sie ihn wieder überfallen würde, hatte er noch seine Waffe, um sie von sich fernzuhalten. "Mit dir würde ich überallhin fahren." In dem Punkt war sie echt naiv, wie er zuvor schon gedacht hatte. "Na, dann komm, fahren wir mit meinem Auto." Dass sie ihm echt noch vertraute, nachdem, was sie getan hatte? Ihm sollte es nur Recht sein. "Aber während der Fahrt lass bloß deine Hände bei dir, sonst haben wir noch einen Unfall, wollen wir ja nicht, oder?" "Damit kann ich ja bis später warten." Er schluckte den Ärger runter, sagte jedoch nichts. ,Die denkt echt, sie darf mich anfassen, wie dumm bist du geworden, Sawatari? So was macht echt blind! Das einzige, was ich mit dir anstelle, ist dich dazu bringen, dass du alles gestehst und dann lasse ich dich einsperren.' Armer Ryochi, er war ja so einsam, sie hatte gewusst, dass er irgendwann bei ihr landen würde, das war vorherbestimmt gewesen. Er brauchte eben doch eine Frau, jetzt hatte sie ihn endlich da, wo sie ihn haben wollte. Ihm war klar, was in ihrem besessenen Kopf vorging, sie freute sich jetzt, weil er mit ihr Auto fuhr, die war eben so dämlich und glaubte ihm alles. Na, umso besser, ein schlechtes Gewissen hatte er jedenfalls nicht. Nach 5 Minuten kamen sie beim Wald an. "Ryo-chan, du kleiner Schlingel, was willst du denn mit mir im Wald?" Sie tat total unschuldig, das Getue ging ihm auf die Nerven, so dass er ausstieg. "Das wirst du ja sehen." Sie folgte ihm, der doch sehr schnell in den Wald hinein ging. "Jetzt warte doch mal, renn doch nicht so." Sein Gesicht hatte eine ziemlich monotone Miene inne, fast eiskalt, er ging immer weiter und hörte nicht auf sie, bis sie weit genug in den Wald gegangen waren. "Ziemlich dunkel hier, Ryo, ich hab' Angst." Sie klammerte sich an ihn, was seinen Körper eine Welle der Abscheu spüren ließ. "Erspare es mir, okay, Sawatari?" Er löste sich von ihr. "Für wie bescheuert hältst du mich überhaupt? Denkst du, ich will eine haben, die meine Verlobte und meinen Bruder, wie es aussieht, in den Tod getrieben hat?" So naiv konnte doch kein Mensch sein. "Was hast du denn auf einmal, du warst doch so nett!" Sie war verzweifelt, wollte doch nur, dass er sie mochte, war das zuviel verlangt? "Was ich habe?" Er lachte gehässig. "Zwei Menschen verloren und das ist deine Schuld!" Ihm riss der Geduldsfaden, so dass er ihr ins Gesicht schrie und sie zusammenzuckte, bevor sie zu Boden ging und dort heulend kniete. Er bemühte sich wirklich, sie nicht zu bemitleiden. "Das war doch keine Absicht...", schluchzte sie. "So, war es nicht? Versuch' mich nicht für dumm zu verkaufen! Ich habe die Ruine unter die Lupe genommen und noch die Pfeile gefunden. An Blut war auch nicht gespart worden. Und es war auf keinen Fall meines. Ich war ja kaum verletzt, bis auf einige Schürfwunden. Du bist krank, Siori! Ich schäme mich, mit dir verwandt zu sein! Du besessenes Miststück!" Der scharfe Ton in seiner Stimme, machte ihr fast Angst. "Verzeih mir, ich wollte Yuichi doch nicht umbringen!" "Das glaube ich dir fast noch, ja, aber du wolltest jemand anderen wegschaffen..." Er schloss die Augen, um Ruhe zu bewahren. "Du hast nur an dich gedacht, du verdammtes Miststück! Du hast nur daran gedacht, dass sie meine Verlobte ist, die ich heiraten wollte und ohne Gewissen gehandelt. Du hast mich im Grunde doch nur entführt, damit sie in deine Falle tappt. Tja, dann hat Carpano", seine Stimme zitterte nun, "wohl Wind davon bekommen und ist gemeinsam mit ihr dort aufgekreuzt. Die Leute hatten wohl den Auftrag, auf alles zu schießen, was da rein kommt und so hast du sie bis zum Schluss gequält, das ganze Blut sagt alles. Und daraufhin hast sie auch noch hochgehen lassen." Sie sollte endlich mit diesem unschuldiges Mädchen-Getue aufhören, sie war 22 Jahre alt und musste wissen, was sie da tat, wenn nicht, gehörte sie in eine Anstalt. Siori wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Dieses falsche Miststück hätte dir auf die Dauer eh nicht gut getan. Statt dich darüber aufzuregen, dass es sie erwischt hat, solltest du mir eher dankbar sein, dass ich dich von ihr befreit habe. Denk' nur dran, was die dir schon so alles angetan hat. Du hast mir so Leid getan, mit dieser missratenen Pute." Er hatte ihr Leid getan? Dumm für sie, dass er ihr diesen Unsinn nicht abkaufte. "Ich war glücklich mit ihr! Du hast dir selber Leid getan. Nicht ich dir. Nein, nein, das kannst du mir nicht weismachen. Ist dir wenigstens klar, dass du mir das Herz gebrochen hast? Ein schlechtes Gewissen hast du aber trotzdem nicht! So etwas gehört in den Knast gesperrt, hast du das jetzt verstanden?!" Er brüllte sie an, eine andere Sprache verstand sie doch nicht mehr, wie es schien. Ryochi hatte keine Lust darauf nett zu ihr zu sein, das war nicht seine Aufgabe. Ihr kamen wieder die Tränen. Dass er sie so behandelte, nachdem sie ihm einen Gefallen getan hatte, war einfach ungerecht. "Du bist unfair, immerhin hat sie immer nur die Organisation interessiert! Für die hat sie dich hängen lassen, immer wieder, vergiss das nicht." "Hast du mir nicht zugehört? Darum geht es nicht, sondern darum, dass du ins Gefängnis gehörst!" Er seufzte. "Und ich werde dafür sorgen, Siori Sawatari, darauf kannst du Gift nehmen, ich bin nicht umsonst Detektiv. Wenn du Leute ermorden willst, bin ich der falsche Freund für dich!" Er schnappte grob ihr Handgelenk und fischte ein paar Handschellen aus seiner Jackentasche, so dass sie sich ihm an die Brust warf und zu heulen begann, in der Hoffnung, ihn erweichen zu können. "Du bist mit schuld, ich habe es ja schließlich für dich getan! Du hast mich dazu getrieben, weil ich dich liebe und dir helfen wollte! Ich kann nichts dafür!" Sie war verzweifelt und griff nun zu drastischen Mitteln. Wie sie an ihm klammerte, gefiel ihm gar nicht, er wollte nicht so von einer mutmaßlichen Mörderin umarmt werden. "Siori, lass mich jetzt los, es hat keinen Zweck, ich werde dir weder vergeben, noch dich verschonen, auch wenn du mich noch so sehr mit Engelsaugen und Tränen in ihnen anflehst. Es ist vorbei. Ich habe dich überführt, jetzt wirst du bestraft!" Er wollte sie von sich drücken, doch sie hielt sich dermaßen an ihm fest, dass er es nicht schaffte und fester gegen ihre Schultern drückte. "Ich will nicht!" meinte sie hysterisch und heulte weiter an seiner Schulter. "Was du willst und was nicht, ist mir ehrlich gesagt scheißegal!" Die Rothaarige schüttelte hastig den Kopf, bohrte ihre Fingernägel förmlich in seinen Rücken, denn sie wusste genau, dass er nur verletzt war, was sie verstehen konnte, aber im Grunde wollte er doch nur sie. Das alles hatte sich schon seit langem in ihrem Kopf festgesetzt, niemand passte besser zu ihm, niemand liebte ihn so, wie sie, alle anderen nutzten ihn doch bloß aus. "Sie hat dich total unter Kontrolle, selbst jetzt noch, wenn sie gar nicht mehr hier ist, kontrolliert sie dich. Sie hat deinen Willen manipuliert und dir ihren aufgezwungen!" kam unbeherrscht und voller Zorn von ihr, während sie ihn auch nicht losließ, obwohl er sie von sich zu drücken versuchte und das nicht gerade sanft. "Verdammt, Siori, du bist reif für die Irrenanstalt, also wirklich! Ich will nichts von dir! Das redest du dir ein! Und jetzt hör endlich auf mit dieser Klammerei! Und rede nicht so über sie, sie bringt keine Leute um die Ecke, verdammt noch mal, das machst du!" Er atmete schwer, die raubte ihm noch den allerletzten Nerv. "Das ist nicht wahr!" widersprach ihm die 22-jährige, sah hoch in sein Gesicht. "Deine Augen sagen etwas ganz anderes. Du bist traurig und verletzt, weil Yuichi etwas zugestoßen ist! Du denkst, ich sei schuld, aber das ist nicht so, schuld ist Shina, weil sie ihn mitgenommen hat! Vielleicht hat die ihn da drin auch über den Haufen geschossen, die schießt ja gerne mal auf Leute, nicht so wie du, ihr habt nie zueinander gepasst!" Sie drückte ihren Kopf an ihn. "Die hat Syrah und Vermouth mehr als einmal Kugeln verpasst, so eine liebst du. Sie ist eiskalt, so wolltest du doch nie werden, du bist ein liebevoller Mensch, also binde dein Herz nicht an eine tote, eiskalte Hexe!" Nicht zu glauben, dass das eine Mörderin sagte. "Syrah hat sie angeschossen, weil sie ihr was Böses wollte, das wissen wir ja alle!" Dass Shina Vermouth angeschossen hatte, stammte mit Sicherheit von Syrah, oder ihm war etwas entgangen. "Es ist ihr Recht, sich zu verteidigen und jetzt lass los, oder ich nutze dieses Recht aus, ist das jetzt bei dir angekommen, du Verrückte?!" Er drückte ihr die Waffe an die Seite und schaute sie mit einem bedrohenden Blick an. "Du wirst nicht abdrücken, Ryo, denn du liebst mich." Bei der war alles verloren, so kam es ihm vor. Er sagte ihr schon seit Jahren, dass er nichts von ihr wollte, aber sie ignorierte das alles einfach. Ihr Hirngespinst, dass er sie ja liebte, sagte doch alles, sie war nicht ganz dicht. Bevor er etwas sagen konnte, drückte sie ihm überraschend die Lippen auf, so dass er angewidert den Kopf zur Seite wandte. "Wenn du nicht augenblicklich loslässt, schieße ich, bring' mich lieber nicht so weit, wer weiß, zu was ich fähig bin?" "Ich habe eine viel bessere Idee, wenn du es auch nur einmal zulassen würdest, ginge es dir viel besser. Dann vergisst du die dumme Schlampe, die mit Teran Spielchen gespielt hat. Was denkst du, warum Syrah so verhasst auf sie war?" Die Frau lachte total psychopathisch auf. "Dieses hinterhältige Drecksstück hat es mit ihm getrieben, ich habe es gesehen, und wie die stöhnen kann, wie ein kleines Flittchen." "Hör auf, Siori, du spinnst dir etwas zusammen..." Er wollte das alles nicht mehr hören, seine Welt drehte sich im Kreis, er fühlte sich so geschwächt, dass er beinahe mit ihr umgekippt wäre, aber das durfte ihm nicht passieren, dann vergriff die sich noch an seinen Klamotten und versuchte ihn zu vergewaltigen, das würde er ihr durchaus zutrauen. "Ich bin noch nicht fertig! Erinnerst du dich nicht mehr daran, als sie entführt wurde? Das hat dieses Miststück doch nur getan, um dich loszuwerden, sie hat dich die ganze Zeit mit Takahashi betrogen, der ist doch ein völlig anderer Typ, wie du, wie soll die dich denn lieben? Sei endlich vernünftig und sieh' ein, dass ich dir nur einen Gefallen getan habe. Damals, als sie euer Kind verloren hat, das war doch sowieso Absicht, der Gedanke an ein Kind mit dir, hat sie doch angewidert, sie wollte ja lieber von Teran geschwängert werden! Dieser widerliche Mistkerl! Wie kann sie dir so etwas nur antun?" Sie schniefte und fuhr ihm hinten unter den Pullover, sogar in seine Hose hinein, um sein T-Shirt, das er drunter trug, aus dieser zu ziehen und an seine Haut ranzukommen. Er ekelte sich vor dieser Tussi, so dass er in Panik ausbrach und sie angsterfüllt versuchte von sich zu bekommen. Die hatte einen gehörigen Dachschaden, wusste die denn überhaupt noch, was sie tat? "Sie wollte nichts von Takahashi und würde auch nie was von dem wollen, wie kommst bloß auf diesen Scheiß?! Wenn sie jemals was mit dem gehabt hätte, dann hätte er sie vergewaltigt!" "Pah, vergewaltigt, die hat ihn beritten, die fand das ganz toll. Und gestöhnt hat sie, ich sag's dir, wie eine Hure! Passt doch zu ihm! Arschloch und seine Hure! Das ist ja auch der Grund dafür, dass sie abgetrieben hat! Deswegen... deswegen bereue ich es kein bisschen, dass ich ihr den Rest gegeben habe. Ich würde es jeder Zeit wieder tun!" Obwohl ihm schon seit dem Gedanken, dass sein missratener Cousin Shina vergewaltigt haben könnte, Tränen in den Augen standen, bohrte sie weiter nach und brachte ihn jetzt wirklich zu einem Heulkrampf. Während sich in ihm alles voller Schmerz zusammenzog, verkrampfte er seine Hände dermaßen, dass er einen Schuss auslöste, wodurch sie unterhalb der Schulter rechts in die Brust getroffen wurde, was sie jetzt doch schockte. Nun ließ sie ihn doch los, taumelte nach hinten gegen einen Baum, wo sie sich die Hand gegen die Wunde presste. "Jetzt... bringt sie dich... auch noch... so weit." Schockiert schaute er sich das Resultat des Schusses an und legte sich die Hand vor den Mund. War er das gewesen? Hatte er wirklich abgedrückt? Er wusste gar nichts mehr. Das konnte doch unmöglich er gewesen sein, oder doch? Er schaute auf die Waffe in seiner Hand, man sah noch, dass eine Kugel abgefeuert worden war, da ein wenig Rauch aus dem Lauf trat. "Ryo... hilf mir... bitte... ich verblute... das kannst du... nicht wollen", warf sie ihm verzweifelt entgegen, wobei sie kurz hustete und Blut spuckte. Wenn er ihr half, würde sie es doch nur wieder als Indiz dafür sehen, dass sie Recht mit allem hatte, trotzdem konnte er seine Cousine doch nicht hier einfach sterben lassen, nur weil sie psychisch nicht ganz da war. Hastig holte er sein Handy aus der Jackentasche und wählte die Notrufnummer. "Moshi Moshi. Ich befinde mich gerade im Wald, der Richtung Haido führt. Etwa einen Kilometer von Tokyo aus, Richtung Süden. Es ist jemand angeschossen worden, in rechte Brust. Sie blutet stark..." Er ging zu ihr hin, fasste ihr an den Hals, wehe die verstand das jetzt gleich wieder falsch. "Ihr Puls ist schon ziemlich schwach, beeilen Sie sich!" Die Verzweiflung nahm ihn nun vollkommen in Beschlag. Wenn man sie nicht rettete, würde das heißen, dass er jemanden aus Wut erschossen hatte, so etwas durfte einem Detektiv nicht passieren - fand er zumindest. Das Hafengebiet wurde von einzelnem Tuten der Schiffe kam, erfüllt, es war recht laut hier, wobei die Möwen auch ihren Teil beitrugen, indem sie schrieen. Typisch für so einen Ort. Der Mann in Schwarz mit einer ebenso schwarzen Sonnenbrille, schaute sich vorsichtig um, lauschte ein wenig, doch bisher hatte er nichts Verdächtiges entdecken können. Weit und breit waren nur Arbeitende, wobei er diese auch etwas unter die Lupe nahm, wahrscheinlich war er hier der einzige, der sich verdächtig benahm. Er spazierte einfach so rum, aber niemand schien Notiz von ihm zu nehmen. Anscheinend dachte man, er würde nur einen Spaziergang machen. Der Schock kam wenig später, er hörte eine sehr vertraute Stimme, die sich ein wenig aufzuregen schien. "Soll das ein Witz sein, Torino?" fauchte sie ihn an und schnappte ihn am Kragen - wie immer voll in Rage war sie, zeigte ihr Temperament. "Nein, kein Witz, Vermouth, ich bin stinksauer. Wenn du die Schlampe los sein willst, musst du es mir nur sagen, und ich mach' die platt!" Worum es ging, wollte Cognac jetzt doch wissen, auch wenn er sich unwohl fühlte, immerhin spionierte er nicht nur Yuki Ichihara aus, der sich als Torino herausgestellt hatte, sondern auch seine Freundin, aber ihm blieb im Moment keine Wahl. Warum stritten die verdammt noch mal? "Die Kugeln, welche ihn getötet haben, waren eindeutig nicht von deiner Waffe, ich habe dir doch nie unterstellt, dass du es warst, es kann daher nur Baileys gewesen sein, wer sonst? Aber warum hat sie das getan? Das verstehe ich nicht!" "Weil sie nur eigene Interessen hat, Torino, that's it. Vielleicht ist er ihr auch auf die Schliche gekommen, weil sie sich komisch verhielt?" "Oder sie will irgendwen auf ihre Seite bringen, Vermouth. Du weißt doch, sie ist mit allen Wassern gewaschen. Wer hat was gegen Gin, außer Jami und Flavis? Pinot vielleicht?" Sêiichî grinste innerlich - wie überzeugend sie war, nicht zu fassen. Vermouth tat, als würde ihr an Gin ernsthaft etwas liegen, auch wenn er das gar nicht verstand, weswegen, anscheinend standen Torino und Gin sich sehr nahe, hatte das damit zu tun, dass er vielleicht...? Grübelnd versteckte Cognac sich hinter einer Lagehalle, verstand jedes Wort, ohne dass man ihn bemerkte. ,Er hasst Kôji, Gin ebenfalls, was ist das für eine seltsame Verbindung? Allerdings wird dieser Scheißkerl nie wieder Ärger machen. Kôji sowieso nicht. Wie erleichternd.' Dass es Gin erwischt haben sollte, tat ihm so gar nicht Leid, auch wenn es ihm ebenfalls ein Rätsel war, wieso Baileys als Vermouth jemanden wie Gin ermorden sollte, es war schlichtweg seltsam. Sie hatte Gin doch stets benutzt, um Vermouth etwas anzuhängen, wenn sie ihn also umgebracht hatte, musste das einen bestimmten Grund haben. Vielleicht hatte er wirklich etwas herausgefunden, was ihr missfiel? Skrupel hatte die ja nie gehabt. "Was ist? Was soll ich mit Baileys anstellen, was ist dein Plan? Sag' es mir!" "Plavac würde dich wahrscheinlich niederschießen, wenn du das riskieren willst?" Es kam Sêiichî vor, als wolle sich Torino nur einschleimen. "Komm' schon, mir musst du echt nichts vormachen, Schätzchen. Sie greift dich an, wieso lässt du sie leben? Das Flittchen hat nicht mal ein Leben verdient." "Es gibt andere Mittel und Wege, außerdem will ich, dass du weiter für mich arbeiten kannst. Wenn der dich zum Krüppel macht, bringt uns das nichts mehr, also ganz ruhig. Scheint aber so, als ob du Baileys nicht magst, verrate mir sofort, was du gegen die hast! Außer, dass sie billig ist, natürlich." Ein ironisches Lächeln lag auf dem Gesicht seines Schätzchens, auch wenn sie ruhig und gelassen war, es glänzte Schweiß auf ihrer Stirn, sie sah ziemlich mitgenommen aus, zumindest sah ihr Freund das. "Ich will nicht, dass die Organisation bekannt wird, aber wenn sie so weitermacht, passiert genau das. Angeblich hat sie Verbindungen zum FBI, und sie kennt meinen Namen. Dass das FBI mich jagt, kann ich gar nicht brauchen, verstehst du? Er darf niemals erfahren, dass ich hier bin. Etwas Verständnis musst du haben, immerhin hast du ihn selbst kennen gelernt und durch ihn ziemlich gelitten. Ich habe nicht vor, mir solche Probleme zu bereiten, also ist es am besten, wenn Baileys endlich verschwindet. Sie weiß einfach zuviel, sowohl über mich, als auch über dich." Diese Frau hasste ihn, weil er sie abgewiesen und sich Vermouth genähert hatte, die konnte solche Leute gar nicht leiden, also auch ihn nicht. "Sie ist ein neidisches Drecksstück und weiß, dass wir in Verbindung stehen und ich für dich arbeite." Ein schnippischer Laut kam von ihr, die sich lustig zu machen schien. "Warum hast du denn solche Angst, dass das FBI von unseren Verbindungen erfährt? Oder ist es nur Shuichi Akai?" Torino konnte und wollte ihr nicht die Wahrheit sagen, also musste er eben so tun, als hätte er Angst. "Selbst der Boss fürchtet Akai und seine kleine Truppe, die Jagd auf Killer macht. Er könnte ein Silverbullet sein, er sagte, wir sollen uns fernhalten. Ich habe keine Lust auf Ärger mit dem Boss." Der Mann hatte wohl nie Lust auf Ärger, was zum Teufel machte der in der Organisation, wenn er immer Angst hatte? Vermouth fand das einfach zum totlachen, anscheinend war er nur glücklich, wenn er morden durfte, hatte der sonst keine Interessen? Armselig, gerade gut genug, zum benutzen. "Also doch Akai, ich sagte ihm ja, dass man ihn loswerden muss, trotzdem rennt er noch draußen rum, weil er weiß, wie man schießt und keiner von uns bisher gegen ihn ankam. Aber man muss sich ja nicht schnappen lassen." Yuki hatte nun mal das Problem, dass er nicht wollte, dass sein Cousin erfuhr, was er tat. Hoffentlich würde Kôji nicht irgendwie den Mund aufmachen... er musste ihn dringend anrufen und ihm mit dem Tod drohen, damit er das nicht wagte. Cognac grinste wie ein Irrer vor sich hin, denn er wusste sehr genau, wovor der Ältere Schiss hatte. Er würde seine Freundin aufklären, die würde vielleicht dumm aus der Wäsche gucken. Für ihn lag klar auf der Hand, dass Ichihara gut vor Akai dastehen wollte und deswegen seine Nebenbeschäftigung geheim hielt. Was ihn aber fuchsteufelswild machte, war, dass er für Chardonnay und Vermouth arbeitete, ja sogar zwei Codenamen hatte, um sie hinters Licht zu führen, also musste er sie selbstverständlich warnen. Trivento war ja eindeutig für Chardonnay tätig, hier hatte er nun herausgefunden, dass er auch für seine Freundin arbeitete. Und Schiss, dass Akai das erfuhr, hatte er auch noch. Chardonnay als Auftraggeber würde ihm Akai mit Sicherheit verzeihen, aber Vermouth, die er über alle Maßen hasste, wohl kaum. Was für ein armes Schwein, lange kam der damit sowieso nicht durch. Während er sie so beobachtete, wurde er von Eifersucht heimgesucht. "Wenn du Probleme hast, überlasse nur alles mir, Darling, du weißt ja, ich würde alles tun, was mit Mord zu tun hat, das ist ja unser Hobby..." Wie er das Unser aussprach und betonte, als würden sie zusammen gehören und würden sich lieben. Sêiichîs Meinung nach überspannte der Kerl den Bogen und er war interessiert daran, zu erfahren, wie sie sich verhalten würde. Calvados schien einen Nachfolger zu haben, kaum zu glauben, mit was für Leuten die so arbeitete. Aber er konnte froh sein, so musste sie sich nicht ständig selbst die Hände schmutzig machen, wenn etwas erledigt werden musste. ,Du falsche Sau, sie ist mein Darling...', regte er sich auf und vermied gerade so ein leises Knurren. "Torino, das einzige, was du darfst, ist für mich arbeiten, also lass es gefälligst, mich so anzugaffen. Mehr als Aufträge wirst du nie kriegen, Handlanger!" Er stand unter ihr und sie hatte ihn in der Hand, was sie in ihrer Stimme, die vor Arroganz nur so strotzte, ordentlich durchklingen ließ. "Hey, ich wollte dich nicht belästigen, du bist eben die Beste und Schönste innerhalb der Organisation", umschmeichelte er sie und näherte sich ihr, "man darf ja wohl noch mal etwas träumen, oder?" Ein gehässiger Laut kam von ihr, die ein missbilligendes Grinsen auf den Lippen hatte. "Dann träume mal schön, aber lass es mich nicht andauernd merken, verstanden?" "Schade, wäre sicher nett zwischen uns." Er versuchte es weiter und sah sie mit einem gierigen Blick an, doch da zog sie die Waffe, sah ihm hart in die Augen, um ihn von sich fernzuhalten. "Mach', dass du wegkommst, bevor mir die Hand ausrutscht und du beim Müll landest." "Nur nicht aufregen", er hob die Hände, "bin ja schon weg. Denk' dran, ich bin für jeden Auftrag zu haben, wenn er nicht mit dem FBI zu tun hat und kein Verrat bedeutet." Der hatte echt nichts Anderes im Sinn, aber es war ihr nur Recht. Was er nämlich zu Verrat zählte, war nicht besonders viel. Morde an Kollegen zumindest nicht. Er stieg in sein Auto und machte sich aus dem Staub, sie seufzte. Er war schon oft nützlich gewesen, so auch diesmal, sonst wäre sie noch immer im Unklaren und würde sich fragen, wo Gin hin verschwunden war. Jetzt konnte sie darüber nachdenken, was Baileys damit bezweckt hatte und wenn sie verstanden hatte, auch Pläne machen, um sie daran zu hindern, was auch immer es war. Cognac hatte ein seltsam verliebtes Lächeln im Gesicht. Dass er Sêiichî war, konnte er für den Moment nicht verstecken. Gut, dass es niemand sah, auch sie nicht. Er hatte nie bereut, mit ihr zusammen zu sein, sie war die Treue in Person - davon hatte er sich ja eben überzeugen können, auch wenn er es nicht angezweifelt hatte, er hatte nur Angst, dass sie sich mal an ihm rächen könnte, weil er in der Vergangenheit sehr oft fremdgegangen war, sie verdiente es, dass sie für ihn die Einzige war, weswegen er sich schon seit einer Weile eisern beherrschte, um anderen nicht zu nahe zu kommen. Er wollte sie behalten, weswegen er besser als der Rest sein musste. Fünfzehn Minuten später in seinem schwarzen Porsche Carrera GT klingelte das Telefon, so dass er erst einmal abnahm. "Mit wem spreche ich?" Wie gut, dass er sich angewöhnt hatte, seinen Namen auszulassen, schließlich wusste er nie, wer ihn anrief. Ob es nun ein Auftraggeber, oder Bekannter war, oder gar jemand von der Polizei. Er konnte nicht entscheiden, ob er nun Enomoto oder Iwamoto sagte, was nicht falsch war, denn das Auto hier lief immer noch auf falschem Namen, er hatte es sich bei seinem Einstieg in die Organisation besorgt. "Sêiichî, du musst sofort von Tokyo Richtung Haido den Wald entlang fahren, dort ist eine Einheit von uns, komm' dahin, du kannst uns nicht verfehlen." Es kam selten vor, dass der Polizeipräsident von Tokyo dermaßen schnell redete und so hektisch war, irgendetwas war deswegen nicht in Ordnung, er befürchtete das Schlimmste. "Hat es jemanden aus der Familie erwischt?" "Kann man so sagen." Seine Albträume würden wahr werden, bestimmt hatte man jetzt entweder Shina oder Yuichi tot aufgefunden, er befürchtete es, weswegen er leicht schluckte und vor Angst vor der Wahrheit nicht nachfragte, wer es denn war. "Bin sofort da, bis gleich", mit den Worten war das Gespräch schon wieder beendet und er gab ordentlich Gas, das war ihm ja schließlich erlaubt, selbst war er ja Kriminalist, doch das sah im Moment nicht jeder, da er keine Polizeisirene nutzen durfte. Wenn man Enomoto so sah, konnte er in Teufels Küche kommen... Es dauerte nicht lange, bis er ankam, was bei dem Tempo, das er eingeschlagen hatte, kein Wunder war. Als er die Polizeiautos sah, fuhr er absichtlich ein wenig langsamer und parkte am Waldrand. "Ryo ist da, ach du scheiße", meinte er unheilvoll, nachdem er seinen Mercedes gesichtet hatte. Schnell stieg der Schwarzhaarige aus, verriegelte alle Türen und rannte zu den Einsatzkräften hin. "Wo ist die Leiche? Wer ist es?" Sein Vater kam auf ihn zu, nahm ihn am Arm und zog ihn mit sich in den Wald hinein, weil man seinen Bruder dort gar nicht wegbekam. Währenddessen wurde die Leiche abtransportiert, was er durch einen Seitenblick erkannte. "Wer ist die Leiche?" wiederholte er. "Siori Sawatari, Sêiichî", antwortete Takeshi, so dass Sêiichî ungeheure Erleichterung verspürte, welcher er durch ein schweres Seufzen Ausdruck verlieh. Er war wirklich heilfroh, dass es sie war, also jemand, der ihnen nicht allzu nahe stand. ,Gott sei Dank, ich dachte schon...' Man, er malte wirklich jedes Mal den Teufel an die Wand, das war ja schon quasi eines seiner Markenzeichen - immer erst etwas Böses denken, um nicht am Ende enttäuscht zu sein. Auf dem Weg fanden sie dann Ryochi vor der am Boden gegen einen Baum gelehnt saß. Er hatte den Blick sehr tief gesenkt und starrte vor sich hin. "Ryo", kam nur ganz leise von Sêiichî, weswegen sein Freund den Blick anhob, um den Schwarzhaarigen direkt anzusehen. "Hi." Der Ältere ging in die Knie, damit ihre Augen auf gleicher Höhe waren. "Was ist passiert?" Ryo schloss die Augen und lächelte gequält. "Ich werde dir und Yuichi gerade immer ähnlicher." Was das jetzt genau heißen sollte, war Sêiichî sofort klar. "Hm, verstehe, du warst das, deswegen wird sie abtransportiert. Was hat sie getan, dass dir das passiert ist? Dafür gibt es sicher einen Grund, oder?" "Ich weiß nicht, wie mir das passieren konnte. Sie hat auf Shina rumgehackt und immer wieder betont, wie stolz sie ja auf sich ist. Und dann... dann hat sie behauptet", die Stimme des Detektivs bebte, "dass Shina mich immer mit Takahashi betrogen hat. Alles kam hoch, dann..." Sêiichî legte seine Hand auf die Schulter seines Freundes, nur um ihm zu zeigen, dass er für ihn da war, und zog ihn etwas an sich, bis er bei seiner Schulter lehnte. "Du bist nicht der erste, der bei so etwa die Nerven verliert. Gut, es war ein Fehler, aber im Grunde ist sie selbst schuld, dass es so gekommen ist." "Nö, ich bin wie immer schuld, so war es doch immer. Ich bin an allem schuld." Wie auf Kommando drückte Sêiichî seinen Kopf an sich, wobei er leicht seufzte. Solche Gewissensbisse war er seit Jahren schon gewöhnt. "Mach' dich nicht selbst so fertig, du weißt genau, das mag ich nicht. Hat sie dich wenigstens mal wieder anständig bedrängt?" Ein abfälliger Ton war in die Stimme des Schwarzgekleideten gefahren, was ihn etwas spöttisch klingen ließ. "Sie hat mich geküsst", antwortete man ihm leicht angewidert, weswegen Sêiichî sich schüttelte. "Solange du es nicht gewollt hast und es bereust, dass sie tot ist, ist für mich alles in Ordnung, außerdem darfst du dich für die Tat nicht hassen, uns hast du ja auch nie gehasst, oder etwa nicht? Du bist zu selbstkritisch und musst dir selbst vergeben." "Ein Detektiv darf aber nicht einfach so jemanden erschießen, das darf man nicht..." Sêiichî flüsterte die nächsten Worte nur, damit sie an niemandes Ohr außer Ryochis traten. "Aber ich als Kriminalist darf das, ja? Ich darf das eigentlich auch nicht, aber ich mache mich nicht so runter - früher vielleicht." Ein Seufzen entkam dem 24-jährigen. "Ihr seid da etwas Anderes, ihr gehört zu denen, ihr müsst töten, sonst erwischt es doch euch. Sie hat mein Leben aber nicht bedroht, also hätte ich auch nicht abdrücken dürfen... Ich wollte es nicht..." "Das weiß ich, dass du es nicht wolltest aber dir wird nichts Anderes übrig bleiben, als damit klar zu kommen, dass es dir passiert ist. Und rede mit deinem Vater sag' ihm, was genau passiert ist. Falls die Sache Konsequenzen mit sich ziehen sollte, helfen dir deine Eltern, ist doch klar." Sêiichî sah ihm direkt in die Augen - er wollte ihm dabei vermitteln, dass er das, was er da sagte, auch ernst meinte. "Außerdem ist dir das im Affekt passiert. Du kriegst mildernde Umstände, wenn es überhaupt vor's Polizeigericht kommt. Vielleicht darfst du eine Weile nicht als Detektiv arbeiten, das ist aber auch schon alles, was dich wohl erwartet, aber du darfst nicht schweigen, das macht alles nur noch schlimmer..." Die beiden erhoben sich jetzt und machten sich auf den Weg zu ihrem Vater, der selbst erleichtert war, dass sein Sohn jetzt wenigstens bereit war etwas zu sagen. "Ich hab' die Nerven verloren und abgedrückt", meinte Ryochi schließlich, was seine Vater zwar schockierte, allerdings zeigte er es ihm nicht. "Ich will alles ganz genau wissen, bevor ich überhaupt etwas unternehme. Weswegen hast du die Nerven verloren?" Er musste jetzt genau darauf achten, was er sagte. Seit sich seine Wege von ihren getrennt hatten, waren einige Stunden vergangen. Die Sache mit seinem Freund war schließlich eine größere Sache gewesen und er hatte ihm beistehen müssen, trotz Kopfschmerzen, die er jetzt hatte, da er den zweiten Tag nicht richtig geschlafen hatte. Heute war er wirklich alle und machte sich erst einmal Kaffee, als er in ihrer Wohnung angekommen war. Er trank ihn sowieso immer schwarz, machte ihn sich diesmal allerdings noch stärker, sonst fielen ihm noch die Augen zu, er wollte nicht verpennt wirken, wenn sie zurückkam. Es wurde ja schon dunkel, wo die sich wohl wieder rumtrieb? Er verbrannte sich die Zunge, als er den Kaffee zu schnell trank und zischte leicht, trotzdem trank der Schwarzhaarige die Tasse recht zügig aus. Sein Kopf tat ihm so furchtbar weh, was von der Müdigkeit kam, die er verspürte, sein Körper verlangte nach Schlaf, aber er gönnte sich keinen. Dazu kamen noch mäßige Schmerzen in der Brust und ein leichtes Schwindelgefühl, so dass er sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzte, um das Ganze zu unterbinden, doch das gelang ihm allmählich nicht mehr. "Gott, was für'n Schwächling ich bin...", sagte er zu sich selbst und stützte sich am Waschbecken ab, weil er das Gefühl hatte, seine Beine wollten nachgeben. Er kniff die Augen zu, denn der 24-jährige konnte das, was vor ihm lag, schon nicht mehr richtig erkennen, es wurde immer verschwommener, als er dann die Augen wieder öffnete, wurde es ihm schwarz vor den diesen, er fiel einfach rückwärts um und prallte mit dem Hinterkopf auf dem harten Parkettboden der Küche auf, wo er bewusstlos liegen blieb... Die Haustür wurde in dem Moment aufgeschlossen und seine Freundin betrat das Haus, allerdings machte sie sich erst einmal auf den Weg ins Bad, wo sie ihre Klamotten wechselte und sich etwas Bequemeres anzog. Die mit Blut versaute Kleidung wollte sie jetzt schnellstmöglich los sein. Nachdem sie sich auch ein wenig abgeduscht hatte, wobei ihre Haare nicht nass geworden waren, trocknete sie sich ab und zog sich etwas Schlichtes an. Einen Pullover und eine Hose, schließlich erwartete sie so bald niemanden - dachte sie sich zumindest. Da sie etwas Hunger verspürte, ging sie in die Küche, so dass sie erst mal der Schlag traf, als sie den jungen Mann am Boden entdeckte, wodurch sie das Hungergefühl fast ganz vergaß. Man kippte nicht ohne Grund einfach um, weshalb sie sich doch sehr um seine Gesundheit sorgte, die er oft sowieso mit den Füßen trat. Immer wieder sagte man ihm, er solle besser auf sich Acht geben, aber Sêiichî konnte nicht hören, er war eben ein richtiger Sturkopf, allerdings machte sie das oft auch etwas wütend, wenn er Derartiges tat. Die Sorge allerdings war größer als die Wut, so dass sie ihn vom Boden aufhob und ins Schlafzimmer schleppte, wo sie ihn in ihr Bett legte, seine Beine über ihre hob, damit sie etwas erhöht lagen. Langsam strich sie ihm durch das Gesicht und bemerkte dabei auch, dass er leicht erhöhte Temperatur hatte. Wahrscheinlich nur ein Schwächeanfall, nichts Schlimmes, das musste sie sich einreden, es könnte immerhin auch etwas Ernstes sein. Ein Kissen musste es auch tun, also legte sie seine Beine auf ein Solches, verließ daraufhin das Zimmer, um einen nassen Lappen zu holen. Als sie dann zurückkam, öffnete er schwach die Augen. "Was mache ich hier?" wollte er wissen, woraufhin er etwas Kaltes auf dem Gesicht verspürte. Man hatte ihm etwas Nasses mitten ins Gesicht befördert. "Ich stelle hier die Fragen!" raunte sie ihn an, so dass er schon kurz zusammen zuckte. "Du bist umgekippt! Konntest du es wieder nicht sein lassen? Was hast du wieder angestellt? Deinen Körper gequält, obwohl es dir schlecht ging?" Sie war wieder auf 180, was nicht selten vorkam und jedes Mal fauchte sie ihn so an. "Mach' mich nicht so an, ich wollte doch bloß bei dir sein." Das war zwar nichts Neues mehr für die Blondine, das hieß allerdings nicht, dass er immer so weiter machen konnte. "Du hast mir einen Riesenschreck eingejagt, ist dir das bewusst? Ich komme in die Küche, dann liegst du da einfach am Boden. Wie kann man sich bloß so gehen lassen?" "Hattest du einen schlechten Tag, oder was ist los? Meiner war auch nicht gerade angenehm, danke der Nachfrage", schmollte er, diesmal jedoch auf eine andere Weise, nicht auf diese Niedliche, wie sonst immer. "Was ist jetzt schon wieder passiert?" Da hatte er sich schon erhoben und sah ihr mit trübem Blick in die Augen. "Erst fand ich heraus, wer Torino ist, dann wurde ich angerufen und musste meinen besten Freund trösten, der seine Cousine ermordet hat, weil sie ihn nicht in Ruhe lassen konnte. Sie hat ihn bedrängt, so sehr, dass er sie eher aus Versehen erschossen hat. Er war total mit den Nerven am Ende. Also bin ich danach hierher gekommen, weil mir alles zuviel geworden ist." Wenn Sêiichî so sprach, wie gerade eben, schmerzte das heftig in ihrer Seele, weswegen sie sich wieder zu ihm setzte, den Lappen richtig auf seine Stirn legte und ihn zurückdrückte. "Hinlegen!" Im Befehle erteilen war sie ja stets sehr gut gewesen, das konnte man ihr anhören. "Also, wer ist Torino?" "Shuichi Akais Cousin." Seine Worte kamen monoton, ohne jegliches Gefühl. "Aber glaub' mir, das ist nicht das Schlimmste, was ich über den rausbekommen habe." Er würde diesen Typen jetzt so schlecht machen, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. "Ach herrje, sein Cousin also. Das erklärt ja ziemlich viel", ihre Worte klangen belustigt, sie war es auch, das erklärte doch wohl das gesamte Verhalten des Mannes. "Jetzt verstehe ich, wieso er solche Angst hat, dass sein Cousinchen mitbekommt, dass er eine Verbindung zu mir hat. Der würde ihn dafür ziemlich hassen... Och, der Arme." Warum fing er diese Mordserien dann überhaupt an? Freiwillig, oder nicht? "Das schockt dich nicht, gut, sein größtes Geheimnis wird dich schocken, er hat dir nicht umsonst verschwiegen, wer er wirklich ist." Was hatte der eigentlich gegen diesen Kerl? Da steckte doch sicher mehr dahinter, oder? Skeptisch beobachtete sie ihn, er schien sich Gedanken zu machen. "Was spinnt sich Klein-Sêiichî da wieder zusammen?" Das Ganze roch sehr nach Eifersucht und seltsamer Sorge. "Ich spinne mir nichts zusammen, er ist ein Killer von Chardonnay, falls du schon mal von Trivento gehört hast, das ist er. Chardonnay hat ihn zu Hattori geschickt, damit er ihn umlegt..." Ein verachtendes Knurren kam von Sêiichî. Solche Reaktionen kannte sie bereits. Wenn es um Keichiro Takagi ging, war er genauso drauf wie sie. "Das ist wohl eine Überraschung, wohl wahr. Bisher war er allerdings immer zuverlässig." "Was heißt das, Chris?" Er seufzte leicht, bevor er sie fragend ansah. "Dass du den weiter benutzen willst, obwohl du weißt, wohin er gehört? Das kann ja wohl nicht dein Ernst sein, oder doch?" Kurzzeitig schwiegen beide. "Bisher hat er immer getan, was ich ihm sagte, es gibt nun echt keinen Grund, ihn abzuschießen. Solange er mir nicht in den Rücken fällt." Irgendwie passte ihm das nicht, es sah ihm so aus, als wolle sie an diesem Kerl klammern. Ein belustigtes Lachen kam von ihr, als sie seinen Halbmondblick sah. "Schau' mich nicht so an, der Typ ist weit unter meinem Niveau." Auf den wollte er eifersüchtig sein? Ach herrje. "Ich erinnere mich da an etwas, was du zu mir gesagt hast. Nämlich, dass ich weit unter deinem Niveau bin, was ist diese Aussage also wert?" Er hatte wirklich Schiss, dass sie ihm wegrannte, der verdammte Baka, dass er sie an den verlieren würde. Doch nicht an einen miesen Killer wie Torino, was dachte der sich? "Damit wollte ich dir bloß zeigen, wie niveaulos du warst, nichts weiter. Ich wollte, dass du dich änderst, hat ja auch funktioniert und jetzt sei nicht kindisch. Dieser Kerl ist doch nun wirklich nicht meine Klasse. Der hat eher eine Klasse, wie Gin eine hat." Voller Abscheu klangen die Worte. War er jetzt vielleicht geheilt? "Der ist ein Handlanger. Er denkt allen Ernstes, dass ich ihm alles abkaufe. Nützlich ist er trotzdem. Weißt du, Gin hat's erwischt, er denkt, ich werde ihm helfen, herauszufinden, warum man ihn umgebracht hat. Wenn der wüsste, was ich von seinem Cousin so halte, würde der mich wahrscheinlich umbringen wollen." Die Frau schüttelte nur den Kopf, ganz überzeugt schien er allerdings nicht zu sein. "Dass du diese verdammte Eifersucht nicht in den Griff bekommst? Wenn du schön brav bleibst, wird dir dein Schätzchen nicht abhauen, oder vertraust du mir da nicht? Denkst du, sobald ich weiß, dass du mich liebst, schmeiße ich mich einem anderen Kerl an den Hals, weil du ja eh nicht von mir loskommst? Das wäre echt verletzend." Sie ließ einen leicht bekümmerten Ton einfließen, auch wenn sie diesen mehr spielte, als dass sie es ernst nahm. Er hasste es eben, wenn andere Männer zu nahe an sie herankamen, diese Angst war nun einmal da, dafür konnte er nichts, er hatte immer Bammel, dass man ihn hinterging und ihn am Ende verletzte. Sie spielte gekonnt die Gekränkte und war sicher, dass er ihr das auch noch abkaufte. "Ja, ich liebe dich, das ist mein Problem. Ich komme mit diesem Umstand nicht zurecht. Es macht mir Angst, verliebt zu sein." "Wieso macht dir so etwas Schönes denn Angst?" fragte sie ihn mit einer ungläubigen Stimmlage, wobei sie ihm über die Wange fuhr und er sie irritiert anblickte. Daraufhin lagen ihre Lippen zu einem kurzen Kuss auf seinen, bevor sie ihm verführerisch in die Augen sah. "Na? Denk' nicht dran, was sein könnte, sonders genieß' unser Zusammensein, das ist alles, was ich dir raten kann, ich bin nicht deine Psychologin, nur die Frau an deiner Seite." Die blonde Frau lächelte ihn an, so dass er all seine Sorgen fast vergaß, als sie sich dann noch an ihn kuschelte und sich zu ihm ins Bett fallen ließ, sowieso. Ihre Hand wanderte unter die Decke zu seinem Hemd, das sie etwas hochschob, sie wanderte darunter und streichelte ihn sanft. "Überzeugend genug, oder?" lachte sie und drückte ihren Kopf an seine Brust. "Und jetzt mach' die Augen zu und träum' was Schönes, my Darling." Er ließ seine Hände um ihre Taille wandern und umschlang sie fest. "Vollkommen", gab er knapp zur Antwort, ihr Verhalten machte ihm klar, dass er keinen Grund hatte, sich Gedanken darum zu machen, was später sein würde. Im Moment war es einfach gut so, wie es war, er hatte keinerlei Gründe, etwas zu kritisieren, stattdessen sollte er sich freuen, dass sie nach all den Jahren noch so ein gutes Verhältnis zueinander hatten. Eigentlich hatte er im Moment alles, was ihm gut tat. Eine seiner Hände auf ihrem Rücken ging jetzt unter ihre Bluse und öffnete heimlich ihren BH, die andere begann diese vorne aufzuknöpfen - Derartiges hatte sie schon geahnt, er konnte einfach nicht von ihr ablassen und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass es heute anders sein würde - einfühlsamer, liebevoller und vielleicht sogar etwas inniger. "Überanstrenge dich nicht, Baka-chan, du solltest doch die Augen schließen und was Schönes träumen, also wirklich." Sêiichî legte seine Wange an ihre. "Und du weißt natürlich mal wieder ganz genau, was ich will, oder? Was, wenn ich heute aber was Anderes will, als sonst immer?" "Das würde mich sehr überraschen." Jetzt war sie aber gespannt, was er vorhatte. "Ich will nur etwas Haut spüren, dann schließe ich die Augen und träume von dir..." "Was?" gab sie belustigt lachend von sich, "du willst auf alles Weitere verzichten? Das sieht dir echt nicht ähnlich." Wahrscheinlich war er einfach zu erledigt für mehr, es war doch einfach nicht seine Art, freiwillig auf ihre Spielchen zu verzichten. "Genau, ich will dich nur im Arm halten... unangezogen", er zeigte ein hinterlistiges Lächeln, zog ihr die Bluse ganz aus und ließ auch ihren BH recht schnell verschwinden und neben das Bett fallen. Den Rest ihrer beider Kleidung verlor daraufhin auch sofort jegliches Interesse und wurde mitten ins Zimmer befördert. Einige Minuten fanden sie sich noch küssend wieder, bis er das tat, was sie eigentlich von ihm gewollt hatte und erschöpft einschlief, dabei sah sie ihm eine Weile zu, wurde dann aber selbst von der Müdigkeit gepackt und in den Schlaf gerissen. Kapitel 3: No time is left -------------------------- So... ich bin jetzt böse und lade was Böses hoch... (Was lange wehrt wird endlich gut? Ist ja lange her, mit der FF...) *drop* Depri-Leute lassen besser die Finger da weg, es ist... HART, so viel kann ich sagen. Lasst euch bitte nicht von dem Zeug runterziehen, ja? ._.“ *verzieht sich dann* Man konnte das Knallen der Autotür vernehmen, das auf sein Aussteigen folgte. Er verriegelte die Türen und klingelte. Anscheinend war niemand zu Hause, so wirkt es zumindest, doch als er zur Seite blickte, konnte er Licht brennen sehen, weswegen ihm das Ganze seltsam vorkam und er sich auf den Weg zum Hintereingang machte. Dort stand die Tür offen, deswegen ging der Detektiv hinein, wobei er vorsichtshalber eine Waffe zog und extra leise schlich. Beim Hausgang angekommen, öffnete er die Tür zur Küche. Der Mann erschrak für einen Moment, denn nichts war mehr so wie es mal gewesen war. Er kannte diese Wohnung sehr gut, doch auch wenn nicht, hätte er bemerkt, dass etwas fehlte. Kein Tisch, keine Stühle, nicht mal der Kühlschrank war noch hier, es war einfach nur ein leergeräumter Raum - vier Wände mit Fenster und Tür, sonst nichts. Wie es schien, hatte jemand das Haus ausgeräumt, aber davon wollte er sich erst mal genaustens überzeugen, weswegen er jede Tür öffnete und ins Zimmer blickte, immer auf Vorsicht bedacht, falls der oder die Einbrecher noch hier waren, denn es sah mehr nach einer Gruppenaktivität aus. In allen Zimmern des Erdgeschosses war es das Gleiche, außer Wände, Fenster und Türen war alles verschwunden. Nach diesen wollte er auch noch oben schauen, obwohl er davon überzeugt war, dass ihn dort das Gleiche erwartete, doch weit gefehlt, es würde noch viel schlimmer werden. Mit dem, was im Badezimmer war, würde er nicht rechnen. Die Tür knarrte, als er diese langsam öffnete und ihm ein wohlbekannter Geruch in die Nase stieg, der von Blut, also riss er die Tür im nächsten Moment förmlich auf, bis der Blick auf die Badewanne frei wurde, die wohlbemerkt noch vorhanden war. Der Grund dafür war die Person, die über den Beckenrand gelehnt lag, das blutrote Wasser war übergeschwappt und auf den Boden gelaufen. Er konnte den Mann an seiner Frisur, die typisch für ihn war erkennen, da er nicht mit dem Kopf in die Wanne abgetaucht war. Für einen Moment des Schockes wegen wie angewurzelt stehen geblieben, ging er im nächsten ein paar schnelle Schritte nach vorne und zog ihn einfach raus, obwohl er das böse Gefühl hatte, dass das nichts mehr bringen würde. Er wollte es aber wenigstens versucht haben, selbst wenn dann Blut an ihm kleben würde. Ryochi setzte sich auf seinen Schoß, fing an dem jungen Mann auf die Brust zu drücken, wobei er ihn zusätzlich noch beatmete, um ihm Luft zu spenden, da er nicht atmete. „Verdammt, Wataru, was machst du bloß?“ fragte er sich, während er noch immer lebensrettende Maßnahmen vollführte. „Tu das deiner Schwester nicht an!“ Er wirkte total verzweifelt und drückte immer fester auf den Brustkorb des 23-jährigen, doch nichts zeigte Wirkung. Er wollte einfach nicht mehr atmen, genauso wenig wie sein Herz zum schlagen zu bringen war. Allmählich bildeten sich Tränen in den Augen des Detektivs, der auf ein Wunder hoffte, er wollte nicht schon wieder einen Menschen aus seiner Umgebung verlieren, schon gar nicht, wenn er hier und es vielleicht noch gar nicht zu spät war. ‚Warum bin ich nicht 10 Minuten früher gekommen?’ Wie es oft vorkam, fing er nun wieder an, sich selbst schuldig zu fühlen. Er war schuld, dass Yuichi und Shina etwas zugestoßen war, er war schuld, dass Sêiichî von Chardonnay einmal fast getötet worden war, er war doch im Grunde an allem schuld, genauso wie jetzt, weil er sich verspätet hatte. Ganze fünf Minuten versuchte er es, doch nichts änderte sich, Wataru wollte einfach nicht zurückkehren. Als dann der Notarzt auftauchte, wurde der Detektiv von dem Verletzten getrennt und der Mann Mitte fünfzig sah sich das Ganze einmal an. „Er ist tot, gestorben an seinem übermäßigen Blutverlust, tut mir Leid.“ Das konnte doch nicht sein, nicht er, doch die traurige Realität sagte ihm, genau das war geschehen, man belog ihn nicht. Jetzt hieß es nur, damit klarkommen und die Angehörigen benachrichtigen. „Verstehe“, meinte der Detektiv und wartete darauf, dass die Polizei hier eintrudeln würde. Wie Miwako darauf wohl reagieren würde? Die Frau würde sicher der Schlag treffen, dabei hatte sie schon so viel durchgemacht. Leider war da noch jemand, den das Ganze treffen würde, aber er konnte es ihr unmöglich einfach verschweigen. Gut, dass er noch ihre Handynummer hatte, so dass er sie erreichen konnte. Er konnte sich wirklich Schöneres vorstellen, als einen solchen Grund für den Anruf. Es war zwar klar gewesen, dass sie sich treffen oder einfach reden würden, aber nicht unter solchen Umständen. Er wünschte sich, es wäre ein ganz normaler Anruf, doch das war es nicht. Ryochi wartete das Freizeichen ab und hörte schließlich seinen laut widerhallenden Herzschlag, als dieses einsetzte. Es würde entweder nicht mehr allzu lange dauern, bis jemand das Gespräch annahm, oder sie war nicht zu erreichen. Der junge Mann wusste nicht, was ihm lieber sein würde. „Schau mal, Mami, Luftballons“, sagte eine Rotbraunhaarige im Alter von knapp 3 Jahren. Ihre Schwester schaltete sich schnell ein. „Ich möchte einen.“ Sie klang wesentlich schüchterner als die Kleine an ihrer Seite. Beide trugen fast dieselbe Kleidung, eigentlich konnte man sie nur unterscheiden, weil die eine aufgeweckter war und sie ihren Pferdeschwanz jeweils auf der anderen Seite trugen. Die Schüchterne, Risa trug ihn rechts, die Aufgeweckte, Rika, links, außerdem trug Rika rosa farbene und Risa lila farbene Kleidung. Ein Schweißtropfen lief dem Vater der beiden über die Wange und er lächelte nervös, wie jedes Mal, wenn seine Töchter Mami zu seiner Freundin sagten. „Hm, gute Idee, Risa-chan, ich denke, damit ist Rika-chan dann auch einverstanden, oder Rika-chan?“ Ein heiteres Lächeln spiegelte sich auf den Lippen der Rothaarigen wider, die sich zu beiden hinabgekniet hatte. „Verwöhn sie nicht so, sonst sind sie bald mal richtig verzogen“, sagte Kazuki zu seiner Freundin. Manchmal war sie zu liebenswert, das konnten besonders kleine Kinder sehr schnell merken, wie gut sie sich um den Finger wickeln ließ. „Lass ihnen doch ihren Spaß, Kazu-chan“, schmollte sie und sah ihn erweichend an. „Ach herrje, was soll ich dazu schon sagen... dann kauf ihnen eben Luftballons.“ Der 27-jährige griff sich an den Kopf und gab ein Seufzen von sich, während im Gesicht der Frau die Sonne aufging. Es war ein schöner Anblick, wenn das passierte. ‚Ich habe schon Angst davor, ihnen mal sagen zu müssen, dass sie gar nicht ihre Mami ist.’ Vor fast einem halben Jahr, kurz nach einer Trennung von ihrem Freund war sie dem 27-jährigen in der S-Bahn begegnet. Es war schon düster gewesen und ein paar Typen hatten sie belästigt, woraufhin er sich mit ihnen angelegt hatte. Leider war er nicht ganz unverletzt aus der Situation gekommen und sie hatte ihn mit nach Hause nehmen müssen, weil er ziemlich lädiert gewesen war, also hatte sie sich um Kazuki erst einmal gekümmert und etwas mit ihm geplaudert. Sie wusste schon gar nicht mehr, wie es zu diesen Gefühlen gekommen war. Ja, zuerst waren die beiden 3-jährigen Mädchen ein Schock für sie gewesen. Ein Mann mit Kindern, sie hatte sich wirklich nicht die geringsten Chancen ausgemalt, bis zu dem Tag, an dem er ihr mit traurigen Augen offenbarte, dass ihre Mutter nicht mehr am Leben war. Er hatte so schrecklich niedergeschlagen und verletzt ausgesehen, da hatte sie ihn in ihre Arme schließen müssen. Kazuki war überrascht von ihrer Reaktion gewesen. Noch nie hatte eine Frau damit klar kommen können, dass er bereits Kinder hatte, sie waren ihm alle davon gerannt. Und natürlicherweise war er deswegen etwas einsam gewesen, deswegen war er dankbar für jeden Tag, den die Rothaarige mit ihm und den Kindern zusammen verbrachte. Er beobachtete sie dabei, wie sie vor Freunde strahlend die beiden Luftballons kaufte und jeder von ihnen einen in die Hand drückte. Risa hielt den Ballon nur ganz leicht in ihrer kleinen Hand, so dass sie einmal nicht aufpasste und er ihr davonflog. Risa verzog das Gesicht. „Jetzt ist er weg... wäh....“ Sie begann zu weinen und rieb sich die Augen, dann begann bereits das Geschrei. Riina beugte sich erneut zu dem Mädchen hinab. „Das ist kein Grund zu weinen, Risa-chan, Mami kauft dir einen Neuen.“ Sie konnte die Kleine nicht weinen sehen, deshalb kam sie nicht drum herum, das zu sagen. „Echt? Du bist nicht böse?“ ‚Blöde Frage, Schatz...’ dachte sich Kazuki und musste beinahe bei dem Anblick lachen. Wie sein Engelchen die Rothaarige ansah, also wirklich, als wenn sie ihr je hätte böse sein können. „Das nächste Mal musst du ihn etwas fester halten, dann fliegt er dir auch nicht weg.“ Der Verkäufer lächelte und hatte jetzt auch einen Schweißtropfen im Gesicht. „So einer hübschen Frau schenke ich auch einen... hier.“ Ihr Gesichtsausdruck war echt unbezahlbar. Sie war total schockiert von dem Mann, der 27-jährige wusste auch, was jetzt kommen würde. „Ich will aber keinen geschenkt bekommen, ich werde ihn bezahlen!“ „Aber...“ Der Schweiß vermehrte sich, so dass der Verkäufer ein Taschentuch hervor holte und sich diesen aus dem Gesicht wischte. Er wusste gar nicht, was er dazu sagen sollte. Andere Frauen hätten gelächelt und sich bedankt, aber sie stänkerte herum, kaum zu glauben, dass sie gut mit Kindern umgehen konnte. Eigentlich müssten sie bei so einem Blick ja Angst bekommen, oder schaute sie etwa nur Männer so böse an? „Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.“ „Dann tun Sie es auch nicht...“ „Schon gut, schon gut... ich finde es ja sehr schön, dass sie zahlen wollen...“ Also, er würde sich sicher nicht bei ihr beschweren, weil sie darauf bestand. ‚Ist der blind, oder steht er auf Frauen, die schon jemanden haben?’ Irgendwie war sie allergisch gegen so etwas. Nachdem der Luftballon bezahlt war, reichte sie ihn an die Kleine weiter. „Denk dran, gut festhalten.“ Sie zwinkerte der Rotbraunhaarigen zu. „Mhm“, nickte das Mädchen und war anscheinend glücklich. Der Verkäufer schaute der kleinen Familie deprimiert nach, er hatte ja nur nett sein wollen und wurde dafür auch noch so angepflaumt und angesehen, als hätte er ihr etwas geklaut. ‚Schlimme Person... ob sie bei ihm auch so ist?’ Das erschien ihm als berechtigte Frage. „Was war das denn wieder, Riina? Er wollte doch bloß nett sein.“ „Ich stehe nicht darauf, wenn Fremde so nett zu mir sind... Die wollen dann meistens was...“ „Du bist echt paranoid...“ „Ich hab eben kein Interesse...“ „Da kann ich ja froh sein“, er legte seinen Arm um sie und drückte sie leicht an sich, als er ihr Handy klingeln hörte. Sie holte dieses aus ihrer Handtasche und blicke auf das Display. „Wichtig?“ „Ich weiß nicht, schon möglich, das kann man ja nur durch Rangehen herausfinden.“ Riina drückte den Gesprächsannahmeknopf. „Moshi Moshi, na, weshalb rufst du an, Ryo?“ „Du musst dringend nach Hause kommen, ganz schnell“, sagte der Detektiv einfach, was die Angesprochene etwas stutzig machte. „Ist was passiert, oder wieso ganz schnell?“ „Ja, es ist was passiert, aber das kann man nicht am Telefon sagen...“ Was konnte das wohl sein? Diese Frage kam unwillkürlich in ihr auf. Wie schlimm konnte eine Sache sein, dass er sie nicht am Telefon besprechen konnte? „Aha... muss ja echt schlimm sein, Ryo.“ Nicht eine Sekunde dachte sie daran, dass es so schlimm sein könnte, dass es ein Schock sein könnte. An ihren Bruder dachte sie im Moment überhaupt nicht. Der war um diese Uhrzeit meistens auf der Arbeit. „Beeil dich, bitte.“ „Okay. Bis gleich.“ Sie legte auf. „Seltsam... er klang irgendwie... so komisch... leer irgendwie...“ „Wer war das?“ Ein spitzer Ton herrschte in Kazukis Stimme, als er das Wer aussprach, schließlich redete seine Freundin von einem Mann. „Ach, schon wieder eifersüchtig?“ Es amüsierte sie, dass er es noch immer war. Kazuki musste wissen, dass sie kein Interesse an deren Männern hatte, was er sicher tat, trotzdem reagierte er immer patzig, wenn sie von jemand anderem sprach. „Sag schon, wer das ist!“ „Ist ja gut, ein enger Freund!“ Irgendwie tat die junge Frau das absichtlich, um ihn zu sticheln, wenn er schon so eifersüchtig war. Aufgrund dessen wählte sie die Worte „enger Freund“. „So eng also?“ „Ja, wir kennen uns schon ziemlich lange...“ „Lass das, ärger mich nicht!“seufzte Kazuki und steckte den Zorn weg, was ihm selten gelang. Er war, was so etwas anging, total besitzergreifend, doch eigentlich störte sie das bisher nicht. „Du weißt, dass ich den Gedanken daran, dass du einen anderen haben könntest, nicht ertragen kann! Ich habe Angst davor.“ „Du Baka...“ Sie umarmte ihn und drückte ihre Lippen auf seine. „Davor brauchst du keine Angst haben – ich bin noch nie fremdgegangen, das weißt du doch... und ich werde es auch nie tun, das kann ich dir hoch und heilig versprechen.“ „Das beruhigt mich echt.“ Der 27-jährige küsste seine um einiges jüngere Freundin stürmisch zurück und sie verblieben für einen Moment so. „Ich muss dann auch, er wartet zu Hause auf mich... irgendwas ist passiert, ich denke, es wäre ungünstig, wenn du mitkommst.“ Wer wusste schließlich, was Ryochi von ihr wollte? Es könnte ja etwas sehr Privates sein, dann wollte sie nicht unbedingt jemand Fremdes mitbringen. Riina wusste ja nicht, dass die beiden sich sogar durch Sêiichî kannten, das hätte sie wahrscheinlich sowieso erschreckt. „Kommst du dann später bei mir vorbei, oder muss ich dich wieder vermissen?“ fragte der Braunhaarige hoffend, so dass sie seine Wange streichelte. „Ich tu, was ich kann.“ Er hasste es wohl sehr alleine zu sein, mehr noch als Sêiichî manchmal. Er brauchte ab und zu eine Frau, die ihm gut tat. Riina war nicht die einzige Person, die Ryochi anrufen wollte. Es gab da noch jemanden, von dem er nicht wusste, wo er sich gerade aufhielt. Er ließ das Handy des Gleichaltrigen klingeln, auch wenn er ihn auf den Tod nicht ausstehen konnte – allerdings war er ein mehr als nur enger Freund des Opfers. Da hatten persönliche Probleme gar nichts verloren. Schmollend stand Kôji an das Auto gelehnt da und zog an seiner Zigarette. „Ich kann nicht glauben, dass du deswegen anhältst...“ Es war ja fast ein „Raus, aber plötzlich“ gewesen, das man ihm entgegen geworfen hatte. Und das nur wegen einer Zigarette. Jetzt standen sie hier und machten eine kleine Fahrtpause, dabei hätten sie auch weiterfahren können. Tatsuji hatte der Gedanke an Qualm in seinem Auto, auch wenn Kôji ihm angeboten hatte, das Fenster aufzureißen, gar nicht gefallen. „Ich kann das nicht ausstehen, wie wär’s mit Aufhören? Das wäre auch besser für deine Gesundheit...“ Das musste nun wirklich sein, er verstand nicht, wie man wissendlich seine Gesundheit so mit Füßen treten konnte. „Ja, meine Gesundheit, die geht dich doch gar nichts an, ich werde schon nicht an diesem Konsum sterben, bevor das passiert, erschießt mich eher noch einer...“ Er sah das nicht so eng, schließlich rauchte er jetzt seit gut 8 Jahren, weil er ein ungezogener Bengel gewesen war. „Wie du meinst, aber beschwer dich nicht, wenn du dann irgendwann Beschwerden hast.“ „Keine Sorge, so wehleidig bin ich dann doch nicht, Sushi.“ „Sei nicht so frech, oder ich lasse dich mitten in der Pampa stehen...“ Wenn er sich das schon ansah, wie der Kerl so genüsslich seine Zigarette rauchte, wurde ihm fast schon schlecht. Kôji spürte die Vibration seines Handys und griff sich in seine Brusttasche, wo dieses steckte. Er schaute auf das Display und seufzte. „Was will der denn?“ „Wer?“ „Akaja“, kam von Kôji mit einem Seufzen, was darauf schließen ließ, dass es ihm gar nicht gefiel. „Welcher Akaja? Da kennen wir schließlich schon mehrere...“ „Ryolein...“ „Sei froh, dass Yu-chan nicht bei uns ist, der würde dir was erzählen...“ „Der soll sich mal schön um seine Probleme kümmern, statt um die der anderen. Außerdem kann ich auch nichts dazu, dass Ryochi mich anscheinend hasst, weil er Schiss hat, da er dachte, ich würde ihm jemanden ausspannen. Sie hätte ihn nie betrogen oder so etwas, aber er war trotzdem eifersüchtig. Es ist also nicht meine Schuld, dass wir uns nicht verstehen.“ „Dazu gehören immer zwei. Einer der agiert und einer, der reagiert... oder etwa nicht?“ „Egal, ich geh mal ran. Mal sehen, was er so Dringendes will. Er ruft mich nicht ohne Grund an, das tut er sich doch gar nicht an...“ ‚Man, das glaube ich dir aufs Wort...’ Der Ältere schüttelte den Kopf. „Na, Akaja, gibt’s was Bestimmtes, wieso nervst du mich?“ „Halt den Ball flach, Kôji Miura! Das ist ein dienstlicher Anruf! Wenn dich das nervt, ist das nicht mein Problem!“ So ein streitsüchtiger Vollidiot. So war es jedes Mal. Wehe, er spach ihn an, dann ging Kôji gleich an die Decke oder beleidigte ihn. „Oh, wusste ich nicht, Akaja, dann lass mal hören, was du zu sagen hast.“ „Folgendes: Du kommst auf dem schnellsten Weg zu Wataru nach Hause! Es ist was Schlimmes passiert, aber erwarte nicht, dass ich dich am Telefon aufkläre, das musst du einfach sehen...“ Außerdem war das am Telefon einfach nicht zu sagen, er wollte wenigstens in seine Augen sehen und ihn gegebenenfalls sogar trösten – da war ihm egal, ob sie sich nicht mochten, so schlimm wie bei einigen Leuten, die ihn richtig hassten, war es ja zum Glück nicht. Kôji wäre zum Beispiel niemals auf die Idee gekommen, Ryochi zu erschießen, nur weil er mit Shina zusammen war. Ein verwirrter Blick war auf Kôjis Gesicht erschienen, er sah regelrecht schockiert aus, weshalb Tatsuji ihn beobachtete. Irgendetwas stimmte nicht. „Geht es Wataru gut?“ „Kôji, komm einfach her“, seufzte Ryo, er wollte es nun einmal nicht am Telefon sagen, er wusste ja nicht einmal, ob Watarus bester Freund nicht alleine war, und einfach umkippen würde. Aber wie kam er überhaupt darauf, dass mit Wataru etwas nicht stimmen könnte? Tatsuji zog jetzt die Augenbrauen zusammen, als er Kôji nach Wataru fragen hörte. Er kannte ihn auch schon etwas länger und wusste, dass er, wenn es um seine Freunde ging, manchmal so etwas wie einen sechsten Sinn besaß. „Ryo! Sag es mir!“ ~Klick~ Sein Gesprächspartner hatte aufgelegt, weshalb Kôji nur noch nervöser wurde. „Es stimmt was nicht, Tatsuji! Wir müssen ganz schnell zu Wataru nach Hause! Ich glaube, ihm geht’s nicht gut!“ Wieso hatte er nicht eher so etwas geahnt? Was, wenn es schon zu spät war? Während dessen parkte Riina etwas weiter weg, weil vor ihrem Zuhause mehrere Polizeiautos standen. Sie fragte sich natürlich auf der Stelle, was da los war und stieg aus. Sie verriegelte die Türen und riss die Tür auf, woraufhin sie von Polizisten angestarrt wurde. „Wer sind Sie?“ wurde sie von einem Mann gefragt, so dass sie einen Halbmondblick aufsetzte. „Derjenige, der hier wohnt, ist mein Bruder!“ Sie wurde leicht ruppig, wenn man sie kannte, hörte man, dass sie anwesend war, deswegen kam Ryochi gerade die Treppe hinab. „Erschreck nicht, man hat die Wohnung leergeräumt...“ „Was?“ Sie seufzte und dachte wie so oft an ihren Vater, der solche Dinge gerne tat, um andere zu erschrecken. Sie schaute sich um und bemerkte, dass es wirklich sehr leer wirkte. „Hast du Wataru nicht erreicht? Hast du mich deswegen angerufen?“ „Nein, das nicht.“ Kleine Schweißtropfen bildeten sich auf dem Gesicht des Detektivs. „Hier ist ein Mord passiert. Es tut mir so Leid, ich bin zu spät gekommen...“ „Seit wann willst du denn hellsehen können?“ Die Rothaarige gab ein Seufzen von sich, sie ahnte ja nicht, um wen es sich bei dem Toten handelte. „Aber was macht der Tote hier?“ Dass sie nicht von selbst dahinter kam? „Nun ja... er...“ Ryo stockte und senkte den Blick, er konnte in dem Moment nicht weiterreden, war wie gelähmt. „Er wohnt hier“, ergänzte Chiba, der selbst sehr mitgenommen aussah. Megure war noch oben bei der Leiche, Gott, der arme Mann. Er mochte zusammen mit ihm selbst und Miwako Satô Wataru am liebsten, Chiba konnte selbst nicht fassen, dass sein Freund Opfer eines Anschlages geworden war, und das auch noch in der eigenen Wohnung. Welchen Grund konnte es wohl für Derartiges geben? Ein Racheakt vielleicht? „Er... tut... was?“ Riina traute ihren Ohren kaum. „Wo ist er?“ Das Er betonte die junge Frau jetzt total komisch, ihr war mulmig zumute. Wer wohnte, außer ihrem Bruder, denn sonst noch hier? Mit dem unguten Gefühl in der Magengegend rannte sie die Treppe hoch, nachdem sie Stimmen von dort oben gehört hatte. Megure unterhielt sich gerade mit der Spurensicherung. „Messerstiche in die Leber, Brust und die Schulter. Er wurde wohl angegriffen und fiel dann erst in die Wanne...“ Die Rothaarige hörte noch, was der Mann von der Spurensicherung sagte, sie kannte ihn, Tome nannte er sich. Sie stieß mit einer Hand die Tür auf und stand wenig später in der Tür. „Was..?“ Verwirrt besah Megure die 21-jährige, die ihn einfach beiseite schob, um den Blick auf die Badewanne frei zu haben. „Weg da!“ Auf dem Boden lag ihr Bruder, inmitten von Wasser- und Blutspuren. Ihre Augen wurden augenblicklich klein, sie konnte den Mann nur anstarren, sich gar nicht vom Fleck rühren, auch wenn sie gewollt hätte. Jetzt hatte er ihn erwischt... Jetzt hatte er ihren Bruder umgebracht... Solche Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Ihre Freundinnen hatten dem Mann nicht gereicht, nein, dieses Mal hatte er sich an ihrem Bruder vergriffen. Ryochi kam gerade zur Tür herein und sah sie noch wie zur Salzsäule erstarrt dastehen. Leider konnte man ihr das nicht ersparen, immerhin musste sie es wissen. Aber etwas war nicht in Ordnung, sie sagte kein Wort. Es wäre normal gewsen, wenn sie einen Schrei von sich gegeben hätte, doch nichts Dergleichen war geschehen. Draußen hatte sich ein weiteres Auto zu dem von Riina gesellt. „Ich habe es geahnt... Bei so viel Polizei... da... da sieht man doch gleich, dass etwas Schlimmes passiert sein muss...“ Kôji brachte es nur fertig, zu stottern. Der Fahrer konnte ihm nur beipflichten, tat es aber nicht, er schwieg und stieg aus seinem Auto aus, was ihm Kôji gleich tat. „Schau mal... Riinas Auto... Sie hat er wohl auch angerufen... ich ahne etwas ganz Schlimmes...“ Auch Tatsuji hatte einen bösen Verdacht. Als er an Derartiges dachte, wurde ihm ganz schlecht. Was, wenn Kôji Recht hatte? Dann durfte seine beste Freundin jetzt auf keinen Fall alleine sein. Wieso waren sie nicht vor ihr angekommen? Beide stürmten regelrecht hinein und gleich darauf die Treppe hoch. In der Tür blieben sie stehen, hinter Ryochi, nur Tatsuji schob ihn etwas zur Seite. „Lass sie doch nicht so alleine da stehen!“ Das fand er jetzt ja mal total unverantwortlich. Er ging an die Rothaarige heran, die immer noch starr war. Dass jemand neben sie getreten war, nahm sie gar nicht mehr wahr. Für die Jurastudentin war die gesamte Welt zusammen gebrochen. Der 27-jährige schaute die Frau genau an, keine Emotionen waren in ihrem Gesicht. Das gefiel ihm gar nicht, immerhin schaute sie sich gerade die Leiche ihres Bruders an. Da wäre es ihm lieber gewesen, sie hätte zu weinen begonnen, dann hätte er sie wenigstens trösten können, aber sie tat nichts, als wäre das Leben aus ihr gewichen. Das Einzige, was ihm auffiel, war, dass sie noch blasser war als sonst schon. Gerade deswegen konnte der junge Mann schnell genug schalten, um sie gerade so daran zu hindern, zu Boden zu gehen, als sie einfach in sich zusammenfiel. Seine Hände waren unter ihr, noch ehe ihr Körper den Boden berührt hatte. Shinas Cousin hatte das einfach voraussehen können, so blass wie sie auf einmal gewesen war. Kôji war das Ganze natürlich auch nicht entgangen, weshalb er zu schwitzen begann. Obwohl er Wataru noch gar nicht gesehen hatte, wusste er sofort, was gespielt wurde, immerhin war Riina keine Frau, die einfach so umkippte. Er sah noch kurz Tatsuji nach, der seine beste Freundin nach draußen trug, um sie dort irgendwo hinzulegen. Der Jurastudent selbst richtete den Blick auf seinen toten Freund, er zuckte leicht zusammen, als hätte sich die Leiche bewegt, doch dem war nicht so, er war einfach zu geschockt vom Anblick desjenigen. Wie Ryo vorhin auf Wataru zugestürmt war, wollte auch Kôji dies tun, woraufhin er von hinten gepackt und festgehalten wurde. „Ich muss ihm helfen! Lassen Sie mich los!“ Er wusste nicht mal, dass es Ryo war, der ihn daran hinderte. „Loslassen! Sofort!“ „Kôji, er ist tot, daran können wir nichts mehr ändern!“ „Doch, und ob! Ich kann das! Lass mich los, oder es knallt!“ Kôji versuchte sich von Ryochi loszureißen, er wollte – verdammt noch mal – seinem Freund helfen! „Beruhig dich, Kôji, bitte, das bringt nichts“, Ryo wurde jetzt bedeutend leiser, man musste ihn ja beruhigen und nicht noch mehr aufwühlen. „Wataru stirbt nicht, wenn ich ihm helfe! Willst du etwa, dass er stirbt? Am Ende warst du das?!“ Kôji glaubte das doch selbst nicht, trotzdem ging er damit entschieden zu weit. Es konnte ja sein, dass der Jurastudent gerade nicht mehr zu klarem Denken fähig war, aber ihm zu unterstellen, er hätte es so gewollt, war zu viel des Guten. Um Kôji wieder zur Vernunft zu bringen, drehte er ihn herum und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. In dem Moment war es auch vorbei, Kôji hielt sich die Wange und schaute Ryochi verwirrt an, bevor er den Kopf senkte. Er wusste selbst nicht, wie er so ausrasten konnte. Im nächsten Moment spürte er, wie seine Augen zu brennen begannen und kurz darauf Tränen zu Boden tropften. Ryo stellte sich vor, er wäre der beste Freund, der zu heulen begann, weil man Sêiichî umgebracht hatte, er konnte ihm nicht einmal wirklich böse sein, fühlte eher mit ihm. Vielleicht ließ er sich deswegen im nächsten Moment von seinem Rivalen umarmen. Kôji tat ihm einfach Leid, niemand konnte ihm schließlich den besten Freund zurückbringen. Die Ohrfeige nahm er ihm wohl auch nicht übel, anscheinend dachte Kôji, dass er sie verdient hatte. Ihm war ja selbst zum Heulen zumute, trotzdem tat er es nicht, es war schlimm genug, wie es war. Zwei Detektive, die schon jetzt um einen guten Freund trauerten. „Ich wollte ihn retten, glaub mir... Dafür hätte ich alles getan, Kôji“, kam leise von Ryo, der bedrückt selbst den Kopf hängen ließ. „Wäre ich nur eher hierher gekommen...“ „Und ich hätte auf mein mieses Gefühl am Morgen hören sollen, Ryo...“ Bevor er mit Tatsuji weggefahren war, hatte er das Gefühl gehabt, Wataru würde ohne ihn nicht klar kommen. Wieso war er trotzdem gefahren? Er war ja selbst schuld, wenn er jetzt niemanden mehr hatte, der ihn wahrhaft mochte. Keine Akemi, kein Wataru, keine Shina, mit Letzterer war er ja zerstritten, weil er auf ihrem Freund rumgehackt hatte. Er konnte nicht mehr... Deswegen hing er jetzt an jemandem, den er gar nicht hatte leiden können, der ihn aber zu trösten schien. Wie armselig von ihm, sich so gehen zu lassen, aber ihm fehlte die Kraft, um all das einfach wegzustecken. Er war am Ende seiner seelischen Kraft angelangt. Megure war nach draußen gegangen, wo er Tatsuji vorfand, der auf der Couch saß, Riina mit dem Kopf auf seinem Schoß. „Ich fürchte, Satô erleidet mir auch einen Nervenzusammenbruch.“ Er zog sich den Hut ab, was er nun wirklich so gut wie nie tat und setzte sich zu den beiden. „Wie soll ich ihr denn erklären, dass ihr schon wieder ein Kollege gestorben ist?“ „Gestorben? Sie meinen, ermordet worden ist. Machen wir uns nichts vor, das war Mord, das sieht sogar jemand, der keine Ahnung von so etwas hat.“ „Wenn ich nur wüsste, wo wir suchen sollen, aber wir haben so viele Verbrecher ihrer Strafe zugeführt, dass ich fürchte, das wird schwer werden.“ Tatsuji behielt es für sich, aber er hatte bereits einen Verdacht, jedoch konnte er dazu noch nichts sagen, immerhin hatte er sich die Beweislage bisher noch nicht angesehen, im Moment war es ihm sowieso wichtiger, erst mal bei ihr zu bleiben. „Es muss nicht mal einer von denen sein, Inspektor Megure. Es kann auch irgendein Typ sein, der Polizisten einfach nur hasst...“ „Ja, das ist nicht auszuschließen, solche Leute gibt es nun einmal. Ich erinnere mich noch daran, dass Satô auch einmal fast von so einem getötet worden ist. Aber diese Verbrecher waren dreist. Sie haben alles leergeräumt und nur die Wanne dagelassen. Wir sollten ihn anscheinend finden und erkennen, wie grausam die waren. Als wenn sie uns abschrecken wollten. Jedenfalls ist der Mord nicht getarnt... Er bekam starkes Schlafmittel, er konnte sich also gar nicht wehren. Sie konnten in aller Seelenruhe ihre Tat begehen. Das müssen mehrere gewesen sein, das war unmöglich einer alleine, einer alleine könnte nie einfach so das Haus leerräumen. Es ist ja nicht einmal mehr ein Bett da. Wie haben sie das bloß geschafft? Wenn wir die Möbel finden, dann vielleicht auch den Täter. Ich kümmere mich dann darum, bleib du bei ihr...“ Auch wenn der Inspektor es ihm nicht gesagt hätte, wäre er nicht von ihrer Seite gewichen. „Mach ich.“ Er seufzte und strich ihr über die Haare. In dem Moment schlug sie die Augen auf und konnte verschwommen das Gesicht eines Mannes wahrnehmen. „Wo... wo bin ich?“ „Bei mir, und da bleibst du auch erst mal.“ Riina war total schwindelig, trotzdem wusste sie jetzt gleich, um wen es sich handelte. Sie musste ihn nicht klar und deutlich sehen, damit sie seine Stimme erkannte. „Mein Bruder...“ murmelte sie vor sich hin. „Hast du es mitbekommen?“ „Ja, habe ich. Das kann man ja auch gar nicht verpassen. So wie es hier aussieht.“ Die Rothaarige holte mehrmals schwerfällig Luft und machte den Anschein, als wäre hier drin nicht gerade die beste Luft, das war auch so. „Es stinkt hier... Nach Blut... Nach Spurensicherung... Bist du mit dem Auto hier?“ Sie flüsterte immer noch, hatte gar nicht die Kraft für mehr, außerdem wollte die Frau nicht von anderen gehört werden. Die Leere, die sich vorhin in ihr ausgebreitet hatte, war noch immer vorhanden. Sie fühlte sich, als hätte man ihr einen Teil ihres Herzens brutal herausgerissen. Es gefiel ihm noch immer nicht, wie gelassen sie war. „Wieso fragst du? Willst du raus hier?“ „Ja... hier sind so viele Leute... und mir ist schlecht.“ „Meinst du, dass du schon aufstehen kannst? Du bist vorhin immerhin umgekippt.“ Er war davon nicht überzeugt, sie war eben noch immer sehr blass. „Das war nur der Schreck...“ Den sie jetzt überwunden hatte? Wollte sie das sagen? Auch wenn die Rothaarige es versuchte, glaubte er ihr nicht, dass sie es verdaut hatte. „Ich will jetzt wirklich hier raus, sonst muss ich mich noch übergeben.“ Dabei war die junge Frau froh, dass diese Zeit endlich vorbei war. „Na gut, es steht ja gleich da draußen.“ Er hob sie hoch, sie sollte sich besser nicht zu sehr anstrengen, ihre Nerven lagen blank. Da konnte es schnell passieren, dass sie erneut umkippte. Als Tatsuji sie hochhob, umklammerte sie mit den Händen seinen Hals und hielt sich an ihm fest. Sie gingen nach draußen, niemand hielt sie davon ab. „Du hast Recht, die Luft hier draußen ist wesentlich besser.“ Der Mann stellte sie auf die Beine und öffnete die Türen seines Autos, bevor ihr beim Einsteigen half und sich dann auf die Fahrerseite begab, wo er ebenfalls einstieg und dann alle Türen verriegelte. „Mal ganz ehrlich, wie fühlst du dich? Du kannst es mir ruhig sagen. Ich weiß auch so, dass es dir schlecht geht. Mach mir nichts vor. Ich kann dich auch gerne in den Arm nehmen, wenn du magst.“ „Das ist mir hier zu eng.“ Etwas Dümmeres war ihr nicht eingefallen, um auf Distanz zu bleiben, was auch immer sie damit jetzt bezweckt hatte. Sie saß lieber mit ihrem traurigen Blick neben ihm, als dass sie ihm zu nahe kommen würde, wo sie sicher die Beherrschung verlieren und anfangen würde zu weinen. „Das war er, er und sonst keiner“, kam leise von ihr, eingeschüchtert, wie von einem kleinen Mädchen. Riina hatte schon immer etwas Angst vor ihrem Vater gehabt, jetzt erstrecht. Wenn er einfach so ihren Bruder umbringen konnte, wen würde er sich dann wohl als nächstes vorknöpfen, um seine Tochter zu bestrafen? Ihr war so eiskalt, dass sie dachte, sie müsse gleich erfrieren, deswegen strich sie sich über die Arme. „Davon bist nicht nur du überzeugt. Und er kriegt noch sein Fett weg, das kannst du mir glauben.“ Irgendeiner würde Keichiro schon eines Tages erwischen, dann würde er für all das büßen, was er Leuten angetan hatte, ganz besonders ihr. „Ach?“ Nun schmiegte sie sich doch an ihn, indem sie an ihn heranrutschte. ‚Na dann gute Nacht... ich weiß genau, was du damit meinst.’ Wahrscheinlich endete es noch damit, dass Riina ihre Beretta brauchte, um ihm zu helfen. Sie würde bestimmt nicht noch einmal zusehen. Wenn es ihn erwischte, konnte sie sich genauso gut das Leben nehmen, mit dem Wissen, Schuld zu haben, würde sie nicht weiterleben können. „Was denn?“ Ihr Wort hörte sich an, als sei es der Anfang eines Satzes, den sie nicht zuende aussprach. Seine Frage blieb unbeantwortet, sie klammerte sich viel lieber an sein Hemd und drückte ihren Kopf gegen dieses. Jetzt überkam sie das längst Überfällige. Die Rothaarige schluchzte und fing wenig später richtig an zu weinen, während man draußen ein leichtes Pochen hören könnte, das vom plötzlich aufgetretenen Regenfall kam. Irgendjemand meinte wohl, dass das Wetter jetzt ganz gut zu ihrer Stimmung passte. ‚Das Beste wäre, wenn es jetzt auch noch Gewitter gäbe, weil mich das sowieso an den Mistkerl erinnert.’ Sie, die wie ein kleines Kind zu weinen schien, fühlte sich schon seit Jahren bei Gewitter an ihren Vater erinnert. Jetzt würde sie sowieso immer an ihn denken müssen, schließlich hatte er ihr nun den Bruder weggenommen, wie sollte sie da von diesen Gedanken loskommen? Er dachte wahrscheinlich, dass sie um ihren Bruder weinte, nein, sie war verzweifelt und hatte Angst um das Leben ihres besten Freundes, das schon als Kind von Keichiro gefährdet worden war. Bestimmt dachte sich ihr Vater, dass er ihr alle wegnehmen musste. Vielleicht arbeitete er auch mit allen zusammen, die etwas gegen sie hatten. So etwas wie Teran, Pinot, eben alle, die die Takagis und deren Freunde hassten. Teran hatte ja von Natur aus etwas gegen ihren Bruder. Er würde es natürlich genießen, Wataru für ihren Vater umzubringen, und Messer mochte er ja. Trotzdem blieb bei all diesen Gedanken ihr Vater der Schuldige, so war es immer. Selbst, wenn er nicht anwesend war, beging er noch Verbrechen. Der Mann würde wohl erst Ruhe haben, wenn er alle in die Finger bekommen hatte, aber dann würde auch er sein Leben verlieren, das nahm sie sich vor. Noch bevor sie sich selbst umbrachte, würde sie ihn zur Hölle schicken, dann hatte sie ja sowieso nichts mehr zu verlieren. Zum Glück würde Tatsuji das dann niemals erfahren. Ohne ihn ging eben nichts mehr. Wenn Wataru noch hier wäre, könnte wenigstens er sie davon abhalten, aber wenn beide mal sterben sollten, würde sie keiner abhalten können, ihren eigenen Vater umzubringen. Irgendwann reichte es eben, und auch sie war nur ein Mensch, der auch einmal Rachsucht verspüren konnte. Sie hatte ja schon so viel eingesteckt, irgendwann ging das auch bei ihr nicht mehr. Ihre Gedanken gehörten auch Gott sei Dank nur ihr alleine, er brauchte nicht wissen, dass auch sie an so etwas denken konnte. Man könnte meinen, dass ihr Vater es so wollte. Er wollte ihr Herz immer mehr ins Dunkel zerren, sie dazu bringen, dass sie zu ihm passte. Früher hätte sie nie auch nur daran gedacht, jemanden zu ermorden, mittlerweile hatte es ihr Herr Vater geschafft, dass sie es tat. „Manchmal tut es ganz gut zu weinen“, meinte Tatsuji, sie sollte lieber weinen, als alles in sich hinein zu fressen, das hatten andere schon zur Genüge getan. Deswegen war es ihm lieber, wenn sie sich an ihm ausheulte, als so wie vorhin zu sein – eiskalt, emotionslos. ‚Ja, vielleicht, aber ich wünschte, ich könnte lächeln, doch das würdest du mir sowieso nie abkaufen...’ Wie wirkte es auch, wenn sie lächelte, wo ihr Bruder ermordet worden war? Da konnte man nicht lächeln. Und so sollte sie Kazuki unter die Augen treten? Er wartete ja auf sie. Wie sollte sie das machen? Riina wollte doch gar nicht, dass er erfuhr, wenn es ihr schlecht ging, weil ihn das doch viel zu sehr runterzog. Trotzdem war es unfair von ihr, sich jetzt an einen anderen Mann zu hängen. Wenn Kazuki das wüsste, wäre er sicher sehr enttäuscht. Er war nun einmal ein sehr eifersüchtiger Mensch. Da durfte man als Frau andere Männer nicht mal falsch anschauen, und bei ihnen war es sowieso so seine Sache. Wenn Fremde dachten, sie hätten etwas miteinander, dann würde Kazuki sicher auch in diese Richtung denken. Bei seiner Eifersucht schaltete sich sein Verstand manchmal ganz ab. Er wusste nämlich ganz genau, dass sie niemals fremdgehen würde. Schon einmal war er unschön ausgerastet, als ein Freund von ihm, Riina falsch angesehen hatte. Umgekehrt durfte das nämlich auch nicht passieren. In dem Fall war Kazuki allerdings im Recht gewesen. Der Mann, der sie so angesehen hatte, wollte in der Tat etwas von ihr, das weit über Freundschaft hinausging. Es störte sie daher nicht, wenn er sie dadurch beschützte, das genoss sie sogar. Solche Männer hatte sie ja sowieso immer gemocht. Aber wie würde sie reagieren, wenn er etwas gegen ihn sagen sollte? Riina würde sich von nichts und niemanden davon abhalten lassen, an ihm zu hängen. Welcher rasend eifersüchtige Mann würde das schon verstehen? Ihre Gedanken hatte die junge Frau jetzt auch etwas von ihrem Vater abgelenkt, so dass sie sich allmählich wieder beruhigen konnte. „Danke, dass du da bist. Wieso eigentlich?“ Ja, warum war er hier? Sie selbst hatte ihm ja nichts gesagt. Wieso sollte Ryochi Tatsuji anrufen? „Na ja, ich war gerade bei Kôji, als er einen Anruf von Ryo bekam. Es ist also ein netter Zufall, dass ich es mitbekommen hatte.“ Er beobachtete sie, ihr Gesicht war etwas verschwitzt. So warm war es in seinem Auto eigentlich ja nicht. „Oh Gott, Kôji... Das heißt ja, dass er hier ist.“ Irgendwie gefiel ihr das nicht. Der Profiler konnte sich auch gut vorstellen, weshalb sie Oh Gott, Kôji gesagt hatte. Vor zwei knappen Jahren hatte Kôji schon seine Mutter und ein Jahr später seine Freundin verloren, jetzt auch noch seinen besten Freund. Einen Vater hatte der junge Mann nicht mehr, der war verschollen, genauso wie Riinas. Besser man sagte Kôji auch nicht, was er tat, und wo und an wessen Seite er war. „Ryo kümmert sich schon um ihn.“ „Die beiden können sich nicht leiden“, sagte Riina, auch ein wenig, um ihrem besten Freund zu widersprechen. „Ich denke, das ist Ryochi in dem Fall auch egal. Er weiß, wie schlimm so etwas ist.“ Auch Tatsuji war von Sorgen und Derartigem nicht verschont geblieben. Er kannte so etwas auch, nur dass sein bester Freund noch am Leben war. Trotzdem war Yuichi schon wieder in der Versenkung verschwunden, was heißen musste, dass er Ärger gehabt hatte – wie so oft. Was würde der Mann endlich mal vorsichtiger sein? Wenn es um bestimmte Leute ging, war er fast wie ein tollwütiger Hund, der losstürmte, dabei verletzte er sich andauernd und landete manchmal sogar im Krankenhaus. „Du hast wahrscheinlich Recht...“ Sie griff sich an die Stirn und wischte sich Schweiß aus dem Gesicht. „Mir ist immer noch schlecht...“ So schlecht war ihr vorhin nicht gewesen, das war erst so, seit sie geweint hatte. „Das ist der Kummer, deswegen ist dir anscheinend so schlecht.“ Etwas anderes konnte sich Tatsuji nicht vorstellen, er hatte nämlich etwas Bestimmtes gar nicht mitbekommen, sonst hätte er auch das in Erwägung gezogen. „Kann schon sein.“ Im Moment machte auch sie sich noch nicht allzu viele Sorgen. Sie kannte die Übelkeit, die kam, wenn sie sich so schlecht fühlte, doch schon. Jedes Mal, wenn jemand durch ihren Vater zu Tode gekommen war, heute war es aber noch schlimmer, immerhin handelte es sich um ihren Bruder. Sie fand das daher ganz normal, wenn es ihr schlecht ging. Ein wenig Sorgen machte sie sich erst, als zu der Übelkeit auch noch Schmerzen im Bauchbereich hinzu kamen. Sie sollte zu große Aufregung ja besser vermeiden, wie gut, dass er sie beruhigen konnte. Panisch werden wollte sie auf keinen Fall, weshalb sie an ihm hing und die Augen schloss, um sich zu entspannen, was aber nicht möglich war, wenn man auf einmal Schmerzen hatte, die immer schlimmer zu werden schienen. „In meinem Fall aber wohl eher nicht.“ „Wieso?“ Wie kam sie denn zu der Annahme? „Weil ich mich zu sehr aufgeregt habe, was ich nicht soll, und jetzt Schmerzen habe...“ Er drückte sie leicht von sich und sah in ihre Augen, die etwas glasig geworden waren, was wohl von den Schmerzen kam. „Hast du was? Bist du krank? Wieso sollst du dich denn nich so aufregen?“ Er machte sich ja nur Sorgen, deswegen stellte er diese Fragen doch recht schnell hintereinander. Wieso war ihr die Sache jetzt peinlich? Er war schließlich der Erste, dem sie davon erzählen wollte, das hatte sie sich doch noch gar nicht getraut. „Na ja, also...“, stotterte sie vor sich hin und senkte den Blick. „Na, ich bin schwanger.“ Eine kräftige Röte legte sich in ihr Gesicht. Seine Augen wurden riesig und er schaute sie ungläubig an, im ersten Moment zu schockiert, als dass er etwas hätte von sich geben können. „Oh, so ist das, dann herzlichen Glückwunsch, Mami.“ Tatsuji machte aus der Sache einen leichten Scherz. „Du bist nicht böse?“ „Wieso sollte ich böse sein?“ Sie war schwanger, was gab es da böse zu sein? Manchmal war sie ihm echt ein Rätsel, sie machte sich zu viele Sorgen um alles und jeden. „Weil ich es dir nicht eher gesagt habe.“ „Böse sein könnte ich da, wenn ich der Vater wäre, aber so...“ Sie war ihm keine Rechenschaft über ihr Liebesleben schuldig. „Der Vater weiß es aber auch noch nicht...“ „Oh.“ Er schüttelte den Kopf. Sein kleiner Angsthase hatte es wohl noch nicht geschafft, darüber zu reden. „Wer ist der Mann? Und vor allem, wie ist der so?“ Es war ja irgendwie klar gewesen, dass so etwas kommen würde. Jetzt wollte er alles wissen und würde dann am Ende noch entscheiden, ob sie zusammen passten? Das würde ihm irgendwie ähnlich sehen. „Wenn ich dir das sage, erklärst du mich für verrückt.“ „Das werden wir ja sehen.“ Er nahm sie leicht in den Arm und wartete auf die Beantwortung seiner Frage. „Weil er zwei süße Kinder hat, deswegen.“ Tatsuji musste lachen. Was sie alles verrückt nannte, war nun einmal witzig. „Das ist ja großes Glück für den Mann. Andere Frauen rennen bei solchen Männern gerne weg. Ich finde es schön, dass du da nicht so bist. Und was ist mit der Mutter? Haben sie sich getrennt, oder...?“ „Nein, so kann man das nicht sagen. Sie ist tot. Schon seit einiger Zeit ist sie das. Die Kinder halten mich mittlerweile sowieso schon für ihre Mutter, er bringt es nicht über sich, ihnen zu sagen, dass das gar nicht so ist. Ich wüsste auch nicht, weshalb ich ihm die kalte Schulter zeigen sollte, nur weil er seine Frau verloren hat. Dafür kann er nichts.“ „Wohl wahr. Gut, dass du das erkannt hast, was?“ Er sah in ihr Gesicht, deswegen musste er zur Seite blicken, weil sie von ihm an seine Schulter gedrückt wurde. „Du bist der erste und einzige, der überhaupt davon weiß. Ich habe es zumindest sonst keinem gesagt. Er heißt übrigens Kazuki Aisawa und ist auch schon etwas älter, wie man sich denken kann. Du glaubst gar nicht, wie dermaßen künstlerisch er begabt ist. Das ist einfach nur toll. Er hat einmal ein Bild von mir gemalt. Er tut das auch ständig, wenn ich eingeschlafen bin...“ Man sah seiner Freundin an, dass sie dieser Mann glücklich machte, das war ja auch die Hauptsache, fand er. Aus Erzählungen anderer wusste er ja, dass sie diesbezüglich eher Pech als Glück gehabt hatte. „Kazuki Aisawa, aha.“ Der junge Mann lehnte den Kopf gegen die Sitzlehne und dachte einen Moment über diesen Namen nach. „Ist er öfter mal in Amerika, kann das sein?“ „Ja, ist er, ich weiß aber nicht, was er da immer macht. Ich denke, er hat dort mit einer Modefirma zu tun, für die er arbeitet. Ich frage ihn nicht nach so etwas, solange er zurückkommt.“ „An deiner Stelle wäre ich da aber vorsichtiger.“ Vielleicht war er in dem Moment fies und gemein, aber er meinte es nur gut, mit dem, was gleich kommen würde. „Denk nur daran, dass dein Vater dir ständig Männer geschickt hat. Und denk auch mal daran, dass er damit mehrmals erfolgreich war.“ Dass das Ganze neu aufgewickelt werden musste. „Kazuki passt nicht dahin. Er ist da garantiert nicht drin!“ Da war sich die Rothaarige vollkommen sicher, weswegen sie etwas pampig wurde. „Kann ja sein... Tut mir Leid. Aber man muss nicht mal hinpassen, damit man dazu gehört. Es gibt genug arme Leute, die da unfreiwillig mit drin stecken. Ich will ja nur, dass du diesbezüglich etwas vorsichtig bist.“ Er war nicht ohne Grund so vorsichtig, was ihre Männer anging, schließlich hatte sie bisher erst drei Freunde vor Kazuki gehabt – die alle in der Schwarzen Organisation waren. Da durfte er sich Sorgen machen, oder nicht? Außerdem wollte er gerne, dass sie einen normalen Freund hatte, nicht, dass sie noch mal zwischen die Fronten geriet. Es war schlimm genug so, wie es war. „Nebenbei, was heißt da mehrmals? Wieso war er mehrmals erfolgreich?“ „Na komm, an solche Zufälle, wie die von damals glaube ich nicht. Es würde mich nicht wundern, wenn dein Vater alles in die Wege geleitet hatte. Dass er dich verarschen wollte, indem er dir einen Superhelden vorsetzt, weiß ich. Das hat mir mal Shina erzählt.“ Takuya war Gesprächsthema gewesen, na toll. Sie wollte diesen Kerl am liebsten nie mehr erwähnt haben. Am besten man vergaß ihn, doch bisher war das nicht möglich gewesen. „Juro hätte mit so einem, wie meinem Vater, niemals gemeinsame Sache gemacht! Er lässt sich nicht auf ihn ein, niemals.“ Er ließ sich ja lieber auf ihre Cousine ein, trotzdem musste sie ihn in dieser Sache beschützen. Riina zuckte, weshalb er sie verwirrt ansah. „Was ist?“ „Ich hatte eben einen stechenden Schmerz in der Bauchgegend... Es ist aber schon wieder gut...“ Noch ehe sie das gesagt hatte, wiederholte sich das Ganze. „Oder auch nicht. Was ist das nur?“ So langsam krümmte sich die Frau, ihr war so schlecht und dann noch diese Schmerzen. Irgendetwas war nicht in Ordnung, das war auch ihm klar. „Leg dich hinten hin, ich fahr dich ins Krankenhaus!“ Das hätte er schon eher machen sollen, statt sie auszuquetschen, so hatte er zumindest das Gefühl. Im Krankenhaus hatte Riina Tatsuji eine Telefonnummer gegeben und ihn darum gebeten, dort anrufen zu lassen, was er getan hatte. Es hatte ewig gedauert, bis man jemanden erreicht hatte. Und zu ihr gehen, das durfte er ja auch nicht. Sie wurde von Ärzten untersucht, weshalb man ihn gleich rausgeschmissen hatte. Wenig später ging die Tür auf und ein Mann kam heraus. „Und, wie geht’s der Patientin?“ fragte er, so dass der Mann ein klein wenig den Kopf senkte. „Den Umständen entsprechend, würde ich sagen. Sie ist mit ihren Nerven am Ende, wir mussten sie mit einer Spritze ruhig stellen. Tut mir Leid, um ihr Kind.“ Der Braunhaarige hob die Hände und schüttelte den Kopf. „Ich bin gar nicht der Vater, ich habe sie nur hergebracht, weil sie Schmerzen hatte. Hat sie das Kind also verloren?“ Das erklärte zumindest, weshalb sie so mit den Nerven am Ende war. „Ja, sie hatte plötzlich eine schreckliche Blutung und starke Schmerzen. Dann ging alles recht schnell. Sie hatte schreckliche Angst und war total aufgelöst, jetzt haben wir sie beruhigen können. Trotzdem ist sie natürlich deprimiert. Stehen Sie ihr sehr nahe?“ „Tue ich wohl, ja.“ „Dann gehen Sie rein und versuchen Sie, ihr ein wenig Mut zumachen, solange der Vater noch nicht aufgetaucht ist.“ Tja, wo steckte dieser Mann überhaupt? Wieso war er immer noch nicht da? Eigentlich wäre es ja seine Aufgabe gewesen, bei ihr zu sein. Aber man wusste ja nie, was ihn aufgehalten hatte. „Mache ich.“ Der Arzt ließ ihn stehen und kümmerte sich wohl um den nächsten Patient, weshalb Tatsuji gegen die Tür klopfte, er wusste ja nicht, ob sie überhaupt jemanden sehen wollte. Er bekam keine Antwort und öffnete leise. „Darf ich reinkommen?“ fragte der 26-jährige vorsichtig. „Wie du willst.“ Sie schaute nicht zur Tür, sondern aus dem Fenster hinaus, wohnte dem Regenwetter bei, das noch immer herrschte. „Wie geht’s dir?“ Der Braunhaarige wollte es lieber noch einmal von ihr selbst wissen. Er ging auf sie zu, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich dicht an ihr Bett. „Geht so“, kam knapp zur Antwort, sie schien keine große Lust zu haben, überhaupt zu reden. Ihre Stimme klang leer und fast ein wenig gleichgültig, obwohl es ihr nicht egal war, was passiert war. „Ich habe nur Pech, was? Ich bin ein Unglückskind! Erst bringt man meine Freundinnen um, dann meinen Bruder... dann... so was.“ Sie hatte sich natürlich auf das gemeinsame Kind gefreut. Nie hätte sie gedacht, dass so etwas dazwischen kommen könnte. Obwohl sie total ruhig klang, wusste er, weshalb sie den Kopf absichtlich weggedreht hatte und ihn nicht einmal ansah. Ihr waren Tränen über das Gesicht gelaufen und sie weinte noch immer stumm. „Sag nicht so etwas. Du hast ja noch ihn und mich. Dass du gar kein Glück hast, kannst du daher nicht sagen.“ Sie hatte viel Pech, das stimmte, aber gar kein Glück war übertrieben. „Ja... noch.“ Als wenn er so etwas erwartet hätte... Trotzdem seufzte Tatsuji. „Ich finde es ja echt nett von dir, dass du mich schon im Grab liegen siehst. Hör bloß auf damit. So schnell wird es mich nicht erwischen.“ „Dann eben ihn... Ist doch egal... Ich sollte mich von ihm trennen, bevor mein Vater auf ihn kommt und sich um ihn kümmert...“ Jetzt empfand sie sich nur wegen Chardonnay wieder als Schandfleck, so war es oft gewesen. Sie schämte sich nicht nur für ihren Vater, sie hatte auch Angst, dass er wieder andere mit in alles hinein zog. Die 21-jährige war total deprimiert, nichts schien sie aufheitern zu können, und trotzdem wollte er nicht so leicht aufgeben. „Weiß deswegen niemand von euch?“ „So in etwa. Wenn keiner etwas weiß, kann auch keiner etwas weitererzählen. Es ist eben gefährlich, mich zu kennen. Man muss damit rechnen, umgebracht zu werden. Eigentlich müsste ich jeden gleich vorwarnen...“ Dann würden ihr wahrscheinlich sämtliche Leute weglaufen und nur noch wenige übrig bleiben. War das ein Grund Roulette mit Menschenleben zu spielen? Da wollte sie lieber einsam sein. Es war ihr eben wichtiger, andere zu retten, statt glücklich zu sein. „Das wird nicht immer so bleiben. Ich sagte doch, dass man ihn irgendwann kriegt. Dann wird das alles aufhören.“ Es war fast schon ein Versprechen, das er ihr gab, sie irgendwann von ihrem Vater zu erlösen. Wäre er etwas anders gewesen, hätte er selbst den Kerl wahrscheinlich längst umgebracht. Ihm wäre sicher eine Sicherung durchgebrannt und ein Schuss hätte sich gelöst. So wäre das bestimmt bei Yuichi gewesen, weil er manchmal nun einmal dachte, dass es besser so war, wenn andere wegen gewissen Personen nur leiden mussten. „Willst du mich beschützen, mhm?“ „Ist das was Neues für dich?“ Das konnte doch nicht sein, immerhin kannte sie ihn und es war schon oft vorgekommen, dass er sie beschützt hatte. „Nein, typisch für dich.“ Unwillkürlich wandte sie ihm jetzt doch den Blick zu. „Und es ist nicht gelogen, dass ich das mag.“ Gerade als Riina ihn anlächelte, ging die Tür auf und sie erschrak ein wenig. „Kazu-kun, hi.“ Sie wurde sichtlich nervös und zog ihre Hand, die seine berühren wollte, ganz schnell weg. „Was ist denn hier los?“ seufzte der gerade angekommene Mann und schloss die Tür hinter sich – mit einem Knall. „Leiser, sie braucht Ruhe“, musste Tatsuji sagen und sah den Neuankömmling empört an. „Und noch nie etwas von Anklopfen gehört, was?“ „Gut so, sonst würde ich ja nicht mitbekommen, was hier los ist“, sagte Kazuki und kam an beide heran. „Wer ist das, Riina? Was hat der hier verloren?“ wurde sie mit Fragen bombardiert, was Tatsuji ein Schweißtropfen über die Schläfe laufen ließ. Was dachte der sich überhaupt? Dass er ihr heimlicher Lover war vielleicht? „Ähm, ein Kindheitsfreund, ein sehr guter Kindheitsfreund, nicht mehr und nicht weniger.“ „Kindheitsfreund? Solche Freundschaften gibt es nicht zwischen Mann und Frau! Da läuft immer etwas!“ Sehr schlau, jetzt wurde ihnen schon wieder so etwas nachgesagt. Zugegeben, sie war eine interessante Frau, aber zu sagen, dass Mann und Frau nicht einfach nur befreundet sein konnten, war ja wohl frech. „Ach, und du weißt das so genau, was in unseren Köpfen vorgeht? Reiß dich mal zusammen! Ihr geht es nicht gut, da muss man nicht gleich mit solch einer Laune kommen. Sie soll sich nicht aufregen, okay?“ „Wieso gehst du dann nicht? Hier ist kein Platz für zwei Männer.“ Riina griff sich ins Gesicht und stöhnte. „Du bist unmöglich, Kazuki! Ich habe es ihm erlaubt, hier zu sein, ganz einfach. Und ich entscheide selbst über meinen Besuch! Nicht du!“ Sie konnte nicht anders. Was fiel ihm ein, Tatsuji rausschmeißen zu wollen? Das ließ sie nicht zu, auch wenn ihren Freund das sicher wieder wütend machen würde. Es war ihr sowieso klar gewesen, dass es ein Drahtseilakt werden würde, ihn zu überzeugen, dass zwischen ihnen nichts war und wie diese Freundschaft aussah. Sie traute sich diesbezüglich ja selbst nicht so wirklich. Er war stets etwas Besonderes für die Rothaarige gewesen. Wenn nicht Kazuki in ihr Leben getreten wäre, sähe alles wahrscheinlich total anders aus. Sie konnte sich Tatsuji als ihren Freund nun einmal gut vorstellen. Das musste Kazuki aber nun wirklich nicht wissen, der würde durchdrehen, wenn er herausbekam, dass sie einen anderen Mann auch interessant fand. Außerdem war es wirklich unfair von ihr, so etwas auch noch zu denken. Deswegen hatte sie vorhin auch fast ein schlechtes Gewissen gehabt. Wer wusste schon, was geschehen wäre, wenn Kazuki nicht gewesen wäre? „Du weißt doch, dass ich dich liebe! Wieso reicht dir dieses Wissen nicht? Er ist mein bester Freund! Wenn du mit mir klarkommen willst, musst du mit ihm klarkommen.“ Diese Sache wollte sie gleich zu Anfang klarstellen. Es war unfair, sie stellte ihren besten Freund vor den Mann, den sie liebte. Er war ihr wichtig, das hatte weniger mit Liebe zu tun, sie wollte nur nicht mit jemandem zusammen sein, der ihr eine Freundschaft verbot. „Du weißt doch, dass ich Angst habe, du könntest dich in einen anderen verlieben.“ „Dann kennst du deine Freundin schlecht“, fiel Tatsuji ein, er verschränkte die Arme vor der Brust und ließ wohl etwas von seinem Erfahrungschatz raushängen, immerhin kannte er sie viel länger. „Entweder sie liebt jemanden, oder sie tut es eben nicht. Da ist für sie gar kein Platz für einen anderen. Sofern du sie nicht verletzt, wird sie sich auch nicht in einen anderen verlieben.“ „Klar, weil man Gefühle ja so gut kontrollieren kann.“ Er wusste von sich selbst, dass Gefühle veränderlich waren. „Wenn du das so sagst, kommt mir der Gedanke, dass du mich mal nicht mehr lieben könntest...“ Sie senkte den Kopf. „Wer weiß? Im Moment liebe ich dich jedenfalls, und Knall auf Fall wird sich das auch nicht ändern. Ich würde es dir sofort sagen, das weißt du. Man kann nun mal nicht wissen, was später mal sein wird.“ Er fühlte sich zwar schlecht mit seiner Ehrlichkeit, aber wieso sollte er ihr Versprechen geben, die er am Ende dann vielleicht brechen müsste? „Dann hör auf mit dieser dummen Eifersucht! Ich brauche dich... Vorhin ist etwas Schlimmes passiert. Ich muss dir da so etwas sagen.“ „Soll ich solange vor die Tür gehen?“ Tatsuji wollte es gar nicht wissen, was sie Kazuki sagen wollte. Er fühlte sich hier gerade überflüssig. Und bevor sie sich die Köpfe einschlugen, wollte er lieber nach draußen gehen. Kapitel 4: Shadows passing by ----------------------------- Hat mal wieder lange gedauert, ich weiß ^^ Wird mal wieder Zeit XD Aber ich war fleißig, hehehehe ^-^ Ich bin selbst gespannt wie’n Flitzebogen ^-^ Ich mag den Teil total gerne, besonders den total NETTEN Schluss... *muahahahahaha* Es ist ein ganz hundsgemeiner Teil, den man langsam und vorsichtig „genießen“ sollte >.< Also dann, viel Spaß beim Lesen XD Mata ne ^^ Nach Tatsujis Verschwinden schwiegen beide sich erst einmal an, so dass das Unvermeidliche geschah, sie ergriffen beide zugleich das Wort. „Ich...“ „Du wolltest...?“ Riina ergriff fest die Bettdecke, starrte auf diese und presste die Lippen fest aufeinander, es sah dem 27-jährigen nicht so aus, als wolle sie bald etwas sagen. „Was wolltest du mir denn jetzt so Wichtiges sagen?“ Er blickte sie fragend an und sprach sie in ruhiger Stimmlage an, er war anders als vorhin, irgendwie besorgter. „Was machst du überhaupt hier? Was ist denn passiert?!“ Die Rothaarige suchte nach einem Anfang und versuchte ihm jetzt in die Augen zu sehen, was ihr immens schwer fiel, wenn es um so ein Thema ging. „Mein Bruder ist ermordet worden, der Schock war zu groß, deswegen bin ich hier.“ Sie zitterte, ebenso wie ihre Stimme, und die Tatsache, dass nicht nur ihr Bruder gegangen war, sondern auch ein anderes menschliches Wesen brachte schließlich die Tränen hervor, sie standen nun in ihren Augen, bereit über ihr blasses Gesicht zu fließen. Kazuki stand von seinem Stuhl auf, welchen er zum Sitzen benutzt hatte, er wollte sich lieber zu ihr aufs Bett gesellen und saß wenig später dort auch. Der 27-jährige hatte sich so hingesetzt, dass er ihr fast genau gegenüber saß. „Tut mir Leid, auch dass ich den jungen Mann von eben so angefaucht habe. Dein Bruder war bei der Polizei, nicht wahr?“ „Mhm“, meinte sie nur, deswegen drückte ihr Freund sie wenig später an sich. Sie schmiegte sich gegen seine Schulter und schluchzte auf. „Mir wird immer mehr klar, wie wenig ich über dich weiß...“ Es war zwar nicht das, was sie ihm hätte sagen sollen, aber sie konnte es nicht. Sie musste es ihm ja nicht mehr sagen, dass sie schwanger gewesen war. Das würde ihn doch nur deprimieren, wenn er es wusste. „Ich frage mich, wer einfach so einen Polizisten umbringt“, Kazuki wirkte apathisch, sie sah, dass er solche Taten verabscheute, er konnte unmöglich auch ein Mitglied der Organisation sein, das ging einfach nicht, Tatsuji musste sich irren... „Schlechte Menschen, Leute, die die Polizei als was Schlechtes ansehen, weil sie die Bösen jagen??“ Riina fragte es, dabei war es eine Aussage, genau so war es doch immer. Die Bösen verachteten, oder sogar hassten die Guten und versuchten sie zu ärgern. „Wahrscheinlich hast du Recht, er muss ein sehr guter Mensch gewesen sein.“ Obwohl er lächelte, machte er einen traurigen Eindruck. „Und der Mörder ein total schlechter Mensch.“ „Das wird wohl zutreffen, mein Bruder hat sich nie nach Hass gerichtet, alles, was er tat, war gerecht, leider will das jemand, der sich auch mein Vater nennt, nicht einsehen. Seiner Meinung nach hat er ihn verraten. Mein Vater ist nämlich das genaue Gegenteil meines Bruders.“ Kazuki holte kurz Luft und drückte sie etwas fester an sich. „Du denkst, dein Vater war es, nicht wahr?“ Irgendwie konnte er das gut verstehen. Seine Familie war auch mit jemandem gesegnet, dem er alles zutrauen würde. ALLES! Dass sie einen Verbrecher zu mögen schien und was sie früher getan hatte, reichte ihm dafür schon. „Ich habe eine 6 Jahre ältere Schwester“, brach es plötzlich aus ihm hervor. „Sie ist das, was ich schlechter Mensch nennen würde. Ich kann dich also gut verstehen.“ Er würde ihr ein bisschen von seiner missratenen Schwester erzählen, auch wenn alles wohl etwas zu viel für sie sein würde. „Kannst du das? Was hat sie denn Schlimmes verbrochen?“ „Sie schreckt vor nichts zurück und ich denke, sie hat auch schon einmal jemanden umgebracht. Außerdem ist sie eine eingebildete Ziege, die denkt, sie kann sich alles einfach nehmen, wenn sie Lust darauf hat, auch ihren eigenen, kleinen Bruder mit 15.“ Selbst wenn diese Geschichte Scham in ihm auslöste, er wollte es endlich mal jemandem erzählen können, er hatte das Gefühl, ihr so etwas erzählen zu können. Etwas, was andere widerlich gefunden hätten. „Sie scheint mich zu hassen, Riina.“ Die Rothaarige dachte nicht richtig zu hören, aber das tat sie wohl. „Hattest du etwas mit deiner Schwester?“ Das meinte er doch, oder? Sie wollte trotzdem, um Missverständnisse auszuräumen, mal nachfragen. Ein Seufzen entfuhr dem Braunhaarigen. „Sie hat mit einem Freund darum gewettet, dass sie es schafft, jeden zu verführen, auch mich. Alle haben sich über mich lustig gemacht, das vergesse ich bestimmt nicht.“ „Richtig nett, deswegen kann ich übermäßig arrogante Leute auch nicht leiden. Hast du dann eigentlich noch Kontakt zu ihr?“ „Nur, wenn es sein muss.“ Das kam leider für seinen Geschmack durch Pinot noch zu oft vor, er wünschte sich, beide würden tödlich verunglücken, danach würde es ihm bestimmt um ein Vielfaches besser gehen. „Und dann ist da ja noch meine Cousine, die eng mit ihr befreundet ist, sie ist Psychiaterin, man sollte der Frau schnell die Lizenz entziehen. Sie hilft den Menschen nicht, eher das Gegenteil. Sie sieht die Psyche ihrer Patienten als eine Art Spielzeug an. Ich kenne schon einige kranke Leute, es wundert mich nur, dass es keiner bemerkt, wie krank die sind.“ „Psychologen und Psychiater habe ich gefressen, Kazu-chan, ich werde nie mehr zu so jemandem gehen, nie mehr.“ Sie war leicht rot im Gesicht vor Zorn. „Sie sind nicht die guten Menschen, für welche sie sich halten...“ Kazuki nickte vor sich hinstarrend, das traf es jawohl sehr gut – seiner Meinung nach. „Wenn man bedenkt, dass die Psychiaterin, die ich meine, sich dazu hinreißen ließ, mit mir zu spielen, kann man wohl kaum sagen, sie sei so ein guter Mensch.“ Er schloss die Augen. Eigentlich hatte jede seiner Jugendfreundinnen eine Verbindung zu seiner Schwester gehabt. Sobald sie erfahren hatte, dass er in jemanden verliebt war, hatte sie diese Leute doch mit ihrem Taschengeld, wovon sie immer sehr viel gehabt hatte, bestochen. Und das ein weiteres Mal, wenn sie ihn verlassen sollten, was immer geklappt hatte, bis er seine Frau getroffen hatte. Sie war von seiner Schwester allerdings dann terrorisiert worden, weil sie sich nicht hatte bestechen lassen. „So jemand sollte sich wirklich nicht Helfer nennen“, sie wollte ihn jetzt knuffen, das hatte er wirklich nicht verdient. Aber die meisten, denen man so etwas antat, hatten das nicht, Riina war das nun wirklich schon vermehrt aufgefallen. Bestes Beispiel waren Ryos und Shinas Cousinen, die sich hatten zusammentun müssen, um die arme Shina zu ärgern, wobei Ärgern noch das harmloseste Wort dafür war. „Tut sie aber und jeder scheint sie zu mögen. Wenn man auch nur ein falsches Wort über sie verliert, ist man gleich unten durch. Na ja, ich will dich jetzt auch nicht mit meinen Horrorgeschichten langweilen.“ „Hey, ich wollte etwas über dich wissen, dann muss ich jetzt damit leben.“ Bis auf Takuya schienen alle ihre Freunde arm dran gewesen zu sein, vielleicht zog es sie zu solchen Männern irgendwie hin, sie wusste es nicht. Es war schon etwas dunkel geworden und man könnte meinen, für eine Frau alleine war es bereits zu dunkel, dann hielt sich die Braunhaarige auch noch in einem Viertel auf, in dem es von Verbrechern nur so wimmelte, doch all das war Absicht. „Hey, SÜßE, was treibt dich denn alleine in diese Gegend, hast du heute keinen Aufpasser bei dir? Kein Helios? Kein Cognac? Und keine Cencibel, he?“ Wie eine Hyäne blickte die Rotblonde die Braunhaarige an, die gerade erst hier aufgetaucht war. „Wozu soll ich das brauchen? Damit du mich nicht windelweich prügelst?“ Ein Lächeln, das ihre Frechheit in Sachen Worte noch überstieg, spiegelte sich auf den Lippen der 28-jährigen wieder. „Bedaure.“ „Du bist heute wirklich selten frech.“ Wie konnte dieses süße Ding es wagen, so mit ihr zu sprechen? Sie war mal wieder fällig, fand die 31-jährige, doch dann kam schon die nächste Frechheit, die sie in ihrer Handlung inne halten ließ. Valpolicella hatte ihre Waffe ziehen wollen, wurde dann aber frech angegrinst und bekam zu hören, was sie sich nicht hätte träumen lassen, dass es die Moderatorin mal wagen würde. „Was ich dir schon immer mal sagen wollte, Val-Prinzesschen“, das war schon zu viel des Guten, veralbert werden war eines der Dinge, welche die Ältere mit am meisten hasste, aber der Gipfel aller Frechheiten kam dann erst wenig später. „Carpano konnte dich nie leiden, du hast ihn angewidert, deine ganze Art und auch dein billiges Parfüm, das so penetrant riecht, dass er abends stundenlang hätte duschen gehen können.“ „Bitte?“ Valpolicella glaubte tatsächlich, sie hätte das nur hören wollen, um Kir wehtun zu dürfen. Das konnte dieses unschuldige Ding doch wohl kaum gesagt haben, oder? Das würde niemand wagen und DIE schon gar nicht! Ihre Augen verzogen sich vor Zorn zu Schlitzen und sie schnaufte laut, wie ein Büffel kurz vorm Angriff. Das hatte die Handlangerin, was sie für Valpolicella eben nur war, nicht umsonst gesagt, sie spürte es förmlich, wie die Wut in ihr hochkroch. Sie sollte gefälligst mit Jami so reden, mit ihr jedenfalls nicht. Sie würde sich von kleinen Handlangern doch nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Die Frau mit den hellen Haaren holte weit aus und versenkte ihre Hand einschließlich ihrer Fingernägel in Kirs Gesicht, so dass regelrechte Abdrücke auf der Wange zurückblieben. Die Jüngere zuckte kurz, als sie die spitzen Fingernägel dieser Schönheit im Gesicht spürte, was kurz schmerzhaft zog, wich aber nicht vor ihr zurück. Was zurückblieb war ein spöttischer Blick, dann begann Kir zu lachen. „Was ist? Tut die Wahrheit weh?“ Sie lächelte fast schon ironisch niedlich. „Weil du nicht gegen mich ankommst, schlägst du mich? Du kommst doch nur mit Gewalt klar.“ „Eine andere Sprache scheinst du nicht zu verstehen. Wer hat dir so ein Verhalten deinen Vorgesetzten gegenüber beigebracht? Wer war das? Vermouth vielleicht? Dann werde ich ihr was husten!“ Ja, genau an diese Frau erinnerte Kir sie gerade, sie nahm sich beinahe genauso viel aus, dabei hatte sie dazu nicht das Recht. „Ach, lass doch Vermouth aus dem Spiel, darüber hinaus darfst du ihr nichts husten, dann hustet dir nämlich DEIN BOSS etwas, Süße, nur nicht vergessen.“ Der Spruch hatte jetzt ohnehin sein müssen, sie brachte Valpolicella nämlich absichtlich so in Rage. „Gut, lassen wir sie aus dem Spiel, selbst sie würde nie so einen Ton an den Tag legen, sie weiß, was sich gehört, das liegt wohl daran, dass du aus einfachem Hause kommst, was, du Püppchen?“ Nun war es Valpolicella, die leise lachen musste. „Ich frage mich, wie ausgerechnet du zu deinem Wissen gekommen sein sollst. Gerade du willst jemanden wie Carpano durchschauen? Dass ich nicht lache! Wer hier billig ist, bist du. Du bist ihm doch wie ein läufiges Hündchen nachgelaufen. Vielleicht trauerst du ja und möchtest deswegen schon sterben, mhm?“ „Ich glaube, eure Hoheit verwechselt da etwas. Ich war es nicht, die um Carpano rumscharwenzelt ist und im Parfüm geduscht hat, um ihn zu betören, das war eure Wenigkeit, Valpolicella.“ Sie sprach nur so mit ihr, um sich über sie lustig zu machen. „Und dann habt Ihr auch noch euren Carpano an eine einfache Frau verloren, so was muss unheimlich wehtun, oder?“ Sie war so was von fällig, egal, ob es jetzt Trauer bei Kir war, Valpolicella durstete förmlich danach sie umzubringen, alleine dafür, dass sie gesagt hatte, sie hätte verloren. Das Gegenteil beweisen konnte schließlich keiner. Es war die Wut darauf von einer so einfachen Frau, wie sie noch zugegeben hatte, so verspottet und gedemütigt zu werden. Doch, noch ehe sie ihre Waffe auf ihre Rivalin hatte richten können, war eine blonde Frau mit gewellten Haaren erschienen und hatte ihre Waffe gezogen, um Valpolicella von hinten zu bedrohen. „Lass es! Kir ist etwas verrückt geworden! Wenn du ihr etwas tust, bereust du das!“ Eine Drohung von einer Frau, die ihrer Meinung nach auch unter ihr stand, jedoch war es etwas total anderes bei ihr. Sie war dem Boss wichtig, aber am meisten war es die Tatsache, dass Cencibel genauso gut war, wie sie selbst, das ließ sie die Waffe sinken. Sie konnte ja immer noch, wenn Cencibel nicht hier war, auf Kir losgehen, jetzt sah es eher so aus, als würde sie die andere verletzen, wenn sie es wagte, auf ihre Freundin loszugehen. Am Ende brachte Cencibel sie noch um, dazu fähig wäre sie – so sehr sie es selbst bedauerte, dass sie ihr zuviel beigebracht hatte. Sie hätte der Blondine am liebsten den Hals umgedreht, leider konnte sie sie nicht so schnell umbringen, wie so manche andere. Währenddessen hatten die zwei Leute, die mehr oder weniger bei diesem Auftrag dabei gewesen waren, sie einfach alleine zurückgelassen. Okay, sie war oft abgehoben und war froh, wenn sie alleine agieren konnte, aber mit so etwas hatte die Frau mit den hellblonden Haaren überhaupt nicht gerechnet. Cencibel war wegen Kir gegangen, das war ihr nur Recht bei dem, was sich die Moderatorin in den Kopf gesetzt hatte. Zwar hätte die andere Blondine nicht von der Seite der Schauspielerin weichen sollen, was hieß, dass sie die Regeln gebrochen hatte, aber Vermouth hatte auch gar nicht damit gerechnet, solche Probleme zu bekommen, weshalb sie die Lage total falsch eingeschätzt hatte und gemeint hatte, es würde bestimmt nicht rauskommen. Aber in dem Fall... Es hieß nur ganz schnell weg von hier, bevor noch etwas Schlimmeres passierte, als dass sie körperliche Blessuren davontrug, was schon geschehen war, da er einfach dazu neigte, sie so zu treffen, dass Fliehen immer recht schwer wurde, doch bisher hatte sie es immer geschafft, ihm abzuhauen, meistens ohne auch nur einen Schuss abgegeben zu haben. Sie hatte es wirklich versucht auf ihn zu schießen, aber sie war total unfähig, ihn zu treffen, sie schoss immer vorbei, als würde ihre Hand von etwas Unsichtbarem gelenkt werden. Sie hätte es gerne für Cencibel getan, die Frau hatte es ja nicht absichtlich getan – sie alleine zu lassen – es ging um Kir, die war um ein Vielfaches wichtiger, es war einfach so. Sie selbst war nur dem Boss wichtig, was zwar traurig, aber nicht zu ändern war. Der Mann, welcher hier gewesen war, war vor Shuichi natürlich geflüchtet, weil er Heidenangst hatte, ihm zu begegnen, so ein Schisser. Cognac hätte so etwas niemals getan. War er denn wirklich der Einzige, der den Mut dazu verspürte, ihr zu helfen? Nicht mal der Boss war hier anwesend, er versteckte sich ja immer nur und gab Befehle, er war keinesfalls besser als dieser verdammte Torino, dem Cognac eh misstraute. Heute war sie wirklich bedient. Erst brach dieses verdammte Dach ein und sie krachte in dieses hinein, dann rutschte sie auf dem glatten Boden auch noch aus und schlug sich das Knie auf, welches sowieso schon verletzt gewesen war, weil Shuichi neuerdings wohl gerne ins Bein schoss... Mal ganz davon abgesehen, dass sie wieder Blut verlor. Dem Boss das zu verschweigen, würde wirklich schwer werden. Das etwas Freizügigere, was er sich manchmal so wünschte, würde die Sache enthüllen, sich von ihm absichtlich fernhalten, war aber auch oft nicht drin, das war erstrecht auffällig. Dann noch ein besorgter Sêiichî, das konnte sie nicht brauchen, er war doch nun wirklich immer besorgt um sie. Im Moment war sie es selbst. Allerdings erst, als sie bemerkte, dass nicht nur Shuichi Akai hinter ihr her war, sondern noch jemand ganz anderes, der sie wohl gefressen hatte. Ihre Atmung ging schnell, ihr Herz klopfte schmerzhaft, die Wunden taten weh, aber darauf konnte sie nun keine Rücksicht nehmen. Bei ihm war es etwas anderes, auf ihn nahm ihre Hand keine Rücksicht. Kaum hatte sie ihn gesichtet, war ihre Waffe schon auf ihn gerichtet, im selben Moment auch abgedrückt worden. Doch das Schlimmste an diesem Tag war nicht, dass sie schon wieder einmal gegen ihren Exfreund verloren hatte, nein, das Schlimmste war, dass er wieder ihr Gesicht getroffen hatte und sie dem anderen nun ihr wahres Gesicht zeigen musste. Ihre Karriere konnte sie dann wohl knicken, er würde es öffentlich machen, wenn sie ihn nicht auf der Stelle umbrachte. Das war ihm zuzutrauen, er hasste Stars und würde es genießen, ihren Ruf zu ruinieren. Von Polizeifahndungen ganz zu schweigen, zu dieser hatte er ja direkten Kontakt. Wieso also nicht gleich alles ruinieren? Sie würde sich verstecken müssen, was der Boss dann ausnutzte, um sie bei sich zu behalten, sie würde Sêiichî nicht mehr sehen dürfen, alles würde den Bach runtergehen. Es sei denn, er starb. Sie musste sich ganz schnell entscheiden. Den Typen umbringen, egal, wie Sêiichî das am Ende fand, oder ihn verschonen und darauf hoffen, dass nicht alles öffentlich wurde, was nun wirklich ein großes Risiko war. Eines stand jedoch fest, Sêiichî Iwamoto und Chris Vineyard würde es so wie bisher nicht mehr geben, egal, wofür sie sich auch entschied. Brachte sie einen Polizisten um, würde er ihr niemals verzeihen, aber andererseits würde er sie auch nicht mehr sehen dürfen. Wie hatte die Sache nur so ihren Händen entgleiten können? Und das nur wegen Akai! Am Ende war es ein abgekartetes Spiel, um sie in eine Falle zu locken, ein Spiel zwischen dem FBI-Agenten und diesem Polizisten. Shuichi war nun aus ihrem Blickfeld verschwunden, als sie sich nach hinten umdrehte. Ach, wollte er sie jetzt der Polizei überlassen, oder wie? Was war er bloß für ein Egoist? Um weiter ungestraft in Japan ermitteln zu können, hatte er sich verzogen. Wenn sie sehen würden, was er so an Waffen bei sich hatte, würden sie ihn erst einmal für einen Assassin halten, der mit ihr unter einer Decke steckte. Das würde aber auch heißen, dass die Polizei nicht weit war. Er musste sie gerufen haben, Shuichi war es ganz sicher nicht gewesen, er jagte seine Exfreundin doch viel lieber alleine. Aus der Entfernung - es waren bestimmt nicht mehr als 50 Meter - konnte der Ermittler das Gesicht dieser Frau erkennen, nicht zu glauben, was man ihm da präsentierte. Es war eine Überraschung, ja, das musste er zugeben, aber das erleichterte es seinem Gewissen, einer Frau Böses anzutun. Alles, was mit Stars zu tun hatte, war ihm ohnehin zuwider. Vermouth war für ihn ohnehin immer nur ein verdammt gerissenes Miststück gewesen, aber wie gerissen, das wusste er erst heute. Da er jetzt wusste, wer sie war, würde sie ihn ganz bestimmt um jeden Preis töten wollen. Er dachte, ihre Prioritäten einschätzen zu können. Und was hatte mehr Priorität für sie, außer dass ihr Geheimnis auch geheim blieb? Hinter sich sah er nichts, nur vor sich, dieses Bild von der schönen Schauspielerin in seinem Gedächtnis. Erst, als man ihm etwas in den Rücken drückte, wusste er, dass da jemand war. Wer das war, konnte sich der Kriminalist gut vorstellen. Verloren, er hatte verloren, oder nicht? „Keine Bewegung, Hiroya, ansonsten sehe ich mich gezwungen, dich zu töten!“ Es war eine recht dunkle Stimme, dunkler, als er sie für gewöhnlich kannte. „Cognac, was für eine Überraschung“, natürlich erkannte Tokorozawa sein Lieblingsopfer. „Na, hast du Freude daran?“ Natürlich hatte er Freude daran, seinen Feind in Schach zu halten. „Lass Vermouth in Ruhe! Nur dann lass ich dich leben.“ Das war also Cognacs Priorität? Das war alles? Und was war mit der Organisation? „Ich verstehe nicht, Cognac, was soll dir das bringen, außer vielleicht den baldigen Tod?” Was wohl? Ihr Vertrauen, ihre Treue, ihre Liebe? Ja, so einfach gestrickt war er, für Hiroya wohl schwer zu verstehen. „Jetzt verrätst du nicht nur deine ach so geliebte Polizei, sondern auch den Clan, für den du arbeitest, das ist mir wirklich suspekt!“ Hiroya lachte über den dummen Cognac, allerdings, dumm, das war er, so etwas für eine Frau zu tun. „Auf wessen Seite stehst du denn?“ „Das weißt du noch immer nicht?“ Nun war es Cognac, der lachte. „Ich kann es mir nur denken. Egal, was sie auch tut, was?“ „Vielleicht.“ Wenn Hiroya ihn so einschätzen wollte, dann sollte er doch. Für ihn waren sie doch sowieso alle böse, wieso also Antworten geben? „Na dann, hau ab mit deiner Geliebten, aber glaub mir, eines Tages büßt ihr mir!“ „Ach, wirst du mit deinen Kollegen von der Polizei bereden, was du herausgefunden hast? Hiroya Tokorozawa, das würdest du nur bereuen, in dem Fall würde ich ganz gnadenlos sein. Das weißt du doch.“ „Toller Polizist bist du. Willst töten, um weiter zu töten. Vielleicht verschone ich deine Liebste, doch nicht dich. Nicht einen, der die Polizei linkt, das kann ich nicht.“ „Na dann, viel Spaß. Mehr will ich doch gar nicht. Dann geh wie ein kleines Kind petzen, aber halte sie da raus.“ „Tze, du bist ein Spinner. Pass nur auf, dass du es nicht mal bitter bereust, dass du das für sie getan hast. Und jetzt schnapp dir deine Süße und verschwindet, bevor meine Kollegen kommen. Du willst doch nicht mit ihr zusammen gesehen werden, ihr beide, wo ihr doch bewaffnet seid, mhm?“ Ob das wohl ein Trick war und er ihn dann von hinten angriff? Vermouth beobachtete beide aus der Entfernung, sie hätte doch nur zu gerne gewusst, womit Cognac ihm drohte. Sie sah, wie er sie zu sich winkte. Nur sehr zögerlich schritt sie auf ihn zu, auf ihn und diese kleine Gasse neben ihm. In diese Gasse sollte sie sicher gleich verschwinden, um sich zu verziehen. Noch immer bedrohte ihr Freund den Polizisten. Wenigstens brachte er ihn nicht um, aber wie wollte er ihn zur Vernunft bringen? So etwas wie Gnade kannte Hiroya Tokorozawa doch noch weniger als Shuichi Akai, oder nicht? Direkt vor Hiroya blieb sie stehen, blickte dem Grünäugigen in die Augen. „Was ist, Vermouth? Der Fluchtweg ist rechts.“ Hiroya grinste schäbig, nie im Leben würde er schweigen. „Erst will ich wissen, was du nun tust, da du mein Geheimnis kennst.“ „Warum fragst du, statt abzudrücken? Du weißt, was ich tun werde, oder nicht?“ Er spürte Cognacs Waffe fest in seinem Rücken, dieses Bedrohende in seiner Handlung. „Ich ermittle nicht gegen euch mit der Polizei, ich ermittle ausschließlich alleine gegen euch, zufrieden?“ Dann war er der Einzige, der davon erfahren würde? Was hatte den denn geritten? Verblüfft blickte sie Sêiichî an. Konnte man ihm echt glauben? Sie stellte die Frage mit dem Blick. Ein Nicken war von Sêiichî zu sehen. Gott, das würde sie noch mal bereuen, nämlich dann, wenn Hiroya alles doch öffentlich machte, sie fürchtete sich davor, aber konnte schlecht den Typen vor Cognac einfach erschießen. „Ich seh das als Versprechen, solltest du es brechen, kannst du was erleben.“ „Wie vernünftig ihr sein könnt, ist ja richtig putzig“, machte sich Hiroya lustig, der einen kräftigen Schubs bekam und auf dem genässten Boden landete. Sêiichî hatte sich das wegen seines Lachens nicht mehr verkneifen können. Noch ehe Hiroya sich aufgerappelt und gezielt hatte, war Sêiichî zusammen mit ihr in die Dunkelheit der Nacht verschwunden. ‚Was ist das bloß für ein Tag? Nicht mal ermordet haben die jemanden, oder ist mir was entgangen?’ Er fragte sich das ernsthaft. Was hatte diese Organisation heute wieder abgezogen? Und wo war der Rest von denen? „Und du glaubst, er hält sich daran? Wenn ja, bist du naiv! Sag mir einen Grund, weshalb ich ihm nicht das Licht ausblasen sollte? So ein arrogantes Schwein.“ Sêiichî holte tief Luft. „Ich werde dafür sorgen, dass ihn jemand ausspioniert, mach dir mal keine Sorgen. Aber ich denke nicht, dass er das tun wird. Schon alleine nicht, um diese Leute nicht zu gefährden, das ist zwar sehr dumm von ihm, aber ich bin ja auch dumm, was das angeht, nicht?“ Sie saßen im Auto, der Motor gab nur ganz leise ein Geräusch von sich. „Du denkst wirklich, er will dich strafen, versteh ich nicht. Wieso sollte er denn?“ „Es muss wie ein Geschenk für ihn sein, zu wissen, dass ich Schauspielerin bin. Weißt du eigentlich, was da auf uns zukommt? Meine Aufpasserin hat mich alleine gelassen, dann passiert so was, sag mir, wie soll ich dem Boss gegenübertreten? Dafür kriege ich lebenslangen Hausarrest, wie ein kleines Kind, du wirst sehen, das ist das letzte Mal heute, dass wir uns sehen. Wenn Tokorozawa dann noch irgendwem etwas davon sagt, was eine gewisse Schauspielerin so nebenher treibt, kann ich mich von der Schauspielerei verabschieden. Und wenn das der Fall ist, hat er einen Grund mehr, mich bei sich zu behalten.“ Sie schaute nachdenklich aus dem Fenster. „So schlimm wird es schon nicht werden. Was habt ihr da überhaupt gemacht?“ „Uns ist ein Kind ausgebüxt, deswegen war auch Cencibel bei mir. Ich habe die Mutter gespielt, weil dieses Wunderkind sonst nie freiwillig zurückgekommen wäre.“ „Ich bin froh, dass Yuichi das nicht mitbekommt, Gott wird mich dafür bestrafen, dass so etwas meinen Mund verlassen hat.“ Seufzend kamen die Worte über ihn, während er die Straße im Auge behielt. „Hat er doch schon, oder denkst du, es gibt noch etwas Gutes in deinem Leben, etwas Schönes? In Zukunft wirst du nur noch morden, hast du es nicht gehört, was Hiroya da gesagt hat? Er wird den Mund aufmachen, deinen Job bist du dann los.“ „Tja“, mehr sagte er nicht dazu, wieso auch? Sie hatte doch perfekt ausgedrückt, was geschehen würde. Dann würde er sich wohl einen anderen Job suchen müssen. Vielleicht würde Hiroya auch nichts Dergleichen tun, doch die Chance dafür war mehr als nur gering, er war ein rachsüchtiger Mistkerl, ganz sicher würde er. Man konnte nur darauf hoffen, dass ihm den Unsinn niemand abkaufen würde. „Das einzig Gute an dieser Situation ist wohl die Tatsache, dass ich versagt habe. Wenn irgendjemand offiziell davon Wind kriegt, wer ich wirklich bin, dann hat er keine Verwendung mehr für Vermouth. Ist, als wär ich schon tot.“ Irgendwie fühlte es sich so an. Sie hatte ihn ja leben lassen. Der Boss würde das als Verrat verstehen und sie ganz bestimmt nicht mehr für die Organisation arbeiten lassen. Wenn er ihr überhaupt etwas lassen würde. „Bisher war es so, dass ich immer unerkannt bleiben konnte. Das FBI hatte ja nicht so die große Lust mir aus der Distanz Ärger zu machen. Ausgerechnet heute hatten wir bestimmt das Glück, dass irgendjemand gesehen hat, wie wir ihn verschont haben. Ich hoffe für dich, dass das nicht so ist. Du hättest ihn doch erschießen sollen, dann wären wir beide keine Versager und würden nicht bald zum Müll zählen. Toll gemacht!“ So ein Absturz konnte schnell kommen, wohl wahr, aber wieso dachte sie denn auf Teufel komm raus, dass es so enden würde? „Ich konnte niemanden sehen. Dass wir jemanden verschont haben, wird wohl kaum jemand mitbekommen haben, außer Akai, der war schließlich hier, nicht wahr?“ Er warf ihr nebenbei einen kurzen Blick zu. „Ich fahr dich erst mal zu mir, verarzte dich und kümmer mich um dich, wenn’s recht ist.“ „Ach neee“, machte sie sich lustig. „Und was soll ich bitte dem Boss sagen, wo ich gesteckt habe?“ „In einem Hotel, du hast dich versteckt, ganz einfach.“ „So einfach ist das nicht.“ „Hey, dann stehst du doch noch gut da, bist mal wieder entkommen. Und solange du zurückkehrst und nicht bei der Polizei landest, ist doch alles gut, nicht?“ „Ach herrje, unterschätze ihn nicht, er kriegt so einiges raus, auch gerne mal Unwahrheiten.“ Sie warf ihm einen bösen Blick zu. „Ich hasse dich, Cognac, warum musstest du eingreifen? Das wird nur Ärger geben, wenn uns jemand gesehen hat. Am besten noch der Falsche!“ So jemand wie Korn, oder Chianti, das hätte ihnen noch gefehlt. „Du bist echt paranoid.“ Sêiichî seufzte und hielt dann den Wagen an. „So, wir sind da.“ „Weiß ich, du musst es nicht so ankündigen.“ Sie hatte wirklich schlechte Laune, irgendwie musste man sie ja etwas aufheitern können... Der Schwarzhaarige stieg aus dem Auto aus, wollte ihr auch aussteigen helfen, aber sie schob ihn von sich. Es war kühl, fand sie, trotzdem schwitzte sie, Schweißperlen rannen über ihr Gesicht. „Mir ist übel“, sie murmelte es nur, er legte den Arm um sie und ging mit ihr zur Tür, die er aufschloss und dann mit ihr drinnen verschwand. Ein Auto hielt um die Ecke an, der Fahrer grinste. „Aha, das ist also euer Geheimnis, sehr interessant.“ Er musste irgendwie lachen, selbst nicht wissend, weshalb es so war. Er würde etwas gemein sein und den Leuten Bericht erstatten, die das sicher interessieren würde, das war ja schließlich sein Job als loyaler Mitarbeiter, oder? Die Vorhänge wehten sanft im Wind, da das Fenster gekippt gewesen war, damit frische Luft hinein kam. Sie war noch total verschlafen, kroch aus dem Bett hervor, legte die Decke über ihn, der noch seelenruhig schlummerte und tappste dann barfuß durch die Wohnung in die Küche, um sich einen Kaffee zu kochen. Über die Nacht hatte sie sich etwas von den Strapazen erholt, doch waren leichte Schmerzen noch vorhanden und sie fühlte sich ein wenig ausgelaugt. Ein Wunder war, dass der nervige Boss sie nicht nachts aus den Federn geworfen hatte, er musste sie doch bereits wieder vermissen. Wahrscheinlich machte sie sich wirklich viel zu viele Gedanken und er dachte, sie sei entkommen und musste sich erst einmal verstecken. Mit Kaffee beladen ging sie dann zurück ins Schlafzimmer, das Tablett in den Händen haltend schlich sie hinein, öffnete noch die um einen Spalt geschlossene Tür und wollte Sêiichî gerade ansprechen, als sie bemerkte, dass sie nicht alleine waren. Mit einem Krachen fiel das Tablett aus ihren Händen und landete am Boden. „Guten Morgen, gut geschlafen?“ wurde die Blondine gefragt, ihr stand der Schock ins Gesicht geschrieben. „Du hast mich erschreckt! Was machst du hier am frühen Morgen?“ Sie fragte es total ruhig, was die Tatsache, dass sie einen Schock erlitten hatte und ihr das Tablett runtergefallen war, nur umso ulkiger für ihn machte. Dachte sie tatsächlich, dass sie ihn so leicht für dumm verkaufen konnte? Anscheinend war dem so. „Ich wollte mir mal ansehen, was hier läuft.“ Das war genau die Antwort, welche sie nicht hören wollte. Die Blondine seufzte. „Was soll schon laufen? Ich habe hier geschlafen.“ „Ich kenne dich! Und lüg mir bloß nicht ins Gesicht!“ Zorn loderte in seinen Augen auf, er wurde auch lauter als zuvor. Vermouth versuchte wieder das Unschuldsengelchen zu spielen, er konnte es nicht fassen, nach all den Jahren kannte er seine Leute und sie würde doch niemals mit einem gut aussehenden Mann nur im Bett liegen. „Was denn? Sehe ich aus, als wäre ich zu so was in der Lage gewesen?“ „Du bist zu einigem in der Lage.“ Verdammt, es war nichts gelaufen, was ausnahmsweise mal die Wahrheit war. „Er hat sich wie ein Gentleman verhalten, nachdem er mich verarztet hatte, was ich, wie du vielleicht siehst“, sie hob das T-Shirt an, welches er ihr angezogen hatte, „bitter nötig hatte.“ Der Mann mit dem extravaganten Schnurbart, der sich ein wenig kräuselte, schüttelte den Kopf. „Du missverstehst mich anscheinend, hier geht es nicht um ihn, ich wollte dich bloß abholen, ich konnte ja nicht mit so was rechnen.“ „Er hat überhaupt nichts getan.“ „Wenn das so wäre, würde ich nicht die Panik in deinen Augen glänzen sehen.“ Sie wollte zu ihm rüber gehen, spürte aber Arme, die sie zurückzogen. „Schön hier geblieben, der Boss hat hier etwas Wichtiges zu erledigen.“ Die amüsierte Stimmlage, die der ältere Mann inne hatte, ließ ihren Körper kurz erzittern. Sie hatten hier etwas vor, was sie wohl beide amüsieren würde. Und ihre Vorlieben waren: Erdrosseln, Niederstechen, Zerstückeln... „Alvarello, was habt ihr hier vor?“ „Jemand hat euch beobachtet gestern Nacht, laut ihm hat Cognac sich wirklich rührend um dich gekümmert, Vermouth, ZU RÜHREND, er ist ja so ein niedliches Kerlchen, schade um ihn, mhm?“ „Wer? Der fantasiert sich was zusammen.“ Sie klang total unbeeindruckt, was hatte dieser Vollidiot, wer auch immer er war, bitte erzählt, was gewesen sein sollte? „Das Risiko möchte ich diesmal nicht eingehen, Teuerste.“ Der Schwarzhaarige packte den schlafenden Cognac. „Wird Zeit, dass du aufwachst, kleiner Verräter!“ Samt der Bettdecke schnappte er sich den Typen und beförderte ihn vor das Bett, wo er mit einem Krachen aufkam und aufstöhnte. „Hey, Chris, hab’ ich geschnarcht?“ Total verwirrt hielt sich Sêiichî den Kopf, es hatte wirklich wehgetan – so knallhart war er noch nie aufgewacht und er wusste auch noch nicht wirklich, was gespielt wurde. Das war die Höhe, jetzt wagte dieser Jungspund auch noch ihren Vornamen zu benutzen?? „Guten Morgen, Cognac, gut aufgekommen?“ Er trat ihm in die Rippen, die Wut überkam ihn. Der Schwarzhaarige spürte einen Tritt, der leichte Schmerzen in ihm hervorrief, er hörte die Stimme vom Boss und sprang auf. „Guten Morgen“, etwas nervös war er jetzt schon, noch ehe er wirklich richtigen Boden unter den Füßen hatte, spürte er Schmerzen in der Schulter und wurde erneut vom Boden hochgezogen und fand sich wenig später an der Wand wieder. Man hatte ihn an den Haaren hochgezerrt, zwei weitere Männer hielten ihn fest. „Wer nicht hören will, muss fühlen, nicht wahr? Habe ich euch das nicht gleich zu Anfang beigebracht?“ „Ich wollte nicht hören?!“ Man hielt ihn fest, die Blicke der beiden Männer trafen sich. „Du hast Vermouth gerettet, dafür möchte ich dir erst mal herzlichst danken. Und ich werde nicht fragen, weshalb du meine Frau gerettet hast. Ich weiß es ohnehin schon. Ich verzeihe dir noch einmal, mein treuer, kleiner Cognac. Allerdings muss ich dich auch schon wieder alleine lassen. Ich werde mich um deinen Freund Tokorozawa kümmern müssen, weil du ihn hast am Leben lassen. C’est la vie, was?!“ Egal, wie sehr er wollte, er konnte sich gegen die beiden Männer, die ihn festhielten, nicht behaupten. Und Alvarello, der mehr als einen Meter und fünfundachtzig groß und gut gebaut war, war sehr gut in der Lage mit Vermouth klarzukommen, die rein gar nichts dagegen machen konnte, dass man Cognac erst einmal verprügelte und ihn dann dazu zwang ein Mittel einzunehmen. „Wir sehen uns in der Hölle wieder“, flüsterte ihm der Boss zu und holte eine Packung Schlaftabletten aus der Tasche, er sorgte mit den beiden Männern dafür, dass er auch diese brav schluckte, er drückte ihn am Hals mit einer Hand gegen die Wand, wobei seine Beine vom Boden abhoben. „Verbrecher tot in seiner Wohnung aufgefunden – er kam mit seinen Lebensumständen nicht mehr klar und begang Suizid.“ Der große Mann stieß Cognac zu Boden, wo dieser sich unter Krämpfen zu winden begann. „Tut doch gut, so ein Mittelchen, oder?“ Nachdem er noch einmal nach seinem Rivalen getreten hatte, welcher mit müden Augen zu den drei Personen aufschaute, wandte er sich um, packte Vermouths Schultern und drehte sie etwas zur Seite, bevor er ihre Lippen mit seinen verschloss. Wozu diese Show diente, war Cognac sehrwohl klar, das war eine Demonstration in seinen letzten qualvollen Sekunden sollte er wohl noch mal sehen, wohin sie gehörte. Er lachte auf, es war ein sadistisches Lachen. „Sieh dich vor, Boss, sonst wirst du eines Tages durch deine eigene Besessenheit verrecken!“ „Man sagt immer so schön: Beiß nicht die Hand, die dich füttert, denn das hat Konsequenzen! Das weiß sie, anders als du. Mir hast du viel zu verdanken, Kleiner.“ Oh ja, vor allem seinen Tod, oder nicht? Der blonden Frau war schlecht, sie sah nicht hin, es war schlimm genug, wie es war, da musste sie nicht auch noch hinsehen, um sich sein Leid zu geben, woran sie schuld war. Sie war an allem ganz alleine schuld. „Sie – liebt – aber – nicht – dich“, das hatte er schon immer mal sagen wollen, auch wenn er zwischen jedem Wort um Luft rang und das Gefühl hatte, sein Herz würde jeden Moment in tausend Stücke zerbersten. Es schmerzte und jeder Herzschlag tat irgendwie doppelt so weh. Der Boss drehte sich noch einmal zum jämmerlich aussehenden Cognac herum. „Ach, wen dann? Etwa dich jämmerlichen Killer, der so einfach stirbt? Das wohl kaum. Sie steht weder auf Memmen, noch auf Leute, die weniger Geld vorzuweisen haben, als sie selbst. Sie ist Schauspielerin, vergiss das nur nicht, du bist für sie wie ein armer Schlucker.“ Sie verspürte den unbändigen Drang ihm das Gesicht zu verkratzen, als er sie so hinstellte, aber sie hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, schließlich wusste sie, was man ihm gegeben hatte. Es war nämlich nicht nur Schlafmittel gewesen, das musste immerhin erst einmal wirken, ganz anders als das andere Zeug. Wenn es einen Gott gab, dann sollte er – um Himmels Willen – jemanden vorbei schicken, der Sêiichî rechtzeitig fand... Er atmete schwerfällig und blickte ihnen nach. Wahrscheinlich hatte sie Recht gehabt, von wegen paranoid, sie war nicht paranoid, seine Freundin hatte wohl gespürt, dass so etwas passieren würde. Er grinste schief. Schade fand er nämlich nur, dass er sie gestern tatsächlich nicht mehr angerührt hatte. Hätte er gewusst, dass es so kommen würde, hätte er es noch einmal extra lang mit ihr getan. Aber wer rechnete schon mit Derartigem? Weswegen legte man ihn jetzt eigentlich um? Wegen seinem Verrat der Organisation gegenüber, oder ihretwegen? Vielleicht wegen beidem, er konnte sich da nämlich nicht entscheiden. Kurz dachte er, die Luft bliebe ihm weg, doch dann kam sprichwörtlich der Knall, ein tierischer, wahrlich unmenschlicher Schmerz kam in seiner Brust auf und er schrie auf. Danach blieb er kurz heftig atmend liegen. Seine Knochen schmerzten, alles schmerzte. Was um alles in der Welt war das nur? Es dauerte lange, bis die elenden Schmerzen vergangen waren und die Müdigkeit um sich griff. Er kämpfte damit, nicht einzuschlafen. Und überhaupt, was war das für ein komisches Gefühl der Leichtigkeit, als würde er schweben? „Ach, jetzt sterbe ich doch?“ Nachdem die Herzattacke, die er vermutet hatte, ausgeblieben war, hatte er gedacht, er würde überleben. Aber stimmte ja, die Tabletten... Mit verschwommenen Blick und seinen Augen fast zufallend, robbte er zum Telefonkabel hinüber. Er riss das Telefon runter und bekam den Hörer zu fassen. Er tippte ein paar Nummern ein, die Tasten sah er schon nicht mehr wirklich klar. Es war eine Handynummer, die er eingegeben hatte. Doch bevor sich jemand meldete, hatte ihn die Müdigkeit übermannt, jedenfalls hörte er die Stimme, die mit ihm sprach, nicht mehr. Kir hatte mehrmals versucht, Cencibel loszuwerden, aber diese hatte befürchtet, dass etwas Furchtbares mit ihrer Freundin passierte, wenn sie sie alleine ließ. Vielleicht wäre Rena noch vor ein Auto, einen Zug, oder Derartiges gelaufen, weil ihr Plan nicht so ganz funktioniert hatte. Auf ihre Versuche, sie an ihren Auftrag zu erinnern, hatte Cencibel nur mit Schweigen reagiert. In der Zwischenzeit hatte sich Valpolicella jedenfalls schon etwas an beiden gerächt, indem sie dem Boss erzählt hatte, dass Cencibel Kir vorgezogen hatte, was dem Boss natürlich genauso wenig gefallen hatte, wie Valpolicella selbst. Dass er Cencibel noch nicht kontaktiert hatte, lag daran, dass er erst einmal Wichtigeres zu tun hatte, die Aktion der 28-jährigen hatte die Organisation ja nicht im direkten Sinn gefährdet. Er hätte sich aber schon für den Verbleib des Kindes interessiert, in der Hoffnung, dass sie wenigstens dieses erwischt hatten, damit sich das Ganze auch ja lohnte. Deswegen wussten beide aber auch noch nicht, was sich in der letzten Nacht abgespielt hatte. Keiner hatte sie aufgeklärt, Torino sah das wohl am allerwenigsten ein. Er hätte ja wenigstens mal anrufen können, um ihnen mitzuteilen, was er mit dem Kind gemacht hatte, aber erreichbar war der Typ wohl auch nie. „Weißt du, was ich hoffe, Rena?“ Die Moderatorin hatte es sich auf der Fensterbank gemütlich gemacht und beobachtete den Sonnenaufgang. „Was denn?“ „Das Kind, das wir zurückholen sollten, es hat eine Familie, die voller Polizisten ist. Wirklich jeder von den Männern, die zur Familie gehören, sind Polizisten, ein paar sind tot, aber nicht alle.“ „Worauf willst du hinaus, Shannen?“ Verwirrt blickte sie ihre Freundin an. Was genau sie im Moment hoffte, war ihr nicht so ganz klar. Dass die Polizisten das Kind retteten, oder viel mehr, dass sie überleben würden? „Dass mein Bruder und Tatsuji irgendetwas darüber erfahren und verhindern, dass die Polizei darin verwickelt wird. Ich weiß sowieso, wie das enden würde. Es würde damit enden, dass der Boss mal wieder jeden töten lässt, der etwas weiß. Einschließlich Tokorozawa und Kanata. Ersterer mag vielleicht ziemlich hart mit Verbrechern umspringen, aber für ihn geht es in erster Linie darum, dass nicht noch mehr Leute umgebracht werden – ich bin vollkommen sicher, dass er der Polizei noch keinen reinen Wein eingeschenkt hat. Aber eines ist da, was mich irgendwie stutzig macht. Warum hat der Boss darauf nur so wenig reagiert?“ „Weil Jami und Chardonel die Einzigen sind, die mit Tokorozawa kämpfen durften. Wobei Chardonel lieber die Flucht ergriff. Was denkst du, wer ist der bessere Schütze? Chardonel oder Jami? Jami ist es jedenfalls bisher immer misslungen, ihn umzubringen, auch wenn er wohl gerne wollte. Vielleicht hat der Boss einen ganz anderen Plan mit dem Typen.“ Manchmal war dieser Mann Kir einfach suspekt. Er tat meistens Dinge, mit denen man nicht wirklich rechnete. „Einen Plan mit Tokorozawa, der einige seiner Leute einsperren ließ?“ Die blonde Frau seufzte. „Oder er denkt, Leute, die ihm zum Opfer fallen, sind es nicht wert. Man weiß es ja nicht. Aber theoretisch hat er doch die Mittel, ihn umzubringen. Wenn er Valpolicella, Jami, Chardonel und Mistelle schicken würde, hätte der Kerl alleine nie eine Chance. Meistens begegnet Jami ihm ja alleine. Er hat aber nie Hilfe gefordert. Ich frage mich ja, ob Tokorozawa wirklich so viel weiß. Ich bezweifle es irgendwie, dann müsste er ihn töten.“ „Müsste er auch so schon. Oder es ist dasselbe Problem wie mit dem FBI.“ Shannen dachte kurz darüber nach. „Wenn man bedenkt, dass er stinksauer war, als Vermouth sich mit dem FBI angelegt hatte. Er hatte ihr schließlich verboten, denen zu nahe zu kommen. Du hättest sie sehen sollen, das gefiel ihr außerordentlich. Er hat ihr doch glatt was verboten, was sie eh nicht vorgehabt hätte. Cognac hat wirklich einen netten Einfluss auf die Frau. Sie kennt seinen Beruf, das hält sie davon ab, am Rad zu drehen. Früher hätte sie dieser Saintemillion wohl gleich den Rest gegeben, ich habe gehört, sie war ganz schön frech und das ohne absichernde Mittel. Akai musste sie retten.“ „Akai...“ Rena schüttelte es innerlich. „Ich kann den Typen, obwohl er Gutes tut, nicht leiden.“ „Dass er immer Gutes tut, bezweifle ich doch stark.“ „Ich sehe es kommen, wenn es hart auf hart kommt, sterben eine Reihe Polizisten, es wäre ja nicht das erste Mal, dass er so etwas bringt. Ich wünsche mir, dass irgendwer dahinter kommt, meinetwegen die Presse, die die seltsamen Umstände erkennt. Ich meine, es sterben mehrere Polizisten auf einen Schlag und keiner steigt dahinter, was genau der Grund war. Sie sterben meistens durch mysteriöse Umstände. Da würde ich doch anfangen nachzudenken.“ „Es ist längst nicht mehr so, dass niemand weiß, wer wir sind. Aber die Leute, die etwas wissen, fallen in der Regel auf. Entweder hat der Boss Angst vor ihnen und geht ihnen aus dem Weg, beziehungsweise, er versucht es, oder er lässt sie schnell eliminieren, sofern sie eine Gefahr darstellen. Das einzige Ziel ist es doch, ungestraft zu tun, was er will.“ „Die Presse? Bitte nicht, Rena! Torino und Valpolicella sind bei der Presse, die würden schon dafür sorgen, dass wir nicht auffliegen. Du siehst, Rena, es ist für alles gsorgt. Wir stecken überall... Vielleicht hat er auch Spione bei der Polizei für solche Fälle.“ „Ach Valpolicella ist auch bei der Presse? An Torino habe ich jetzt gar nicht gedacht. Solche Denkfehler können Leben kosten...“ „Ja, ist sie, Jamie Moore ist als Helios auch ein Reporter, er dachte, das kann er gut, weil er Detektiv ist. Aber Valpolicella so oft zu sehen, hat ihm nie wirklich gefallen, tja, so ist es. Da siehst du mal, wie weitreichend wir doch sind.“ Es war eine Schande, aber was Yuichi wusste, wussten ja auch ihr Bruder und Tatsuji. Mit viel Glück würden beide etwas unternehmen können, aber hoffentlich ohne zu sterben... „Vor Jamie habe ich Respekt. Er weiß immer, was zu tun ist. Er hat sich ohne zu zögern, auf dieses Doppelspiel eingelassen, um seine Kinder abzuschirmen. Der Boss oder Valpolicella waren bisher nie skeptisch, was ihn angeht. Man merkt es aber auch wirklich nicht, wie er wirklich tickt. Yuichi meinte mal, er sei bei einem berühmten japanischen Schauspieler großgeworden, deswegen würde es ihm so leicht fallen. Dieser Schauspieler soll auch Sêiichîs Großvater sein. Das würde aber auch heißen, dass in Sêiichîs Adern auch Schauspielerblut fließt. Kein Wunder, dass er sich Vermouth geangelt hat... Ach ja, die haben es ja so gut...“ Rena sah etwas sehnsüchtig aus, sie dachte daran zurück, wie gut sie es doch immer gehabt hatte. „So gut haben die es gar nicht, das bildest du dir ein, Rena. Sie muss in der ständigen Angst leben, dass man ihren Geliebten umbringt, sollte es denn jemals rauskommen, dass sie etwas miteinander haben. Du solltest sie nicht beneiden, nur weil...“ Shannen sprach es nicht aus, auch für sie war es hart, überhaupt daran zu denken, dass Yuichi nicht mehr da sein sollte. Tatsuji hatte zwar gemeint, er glaube nicht an Yuichis Tod, aber sie bereitete sich schon einmal darauf vor. „Tatsuji glaubt nicht, dass Yuichi tot ist, Rena, er ist immer noch auf der Suche. Deswegen finde ich auch, dass du Valpolicella nicht so reizen solltest. Was, wenn Yuichi noch lebt, egal wo? Irgendwann kehrt er vielleicht heim... Was soll ich ihm da denn sagen, wenn Valpolicella dich ermordet hat, nur weil du es ohne ihn nicht ausgehalten hast?“ Es war eine Kurzschlussreaktion gewesen, ja. „Er fehlt mir so, ich habe überhaupt nichts mehr, über das ich mich freuen kann. Ich werde nur benutzt, ohne ihn habe ich keine Lust mehr, das zu erdulden... Und dann noch dieses überhebliche Miststück, das denkt, er würde auf sie fliegen. Aber, ich denke, Tatsuji will es nur nicht wahrhaben, dass es ihn nun doch erwischt hat. Am Anfang dachte ich genauso, aber es ist so viel Zeit verstrichen... Wenn Ryochi und Tatsuji ihn nicht finden können, ist das ein Zeichen.“ „Ein Zeichen für was? Komm schon, Rena, du weißt, wie ich, dass ein richtiges Zeichen für einen Toten eine Leiche ist. Und die wurde nicht gefunden, solange ist alles offen, jedenfalls für mich.“ „Es ist für mich nur eine Qual, zu hoffen. Ich hoffe seit einer halben Ewigkeit, aber es hat sich nichts verändert. Ich würde alles dafür geben, nur um seine Stimme zu hören. Dann wüsste ich wenigstens, dass er am Leben ist. Und ich denke nicht, dass Valpolicella, so sehr wie sie immerhin an ihm hängt, nicht auch nach ihm suchen lässt oder ließ. Wenn selbst sie ihn für tot hält, ist es da nicht basser, zu denken, er wäre es? So kann man wenigstens nicht noch mehr enttäuscht werden. Schlimmer kann es jetzt nicht mehr werden. Nur besser.“ „Das stimmt zwar, aber, wenn du dich von dieser Frau umbringen lässt, machst du Yuichi unglücklich, sollte er denn noch leben. Denk doch nur mal daran.“ Sie wollte Rena ja nur etwas zur Vernunft bringen und von Dummheiten abhalten. „Ich habe es nicht mehr ausgehalten. Ohne ihn ist eben einfach nichts mehr so, wie es war. Wir hatten doch so viele Pläne für die Zukunft, wenn alles endlich vorbei ist.“ Es standen Tränen in den Augen der Moderatorin, die über ihr bebendes Gesicht rollten, auch wenn sie fest die Lippen aufeinander presste, um wenigstens das Schluchzen unterbinden zu können, damit es nicht ganz so schlimm aussah. Es brachte aber nichts, stumm kamen auch der Älteren Tränen, die sie nur sehr schwer unterdrücken konnte, als sie ihre beste Freundin so sah. „Ich kann dich so gut verstehen, glaub’ mir.“ Yuichi war wie ein kleiner Bruder für die Frau, sie selbst fand die Umstände auch schrecklich. Es war wohl für niemanden, der jemanden besonders mochte, leicht über so einen Verlust hinwegzukommen, geschweige denn sich einzugestehen, dass eine Person eben einfach nicht mehr vorhanden war. Das wollte sie auch irgendwie gar nicht, sie sollte solange daran festhalten, dass er noch irgendwo in der Weltgeschichte herumlief und es ihm vielleicht sogar recht gut ging, bis sie vom Gegenteil überzeugt wurde, dann war immer noch Zeit für Kummer. Aber diesen hatte sie natürlich schon, weil sie sich fragte, wohin man ihn hatte verschwinden lassen... „Wie geht’s Kat’s Schwester?“ Shannen seufzte und überlegte, was sie Rena wohl antworten sollte. „Ach, ihr geht’s wohl wieder ganz gut. Mein Bruder und Tatsuji haben sie mit nach Amerika genommen und verstecken sie dort, seitdem ist Valpolicella allerdings übel drauf, was Katori angeht. Sie versucht so gemein wie möglich zu sein, damit sie nicht aus der Reihe tanzt, aber du kennst ja Katori, oder nicht?“ „Ihren Mut möchte ich haben.“ „Nein, besser nicht.“ Shannen wollte nicht, dass sie zu viel Mut entwickelten und zu aufmüpfig wurden, dann war es nämlich nur eine Frage der Zeit, bis man sie ganz abschoss. Yuichi war da mehr ein Einzelfall, was er am meisten Valpolicella zu verdanken hatte, aber na ja. Es gab ja auch Leute, die sich freiwillig die Schlinge um den Hals legten, so wie Sêiichî Iwamoto. Er war dafür bekannt, dass er sehr schnell mordete, der Boss musste sich wirklich etwas einfallen lassen, um ihn zu bändigen. Was für Gemeinheiten ihm wohl einfallen würden? „Woran denkst du?“ wollte Rena wissen, Shannen sah irgendwie nachdenklich aus. „Daran, dass der Boss gegen Cognac im Grunde nicht das Geringste in der Hand hat. Das Einzige, was er tun kann, ist ihn quälen, wenn er Mist macht. Über Kenji Enomoto ist weder etwas Familiäres, noch etwas über seine Freunde bekannt. Man kann ihn schlecht bestrafen, indem man sich an jemandem vergreift, den er mag. Irgendwie macht mir das Sorgen. Das Einzige, womit man ihn wohl treffen könnte, ist Vermouth. Der wird der Boss wohl kaum was antun. Ich denke, dann bringt er ihn gleich ganz um, sollte er davon erfahren. Und wenn er erfährt, wer er wirklich ist, daran möchte ich, wenn ich ganz ehrlich bin, dann auch nicht denken.“ Es war so gefährlich, wie konnte man so ein Risiko denn eingehen? „Mit anderen Worten, sobald er irgendwas von beidem rausfindet, kann Cognac adiós sagen, was? Warum kommst du ausgerechnet jetzt auf solche Gedanken?“ „Weil er für jemanden aus der Organisation noch viel zu viel Glück hat, wenn man das so ausdrücken kann. Das Unglück, was ihm widerfahren ist, das war wirklich welches. Die meisten von uns werden regelrecht gestraft, man hat ihn noch nicht absichtlich gestraft. Yuichi wurde ja willkürlich angegriffen.“ Willkürlich, was für ein Wort, um das zu beschreiben, aber irgendwie stimmte es. „Du meinst nicht so unwillkürlich wie bei Katoris Schwester?“ Katori hatte im Grunde dasselbe getan, wie der liebe Cognac, wenn er wieder jemanden ermordete, der ihm schlichtweg ein Dorn im Auge war, weil sie auf verschiedenen Seiten kämpften. Katori hatte damit jemanden gerettet, das hatte dem Boss natürlich nicht in den Kram gepasst, also hatte er sich schlau gemacht, womit er sie wohl so treffen konnte. „Du hast es erfasst. Wir müssen alle vorsichtig sein, wenn wir auch nur kleine Fehler machen, kann uns so was ganz Grausames blühen.“ Sie lebten vom Erfolg, dem war leider so. Je mehr Erfolg sie hatten, umso kleiner waren ihre Sorgen. „Ach was, mir kann nur der Tod blühen, womit sollte man mich jetzt noch bestrafen können? Bei mir ist ihnen doch längst das Druckmittel verloren gegangen.“ Rena grinste seltsam vor sich hin. Mittlerweile hatten sie es geschafft. Sie hatten ihr doch alles genommen, was sie an diesem Leben hängen ließ. Sie war längst nicht mehr so erpicht darauf, weiterzuleben. „Was genau hatte Katori denn nun verbrochen?“ „Sie hat einfach so jemand Wichtigen ermordet. Der Boss hätte den Kerl noch benötigt. Tja, wie er da drauf war, kannst du dir denken.“ Wenn der Boss umdisponieren musste, weil ihm durch ein anderes Mitglied jemand für einen bestimmten Auftrag fehlte, dann war der Teufel los. Er war eben derjenige mit dem Bestimmrecht, alle anderen mussten gefälligst vorher fragen, mit Ausnahme von denen, die direkt unter dem Boss standen. Die konnten ermorden, wen sie wollten, weil sie immer erst nachdenken würden, ob sie dringend notwendig waren, oder eben nicht. „Das klingt, als wenn er Unmengen an Geld in diesen Killer gesteckt hätte.“ „Na ja, Killer.“ Er war kein einfacher Killer gewesen, das war der Grund, weshalb der Boss so ausgetickt war. „Was meinst du damit jetzt?“ „Er hat Leute ermordet, aber das war nicht das Wichtigste an ihm, Rena. Er hatte Talente, die der Boss gerne benutzt hätte, aber es ist ja jetzt egal, immerhin ist er mausetot, weil Katori mal wieder sehr genau gezielt hat, damit er auch ja nicht überleben konnte, um noch etwas anzurichten.“ Außerdem stand sie nicht so auf Quälereien, wie Carpano, sie machten so etwas eben nicht. „Ach, toll, du willst es mir nicht verraten, was er gemacht hat?“ „Es ist eben unwichtig, aber wenn du darauf bestehst! Er hatte auf dem Gebiet der Forschung wohl sehr viel Ahnung! Er scheint Sherry mittlerweile aufgegeben zu haben, es war ja keiner in der Lage, sie zu finden! Er denkt wohl nicht, dass er sie wiederkriegen kann! Womöglich hält er sie auch für tot. Das weiß ich nicht so genau, jedenfalls braucht er Leute, die für seine perfiden Plänchen herhalten, so sieht’s aus.“ Worum es wohl in diesen Plänen ging? Einfach nur um Geld? Das konnte nicht sein. Geld hatte der Boss jawohl mehr als nur genug. Nein, es musste etwas Tieferes dahinter stecken. Irgendwie machte ihr das auch Angst, wenn sie so darüber nachdachte, was Menschen immer so faszinierte. Vielleicht wollte der Boss auch einfach nur Gott spielen. Die Lichter der Großstadt lagen vor ihr, sie blickte geradeaus, während ihre leicht rötlich braunen Haare durch den Wind nach vorne geweht wurden. Der Tokyotower, dort hatte sie viel Zeit verbracht. Sie wünschte sich, sie könne zu ihm fliegen. Knapp eine Stunde war es her, dass sie ihren besten Freund mit sich genommen hatten, ebenso wie sie. Du wirst es gut bei uns haben hatten sie versprochen. Alles Lüge. Sie waren Schwerverbrecher, Profikiller, sie hatte es genau gesehen. Es handelte sich um die gleichen Leute, die ihre Mutter einst getötet hatten. Um nichts in der Welt wollte sie unter ihnen sein. Es wäre wie ein Verrat an ihrer Mutter. Ihr Vater war hinter ihr her, sie musste schnell handeln. „Du kleines, missratenes Miststück!“ Alles in ihr zog sich zusammen. Da war er, dicht hinter ihr, es gab keinen Ausweg. Ihr Körper erzitterte, sie war erst fast 13 Jahre alt, aber des Lebens mittlerweile schon überdrüssig. Der Schwarzhaarige, der sie angebrüllt hatte, kam näher, sie spürte es förmlich. „Komm sofort zurück, sonst wirst du es bitter bereuen!“ Seine Stimme hatte so etwas Grausames, nicht nur seine Stimme, alles an ihm. Kein Wunder, er war ein Massenmörder, Vergewaltiger und Kinderschänder. Was er wohl noch alles war? In den unendlichen Tiefen des Hochhauses war sie viel besser aufgehoben. „Nichts bereue ich“, flüsterte das Mädchen und ging ganz an den Rand des Hochhausdaches heran. Ein Flachdach, genau richtig für die Gedanken, die sie hegte. „Du kannst was erleben, wenn ich dich erwische! Den Tag vergisst du dein ganzes Leben nicht mehr!“ Angstvoll, beinahe schon panisch und mit einem Aufschrei bewegten sich ihre Füße fort. Sie rannte vor ihm weg, auch wenn der Weg hier endete... Man konnte sehen, wie sie durch das nach vorne Springen abhob und sich wie ein Engel mit Flügeln in die Lüfte erhob, bevor sie durch die Schwerkraft nach unten gerissen wurde. Es ging so schnell, der Wind sauste ihr um die Ohren, sie kniff die Augen, die mit Tränen erfüllt waren, zu. Der Aufschlag ihres Körpers am Boden machte nur ein dumpfes Geräusch. Sie lag wie plattgedrückt da, mit der Schläfe und dem Brustkorb am Boden, die Hände waren zu den Seiten ausgebreitet. Einige Leute, die gerade auf dem Nachhauseweg waren, es war nämlich schon dunkel und alle Lichter der Stadt brannten, blieben bei dem Aufschrei des Mädchens hellhörig stehen, um sich umzublicken. Nicht jeder bemerkte, was geschehen war, sie hatte kaum Aufmerksamkeit auf sich gezogen bis zu ihrem Schrei. Jemand, der ganz in der Nähe gestanden hatte, schaute genauer hin und schrie dann: „Da liegt ein Mädchen! Sie kam von oben!“ Nun blickte die kleine Menschenrunde nach oben zum einzigen hohen Dach in der Nähe. „Sie hat sich versucht, das Leben zu nehmen?“ Hektik entstand durch diese Aussage eines jungen Mädchens. Sie fragten sich, ob das wirklich stimmte und wollten wissen, um wen es sich handelte, aber keiner traute sich so recht an sie ran. „Ich denke nicht, dass sie das überlebt hat, wenn sie von dem Hochdach gesprungen ist...“ Der junge Mann sagte das recht bedrückt und zückte sein Handy. „Ich rufe die Polizei und am besten einen Krankenwagen, die können ja entscheiden, kenn mich mit so was gar nicht aus“, sagte er mit wackeliger Stimme. Dass gerade ein Mädchen, so sah sie nämlich aus, von einem Dach gesprungen sein sollte, konnte er gar nicht glauben. Wieso sollte so ein junges Mädchen so etwas tun? Irgendwie interessierte es ihn. Es gab so vieles, was der Auslöser dafür gewesen sein könnte. Wer sie wohl war? Und ihre Eltern? Wieso war sie so spät nachts hier? So viele Fragen, die dem jungen Mann kamen. Und irgendwie tat es ihm auch Leid, dass so ein junges Mädchen zu Tode gekommen sein sollte. Etwas in ihm betete, dass sie unheimliches Glück gehabt hatte und noch lebte... Sie hatte ihr gesamtes Leben doch noch vor sich. Während alle nur rumstanden und vor Schock gelähmt waren, rief er einen Krankenwagen und beugte sich zu dem doch sehr hübschen Mädchen hinab. Er hatte das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben... Doch er konnte sich nicht erinnern, wo und wann. Als der Krankenwagen und auch die Polizei am Tatort auftauchten, befragte ihn eine Beamtin, was er gesehen hatte. Der Schwarzhaarige hatte den Blick tief gesenkt und Miwako hatte irgendwie das Gefühl, dass ihn etwas beschäftigte. Sie sah ihm nicht in die Augen, es ging nicht, da der Mann den Blick so tief gesenkt hatte. „Ich hörte den Schrei und sah nach oben, alles war dunkel und dann habe ich gehört, wie sie am Boden aufkam... Ich konnte dieses widerliche Geräusch mehrere Sekunden lang in meinen Ohren nachhallen hören. Ich war schockiert.“ Der Mann redete leise, aber nicht so leise, dass man ihn nicht verstand, eher als wenn er sich Sorgen machte, worum bloß? „Und ich denke, dass ich sie kannte, ich weiß aber nicht woher.“ Jetzt wusste die Polizistin, was los war, sie legte eine Hand auf die Schulter des Unbekannten. „Würden Sie mir Ihren Namen verraten?“ Das Gesicht des Mannes erhob sich schlagartig. „Wie bitte?“ Was daran nicht zu verstehen war, verstand die Beamtin kein bisschen. Hatte er etwas zu verbergen, oder was war mit dem Mann los? Er griff sich an den Kopf und schien angestrengt nachzudenken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)