See with your heart von Melora ================================================================================ Kapitel 1: Feeling incomplete ----------------------------- *kuller* Fünf Teile habe ich versprochen, wenn die alle so lang sind, wie der hier, liest das keiner, aber so wird es sicher kommen X'D Ich mag die FF so, wie sie ist, da sie ja "fast ganz zumindest" auf einem Traum basiert. Manche Träume sind es eben wert, dass man sie verfasst. Ich habe alles ziemlich in die Länge gezogen, war keine Absicht Oo' Jedenfalls finde ich den Teil irgendwie ja traurig ._. Das soll aber auch so sein, so war's im Traum auch, zwei Leute haben da ziemlich geflennt, das musste so sein, sonst geht dem Ganzen ja das Gefühl verloren. So, ich verziehe mich dann. Deprileute bitte warten, bis es euch besser geht, es ist doch heftig, finde ich... wie die leiden ;_; *eh aus Erfahrung spricht* *zwar keine Geschwister hat, aber ihre Beste Freundin welche hatte, die gestorben sind, außerdem einen guten Freund hatte, der Selbstmord beging, von daher...* *geht platzen* Viel Spaß ^^ *Puff und weg XD* Ein lauer Wind wehte. Trotz der momentanen Umstände war es nicht kalt in Osaka, eher das Gegenteil. Während in Tokyo der Winter endlich hereinbrach, sah es hier ganz anders aus. Kazuha trug einen recht kurzen Rock und knielange Strumpfhosen, beides in dunkelgrün. "Und dann flog ich raus, weil er ja mit jemand wichtigem und begabtem, wie Miura reden musste, toll was?" Heiji wollte auf etwas Verständnis seitens Kazuha stoßen, doch diese grinste nur vor sich hin. "Miura, ja, er arbeitet gerne mit ihm zusammen, sagte Vater so. Wär' möglich, dass ich mal mit dem ausgehen soll. Mein Vater ist auch voll begeistert von ihm. Sie haben ihn in den höchsten Tönen gelobt." "Und jetzt fäll'ste mir in den Rücken?" Seine beste Freundin schlug sich jetzt auch auf die Seite dieses Detektivs, der schon eine Weile Konkurrenz für ihn war. Heiji war bei der Presse jedoch beliebter, da Kôji keine Lust auf die hatte, außerdem kannte der Jungdetektiv da einen netten Reporter, der gerne über ihn berichtete. "Was kann'en ich dafür, dass du die Wahrheit nicht verkraftest?!" fuhr Kazuha ihren besten Freund an, der sie angiftete, als hätte sie ihm etwas geklaut. So lief das immer, sie stritten wegen solcher Belanglosigkeiten, wobei Kazuha meistens Heijis Ego verletzte, was er einfach nicht ertrug. Der Gipfel aller Frechheiten war doch, dass sich dieser Miura halbwegs in Heijis Familie schlich. Vielleicht sollte der ihn in Sachen Sohn des Polizeichefs ja bald ersetzen? Und am Ende noch Kazuha kriegen, was ihn mit am meisten wütend machte... Womöglich mochte er den ja eh mehr, er zog ihn doch ständig vor. Dass Heizo Kôji einfach nur als Detektiv schätzte, darauf kam er nicht, es sah ihm eher so aus, als wolle er ihn austauschen, weil er dem, der Sohn dieses hohen Mannes zu sein, einfach nicht gewachsen war. Man erwartete ja schließlich, dass er der Beste war, dann kam da so ein Jurastudent, der Hobbydetektiv war und ließ ihn verdammt alt aussehen. Kudô war leider nicht sein einziger Rivale. Es war recht dunkel im Büro, da die Rollläden runtergemacht worden waren. "Und dieser korrupte Akai steht mit Miura in Verbindung? Ganz sicher?" fragte Toyama seinen Freund, der mit dem Rücken zu ihm saß, wie ein Boss eben, sich allerdings wenig später zu ihm herumdrehte und die Hände faltete, auf denen er den Kopf bettete. "Die beiden sind Cousins. Ich habe mal ein paar Spitzel losgeschickt. Es gibt keine Zweifel. Dieser FBI-Agent ist sein Cousin und er weiß etwas. Ich treffe mich heute Nachmittag in der Uni mit ihm. Du weißt doch, ich werde ihn überzeugen, damit er den Mund aufmacht. Dieser Kerl hat schließlich einen von uns einfach umgebracht." Schweigen trat in den Raum, niemand hatte sie gehört. Ihre geheimen Pläne kannte keiner, bis sie sie bekannt gaben. Gegen zwölf Uhr mittags befand sich Polizeichef Hattori auf Miura wartend auf dem Dach der Kansai-Uni. Wehe, er würde seinen Fragen ausweichen, dann würde er den jungen Detektiv aber in den Boden stampfen. Iwamoto kam ja mit Toyama ganz gut alleine klar, die konnte man eine Weile alleine lassen. Seit geraumer Zeit gab es im Präsidium einen Spitzel, Hattori hoffte, sein neuer Lieblingsdetektiv würde es nicht sein, das würde ihm doch nahe gehen. Kôji hatte engen Kontakt zu Akai, man konnte durchaus annehmen, dass er etwas korrupt sei, obwohl er bisher oft die Lösung gehabt hatte. "'Tag, Hattori... ich bin spät, ich weiß, es wird schnell gehen..." ~Klack~ Blitzartig drehte sich der Mann herum und sah in ein Gesicht, das ihm irgendwo schon einmal begegnet war. Ein psychopathisches Grinsen zierte die Lippen des Killers, der anstatt Kôji hier aufgetaucht war. Der erste Gedanke des Polizeichefs war: ,Die haben mich reingelegt!' Als nächstes zog auch er seine Waffe, um sich zu verteidigen, doch der für ihn unbekannte Kerl, drückte da schon ab und schoss ihm die Waffe aus der Hand, sie flog gegen das Gitter und machte einen kleinen Abstecher in das Stockwerk unter ihnen, blieb dort vor einem Fenster liegen. Der zweite Schuss traf ihn sehr weit links in die Brust, man möchte meinen, so ein Killer würde einen gefährlichen Mann wie Hattori, sofort töten, doch es war kein tödlicher Schuss, er sollte ihn nur langsam in die Knie zwingen. "Schönen Gruß von Miura." Wenn er schon Heijis Vater tötete, wollte er noch eine falsche Fährte legen und seinem Cousin das Leben verbocken, indem er ihm den Mord in die Schuhe schob, doch er konnte ja nicht ahnen, dass... Heiji schaute auf. "Was war das eben für'n Geräusch? Klang, als wenn was gegen ein Gitter geprallt wär'." Er versuchte herauszufinden, was es gewesen war, sah jedoch erst einmal nichts, bis seinen Augen eine Waffe begegnete, die er mehr als gut kannte. ,Was macht Vaters Waffe da oben?' "Das bild'este dir ein, Heiji..." Kazuhas Stimme ignorierend, stürmte der 18-jährige los, worauf sie ihm verdattert nachsah. "Was hat den denn jetz' geritten?" ... die Tür aufsprang und Miura höchstpersönlich dort stand. Er hatte durch Zufall von einer engen Freundin erfahren, dass Yuki in der Uni aufgetaucht war und dachte sich, dass er hier irgendwelchen Unsinn verzapfte, womit er ja nicht falsch lag. Durch seine detektivischen Kenntnisse war er schnell dahintergestiegen, dass auf dem Dach etwas passieren würde, aus dem Grund war er jetzt hier, um das Unheil, das sich über ihnen ausbreitete, abzuwenden. "Nimm die Waffe runter, Yuki Ichihara!" brüllte Kôji dem jungen Mann entgegen, der jedoch älter als er selbst war. "Was, wenn nicht, Kleiner? Ballert Klein-Kôji dann mit seiner Waffe rum?" Schallendes Lachen war zu hören. Natürlich machte sich Yuki über ihn lustig, denn Kôji hatte in seiner gesamten Laufbahn als Schnüffler, nie auf einen Verbrecher geschossen, was einen einfachen Grund hatte: Er konnte nicht auf Menschen schießen. Yuki ließ Hattori außer Acht, der war ihm im Moment egal geworden. Sein Cousin war viel wichtiger, er und sein Leid, es sollte ihm schlecht gehen und im Moment war kein Akai in der Nähe, der Kôji beschützte, die Lage war so günstig, dass er sie nutzen würde. Der Polizeichef hinter ihm konnte mit seiner Verletzung und der abhanden gekommenen Waffe, nichts ausrichten, von daher... Sein Auftraggeber wollte Heijis Vater zwar umlegen lassen, doch das hatte Zeit, er würde sowieso verbluten, so oder so, denn niemand, der in die Sache gerade verwickelt war, würde ihm rechtzeitig helfen können, dachte sich Yuki derweil. Er ging langsam auf Kôji zu, wobei ein finsteres Lächeln sichtbar geworden war. "Du kleiner Idiot!" Er schoss Kôji die Waffe aus der Hand, er hatte sowieso gewusst, dass er nichts unternehmen würde. "Komm zur Vernunft, Yu-", Kôji brach ab, denn die Waffe wurde ihm gegen die Stirn gedrückt. Sein Herz begann heftig zu schlagen, was man durchaus als Angst deuten konnte. "Mach dich nicht unglücklich, das bin ich ja gar nicht wert, Ichihara." Obwohl er durchaus Angst davor hatte, dass sein Cousin abdrücken würde, zeigte er ihm das nicht, es trat nur ganz wenig Schweiß in sein Gesicht und rann seine Wange hinab. Doch Yuki konnte sie dennoch sehen, es war ihm eine Wonne, Kôji so zu erleben. Ein eiskalter Detektiv war aus ihm geworden, er zeigte nie seine Gefühle, wenn er arbeitete, trotzdem kannte er ihn von allen Verbrechern am besten und wusste genau, was jetzt in ihm vorging. Gedanken wie, was habe ich dir denn getan, was bist du für ein Mensch, gingen ihm nun durch den Kopf, das war dem 26-jährigen klar. Doch das interessierte ihn schon seit langem nicht mehr, schon gar nicht im Bezug auf ihn, der ihn doch eh nie hatte leiden können. Kôji kam sich als Detektiv doch ganz toll vor, so konnte er sich ja weiter bei Shuichi und seinem Vater einschleimen, weil sein eigener zum FBI abgehauen war, ohne dass Kôji es wusste, wo dieser steckte. In seinen Augen hatte er die Familie verlassen, Kôji hatte sich deswegen seinem Onkel zugewandt, doch das würde ihm sein Cousin nie verzeihen, er verstand Heiji mit am besten. Deswegen fiel ihm der Mord von vorhin auch ziemlich schwer, doch verschonen konnte er nicht. Er würde sich um Heiji kümmern, als sei er sein Vater, er würde schon darüber hinweg kommen... Aber vorher musste Kôji Angst vor ihm haben, was ihm ja gelungen war. Hattori hatte sich nie so hilflos gefühlt. Man bedrohte seinen Lieblingsdetektiv mit einer Waffe und wollte ihn umbringen, also sah er nur eine Lösung. Erst mal ein paar Leute kontaktieren und dann aufstehen. Sein Notruf erreichte einen seiner zuverlässigsten Leute, er würde schneller als der Blitz da sein, wenn man ihm sagte, Kôji sei in Gefahr. Ein Piepen war zu hören, was Trivento alarmierte, und er sich deswegen umdrehte. Hattori und dieses Handy brachten ihn zu einem Knurren, jetzt war dieser Kerl aber so was von fällig! Wie konnte der es überhaupt wagen, nachdem er ihn niedergeschossen hatte, noch eine SMS zu schreiben und Hilfe holen zu wollen? Das machte ihn zum Versager, das konnte sich der Killer nicht erlauben. Chardonnay konnte es nicht leiden, wenn man ihn enttäuschte, schon gar nicht im Bezug auf Kriminalisten. Der quälte seine Leute, darauf hatte er nicht die geringste Lust. Alles war von seiner ursprünglichen Bahn abgekommen, seit Kôjis Auftauchen. Eigentlich dachte Yuki ja, dass es nicht schlimmer kommen konnte, doch das war machbar. Als die Tür erneut aufging und sein Freund Heiji in dieser stand, wurde ihm klar, dass es noch schlimmer kommen konnte. Er hätte ihn nie mit einer Waffe sehen sollen, schon gar nicht, wenn er dabei war, auf seinen Vater zu schießen. Trivento schoss auf eine Lampe über Heiji, die beim Treffen der Kugel ins Glas zersprang, so dass der Schülerdetektiv erschrak. Ihm blieb keine Zeit, sich darauf einzustellen, dass sein sogenannter Freund gerade auf seinen Vater schießen wollte und es wohl auch schon getan hatte. Kôjis Waffe war gegen die Tür gerutscht, wo ja nun Heiji stand, er bemerkte dies, setzte ein arrogantes Lächeln auf. "Dafür gibt es Knast, Ichihara..." Was man ihm sagte, passte Yuki gar nicht, also begann er eine Kugel nach der anderen abzufeuern, alle gingen in Heijis Richtung und trafen die Tür, allerdings sehr knapp an Heijis Körper vorbei. "Du kannst mich nicht aufhalten!" kam vom Killer, was Heiji dagegen vollkommen anders sah. "Werden wir sehen... Miura!" Er kickte die Waffe zurück zu seinem Besitzer. "Halt ihn in Schach!" Währenddessen kramte der Oberschüler sein Handy aus der Jackentasche und wollte gerade einen Arzt konsultieren, als ihn eine weitere Kugel davon abhielt. Sie traf das Handy und machte es funktionsunfähig. "Keine Bewegung, oder du wirst es bereuen, du Schnüffler!" meinte Trivento gehässig, während er noch immer die Waffe auf seinen Freund gerichtet hielt. Kôji wandte sich mit Verachtung an seinen Cousin und hielt ihm die Waffe unter die Nase, auch wenn er nicht abdrücken konnte. ,Warum schießt der denn nicht einfach?!' fragte sich Heiji, der das nicht im Geringsten verstand, denn er würde, abdrücken, er wollte bloß nicht aus Versehen, jemand Falsches treffen, immerhin konnte er mit dem Ding gar nicht umgehen. Dass sein Cousin es wagte, so etwas zu tun, missfiel ihm, schließlich sollte Kôji Angst vor ihm haben. "Lass Heiji da raus, im Grunde willst du doch bloß was anderes..." "Dräng dich nicht so vor, Vollidiot, du bist nach ihm an der Reihe!" Mit diesen geschrieenen Worten, legte er den Finger um den Abzug, wollte gerade abdrücken, als man einen Schuss hören konnte. In der Tür stand nun ein weiterer Mann, der gerade auf Trivento geschossen und ihn seiner Waffe beraubt hatte. "Das war's mit deinem Spiel!" schrie man ihn an. "Und jetzt Hände hoch und hinter den Kopf, du bist verhaftet!" Nun wurde es doch ungemütlich für ihn, dieser Kriminalist, der gerade aufgetaucht war, wusste mit einer Waffe umzugehen. Viele Verbrecher, die er kannte, hatten so ihre Probleme mit ihm, außerdem fackelte der Kriminalist nicht lange. Dass er ebenfalls zur Schwarzen Organisation gehörte, wusste Trivento nicht. "Sêiichî, mach nichts Falsches", warf Kôji seinem Kollegen zu, weil er nicht wollte, dass sein Cousin hier ermordet wurde. "Keine Panik." Das jedoch sagte Sêiichî zu früh, denn Trivento war nicht so dämlich, nur eine Waffe zu haben und richtete die Zweite jetzt auf Kôji. "Tu es, und er wird am meisten darunter leiden, Iwamoto!" Langsam ging Trivento nach hinten, behielt sie alle im Auge und bedrohte sie weiter. "Weg da von der Tür, ihr beiden, oder ich ballere ihm das Gehirn weg!" Der kam sich ja ganz toll vor, da er sie in der Hand zu haben schien. "Ich weiß, dass du Kôji nicht leiden kannst, aber deswegen musst du ihn nicht gleich umbringen!" Heijis Satz machte Sêiichî stutzig. Der drehte gerade vor ihren Augen durch und er dachte, er könnte an ihn rankommen? Wie naiv konnte man denn sein? "Ihr lasst mir keine Wahl." Nun lächelte der dunkelbraunhaarige Killer grausam. "So läuft das in den Reihen der Killer, nicht gewusst, Detektiv?" Er tat, als wolle er freundlich sein und ließ sein grausames Grinsen einem netten Lächeln weichen. "Also, weg da, und ihm passiert nichts." Wer waren sie denn, dass sie sich von so einem bedrohen ließen? Sêiichî ließ kurz einen Seitenblick auf Hattori ruhen, dem ging es aber gar nicht gut, sie hatten keine Zeit, sich mit diesem Killer zu unterhalten, während er immer mehr Blut verlor. "Man wird dich trotzdem kriegen", sagte Sêiichî, ließ seine Waffe aber nicht sinken, so lebensmüde war er nicht, zumal er ihn nicht kannte, eines stand jedoch fest, nämlich, dass er zu Chardonnay gehörte, der es auf Heizo ohnehin abgesehen hatte. Noch ehe die SMS von seinem Chef gekommen war, wusste er, was passieren würde, deswegen war es ihm möglich gewesen, so schnell aufzutauchen. Über Chardonnays Aufträge wusste er immerhin fast immer Bescheid, schließlich war er selbst Polizist und stand demnach auf deren Seite, also genau auf der Gegenseite von Chardonnay, weswegen er ihm Steine in den Weg legte. Heiji verstand Sêiichî nicht, man musste ihn festhalten, sonst wäre er nie zur Seite gegangen. "Man trifft sich immer zweimal, denk dran...", meinte der 23-jährige schnippisch. Yuki machte sich schnell aus dem Staub, am Ende musste er dem Kriminalisten noch dankbar für seine Fairness sein, weil man ihn umgebracht hätte, wenn es zu einer Verhaftung gekommen wäre. "Du lässt ihn abhauen?" "Schau' rüber zu deinem Vater und dann sag' mir, dass das falsch war! Er braucht dringend einen Krankenwagen, sonst verblutet der mir hier noch. Was ist wohl wichtiger? Diesen flüchtigen Verbrecher aufhalten, wobei wir Verstärkung rufen können, oder erst mal dafür sorgen, dass dein Vater durchkommt, mhm?" Unten wartete sowieso eine Einheit, die mit ihm gekommen war, es hieß also nicht, dass der Kerl weit kommen würde. Sein Blick war der eines neugierigen Kindes. "Oha? Das musst du mir jetzt aber genauer erklären..., Baileys." Es war schon seltsam für ihn, eine Frau, die Chris Vineyard mehr als nur ähnlich sah, auf einmal Baileys zu nennen. Alles würde einen Sinn ergeben. Dass Ai nie etwas Gutes für diese Frau übrig gehabt hatte. Dass sie solche Angst vor ihr hatte. All diese Dinge, die ihm spanisch vorgekommen waren, machten jetzt Sinn. "Es ist ganz leicht, Kleiner. Ich bin nicht sie, ich habe mich nur als sie ausgegeben, verstehst du?!" Um ihm das verständlicher zu machen, entfernte sie erst einmal ihre Perücke, woraufhin schwarze Haare zum Vorschein kamen, bevor sie sich die Gesichtsmaske abzog und ein völlig anderes Gesicht sichtbar wurde. "Ich dachte nicht, dass das viele so perfekt können." "Du meinst, so perfekt, wie Sharon und Chris, mhm? Das ist leicht zu erklären, mein bester Freund ist Yuji Ikeda, der Toichi Kurobas Neffe ist, da bist du ganz baff, oder? Ich habe ihn mit 17 kennen gelernt und so durch ihn auch Toichi. Er hat mir so ein paar Tricks gezeigt. Auf dem Weg bin ich auch an Sharon geraten, lange Geschichte, willst du sicher nicht hören." "Um sie so perfekt zu imitieren, musst du sie verdammt gut kennen...", gab er nachdenklich zurück, seufzte kurz, bevor er den Kopf schüttelte. "Wenn du Sharon ja kennst, dann..." Conan wollte es nicht aussprechen, ihm saß ein Kloß im Hals und er wusste nicht mehr, was der Realität entsprach. Dass war kein Traum, oder? "Dann was?" "Weißt du genaustens Bescheid, denke ich mal. Wie gut kennst du sie?" "Gut genug, um zu sagen, dass sie falsch und hinterlistig ist. Nach außen hin spielt sie die nette Frau, aber innerlich ist sie kalt und schlecht." Baileys sprach in ruhigem Ton und machte auf ihn nicht den Eindruck, als würde sie ihm etwas vorspielen, trotzdem musste man bei solchen Leuten vorsichtig sein, immerhin hatte er damit schon Erfahrung. Verkleidungskünstler machten ihm manchmal ziemliche Angst, aber auf gewisse Weise vertraute er ihr, schließlich hatte sie ihm das Leben gerettet. Warum kam ihm alles so wahrheitsgetreu vor? "Aber eines verstehe ich nicht! Wieso hast du dich als Vermouth verkleidet? Kannst du mir das erklären? Das macht keinen Sinn." "Der Boss liebt sie über alles und lässt ihr viel durchgehen. Ich habe Gin erschossen, das wird er nur nie erfahren. Wenn sie so etwas tut, vergibt er ihr. Die darf sich verdammt viel erlauben. Wenn ich das tun würde, nicht auszudenken, was der mit mir machen würde. Verstehst du? Außerdem wollte ich nicht, dass noch mehr Leute umgebracht werden. Schon gar nicht du. Deine Schwester hat gereicht. Das ist übrigens ihre Schuld." Baileys führte ihre Intrige weiter. Sie hatte ihn doch längst schon so weit, dass er ihr alles glaubte, sie musste es nur ein wenig geschickt anstellen. "Damals, als sie auf Sherry losgehen wollte, konnte ich sie austricksen und bin selbst dorthin. Ich wollte nicht, dass unschuldige Leute sterben. Sherry hat sie eh immer gehasst. Sie an meiner Stelle hätte, deine Freundin Ran einfach umgebracht. Sie ist eben so, verhasst, böse und heimtückisch, anders kann man's nicht sagen." Dass sie die Tatsachen verdrehte, war ihr klar, aber nur so konnte sie ihn auf ihre Seite ziehen. "Moment!" hielt Conan sie an. "Sie ist schuld am Tod meiner Schwester? Das kann doch nicht wahr sein!" Das wollte er ihr jetzt nicht einfach so abkaufen. War sie echt so böse, wie Baileys sagte und er war bloß Opfer ihrer Illusionen geworden? "Doch, es ist wahr. Shina wusste zuviel, also musste Chris sie eben loswerden. Sie hatte rausgefunden, dass sich hinter ihr Sharon verbirgt. Und deswegen... hat sie sie aus dem Weg geräumt..." Baileys täuschte jetzt ein paar Tränen vor und wischte sie sich mit dem Handrücken weg. "Yuji deprimiert zu erleben, weil man seine Cousine getötet hat, zerreißt mir das Herz, genauso, wie mit ansehen zu müssen, wie er so schrecklich benutzt wird..." Sie schluchzte auf, so dass es dem Jungen immens schwer fiel, kein Mitleid zu empfinden. "Weißt du, Sharon ist ihr Geheimnis wichtiger als alles andere, da geht sie gerne mal über Leichen." "Yuji? Gehört der etwa auch dazu und wird quasi benutzt?" wollte Conan wissen. Dass man irgendwelche Leute benutzte, war ihm klar gewesen, Akemi Miyano war ein gutes Beispiel dafür, wie weit die gingen, auch wenn er immer gedacht hatte, dass man Sharon irgendwie gezwungen hatte, doch jetzt sah alles ganz anders aus. Er wusste nicht, wie er das nächste Mal reagieren würde, wenn er die wiedersehen musste. "Ja, er ist Absinth. Dass er andauernd Leute ermorden muss, geht ihm ziemlich an die Nieren. Er hat da drin nichts verloren. Er ist viel zu gut dafür. Er sollte so etwas nicht tun müssen. Einer, der über ihm steht, erpresst ihn mit seinem Bruder. Schon lange wagt er es nicht mehr, diesen Mann zu widersprechen. Er hat Angst, dass man ihm dann noch den Bruder nimmt. Seine Eltern und die wenigen Verwandte, die er kannte, sind ja schon lange tot. Meinst du, du könntest ihm irgendwie helfen? Du bist doch so ein toller Detektiv." Yuji sollte endlich raus aus der Organisation. Shina konnte man schlecht benutzen, auch wenn sie noch leben würde nicht, aber bei ihm konnte man das. Er war jetzt auf dem richtigen Weg. Und ihrer Feindin eins auswischen konnte sie damit auch noch. Mal sehen, was ihr bei Ran so einfallen würde... Ein klatschendes Geräusch war zu hören. "Was hast du dir dabei gedacht, Miura?!" Heiji riss Kôji, der auf einem Stuhl saß hoch und schüttelte ihn, er war voller Wut, was Sêiichî ein klein wenig erschreckte. "Hey, hey, beruhig dich!" Er drückte Heiji von seinem Freund weg und schüttelte den Kopf. "Das macht es nicht besser, wirklich nicht. Wir sollten Ruhe bewahren, wir sind immerhin im Krankenhaus." Und da wollte er nach unten gehen, um zu telefonieren, das war ein schlechter Scherz. Seiner Meinung nach konnte man die beiden nicht alleine lassen, ohne dass Streit ausbrechen und Heiji Kôji vermöbeln würde. "Lass mich in Ruhe, immerhin hat er zugelassen, dass die meinen Vater fast umbringen!" "Er kann nicht auf Menschen schießen, das war schon immer so, deswegen wurde ich ja gerufen. Du solltest deine Energie lieber aufsparen. Wer weiß, wie es um deinen Vater steht?" Er versuchte den Hitzkopf doch nur zur Vernunft zu bringen, doch das war nicht einfach. "Schlag ihm nicht ins Gesicht, weil er so ein guter Mensch ist und so ein weiches Herz hat, also wirklich. Das muss nicht sein!" Auf irgendeine Weise machte ihn das auch wütend. Kôji saß teilnahmslos da, sagte nicht ein Wort, was Sêiichî bekümmerte. "Siehst du nicht, wie fertig er ist?" "Sêiichî?" Er blickte zu Kôji, dessen Blick zu Boden ging. "Das war Yuki Ichihara... mein Cousin..." "Hm?" Das war jetzt doch mal eine Überraschung. "Ich wusste gar nicht, dass der auch zu deinen Cousins gehört. Kann es sein, dass er was gegen dich hat?" "Kann nicht nur sein, das ist so, er hasst mich und hätte mir sicher eine Kugel ins Gehirn geballert, wenn niemand gekommen wäre." "Du drängst dich ja auch immer vor, deswegen kann er dich nicht leiden..." Kôji hob nun doch den Kopf, sah Heiji mit einem mürrischen Blick an. "Er ist ein Mörder, ist das noch nicht bei dir angekommen, du Freak? Er wollte deinen Vater töten." "Genau, gib nicht Kôji die Schuld, er war's schließlich nicht, der auf deinen Vater schoss." "Verhindert hat er's aber auch nicht..." Der schwarzhaarige Kriminalist setzte sich mit einem Seufzen neben Kôji. "Lasst euch nicht so gehen. Unser Chef wird gerade operiert, seine Chancen stehen zwar gut, aber während so einer komplizierten Operation können immer noch Komplikationen auftreten. Also hofft lieber, dass alles gut geht, ich muss telefonieren... Bitte schlagt euch nicht die Köpfe ein, dann redet lieber gar nicht miteinander..." Er musste Heizos bestem Freund Bescheid sagen, zufällig kannte Sêiichî diesen Mann schon ziemlich lange - stand ihm sogar recht nahe. Außerdem konnte er sich auf dem Weg gleich nach seinem besten Freund erkundigen. "Grüß Ryochi Akaja von mir, bitte." Heiji bettelte ja geradezu, er konnte ihm Derartiges nicht abschlagen, auch wenn Ryochi das wohl ziemlich egal sein würde, ob so ein Schülerdetektiv aus Osaka ihm Grüße ausrichten ließ. Sêiichî hob die Schultern an. "Meinetwegen, wenn ich ihn an die Strippe kriege." Nachdem er das gesagt hatte, war er auch schon die Treppe hinab zu den Telefonen verschwunden. "Ich bin zu weit gegangen, Miura, es war eben doch ein Schock, dass Yuki solche Nebenjobs hat." Heiji schlug deprimiert die Augen nieder, während Kôji kurz zu ihm schaute. "Vergeben und vergessen... Ich hätte abdrücken sollen, du hattest schon Recht, aber er ist mein Cousin. Trotz allem kann ich ihn nicht einfach anschießen. Das bringe ich nicht über mich." ,Memme.' Der junge Mann war nun unten angekommen, nahm den Hörer eines Telefons ab und warf Geld hinein, da es erstens billiger war und zweitens der Akku seines Handys den Geist aufgegeben hatte. Wie gut, dass es noch für die Notrufe gereicht hatte. Ob sie den Kerl nun geschnappt hatten, wusste er nicht, da hier Handygebrauch verboten war. Am anderen Ende nahm der Polizeichef höchstpersönlich ab und meldete sich wenig später mit harter Stimme. "Polizeipräsidium Tokyo, Polizeipräsident Akaja am Apperat. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?" "Iwamoto hier. Wie geht's dir?" Dass er einen seltsam vertrauten Ton wählte, war schon Normalität. "Was gibt's, Sêiichî?" meinte der andere erfreut, während sein Gesprächspartner kurz schluckte. Nicht nur, dass zwei Leute gestorben waren, jetzt war eine dritte in Lebensgefahr und er musste ihm diese verdammte Botschaft überbringen. "Hattori wurde niedergeschossen. Er wird gerade operiert. Ich dachte, das solltest du wissen." "Und ich dachte, du rufst wegen Ryo an." "Das auch, aber größtenteils wegen Hattori. Was macht Ryo so?" "Er hat sich in Matsudo förmlich verbarrikadiert. Er spricht mit keinem, geht ja nicht mal ans Telefon, wenn man anruft. So langsam könnte er wieder auf die Beine kommen. Akiko und ich sind neulich rausgefahren, aber es war niemand zu Hause. Ich habe keine Ahnung, wie es ihm geht, aber alles spricht dafür, dass er leidet. Und keiner kommt an ihn ran." Es tat Sêiichî weh, so etwas zu hören, er wollte nicht in seiner Haut stecken. Gut, er litt doppelt, weil es bei ihm gleich zwei Leute erwischt hatte, bei ihm war es nur ein Bruder, bei Ryochi gleich die Verlobte mit dazu, kein Wunder, dass es ihm so mies ging. "Das verstehe ich", kam leise von Sêiichî. Man hörte es ihm förmlich an, wie zerrissen er war. "Schade, ich dachte, dass ich ihn irgendwie ans Telefon bekomme. Der kann sich nicht so hängen lassen, irgendjemand muss sich doch mal um ihn kümmern, sonst geht er noch zugrunde." Es war ja immerhin nicht das erste Mal, dass er die Frau, die er liebte, verloren hatte. Schon zweimal war ihm das passiert, was irgendwo ja unfair war. "Wenn das jemand schaffen kann, dann du. Ruf am besten auf seinem Handy an, aber unterdrück die Nummer nicht, damit er sieht, wer dran ist. Vielleicht geht er bei dir ran." "Vielleicht ist er auch wütend auf mich..." "Wieso sollte er?" Sêiichî war für einen kurzen Moment drauf und dran, seinem Ersatzvater alles zu sagen, doch dann schwieg er doch. "Wir haben etwas gestritten." "Ach komm, das bringt euch doch nicht auseinander, ihr kennt euch doch schon recht lange. Sag' bloß ihr seid in die gleiche Frau verliebt?" "Nein, nein... er kann meine Frauengeschichten meist nicht leiden, da sind wir grundverschieden, ist wohl auch besser so. Was Hattori angeht. Die Operation dürfte in 5 Stunden überstanden sein. Er liegt im Kitano-Krankenhaus hier in Osaka. Unter seinem Decknamen allerdings, damit nicht jeder hierher kommt, der ihn kennt. Du verstehst?" "Verstehe! Ich schneie dann heute Mittag mal vorbei, sag das Heiji, und dass er sich nicht verrückt machen soll. Heizo ist ein harter Brocken." "Mach ich, war schön mal wieder deine Stimme zu hören." Er schloss die Augen, während er das sagte und lächelte zufrieden. "Das kann ich nur zurückgeben, Sêi-chan! Lass dich, wenn du Urlaub hast, mal wieder blicken, verstanden?" "Jawoll, Chef!" Es traten Tränen in seine Augen, es rührte ihn, dass man ihn trotz allem noch als Mitglied der Familie ansah. "Und ich weiß, dass du weißt, wo Yuichi steckt, also sag ihm, er soll auch mal die Güte haben, aufzutauchen, verstanden?!" Nun schwieg er, was sollte er auch anderes tun? "Sêiichî? Stimmt was nicht?" Bis auf die Tatsache, dass Yuichi bei Shina gewesen war, war alles in Ordnung, doch das konnte man dem Mann ja nicht antun, zumal keine Leichen gefunden worden waren. Auch wenn es so gut wie keine Hoffnung mehr gab, hatte er ein kleines Fünkchen davon bewahrt, das noch immer nicht an den Tod der beiden glaubte. Sêiichî wollte nicht wahr haben, dass beide einfach weg sein sollten. "Wenn er mir über den Weg läuft, sag ich es ihm..." Es fiel ihm schwer so zu reden, aber er bemühte sich, wo er konnte, damit es ihn nicht doch überkam. "Ich nehm' dich beim Wort." "Ja, bis dann..." Der Kriminalist hatte vor Angst, dass man ihm alles anhören konnte, schnell aufgelegt, er wollte nicht, dass man bemerkte, wie es ihm überhaupt ging. Allerdings ging er nun den Gang hinab, bis zum Ausgang und holte dort dann sein Handy raus, das noch immer aufladebedürftig war. "Verdammter Mist!" Schweren Herzens lief er zu seinem Auto und schloss dort sein Handy an, damit er wenigstens telefonieren konnte. "Jetzt geh bloß ran..." Er legte den Kopf gegen seinen mit Leder bezogenen Sitz und schloss die Augen, gönnte sich für einen Moment mal Ruhe. Das Handy vibrierte, was man bemerkte, da es unter seinem Kissen lag. Schon wieder wollte irgendjemand etwas von ihm, er wollte nur so gut wie mit niemandem reden. Er hatte bereits zwei Freunde hier, die ihm Gesellschaft leisteten. Trotzdem trieb ihn die Neugierde nun doch dazu, dass er das Handy hervorholte und auf das Display schaute. "Sêiichî...", flüsterte Ryo zu sich selbst. "Geh ran, er macht sich sicher auch allmählich Sorgen, wie dein Vater." "Womöglich breche ich ihm in Tränen aus, Wataru." Der Genannte saß neben ihm auf dem Bett und fragte sich wirklich, wieso Ryochi sich so verschloss. Er selbst würde das nicht über sich bringen. "Und?" Und? So etwas konnte nur Wataru fragen. "Dann kommt er her und sieht, wie es mir geht, das muss nicht sein, er hat genug um die Ohren." Sêiichî konnte das doch im Grunde gar nicht ertragen, er musste lächeln können, doch im Moment war ihm nicht danach, und man würde hören, dass er geweint hatte. "Du solltest dir mal zuhören, Ryo. Er ist dein bester Freund, hat er da nicht ein Recht auf die Wahrheit? Außerdem würde er sicher versuchen, dir zu helfen!" "Und würde deprimiert werden, wenn es nicht funktioniert." Watarus Schwester kam gerade aus der Küche und brachte ein paar Reisbällchen mit, da der junge Mann seit Tagen nur im Bett gelegen und Trübsal geblasen hatte. Er musste endlich wieder was essen, sonst kippte er, wenn er ins Bad ging, noch um. "Hier, iss was, sonst fällst du echt noch um, das wollen wir ja nicht." "Oho, höre ich da einen Befehl, Ri-chan?" Frech sein konnte er wohl schon wieder, wie es schien. "Das war ein gut gemeinter Rat, Ryo-chan, und jetzt iss das, oder ich muss dich füttern." "Hör auf damit, ich ergebe mich, das wäre mir ja peinlich." "So ist es brav." Wataru schüttelte den Kopf, frech war sie ja immer gewesen, auch wenn sie es gerade doch extrem war. "Erst soll er ans Handy gehen, Sêiichî will was..." Ryochi seufzte widerspenstig, er wollte nicht reden, wenn die beiden da waren, er würde sicher heulen, das sollten sie nicht sehen. Allerdings hatte er seine Rechnung ohne Riina gemacht, die einfach sein Handy schnappte und das Gespräch annahm. "Hey, das habe ich dir aber nicht erlaubt", meinte er, zeigte Andeutungen des Schmollens. Die tat aber auch, was sie wollte. "Hey, Sêiichî, warte, ich gebe ihn dir..." Der Anrufer war noch etwas stutzig, weil nicht Ryo, sondern Watarus Schwester, die zu allem Überfluss seine Exfreundin war, ans Handy gegangen war. "Und jetzt stell dich nicht so an, Ryo, ihr habt seit 3 Wochen nicht geredet, es wird allmählich mal Zeit." Ein resignierendes Seufzen kam von dem Detektiv, der das Handy jetzt in die Hand nahm und ein leises "Hallo" hineinsprach. "Hi, Ryo, warum gehst du nicht selbst an dein Handy?" "Sorry." Alles, was ihm da einfiel, war ein Sorry? Nicht zu glauben. "Alle machen sich Sorgen um dich, Ryo. Was treibst du zu Hause und was macht Riina da? Ihr macht doch keine Schweinereien, oder?" "Deine Eifersucht ist mal wieder total unbegründet, außerdem solltest du deine Ex besser kennen, bevor du auf solche blöden Ideen kommst." Er fuhr ihn ein wenig an, auch wenn das nicht Ryos Absicht gewesen war. "Entschuldige, du bist ja ganz schön gereizt. Ich habe etwas Sehnsucht nach dir, nur damit du es weißt." "Oh Gott, muss ich mir Sorgen machen, dass du die Seiten wechselst, Freundchen?" Ein kleiner Witz, der seine wahren Gefühle verbergen sollte, doch sein Freund war nicht dämlich und wusste, was er damit vertuschen wollte. "Lass das, Ryo", ein Seufzen, "mir kannst du nichts vormachen. Ich weiß, dass es dir beschissen geht. Was hältst du davon, wenn du nach Osaka rüberkommst? Ich nehme mir dann eine Woche frei. Na?" "Du bist ja ziemlich aufdringlich, Sêiichî." "Sag's gleich, wenn du nicht mehr mit mir befreundet sein willst." Der Schwarzhaarige hatte sich so ein Telefonat anders vorgestellt, der wäre nie und nimmer rangegangen, wenn Riina das nicht übernommen hätte. "Nimm nicht alles gleich so ernst, Sêiichî, so war das nicht gemeint. Wieso bist du denn so komisch? Ist was passiert?" "Hattori wurde beinahe umgebracht, von jemandem, der für Chardonnay arbeitet, das ist schlimm genug, aber es geht noch besser. Ich kenne diese Person nicht. Der Kerl hat es mal wieder auf die Polizei abgesehen." "Er gehört in die Klapse, wirklich." "So schnell kriegt man den nicht rein, er macht sich die Hände ja nicht schmutzig. Wenn man ihm nichts nachweisen kann..." "Ich weiß, aber so wie ich dich kenne, arbeitest du dran, oder? Sei dabei bloß vorsichtig, er kann es nicht leiden, ausspioniert zu werden." Er hatte Angst, dass man seinen besten Freund auch noch umbrachte und es ihm dann erst richtig dreckig ging. "Keine Sorge, ich bin da vorsichtig, ich kenne ihn doch..." "Dann ist ja gut! Und zu deiner Frage. Okay, ich werde kommen, dann kann ich auch etwas auf dich aufpassen, Sêi-chan." Warum mussten eigentlich alle immer gleich solche Witze reißen? War er denn zu dämlich, um auf sich selbst Acht zu geben? Allerdings war der Kriminalist viel zu froh, als dass er sich darüber hätte ärgern können. "Da bin ich froh, ich freue mich. Ich vermiss dich echt. Ich brauche mal wieder jemanden zum Reden..." "Geht es dir denn nicht gut?" versuchte Ryochi herauszubekommen, was man nur mit einem Seufzen beantwortete. "Ich sage es dir, wenn du wieder da bist." "Ich versuche mich zu beeilen. Kann ich eine Weile bei dir wohnen, geht das? Ich brauche mal Abstand von allem." Er konnte seinen Eltern nicht mehr unter die Augen treten, seit er ein weiteres Geheimnis mit sich herumtrug. Ryochi wollte ihnen nicht wehtun, indem er sagte, was passiert war. Er konnte ja leiden, das verdiente er seiner eigenen Meinung nach immerhin, weil er im Grunde an allem schuld war, seine Eltern jedoch nicht, nicht solange es Hoffnung gab. "Gut, ruf mich an, wenn du ankommst, okay?" "Mach ich, bye." Er legte auf, sah zwischen Riina und Wataru hin und her. "Ich fahre nachher nach Osaka, wer will mit? Du vielleicht, Wataru?" "Mhm, gute Idee, ich habe morgen und übermorgen frei, da kann ich ja mal Kôji besuchen." Riina zog eine Augenbraue hoch. "Ich verzichte, nein danke, das muss nicht sein, dann zoffen wir die ganze Zeit, das verdirbt euch bloß die Laune. Und jetzt iss endlich deine Reisbällchen." "Ist ja gut, Mami..." Er nahm sich eines der Reisbällchen und biss hinein. "Zufrieden, Kleine?" "Erst, wenn du sie alle gegessen hast." "Sind wirklich gut", sagte er mit vollem Mund, weswegen Wataru leicht lachen musste. Wenigstens vergaß er so mal für einige Momente, dass er Kummer hatte. Die beiden Geschwister tauschten zufriedene Blicke aus, was der Detektiv natürlich mitbekam. ,Ich könnte heulen, wenn ich die beiden so unbeschwert sehe, dabei habe ich kein Recht, mich so aufzuführen und eifersüchtig zu sein.' Unbeschwert hatte er schon lange nicht mehr sein können, schon gar nicht mit ihm, jetzt sollte er ganz verschwunden sein, es ließ sein Herz schmerzen und wenn er nicht aufpasste und zu lange an ihn dachte, trieb es ihm Tränen der Schuld in die Augen. Am frühen Nachmittag war Takeshi Akaja im Krankenhaus aufgetaucht, so dass Iwamoto lieber verschwand, er würde ihn nur ausquetschen, das wollte er momentan vermeiden, da kam es ihm gerade gelegen, dass auch Ryochi in Osaka angekommen war. Er sah seinen Mercedes, der auf dem Straßenrand geparkt worden war, ging zu ihnen rüber, wobei er wartete, bis die Straße nicht so dicht befahren war und zog eine Augenbraue hoch. "Was ist das denn jetzt? Du hast Wataru mitgebracht? Wo hast du den denn jetzt aufgegabelt?" Dass Riina bei ihm gewesen war, verstand er ja gerade noch, aber wie kam Wataru dazu? Auf den ersten Blick bemerkte der Kriminalist sofort, wie angegriffen sein Freund aussah, es musste ihm einfach schlecht gehen, das konnte man nicht übersehen. "Aufgegabelt?" Ein Lachen entfuhr Ryochi, das war doch wieder typisch für Sêiichî. Alles wollte er genau wissen und schmollte, wenn man ihm etwas versäumt hatte, zu sagen. "Ich habe ihn nicht aufgegabelt. Stell dir doch mal vor, Sêi-chan. Wataru hat sich seine Schwester geschnappt und solange geklingelt, bis ich vor lauter Genervtheit die Tür geöffnet habe. Sie haben sich Sorgen gemacht, weil keiner ans Telefon ging und mich dann ja halbwegs gezwungen, sie reinzulassen. Sind sie nicht freundlich?" Ein Seufzen entfuhr ihm. "Aber im Endeffekt war ich doch froh, dass jemand da war." "Wataru kann ja richtig dreist sein", Sêiichî zog einen Schmollmund, "aber, wenn du wolltest, dass jemand da war, warum hast du mich dann nicht einfach angerufen? Ich wäre schneller als der Blitz da gewesen." "Weil ich im Grunde keine Lust auf jemanden hatte. Ich sagte doch, ich wollte alleine sein, aber sie haben mich halbwegs gezwungen. Jetzt ist das ja was anderes... Du siehst gestresst aus, wann hast du das letzte Mal länger als 3 Stunden am Stück geschlafen?" Sein dämliches Doppelleben und sein hin und her-Pendeln zwischen Osaka und Tokyo, machte ihn doch noch ganz bekloppt, wenn er es nicht schon war, aber er kam von dort wohl einfach nicht los. Ein ertapptes Lächeln kam auf Sêiichîs Gesicht auf. "Nun ja... ich habe literweise Kaffee intus, das geht schon. Ich bin ja heute Nacht erst wieder von Tokyo hierher gerast, hatte noch weniger Zeit, als sonst. Mit anderen Worten: Ich habe heute Nacht nicht geschlafen, Ryo, aber mir geht es gut, doch." Ryochi schüttelte den Kopf. "Habt ihr wieder Überstunden gemacht, was? Die kriegt wohl auch nicht genug, oder wie sehe ich das?" "Du denkst echt, dass ich gearbeitet habe, nein, habe ich nicht. Ich war als Sêiichî, nicht als Kenji in Tokyo." Sein verpeilter Blick sprach Bände, er verstand seinen Freund vollkommen falsch, was dieser so lustig fand, dass er schallend zu lachen anfing. "Oh mein Gott, du bist echt unbezahlbar." Ihm kamen beinahe Tränen vor lachen. "Ich meinte dich und Chris, du Baka, ihr habt Überstunden gemacht, klingelt es jetzt, du Superkerl?!" Der Kriminalist sah den Detektiv noch immer mit hochgezogener Augenbraue an, dann machte es doch allmählich Klick und eine leichte Röte kam in seinem Gesicht auf. "Drück dich doch mal deutlicher aus, also wirklich, ja, bei ihr war ich, weil ich sie die ganze Woche nicht sehen konnte. Ich hatte einfach zuviel zu tun, und Nachtdienst." Ein Seufzen entfuhr ihm, das wie eine Art Nebel in der Kälte aus seinem Mund kam. "Oje, eine Woche?" Ryochi stellte augenblicklich das Lachen ein. "Du hast dich zu sehr daran gewöhnt, sie andauernd zu sehen. Was wirst du tun, wenn es sie mal erwischt? Dann wirst du sie sehr lange Zeit nicht mehr wiedersehen. Gewöhne dich besser nicht zu sehr daran, bei ihr zu sein, dann tut es nur doppelt so weh." Normalerweise war er nicht so pessimistisch, das machte Sêiichî Sorgen. Er wusste doch von ihnen wirklich am besten, wie es war, die Freundin zu verlieren. Sêiichî hatte schreckliches Mitleid mit ihm - seine Frage war begründet und Recht hatte er auch noch. "Sie stirbt nicht, solange ich da bin und sie schön brav auf den Boss hört!" sagte er bestimmt. "Mach dir keine Sorgen um mich." Er wollte es einfach nicht wahr haben, dass auch sie sich einer gewissen Gefahr ausgesetzt hatten und in den Reihen, in denen sie sich befanden, sehr schnell Unfälle passierten. "Du hast dir aber eine Frau ausgesucht, die innerhalb der Organisation nicht gerade gemocht wird. Viele gehen ihr aus dem Weg, aber was ist mit denen, die keine Angst vor ihr haben...? Hast du dir je Gedanken darüber gemacht? Und dass sie auf den Boss hört, glaubst du ja selbst nicht. Was, wenn man ihr mal einen Auftrag erteilt, auf den sie keine Lust hat? Schon habt ihr den Salat." Sêiichî schlug betrübt die Augen nieder. "Dass man mich von ihr trennen wird, weiß ich jetzt schon, denn das ist doch wohl unvermeidlich." "Wie meinst du das?" "Dass sie eine Mörderin ist." "Seit wann macht dir das was aus?" "Ach komm, du bist sonst auch nicht so naiv..." Sêiichî drehte sich herum, so dass er auf die andere Straßenseite schaute und sich gegen das Auto seines Freundes lehnte. "Wo gehören wir Mörder hin?... Ins Gefängnis, genau." Seine Stimme war eindeutig leiser geworden, während er das von sich gab. "Vielleicht landet sie auch in einer Psychiatrie, weil man denken wird, sie hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Wenn sie vor Gericht sagen sollte, dass sie Gott spielen darf, weil unsere Welt ja so beschissen ist, landet sie entweder im Knast, oder in einer Klinik. Es ist doch bloß eine Frage der Zeit. Sag mir, wie ich das verhindern soll..." "Du findest, dass sie Gott spielen darf, nicht wahr?" "Ja, er tut ja nichts..." Allmählich verlor er seinen Glauben an ihn, denn er hatte sie bestraft und eine Killerin aus ihr werden lassen. "Es sind so viele Dinge geschehen, die hätten vermieden werden können. So viele Tote. Aber trotzdem war jeder unserer Morde nicht ohne Grund. Wieso soll man sie einsperren und mich verschonen? Wo ist das fair? Wenn sie da rein gehört, dann ich auch." "Hey, bei euch ist das was Anderes, die Umstände verlangen danach. Außerdem wird man sie ganz sicher nicht ihr ganzes Leben lang einsperren. Vergiss nicht, dass ihr einen Boss habt. Bevor es sie knallhart trifft, wird es ihn treffen, der ist der Drahtzieher eurer Bande. Ja, vielleicht landet sie eine Weile im Knast, aber ich denke nicht, dass das lange der Fall sein wird. Bisher hat sie es ja vermieden, dass man zu viele Beweise gegen sie in der Hand hat, oder nicht?" "Was, wenn niemals jemand bezeugen kann, dass es den Boss gab? Man wird eine stinknormale Mörderin in ihr sehen. Du denkst nicht wirklich, dass der Boss zulässt, dass man ihn kriegt, oder? Er wird Selbstmord begehen, bevor man ihn kriegt, da bin ich sicher. Wenn sie dann sagt, sie habe einen Boss gehabt, werden wir alle als bekloppt abgestempelt. Was es nie gab, kann man auch nicht bezeugen. Ohne Beweise sehen wir alt aus. Und ich weiß nicht, wie ich dafür sorgen soll, dass man den Boss kriegt. Nur etwas zu wissen, reicht da nicht aus, man muss Beweise haben... So ist das eben, aber wenn es so weit ist, gehen wir sicher leer aus, und büßen dafür, dass man uns hat zwingen können. Wir haben es ja schließlich zugelassen..." Ein Seufzen kam ihm über die Lippen. "Außerdem gibt es jemanden, der handfeste Beweise gegen sie in der Hand hat. Nämlich das FBI... Jodie und Shuichi, die haben genug Beweise, um sie einbuchten zu lassen. Ich habe Angst, dass sie sich falsch behandelt fühlt und dann total austickt... Das hat gerade noch gefehlt, sie fühlt sich ihr ganzes Leben falsch behandelt!" "Das tun einige, ohne auszurasten, Sêiichî, oder hast du Pinot abgemurkst, weil er dich falsch behandelt hat? Sie soll aufhören, die Queen zu spielen, das ist sie nicht. Wenn sie nicht damit aufhört, geschieht es ihr recht, wenn man sie einsperrt. Aber ich denke, du hast zuviel Angst. Ich glaube nicht, dass sie so ausrastet, damit schadet sie nur sich selbst. Was Jodie angeht. Der Mord ist längst verjährt. Was will die Frau Chris anhängen?" Ryo lachte auf. "Sie hat vor 20 Jahren jemanden umgebracht, das ist ihr persönliches Wissen. Wenn sie schön hier bleibt, passiert ihr nichts, solange Jodie nicht hinter einen ihrer jetzigen Morde kommt. Du hast wenig Vertrauen in sie, sie ist nicht auf den Kopf gefallen. Wenn man sie nicht auf frischer Tat ertappt und es keine polizeilichen Zeugen gibt, glaubwürdige Zeugen, hat sie nichts zu befürchten. Wer sollte schon gegen sie aussagen und auch noch Glauben geschenkt bekommen? Sollte Jodie das versuchen, wird die auch noch als verrückt abgestempelt. Irgendwie kann sie einen ja Leid tun. Sie weiß genau, diese Frau bringt Leute um, kann aber nichts dagegen tun. Tja, muss sie sich mehr anstrengen. Sonst ist sie nicht mehr als eine Hobby-FBI-Agentin. Leider wahr." Sêiichî wusste einen Moment nicht mehr, was er antworten sollte, allerdings sah sein Freund alles recht genau. "Wahrscheinlich habe ich wirklich zuviel Angst davor, dass man mich von ihr trennt." "Im Moment ist es nur eure Aufgabe, am Leben zu bleiben, über alles andere könnt ihr später noch nachdenken, oder nicht? Jedenfalls ist sie ein harter Brocken. So leicht ist sie auch wieder nicht klein zu kriegen, darum würde ich wetten." Sêiichî schüttelte den Kopf. "Ich frage mich nur, ob es richtig war, so zu handeln, wie wir es getan haben. Ich hatte mir geschworen, nie aus Liebe zu töten, aber im Endeffekt tue ich es doch. Ich kann ja schlecht zusehen, wie man sie quält, trotzdem lebt Baileys noch, fragt sich nur wie lange. Ich sehe es jedes Mal in ihren Augen, wie fertig sie ist. Und es wird immer schlimmer. Ich frage mich, ob es noch tiefer geht... Das ertrage ich bald nicht mehr." Seine Stimme klang angegriffen, es kam selten vor, dass er über solche Dinge redete. "Baileys ist ein dummes, neidisches Miststück, mehr nicht. Sie kommt nicht damit klar, dass ihre Rivalin besser ist und will ihr alles versauen. So läuft das eben. Frauen wie sie, sind so. Siori ist auch so ein dummes, neidisches Miststück. Alles dasselbe Kaliber. Meinetwegen kann die sich das Genick brechen..." Wenn nicht, würde er womöglich noch nachhelfen, so davon kommen lassen, konnte er sie nicht. Die lief mit Sicherheit nicht lange frei hier herum. Er würde sie finden und dann einsperren lassen, am besten in eine Klinik, wo man sich rund um die Uhr um sie kümmern würde. "Nein, ein dummes, neidisches und billiges Miststück, das an ihr Niveau nicht rankommt. Das Billig hast du vergessen. Kaum hat sie eine Intrige durch, kommt die Nächste, ich warte schon darauf, dass wieder was von ihr kommt. Ich denke, derzeit ist alles etwas zu viel. Sie schafft es nicht mal, vor mir zu verbergen, wenn es ihr schlecht geht, das konnte sie früher mal besser. Sie hat einen Punkt erreicht, wo es wohl wirklich nicht mehr schlimmer geht. Und, dass ich da bin... reicht ihr wohl nicht mehr... ich fühl mich hilflos..." Sêiichî legte seinen Kopf auf den Armen ab, während Ryochi nachdenklich neben ihm stand. In dem Fall wäre es wohl besser, wenn Chris die Klappe hielt und ihn nicht mit rein zog, auch wenn das ziemlich hart klingen würde. Sie wusste doch, wie Sêiichî reagierte, und dass er oft ein kleines Sensibelchen war. Diese Frau war schlau genug, um dahinter zu steigen und das war sie mit Sicherheit. Dass er Bescheid wusste, sagte doch alles, sie hatte es satt, sich dieses Miststück geben zu müssen. "Da braucht es schon weit mehr, dass sie am Ende ist. Ich denke, richtig am Ende ist sie, wenn alle tot sind, die sie mag, ansonsten wird sie immer weitermachen, so wie du, oder nicht?" Er versuchte seinen Freund bloß aufzuheitern, selbst dann, wenn es ihm selbst beschissen ging. "Lass uns hier abhauen, fühl' mich beobachtet, irgendwie..." Sêiichî klang gerade, wie jemand, der in Osaka geboren worden war. Dieser Dialekt war doch zum wegrennen. Wie schnell der auf einmal redete, da musste man ja aufpassen, dass man ihn nicht falsch verstand. "Pass mal auf deine Aussprache auf, bei deinem Gelaber fallen mir die Ohren ab." Beide stiegen in das Auto, Wataru schwieg noch immer. Mit dem war eindeutig etwas nicht in Ordnung. "Warum bist du so still?" "Nichts ist, ich geh dann. Kôji ist doch da drin, oder?" Da er vor dem Krankenhaus geparkt hatte, meinte er das zu Ryochi. "Ja, so weit ich weiß... aber unter einem Decknamen. Ruf' einfach meinen Vater an, der hat sein Handy immer an, auch im Krankenhaus, wenn auch stummgeschaltet, der holt dich dann ab, wenn du zu ihm willst." Wataru bekam Herzklopfen. "WAS?!" Das war doch nicht sein Ernst! Er konnte doch nicht den Polizeipräsidenten von Tokyo so frech belästigen. "Das traue ich mich nicht." Sêiichî grinste vor sich hin. "Der Mann hat noch niemanden gefressen, aber versuch' es doch auf der Intensivstation, du wirst Kôji schon finden, der ist dort mit Hattori. Die beiden haben gestritten, aber wenn mein Vater da ist, wird er ganz brav sein." "Dein Vater?" Wataru legte den Kopf schief. "Erkläre ich dir ein anderes Mal", gab Sêiichî seufzend von sich. Er wollte etwas Zeit mit seinem besten Freund verbringen - alleine, weswegen er Wataru jetzt ein wenig ausschloss. Während sie auf dem Weg waren, begann es zu schneien, zum ersten Mal seit über einem ganzen Jahr. Letztes Jahr hatte es gar nicht geschneit, obwohl sie nun schon Januar hatten. Der kalte Schnee landete nicht nur auf ihren Köpfen, wo er augenblicklich schmolz, sondern auch in ihren Gesichtern, da es windig geworden war. "Meine schöne Frisur", meinte Sêiichî, so dass man ihn gleich wieder aufziehen musste. "Deine größte Sorge sind wohl echt deine Haare, dabei kannst du die waschen und neu machen, Baka." Man schnappte Ryochi am Arm und zog ihn hinter sich her, bis zur Wohnung. "Man, ist das jetzt aber kalt geworden!" Sêiichî warf die Tür hinter sich zu und verriegelte sie mehrfach. War er vielleicht auch ein bisschen paranoid? "Da ist das Wohnzimmer, mach's dir bequem, ich mache uns einen heißen Tee, sonst kriege ich wieder eine Erkältung, bah." So etwas wollte er nicht haben, wenn er nämlich etwas bekam, dann gleich so, dass er richtig flachlag. "Und trockne dir damit mal die Haare ab." Sêiichî warf seinem Freund ein Handtuch zu, das er locker auffing. "Ja, Papi. Bis gleich." Ryochi schaute sich das Wohnzimmer gleich mal genauer an, lief in diesem herum und ließ den Blick schweifen. "Man könnte meinen, hier wohnt ein verheirateter Mann, nicht zu glauben." Er machte frech einen Schrank auf und fand eine kleine Videosammlung vor. "Ach herrje, er ist eindeutig besessen, was ist das da denn?" Ein unbeschriftetes Video, er schob das Teil in den Videorekorder, machte den Fernseher an und schaute mal, was da so drauf ist. "Oh mein Gott... jetzt filmt er schon sich selbst..." Nach einigen Sekunden bemerkte er, dass da noch jemand anderes war und riss die Augen auf. "Um Himmels Willen, der hat sich doch nicht ernsthaft mit ihr gefilmt?" Obwohl er leise sprach, bekam er jetzt doch leichte Panik, schaltete das Ding aus und verstaute alles wieder im Schrank. ,Was mache ich auch so etwas? Ich sollte mich echt schämen, hier so rumzuschnüffeln!' Sêiichî und ein halbes Sexvideo mit seiner Flamme, das war dann doch zu viel für seine Nerven. Der kam vielleicht auf bescheuerte Ideen... Er begab sich zum Sofa, stieß dort aber auf ein paar Bilder. "Man sieht gleich, wo er hingehört..." Ein Seufzen kam von ihm, da es sich um alte Bilder handelte, auf denen sie alle noch glücklich und zufrieden gewesen waren. Abgebildet waren Yuichi, Sêiichî in der Mitte und Ryo ganz links. Sie hatten wohl im Dreck gewühlt und waren von ihrer Mutter ordentlich ausgeschimpft worden, er erinnerte sich noch an den Tag, an dem sie eine kleine Höhle erkundet hatten und voller Dreck im Gesicht gewesen waren, was ihm einfach Tränen in die Augen trieb. Jetzt waren sie alle erwachsen, führten ihr eigenes Leben, wobei auch der Spaß und die Freude verloren gegangen war. Manchmal wünschte er sich sein altes Leben zurück. Ohne Leid, ohne Unglück, einfach ein unbeschwertes Kind sein. Während er das Foto runternahm, da es über dem Sofa an der Wand hing, rannen ihm die Tränen über das Gesicht und er musste dieses Foto an sich drücken, als würde er sich wünschen, es würde zum Leben erweckt werden, wenn er dies tat. Schon, seit er 14 gewesen war, war sein Leben schlichtweg den Bach runtergegangen, obwohl man denken müsste, dass er eigentlich glücklich war. Seitdem hatte die Schwarze Organisation mitgemischt und sie allesamt auseinandergerissen. Man verlangte von ihnen, dass sie zu dem Zeitpunkt schon erwachsen wurden, ihnen ging die Kindheit verloren. Unter seinen Tränen, die ihm der Trauer wegen kamen, mischten sich auch welche aus Wut, schließlich waren nur die schuld, dass es ihnen dreckig ging. Weil es sie gab, konnten sie nicht glücklich sein. Yuichi musste sein Leben für das seines kleinen Bruders opfern und mit schlechten Leuten verkehren, Sêiichî musste mit ansehen, wie seine Freundin leiden musste und er selbst, ihm wurde die Verlobte genommen. Wann würde der ganze Mist denn endlich zuende sein? Er wünschte sich nichts sehnlicher als etwas Normalität in seinem Leben. Es gab genug Schlimmes auf der Welt, man musste wenigstens diese Organisation stoppen, die alles Böse, das es auf Erden gab, schon einmal verbrochen hatte. Sie und ihr verdammter Boss, der damals ihn selbst haben wollte. Sêiichî konnte ein Schluchzen aus dem Wohnzimmer hören, ließ vom Herd ab, auf dem das Wasser bereits zu sprudeln begann, doch das war ihm jetzt total egal, er rannte - nein stürzte - vorwärts und riss die Tür auf. Er konnte sich nicht mehr genau an den Tag erinnern, an dem er so fertig gewesen war, dass er weinte, wie gerade eben, es zerfetzte ihm brutal das Herz und ließ ihn schlucken. ,Die Fotos, ich Idiot!' Sêiichî legte vorsichtig seine Hände um seinen Körper und nahm ihm dabei das Bild aus der Hand. "Ich hätte sie wegtun sollen, sorry. Ich hab nicht dran gedacht, Verzeihung." Die Tränen standen nun auch ihm in den Augen, er ließ es selten zu, aber wenn er ihn weinen sah, konnte er sich nicht mehr beherrschen, weswegen er ihn jetzt fest an sich drückte, dann weinten sie jetzt eben gemeinsam um ihren Bruder, es sah ja niemand - zum Glück. Der Trost, welchen sie sich gegenseitig spendeten, konnte die Wunden zwar nicht heilen, aber so waren sie wenigstens nicht alleine und konnten sich in der schlechten Zeit beistehen. So war es immer gewesen. Ryochi fühlte sich wirklich wieder wie ein Kind, das Mami verloren hatte und nun hilflos umher irrte. Sêiichî war immer selbstständiger gewesen, er würde alleine klar kommen, da war er sich sicher, nur er wieder nicht. Er brauchte ja eine Frau, um wieder einigermaßen klarzukommen, alleine sein bekam ihm nicht. Doch wenn sie beide ehrlich zu sich selbst waren, kam keiner von ihnen wirklich alleine klar. Wer wirklich alleine klargekommen war, war Yuichi, sonst keiner. Sie brauchten sich gegenseitig, sonst wären sie schon vor langer Zeit zusammengebrochen. Der eine kam ohne den anderen nicht mehr wirklich klar. "Es tut mir so Leid, dass du jetzt leiden musst, weil dein Freund ein Versager ist...", schluchzte Sêiichî, seine Nerven lagen blank, er wusste nicht mehr, ob er es überhaupt wert war, dass man ihn mochte, er machte im Grunde doch nur Ärger, statt hilfreich und nützlich zu sein. Er hätte es verhindern können, er befand sich doch direkt an der Quelle. Stattdessen musste man ihm ständig helfen, wenn er Probleme hatte. In dem Moment wurde ihm das erst so richtig bewusst. "Du bist kein Versager!" raunte Ryochi ihn an, was eher wie ein Krächzen klang, da seine Stimme vom Weinen angegriffen war. Wie kam er nur darauf, dass er ein Versager war? "Ich kleiner Egoist bin einfach bei denen eingestiegen, ohne großartig an die Zukunft zu denken. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Takeshi auch dazu gehören würde und die mich alle wiedererkennen. Ich bin mit am meisten schuld, dass es ihm schlecht ging..." Man hörte ihn schniefen, sein Freund wusste gar nicht mehr, was er noch sagen oder tun sollte. "Rede keinen Unsinn, Sêiichî, er hat damals einfach so entschieden, da mitzumischen, damit er mitbekommt, was die planen." "Ich hätte mir denken können, dass diese ganzen Schweine mit von der Partie sind, ich bin dumm und naiv. Ich habe es mir nicht so schwierig vorgestellt, die zu zerstören. Meine eigene Rachsucht hat mich da reingetrieben, weil ich es Chardonnay nicht durchgehen lassen konnte, dass er es auf dich abgesehen hatte. Schon ironisch, dass er es ausgerechnet auf meine Freunde und meine Familie abgesehen hat. Das riecht ja schon nach Bestrafung. Endlich weiß ich, wie das ist... Das, was ich immer an anderen kritisiert habe. Aus Rache etwas tun, ich sollte schön brav den Mund halten, ich bin nur halb so ein guter Mensch, wie andere denken." Sêiichî wollte wohl gar nicht mehr aufhören zu reden, schon gar nicht von diesem Unsinn. "Der Witz ist, dass Takeshi sein Sohn ist..." Alles kam wieder in ihm hoch. Diese ganzen, kleinen Quälereien, die man ihm als Kind angetan hatte. Er klammerte wie ein hilfloses Kind an seinem besten Freund, so kannte man Cognac nicht, er würde sich nie so kindlich an jemanden klammern, Sêiichî schon. Es gab nur wenige Personen, die ihn so schwach erleben durften, denen er so sehr vertraute, damit er sich gehen ließ. "Takeshi!" Der Name kam voller Verachtung von Ryochi, auch wenn ein Zittern ihn durchfuhr und seine Stimme wackeln ließ. Musste der denn ausgerechnet wie sein Vater heißen? Wenn er jemanden hasste, dann diesen Kerl, der nicht nur seinen Bruder verprügelt hatte, er hatte ihn regelrecht gequält, so einer konnte unmöglich normal im Kopf sein. "Pinot und Teran lieben sich abgöttisch, pff, da können sie Klein-Sêiichî ja gemeinsam wehtun, zusammen mit dem ganzen dreckigen Rest, ich bin ja echt selbst schuld." Cognac machte immer einen auf Obermacker, hatte nie Angst, Sêiichî trug sie ständig mit sich herum. Ryochi war von Sorge förmlich zerfressen. "Wer ist alles hinter dir her?" fragte er leise, wie ein eingeschüchtertes Kind. "Teran und dein Mistkerl von Bruder sind nicht die Einzigen, nehme ich an..." Wie schlimm konnte es noch kommen? Waren Takeshis Psychopathen-Freunde etwa auch dabei? Der Schwarzhaarige zögerte, er wusste nicht, ob er es ihm wirklich sagen sollte, er wollte nicht, dass er noch mehr Angst um ihn hatte. Jetzt musste er wieder den Starken spielen, der er innerlich nicht war. "Bevor ich sterbe, bringe ich sie alle um, also keine Panik. Ich darf das, ich darf mich verteidigen." Er hasste es, wenn er das tun musste, aber ihm blieb keine Wahl, er konnte mit dem Morden nicht mehr aufhören, wenn man es ständig auf ihn abgesehen hatte. Natürlich durfte er das, er brauchte sich vor seinem Freund nicht rechtfertigen. Er vertraute ihm und wusste, dass er so etwas nicht zu seinem Vergnügen machte, sondern, um anderen zu helfen, wie gut, dass er auch an sich dachte und nicht nur an andere. Er selbst musste sich schließlich auch verteidigen. Gerade als Ryochi sich die Tränen wegwischte und erneut fragen wollte, wer denn nun alles mit Pinot gegen Sêiichî war, kratzte dieser sich an der Wange und legte einen verpeilten Blick auf. "Jetzt hast du dir doch nicht die nassen Haare abgetrocknet!" Was sollte das denn nun bedeuten? Verdutzt sah Ryo zu seinem Freund, bis er checkte, was dieser da betrieb. Er wollte ihm nicht sagen, wer alles dazu gehörte und kam ihm deswegen mit dem Handtuch? Nicht zu fassen. "An den nassen Haaren kratze ich schon nicht ab, mein Gott, ich will wissen, wen du mit den anderen gemeint hast. Also?" Seine Stimme war bedrohlich angehoben, er wusste, dass Ausreden nun nicht mehr zählten. Wenigstens weinte er nun nicht mehr, vielleicht würde er wieder damit anfangen, wenn man es ihm sagte? Um ihn zu schonen, suchte er nach Ausreden, hatte daraufhin auch gleich eine Idee. "Pinot ist mit den übelsten Leuten befreundet, was sonst? Alles, was in der Organisation als Mistkerl bekannt ist, ist doch mit dem befreundet. Ich habe keine Angst vor denen, das darf man nicht, dann geht man schnell drauf, die sind link wie sonst was." Er wollte doch bloß nicht, dass man sich Sorgen um ihn machte. "Ich wünsche mir, ich könnte dich da rausholen, euch zwei, ich weiß ja, dass es euch schlecht geht." "Sie kriegt man da so leicht nicht raus. Komm' mir nicht auf Ideen, mich lässt der auch nicht so einfach weg. Wenn man sich einmal hat benutzen lassen..." Dafür fühlte er sich wohl am meisten schuldig. Der Boss mochte Cognac, weil er so ein toller Mörder war, jetzt kam er gar nicht mehr los. "Nicht das auch noch. Und wenn du aufmuckst, geht es dir sehr schlecht, was?" "Bin ziemlich aufgestiegen, nachdem ich Silvaner umgelegt habe..." Er seufzte leicht. "Ich bin einer der Besten, na Freude. Darauf kann man sich echt was einbilden, wenn man böse ist, zumindest." Er bildete sich darauf nur zum Schein etwas ein, er war überhaupt nicht stolz auf seine Killerkarriere. "Und jetzt musst du Leute töten, echt gut gemacht, Sêiichî." "Keine Panik, er gibt mir nur spezielle Aufträge und... meistens lassen wir die Leute verschwinden, wenn sie nichts Böses getan haben. Wir sind da recht trickreich, aber wir müssen aufpassen. Und Pinot wird mich nicht verraten, er will mich weiterquälen." "Dieser Mistkerl." Armer Sêiichî, er hatte es echt gut getroffen. Jetzt war es Ryochi, der seinen Freund festhielt, er sollte wegen so etwas jetzt bloß nicht deprimiert werden. "Und ich heule hier rum, unfassbar." "Ist schon gut, ich komme klar, ich finde es nur furchtbar, wenn es dir so schlecht geht." "Mir geht es jetzt schon ein wenig besser, weil du da bist..." "Das freut mich. Auch wenn ich dir wohl kaum beide ersetzen kann..." Er seufzte leicht in sich hinein, währenddessen setzten sie sich endlich mal hin, nachdem sie die ganze Zeit vor der Couch gestanden hatten. Die Zeit stand still, so kam es beiden zumindest vor. Für ein paar Stunden hatten sie hoffentlich ihre Ruhe und konnten sich wieder ein wenig von den Strapazen erholen, auch wenn der Schmerz wohl nicht so schnell vergehen würde. Ruhe wurde ihnen wohl nicht gegönnt, denn keine 2 Minuten später - sie hatten gerade die Augen geschlossen und sich Entspannung gegönnt, da hörte man Sêiichîs Handy. ,Ich hätte es abstellen sollen.' Er rannte zum kleinen Tisch neben der Couch und nahm es vom Ladegerät. Die Melodie, die es spielte, kannte Ryochi nur zu gut. Warum erinnerte ihn andauernd etwas an zwei Menschen, die ihm abhanden gekommen waren? Wollte man ihn jetzt auch schon anfangen zu bestrafen? Sêiichî verdrehte die Augen. "Nichts Wichtiges", sagte er, ignorierte, dass jemand etwas von ihm wollte und schaltete es ab. "Der gleiche Klingelton", gab Ryochi daraufhin monoton von sich. "Wie bitte?" Sêiichî konnte damit nun echt nichts anfangen. "Du hast den selben Klingelton, wie Shina... hat", seufzte der Detektiv, so dass Sêiichî ebenfalls ein Seufzen von sich gab, das Handy wieder einschaltete und einen anderen Klingelton einstellte, damit ihn sein dummes Handy nicht andauernd an so etwas erinnerte. "Wusste ich nicht, ich weiß so gut wie nichts über euch Zwei." "Ist ja nicht so wichtig", er winkte ab und tat, als würde es ihm nichts ausmachen, doch das tat es. "Ich habe einfach kein Glück mit so etwas." Sêiichî setzte einen traurigen Blick auf. "Das denke ich nicht. So was ist eben Schicksal. Ich weiß jetzt gar nicht, was ich sagen soll." "Am besten nichts, es ist ja immerhin mein Bier. Wenn die beiden mich nicht hätten retten wollen.. dann..." Nicht schon wieder! Sêiichî rutschte an seinen Freund ran, lehnte sich etwas an seine Schulter. "Gib nicht immer dir die Schuld an so etwas." "Wieso nicht? Siori hat mich gefangengehalten und sie sind gekommen, weil sie mich befreien wollten. So war es, das weiß ich ganz genau!" Er verbarg sein Gesicht vor seinem Freund, legt den Kopf auf die Knie. "Wäre ich alleine klargekommen, dann wäre das alles doch gar nicht geschehen." "Dann wäre vielleicht irgendwas anderes passiert", kam vom Schwarzhaarigen mit einem Seufzen. Ryochi hatte wirklich außerordentliches Talent dafür, sich an allem schuldig zu fühlen. "Ja, dann wäre ich wenigstens nicht schuld." "Dann würdest du auch was finden, an dem du schuld sein könntest, ich kenne dich doch. Und jetzt hör endlich auf dich selbst fertig zu machen, du bist schon genauso schlimm wie Wataru." "Du würdest genauso denken, wenn einer deiner besten Freunde, nur deinetwegen in so einen Saftladen einsteigen würde und dann auch noch verschwinden würde. Weißt du wie schrecklich diese Ungewissheit ist? Was, wenn er irgendwo ist, und unsere Hilfe braucht? Diese Untätigkeit macht mich so was von krank, weißt du?" "Steiger dich da nicht rein, Ryo-chan. Sonst drehst du noch komplett durch. Denk einfach nicht mehr dran." Ihm gelang das doch auch halbwegs, wenn auch nicht ganz. "Außerdem braucht er sicher keine Hilfe, wenn er denn am Leben ist. Bisher hat er sich selbst helfen können, außerdem weiß selbst Carpanos Schwester nicht, wo er abgeblieben ist. Und jetzt kommt es, die ist auch mit Shina befreundet. Wenn sie keine Ahnung hat, dann auch sonst niemand. Außerdem bin ich sicher, dass Tatsuji nach ihm sucht. Wenn er Hilfe braucht weiß er das als erstes..." Hoffentlich war das wirklich so. "Toll. Den hat es auch zweifach getroffen, ich stelle mich vielleicht an. Ich sollte mit diesem Egoismus aufhören und was dagegen machen..." Der Detektiv hatte sich erhoben. "Jedenfalls nicht untätig rumsitzen." Sêiichî sprang nun auch auf und ging ihm nach. "Hey, warte mal, was meinst du denn damit jetzt?" Dass der Kriminalist gerade nicht im Geringsten wusste, was gespielt wurde, gefiel ihm überhaupt nicht. "Es wird Zeit, dass ich mich selbst verteidige..." Um Himmels Willen, jetzt war er wohl vollkommen am Durchdrehen. "Siori weiß sicher mehr, und wenn sie den Mund nicht aufmacht, wird ihr das sehr Leid tun." So kannte er ihn nicht und es gefiel ihm auch nicht, er sollte nicht aus Verzweifelung handeln. "Lass mich das machen..." "Wieso? Weil ich das nicht alleine hinkriege? Nein, nein, die Zeiten, in denen man mich bloß beschützt hat, sind vorbei. Kümmere dich um deine Angelegenheiten und lass mich das selbst regeln." "Kommt gar nicht in Frage, das lässt du schön sein!" Sêiichî stellte sich zwischen seinen Freund und die Tür. "Du kommst jetzt wieder runter. Er ist eingestiegen, weil du so weit weg wie möglich sein sollst. Du sollst dich nicht mit denen anlegen, also tu mir den Gefallen, ja? Ich bin ja noch da." Sollte Yuichi noch leben und sein Bruder machte solche Sachen, würde es am Ende noch Sêiichî treffen, er wollte nicht, dass er wieder einen Grund hatte, um wütend auf ihn zu sein, deswegen musste er es verhindern. "Geh mir jetzt aus dem Weg, du benimmst dich kindisch, Sêiichî. Ich nehme ja meine Waffe mit, nur zum Selbstschutz und ich verspreche dir, diesmal drücke ich ab, wenn es sein muss." "Nicht, Ryo, sag nicht so etwas." Solche Sachen wollte er nicht hören, er wollte verhindern, dass sein sauberer Freund jetzt auch noch auf Menschen schoss, das passte doch gar nicht. Aber wie sollte er ihn davon abhalten? Wenn der sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es durch, wogegen man wenig machen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)