Lebenslinien von Herzfinster ================================================================================ Kapitel 150: Letzte Worte ------------------------- Lebenslinien Kapitel 150 Autor: Herzfinster Disclaimer: Alle Charaktere und sämtliche Rechte an Naruto gehören irgendwem anders, jedenfalls nicht mir! Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeit zu Lebenden und Toten Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors. ~~~~~~~~~~ ~~~~~~~~~~ Sasuke strich sich mit beiden Händen das Haar zurück. Ihm war unglaublich heiß von der ganzen Anstrengung. Narutos Blick wanderte zwischen Sasuke und den übrigen Tänzern hin und her, die inzwischen durch neue, ausgeruhte Jugendliche ersetzt worden waren. Er konnte sich die Frage nicht verkneifen. "Was hast du denn da gemacht, Sasuke?" Langsam kam Sasuke wieder auf die Beine, doch noch immer fühlte er sich, als drehe sich die ganze Welt um ihn. "Das war... unglaublich." Im Nachhinein war es ihm schon ein wenig peinlich und er vermied es, Naruto anzusehen. Allerdings hatte er in seinem ganzen Leben auch noch nie so ein Gefühl gehabt. Wie fliegen... Einige Minuten sah Naruto ihn nur still an. Hatte Sasuke ihm denn nichts zu sagen? "Ich habe dich gesucht", begann er schließlich selbst das Gespräch. Sasuke hob den Blick zu den Sternen. "Damit bist du mir dann wohl zuvor gekommen", erwiderte er. Langsam gingen sie zum Festplatz zurück. Sasuke besorgte von der Schankwirtin zwei Becher mit diesem gelblichen Getränk, mit dem Naruto schon Bekanntschaft gemacht hatte, und reichte einen davon an seinen Freund weiter. "Was ist das für ein Zeug?", fragte Naruto und wollte eigentlich gar nicht davon trinken. "Honigwein", meinte Sasuke und kippte die Hälfte seines Bechers in einem Zug seine Kehle hinunter. "Wir sind viel zu Jung um uns zu betrinken", erwiderte Naruto, doch Sasuke schüttelte den Kopf. "Nicht in dieser Welt., Naruto..." Etwas abseits von all dem Lärm fanden sie einen Heuballen, den sie gleich als Sitzbank beschlagnahmten. Sie saßen mit dem Rücken zu einander und schwiegen. Dieses Wiedersehen war wohl von beiden Seiten anders erwartet worden, aber ihnen war auch klar, dass ein klärendes Gespräch folgen musste. Im Gegensatz zu Naruto wusste Sasuke allerdings schon ganz genau, was er sagen wollte. Er trank seinen Becher leer, was sein Magen protestierend hin nahm. Der Honigwein ging schnell ins Blut und vor allem in den Kopf. Da Sasuke sonst nie trank, benebelte das süße Zeug schon nach wenigen Minuten seinen Verstand. Absurde Ideen schossen ihm in den Kopf, aber er zwang sich, sich zu konzentrieren. "Ich gehe mit dir nach Konoha zurück", sagte er schließlich. Naruto hob den Kopf. Diese Aussage passte in keines der von ihm zurechtgelegten Szenarien. "Wie..?", war somit alles, was er daraufhin herausbrachte. Sasuke stellte seinen Becher vor sich auf den Boden, bevor er ihn vielleicht noch fallen ließ, und hielt sich fortan mit beiden Händen, jeweils links und rechts, an den Kanten des Heuballen fest. "Ich gehe mit dir zurück in unsere Welt und wir gehen nach Konoha", wiederholte er, "So ist das..." Naruto fühlte sich unwohl. Er merkte gar nicht, dass er seinen Becher schief hielt und der Honigwein vor ihn auf den Boden tröpfelte. "Und deine Pläne?", fragte er, "Was ist mit deinem Bruder? Und der Wahrheit, die du haben willst?" Sasuke atmete tief durch. "Die krieg ich schon... Irgendwie... Ich muss nur die richtigen Leute fragen." Sasuke versuchte dabei möglichst überzeugend zu klingen. Er spürte Narutos Anspannung und befürchtete, er könne ihm nicht glauben. Tatsächlich fragte Naruto sich, ob Sasuke dies nicht nur tat, weil er ein schlechtes Gewissen hatte. "Du bist betrunken..." Sasuke musste grinsen. "Total..." Nun grinste auch Naruto. "Kakashi-sensei wäre nicht stolz auf dich." "Vermutlich nicht." Naruto hatte ja keine Ahnung, was Sasuke in den letzten Jahren so alles getrieben hatte, worauf man nicht stolz sein konnte. "Der alte Ero-sennin sagt: Es gibt drei Begierden, die einen Ninja verderben können: Alkohol, Frauen und Geld." "Und geht dabei selbst als schlechtes Beispiel voran?" Naruto lachte. "Du weißt sicher schon, wo sich das nächste Portal befindet?", fragte er und drehte sich halb zu Sasuke um. Dieser hatte den Blick zum vollen Mond gehoben und starrte ihn wie hypnotisiert an. "Ist dir jemals aufgefallen, wie schön die Nacht ist?" "Was meinst du?" "Sie ist wie ein schöner Mantel, der sich über die narbige, hässliche Haut dieser Welt legt." Naruto dachte darüber nach. "Aber... nachts kann man die Welt doch gar nicht sehen." "Was siehst du denn im Sonnenlicht? Nur den Tod. Tote Menschen, tote Tiere, tote Bäume, tote Städte und Dörfer... Alles um uns herum stirbt... Du, ich, all diese Menschen hier. Deswegen tanzen sie wie irr den Totentanz. Sie fühlen sich lebendig dabei. Wer tanzt, der stirbt nicht!" Plötzlich stand Naruto vor ihm und legte Sasuke die Hände auf die Schultern. "Sag mal... wie viel von diesem Honigwein hast du schon getrunken?" Sasuke schüttelte den Kopf. So ganz genau erinnerte er sich daran auch nicht. Mindestens drei Runden hatte er mit ihnen getanzt, immer wenn die Musik danach war, und jedes Mal hatten davor und danach diverse Becher ihre Runde gemacht. "Du solltest schlafen", meinte Naruto, "Wir reden morgen weiter, okay?" Sasuke nickte langsam. "Ja, das ist besser..." Erst am späten Vormittag kam Sasuke wieder zu sich und wünschte sich sofort, er wäre nicht erwacht. Wie viele andere Gäste des Festes fand er sich auf einer Wiese wieder, welche mit Heu bedeckt worden war. Hier hatten die Dorfbewohner einfach alle abgelegt, die nicht mehr in der Lage waren, ihr eigenes Bett zu finden. Das leise Stöhnen und Schnarchen von beinah hundert Menschen lag in der Luft, ebenso noch der Geruch des Feuers, von Alkohol, Schweiß und anderen Körperflüssigkeiten. Irgendjemand robbte sich über Sasuke hinweg und blieb neben ihm liegen. Als er sich umdrehte, sah er ein halbnacktes Mädchen neben sich liegen. Das war wirklich eine wilde Party... Sasuke setzte sich auf und beinah sofort wurde ihm der Inhalt eines Wassereimers ins Gesicht geschüttet. "Guten Morgen!", rief Naruto und zog Sasuke auf die Beine. Er schubste ihn vor sich her bis sie das Ufer des Sees erreicht hatten. Hinter ihnen waren die Aufräumarbeiten in vollem Gange. "Die Leute hier können froh sein, dass dieses Fest nur einmal im Jahr gefeiert wird", meinte Naruto, "Hier sieht es aus, als wäre eine Bande Piraten über das Dorf hergefallen." Erneut füllte er den Eimer mit Wasser und schüttete es seinem Freund über den Kopf. "Muss das denn sein?", beschwerte sich Sasuke und strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht. "Ja", erwiderte Naruto, "Du stinkst wie eine Horde besoffener Schweinehirte." So fühlte sich Sasuke allerdings auch. Außerdem hatte er keine Ahnung, was gestern Nacht noch so alles passiert war. Nach und nach kamen auch die anderen wieder erwachten Feststeilnehmer von der Wiese zum See und ließen sich, teils bekleidet teils nackt, einfach ins Wasser fallen. Sasuke beschloss ihnen zu folgen. Vielleicht fühlte er sich danach ja wieder ein wenig mehr wie ein Mensch und nicht wie ein Weinfass. Naruto hatte es geschafft für sie beide ein passables Frühstück zu besorgen. Auch wenn Sasuke so aussah, als wolle er nie wieder etwas essen. Aber wenigstens war er wieder nüchtern und ansprechbar. "Und in welche Richtung müssen wir gehen um zu diesem Portal zu kommen?", griff Naruto das Gespräch vom Vorabend wieder auf. Sasuke leerte langsam seine Teetasse und stellte sie neben sich ab. "Auf die andere Seite des Flusses", erwiderte er, "Zu einem Tempel oder etwas ähnlichem." "Hn... Da drüben ist ein Kloster. Meinst du das?" "Naruto, hör zu, ich habe noch etwas zu erledigen..." "Okay, wir müssen ja nicht sofort losgehen. Wir brauchen noch Proviant und...." "Nein, nein!" Sasuke hob die Hand um Naruto zum Schweigen zu bringen. "Ich muss wirklich noch etwas regeln, ja?" Er nahm das Armband und zeigte Naruto die Projektion des Portals. Es war ein kleiner Pavillon, wie sie zu hunderten auf dem Klostergelände standen. Aber dieser hier war einzigartig. Als einziger war er dem göttlichen Sohn in seiner Gestalt vor seinem Tod geweiht. "Wir treffen uns da. In drei Tagen." Mit äußerster Skepsis sah Naruto seinen Freund an. "In drei Tagen?" Sasuke nickte. "Drei Tage. Ich kann nicht einfach abhauen ohne... etwas geklärt zu haben. Und dann gehen wir nach Konoha." Schließlich gab Naruto sein Einverständnis. Auch wenn er insgeheim fürchtete, dass Sasuke ihn vielleicht doch nur hinters Licht führte. Drei Tage also... Naruto besorgte sich Proviant für drei Tage und machte sich gegen Mittag auf den Weg. Von Seekette aus führte am Fluss entlang ein direkter Weg zum Kloster hinüber. Er war kürzer als der Weg entlang der Berge und angenehmer als der Weg durch die Sümpfe. Sasuke blickte ihm noch eine Weile nach bevor er sich aufmachte. Ogami war bereits aufgebrochen zu ihrem nächsten Ziel, welches sie gemeinsam gehabt hätten. Ein Dorf namens Beidseiten (da es sich zu beiden Seiten des Flusses erstreckte). Es war gerade mal eine Stunde Fußweg von Seekette entfernt. Noch immer nass machte sich der junge Shinobi auf den Weg ins Nachbardorf. Die Sonne trocknete auf dem Weg sein Haar und zum Teil auch seine Kleider wieder, doch auf der trockenen Straße blieb dafür eine Unmenge an Staub an ihm kleben. Als Sasuke schließlich in Beidseiten ankam sah er aus als habe er versucht den Fluss zu Fuß zu überqueren und wäre dabei maßlos gescheitert. Wie erwartet fand er Ogami in einem Teehaus in Begleitung einer Dame vor. "Das Fest war wohl doch ein bisschen zu viel für dich", meinte er nur, als er Sasuke sah. Der Junge ging nicht darauf ein, sondern legte seinen Beutel auf den Tisch. Schweigend packte er alle Dinge aus, die er für Ogami die ganzen Jahre durch die Gegend getragen hatte, behielt nur seine wenigen persönlichen Habseligkeiten und den Geldbeutel. "Ich steige aus", sagte er schlicht. Ogami sah Sasuke lange an. "Willst du dich selbstständig machen?", fragte er schließlich, "In diesem Falle sollten wir über ein Wettbewerbsverbot nachdenken. Ich kann es mir nicht leisten, dass du mir meine Klienten abspenstig machst." "Das habe ich gar nicht vor." Ogami schob all die Dinge auf dem Tisch zur Seite und beugte sich vor. "Und was dann? Willst du deinen Anteil nehmen um deine kleine Nutte freizukaufen und dich mit ihr niederzulassen? Schlag dir das aus dem Kopf. Solche Weiber bringen nur Unglück." "Ich gehe zurück in meine Heimat", antwortete der Junge, "Mehr braucht dich nicht zu interessieren." Der Mann nickte und für einen Moment wirkte er unglaublich alt und müde. "Nachhause zurück willst du also. Wieder Shinobi sein, ja? Nach all der schmutzigen Arbeit... Ist dir dein Gewissen zu schwer geworden, Junge?" "Denk nicht, ich wäre dir nicht dankbar für die Lehrjahre mit dir", erwiderte Sasuke, "Aber es ist nicht mein Schicksal als dein Handlanger zu arbeiten bis an dein oder mein Ende. Hier trennen sich unsere Wege, Ogami. Ich muss zurück." "Um dein Schicksal zu erfüllen?" "Vielleicht." Ogami ergriff einen der Dolche, welche zwischen all den Dingen auf dem Tisch lagen, und deutet damit auf den Jungen. "Und was ist dein Schicksal? Ich sage es dir: der Tod. Deine Kameraden werden dich nicht wieder aufnehmen, im Gegenteil. Du wirst dort noch mehr ein Gejagter sein als hier. Vogelfreie Shinobi die von Shinobi gejagt werden leben nicht sehr lange." Sasuke schlug ihm den Dolch aus der Hand noch bevor Ogami bemerkte, dass er sich überhaupt bewegt hatte. "Hör zu: Die letzten Jahre waren nur ein kleiner Umweg auf dem Pfad, der mir bestimmt ist. Und wenn ich am Ende nur den Tod finde, dann soll es eben so sein. Aber ich bleibe nicht stehen und verkrieche mich davor." Eine Weile sahen sie einander an. Die Hure an Ogamis Seite war längst davongelaufen. Schließlich griff Ogami in seine Tasche und nahm seinen Geldbeutel heraus. Er legte einige Münzen auf den Tisch. "Dein Anteil. Abzüglich Lehrgeld, wenn du so willst. Und jetzt verschwinde. Wenn ich dein Gesicht hier noch mal sehe, dann hetze ich dir die Samurai des Fürsten auf den Hals." Beide wussten, dass dies eine völlig sinnlose Drohung war. Doch Sasuke nahm das Geld an sich und kehrte Ogami den Rücken. Meister und Schüler hatten einander nichts weiter zu sagen. Aber das war nur der einfachste Teil von dem, was Sasuke vor seiner Rückkehr noch zu tun hatte. Der schwierigere Part würden seine vielleicht letzten Worte sein. Von einem alten Ehepaar kaufte er zu einem wahrlichen Wucherpreis eine ganze Reihe von kleinen Schriftrollen mit Blankopapier, Pinsel, Schale und einen Tuschestein. Sieben Schriftrollen. Wie sieben Sünden, die er beging. Von seinem restlichen 'Lohn' besorgte er sich neue Kleider und ein Zimmer für die Nacht. Stundenlang saß er über das Schreibpult gebeugt vor dem leeren Papier und dachte über das nach, was er zu sagen hatte. Jede Schriftrolle hatte er außen mit einem Namen versehen. Sakura, Kakashi, Naruto, Ino, Hinata, Rock Lee, Tsunade. An sie wollte er diese letzten Worte richten. Vielleicht war es das letzte Mal, dass er die Möglichkeit hatte, ihnen etwas zu sagen. Doch sein Kopf war vollkommen leer. Nicht ein einziges Wort konnten seine Gedanken formen. Sasuke wusste, was er sagen wollte. Die Botschaft war bereits in seinem Kopf vorhanden. Aber es war, als wolle man aus Stroh Gold spinnen. Er wusste nicht einmal, mit welcher Form von Anrede er seine Briefe eröffnen wollte. Nichts erschien Sasuke passend. Als er letztendlich zu seinem Pinsel griff, war es bereits tiefschwarze Nacht. Doch als er ihn erst einmal in der Hand hielt, schien ein Bann gebrochen. Er schrieb Zeile um Zeile, kritzelte die Schriftrollen komplett voll in der winzigsten Schrift, welche ihm der Pinsel erlaubte. Schließlich passte nur noch eine knappe Unterschrift auf das Papier und er legte den Pinsel wieder weg. Ein seltsames Leuchten umfing dabei seine Hand. Etwas verwirrt, woher denn all das Licht plötzlich kam, wandte er sich dem Horizont zu. Die Sonne ging bereits auf und das Leuchten war nur die Morgenröte, die seine bleiche Hand mit rotem Schein bedeckt hatte. Die ganze Nacht hatte er seine Briefe geschrieben. Umringt von Papierschlangen kniete er am Schreibpult und rieb sich das Handgelenk. Naruto saß auf den Stufen des Pavillons und wartete. Er wartete schon den ganzen Tag auf Sasuke. Im Nachhinein hätten sie vielleicht eine konkretere Zeit ausdenken sollen als nur 'drei Tage'. Wie er sein Glück kannte, würde Sasuke erst kurz vor Sonnenuntergang hier auftauchen. Und es war gerade mal Mittag. Naruto vertrieb sich die Zeit damit, auf einer Flöte zu spielen, welche einer der Musikanten auf dem Fest wohl verloren hatte. Oder vielmehr versuchte er, auf ihr zu spielen, denn von Musik hatte er überhaupt keine Ahnung. Seine Versuche allerdings waren wohl noch weit hin zu hören. Ziemlich lange saß Naruto so da und 'spielte' ein Lied, welches er sich bei den Spielleuten abgeschaut hatte – oder was er für dieses Lied eben hielt. "Was hat die Flöte denn verbrochen, dass du sie so quälst?", unterbrach ihn dann doch eine Stimme. Sasuke stand vor ihm. Wortlos reichte Naruto ihm die Flöte. Sasuke drehte sie zwischen seinen Fingern, wischte sie an seinem Ärmel ab und begann zu spielen. Es war nicht das Lied der Spielleute, noch sonst etwas, was Naruto jemals gehört hatte. Es war eine seltsam schlenkernde Melodie, kraftvoll und beunruhigend in ihrem Klang. Wie eine Beschwörungsformel. Nach wenigen Takten reichte Sasuke die Flöte an Naruto zurück. "Ein eigenwilliges Instrument", meinte er. Naruto betrachtete die Flöte. "Hast du alles erledigt?", fragte er dann. Sasuke nickte. "Nach bestem Wissen und Gewissen?" "Ich glaube es. Aber wer weiß das schon?" Naruto stand auf. "Und wir gehen wirklich zurück?" Er sah Sasuke in die Augen, doch wie immer konnte er darin nichts lesen. "Wir gehen zurück", sagte der Shinobi und trat an Naruto vorbei die Stufen zum Pavillon hoch. In seiner Mitte erhob sich eine kupferne Statue. Ein junger Mann in der Kleidung eines Kriegers. Er hielt sein Schwert mit beiden Händen, als wolle er es in die Erde stoßen. Sein Blick war voller Zorn. Sasuke fragte sich, welche Gottheit dies wohl darstellen sollte. Und welcher Kult sich darum rankte. Vielleicht ein Kriegsgott? Naruto trat neben Sasuke und sah ihn erwartungsvoll an. Er schenkte der Statue keinerlei Beachtung. Er hatte sie schon oft gesehen und sich so seine Gedanken darüber gemacht. "Und was müssen wir jetzt tun?" Sasuke berührte mit der Hand den Stein des Armbands um das Portal zu öffnen. Doch nichts geschah. "Öhm... ja...", meinte Naruto, "War wohl nix." "Vielleicht... ist ja die Statue das Portal", spekulierte Sasuke und legte eine Hand auf den Unterarm des Kriegers. Wieder geschah nichts. Naruto begann nun, die Statue abzutasten, welche dies ungerührt über sich ergehen ließ. Am Ende versuchte er sogar, dem Göttersohn sein Schwert zu entreißen, ohne Erfolg. Reichlich entnervt baute sich Naruto vor der Statue auf und starrte sie an. "Was sollen wir denn tun, he?", fragte er und stemmte die Hände in die Hüften, "Dir ein Opfer bringen? Eine Zauberformel aufsagen? Beten? Tanzen?" Eine Antwort bekam er natürlich nicht. Schließlich breitete er die Arme aus wie zu einer Beschwörung. "Abra Kadabra!" Sasuke setzte sich zu Füßen der Statue auf den Sockel und sah seinen Freund etwas verzweifelt an. "Das ist doch nicht dein Ernst..." "Fällt dir etwas Besseres ein?" "Als würde es die Statue interessieren, was du da sagst..." Sasuke stützte sich mit den Händen auf dem steinernen Sockel ab. Naruto ließ sich aber nicht beirren und hantierte weiter an der Statue herum. Missmutig nahm er dabei zur Kenntnis, dass die Sonne langsam aber sicher unterging. Er hatte keine Lust die Nacht hier zu verbringen und bei Kerzenschein weiter nach einer Lösung für ihr Problem zu suchen. "Okay... letzter Versuch", meinte er dann und legte seine Hände auf diejenigen der Statue, umfasste mit ihr so gemeinsam das erhobene Schwert. Naruto ließ sein Chakra in seine Hände fließen. Sasuke beobachtete ihn dabei aufmerksam mit Sharingan. Im Abendrot hatte das Bild etwas Episches an sich. Doch mit einem Mal schoss das gebündelte Chakra durch die Klinge des Schwertes und schlug wie ein Blitz im Boden ein. Sasuke konnte gerade noch seine Hand wegziehen, bevor die Energie sie durchbohrte. Naruto riss sich von der Statue los und taumelte zurück. "Pass doch auf!", fuhr Sasuke ihn an. "Das war ich gar nicht! Das war... er ganz allein!" "Wieso leitet diese Figur Chakra? Die ist doch gar nicht dafür gemacht..." Sasuke wollte die Statue berühren, als der Göttersohn sich plötzlich bewegte. Die kupferne Hand der Statue umfasste Sasukes Handgelenk und hielt ihn fest. "Sasuke!" Naruto wollte ihm helfen sich zu befreien, doch so fest er auch zog und zerrte, die Statue gab nicht nach. Dafür spürte Sasuke, wie ihm schwindelig wurde. Sein Chakra entwich seinem Körper und ein erneuter Blitz fuhr in das Schwert und in den Boden. Wie eine Welle breitete sich die Energie unter ihnen aus und bildete einen Strudel. Die Statue ließ von dem Jungen ab und augenblicklich gab der Untergrund nach. Das Gefühl des Fallens dauerte nur einen kurzen Moment an. Die Dunkelheit umschloss Naruto wie eine Decke und beinah war es so, als würde er langsam zu Boden schweben. Seltsamerweise musste er plötzlich überhaupt nicht mehr atmen. Aber das machte nichts. Er fühlte sich auch so unglaublich gut. Eine angenehme Wärme stieg von unten zu ihm hoch und ein Gefühl, als würden ihn tausend Hände gleichzeitig auffangen, durchströmte ihn. Naruto konnte sie spüren, tausende Menschen um sich herum, oder eher die Energie von Menschen, ihr Bewusstsein, ihre Gedanken. Die Hände hoben ihn hoch, warfen ihn in die Luft und Naruto wurde wie von einer Welle getragen. Er fühlte sich, als würde er zwischen Leben und Tod stehen, in einem Zustand weitab von beidem. Doch es war ein gutes Gefühl. Völlig berauscht ließ er sich von ihm forttragen. Sasuke ging es ganz ähnlich, nur dass ihn die Hände nicht weitertrugen, sondern in ihre Mitte nahmen. Sie umringten ihn, forderten ihn auf, sich ihnen anzuschließen. Und er hatte mit einem Mal das gleiche Gefühl wie auf dem Dorffest. Sein Bewusstsein löste sich von seinem Körper, stieg hoch empor und zerbarst wie ein Stern. Die Bruchstücke seines Ichs wirbelten umher und wurden eins mit all den Splittern der anderen Bewusstsein um ihn her. Alles drehte sich in einem wunderbaren Rhythmus. Sasuke spürte sich selbst, er spürte all die anderen Menschen um sich herum, er spürte die Musik in sich und sich selbst in der Musik. Die Melodie wurde zu seinem Herzschlag und sein ganzes Denken bestand nur noch aus diesem Lied. Alles wurde zu einem Wirbel, der die tausend Scherben seiner Seele aufsaugte und in das weiße Licht schleuderte. Das Leuchten implodierte und Sasuke sah den Himmel über sich. Ein strahlendes Blau, blendend hell. Doch er fiel nicht. Nein, er schwebte einfach. Aber nur für einen Moment, dann riss ihn irgendetwas nach unten. Es war kein Fall. Es fühlte sich nicht wie ein Sturz an. Noch bevor Sasuke ein Wort dafür gefunden hatte, war es auch schon wieder vorbei. Sasuke riss die Augen auf. Es war dunkel und er konnte nicht atmen. Dann begriff Sasuke, dass er unter Wasser war. Oder vielmehr lag er einfach nur bäuchlings am seichten Ufer irgendeines Gewässers. Sasuke stemmte sich mit den Armen hoch und sein verzerrtes Spiegelbild im Wasser glotzte ihn blöde an. "Von allen möglichen Punkten in unserer Welt müssen wir ja unbedingt hier landen", hörte er Narutos Stimme hinter sich, "Im Wasser..." Der blonde Junge saß bis zur Hüfte im Wasser blickte seinem restlichen Proviant nach, der unweit von ihnen gluckernd unterging. "Hast du irgendeine Ahnung, wo wir hier sind?" Sasuke stand auf und sah sich um. Das Portal hatte sie in einem tiefen Tal umgeben von hohen Felswänden wieder freigegeben. Ein Wasserfall fiel auf der gegenüberliegenden Seite des Sees an die hundert Meter in die Tiefe, flankiert von zwei gigantischen Skulpturen. "Ich glaube... wir sind an der nördlichen Grenze von Hi no Kuni", meinte Sasuke. Naruto sprang aus dem Wasser auf einen Felsvorsprung. "Oh... So weit weg?" "Wenigstens sind wir wieder in unserer eigenen Welt. Das ist doch ziemlich nahe." "Auch wahr." Beide Jungen kletterten die Felsen hinauf bis sie das Tal verlassen hatten. Von dort oben konnte man kilometerweit das Land überblicken. Naruto blieb stehen und ließ den Anblick auf sich wirken. In ihrer Welt war die Sonne gerade erst richtig aufgegangen und hüllte sie beide in ihr warmes Licht. "Wir sind zuhause", sagte Naruto mit leiser Stimme. Sasuke glaubte, dass Naruto gleich vor Freude anfangen würde zu weinen und wollte etwas sagen, doch da rannte der Junge auch schon los. Naruto sprang über Felsen und Buschwerk und rannte, bis er den Wald erreichte. Erst dort blieb er stehen, riss beide Arme in die Luft und schrie aus voller Kehle: "Wir sind wieder da, verdammt!!!" Sofort rannte er weiter. Sasuke lief ihm hinterher so schnell er konnte, schaffte es aber nur mit Mühe, Naruto einzuholen. Sein Freund wollte offenbar so schnell wie möglich wieder in ihr Dorf zurück. Dabei waren sie vier Jahre fort gewesen und auf ein paar Minuten kam es wirklich nicht an. Je näher sie Konoha kamen, desto unwohler wurde Sasuke. Er wusste ganz genau, was er zu tun hatte und wann. Doch der Gedanke schmerzte ihn viel mehr, als er sich jemals hätte vorstellen können. Am liebsten hätte er alles einfach aufgegeben und nie wieder darüber nachgedacht. Aber dann kamen ihm Ogamis Worte wieder in den Sinn. Und Konoha war schon fast in Sichtweite. "Naruto, warte mal kurz!", rief Sasuke ihm zu und blieb stehen. Naruto hielt an und drehte sich um. "Was ist denn los?" "Mach doch mal ein bisschen langsamer... Oder sollen sie uns durch das Tor tragen?" Naruto lachte. "Ach komm, man erwartet uns bestimmt schon. Je schneller wir da sind, desto besser!" Sasuke schüttelte den Kopf. "Wir sind seit Jahren verschwunden. Ich denke nicht, dass ausgerechnet heute ein Empfangskomitee auf uns wartet. Außerdem können wir nicht einfach so das Dorf stürmen wie die Wilden." Naruto musterte sein Gegenüber nachdenklich. "Stimmt was nicht, Sasuke?" "Nein, es ist nur... ein seltsames Gefühl, plötzlich wieder hier zu sein. Wieder in mein Leben zurückzukehren." Naruto nickte verstehend. "Ja, ich weiß. Aber dafür haben wir uns doch bis hierher gekämpft, oder nicht? Du und ich." "Ja, du und ich..." Sasuke legte einen Arm um die Schultern seines Freundes und blickte in Richtung Konoha. "Das wird uns bestimmt niemand glauben." "Was denn?" "Alles... Die Schlacht um Konoha, die Chu-Nin-Prüfung, die Androiden... All die verrückten Dinge." "Ja, gut möglich..." "Ich würde es auch nicht glauben können." Sasuke wusste, dass es jetzt an der Zeit war. Jetzt ließ er sein altes Leben endgültig hinter sich. Auch wenn es unsagbar schmerzhaft war. "Naruto... Das alles tut mir wahnsinnig Leid." "Was passiert ist?", hakte Naruto nach. Sasuke schüttelte den Kopf. "Was passieren wird." Naruto wollte den Blick zu Sasuke wenden, als ihn irgendetwas hart im Nacken traf. Sasuke fing den leblosen Körper auf und legte Naruto vorsichtig auf dem Boden ab. "Ich weiß, dass du mir das nie verzeihen wirst. Aber ich muss es tun." Er öffnete seine Tasche und zog einen schwarzen Beutel heraus. Darin befanden sich die sieben Schriftrollen mit den Briefen. Sasuke starrte das Päckchen eine Weile an, legte es schließlich Naruto in die Hände. "Und ich weiß auch, dass das wirklich keine ausreichende Erklärung ist." Erneut griff Sasuke in seine Tasche und nahm etwas heraus, was er ebenfalls aus einer anderen Welt mitgebracht hatte. Hoffentlich funktionierte es noch nach ihrer Landung im Wasser. Sasuke atmete tief durch und nahm es in beide Hände. Sobald er dies getan hatte, musste er so schnell er konnte verschwinden, bevor die Konoha-Nin hier auftauchten. Sie waren bereits so nah am Dorf, dass es einfach jemand sehen bzw. hören und Alarm schlagen musste, obwohl es mitten am Tag war. Zischend stieg die die Leuchtrakete senkrecht in den Himmel empor und explodierte in einer roten Wolke. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)