Giftseide von Hotepneith (Lord Sesshoumaru ermittelt) ================================================================================ Kapitel 1: Der Auftrag ---------------------- Hallo, ich habe versucht, eine ein bisschen andere story zu schreiben, einen reinen Ermittlerkrimi. Die Hinweise bekommt ihr genauso wie der Detektiv...in diesem Fall also ein halbwüchsiger Sesshoumaru. Viel Spass beim Raten. Und denkt dran: zu glauben, zu wissen WER, genügt sicher nicht. Mittel, Gelegenheit und Motiv sind es. 1. Der Auftrag Leises Schwerterklirren war zu hören. Ein neugieriger Beobachter hätte auf dem Übungsplatz des Schlosses zwei Männer miteinander kämpfen sehen. Beide hatten die Oberkörper entblößt, was verriet, dass dies hier nur ein Trainingskampf war. Einer der beiden war deutlich älter als der andere, mochte an die vierzig Jahre sein. Seine Haare waren schwarz und hinten zu einem Zopf zusammengebunden. Den anderen hätte ein menschlicher Beobachter vielleicht auf 16 oder 17 geschätzt, wenn er sich nicht über die unübliche weiße Haarfarbe gewundert hätte. Ein zweiter Blick hätte dann den Eindruck bestätigt, dass die Ohren zu spitz für einen Menschen waren, die Streifen an den Handgelenken und im Gesicht ebenso eine ganz andere Gattung verrieten. Der Jüngere war eindeutig ein Dämon. Und damit sicher auch älter als die scheinbaren Jahre. Der ältere allerdings war ebenso eindeutig ein Mensch. Dieser sprang jetzt zurück: "Nein, junger Herr. So geht das nicht. Ihr setzt schon wieder nur mehr Eure Körperkraft ein." "Willst du mich tadeln?" "Ich muss sogar. So lautet der Befehl Eures Herrn Vaters." Das war seinem Schüler bewusst: "Nun gut. Welchen Fehler soll ich begangen haben?" "Ihr sollt vergessen, dass Ihr ein Dämon seid und ich ein Mensch. Konzentriert Euch nicht auf Kraft, sondern auf Technik. Eines Tages werdet Ihr Dämonen gegenüberstehen, die Euch an Kraft...nun...annähernd erreichen werden." Er kannte den Schwachpunkt seines Schülers. "Und wenn ihre Technik dann besser ist, geratet Ihr in Gefahr." "Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand mir gefährlich werden kann." Der Trainer seufzte leicht: "Lord Sesshoumaru, das solltet Ihr nie denken. Es gibt für alles ein erstes Mal." Der junge Dämon überlegte kurz, was sein Vater sagen würde, erlitte sein Schwertlehrer einen Unfall. Aber dieser würde ihm das kaum glauben. Und Vaters Wort war für Sesshoumaru Gesetz. So antwortete er nur: "Dann zeig mir die Technik noch einmal." "Wie Ihr wünscht. Greift mich noch einmal so an wie zuvor...aber langsam. Genau. Und wenn ich nun mit meinem Schwert hier entgegenkomme, die Klinge leicht drehe..." Sesshoumaru spürte überrascht, wie er nur dank seiner körperlichen Überlegenheit noch seine Waffe in der Hand behalten konnte. "Ich verstehe. Dann greif mich nun an." Der Trainer gehorchte, bemerkte, wie sein Schüler den neuen Trick diesmal bewusst einsetzte. Seine Klinge flog gut fünf Meter weit. Er rieb sich ein wenig die schmerzende Hand, als er hinüberging: "Ja, das war es, junger Herr. Ihr lernt rasch." "Verzeiht, Lord Sesshoumaru!" Ein Dämon, dessen Kleidung einen Diener verriet, war am Rand des Übungsplatzes aufgetaucht: "Ihr sollt sofort zum Taishou kommen." "Ja." Der Dämonenprinz blickte zu seinem Trainer: "Dann war es das für heute." "Wie Ihr wünscht..." Der Schwertmeister hütete sich, seine Erleichterung zu erkennen zu geben. Er würde sein Handgelenk jetzt erst einmal stundenlang kühlen dürfen. Er hatte den Ruf an den Hof des Herrn der westlichen Länder schon ungern befolgt, aber alle hatten ihm versichert, dass Inu no Taishou, der Herr der Hunde, kein Monster war. Allerdings hatte ihm niemand gesagt, dass der Sohn des Hauses für Menschen nicht gerade viel übrig hatte. Aber man musste Sesshoumaru eines zugestehen: was sein Vater wünschte, war für ihn oberstes Gebot. Und so trainierte er auch mit dem Menschen, ließ sich von ihm kritisieren. Der Trainer war sicher, dass sein Schüler schon einige Male daran gedacht hatte, ihn zu töten. Sesshoumaru hatte sein Schwert in den Gürtel geschoben und sich zum Rand des Übungsplatzes begeben, wo seine Oberbekleidung auf einem Pfosten hing. Heute hatte ihm dieser Mensch einmal wieder etwas ganz Nützliches gezeigt. Warum nur hatte ihm Vater keinen Dämon als Schwertlehrer zugeteilt? Aber es wäre undenkbar gewesen, den mächtigen Anführer aller Hundedämonen danach zu fragen. Als er über den Hof in das Schloss ging, bemerkte er mit innerer Zufriedenheit, wie alle Diener rasch an die Wände wichen, wenn sie etwas trugen, sich ansonsten tief vor ihm verneigten, seien sie Dämonen oder Menschen. Er war sich seiner Stärke und Macht voll bewusst - und er erwartete von anderen Wesen, vor allem, wenn sie so primitiv wie Menschen waren, Gehorsam und Respekt. Falls er den nicht bekam, brachte er für gewöhnlich es ihnen eigenhändig bei. Es war allerdings schon einige Male passiert, dass jemand diese Lektion nicht überlebt hatte. Sein Herr Vater hatte ihn daraufhin ermahnt, mit dem Personal nicht so hart umzuspringen. Sein Sohn hielt sich daran. Aber die meisten fürchteten ihn nichts desto weniger. Er wusste allerdings auch um seinen Platz in der Welt und so verneigte er sich höflich, als er das Arbeitszimmer seines Vaters betrat. Dieser saß mit einem anderen Dämon auf dem Boden und betrachtete etwas, dass ein Ballen Seide und ein Häufchen Asche war. Der zweite Besucher war Yuki, der zuständig war für die Organisation des Haushaltes, der Haushofmeister. Inu no Taishou sah auf: "Schön, dass du so schnell dein Training unterbrechen konntest, Sesshoumaru. Nimm Platz." Sein Sohn gehorchte überrascht. Was sollte das hier? "Yuki hat etwas sehr...Interessantes entdeckt." Sesshoumaru warf dem Haushofmeister einen etwas finsteren Blick zu: Was sollte das? Warum hatte man ihn geholt? Um sich Seide anzusehen? War er ein Mädchen? Yuki schob ihm das Gewebe zu: "Hier, junger Herr. Fällt Euch an diesem Ballen etwas auf?" Der Prinz betrachtete den Stoff genau. Da ihn sein Vater fast gespannt musterte, nahm er ihn sogar zwischen die Finger. Aber es änderte sich nichts. Für ihn war das einfach Seide. So sah es aus, so fühlte es sich an, so roch es. Ein wenig gereizt blickte er zu Yuki: "Und? Das ist Seide." Dieser sah zum Schlossherrn: "Dies finde ich besser als eine langatmige Erklärung. Selbst Ihr oder Euer Sohn könnt es so nicht wahrnehmen." "Was?" knurrte Sesshoumaru, bemerkte den tadelnden Blick seines Vaters und zwang sich zur Ruhe: "Was ist so besonders an dieser Seide?" "Sie tötet." Der Haushofmeister sagte es sachlich. "Wie bitte?" Hatte der seinen Verstand verloren? Seide, die tötet? Gewöhnliche Seide...nun, nicht ganz gewöhnliche, aber immerhin trugen sie sie seit Jahrhunderten. "Vor drei Tagen gab es ein Feuer im Lager, bei dem einige Seidenballen verschmorten oder zumindest beschädigt wurden", fasste Yuki zusammen, der seinen Bericht schon einmal ausführlich seinem Herrn gegeben hatte: "Ich gab einer Dienerin, einer Dämonin, den Auftrag diese Ballen zu entsorgen. Sie tat das, in dem sie sie abseits verbrannte. Dabei berührte sie diese Seide, auch in ihren verschmorten Teilen mit den Händen. Einige Stunden später klagte sie über heftige Schmerzen, fiel innerhalb kurzer Zeit in die Bewusstlosigkeit und starb. Da ihre Schmerzen an den Händen begonnen hatten und sich dort auch große Flächen der Haut abgelöst hatten, prüfte ich, was sie alles berührt hatte. Es war nichts Ungewöhnliches gewesen, nur Dinge, die alle angefasst hatte. Mit Ausnahme der Seide. So untersuchte ich sorgfältig alle Seidenballen, die wir noch im Lager hatten, auch die Asche der zerstörten. Zunächst fand ich nichts. Aber dann erkannte ich in der Asche die Überreste eines Giftes, das für Dämonen in hoher Konzentration tödlich ist. Es wurde offensichtlich aus keinem Lebewesen, keiner Pflanze, keinem Tier aber auch keinem dämonischen Wesen hergestellt. So suchte ich weiter und fand schließlich auch in der Seide winzige Spuren dieses Giftes. Allerdings gewiss um das tausendfache schwächer. Hätte ich nicht gewusst, wonach ich suche, hätte ich es nie gefunden. Ich möchte Euch nicht mit der Mühe der chemischen Prüfung langweilen." "Gift, das Dämonen tötet? Aber wer..?" "Hör Yuki zu Ende an", mahnte die ruhige Stimme des Schlossherrn. Der Dämonenprinz zwang sich erneut zur Ruhe. Er durfte keine voreiligen Schlüsse ziehen, ehe er alle Informationen hatte. Der Haushofmeister fuhr fort: "Berührt ein Dämon diese Seide, indem er sie trägt, wird er langsam, über Jahrzehnte, Jahrhunderte, vergiftet, endet aber schließlich mit absoluter Sicherheit in einem qualvollen Tod. Nur durch den Zufall, dass die Seide verbrannte und so die Giftmenge radikal angestiegen war- und die arme Keiro starb- gelang es mir, diesen hinterhältigen Anschlag zu erkennen. - Und bevor Ihr fragt, junger Herr: das Gift war in keinem der Ballen, die wir noch vom letzten Jahr übrig hatten. Nur die Lieferung dieses Jahres war betroffen." "Das war eine gute Nachricht." Inu no Taishou sah seitwärts: "Danke, Yuki, du warst sehr aufmerksam. Bitte, vernichte alle Seide, die wir dieses Jahr erhalten haben unter Zuhilfenahme von Menschen." "Wie Ihr wünscht." Der Haushofmeister erhob sich, verneigt sich gegen seine Herrschaft, ehe er sich rückwärts aus dem Zimmer zurückzog, nicht, ohne sich ein zweites Mal an der Tür zu verneigen. Als Vater und Sohn unter sich waren, meinte Sesshoumaru: "Diese Seide kam wie immer aus den Webereien dieser Menschen...Wir sollten sie für diesen Hinterhalt töten." "Wie immer schickte die Familie Takaeda uns diese Seide." Leiser Tadel war in der Stimme zu hören: "Und bevor du urteilst, solltest du denken." "Verzeih. - Was meinst du?" "Die Familie Takaeda hat einmalige Beziehungen zu Dämonen. Die dämonischen Spinnen des Waldgebirges liefern ihre Fäden nur bei den Takaedas ab. Und Fürst Takaeda ist nun 60. Glaubst du, er würde den Zorn der Spinnen auf sich lenken wollen, dadurch, dass er ihre Seidenfäden ruiniert? Oder glaubst du, er würde den Lebensunterhalt seiner Familie riskieren, in dem er uns, seine sicherste Einnahmequelle seit Jahrhunderten, umbringt?" "Soweit ich verstanden habe, wirkt dieses Gift sehr langsam. Vielleicht glaubt er, dass das nicht mehr in seiner Lebensspanne zu den ersten Todesfällen kommt. Es war Zufall, dass Yuki es bemerkt hat." "Nein. Ich denke nicht, dass Fürst Takaeda davon etwas weiß. Und ich möchte nicht, dass wir diese gute Quelle verlieren. Nur die Spinnen des Waldgebirges weben die Fäden so, dass die Seide unzerstörbar ist. Fast. - Nein. Es ist sicher jemand im Haushalt der Takaedas. Aber wer. Das müssen wir herausfinden. Das wirst du herausfinden." "Ja, Herr Vater", sagte Sesshoumaru automatisch, ehe ihm die Bedeutung aufging: "Ich soll zu den Takaedas? Zu Menschen???!!!" "Es würde zuviel Aufsehen erregen, wenn ich selbst dort hingehe. Für gewöhnlich besuche ich jeden neuen Fürsten nur zu seinem Amtsantritt. Wenn ich dort wäre, würde sich jeder wundern. Aber wenn man zum vierhundertsten Jahrestag unserer Geschäftsbeziehung mein Sohn sie besuchen kommt, ist das sicher unauffälliger. Und du wirst dich dort umsehen und den Giftmischer finden." "Herr Vater..." Der Prinz suchte händeringend nach einer Ausrede. Tage oder gar Wochen in einem Menschenschloss verbringen zu müssen, erschien ihm als schlimmste Strafe. "Aber...wieso der vierhundertste Jahrestag?" "Nun, wir sagen, dass dem so sei. Und wie ich Menschen kenne, freuen sie sich mehr über die Geschenke, die du anlässlich deines Besuches mitbringen wirst, als sich zu fragen, ob es wirklich exakt vierhundert Jahre sind." Er nahm seinen Sohn genau ins Auge: "Und du darfst nicht auffallen. Ich bin sicher, dass weder der Fürst Takaeda noch sein Sohn dahinter stecken. Ich wünsche nicht, dass sie denken müssen, Dämonen seien unzivilisierte Barbaren. Habe ich mich klar ausgedrückt?" "Ja, Herr Vater." Was hätte er schon sagen sollen. Aber er überlegte verzweifelt, womit er sein Familienoberhaupt in der letzten Zeit so geärgert hatte, dass er ihm diesen Befehl erteilte. Andererseits gab er sich zu, dass er ihn wohl für beherrscht und klug genug hielt, diesen Auftrag erfüllen zu können. In jedem Fall musste er den heimtückischen Giftmörder suchen und bestrafen. "Oh, eines noch, Sesshoumaru. Die Strafe für den Giftmörder soll Fürst Takaeda übernehmen, wenn es ein Mensch ist. Wir mischen uns da nicht ein. Du musst genug Beweise finden, die den Fürsten überzeugen." "Ja, Herr Vater." "Du darfst gehen. - Übermorgen wirst du zu den Takaedas reisen. Ich schicke sofort einen Boten, um sie von deiner Ankunft zu unterrichten." "Ja." Der Prinz erhob sich und ging, bemüht, seine hilflose Wut zu unterdrücken. Inu no Taishou sah ihm nachdenklich hinterher. Er hielt seinen Sohn für klug genug, eine solche Ermittlung zu führen. Aber er wusste auch, dass für Sesshoumaru Menschen gleich nach Insekten kamen. Vielleicht würde er bei den Takaedas lernen, dass Menschen auch ihre guten Seiten hatte, Seiten, die er selbst an ihnen schätzte. So gesehen verband er mit diesem Auftrag die Notwendigkeit mit dem Wünschenswerten. Denn er war sicher, dass sich sein Sohn an den Befehl halten würde. Er würde keinen Menschen unter dem Dach des Fürsten töten. Und er würde nicht nur versuchen, den hinterhältigen Giftmischer zu finden, sondern erst zurückkehren, wenn er den Auftrag erfüllt hatte. **************************** zugegebne, da war kein Tipp drin. Die Geschichte fängt ja erst an. Wer so nett ist, mit einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich auch eine ENS, wenn nächste Kapitel oben ist. bye hotep Kapitel 2: Das Menschenschloss ------------------------------ Es freut mich, dass euch meine Idee gefällt. Und da ein Komissar immer einen Assistenten hat, nun, eine Assistentin... 2. Das Menschenschloss "Nun hab dich nicht so!" Der Mann in der Kleidung eines Haushofmeisters fasste ein junges Mädchen am Arm. Sie trug nur einen bescheidenen Kimono der ihr bis zu den Waden reichte, eine einfache Dienerin. Sie versuchte, sich loszureißen: "Lasst mich, Yakuma-san..." Aber er schob sie einfach an die nächste Säule. Sie war über seine Kraft überrascht, auch darüber, wie leicht er ihre Arme auf den Rücken gedreht hatte. Ängstlich starrte sie zu ihm auf. Sie wusste nur zu gut, dass der Haushofmeister jungen Dienerinnen nachstieg, aber sie hatte es meist geschafft, sich unsichtbar zu machen. Nun, sie war weiß Gott für die meisten unsichtbar, eine Dienerin, die die Arbeiten erledigen musste, die kein anderer tun wollte. "Sakura, Sakura." Der Haushofmeister lächelte etwas: "So schüchtern? Oder so dumm. Vergiss nicht, ich bin der Herr über das Gesinde, der Haushofmeister. Ich kann dich auch zu anderen Arbeiten einteilen. Möchtest du nicht vielleicht bei Tisch der Herrschaft aufwarten? Bessere Kleidung bekommen? Na? Und alles nur für ein bisschen Freundlichkeit und Anschmiegsamkeit mir gegenüber?" "Euch gegenüber?" Die Spur Verächtlichkeit war messerscharf. Yakuma zog zischend den Atem ein. Was wagte es dieses kleine Nichts... Sakura versuchte erneut, sich zu befreien: "Lasst mich. Ich werde es dem Herrn melden..." "Du bist ja noch dümmer, als ich schon annahm. Wem, meinst du, wird der ehrenwerte Fürst, Glauben schenken? Mir, seinem treuen Haushofmeister, oder einem Nichts, das erst vor drei Monaten von seinem Sohn geschlagen wurde, weil es ihm gegenüber aufsässig war. Also. Sei nett zu mir und ich vergesse dein bisheriges Verhalten." "Nie!" fauchte das Mädchen. Sie war aufsässig gewesen, das konnte sie nicht leugnen, aber der junge Herr hatte sie ebenso bedrängt, wie nun hier der Haushofmeister. Immerhin hatte Prinz Takaeda ihr nur eine Ohrfeige gegeben, sie dann aber in Ruhe gelassen. Sie vermutete jedoch, dass Yakuma-san da hartnäckiger sein würde. Zumindest hatte er nach den ersten Ablehnungen nicht aufgegeben. "Nie?" fragte der Haushofmeister zurück. In seiner Stimme lag eine kalte Wut, die sie instinktiv in Panik versetzte: "Das ist eine lange Zeit. Du wirst schon noch gefügig werden!" Mit überraschender Kraft zog er das Mädchen kurz an sich, ehe er sie rücklings gegen die Säule schleuderte. Der Schock und der Schmerz genügten, dass Sakura nach Luft ringend zu Boden fiel. "Yakuma?" Der Ruf des Fürsten vom anderen Ende des Ganges bewog den Haushofmeister, herumzufahren und sich tief zu verneigen, hastig seinem Herrn entgegen zu gehen. "Mein Fürst?" Sakura raffte sich etwas auf, bemüht, unauffällig hier weg zu kriechen. Da bemerkte sie, wer neben dem Fürsten Takaeda stand. Sie hatte, seit sie hier im Schloss arbeitete, Geschöpfe dieser Art schon einige Male gesehen. Lange Haare bis zur Taille, spitze Ohren, rote Augen, das war eindeutig ein Dämon. Fürst Takaeda deutete ein wenig seitwärts: "Inu no Taishou, der Herr der Hunde, gab mir heute bekannt, dass aus Anlass des vierhundertsten Jahrestages unserer Geschäftsverbindung sein Sohn, Lord Sesshoumaru, uns die Ehre erweisen wird, unser Gast zu sein. Kümmere dich um alles." "Ja, mein Fürst", erwiderte Yakuma mit einer erneuten, tiefen Verneigung. Während der Schlossherr ohne weiteres Wort ging, dachte Sakura nach. Natürlich wusste sie, dass die Familie Takaeda Verbindungen zu Dämonen hatte und wie jeder hier im Schloss wusste sie, dass der Herr der Hunde einer der mächtigsten Dämonen im ganzen weiten Westen war, wenn nicht der mächtigste. Wenn er schon seinen Sohn herschickte, wollte sich der Fürst sicher nicht blamieren. Da würde viel Arbeit auf Yakuma-san zukommen. Hoffentlich vergaß er sie dann für eine Weile. Der Haushofmeister blickte zu dem Boten: "Weißt du, was für Vorlieben dein junger Herr hat?" "Nun, du brauchst mit Sicherheit nichts zu essen kochen lassen. Er nimmt keine Menschennahrung zu sich." "Dessen bin ich mir bewusst. Auch sein Vater, der edle Inu no Taishou tut das nicht. - Kannst du mir keine Hilfe geben?" "Nein. Nur eine: Du solltest keinen Fehler begehen. Bei Lord Sesshoumaru gibt es keine zweite Chance." "Oh." Yakuma verzog ein wenig das Gesicht, blieb aber stehen, als der Bote verschwand. Sesshoumaru seufzte innerlich, als er gelassen durch das Tor des Schlosses der Familie Takaeda trat. Die nächsten Tage würde er hier leben müssen, umgeben von diesen so nichtswürdigen Lebensformen. Aber sein Vater hatte es ihm befohlen, auch entschieden, er solle den Giftattentäter finden. Und er würde selbstverständlich gehorchen. Er warf einen kurzen Blick auf die Dienerschaft, die sich höflich hinkniete, auf die Familie Takaeda, die sich tief verneigte. Immerhin schienen sie Respekt vor ihm zu empfinden. Seine feine Nase witterte eine gewisse Ängstlichkeit in der Menge. Gut. Wenigstens das würde ihn diese Tage leichter überstehen lassen. Er ging gemächlich über den Hof, ohne die Menschen rechts und links von ihm zu beachten, die dafür den Göttern dankten. Sie hatten alle bereits von der Bemerkung des Boten über seinen jungen Herrn gehört. Und keiner wollte unbedingt derjenige sein, der von diesem jugendlichen Dämon bestraft würde. "Willkommen, Lord Sesshoumaru", sagte der Fürst höflich und richtete sich auf: "Es freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen." "Vor Eurem Schloss stehen mehrere Wagen. Mein Herr und Vater sendet Euch dies aus Anlass des Jahrestages." Dem Dämonenprinzen widerstrebte es, sich mit einem Menschen zu unterhalten, aber wenn er den heimtückischen Attentäter finden wollte, musste er eben seine Selbstbeherrschung bis zum Äußersten strapazieren. "Vielen Dank, das wäre doch nicht nötig gewesen. Allein Euer Besuch erfreut uns. - Darf ich Euch meinen Sohn vorstellen? Ito Takaeda." Der menschliche Prinz neigte höflich den Kopf, musterte sein Gegenüber aber. Ihm war klar, dass er unter Umständen sein Leben lang mit diesem nur scheinbar Gleichaltrigen Geschäfte machen würde. Der Fürst drehte sich leicht: "Wenn Ihr mich begleiten wollt..." Wollen nicht, dachte Sesshoumaru. Aber da musste er nun durch. In der Schlosshalle blickte sich der Fürst erneut zu seinem Gast um. Er war etwas überrascht, dass er zu seinem Besucher aufsehen musste. Aber der Dämonenprinz war sogar noch größer als er. "Ihr werdet Euch nach Eurer Reise gewiss ein wenig ausruhen und erfrischen wollen. Ich habe Räume für Euch vorbereiten lassen." Ausruhen? Erfrischen? Eine Welle von Ärger stieg in Sesshoumaru auf. Für wie schwach hielten sie ihn? Etwa für ihresgleichen? Aber immerhin, so musste er nicht dauernd mit diesen Menschen beisammen sein. "Gut", sagte er daher nur. "Ich möchte Euch auch jemanden zur Verfügung stellen, damit Ihr Euch im Schloss zurechtfindet und für alle Eure Annehmlichkeiten gesorgt wird." Der Fürst deutete seitwärts, wo mehrere Dienstboten knieten, schnippte mit den Fingern. Ein Mädchen in weißem Kimono erhob sich in ängstlicher Hast und warf sich vor Sesshoumaru zu Boden. Ein Mädchen? Ein Menschenmädchen? Dieser Fürst schien keine Ahnung von den Bedürfnissen eines Dämonen zu haben. Aber vielleicht konnte sie ihm Informationen geben, über den Giftmischer, über die Seide. Sie wohnte doch hier im Schloss, sicher schon länger, sonst hätte man ihr keinen Gast anvertraut. Er konnte eine gewisse Furcht bei ihr wittern, aber das war nur gut so. Dementsprechend würde sie ihm gewiss keine Probleme machen. So wandte der Dämonenprinz leicht den Kopf: "Ich danke Euch, Fürst. Ich möchte mich jetzt zurückziehen." "Sakura, zeige Lord Sesshoumaru seine Zimmer." Das Mädchen erhob sich, blickte aber weiterhin höflich zu Boden, als sie schweigend aus der Halle ging. Der junge Dämon folgte ihr. Er hörte noch das unmerkliche Aufatmen, dass bislang alles so glatt lief, hinter sich. Menschen, wie erbärmlich sie doch waren. Dachten sie wirklich, er würde das nicht wahrnehmen können? Der Palast hatte gewisse Ausmaße, das gab er sich zu. Beachtlich für Menschen. Vermutlich hatte die Tatsache, dass sie diese besondere Seide herstellten, und regelmäßig an hochrangige Dämonen verkauften, ihren Wohlstand deutlich vermehrt. So gesehen hatte Vater sicher Recht. Niemand würde die Wesen töten, auf deren Geld der Reichtum der Familie ruhte. Nein. Vermutlich war der Giftattentäter keiner der Familie. Aber es war besser, nichts auszuschließen. Das Mädchen schob eine Tür beiseite. Wie es Sitte war, kniete sie neben dem Eingang sofort nieder, drückte diesen zu, als er den Raum betreten hatte. Ein rascher Blick herum verriet ihm, dass der Fürst Takaeda ihm sicher die besten Kissen und Decken für sein Bett hatte heraussuchen lassen, sogar an Papier und Tinte war gedacht worden. Das meiste würde er nicht benötigen, aber er war ein wenig über die Ehrerbietung erfreut. Apropos Ehrerbietung. Er drehte sich um. Das Mädchen kniete da, sah zu Boden, wie es die Achtung gegenüber einem hohen Herrn verlangte. Sie starrte ihn nicht einmal heimlich an, wie er es bei seinem Weg über den Schlosshof von anderen durchaus bemerkt hatte. Gut. Vielleicht könnte sie ihm bei seiner Suche nach dem Attentäter helfen, die Sache hier beschleunigen. So trat er knapp vor sie. "Sakura." "Lord Sesshoumaru?" Sie wagte immer noch nicht, vom Boden aufzublicken. Das wäre unhöflich gewesen. Sie hatte sein Gesicht gesehen, als er in die Halle gekommen war, und war zum einen überrascht gewesen, dass er so jung schien, aber seine Augen hatten eine seltsame Farbe gehabt. Und keinen Funken Wärme ausgestrahlt. Sie glaubte nun, dass die Warnung des Boten sicher nicht übertrieben gewesen war. "Warum hat man dich mir zugeteilt?" Sie war überrascht. Für gewöhnlich nahmen die Herrschaften keine Notiz von ihr, außer, wenn sie einen Befehl bekam. Unwillkürlich sagte sie das erste, das ihr durch den Kopf schoss, eine Angewohnheit, die ihr oft genug schon Ärger eingebracht hatte: "Wollt Ihr die Wahrheit oder das, was Euch Fürst Takaeda sagen würde?" "Würde mich Fürst Takaeda denn belügen?" Er war über ihre Antwort mehr als verblüfft. Aber er wusste, er würde jede Lüge wittern. Sie sagte die Wahrheit. "Nein." "Also?" "Yakuma-san, der Haushofmeister, schlug mich dem ehrenwerten Fürsten vor, da eine weibliche Dienerin...nun....er sagte, eine weibliche Dienerin würde Eure Ansprüche wohl umfänglicher erfüllen können." Ihre Stimmer zitterte etwas, in plötzlicher Furcht. "Ich habe keine Ansprüche, die nicht ein männlicher Mensch auch erfüllt hätte. Weiter." Sie atmete auf, was ihm nicht entging, fuhr aber fort: "Fürst Takaeda stimmte zu. - Aber Yakuma-san hatte bereits vor Eurer Ankunft gehört, dass Ihr..." Sie überlegte sorgfältig, wie sie das sagen sollte: "Dass Ihr ein sehr strenger Herr seid. Er mag mich nicht. Und ich denke, er ist sich sicher, dass ich den Dienst bei Euch nicht überlebe." "Was?" Dachte Sesshoumaru empört: "Dieser Haushofmeister wagt es, mich in seine kleinen miesen Pläne einzuspannen?" Selbst, wenn ihm sein Vater nicht aufgetragen hätte, hier im Schloss keinen Menschen zu töten, hätte er sie nun mit Sicherheit am Leben gelassen. Überdies schien sie für einen Menschen recht geschickt zu sein. Und das konnte bei seinen Ermittlungen hilfreich werden. Sakura sah, wie die schwarzen Schuhe aus ihrem Blickfeld verschwanden und hob ein wenig den Kopf. Der Dämonenprinz ging zu Fenster, blickte hinaus. Immerhin schien er nicht wütend geworden zu sein, nun, wenigstens nicht auf sie. Sie blickte hastig wieder zu Boden, als er sich umdrehte. "Sieh her!" Sie gehorchte ein wenig überrascht, sah, wie er seine Hand hob, die Finger seltsam steif ausgestreckt. Erst jetzt erkannte sie, dass das keine gewöhnliche Hand war. Die Finger waren länger, die Nägel ähnelten mehr Klauen. Sie schluckte unwillkürlich. Ja, er war ein anderes Wesen als sie, ein Dämon. Und ihr fiel ein, dass sie einmal gehört hatte, Dämonen könnten Menschen in Bruchteilen einer Sekunde in Stücke reißen. "Wenn du einen Fehler machst, werde ich dich bestrafen. Aber ich werde dich nicht töten. - Besorge mir einen Faden der Spinnen, der noch nicht in der Weberei gewesen ist. Ohne dass es jemand merkt." "Lord Sesshoumaru...." wagte sie einzuwenden: "Dieses Lagerhaus ist verboten und wird bewacht." Er ließ die Finger leise knacken und sie nahm es so, wie es gemeint war. Als Drohung. Ihn interessierte sicher nicht, was sie für Probleme hatte - und seine Aussage, er wolle sie nicht umbringen, beruhigte sie nur ein wenig. So neigte sie den Kopf und erhob sich, ging hastig hinaus. Sie musste ihm den Faden bringen, sonst drohte ihr eine schreckliche Strafe, dessen war sie sicher. Sie hatte einmal gehört, Augen seien der Spiegel der Seele - wenn das stimmte, war die seine schieres Eis. Sakura kannte sich gut im Schloss aus. Sie hatte schon viele verschiedene Arbeiten machen müssen, meist nicht die angenehmsten. So gesehen war der Dienst bei einem Dämon nur die Fortsetzung der Probleme, die sie schon immer gehabt hatte. Sie wusste, wo sich die frische Seide befand, wo die Weberei war, aber auch, wo es Schlupfwinkel gab. Ihr schöner, neuer, weißer Kimono würde ein wenig leiden, aber sie würde den Faden bekommen. Wie viel er wollte, hatte er nicht gesagt, aber sie nahm an, dass ein Stück von der Länge ihres Arms genügen müsste. Im Vorbeigehen nahm sie aus der Küche ein Messer mit. "Sakura?" klang eine Stimme. Sie drehte sich um. Die Köchin stand da: "Was tust du denn hier? Ich dachte, du sollst dem hohen Gast dienen?" "Das tue ich gerade. Ich befolge seinen Befehl." "Na, ob das stimmt? Du bringst dich doch immer in Schwierigkeiten. Aber wenn du Dämonen ärgerst, bringt du nicht nur dich ins Unglück." "Frag doch Lord Sesshoumaru!" fauchte Sakura mit ihrem üblichen Temperament. Die Köchin stöhnte: "Na, das meinte ich. Du kannst von Glück sagen, wenn du nur mit Ohrfeigen davonkommst. Ich habe gehört, er hat zuhause schon einmal einen Diener buchstäblich in der Luft zerrissen..." Die Gerüchte, die umliefen, steigerten sich. Sakura wandte sich ab. Sie musste sich beeilen, da sie nicht annahm, dass der Dämonenprinz ein Ausbund an Geduld war. Rasch lief sie hinüber zu dem Lagerhaus. Zum Glück waren heute viele Dienstboten im Haus beschäftigt, mit der Vorbereitung des Essens, des Feuerwerkes am Abend, so dass sie ungesehen hinter den Schuppen kam. Dort war ein Brett lose, wie sie wohl wusste. Mancher Bestrafung hatte sie sich schon entzogen, in dem sie hier durchgekrochen war. Ihr vorwitziges Mundwerk hatte ihr schon öfter Schaden zugefügt. Sesshoumaru drehte sich nicht um, als die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde, Er hatte schon gehört und gewittert, dass sie zurückkam. So wartete er, bis sie kniete, ehe er sich zu ihr wandte. Sie bot ihm den Faden in der ausgestreckten Hand. "Hat dich jemand gesehen?" "Ich denke nein, Lord Sesshoumaru." Sie zuckte unwillkürlich zusammen, als er plötzlich vor ihr stand. Er war übermenschlich schnell. Er nahm den Faden, roch ausgiebig daran, ehe er ihn zu einer Kerze trug, dort verbrannte. Wieder witterte er sorgfältig. Yuki hatte zu ihm gesagt, wenn der Faden bereits vergiftet wäre, müssten sich der ursprüngliche Faden und die Asche ein wenig im Geruch unterscheiden. Aber da war nichts, was seine empfindliche Nase hätte wahrnehmen können. Also musste man wohl, wie sie schon vermutet hatten, davon ausgehen, dass erst in der Weberei das Gift dazu kam. Oder sogar noch später. Er würde sich die Weberei ansehen müssen. Er drehte sich um. Dieses Menschenmädchen hatte ihm zugesehen, schien verwirrt. Aber sie senkte hastig ehrerbietig den Kopf, als sie seinem Blick begegnete. "Wer macht im Schloss hier die Arzneien?" fragte er "Der Shinto-Priester. Er lebt im Schrein, hier auf dem Grund des Schlosses." "Treibt er keine Dämonen aus?" Sie blickte auf, obwohl es unhöflich war: "Verzeiht, Lord Sesshoumaru. Ich verstehe nicht?" "Bekämpft er Dämonen?" "Nein. Die Dämonen, die hierher kommen, sind ja Geschäftspartner des ehrenwerten Fürsten. Und keine anderen wagen sich her. Ich hörte, sie seien wohl in Sorge, den Zorn Eures Vaters auf sich zu ziehen." "Er trägt einen Titel, mit dem ihn ein Mensch anreden soll, will er keine Strafe." Sie schluckte etwas, war aber froh, dass er sie noch warnte: "Verzeiht meine ungebührliche Bemerkung...den Zorn des Inu no Taishou auf sich zu ziehen." "Gibt es noch einen Heiler?" Jemand musste doch das Gift mischen, und Zugang zu den Seiden haben. "Nein, Lord Sesshoumaru." Sie begriff diese Fragen nicht. Und was hatte er da mit dem Faden gemacht? War er etwa verrückt? Aber dann hätte sein Vater ihn doch nicht hergeschickt? Dämonen waren wohl wirklich anders. Kein Heiler...also wohl jemand, der irgendwann einmal genügend Kenntnisse gesammelt hatte, um solch ein Gift herstellen zu können. Ob dieser Priester Zugang zur Weberei hatte? Er würde den Fürsten fragen müssen. Später gab es ja sicher einen Empfang. Es war das erste mal, dass er allein, ohne seinen Vater zu solche einem Bankett ging. Hoffentlich machte er ihm keine Schande. *********************************************** Das nächste Kapitel heisst: "Das Bankett" und bringt weitere Indizien, positive und negative... Über eure Kommentare würde ich mich sehr freuen. bye hotep Kapitel 3: Das Bankett ---------------------- Vielen Dank für euer Interesse. Ja, der Haushofmeister nutzt seine Stellung ziemlich aus. Er ist alles andere als ein netter Zeitgenosse und ich merke schon, dass ihr ihm gern was anhängen würdet. Aber im Schloss lebt ja nicht nur er. Sakura muss ihr Temperament ziemlich zügeln. Aber das gilt auch für einen gewissen Dämonenprinzen.... 3. Das Bankett Sakura kniete noch immer wartend neben der Tür. Sie wunderte das Benehmen ihres derzeitigen Herrn. Aber er war ja auch ein Dämon. Menschen hätten sich ins Bett gelegt, sich etwas zu trinken bringen lassen, ihr befohlen ein Bad anzurichten. Lord Sesshoumaru lehnte nur an der Wand und blickte zum Fenster hinaus. Nach seinen seltsamen Fragen hatte er nicht mehr gesprochen. Tatsächlich dachte der Dämonenprinz nach. Er wollte bei diesem Bankett dem Fürsten einige Fragen zum Ablauf stellen, wie die Spinnenfäden herkamen und wie sie weiterverarbeitet wurden. Und er wusste, er durfte sich keinen Fehler leisten, wollte er zum einen nicht seinen Vater enttäuschen, zum anderen bald hier weg. Er musste den geheimnisvollen Giftmörder finden. Allerdings gab er sich zu, ein wenig aufgeregt zu sein. Nie zuvor war er allein bei einem solchen Besuch gewesen, nie zuvor hatte er einen Mordfall aufklären sollen. Vertraute ihm sein Vater schon so sehr? Nun ja, ein Abend unter Menschen würde ein wenig verdrießlich werden, aber das war eben notwendig. Er drehte sich um, als er aus dem Schloss Anzeichen vernahm, dass das Bankett kurz bevorstand. Eine Fingergeste bewog dieses Menschenmädchen aufzustehen. Sie schien recht anstellig zu sein. Vielleicht könnte sie morgen einige Dinge erledigen, die er heute Abend herausfand. In der großen Halle war ein Rechteck an Matten ausgelegt worden, mit Kissen, auf denen sich die Gäste niederknien konnten. Nur auf einer Seite befanden sich zwei Stühle, für den Fürsten und den Ehrengast. Fürst Takaeda erwartete seinen jungen Besucher bereits in kostbarem Kimono. Sesshoumaru trug keinen, sondern haori und hakama. Er fühlte sich mehr als Krieger. Aber die Seide war dieselbe, hergestellt aus den Fäden der Spinnendämonen des Waldgebirges, gewebt hier im Schloss. Sesshoumaru strich in diesem Moment die Familie Takaeda endgültig von der Liste der Verdächtigen, als er merkte, dass auch der Sohn des Hauses diese Seide trug. Das wäre selbst für Menschen ein äußerst dummes Verhalten gewesen. Er neigte den Kopf. Jetzt musste er seinem Vater Ehre machen. Wie sprach der immer zu Gastgebern: "Ich danke für die Einladung, Fürst Takaeda und freue mich heute Abend bei Euch sein zu dürfen." Das war glatt gelogen, dachte er. Aber er hatte einen Auftrag. Der Fürst lächelte erleichtert. Immerhin war sein Gast ein zwar junger, aber doch sicher starker Dämon. Bei dem Vater? Und auch er hatte inzwischen schon mitbekommen, dass in seinem Haus die wildesten Gerüchte über den Besucher umliefen. Automatisch sah er zu Sakura, die sich bereits hinter den Sitz des Gastes gekauert hatte, wie es üblich war, da sie sich um ihn kümmern sollte. Sie lebte noch und hatte offenbar keine Verletzungen. Sie wirkte nicht einmal besonders ängstlich. Dieses Gerede der Dienstboten war sicher vollkommen übertrieben. So meinte er höflich: "Soweit ich weiß, nehmen Wesen Eures Rangs und Eurer Art keine Menschennahrung zu sich. Darf ich Euch dennoch irgendetwas anderes anbieten?" Sesshoumaru ertappte sich bei dem sinnfreien Gedanken, wie der Saal hier reagieren würde, würde er vier Gäste verlangen. Aber solch ein Scherz wäre sicher unpassend. So sagte er nur: "Nein. Aber das soll Euch und Eure Gäste nicht abhalten." Sie nahmen Platz und auf einen Wink des Fürsten begannen Diener die Platten aufzutragen. Da er nichts aß, blickte der Dämonenprinz zum Hausherren: "Darf ich Euch einige Fragen zu Eurer Seide stellen? Das interessiert mich." Und wie, dachte er: ich will hier schließlich wieder weg. "Nun, gewiss." Immerhin war der Fürst sehr stolz darauf. "Die Spinnendämonen des Waldgebirges spinnen diese besonderen Fäden. Und dann bringen sie sie zu Euch?" "Ja. Seit Jahrhunderten ist das so. Einmal im Jahr, im Frühling, erscheinen hier Spinnendämonen und bringen ihre Waren." Also konnte die Vergiftung unmöglich in diesem Zeitraum passieren. Die Spinnendämonen würden mit Sicherheit jeden töten, der ihre Fäden unbrauchbar machen wollte. "Und dann gelangt die Ware in Euer Lagerhaus und Eure Weberinnen übernehmen sie." "Ja. Wie Ihr vielleicht schon wisst, sind diese Weberinnen Mädchen im Alter von neun bis zwölf Jahren. Nur in diesem Alter haben sie die Fingerfertigkeit, die kleinen Finger und den scharfen Blick um diese Seide weben zu können. Wie der Herr der Hunde, Euer ehrenwerter Herr Vater, es wünschte, erhalten die Mädchen nach dieser Zeit eine Mitgift ausbezahlt, die sie zu begehrten Heiratkandidatinnen macht. Sie werden so versorgt." Typisch Vater, dachte Sesshoumaru: Er kümmert sich um alles und jeden. Aber so konnte man auch die Weberinnen von der Liste streichen. Ein Menschenmädchen in diesem Alter wäre sicher kaum in der Lage ein derartiges Gift herzustellen, geschweige denn, hätte ein Interesse daran. "Hättet Ihr die Güte, morgen mit mir die Weberei zu besichtigen?" erkundigte sich der Fürst fast begierig. Er hätte nicht gedacht, dass dieser halbwüchsige Dämon, denn er sah ja höchstens wie sechzehn aus, solch ein Interesse an der Wirtschaft hatte. Das mochte für seinen Sohn oder Enkel gut sein, wenn der alte Hundedämon starb und der hier der Erbe wurde. "Gern." Er würde sich mit eigenen Augen überzeugen müssen, was da lief. "Und die gewebten Stoffe lagern wieder in einem Lagerhaus, bewacht?" "Ja. Natürlich. Sehr gründlich. Diese Fäden und diese Seide sind zu kostbar. Niemand darf diese Lagerhäuser betreten. Darauf stehen strenge Strafen." Interessant, dachte der Dämonenprinz: Dieses Menschenmädchen hat mir gehorcht. Also fürchtet sie meine Strafe mehr als die ihres eigentlichen Herrn. Gut. Aber wenn die Seide dann auch bewacht wird - wann wird sie vergiftet? Wer würde es wagen? Und warum nur? Falsch, begriff er plötzlich, ich muss andersherum denken. Wer hat die Gelegenheit. Und nur der kann es dann auch sein, warum er das tut, steht wohl erst an zweiter Stelle. Habe ich das "wie" habe ich den "wer". "Und im Winter lasst Ihr die Seide dann zu meiner Familie - oder anderen - bringen." "So ist es. Danke, Yakuma." Denn der Haushofmeister hatte eine neue Platte vor ihn hingestellt: "Ich bin froh, dass du von deiner Reise in dein heimatliches Kerogebirge wieder zurück bist. Niemand außer dir könne solch ein Fest vorbereiten." "Vielen Dank, mein Fürst." Yakuma warf einen Blick auf Sakura, der Sesshoumaru nicht entging. Dieses Mädchen hatte vermutet, dass der Haushofmeister hoffte, sie würde den Dienst bei ihm nicht überleben. Und tatsächlich schien er überrascht, sie ohne Verletzungen zu sehen. Für was für ein Monster hielt ihn dieser unverschämte Kerl eigentlich? Dass er wahllos mordete? Blutgier ihn antrieb? Andere niedere Beweggründe? Er sollte ihn....Aber da war Vaters Befehl. Fürst Takaeda fuhr leutselig fort: "Deine Rezeptsammlung und die Kunst, die du unseren Köchen beigebracht hast, ist ja fast legendär. Hast du dies von deiner Mutter gelernt?" Der feinen Nase des Hundedämons entging die plötzliche Gefühlsaufwallung des Haushofmeisters nicht. Aber er sagte nur neutral mit einer Verneigung: "Weniger, edler Herr. Sie war ja keine Köchin, sondern eine bescheidene Kräuterhexe, die einsam im Wald lebte." Und zog sich zurück. Dem Dämonenprinzen fiel leicht amüsiert ein, dass auch die Mutter ihres Haushofmeisters, Yuki, zwar eine Dämonin, aber ebenfalls eine Kräuterkundige gewesen war. War das wohl notwendig, um Haushofmeister zu werden? Kein Mensch hatte gesehen, wie es passiert war, aber Sesshoumaru stand plötzlich hinter seinem Stuhl. Sakura, die dort kniete, erhaschte gerade noch einen Blick auf etwas Silbriges, das neben ihr zu Boden fiel, ehe sie erkannte, dass neben, über ihr ein Mann stand, dessen rechtes Handgelenk nun der Hundedämon in seltsamem Winkel hielt. "Lord Sesshoumaru!" keuchte der erschrockene Fürst auf. "Ihr.. Heißt Gastfreund bei Dämonen denn, dass man andere Gäste umbringt?" "Heißt Gastfreundschaft bei Menschen, dass man den Gast mit dem Messer attackiert?" gab der Dämonenprinz kalt zurück: "Und noch lebt er ja." Er blickte zu dem jungen Mann, der ihn wütend anstarrte: "Bestie", knirschte der. Im Saal herrschte plötzlich entsetzte Stille. Fürst Takaeda starrte den Neuankömmling fassungslos an: "Aber...aber Tamahato, du greifst unseren Gast an??" Er blickte auf das Messer, das nun neben Sakura lag. "Bestie?" Sesshoumaru verspürte gute Lust, diesem Idioten nicht nur das Handgelenk zu brechen. Der bettelte ja förmlich darum. "Wie nennst du jemanden, der rücklings mit einem Messer einen Unbewaffneten angreift?" "Dämonen gehören ausgerottet." "Bitte!" Fürst Takaeda schwitzte in der Angst, was geschehen würde, würde der Dämonenprinz die Selbstbeherrschung verlieren. Oder was der ehrenwerte Inu no Taishou zu diesem Zwischenfall sagen würde: "Tamahato, nimm dich zusammen. Ich wusste schon, warum ich dich heute Abend nicht hier haben wollte. - Verzeiht, Lord Sesshoumaru...Es...es tut mir aufrichtig leid, ich wollte..." Ein Dämonenhasser? Dachte Sesshoumaru plötzlich. Das wäre doch ein Motiv. "Ich habe jemandem versprochen, dich nicht zu töten. Nur darum lebst du noch." Das kam kalt: "Menschliche Körper sind schwach und äußerst begrenzt. Aber du beweist mir, dass es auch der Verstand ist." Tamahato spürte, wie sein Unterarm freigegeben wurde. Er holte zischend Luft. Der Schmerz des gebrochenen Arms war heftig. "Bist du ein Heiler?" erkundigte sich der Dämonenprinz. "Nein..." Der junge Mann war völlig aus dem Konzept gebracht. Dann ist er es vielleicht doch nicht, dachte Sesshoumaru. Er zog einen einfachen Schluss: wer auch immer hinter der Giftattacke steckte, war nicht dumm. Dieser Mensch hier war dumm. Folglich konnte er nicht der Täter sein. Aber das war wohl menschliche Logik. Er würde besser vorsichtig sein, mit gesundem Youkaiverstand vorgehen. "Sakura." Sie sah sofort auf: "Bring ihn in sein Zimmer." Nicht nur sie guckte ihn verwirrt an, stand aber auf und sagte höflich: "Tamahato-san...?" "Geh", sagte der Fürst hastig: "Lord Sesshoumaru, ich danke für die Nachsicht, die Ihr mit meinem armen Neffen hattet..." Neffe? Ein Takaeda und ein Dämonenhasser? Interessant. Der Hundedämon nahm wieder Platz und beendete mit einer Handbewegung die Beteuerungen und Entschuldigungen des Fürsten. Sakura ging aufmerksam neben Tamahato, bereit, ihn zu stützen. "Dieser Mistkerl war zu schnell..." murmelte dieser. Sie schüttelte leicht den Kopf: "Wenn ich das so sagen darf: das war kein guter Einfall." "Das darfst du nicht!" fuhr er sie an: "Den Kronprinzen der westlichen Länder zu erledigen...die Chance kommt nicht mehr so schnell." "Tamahato-san, bei allem Respekt, habt Ihr nicht an die Menschen hier im Schloss gedacht?" "Sie wären endlich von diesen Bestien befreit." "Äh", machte Sakura, ehe es ihr rausrutschte: "Sie wären dank Eurer Dummheit jetzt schon vermutlich tot." "Was soll das?!" Der Neffe des Fürsten glaubte nicht recht zu hören. Dieses kleine Nichts wagte so mit ihm zu reden? "Denkt Ihr im Ernst, Inu no Taishou würde die hinterlistige Ermordung seines Sohnes nicht rächen wollen?" Tamahato biss sich nicht nur vor Schmerzen auf die Lippen: "Ich werde sie töten, eines Tages werde ich sie alle getötet haben. Diese Bestien haben meine gesamte Familie gemordet, ein komplettes Dorf ausgelöscht. Dämonen. Und Onkel Takaeda sitzt gemütlich mit einem als Ehrengast da." "Nun, es gibt Dämonen und Dämonen, denke ich." Sakura wusste, dass sie wieder einmal zuviel redete, dass sie das nicht nur vielleicht büssen würde, aber sie wollte den Neffen des Fürsten beruhigen, davon abhalten, noch solch eine Irrsinnstat zu begehen. Sie hatte für einen Moment in den Augen Lord Sesshoumarus etwas Dunkelrotes aufblitzen sehen und schloss daraus, dass Tamahato-san nur um Haaresbreite dem Tod entkommen war. Und womöglich einige andere Leute auch. "Ich denke, das ist wie bei Menschen und Tieren. Es gibt Dämonen, die blindlings morden. Und es gibt Dämonen, die mehr wie Menschen sind. Aber anders." "Große Worte für eine kleine Dienerin", höhnte Tamahato: "Für gewöhnlich lässt dich Yakuma doch die Latrinen und Badewannen schrubben, oder? Kommen dir da solche dämlichen Gedanken? Und jetzt darfst du einem Dämon Händchen halten. Was für hochtrabende Tätigkeiten." "Ich befolge meine Befehle", sagte sie. Yakuma-san würde ihr nie andere Tätigkeiten geben, als schmutzige oder gefährliche, nicht, ehe sie nicht sein Lager teilte. Das wusste sie nur zu gut. Aber sie hatte keine Wahl, als hier zu bleiben. Sie gehörte dem Takaeda_Clan und ohne dessen Schutz mochte es in der weiten Welt genug geben, was viel gefährlicher war, als Yakuma-san. "Ich bitte Euch, Tamahato-san, denkt noch einmal in Ruhe nach. Ihr gefährdet das Leben aller Menschen hier. - Und Ihr lebt noch, das müsst Ihr zugeben. Selbst menschliche Fürsten hätten Euch für diesen Mordanschlag getötet." Tamahato schüttelte etwas den Kopf, sagte aber: "Schick mir den Priester. Er soll mein Handgelenk schienen. - Und dann darfst du wieder Hundehüten gehen...Wer weiß, vielleicht darfst du ihn ja nach Flöhen absuchen." Er ging in sein Zimmer. Sakura biss sich ein wenig auf die Lippen, sah sich dann aber um, und bat einen vorbeikommenden Diener für den Neffen des Fürsten den Priester als Heilkundigen zu holen. "Warum gehst du nicht selbst?" fragte der zurück. Unter der Dienerschaft gab es niemanden, der sich ihr nicht überlegen fühlte. "Mein Befehl lautete, ihn in sein Zimmer zu bringen. Nicht, mehr für ihn zu tun. - Aber ich kann ja gern Lord Sesshoumaru sagen, dass du mich an der Erfüllung seiner Anweisung gehindert hast, " fügte sie in einer plötzlichen Eingabe hinzu: "Dann bin ich nicht die einzige, die bestraft wird." "Lord..." Dem Diener fiel jetzt ein, welche Arbeit sie im Augenblick ausführen musste: "Ich gehe." Er verschwand hastig im Dunkel des Ganges und Sakura lächelte unwillkürlich. Zum ersten Mal stand sie, wenn auch wohl eher unabsichtlich, unter einer Art Schutz. Sie drehte sich um, um zurück in den Saal zu gehen. Niemand sollte sagen können, dass sie ihre Pflicht vernachlässige. ********************************* Einige Neuigkeiten, oder? Das nächste Kapitel heisst: Missverständnisse. Wer so nett ist, mir einen Kommentar zu hinterlassen, dem schicke ich eine ENS, wenn ich sehe, das das nächste Kapitel on ist. bye hotep Kapitel 4: Missverständnisse ---------------------------- Vielen Dank für euer Interesse! Aber es wäre zu schön, wenn alles glatt gehen würde, zwischen Lord Sesshoumaru und anderen Leuten... Viel Spass beim Lesen. 4. Missverständnisse Der Rest des Abends verlief in ruhiger Atmosphäre und Fürst Takaeda war erleichtert, dass sein Gast den Mordanschlag so mild gestimmt überstanden hatte. Ärger mit dem Dämonenlord der westlichen Länder gehörte wirklich nicht zu den Dingen, die er wollte. Sesshoumaru war nachdenklich, aber er stellte noch einige Fragen zu den Schlosswachen, woher sie kamen, suchte nach weiteren Informationen. Aber alles war nichtssagend, eher negativ. Auch der Priester durfte nie in die Weberei oder die Lagerhäuser, nun, zumindest offiziell nicht. Als er sich erhob, taten es auch sofort die Gastgeber. "Ihr wollt Euch zurückziehen?" fragte der Fürst nur. "Ja." Wieder musste der Dämonenprinz überlegen, was sein Vater bei solchen Gelegenheiten sagte. Bei diesem wirkte das immer so liebenswürdig auf die Menschen: "Ich danke Euch für den angenehmen Abend, Fürst Takaeda. Morgen besichtigen wir die Weberei?" "Ja, gern. Wann immer Ihr wünscht. Schickt Sakura zu mir." "Ich werde es tun." Diese stand auf, folgte ihm sofort. Allerdings kam ihr plötzlich eine ungute Idee. Sie war ihm als persönliche Dienerin zugewiesen, was bedeutete, dass sie neben der Tür in seinem Zimmer schlafen sollte, es sei denn, er hätte andere Befehle. Gut, er hatte zwar gesagt, dass er von ihr nichts wolle, dass nicht auch ein männlicher Diener hätte erfüllen können, aber sie hatte in ihrem Leben nur zu gut schon gelernt, dass das nur Worte waren. Herren durften ihre Meinungen ändern. Und immerhin hatte auch Prinz Ito Takaeda schon versucht sie zu küssen. Sie hatte sich geweigert. Freilich hatte er ihr eine Ohrfeige gegeben, sie aber dann in Ruhe gelassen. Es gab genügend Mädchen, die willig in seine Arme kamen. Yakuna-san war da nicht so leicht abzuschütteln gewesen. So kniete sie neben der Tür nieder, blickte zu Boden, als sie die Tür hinter sich zuschob. Es half nichts. Sie musste abwarten. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass er zum Fenster trat. "Was hat Tamahato gesagt, als ihr zu seinem Zimmer gingt?" Sie schluckte etwas. Das konnte sie ihm doch unmöglich sagen, mit dem Flöhe-suchen und dem Hundehüten, und den anderen Sachen... Aber eine gestellte Frage nicht zu beantworten, war für eine einfache Dienerin mehr als gefährlich. Sie hatte nichts gesehen, nichts gehört, aber sie fühlte sich plötzlich am Nacken gefasst, hochgehoben, als sei sie nur ein Spielzeug. Erschreckt keuchte sie auf, fühlte die Kraft in den Fingern, die ihren Hals umschlossen. Ohne ein Wort zu sagen öffnete der Dämonenprinz die Hand und sie fiel auf den Boden. Hastig raffte sie sich zum Knien auf, wagte nicht, aufzublicken. Das war eine Warnung gewesen, das war ihr klar. Der Sturz aus einem Meter auf den Fliesenboden hatte wehgetan, aber sie konnte sich vorstellen, was da noch alles kommen mochte. "Ich...ich antworte, Lord Sesshoumaru, " beteuerte sie eilig: "Ich versuche mich nur an alles genau zu erinnern." Schweigen. So begann sie mit ihrem Bericht, bemüht, Wort für Wort zu erzählen, auch, wenn manches ihr peinlich war. Als sie geendet hatte, blickte sie vorsichtig auf. Sesshoumaru lehnte noch immer am Fenster, wandte ihr den Rücken zu. Ihr fiel sein langes Haar auf. Kein Mensch hätte solch eines, schon gar nicht in diesem weißen Silber. "Primitive Dämonen haben seine Familie getötet. Daher sein Hass, " fasste er sachlich zusammen und sie war ein wenig erleichtert, dass er die Beleidigungen seiner Gattung mehr oder weniger überhört hatte. Er dachte nach. Hasserfüllt, impulsiv und bereit, jede Konsequenz seines Handelns zu ignorieren. Eigentlich war dieser Tamahato ein normaler Mensch. Aber machte ihn das zu einem Menschen, der Gifte verwenden konnte? "Was für eine Ausbildung hat er?" "Ich weiß es nicht genau, Lord Sesshoumaru. Aber er wird wie der jüngere Sohn hier im Haus behandelt. So wird er diese Ausbildung bekommen." Sie hatte keine Ahnung, was einem adeligen Jungen alles beigebracht wurde. "Arzneikunde, also, " überlegte der Dämonenprinz: "Nun, soweit er es im Krieg brauchen könnte". Das sollten keine großen Kenntnisse sein. Sollten. "Sakura, du kannst dich ins Bett legen." Er konnte ihre plötzliche Angst wittern und drehte sich ein wenig erstaunt um. Menschen. Er würde sie wohl nie verstehen. Aber das war ja auch nicht notwendig. "Schläfst du lieber auf dem Boden ohne Decke?" Das klang fast spöttisch. Sakura wusste nicht, was sie sagen sollte. Natürlich war der Fliesenboden hart und kalt, aber sie würde lieber da schlafen, als mit ihm das Lager teilen zu müssen. Sie musste gehorchen, das war ihr klar. Wenn sie um Hilfe schrie, würde sie sie nie bekommen. Sich gegen ihn wehren? Wie? Und die Strafe dann....Das Recht und die Macht waren auf seiner Seite. So stand sie auf, ohne den Blick vom Boden zu nehmen, ging hinüber, kniete sich auf den Decken nieder. Ohne zu wagen, zum Fenster zu sehen, zog sie eine um sich, legte sich hin. Nur, um erschreckt zusammen zu zucken. Wieder so schnell und lautlos stand er neben, über ihr. Sie rollte sich instinktiv ein, zog die Decke enger um sich, zitternd, wie ein Hund, der Schläge bekommen soll. Er witterte ihre Panik und begriff nicht. Er bedrohte sie nicht, wollte ihr sogar eine Freundlichkeit erweisen - und sie hatte mehr Angst, als zu dem Zeitpunkt, an dem er sie emporgehoben hatte. Menschen waren schon manchmal sehr eigenartige Geschöpfe. Sakura schloss die Augen. Um Erbarmen zu flehen hatte keinen Sinn, er war Dämon, er kannte keines. Plötzlich verstand er. Wie kam sie nur auf diesen Gedanken? Die schiere Vorstellung einen dieser armseligen schwachen Körper berühren zu sollen...ihm schauderte. "Ich sagte doch schon, dass ich das nicht will. - In dieser Hinsicht bist du vor mir sicher. Nur in dieser Hinsicht." Er ging wieder zum Fenster. Sakura starrte ihm erleichtert nach. Aber wieso hatte sie sich dann hier herlegen sollen? Dann allerdings verstand sie. Er brauchte kein Bett, da ein Dämon wohl keinen Schlaf benötigte. Er hatte freundlich zu ihr sein wollen. Und eigentlich war es ein kleines Wunder, dass er sich über ihr seltsames Verhalten, sich nicht zu bedanken, sondern Angst zu haben, nicht geärgert hatte. So murmelte sie jetzt wenigstens: "Ich danke Euch....Verzeiht." Da keine Antwort kam und er sich auch nicht mehr umdrehte, kuschelte sie sich in die Kissen. Sie hatte noch nie so weich gelegen und nach der Aufregung ihres langen Tages war sie bald eingeschlafen. Sesshoumaru hörte es, blickte aber aus dem Fenster. Sie interessierte ihn nicht sonderlich, aber er gab sich zu, dass sie sich bemühte, seinen Ansprüchen gerecht zu werden. Wichtiger war, dass er diesen Giftmischer fand. Denn nur dann könnte er hier wieder weg. Er befand sich immerhin schon vierzehn Stunden in einem Menschengebäude. Tamahato...konnte er es sein? Ein Dämonenhasser? Und als quasi jüngerer Sohn des Hauses hatte er sicher Zugang zu allen Gebäuden? Nun, er würde morgen in der Weberei vielleicht neue Informationen erhalten. Er musste den Mörder finden, durfte nicht vor seinem Vater versagen. Es war gegen zehn Uhr vormittags, als der Dämonenprinz Sakura schickte, sie solle dem Fürsten sagen, dass er in die Weberei wolle. Zum ersten Mal, seit sie hier im Schloss lebte, war sie sicher, dass man sie unverzüglich zum Hausherrn durchlassen würde. Sie ging in die Haupthalle, um von dort in den Gebäudetrakt zu kommen, wo die Räume des Schlossherrn waren. In der Halle herrschte geschäftiges Treiben, da die Diener die Reste des gestrigen Banketts beseitigten. Einige sahen sie an, schienen verwundert. Sakura konnte sich denken, warum. Die Gerüchte über Lord Sesshoumaru, die im Schloss schwirrten, ließen wohl alle glauben, dass er ein Monster sei. Sie selbst hatte eigentlich, bis auf einige seltsame Angewohnheiten, nichts bemerkt, dass ihn von einem menschlichen Prinzen unterschieden hätte, zumal in seinem Verhalten ihr gegenüber. Er verlangte absoluten Gehorsam, aber das tat Fürst Takaeda ja auch. Und immerhin hatte sie dank ihm die letzte Nacht so warm und weich geschlafen wie noch nie in ihrem Leben. "Dämon..." Das Flüstern ließ sie sich umdrehen. Am Portal der Halle stand eindeutig ein Dämon: spitze Ohren, lange schwarze Haare, rote Augen. Zum ersten Mal dachte sie verwundert daran, dass Lord Sesshoumaru keine roten Augen hatte. Der Dämon musterte hochmütig die Menschen, die vor ihm zur Seite wichen: "Bringt mich zu Lord Sesshoumaru. Ich habe eine Botschaft für ihn." Sie trat vor: "Kommt mit mir. Ich stehe ihm zu Diensten." "Du?" Der Dämon musterte sie rasch: "Ein Menschenmädchen?" Aber er kam näher: "Dann bring mich zu ihm. - Wie lange dienst du ihm? Seit zehn Minuten?" "Seit seiner Ankunft", erwiderte sie ein wenig verwirrt. Der Dämon blieb stehen: "Seit gestern morgen? Seit vierundzwanzig Stunden?" "Was ist?" "Wie hast du das denn angestellt? Bist du in sein Bett gekrochen? Ich hätte geschworen, dass dieser arrogante junge Hundebengel keinen menschlichen Dienstboten länger als ein paar Stunden am Leben lässt." "Still!" sagte sie hastig: "Wenn Lord Sesshoumaru das gehört hätte..." "Er hat gehört." Die ruhige Stimme hatte einen eisigen Klang. Der Dämonenprinz stand vor ihnen. Die Menschen in der Halle wichen hastig zurück, instinktiv Unheil ahnend. Der Bote warf sich unverzüglich auf die Knie: "Ah...verzeiht mir bitte...Gnade, Lord Sesshoumaru...." Er kannte den Sohn seines Herrn gut genug, um zu wissen, in welcher Gefahr er schwebte. "Deine Botschaft." "Hier, Lord Sesshoumaru..." Der Dämon zog eine Rolle aus seiner Kleidung. "Sakura." Sie nahm sie, wollte sie schon zu ihm bringen, als sie erstarrte. Aus der Hand des Hundedämons kam etwas wie ein langer dünner, leuchtender Faden, ähnlich, wie die Schnur einer Peitsche. Die Temperatur in der Halle schien zu sinken, denn alle spürten ein Frösteln. Die Menschen wussten nicht, dass dies die Energie des Dämonenprinzen war. Der Bote schrak zusammen: "Nein....Lord Sesshoumaru...ich bitte Euch...!" Das klang fast wie ein Aufschrei. Sakura hielt den Atem an, als eine leichte Handbewegung des Prinzen diese Peitsche durch die Gegend zischen ließ. Sie traf den unglücklichen Dämon, halbierte ihn förmlich. Licht leuchtete blendend hell auf. Als die Menschen wieder etwas sehen konnten, war von dem Boten keine Spur mehr zu entdecken. Hastig warfen sich alle flach auf den Boden, überzeugt, dass auch die wüsteten Gerüchte der Wahrheit entsprachen. Lord Sesshoumaru gab niemandem eine Chance, einen Fehler wieder gut zu machen. Und: dies war immerhin auch ein Dämon gewesen, ein starkes, mächtiges Wesen. Welche Kraft hatte der Dämonenprinz? "Sakura." Ihr Name ließ das Mädchen eilends aufspringen, allerdings nur, um sich vor ihn hinzuknien, ihm die Rolle zu bieten. Sie wollte sich keinen Fehler leisten, nachdem sie beobachtet hatte, wie die prompte Strafe aussah. Er nahm die Nachricht, drehte sich um und ging wieder zu seinen Zimmern. Die Menschen wagten erst jetzt, die Gesichter vom Boden zu nehmen, langsam aufzustehen. Als Sakura weiter zu den Räumen des Schlossherrn ging, bemerkte sie zum ersten Mal, wie andere sie mitleidig ansahen. Vermutlich stellten sie sich gerade vor, wie sie behandelt worden war. Sesshoumaru las den Brief langsam. Es war ein Bericht Yukis, ihres Haushofmeisters. Bei dem Gift handelte es sich um ein Mineral, das äußerst fein zerrieben worden sei. Diese Gesteinsart käme nur an wenigen Stellen in einem Gebirge, vor. Er rollte den Brief zusammen. Diese Information brachte ihn keinen Schritt weiter. Es wurde Zeit, dass er sich aus dieser Menschennähe entfernen konnte. Er war direkt froh gewesen, als dieser dumme Bote ihn beleidigt hatte. Ein wenig sich abreagieren zu können, hatte ihm gut getan. Aber er hatte seinem Vater ja versprochen, keinen Menschen zu töten. Sonst hätte gestern Abend schon Tamahato dran glauben müssen. Immerhin schien sich Yuki noch immer den Kopf über dem Gift zu zerbrechen, suchte gar ein Gegenmittel. Vielleicht käme er dann doch bald hier weg. Es waren schon vierundzwanzig Stunden, die er hier ausharren musste. Hoffentlich brachte der Besuch in der Weberei eine Aufklärung. Der Fürst hatte sofort alles stehen und liegen gelassen, als Sakura ihm ihre Botschaft überbracht hatte. Auf dem Weg durch die Halle hörte er, was hier inzwischen passiert war, und warf einen Blick seitwärts zu der jungen Dienerin. Yakuma hatte anscheinend eine glückliche Hand bei ihrer Auswahl gehabt, lebte sie doch nun schon vierundzwanzig Stunden in engem Kontakt mit dem Dämonenprinzen. Und sie zeigte keine Verletzung, schien auch nicht verängstigt oder hatte ihn gebeten, sie von dieser Aufgabe zu befreien. Er müsste seinen Haushofmeister dafür loben. Auch die übrigen Diener waren verwundert, dass Sakura noch lebte. Jeder hier wusste schließlich, dass sie schon manches Mal zuviel geredet hatte, etwas Falsches gesagt hatte, gerade auch gegenüber dem Haushofmeister. Sie konnten sich nur vorstellen, dass sie so bestraft worden war, dass man keine Verletzung sehen konnte. Denn, dass dieses vorwitzige Mädchen sich so beherrschen konnte, kein falsches Wort zu sagen, erschien ihnen äußerst unwahrscheinlich. Sakura schob die Tür beiseite, kniete nieder: "Lord Sesshoumaru...Fürst Takaeda." Der Dämonenprinz hatte noch den Brief in der Hand. Die beiden Menschen beobachteten mit leisem Gruseln, wie dieser plötzlich zu dampfen schien, sich dann in grünlichem Licht auflöste, ehe Sesshoumaru aufblickte: "Gehen wir." "Wie Ihr wünscht." Der Schlossherr neigte höflich den Kopf. Da sie keine andere Anweisung erhalten hatte, folgte Sakura den beiden. ************************************** Das nächste Kapitel heisst: Die Weberei. Und wer da keine Informationen erhält, wäre wohl selbst schuld. Wer so nett ist, mit einen Kommentar zu hinterlsassen, dem schicke ich wie immer eine ENS, wenn ich sehe, dass das neue Kapitel oben ist. bye hotep Kapitel 5: Die Weberei ---------------------- Freut mich, dass euch die Geschichte gefällt und ihr mitratet. Jetzt kommt ein wichtiges Kapitel. Viel Spass beim Lesen! 5. Die Weberei Als er neben Fürst Takaeda über den Schlosshof ging, wandte Sesshoumaru leicht den Kopf, versuchte, alle Gerüche und Geräusche zu ordnen. Er wollte hier endlich weg und dazu war es leider notwendig, zuerst einen Mörder zu überführen. So zu überführen, dass dieser menschliche Fürst es glaubte und den dann auch bestrafte. Das erschwerte seine Aufgabe deutlich. Warum nur hatte sein Vater diese Bedingungen gestellt? Sollte es eine Prüfung für ihn sein? "Nun, Lord Sesshoumaru: dies hier ist das Lagerhaus für die Fäden der Spinnendämonen." Der Schlossherr deutete auf ein Haus, vor dessen Tür zwei Samurai Wache hielten. Der Dämonenprinz blickte hin. Tatsächlich Wachen. Wie war es Sakura eigentlich gelungen, den Faden für ihn zu besorgen? Gab es da eine Möglichkeit, ungesehen hineinzukommen? Er müsste sie fragen. "Und hier ist die fertige Seide...Natürlich noch nicht sehr viel, wir haben Euch ja erst vor vier Monaten beliefert." Mit giftiger Seide, dachte Sesshoumaru, aber er betrachtete nur genau das Lagerhaus. Auch dort waren Wachen, auch da schien es unmöglich hineinzukommen. Aber es gab sicher einen Weg, der Giftmischer hatte es bewiesen. Hier waren es jedoch eindeutig mehr Samurai, als bei dem Lagerhaus mit den Fäden. Ein Mensch müsste schon sehr geschickt sein, um dort hineinzukommen. Der Fürst bemerkte den intensiven Blick: "Wünscht Ihr Euch die Seide anzusehen?" "Ja." Die Wachen blieben regungslos stehen, als der Hausherr und sein Gast näher kamen. Nur einer öffnete die Tür. Sesshoumaru sah einige Ballen der Seide liegen, ungefärbt. Tatsächlich wurden die Stoffe immer erst bei den Adressaten gefärbt und bestickt, je nach Geschmack des Kunden. Er blickte seitwärts, nickte leicht. Der Fürst beschloss, das als einen gewissen Dank zu sehen und führte seinen Besucher weiter. Fast am Ende des Schlosskomplexes lag die eigentliche Weberei. Auch hier befanden sich zwei Wachen. Als der Fürst eintrat, verneigten sich höflich die Aufseherinnen. Es war ein riesiger Raum. An gewiss drei Meter breiten Webstühlen saßen immer drei Mädchen im Alter zwischen neun und zwölf Jahren und schoben abwechselnd die für Menschenaugen kaum sichtbaren Fäden der Spinnendämonen hindurch. Viele dieser Fäden wurden für einen Zentimeter der kostbaren Seide verbraucht. Sesshoumaru blickte sich um. Unmöglich war es, dass eines der Kinder etwas vergiftete. Da waren Aufseher, die Tatsache, dass sie zu dritt an einem Stoff arbeiteten. Auch die Aufseherinnen konnten kaum etwas tun. Es waren über zehn und sich vorzustellen, dass diese alle unter einer Decke steckten.... Etwas berührte seinen Ärmel. So sah er hinunter. Ein Mädchen blickte zu ihm auf: "Ihr...Ihr seid ein Dämon?" "Verzeiht, Lord Sesshoumaru", sagte der Fürst eilig, der keine Lust hatte, eine seiner kostbaren Weberinnen zu verlieren. Das Mädchen zuckte zusammen. Wenn der ehrenwerte Fürst jemanden so höflich ansprach, war das sicher ein noch höherer Herr. Da war ihre Frage bestimmt unstatthaft. Aber sie hatte doch noch nie so jemanden gesehen, einen Dämon, obwohl sie Fäden von Dämonen zur Kleidung von Dämonen machten. Die Kleidung, die der Herr trug, war gewiss auch aus dieser Seide. Der Dämonenprinz betrachtete die kleine Weberin: "Ja", sagte er dann einfach und ging weiter. Fürst Takaeda holte erleichtert Luft, dachte dann aber daran, wie gelassen Lord Sesshoumaru gestern den Mordanschlag hingenommen hatte. Auch diese Sakura schien heil. Trotz der wilden Gerüchte war bislang keiner seiner Diener zu Schaden gekommen. Das einzige Wesen, das der Dämonenprinz getötet hatte, war einer der Diener seines eigenen Vaters gewesen. Und dieser hatte sich deutlich im Ton vergriffen. An den Gereden war also wohl nichts dran. Erleichtert ging er seinem Gast hinterher. Sesshoumaru blickte sich um. Er hatte einen Arbeitsplatz erreicht, an dem zwei Frauen die gewebten Seiden überprüften, wohl auf Fehler untersuchten. Dann wickelten sie sie auf und trugen sie zu einer Holzplattform. Dort lagen nun vier Ballen, den fünften hoben sie gerade an, um ihn ebenfalls hinüberzuschleppen. Sie zuckten zusammen, als sie plötzlich den hohen Gast neben sich erblickten. Für einen Moment zögerten sie. Es wäre schicklich, vor ihm auf die Knie zu fallen, aber da war der wertvolle Stoff. Sesshoumaru fasste die Seide und nahm sie ihnen ab, als sei sie nur ein Blatt Papier. Jetzt fielen die Frauen auf die Knie, während er den Ballen zu der Plattform trug. Dabei witterte er sorgfältig. Aber kein bisschen verriet, dass diese Seide schon präpariert worden war. Nein. Hier in der Weberei schien auch alles mit rechten Dingen zuzugehen. Er ahnte nicht, dass bald das Gerücht die Runde machen würde, wie freundlich er sei. Sakura hatte die Geste ebenfalls sehr nett gefunden. Aber dann fiel ihr auf, dass er an der Seide zu riechen schien. Es war fast so wie mit diesem Faden, den sie ihm hatte besorgen sollen. Was tat er da? Was hatte er vor? Irgendwie schien es ihr, als sei das hier nicht einfach ein Jahrestagsbesuch. So freundlich das auch gewesen war, den beiden Frauen die Seide zu tragen - er hatte etwas anderes bezweckt. Fragen könnte sie allerdings schlecht. Sie hatte die Szene mit dem Boten zuvor nicht vergessen und legte keinen Wert darauf, dass er sie bestrafen würde. Eine Glocke klingelte und die Weberinnen standen auf. Der Dämonenprinz drehte sich fragend zu seinem Gastgeber. "Sie haben Mittagspause", erklärte Fürst Takaeda: "Hungrige Weberinnen arbeiten schlecht." Sesshoumaru beobachtete, wie alle Weberinnen und Aufseherinnen die Halle verließen. War das die Zeit, die Gelegenheit für den Giftmischer? Aber da kam schon Yakuma, der Haushofmeister mit zwei Dienern herein, verneigte sich tief: "Oh, mein Fürst...Lord Sesshoumaru...Verzeiht. Ich wusste nicht, dass Ihr hier seid." "Mach nur deine Arbeit", meinte der Schlossherr und blickte zu seinem Gast: "Yakuma kennzeichnet die Ballen nun und gibt ihnen Nummern. Erst dann werden sie ins Lagerhaus getragen. So wird sichergestellt, dass kein Ballen verloren geht. Das macht er immer mittags und abends." "Das System scheint perfekt", dachte Sesshoumaru. "Aber ich muss etwas übersehen. Irgendwie muss das Gift zu der Seide gelangt sein. Nun, es ist nicht gesagt, dass auch die diesjährige Seide vergiftet wird. In diesem Fall hätte ich jedoch keine Chance, den Giftmischer zu finden. Ich würde versagen." Und genau das durfte nicht passieren. Was würde sein Vater von ihm denken. Geistesabwesend beobachtete er, wie Yakuma aus seiner Tasche eine Bürste zog, die Ober - und Unterseite der Ballen fast andächtig nachstrich, ehe er mit einer kleinen Feder am oberen Ende eine Nummer aufschrieb. Dann nahm einer der Diener den Ballen, um ihn ins Lagerhaus zu schaffen. Der andere blieb abwartend stehen, wartete auf seinen Ballen. Ehe er ihn bekam, war der erste bereits wieder zurück. "Verzeiht, Lord Sesshoumaru..." machte Fürst Takaeda vorsichtig: "Wünscht Ihr noch etwas zu sehen?" Der Dämonenprinz wandte sich ab. "Im Augenblick nicht. Ich werde mich wieder in meine Zimmer begeben." "Gewiss. Darf ich Euch heute Abend zu einem Gartenfest einladen? Ich habe Feuerwerker hergebeten." Nicht noch ein Fest, dachte Sesshoumaru. Aber er war zu selbstbeherrscht, um nicht seinen Vater zu zitieren: "Danke, für die Mühe, die Ihr Euch macht, Fürst Takaeda." Jetzt war er schon achtundzwanzig Stunden hier. Und es sah nicht so aus, als ob er bald weg käme. Er musste in Ruhe nachdenken. Er hatte sicher etwas Entscheidendes übersehen. Zumindest, wenn auch die diesjährige Seide vergiftet wurde. Und er betete zu allen Mächten des Himmels und der Hölle, dass dem so sei. In seinem Zimmer kniete sich Sakura wieder neben der Tür nieder, blickte zu Boden, obwohl sie ihn gern gemustert hätte. Irgendetwas war hier los, das wusste sie, aber ihr war auch klar, dass sie nicht fragen durfte. "Sakura." "Lord Sesshoumaru?" "Sieh mich an." Sie hob etwas den Kopf. Er stand direkt vor ihr und so betrachtete sie die Schleife, die seinen Gürtel bildete. "Nein. Sieh mir ins Gesicht." Diesem Befehl durfte sie nicht zuwiderhandeln und so blickte sie empor, obwohl sie den Kopf in den Nacken legen musste. Er war wirklich groß gewachsen. Sie begegnete einem bernsteinfarbenen, kühlen Blick. Er sah so jung aus, vielleicht so alt wie sie selbst, aber sie hatte gehört, dass er schon weit über hundert Jahre alt war. Wie langsam alterten Dämonen? "Ich befahl dir, mir einen Faden der Spinnen zu bringen. Woher hattest du ihn?" "Aus dem Lagerhaus." "Es ist verboten, dort hinzu gehen. Und es stehen Strafen darauf, wenn eine Dienerin dort hingeht." "Ja, Lord Sesshoumaru." Was sollte sie sonst sagen? Es stimmte. Aber was wollte er denn jetzt? "Dennoch bist du in das Lagerhaus gegangen? Da sind Wachen." "Oh", dachte sie: "Meint er vielleicht, ich hätte ihn betrogen?" Das wäre mit Sicherheit nicht gut für sie. So versuchte sie, seinem Blick standzuhalten, empfand das aber als schwer: "Ja." "Was ja?" "Ja, ich habe Euch diesen Faden aus dem Lagerhaus gestohlen. Ja, da waren Wachen und wenn sie mich gesehen hätten, wäre ich ausgepeitscht worden." Im gleichen Moment hielt sie sich die Hände vor den Mund. Wieder einmal war ihr etwas herausgerutscht, das sie besser anders gesagt hätte. Und ihr Tonfall war mit Sicherheit unangebracht gewesen. Er machte nur eine kleine Bewegung mit der Hand, aber etwas traf sie mit solcher Gewalt, dass sie zwei Meter weiter durch die Luft flog. Der Aufprall war schmerzhaft, aber sie raffte sich hastig zum Knien auf, warf sich vor. Sie hatte schon zu oft solche Situationen erlebt: "Verzeiht..." "Ich begreife, warum dieser Yakuma meinte, du würdest bei mir nicht lange leben." Das klang fast nachdenklich. "Sieh mich wieder an." Sie gehorchte, versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken. Er trat erneut vor sie: "Wie bist du in das Lagerhaus gelangt?" "Auf der Rückseite, da ist ein Brett locker. Jemand, der so schmal wie ich ist, kann dort hindurchschlüpfen." Sie log nicht, das hätte er gewittert. Sie hatte nicht einmal sonderlich Angst vor ihm. Hatte sie zu oft schon durch solche Bemerkungen sich Ärger eingehandelt? "Wer außer dir weiß von diesem Brett?" "Niemand, denke ich. Ich fand es nur einmal durch Zufall, als..." "Als?" Sie zögerte, aber als er langsam die Hand hob, verstand sie das durchaus richtig als Drohung und war froh, dass er wegen zuvor nicht mehr wütend war, wie es wohl ein Mensch gewesen wäre. "Ich hatte da Yakuma-san eine unhöfliche Antwort gegeben und er ließ mich für eine Strafe suchen." "Hat das Lagerhaus für die Seiden auch ein loses Brett?" "Nicht, dass ich wüsste." "Untersuche es." Sie starrte zu ihm auf. Etwas ärgerte sie an der ganzen Sache: "Was soll das? Hinter Euren Fragen steckt doch etwas?!" In jäher Panik begriff sie, was sie da gerade abermals getan hatte, keine zwei Minuten nach der letzten Strafe. Und diesmal würde es sicher mehr wehtun - falls er sie nicht gleich tötete. Sie hatte es geschafft, sich die ganzen Stunden zu beherrschen. Und jetzt das. "Weißt du, was ich mit vorlauten Dienern tue?" Das klang fast sanft. Sie mochte es eigentlich auch gar nicht wissen, wagte aber nicht, die Antwort zu verweigern: "Nein, Lord Sesshoumaru." Sie wollte um Gnade bitten, aber ein Dämon kannte sicher keine. So sagte sie es anders: "Ich kann Euch nur bitten, mich nicht über meine Kräfte zu bestrafen." Der Dämonenprinz musterte sie. Sie war anmaßend, unhöflich gewesen, aber sie war bislang recht nützlich. Und sie war klug genug, um zu erraten, dass er an der Seide und ihrer Herstellung interessiert war. Außerdem gefiel ihm, dass sie nicht weinte, um Gnade flehte, ihn anjammerte, sie zu verschonen. Sie wusste, dass sie Strafe verdient hatte und würde sie akzeptieren. "Geh und sieh dir das Lagerhaus für Seide an. Danach werde ich dich bestrafen." Er wandte sich ab und blickte aus dem Fenster. Er machte es von ihrer Leistung abhängig. Sakura schluckte ein wenig, stand aber auf. Immerhin hatte sie eine gewisse Frist bekommen. Wenn er sie nicht im ersten Zorn bestrafte, wagte sie zu hoffen, dass er Milde walten ließ. Aber wozu erst der Auftrag? Wollte er sie danach töten? War das ihre letzte Nutzanwendung? Allein, sie konnte nur gehorchen. So ging sie in den Hof. Hoffentlich würde sich niemand wundern, warum sie so um das Lagerhaus herumschlich, aber es war heiß in der Mittagsglut und der Hof vollständig leer. Selbst die Wachen hatten sich in den Schatten der Schlossgebäude zurückgezogen. "Was tust du hier?" Sie fuhr herum. Ein Samurai musterte sie. "Lord Sesshoumaru schickte mich her, " sagte sie einfach. "Er habe hier etwas verloren ..." "Ach ja, du bist ihm ja zugewiesen. - Jetzt hast du aber nichts gefunden. Also, geh. Sonst muss ich dich melden." "Ja, danke." Sie ging hastig. Immerhin war sie hier um eine Bestrafung herumgekommen. Aber was nun auf sie wartete...Sie wollte es sich nicht einmal vorstellen. Als sie jedoch niederkniete, den Rücken des Dämonenprinzen betrachtete, konnte sie nicht verhindern, dass Furcht in ihr aufstieg. "Nun?" fragte er, ohne sich umzudrehen. "Ich konnte kein loses Brett finden, Lord Sesshoumaru. - Eine der Wachen sprach mich an. Ich sagte, Ihr hättet mich hingeschickt, weil Ihr dort etwas verloren hättet. Das erschien mir ein guter Vorwand zu sein." Sie dachte mit. Immerhin etwas. Er konnte ihre Angst wittern. Ihr war klar, dass ihre Strafe noch ausstand. Er drehte sich um, hob ein wenig die Hand. Sakura starrte unwillkürlich die langen Finger an, die so menschenähnlich waren, und doch wieder nicht. Etwas schien leise zu knacken, als er die Hand versteifte. Sie sah nur eine kleine Bewegung, aber erneut traf sie etwas, das sie diesmal gegen die Wand fliegen ließ. Sie rang nach Atem, als sie heftig auf den Rücken prallte. Für einen Augenblick blieb sie regungslos auf dem Boden liegen. Das war härter gewesen als das erste Mal, aber sie wusste nur zu gut, dass er Rücksicht darauf genommen hatte, dass sie ein Mensch war. Mit etwas mehr Nachdruck hätte er sie mühelos töten können, sogar, ohne sie auch nur direkt zu berühren. Sie raffte sich auf, kniete sich wieder hin. Er drehte sich um, sah wieder aus dem Fenster. Mit gewisser Erleichterung schloss sie daraus, dass nichts weiter passieren würde. Aber sie nahm sich vor, ihre Zunge zu hüten. Ein drittes Mal würde es sicher nicht so glimpflich abgehen, auch, wenn ihr Rücken noch immer wehtat. Aber wenn sie bedachte, wie Yakuma-san sie manchmal strafen ließ, war der Dämonenprinz nachsichtig gewesen. *********************************** Nachsichtig ist ein Wort, dass nicht sehr viele Leute mit dem Dämonenprinzesn verbinden würden.Sakura hatte es noch nie sehr einfach... Das nächste Kapitel heisst: Die Vermutung. Und habt ihr welche über das wie? Kommentare würden mich, wie imemr, sehr freuen. bye hotep Kapitel 6: Die Vermutung ------------------------ Hallo, langsam kommen wir zur Sache. Seine Lordschaft hat eine Idee... 6. Die Vermutung Abends bei dem Gartenfest war der Ehrengast recht schweigsam. Fürst Takaeda glaubte, dass dem Dämonenprinzen die Musiker und Tänzerinnen gefielen, da er in diese Richtung blickte, und war zufrieden. Sesshoumaru nahm sie nicht einmal wahr. Wie schon den ganzen Nachmittag drehten sich seine Gedanken um die giftige Seide. Immer wieder ging er alles durch. Aber es blieb nur eines. Das System war so gut abgeschirmt, dass es einem Fremden vollständig unmöglich war, einzudringen, etwas zu vergiften. Aber auch jemand aus dem Schloss kam nicht ohne weiteres an die Seide heran, nun, nie war jemand allein. Fürst Takaeda hatte seine Fabrikation gut gesichert. Aber wie war das Gift nur an die Seide gekommen? Und wer hatte es getan? Er hatte etwas übersehen, oder dieses Jahr wurde die Seide nicht vergiftet. Das wiederum würde bedeuten, dass der Giftanschlag nur auf ein Jahr beschränkt wäre, nur auf Dämonen gerichtet war, die zufällig Seide aus diesem Jahrgang tragen würden. Unwahrscheinlich, selbst, wenn man annahm, dass der Giftmischer nur ein Mensch war. Nein. Er musste etwas übersehen haben. Und es waren nun schon siebenunddreißig Stunden, die er hier war, unter diesen begrenzten Wesen. Er erhob sich, sah zu seinem Gastgeber: "Ich gehe ein wenig, bleibt nur", und verschwand in der Dunkelheit. Er musste einmal aus diesem Menschengetümmel weg. Irritiert blieb er stehen, da er hörte, wie Sakura ihm folgte. Aber natürlich. Er hatte ihr keine andere Annweisung gegeben. "Geh zurück." Sie gehorchte sofort und er setzte seinen Weg in den Garten fort. Der auffrischende Wind trieb ihm einen Geruch zu. Tamahato. Er schien sich ebenfalls im Garten aufzuhalten. Dieser Neffe des Fürsten hasste alle Dämonen. Und er war ein Takaeda, alle Wachen waren auf diesen Namen eingeschworen, würden wohl auch seinem Befehl gehorchen. Tamahato erstarrte, als er sah, wer aus der Dunkelheit auf ihn zukam: "Ihr! - Wenn Ihr mir nicht den Arm gebrochen hättet, würde ich Euch wirklich liebend zu einem Schwertkampf auffordern. Ich möchte Euch zu gerne tot sehen." "Selbst, wenn Ihr ein Schwert in der Hand hättet und ich keines, wärt Ihr tot. Ihr habt keine Ahnung, wer ich bin." Das klang ruhig. "Es genügt, wenn ich weiß, was." "Dummkopf. - Wenn ich nicht hier zu Gast wäre, hätte ich schon mehr als genug Gründe gehabt, Euch zu töten. Und ich töte nie ohne Grund." Sesshoumaru wandte sich ab und verschwand wieder in der Dunkelheit. Dieser Zwischenfall hatte ihm wieder bestätigt, wie unbedacht dieser Mensch war. Und wie dumm. Solch ein Narr, sich mit ihm anlegen zu wollen. Das brachte ihn auf eine Idee. Einzelne Gedanken entstanden und verwebten sich zu einem Muster. Tamahato mit dem Messer.. Eine Bemerkung von Fürst Takaeda... Kräuter und Arzneien... Die wohl bewachten Lagerhäuser.. Die Weberei mit den vielen Kindern und Aufseherinnen... Die Seidenballen, die alle durchnummeriert wurden... Ja, das musste es sein. Es war die ganze Zeit vor seinen Augen gewesen und er hatte es nicht gesehen. Langsam kehrte er zu dem Gartenfest zurück, nahm wieder an der Seite des Fürsten Platz. Noch einmal überprüfte er seinen Gedankengang. Aber er kam zu keinem anderen Ergebnis. Das musste das "wie" sein. Und damit hatte er auch das "wer". Aber leider genügte das in diesem Fall nicht. Sein Vater hatte gesagt, er müsse Fürst Takaeda überzeugen. Und dieser war gewiss kaum zu überzeugen, wenn er keine Beweise vorlegen konnte. Handfeste Beweise. Und dazu gehörte auch, dass er eine Information von Yuki, ihrem Haushofmeister, noch bekam. Die holte er am besten persönlich. Das würde am schnellsten gehen. Nach dem Feuerwerk zog sich Sesshoumaru in sein Zimmer zurück. Während sich Sakura neben der Tür niederließ, blieb er stehen, drehte sich um. "Ich habe einen Auftrag für dich. Du weißt, wo die Zimmer aller Bewohner des Schlosses sind?" "Ja, Lord Sesshoumaru." Sie blickte wie immer höflich zu Boden. "Ich will, dass du mir etwas aus einem Zimmer holst." Sie hob ruckartig den Kopf. Ohne nachzudenken, platzte sie heraus: "Nein!" Im gleichen Moment begriff sie entsetzt und warf sich flach auf den Boden: "Hört mich an...bitte..." Da er schwieg, schien es ihr, als ob sie erklären dürfe. Ohne das Gesicht von den Fliesen zu nehmen, sagte sie: "Es mag Euch unbekannt sein...aber wenn ein Diener hier im Schloss etwas aus einem Zimmer stiehlt...Fürst Takaeda lässt ihn vierteilen." "Soll ich es gleich tun?" Sie schluckte. Was war das für eine Wahl? Beharrte sie auf ihrer Weigerung, geschah es sicher und sofort. Versuchte sie, ihm das Gewünschte zu bringen, hatte sie immerhin den Hauch einer Chance, dass niemand sie bemerken würde. Ihr Leben war noch nie sehr einfach gewesen, aber in diesem Moment wusste sie, dass sie dennoch daran hing. So murmelte sie: "Was, wünscht Ihr, soll ich besorgen?" Er sagte es ihr. Ohne zu verstehen, rutschte sie etwas, kniete wieder: "Ich...aber jetzt wäre es schlecht...er ist sicher in seinem Zimmer." "Ja. Morgen früh. Bis dahin bin ich auch wieder da. Du darfst dich ins Bett legen." Er sprang mit einem Satz aus dem Fenster. Sakura starrte ihm überrascht hinterher, stand dann aber auf und sah neugierig hinaus. Sie bemerkte noch einen riesigen, weißen Hund, der sich mit großen Sprüngen vom Schloss entfernte. Jetzt fiel ihr wieder ein, dass er ein Hundedämon war. Sie wandte sich um. Immerhin durfte sie im Bett schlafen, wobei sie zu bezweifeln wagte, dass sie viel Schlaf finden würde. Ihre Aufgabe morgen früh könnte leicht ihre letzte sein. Fürst Takaeda hatte stets hart durchgegriffen, wenn ein Diener gestohlen hatte, aus welchem Grund auch immer. Hoffentlich würde er einsehen, dass man Lord Sesshoumaru schlecht widersprechen konnte. Bei Sonnenaufgang erhob sich Sakura. Sie hoffte, dass sie jetzt nicht weiter auffallen würde, ginge sie durch das Schloss. Das Personal war bereits wach, aß etwas, ehe es an die Arbeit machte und die Herrschaften waren gewiss schon unterwegs zu ihrem Morgenbad. Sie blickte sich um. Lord Sesshoumaru war noch nicht zurück, aber wenn er da war, brächte sie ihm das Gewünschte besser. Was das wohl sollte? Ihr war klar, dass er irgendetwas zu suchen schien, offenbar mit einer bestimmten Absicht hergekommen war. Aber sie nahm sich fest vor, ihre Zunge zu hüten. Bislang war er relativ nachsichtig mit ihr gewesen, wenn sie das mit dem Boten verglich, den er ja sofort getötet hatte. Sie wollte kein Risiko mehr eingehen. Bestimmt würde er bald wieder abreisen. Sie müsste dann eben wieder die Bäder putzen, da Yakuma-san sicher weiterhin beabsichtigen würde, sie zu ärgern. Sie atmete noch einmal tief durch, ehe sie das Zimmer verließ, hinaus auf den Gang trat. Mochten die Götter ihr beistehen, dass sie dieses Abenteuer heil überstehen würde. Sie würde sich auch nie wieder bei ihnen beklagen, wenn sie die Latrinen putzen sollte. Die Gänge im Schloss waren relativ leer und keiner der Dienstboten, denen sie begegnete, kümmerte sich um sie. Sie alle wusste ja, dass sie dem Dämonenprinzen zugeteilt worden war, und nahmen an, sie müsse etwas erledigen für ihn. Das stimmte sogar, dachte sie. Da sie sich nicht ganz sicher war, benötigte sie eine Weile, ehe sie das richtige Zimmer fand. Sie sah sich fast bewundernd um. Solch ein Schlafzimmer...Aber sie hatte keine Zeit zu verlieren, falls man sie hier fand, drohte ihr die härteste Strafe, die Fürst Takaeda zu verhängen pflegte. So sah sie sich hastig um. Da war ein Lager am Boden, eine Kiste für die Kleidung...Kästchen. Sie begann, die Kiste mit der Kleidung zu durchsuchen. Vermutlich würde das doch versteckt sein? Als sie alle Stoffe bis zum Boden untersucht hatte, ordnete sie sie wieder, wandte sich den Kästchen zu, suchte in hektischer Eile. Je länger sie hier blieb, umso größer wurde die Gefahr. Allerdings wagte sie auch nicht, mit leeren Händen zurückzukehren. Im letzten Kästchen bemerkte sie etwas Verheißungsvolles. Sie nahm den kleinen Beutel, öffnete ihn. Staub. Das war das, was Lord Sesshoumaru haben wollte. Sie schloss glücklich die Faust darum. Wenigstens hatte sie es. "Sakura!" Sie fuhr herum. Hinter ihr standen Yakuma-san und ein Diener. Der Haushofmeister schoss auf sie zu, riss sie mit dieser Kraft nach oben, die sie schon einmal so erschreckt hatte: "Diebin!" keuchte er: "Nichts als eine gemeine Diebin. Aber jetzt haben wir dich erwischt...!" Sie versuchte, sich zu wehren, sich loszureißen, die Faust fest um ihre Beute gepresst, aber es war sinnlos. Und jetzt kam auch noch der andere Diener dazu, fasste ihren anderen Arm. Sie fiel auf die Knie, versuchte, zu treten, zu fliehen, obwohl sie wusste, dass man sie suchen würde - und auch finden. Ihre Panik war übermächtig. Die Männer schleiften sie mehr, als sie selbst ging, durch die Gänge, zum Arbeitszimmer des Schlossherren. Die Wachen dort vor der Tür erhoben sich, als der Haushofmeister ihnen sagte, sie sollten mitkommen, es handele sich um eine Bestrafung. Fürst Takaeda saß auf einer Matte, sein Sohn Ito und sein Neffe Tamahoto knieten neben ihm, alle tranken ihren Morgentee. Sakura wurde buchstäblich vor sie geworfen. "Eine Diebin, Herr!" keuchte Yakuma: "Ich wusste immer, dass sie zu nichts taugt!" "Du hast gestohlen?" fragte der Fürst erstaunt: "Wieso hast du deine Pflicht bei Lord Sesshoumaru verlassen?" Das beunruhigte ihn im Moment mehr. "Lord...Sesshoumaru ist gerade nicht da", antwortete sie. Was sollte sie nur tun? Sollte sie sagen, sie habe auf Befehl des Dämonenprinzen das Zimmer durchsucht? Und hier das in der Faust, das er haben wollte? Aber wie würde Lord Sesshoumaru darauf reagieren? Würde er sie dann umbringen? So oder so sah ihre Zukunft nicht besonders gut - oder besonders lang - aus. "Und kaum ist er nicht da, machst du dich auf zu stehlen? Du wolltest stehlen?" fragte der Fürst. Sakura überlegte verzweifelt, was sie tun sollte. Aber, ja, sie hatte gestohlen, hatte hier in der Faust etwas, das ihr nicht gehörte. Immerhin schien es noch keiner bemerkt zu haben. Aber dann würde sie Lord Sesshoumaru verraten. Und er würde sie bestimmt bestrafen. Freilich, so würde sicher Fürst Takaeda sie strafen... Der Fürst winkte und die beiden Samurai knieten neben dem liegenden Mädchen nieder, fassten ihre Arme und Beine. Entsetzt verstand sie. "Ich werde es selbst tun, mein Fürst", sagte Yakuma. Mit jäher Wut begriff sie, dass er es genießen würde, sie leiden zu sehen. Sie würden sie jetzt so lange schlagen, bis sie zugab, eine Diebin zu sein. Und dann würde Fürst Takaeda ihr Urteil sprechen. Wo blieb nur Lord Sesshoumaru? Er war der einzige, der ihr in dieser Situation vielleicht noch helfen konnte. "Für gewöhnlich mag ich solche Befragungen nicht", meinte Tamahato: "Besonders bei Frauen sieht das immer jämmerlich aus. Aber da es eine trifft, deren Mundwerk zu vorlaut ist, werde ich das Schauspiel genießen." "Sakura." Der Fürst klang ruhig: "Bevor du Schmerzen erleidet: gestehst du, dass du stehlen wolltest? Das Vertrauen, dass dieser Clan sich gegenseitig entgegenbringt, missbrauchen wolltest? Diebstahl im Haus ist Verrat an der Familie. Du weißt, welche Strafe darauf steht." Oh ja, das wusste sie. Sakura spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Instinktiv wollte sie sich wehren, wollte fliehen, aber der Griff der Samurai war zu fest. Sie hörte, wie sich der Haushofmeister über ihr aufbaute und spannte sich unwillkürlich an. Etwas pfiff durch die Luft, traf sie mit einer Gewalt, wie sie es noch nie empfunden hatte. Sie war schon einige Male geschlagen worden, aber noch nie hatte der Schmerz sich so erbarmungslos angefühlt. Nie zuvor hatte ein Schlag nicht nur ihre Haut, sondern auch ihr Fleisch zerrissen. Die Luft wurde förmlich aus ihren Lungen gepresst, als sie aufschrie. Sie bäumte sich im harten Griff der Samurai auf, aber es war sinnlos. "Nun?" fragte der Fürst. Sie spürte, wie Tränen über ihr Gesicht liefen, fühlte den ungeheuren Schmerz. Sollte sie sagen, dass sie gestohlen hatte? Im Auftrag des Dämonenprinzen? Aber was wäre dann? Würde dann dieser Schmerz aufhören oder würde es noch schlimmer? Erneut schlug der Haushofmeister zu. Sakura entrang sich noch ein Schrei. Fühlte es sich auch so an, wenn man von den Ochsen zerrissen wurde? Die Qual breitete sich von ihrem Rücken aus, erfasste ihren gesamten Körper. Was sollte sie nur tun? Den Fürsten um Gnade bitten, versuchen zu erklären? Aber was würde dann Lord Sesshoumaru mit ihr machen? Er hatte einen Plan gehabt, das war ihr klar, und eine bestimmte Absicht. Wenn sie nun seinen Plan vereitelte - die Strafen eines Dämons waren sicher noch ärger als die von Menschen. Sie hielt sich so nur an einem fest, als sie der dritte Schlag traf: sie musste schweigen, sie durfte nicht reden. Ihre Gedanken verschwammen, als der Schmerz eine neue Intensität erreichte. Schwärze legte sich vor ihre Augen und sie sehnte sich nach dem dunklen Abgrund, der Erlösung von ihrer Qual versprach. Vielleicht nur noch ein Schlag, ehe sie bewusstlos wurde... Yakuma holte erneut aus, als etwas ihm die Peitsche aus der Hand riss. Bestürzt fuhr er herum. Auch die anderen Männer sahen sich um, erkannten etwas Leuchtendes, wie eine dünne Schnur, das sich rasch in Richtung Tür zurückzog, in der Hand des Dämonenprinzen verschwand. **************************************************************** Arme Sakura..ein Lamm , an dem zwei Löwen..nun, eher ein Löwe und ein hund, zerren. Das nächste Kapitel ist dann das letzte und heißt: Der Täter. Wie gesagt, es war mein erster Ausflug in den Bereich Krimi, da war es noch nicht so viel. Wer so nett ist, und mir einen Kommentar hinterlässt, dem schicke ich eine ENS, wenn ich sehe, dass das nächste Kapitel on ist. bye hotep Kapitel 7: Der Täter -------------------- So, hier kommt auch schon das letzte Kapitel. Ich hoffe, die Lösung gefällt euch. 7. Der Täter Ohne die erschrockenen Mienen der Menschen zu beachten, ging Sesshoumaru zu dem liegenden Mädchen. Die Samurai ließen sie eilig los, aber sie blieb, wo sie war. Sie hätte nicht vermocht, sich zu bewegen. Der Dämonenprinz betrachtete den zerrissenen, blutigen Kimono, die tiefen Wunden der Schläge. Immerhin war sie noch bei Bewusstsein. "Hast du meinen Auftrag erfüllt?" Sakura hörte die Frage, wie aus weiter Entfernung. Sie versuchte zu antworten, aber sie brachte keinen Laut heraus. So nickte sie leicht, blickte zu ihrer Hand, die sich noch immer um ihr Fundstück klammerte. "Euren Auftrag, Lord Sesshoumaru?" erkundigte sich Fürst Takaeda ein wenig erstaunt. "Sie behauptete, Ihr wäret weg." "Ja." Jetzt würde er ziemlich viel mit diesen Menschen reden müssen. Aber dann hätte er seinen Auftrag erfüllt und käme endlich hier weg. Es waren schon siebenundvierzig Stunden. Er sah kurz in die Runde. Alle wichen unwillkürlich seinem Blick aus. Irgendwie strahlte er jetzt etwas aus, das nicht seiner Rolle als Gast entsprach, und sie bekamen Angst. Der feinen Nase des Hundedämons entging das nicht. Wie erbärmlich sie doch waren, dachte er. Und jetzt konnte er noch etwas wittern, ganz in seiner Nähe... Ja, das hatte er noch wissen wollen. Gut. Jetzt war alles klar. Er blickte zum Fürsten. "Mein Herr Vater, der mächtige Inu no Taishou sandte mich mit einem Auftrag zu Euch, Fürst Takaeda. Durch einen glücklichen Zufall war bemerkt worden, dass die Seide, die wir von Euch erhalten hatten, mit einem langsam wirkenden Gift versehen war, das nur und ausschließlich Dämonen tötet." "Ein Gift?!" echote der entsetzte Fürst. Das war das Ende der Geschäftsbeziehungen, der Ruin seiner Familie. "Aber...aber davon wusste ich nichts..." Sesshoumaru ignorierte ihn. "Eine unserer Dienerinnen starb daran. - So erhielt ich den Auftrag, herauszufinden, wie das Gift in die Seide kam und wer der Täter war." "Daher Euer genaues Interesse an der Seidenherstellung!" "Ja. - Ich stellte rasch fest, dass Ihr wirklich ein gutes Sicherheitssystem habt." "Danke..." Aber das nutzte wohl nichts mehr: "Äh...Lord Sesshoumaru, da Ihr das hier so sagt: wer war das?" Das musste er wissen. Wer hatte sie ruiniert? Egal, wer es gewesen war, er würde ihn eigenhändig umbringen. Kein Dämon, kein Mensch würde mehr seine Seide kaufen. Und was die Spinnendämonen sagen würden...Er wagte gar nicht daran zu denken. Der Dämonenprinz vernachlässigte die Frage. "Mein Herr und Vater wünschte, dass ich Euch Beweise bringe. So suchte ich nach einer Möglichkeit, die Seide zu vergiften, fand aber keine offensichtliche Schwachstelle." Er behielt eine Person im Raum unauffällig scharf im Auge. "Und mir war klar, dass der Täter jemand sein musste, der einen großen Hass ausschließlich gegenüber Dämonen empfinden musste. Am Abend des Banketts griff Tamahato mich an." "Tamahato?" Der Kopf des Fürsten fuhr herum: "Sag nicht...ich habe dich aufgenommen, wie meinen eignen Sohn...du hast doch nicht...uns ruiniert?" "Nein, ich war es nicht", gab der zurück: "Und Ihr solltet mit Euren Verdächtigungen vorsichtiger sein, Dämon!" "Ich sagte nicht, dass Ihr der Giftmörder seid." Der Dämonenprinz bemerkte, dass sich Sakura ein wenig zur Seite drehte, ein wenig mehr zu Bewusstsein kam. "Euer Hass auf Wesen meiner Art zeigt sich in einem heimtückischen Messerangriff, aber auch in der armseligen Aufforderung zu einem Schwertkampf. Ihr wisst nichts von Dämonen, kennt nicht ihre Macht, ihre Art. Es wäre Euch daher auch kaum möglich, ein Gift herzustellen, das gegen Dämonen wirkt. Auch seid Ihr seid ungezügelt, verfügt über keine Selbstbeherrschung. Ich traue Euch nicht zu, dass Ihr einen Plan beginnt, der erst in Jahrzehnten oder Jahrhunderten Dämonen tötet. Drittens habt Ihr dieses Schloss seid längerem nicht mehr allein verlassen, werdet Ihr doch als Sohn des Hauses erzogen. Viertens: Eure Kenntnisse in Tränken und Medizin sind die gewöhnlichen eines durchschnittlichen Menschen. Ungenügend für ein solches Vorhaben." Tamahoto rang nach Atem. So beleidigt worden war er in seinem ganzen Leben noch nicht. Sesshoumaru ignorierte ihn: "All das sind jedoch Punkte, die bei Yakuma nicht zutreffen." Der Haushofmeister starrte ihn an "Wollt Ihr jetzt erklären, warum ich nicht der Täter sein kann?" "Schweig, armseliger Halbdämon!" Das klang kalt. "Halbdämon?" echote der Fürst: "Aber...wie kommt Ihr...was soll das? Er ist der vertrauteste, beste meiner Diener..." "Ich witterte es zuvor." Der Dämonenprinz ließ den Haushofmeister nicht aus den Augen: "Und wage es nicht, zu fliehen. Mein Herr und Vater befahl mir, das Urteil Fürst Takaeda zu überlassen. Aber wenn du fliehen willst, übernehme ich die Sache." Halbdämon? Sakura wusste in diesem Moment, warum ihr seine Kraft immer so überaus groß vorgekommen war. Sie war übermenschlich. Sachlich fuhr Sesshoumaru fort: "Fassen wir zusammen: Yakuma ist ein Halbdämon, ein Wesen, dass von Dämonen verachtet wird. So konnte sich leicht ein gewisser Hass aufbauen, zumal er zu feig war, sich Dämonen zu stellen, sondern sich selbst unter den Befehl - und den Schutz- von Menschen begab. Seine Mutter war eine Kräuterkundige, eine Hexe im Wald. Sicher hat er in seiner Kindheit ihr oft geholfen, viel gelernt. Er kam neulich erst von einer Reise ins Kerogebirge zurück, wie Ihr bei dem Bankett erwähntet, Fürst. Dort sind die Gesteine zu finden, die bei der Herstellung des Giftes verwendet werden. Dies bestätigte mir heute Nacht unser Haushofmeister." "Es gibt aber keine Möglichkeit, wie er das Gift anbringen kann..." brachte Fürst Takaeda hervor: "Ihr irrt Euch sicher...auch, wenn er tatsächlich ein Halbdämon sein sollte." "Es gibt eine Möglichkeit. Wir beide haben ihm dabei zugesehen. Erinnert Ihr Euch, als wir in der Weberei waren? Die Aufseherinnen und Weberinnen hatten den Raum verlassen. Da kamen Yakuma und zwei Menschen. Er beschriftet jeden einzelnen Seidenballen, um sie zu nummerieren. Dann erst werden sie weggetragen. Und was tut er zuvor?" "Nichts...Lord Sesshoumaru..." Der Fürst war bestürzt. "Er nimmt eine Bürste und bürstet jeden einzelnen Seidenballen sehr sorgfältig ab. Dabei gelangt das Gift auf die Oberseite der Seide. Im Laufe der Lagerung sickert der feine Mineralstaub dann durch die Stränge der Seide. Je länger er liegt, je mehr er aber auch bewegt wird, umso tiefer dringt das Gift ein. - Ich gab Sakura den Befehl, in seinem Zimmer nach dem Gift zu suchen." Alle starrten die Dienerin an, die es jetzt schaffte, ihre Hand zu öffnen. Und jeder im Raum erblickte das Säckchen. "Dort ist der Gesteinstaub aufbewahrt", fragte der Dämonenprinz der Form halber. Ihr gelang es, zu nicken. Darum hatte er sie geschickt. Das wäre für ihn wohl giftig gewesen. Er hatte nicht unbedingt ihren Untergang dabei bewirken wollen. "Nun, Fürst Takaeda: Euer Haushofmeister hatte Gelegenheit, Mittel und Motiv." "Aber...aber.." Der Fürst starrte fast hilfesuchend zu seinem Sohn. Ito Takaeda schwieg meist, meinte nun aber: "Ich fürchte, die Darlegungen von Lord Sesshoumaru sind sehr logisch, Herr Vater. Und ein Haushofmeister fällt nicht auf, wenn er seine Pflicht überschreitet. Ich möchte mich ausdrücklich bei Euch und Inu no Taishou bedanken, Lord Sesshoumaru. Nicht viele, seien es Dämonen oder Menschen, wären so gerecht gewesen und hätten den wahren Schuldigen gesucht." "Nun ja", dachte Sesshoumaru: "Ich hätte euch ohne weiteres alle ins Jenseits befördert. Aber Vater ist da immer sehr gerecht. Vielleicht sollte ich auch besser die Einzelnen sehen, selbst, wenn es sich nur um Menschen handelt." Yakuma hatte gemerkt, dass die Aufmerksamkeit von ihm abgelenkt war. Zwischen ihm und der Tür befanden sich nur die zwei Samuraikrieger. Und er sah seine Chance. Unvermittelt fuhr er herum, rannte los. Es war schnell, unmenschlich schnell. Aber noch bevor er zwei Schritte gemacht hatte, spürte er eine Hand auf der Schulter, die ihn herumriss. "Ich hatte dich gewarnt." Sesshoumarus Rechte leuchtete in einem seltsam grünlichen Licht, das Fürst Takaeda und Sakura schon einmal gesehen hatten, als er seinen Brief so verbrannte. Ohne Anstrengung drang seine Hand in den Körper ein. Yakuma schrie auf, spürte, wie diese giftige Säure ihn buchstäblich aufzulösen begann, schrie immer weiter, ehe der Laut jäh abbrach. Sesshoumaru zog seine Hand zurück, wandte sich an den Fürsten: "Einen Menschen hätte ich Euch überlassen. - Entschuldigt den Unrat." Denn von dem Haushofmeister war nur mehr ein Häufchen schwarzer Asche übrig. "Bestie..." flüsterte Tamahato. Der Fürst nickte leicht: "Ich hätte ihn auch töten lassen. Er hat die Familie geschädigt, verraten. Oh...Lord Sesshoumaru, wäre es möglich, dass diese kleine, peinliche Episode unter uns bleibt?" Seine schöne Seidenherstellung!! "Diese Entscheidung liegt bei meinem Herrn und Vater." "Natürlich." Er konnte nur hoffen, dass der Herr der Hunde so großzügig wäre, das nicht in seinen Kreisen zu erzählen. "Oh, da ist ja noch Sakura. Du hast also dieses Säckchen gestohlen, aus dem Zimmer des Haushofmeisters. Wie ich schon sagte, ist Diebstahl innerhalb des Hauses Verrat an der Familie. Also wirst du von vier Ochsen zerteilt." Sie schluckte. Das war das, was sie befürchtet hatte. Sie hatte es mühsam geschafft sich zum Knien aufzuraffen. Aber der Schmerz ihres zerrissenen Rückens war noch immer eine Tortur. "Sie handelte auf meinen Befehl", erinnerte Sesshoumaru unerwartet: "Wollt Ihr mich vielleicht auch...?" "Nein, natürlich nicht. Aber sie kannte die Folgen für ihre Tat. Und auch, wenn ich mir bewusst bin, dass Ihr sie bei einer Befehlsverweigerung Eurerseits bestraft hättet...das ist das Schicksal von Dienern zweier Herren. Ich muss hart durchgreifen, sonst würde ich mein Gesicht vor allen meinen Gefolgsleuten verlieren. Sie hat gestohlen - soll man sie dann morgen noch im Schloss herumlaufen sehen?" "Niemand stirbt, weil er meinem Befehl gehorcht hat." Der Dämonenprinz sagte es ruhig, aber die Drohung dahinter war unverkennbar. Er will mich schützen, dachte Sakura noch, ehe eine gewisse Erleichterung nach der fürchterlichen Anspannung der letzten Minuten ihren Tribut forderte, und sie ohnmächtig zusammenbrechen ließ. Sie erwachte durch einen Schmerz, der selbst durch die Bewusstlosigkeit drang. Unwillkürlich versuchte sie sich zu wehren, hörte, wie jemand sagte: "Oh, sie erwacht, mein Herr...." Etwas berührte ihren Rücken...sie lag auf dem Bauch...Aber da waren keine Ketten, keine Geräusche von Zuschauern bei der Hinrichtung... So öffnete sie die Augen. Und erschrak. Neben ihr saß ein Mann undefinierbaren Alters, ein Bein angewinkelt, eines nachlässig angezogen. Die gesamte Körperhaltung verriet Arroganz, Machtbewusstsein. Aber sie hätte nicht die Zeichen im Gesicht sehen müssen, nur die langen weißen Haare, um zu verstehen, wer da neben ihr saß. "Inu no Taishou..." brachte sie heraus. Das war sicher kaum eine ordentliche Begrüßung, aber jemand drückte sie zu Boden, rieb offenkundig ihre Verletzungen ein, was ihr ziemliche Schmerzen verursachte. "Sakura heißt du?" fragte der Dämonenfürst. "Ja, ehrenwerter Fürst." Hoffentlich war das die richtige Anrede. Was tat er hier? Oder besser - wo war sie, denn sie bemerkte nun, dass dieser Raum sicher nicht im Takaeda-Schloss lag. Hatte etwa Lord Sesshoumaru sie nach Hause mitgenommen, damit sie am Leben bleiben konnte? Das wäre mehr als gnädig von ihm gewesen und sie konnte es sich eigentlich kaum vorstellen. "Sag einfach Herr. - Ich hörte, du hast mit meinem Sohn fast 48 Stunden ein Zimmer geteilt. Und das war nicht sein Werk." Er nickte leicht zu ihrem Rücken. "Ja, Herr." "Berichte." Sie zögerte. Sollte sie ihm einfach alles erzählen? Lord Sesshoumaru hatte doch seinem Vater gewiss schon Bericht erstattet. Was, wenn er da etwas anderes gesagt hatte? Aber ihr war klar, dass dieser scheinbar so freundliche Mann einer der mächtigsten Dämonenfürsten war, die es gab. Und er würde sicher auf einer Antwort bestehen. Sie blickte vorsichtig in sein Gesicht. Seine Augen waren nicht so eisig wie die seines Sohnes. Tatsächlich schien er fast amüsiert. Über sie? Warum? "Solche Loyalität ist bemerkenswert" meinte er: "Aber Sesshoumaru hat vor mir keine Geheimnisse." Er hatte anscheinend den Grund für ihr Zögern verstanden. Sie wollte kein Risiko eingehen, zumal der Heiler mit dem Verbinden ihres Rückens fertig war. So begann sie einfach, zu erzählen. Ohne ein Wort hörte der Dämonenfürst zu. Am Schluss berichtete sie noch, dass sie kurz vor ihrer Ohnmacht noch geglaubt hatte, der Prinz wolle sie schützen. "Aber nun denke ich, Lord Sesshoumaru wollte eher sich schützen, seinen Stolz." "Da hast du Recht. - Erwarte nichts von ihm, wenn ihr euch wieder seht." "Natürlich nicht, Herr." "Du scheinst eine gute Auffassungsgabe zu besitzen. - Neigi-san, Ihr habt gerade eine neue Assistentin bekommen." Der Fürst erhob sich in einer einzigen, geschmeidigen Bewegung. "Sakura, du wirst dem Heiler zur Hand gehen." Er verschwand und das Mädchen wandte irritiert den Kopf. Ihre Verwunderung stieg, als sie bemerkte, dass der Heiler ein Dämon war. "Neigi-san?" fragte sie vorsichtig nach. "Neigi-sama, für dich." Der Dämon betrachtete sie: "Nun, der Taishou hat es befohlen und so werde ich dich in die Lehre nehmen. Er irrt sich bei so etwas nie. Hast du schon einmal bei einem Heiler gearbeitet?" "Nein, Neigi-sama." Sie hatte immerhin schon einmal 48 Stunden mit einem Dämon verbracht. Und das überlebt. Neigi grinste plötzlich: "Oh....keine Angst, Kleines. Ich bin nicht so wie unser Prinz. Ich bin der Heiler. Ich töte niemanden. Überdies würde mich der Herr ganz schön zur Schnecke machen, wenn ich seine Anweisungen missachte." Sakura war erleichtert. Immerhin sah ihr Leben jetzt deutlich besser aus, als sie es vor drei Tagen vermutet hätte. Und sie nahm sich fest vor, viel zu lernen, um weder ihren neuen Lehrer noch den freundlichen Dämonenfürsten zu enttäuschen. Der Hausherr war über den Schlosshof gegangen, zum Schwertübungsplatz, streifte sich die Oberbekleidung ab. Sein Sohn erwartete ihn bereits mit dem Schwert in der Hand, den Oberkörper ungeschützt. Es würde ein Trainingskampf werden. Der Dämonenfürst nahm eine Klinge, die ihm ein Diener rasch brachte: "Nun, dann wollen wir einmal sehen, was du Neues gelernt hast, Sesshoumaru." Der Schwertlehrer des Prinzen sah mit gewisser Nervosität zu, als sich Vater und Sohn übermenschlich schnell aufeinander zu bewegten, obwohl er sicher war, dass sein Schüler einige neue Techniken erlernt hatte. Aber die Meisterschaft des Dämonenfürsten war kaum zu erreichen. Und er gab sich zu, dass er da einfach gern zuschaute. ********************************************** Wer würde da nicht gern zusehen? Sakura hat wenigstens einmal Glück gehabt. Über Kommentare würde ich mich sehr freuen. Ein kleiner Hinweis in eigener Sache: wer Lust hat, kann ja einen Blick in die "Höllenprinzessin " werfen. Dies ist allerdings kein Krimi... bye hotep Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)