Verloren? von black_wolf (Ein Kampf um das Leben eines Menschen) ================================================================================ Kapitel 6: Offenbarungen ------------------------ hab heut ma nix zu sagen XD nur eins: viel spaß beim lesen ;))) _______________ Kyoko rauschte aus der Tür heraus. Endlich war die Stunde beendet. Sie hatte sich gezogen wie Kaugummi und hatte doch im Endeffekt nichts gebracht, außer, dass sie sich beide einig waren, dass sie sich nicht ausstehen konnten. Nun ja, eigentlich wusste sie nicht, ob das auch auf Gegenseitigkeit beruhte, doch den Blicken nach zu urteilen, die Frau Dorimato ihr manchmal zugeschossen hatte, wusste ihr Psychiater auch nicht immer, was sie von ihr halten sollte. Gut so. Sie würde sie weiterhin verunsichern und verwirren. Wenn die nächsten Gespräche genauso einfach werden würden, würden die zwei Monate ziemlich rasch vorbei sein. Und die Therapie hätte nichts genützt. So in etwa war zumindest vorerst ihr Plan. Es konnte natürlich auch passieren, dass etwas Unvorhergesehenes geschehen würde. Sie musste sich noch einen zweiten Plan überlegen, um Überraschungen auszuschließen. >>Na ja, so dringend nötig habe ich Pläne dann doch wieder nicht. Ich bin Schauspielerin, Spontaneität gehört zu meinem Beruf. Mir wird schon noch was einfallen, wenn irgendetwas schief läuft.<< Besser gelaunt setzte sie ihren Weg fort. Sie bemerkte die Gestalt erst, als sie schon fast an ihr vorbeigelaufen war. Abrupt blieb sie stehen und wandte sich um. >>Oh nein. Da wartet ja schon die nächste Katastrophe.<< "Kanae. Was willst du hier?" "Nur mal gucken, wie's läuft." >>Die ist ja wieder garstig heute. Ich sollte mich vielleicht mal erkunden, was die Therapeutin mit ihr angestellt hat...Oder andersherum...<< dachte Kanae und beobachtete Kyoko. Die starrte währenddessen desinteressiert an die Wand neben ihr. "Kyoko?", fragte Kanae vorsichtig. "Was ist?", kam die Gegenfrage von Kyoko. Sie war sichtlich genervt. "Was habt ihr Zwei denn da drinnen besprochen?" Neugierig blickte Kanae Kyoko an. "Nichts wichtiges. Nur ein bisschen geredet." Gelangweilt drehte Kyoko sich um und wollte weitergehen, da hielt sie noch einmal inne. "Ach ja. Falls du Tsuruga-san irgendetwas erzählen solltest, halte ich den Deal zwischen uns für hinfällig, was zwangsweise bedeutet, dass die Therapie sofort abgebrochen wird. Hast du mich verstanden?" Eindringlich blickte Kyoko in Kanaes Augen. Die Angesprochene schluckte einmal, dann nickte sie. Sie musste unbedingt mit der Therapeutin reden. Sie hoffte, von ihr würde sie Antworten erhalten. >>Sie ist wirklich unheimlich geworden. Was geht bloß in ihrem Kopf vor? Wieso soll Ren nichts von der ganzen Sache erfahren? Das ist doch sowieso sinnlos. Immerhin hat er sie schon hierher gebracht, irgendwann wird er dann auch noch herausfinden aus welchem Grund. So etwas kann man nicht lange geheim halten.<< Kanae warf noch einmal einen Blick auf Kyoko und wandte sich dann schließlich der geschlossenen Tür zu aus der Kyoko eben gerade spaziert war. Sie wollte anklopfen, als die Tür auch schon aufgestoßen wurde. Heraus kam Frau Dorimato. "Ehm. Entschuldigen Sie. Ich nehme an, Sie sind Kyokos Therapeutin?" Frau Dorimato blickte zu ihr auf. Freundlich sagte sie: "Ja, die bin ich. Was kann ich für Sie tun?" >>Oh oh. Die sieht aber gar nicht gut aus. Ich muss unbedingt wissen, was da drinnen vorgefallen ist.<< "Ich bin Kyokos Freundin, Kanae. Ich hätte da eine Bitte an Sie." Als Kanae ihr Anliegen vorbrachte, schüttelte die Frau sofort mit dem Kopf. "Nein, nein. Das sind vertrauliche Informationen. Ich stehe unter Schweigepflicht. Es tut mir Leid, doch ich darf Ihnen nichts erzählen, solange der Patient nicht damit einverstanden ist. Doch wenn Sie eine Freundin Kyoko-Chans sind, dann hätte ich da auch noch eine Frage an Sie." Kanae sah sie abwartend an. Sie war leicht überrascht. >> Na jetzt bin ich mal gespannt, was sie mich fragen will, dass ihr nicht auch Kyoko beantworten könnte.<< "Wissen Sie etwas über Kyokos Vergangenheit?" "Tut mir Leid. Nur sehr wenig. Dass sie in Kyoto aufgewachsen ist und dass sie die Schule abgebrochen hat. Muss wohl nicht sehr gut verlaufen sein, ihre Kindheit. Als sie zu LME kommen wollte, wurde sie abgewiesen, sie hatte nicht das wichtige Gefühl: Zu lieben und geliebt werden zu wollen. Deswegen wurde ja auch die Love-Me-Section gegründet. Ich glaube, ihr Grund, weshalb sie ins Show-Business wollte, war Rache, doch näheres kann ich darüber auch nicht sagen. Fragen Sie am besten Ren Tsuruga. Er war seit dieser Zeit sehr oft mit ihr zusammen, einmal wegen ihren Jobs als Praktikantin, aber auch, weil sie Schauspielerin werden wollte. Ich glaube zwar, da läuft noch mehr, aber das steht jetzt auch in den Sternen, nach Kyokos Verwandlung. Er hat sie übrigens hierher gebracht, aber ich denke nicht, dass sie ihn noch erwischen werden, ich bin Kyoko vorhin begegnet, die beiden dürften nun schon wieder unterwegs sein. Ich habe ihn aber gebeten, Kyoko morgen wieder hierher zu fahren, falls Sie also noch mit ihm reden möchten, könnten Sie es morgen versuchen, auch wenn ich nicht versprechen kann, dass er nützliche Informationen für Sie haben wird." Frau Dorimato schwieg. >>Sie hat mich also tatsächlich angelogen. Ich muss herausfinden, was wirklich passiert ist. Also muss ich morgen unbedingt Ren Tsuruga sprechen. Hm...Bei ihr kam es so rüber, als würde sie nur wenig mit ihm zu tun haben. Vielleicht liegt bei ihm die Ursache für ihr Verhalten?<< Bei dem Gedanken sich mit dem attraktivsten und beliebtesten Schauspieler Japans zu unterhalten, bekam sie eine Gänsehaut. Diese Chance hatte nicht jeder und sie wusste auch nicht, wieso Kyoko eine tiefere Beziehung zu ihm leugnete. Das musste sie auch noch herausfinden. "Nun, ich danke Ihnen. Sie haben mir sehr weitergeholfen. Ich muss nun los, ein Seminar. Schönen Tag wünsch ich Ihnen noch, auf wiedersehen." Frau Dorimato verschwand hinter der nächsten Ecke. Sie hatte noch viel zu erledigen heute. Kanae währenddessen sah etwas perplex hinter der Therapeutin her. >>Was hatte die denn auf einmal? Nun ja, eigentlich ist sie ja ganz nett.<< Sie drehte sich ebenfalls um und verschwand nachdenklich aus dem Gebäude. Kyoko lief rasch um die Ecke und fand auch schon Ren Tsuruga abwartend auf dem gleichen Stuhl sitzend vor auf dem sie ihn zurückgelassen hatte. Als er sie erblickte, stand er auf und wandte sich ihr zu. Sein Gesicht war emotionslos wie eh und je. Doch als ein paar Leute hereinkamen, zeigte er wieder sein Lächeln, das vollkommen entzückt erwidert wurde. Kyoko schüttelte bei dieser Szene nur den Kopf. Dann ging sie an den staunenden Neuankömmlingen vorbei, ohne sich darum zu kümmern, ob Ren ihr folgte oder nicht. Sie wollte ja sowieso nicht, dass er sie zurückbrachte, doch daran gab es wohl keinen Weg dran vorbei. Wieder durchquerten sie das halbe Gebäude, bis sie zur Tür kamen. Dabei sprachen sie kein einziges Wort und ignorierten sich vollkommen. Als sie aus dem Eingang draußen waren, spürte Kyoko wie die Anspannung von ihr fiel. Ihr erster Tag beim Psychiater. Ein voller Erfolg, musste sie zugeben. Runde 1 ging an sie. Ein leichtes Lächeln legte sich um ihre Züge. Nicht mehr lange...Ihre Gedankengänge wurden abrupt von Ren unterbrochen, der sie mit einem ungeduldigen und zugleich undefinierbaren Blick musterte, bevor er mit genervter Stimme zu ihr sprach. "Kommst du nun endlich? Ich habe auch nicht ewig Zeit." "Ich komme auch allein nach Hause. Machen Sie sich bloß keine Umstände.", antwortete Kyoko kühl und wollte schon in die entgegengesetzte Richtung gehen, die Ren eingeschlagen hatte, da wurde sie nicht gerade sanft zurückgehalten. >>Oh oh. Er ist doch nicht etwa sauer??<< Mit einem überraschten Schrei wurde sie herumgedreht und blickte nun direkt in seine Augen, die vor unterdrückter Wut zu leuchten schienen. >>Ups, jetzt hab ich ein Problem. Wie stimme ich ihn wieder friedlich??<< Etwas verängstigt blickte sie ihn an. Diese Augen...Sie erinnerten sie wieder an etwas...So wurde sie schon einmal angeblickt, bevor man etwas Schreckliches von ihr verlangt hatte. Panik wollte sich wieder in ihr breit machen, doch sie unterdrückte sie. Nicht jetzt. Nicht hier. Nicht vor ihm. Und vor allem: Nicht schon wieder vor ihm! Sie konnte sich noch lebhaft an das letzte Spektakel erinnern, dass sie fabriziert hatte und bei dem er Zuschauer sein durfte. Darauf konnte sie gut verzichten. Aber das Gefühl flüchten zu müssen, blieb. Sie hatte mittlerweile den Blickkontakt unterbrochen, sie wollte nicht, dass er ihre Angst sah. Ihre Schwäche. Sie musste sich irgendwie befreien und sich bei ihm entschuldigen, für was auch immer. >>Ist er etwa nur deswegen sauer, weil ich gesagt habe, dass ich auch alleine nach Hause komme? Das ist doch kein Grund gleich auszurasten! Ach, was soll's.<< Sie seufzte innerlich auf. An ihrer Wortwahl konnte es auch nicht liegen, so unfreundlich oder verletzend waren die Worte ja gar nicht gewesen. Dann war es wohl ihr Tonfall gewesen. Oder? Sie spürte immer noch Rens Blicke. Sie durchbohrten sie förmlich. >>Mörderblick.<< kam es ihr ungewollt in den Sinn. Sie schrumpfte merklich neben ihm zusammen. Das schien auch endlich Ren zu bemerken, denn er ließ sie los und schob sie in Richtung seines Wagens. Kyoko blieb nichts anderes übrig, als sich zum Auto treiben zu lassen. Sie kam sich vor wie Vieh. Wie ein verlorenes Schäfchen, das zurück zu seiner Herde gebracht werden sollte. >>Verdammt! Wieso kümmert es ihn plötzlich was mit mir passiert?<< Frustriert ließ sich Kyoko in ihren Sitz fallen. Sekunden später wurde der Motor gestartet. Ihr Gesicht glich wieder einer Maske. Makellos. Doch innerlich brodelte sie. Sie verachtete das Leben, das ihr all das eingebrockt hatte und vor allem verachtete sie die Menschen, die versuchten, die alte Kyoko wieder zurückzubringen. Doch das würde niemand erreichen. Die Kyoko, die sie kannten, hatte sich verändert, ihr altes Ich war tot, gestorben, nicht mehr da. Wann begriffen sie das nur alle? Sie seufzte wieder. "Nur zwei Monate...", murmelte sie vor sich hin. Ren hörte sie zwar, ignorierte es aber. Es interessierte ihn schon, was mit ihr los war, doch es hatte wohl wenig Sinn, sie in diesem Zustand erreichen zu wollen. Oh ja. Sie hatte sich verändert. Drastisch. Das hatte er gleich zu Anfang gemerkt, hatte es aber nicht wahrhaben wollen. Er fragte sich, wo ihr Stolz und ihr Selbstbewusstsein geblieben war. Früher hatte sie sich doch nie unterkriegen lassen, war immer stur geblieben und hatte jede erdenkliche Hürde überwunden, um ihrem Ziel und Traum etwas näher zu kommen. Jetzt schien sie vollkommen zerbrochen. Diese eiserne Maske, die auch er beherrschte, zierte nun ihr Gesicht, ließ keine Gefühle mehr hindurchsickern. Sie hatte sich definitiv geändert. Und nicht unbedingt zum Besseren. Kyoko schaute sich desinteressiert die vorbeirauschende Umgebung an. Sie fühlte sich so schrecklich leer. Von der Wut war nichts mehr übrig geblieben, sie schien von der Finsternis ihres Herzens aufgesaugt worden zu sein. >>Bin ich jemals wieder imstande positive Gefühle wie Liebe für Mitmenschen zu empfinden?<< Und sie wusste die Antwort. Nein. Niemals wieder. Sie war gebrochen. Ihr Kampfgeist erloschen, nichts hielt sie mehr in dieser Welt außer ihr Versprechen. Oder besser gesagt ihr "Vertrag" mit Kanae. Ob sie ihn einfach brechen sollte? Niemand würde ihr es mehr übel nehmen können. Wenn sie nicht mehr war, war auch der Vertrag automatisch erloschen. Aber so viel Ehre besaß sie noch. Es waren doch nur zwei Monate. Doch der Gedanke daran, zwei Monate mehr mit ihren Albträumen und verworrenen Gedanken alleine sein zu müssen, ließ sie schaudern. Das hielt sie im Kopf nicht aus! Es war doch nur psychische Quälerei. Sie sollte dem allen ein Ende bereiten. Jetzt. Noch heute. Wenn sie wieder alleine war und sich versichern konnte, das niemand mehr über sie wachte wie über ein Kleinkind. Ja. Was machte es schon ein Versprechen zu brechen, wenn man hinterher sowieso nicht dafür büßen konnte? Doch insgeheim fühlte sie sich unwohl. Wenn sie sich mal etwas vorgenommen hatte, hatte sie nie aufgehört, bis sie es erreicht hatte. Und diese Psychiaterin in den Wahnsinn zu treiben, könnte noch recht amüsant werden. Sie dachte die ganze Fahrt über Pro- und Contra-Seiten eines Selbstmordes nach, hatte aber immer noch keine definitive Entscheidung getroffen, als Ren den Wagen vor ihrem Haus anhielt. Abwartend blickte er sie an. Sollte sie sich jetzt bedanken? Immerhin hatte er sie ja zurückgebracht...Leise seufzte sie auf. Diese Höflichkeitsfloskeln, die sie gelernt hatte, konnte sie nicht einfach so hinschmeißen, dafür waren sie viel zu sehr in ihr verankert. So bedankte sie sich bei Ren und bat ihn noch, auf eine Tasse Tee oder Kaffee mit reinzukommen. Dem Anstand wegen. Manchmal könnte sie ihre Erziehung wirklich verfluchen. Und dass sie diese nicht ablegen konnte, brachte sie ab und zu auch zur Weißglut. Wie in diesem Moment. Eigentlich wollte sie ja gar nicht, dass Ren mit hereinkam. Es war ihr unangenehm, dass er das Haus von innen sah. Er sollte sich lieber wieder auf den Heimweg oder zur Agentur machen. Hatte er nicht immer so viel zu tun? Wieso ausgerechnet heute nicht? Zudem hatte sie sich schon die ganze Zeit gefragt, wo Yashiro war, der wich doch nie von seiner Seite. Na ja, was sollte sie das schon kümmern? Es war ja Rens Leben und nicht ihres. Nach ein paar Sekunden stieg sie aus dem Auto aus und ging zur Haustür. Während sie den Schlüssel in ihrer Handtasche suchte, trat Ren neben sie. Beide gingen ins Haus. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen den beiden aus, bis Kyoko sie schließlich brach. "Wollen Sie Tee oder Kaffe?" Sie sprach mit kühler Stimme, wie immer. Es schien, als hätte sie Ren nie im Leben mal näher gekannt. Und das schmerzte ihn doch irgendwie. Wo war nur die alte Kyoko geblieben? "Kaffee.", sagte er daher nur und beobachtete, wie sie ihre Tasche in eine Ecke schmiss und dann in Richtung einer Tür ging, die höchstwahrscheinlich in die Küche führte. So war es auch. Unauffällig blickte er sich um. Persönliche Gegenstände konnte er keine erkennen, es war alles sehr einfach gehalten worden. Ein paar Schränke, in der Küche natürlich noch Herd, Spülbecken, Tisch usw., doch als er einen Blick ins Wohnzimmer erhaschen konnte, stockte er schon etwas. Es war nahezu leer. Er fragte sich schon, ob das wirklich das Wohnzimmer sein sollte, doch nachdem Kyoko ihm dieses Zimmer als das Wohnzimmer vorstellte, verwarf er diesen Gedanken sofort wieder und blickte sich nun nicht mehr vorsichtig um, sondern betrachtete alles etwas skeptisch. Ein Tisch, ein paar Möbel, zwei Stühle. Mehr nicht. Der Raum wirkte wirklich leer. Keine Bilder oder andere etwas wertvollere Gegenstände. Die Tapete war wohl noch das Schrecklichste an dem ganzen Raum. Sie sah aus, als stamme sie noch aus den 80'ern. Einfach grauenhaft. Entweder sie hatte, was das betraf, einen miserablen Geschmack oder die Tapete war schon vorhanden gewesen, als sie einzog und es hatte sie nur wenig gekümmert wie sie aussah. Die zweite Möglichkeit war für ihn wahrscheinlicher. Nun ja, es war Kyokos Haus. Er setzte sich auf einen der zwei Stühle und wartete, bis Kyoko es ihm gleichtat. Wieder breitete sich Schweigen aus. Doch dieses Mal war es Ren, der es brach. "Schönes Haus hast du." "Sie finden es doch grauenhaft, Tsuruga-san.", meinte Kyoko daraufhin nur und blickte aus dem Fenster. "Woher ich das weiß? Ich habe es vorhin an Ihrem Blick gesehen. Doch mir reicht es. Es muss ja nicht immer alles perfekt erscheinen, oder?" Nun sah sie ihn doch an. Er schien immer noch etwas überrascht zu sein, dass sie ihn so leicht hatte durchschauen können. Sie schnaubte nur abfällig. Dieser Blick wäre niemandem entgangen. "Nein, muss es nicht. Doch wenn ich an dein früheres Zimmer denke, muss ich sagen, dein Stil hat sich um einige Grade geändert. Wenn nicht sogar um 180°." "Menschen ändern sich nun einmal mit der Zeit. So auch ich. Wenn ich die Zimmer so gestalten wolle, wie ich mich fühlte und immer noch fühle, dann hätte ich jedes Zimmer anders einrichten müssen." "Und welche Gefühle sind das, Kyoko-Chan?" Er war schon neugierig, was sie in ihrem Inneren fühlte, denn ihr Blick war nicht mehr wie früher der Spiegel ihrer Seele. "Das geht Sie nichts an.", meinte Kyoko daraufhin verschlossen. >>Was bildet sich dieser Mistkerl eigentlich ein? Der denkt wohl, er kann sich alles erlauben.<< Sie stand auf. "Ich denke, Sie sollten nun besser gehen, Tsuruga-san." Der Angesprochene schaute sie kurz an, dann nickte er leicht. Es war wohl besser so. Kyoko begleitete ihn noch bis zum Auto, dann wollte sie zurück ins Haus gehen, doch als der Motor angeschaltet und fast gleichzeitig wieder abgewürgt wurde, drehte sie sich noch einmal um. Ren erschien fluchend wieder aus dem Auto. Mit knappen Worten schilderte er die Situation: "Benzin ist alle." Kyoko starrte ihn entsetzt an. Was genau sollte das bedeuten? Benzin hatte sie nirgends im Haus. >>Ob er wohl in die nächste Stadt gehen wird? Aber es ist schon ziemlich spät...<< "Um in die nächste Stadt zu gehen, ist es wohl zu spät. Wenn Sie wollen, können Sie heute Nacht bei mir schlafen." Eher wiederwillig kamen diese Worte über Kyokos Lippen. Das war wirklich das Letzte, was sie wollte: In einem Haus zusammen mit Ren Tsuruga. Auch wenn sie schon vorher öfters mit ihm allein gewesen war, nun war es ihr unangenehm. Sie wollte das nicht. Sie hoffte schon, er würde absagen, da tat er auch schon das genaue Gegenteil. Er bedankte sich lächelnd bei ihr und ging dann an ihr vorbei wieder ins Haus. Kyoko stand da wie bestellt und nicht abgeholt. Dann seufzte sie kurz. >>Das kann doch nicht war sein! Er wird bestimmt Fragen stellen. Wieso das Licht selbst in der Nacht im Haus brennt. Das ist ja Stromverschwendung. Aber ICH brauche das Licht. Im Dunkeln kann ich nicht mehr einschlafen...<< Schon fast verzweifelt folgte sie Ren ins Innere des Hauses. Dort zeigte sie ihm seine Schlafstätte und eilte dann in den anderen Teil des Hauses, so weit weg wie möglich von Ren. Ohne, dass sie bewusst dorthin lief, gelangte sie in den Garten. Dort ließ sie sich in das weiche Gras fallen. Entspannt starrte sie hinauf in den Himmel. Sie bemerkte die Gestalt hinter sich erst, als sie sich direkt neben ihr niederließ. Verwundert schaute Kyoko an ihre Seite. Ren blickte nun wie eben gerade sie in den Himmel und schwieg. Seltsamerweise störte Kyoko Rens Anwesenheit nicht. Eigentlich wollte sie in solchen Augenblicken lieber alleine sein, doch nun wollte sie hier nicht einsam sitzen. Jede andere Person hätte sie abgewiesen, da war sie sich sicher. Er hatte sie damals bei den Dreharbeiten verstanden, konnte er sie nicht auch jetzt wieder verstehen? Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, sie brauchte jemanden, der für sie da war, sie beschützte und sie in den Arm nahm, wenn sie mal traurig war. Jemand, der sie verstand, der ihr in jeder erdenklichen Situation beistand und nicht von ihrer Seite wich. Und dies wollte sie jetzt. Sie konnte Ren nicht wegschicken. Sie wollte, dass er bei ihr blieb. Ja. So würde sie am liebsten bis in alle Ewigkeiten liegen bleiben. Nichts sagen, nichts denken, nur die Sterne sehen, ihren Glanz bewundern, die Stille genießen, abschalten und nur noch fühlen, was einem in diesem Moment wiederfuhr. Doch plötzlich durchschnitt Rens Stimme das Schweigen, aber wider der Erwartung, dass dieser besondere Moment vorbei war, schien sich seine Stimme der Natur um sie herum anzupassen, harmonisierte irgendwie mit dem Ganzen, kein Störfaktor, als würde er dazugehören. "Was fühlst du, wenn du dir die Sterne betrachtest, Kyoko-Chan?" Er hatte sanft gesprochen, wie zu einem Kind. Kyoko schwieg zuerst, wendete den Blick nicht vom Sternenzelt, vollkommen versunken in seinem strahlenden Anblick. Keine Wolke versperrte die Sicht, der Mond stand rund in der Mitte dieser Pracht, Kyoko konnte Krater und Berge ausmachen. Ja. Aber was fühlte sie? Sie wusste, dass sie nicht antworten musste, Ren würde sie zu nichts zwingen, dass sie selber nicht wollte, doch seltsamerweise verspürte sie plötzlich den Wunsch ihm alles zu erzählen, doch anstatt dies auch zu tun, beantwortete sie einfach nur seine gestellte Frage mit leiser Stimme. "Ich bin mir nicht sicher, was ich fühle. Einerseits fühle ich Frieden in mir, bin vollkommen eins mit mir und meiner Umgebung. Andererseits spüre ich Sehnsucht. Einfach nur weg, so weit weg wie die Sterne, ein neues Leben beginnen, jenseits der Vergangenheit. Fliehen vor sich selbst und seinen Gefühlen. Hauptsache weg, den Sternen hinterher. Sie sind wie ein Ruf nach der geheimnisvollen Ferne und Fremde und er zieht mich an. Immer weiter. Nicht stehen bleiben. Nicht zurückblicken, den Sternen folgen, bis sie und man selbst verglimmen, um in der nächsten Nacht wieder zu erstrahlen und um einem neue Wege zu zeigen. Wege, die man bisher übersehen hat, werden dann deutlich. Ich habe einfach nur Sehnsucht, Sehnsucht nach der Ferne, nach dem Licht, das mir den Weg durch die Dunkelheit leuchtet. Sehnsucht nach Liebe, nach Vertrauen und Zärtlichkeit. Ich möchte genauso erstrahlen wie sie, zwar strahlen sie nicht aus eigener Kraft, aber das ist egal. Solange ich nur die Finsternis verdränge, um wieder klar sehen zu können..." Hier verstummte Kyoko. Sie hatte ihm ihre geheimsten Gedanken anvertraut. War das die richtige Entscheidung gewesen? Wie würde er reagieren? Ob er ihr glaubte? Ob er überhaupt zugehört hatte? Interessierte es ihn wirklich? Immer noch nicht wagte Kyoko es, Ren in die Augen zu blicken, geschweige denn ihn auf irgendeine Art und Weise anzugucken. Schweigen breitete sich aus, man hörte nur noch das Zirpen der Grillen und Atemgeräusche. Plötzlich raschelte Gras und dann wurde Kyokos Kinn sanft mit einer Hand umfasst und zur Seite gedreht. Ren lächelte. Ein echtes Lächeln. Dann, genauso leise wie sie eben, flüsterte er ihr dicht an ihrem Ohr etwas zu. "Du hast Angst, Kyoko-Chan, nicht wahr? Angst vor dir selbst. So wie vor anderen. Doch, weißt du, jeder Tag ist eine Chance zu einem Neuanfang, du musst nur einsteigen und dich der Herausforderung stellen. Du musst zu dir selbst zurückfinden. In der Ferne liegt nicht die Lösung, nur die Flucht und Verdrängung. Tu nicht immer so stark. Lass dich ein Mal treiben und dir helfen. Würdest du meine Hilfe annehmen?" "Ich habe mich doch eben gerade treiben lassen. Ich habe mehr verraten, als ich eigentlich wollte..." "Du weißt, was ich meine, Kyoko-Chan." Kyoko sah ihn an, keine Regung zeigte sich in ihrem Gesicht. >>Er meint es wirklich ernst...<< dachte sie, als sie in seine braunen Augen schaute. Irgendwie zogen sie sie an. Irgendetwas hatten sie an sich. So viele Emotionen konnten sich in ihnen wiederspiegeln und Ren hatte sie vollkommen unter Kontrolle. Doch das erste Mal hatte sie den Eindruck, dass er es wirklich ernst meinte, sie nicht aufziehen wollte. Er ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Etwa für sie? Wegen ihr? Sie wollte gerade seine Hilfe höflich abweisen, als sie sich auch schon selbst ein kaum wahrnehmbares "Ja..." nuscheln hörte. Aber diese einfach Antwort schien Ren zu genügen, denn er lächelte sie noch einmal an und legte sich dann wieder auf den Rücken, um die Sterne weiter zu beobachten. Kyoko tat es ihm gleich. Dabei fuhren ihr allerhand Gedanken durch den Kopf. Wieso hatte sie das gesagt? War sie einfach nur überrumpelt gewesen? >>Nein<< sagte ihre innere Stimme. Es war ihre Entscheidung gewesen. Doch wieso hatte sie zugesagt? >>Weil du immer noch einen Keim Hoffnung in dir hast. Tief verborgen...doch noch nicht erloschen.<< Ja, das stimmte. Sie war seit langem nicht mehr so ruhig und friedlich gewesen und kurz hatte sie auch ein Mal die Hoffnung in sich gespürt. Aber sie hatte sie schnell wieder verdrängt. Es gab für sie keine Hoffnung, keine Zukunft, es gab nur den einen Weg. Doch als sie ihm ihre Gefühle verraten hatte, war da nicht auch ein Keim Hoffnung gewesen...? Nein! Es war nur ein Wunschtraum gewesen und von ihr vollkommen idiotisch auf Rens Bitte einzugehen. Sie musste das klären. Jetzt. ER durfte sich keine falschen Hoffnungen machen. >>Oder doch eher du...?<< Nein, nein! Sie verfluchte ihr Inneres und wandte sich dem Ren zu. Die Worte hatte sie sich schon zurechtgelegt, doch wieder sagte sie etwas anderes, als sie eigentlich wollte. "Was siehst du?", fragte sie ihn und blickte ihn kurz an. >>Verdammt! Bin ich zu einem Feigling mutiert, der Ren nicht die Stirn bieten kann?<< Aber sie wusste, dass sie sich selbst belog. Sie wollte Rens Hilfe, die Hoffnung in ihr brannte lichterloh, doch immer noch versuchte sie sie zu ignorieren und wieder zurückzudrängen. Wenn sie nun weiterkämpfte, würde sie nicht nur sich selbst in Gefahr bringen. Außerdem verdiente sie es nicht zu leben. Sie hatte jemandem unrecht getan und dieser war nun tot. Sie konnte sich nicht entschuldigen oder ihren Fehler auf irgendeine Weise wieder gut machen. Sie hatte auf ganzer Wellenlänge versagt. Sie hatte nicht bemerkt, dass ihr Blick glasig geworden war, wurde aber abrupt in die Gegenwart gerissen, als jemand ihre Hand nahm. Sie zuckte heftig zusammen und versteifte sich am ganzen Körper, doch als nichts weiter geschah, entspannte sie sich langsam wieder. Immer noch wachsam auf weitere Berührungen, aber auch etwas ängstlich, drehte sie ihren Kopf dem Störenfried zu, der da einfach in ihre Gedanken geplatzt gekommen war. Schnell hatte sie auch schon festgestellt, dass das genau Rens Absicht gewesen war, konnte ihm deswegen aber nicht böse sein. Immerhin hatte er sie vor einem depressiven Absturz bewahrt. Doch das war auch nur die halbe Wahrheit. Eigentlich fühlte sie sich einfach nur vollkommen sicher in seiner Nähe, doch das wollte sie sich natürlich nicht eingestehen. So beließ sie es bei ihrer Illusion und wandte stattdessen ihre Aufmerksamkeit den ineinander verschränkten Händen zu. Keine gute Idee. Sofort schwirrten ihr wieder sämtliche Fragen im Kopf herum. Wieso ließ sie nicht los? Wieso ließ er nicht los? Was genau wollte er damit bezwecken? Und noch viele andere Fragen, die sie aber schnell beiseite schob. Mit leicht geröteten Wangen blickte sie zu den Sternen hinauf. _______________ so. das wars ma wieder ^^ hab ja lang genug gebraucht...also bitte kommis hinterlassen ;))) gruß black_wolf Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)