Verloren? von black_wolf (Ein Kampf um das Leben eines Menschen) ================================================================================ Kapitel 5: Machtkampf und Lügengeschichten ------------------------------------------ Sooo...Hier ist mal wieder ein neues Chap ;))) Viel Spaß damit und danke sehr für die lieben kommis ;))) _________________________ Frau Dorimato schwieg ein paar Sekunden und starrte ihrem Gegenüber nur in die Augen. Es war ein Machtkampf, wer zuerst wegsah, hatte verloren. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, sprach die Therapeutin weiter. "Bevor wir hier noch mehr Zeit verschwenden, sollten wir zum eigentlichen Grund ihrer Therapie kommen. Erzählen sie mir etwas." "Aber tu ich das nicht schon die ganze Zeit?", fragte Kyoko und brach ihrerseits den Blickkontakt nicht. "ICH habe hier die meiste Zeit geredet, Kyoko-Chan. Sie waren wohl eher aufmerksame Zuhörerin. Es ist ihnen wohl unangenehm über sich selbst zu sprechen?" "Ich bin der Ansicht, dass meine Probleme niemanden etwas angehen." "Aber nur wenn Sie über Ihre Probleme und Sorgen mit jemandem sprechen oder auch nur darüber schreiben, werden sie gelindert. Haben Sie jemanden, mit dem Sie sprechen können, Kyoko-Chan?" "Ich hatte mal jemanden. Doch das letzte Gespräch ist schon lange her." "Und seitdem haben Sie ihre ganzen Sorgen in sich vergraben? Ihre ganzen Gefühle?" "Wie soll ich nicht vorhandene Gefühle verbergen?", fragte Kyoko mit einem leichten Lächeln. Die Psychologin machte unbeirrt weiter. "Jeder Mensch hat Gefühle, Kyoko-Chan. Wenn Sie sagen, Sie kennen Ihre eigenen Gefühle nicht, dann unterdrücken Sie sie nur." Kyoko zog eine Augenbraue empor. Dieses Gespräch war wirklich amüsant, aber langsam hatte sie genug davon. Es war Zeit Schluss zu machen. "Was haben Sie nun also vor, Frau Doktor?" "Gefühle in Ihnen wecken, Kyoko-Chan. Das werde ich in den nächsten Stunden machen." "Und was wollen Sie den Rest dieser Stunde machen?" "Ihre Geschichte verstehen." "Wo soll ich anfangen?" "Am besten bei ihrer Kindheit.", meinte Frau Dorimato lächelnd. >>Wenn sie mir ihre Vergangenheit schildert, werde ich sicherlich auf die Lösung des Problems treffen. Ich muss darauf achten, über welche Personen sie bevorzugt spricht. Diese sind dann des Rätsels Lösung. Mit ihnen kann ich Kyoko-Chan helfen. Verborgene bzw. vergessene Gefühle wieder aufleben lassen.<< Sie war nun wieder sicher. Sie würde es schaffen. Sie wusste nicht, wie sie jemals an sich zweifeln hatte können. Das passte doch gar nicht zu ihr! Ihre Augen strahlten wieder. >>Was hat die denn plötzlich? Ist die etwa so begeistert von ihrer Idee mir Gefühle wiedergeben zu wollen, die ich noch nicht einmal vermisse? Hmm...Ob sie wohl meine Geschichte kennt? Wenn nicht, könnte ich sie ja einfach anlügen. Ein Versuch wäre es Wert. Mal sehen, ob sie es erkennt und so schlau ist, wie sie immer tut.<< Wieder zierte ein kaltes Lächeln Kyokos Gesicht. Sie begann in Kyoto. Sie erzählte ihr, sie hätte eine sehr behütete Kindheit gehabt, viele Freundinnen, sie ging wie jedes Mädchen in die Schule, war ein Durchschnittskind, dass es überall auf der Welt auch gab. Sie zeichnete sich durch nichts besonderes heraus, ihre Eltern wären immer sehr liebevoll gewesen, niemals Stress. Schließlich entschied sie sich für den Weg der Schauspielkunst. Einfach so. Ohne jeglichen Hintergrund. Sie meinte, es wäre einfach nur ein Traum gewesen und ein Versuch schadete ja nie was, oder? Dabei lächelte Kyoko unschuldig und beobachtete jede Bewegung der Therapeutin. Sie kaufte es ihr tatsächlich ab. Das war ja einfacher als gedacht. Wenn sie herausfand, dass alles nur gelogen und erfunden war, dann würde sie noch fester davon ausgehen, dass irgendetwas in ihrer Kindheit schief geraten war, dass sie sich so entwickelt hatte. Sie würde niemals auf die Idee kommen, dass die Veränderung Kyokos durch neueste Geschehnisse zu Tage befördert worden war. Nun war sie also mit ihren Erzählungen bei LME angelangt. Ren sollte sie wohl besser nur nebenbei erwähnen. Wenn sie nun zu ausführlich über ihn redete, könnte es sein, dass sie sich mit ihm in Verbindung setzen würde, um näheres über sie zu erfahren. Das wäre nicht gut. Ren hatte nichts mit der ganzen Sache zu tun. Er sollte sich gefälligst da heraushalten. Es war ja schon schlimm genug, dass er sie hierher gebracht hatte. Irgendwann würde er Fragen stellen. Höchstwahrscheinlich wenn er sie zurück brachte. Soweit durfte es nicht kommen. Was sollte sie antworten? Die Wahrheit konnte sie ihm nicht sagen. Er würde es ja sowieso nicht verstehen. Niemand konnte das. Und diese Seelenklempnerin vor ihr erst recht nicht. Aber wollte sie überhaupt, dass sich jemand um sie kümmerte? Sich um sie sorgte? Sie zu verstehen versuchte und verstehen konnte? Wenn sie ehrlich zu sich selbst sein wollte: Nein. Sie wollte keine Hilfe. Sie wollte nur ihre Ruhe. Sie wollte vergessen. Alleine. Sie wollte diese schrecklichen Bilder verdrängen, die sie jede Nacht in Albträumen heimsuchten. Auch tagsüber schliefen sie nie. Sie verfolgten sie. Sie quälten sie. Jeden Tag spürte sie die Qualen und Schmerzen auf ein Neues. Und sie schienen heftiger zu werden. Von Stunde zu Stunde. Sie spürte fast, wie sie das alles auffraß. Bald würde nicht mehr viel von ihr übrig sein. Doch was machte das schon? So würde sie schließlich ihren Frieden finden. Es würde einfach alles enden. Es gab keinen Neuanfang mehr für sie. Sie war zu tief gefallen. Nichts würde sie mehr aus ihrer verzweifelten Lage befreien, genauso wie sich niemand darum gekümmert hatte, als sie....Nein! Darüber wollte sie sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Hier galt es eine Psychologin auszutricksen. Wenn sie nun in ihre alte Lethargie verfiel und von den Geschehnissen vollends eingenommen war, würde diese Therapeutin es merken. Und ausnutzen. Kyoko wachte aus ihren Erinnerungen auf. Sie durfte jetzt nicht nachgeben. Ein Fehler und die Therapeutin hatte sie in der Hand. Das würde sie nicht zulassen! Lieber starb sie, als sich noch einmal jemanden anzuvertrauen. "Kyoko-Chan?" Erst jetzt bemerkte Kyoko, dass sie mitten in ihrer Erzählung inne gehalten hatte. Sie erzählte nichts von der Love-Me-Section, das würde nur dem zuvor Geschilderten wiedersprechen. Denn wieso sollte sie in diese Section, wenn sie doch so eine behütete Kindheit hatte, wie sie es vorgab? Die Frau hörte all dem ruhig zu. Es schien sie nicht zu stören oder zu beunruhigen, dass sie unterbrochen hatte. Für sie war es anscheinend selbstverständlich, dass man bei manchen Erinnerungen inne hielt und sie noch einmal vor dem inneren Auge abspielen ließ, bevor man sie wiedergab. Schade nur, dass es nicht die Erinnerungen waren, welche die Therapeutin vermutete bzw. die gefälschten, die sowieso keinen Wert hatten. Schließlich endete sie. "Hmm. Interessant. Und wieso leben Sie nun ganz alleine, Kyoko-Chan? Ich meine, so abgelegen wie sie wohnen, das ist nicht normal. Was war der Anlass?" Ja. Was war der Anlass gewesen? Eigentlich war sie nur geflüchtet, geflüchtet vor ihren Häschern, sowie vor ihrem Leid. Aber das würde sie natürlich nicht antworten. "Ich wollte einfach nur einmal ein kleines Weilchen ungestört und alleine sein. Sie wissen ja gar nicht wie anstrengend es ist ständig im Rampenlicht zu stehen, berühmt zu sein. Ich habe eine Auszeit benötigt und wollte mich von meinem Leben etwas erholen." Und das stimmte eigentlich auch. Sie wollte sich erholen. Nun ja, zumindest im gewissen Sinne. Erholen würde sie sich nie. Dafür war es zu grausam gewesen. Aber sie konnte nicht mehr, sie wollte nicht mehr. Wieso ausgerechnet sie? Wieso nicht ein anderer? Hatte sie sich nicht immer für alle aufgeopfert? War das der Dank für all ihre Mühen gewesen? Noch mehr Schmerzen? Noch mehr Pein? Wann würde es enden? >>Nie.<< Kam eine Stimme aus ihrem Unterbewusstsein. Doch. Einen Ausweg gab es noch. Wenn diese zwei Monate endlich vorbei waren, konnte sie niemand mehr zurückhalten. Ihr Entschluss stand fest. Sie würde vielleicht noch einen Abschiedsbrief hinterlassen, aber das war auch alles. Dann würde sie gehen. An einen Ort, an dem es keine hinderlichen Gefühle gab. An dem sie vergessen konnte. Vergessen, wer sie war, was sie war, was sie getan hatte. Es würde das reinste Paradies sein, da war sich Kyoko sicher. Sie bemerkte den mitfühlenden Blick Frau Dorimatos. Wie sie diesen Blick hasste. Das letzte, dass sie gebrauchen konnte, war Mitleid. Eigentlich hätte sie es sich ja denken können, dass diese Frau keine Gelegenheit ausließ, der Welt mitzuteilen, wie sehr sie diese ganzen bedauernswerten Geschöpfe, die auf ihr verweilen mussten, bemitleidete. >>Ich frag mich echt auf welchem Stern die aufgewachsen ist...<< Ihre überfürsorgliche Art ging Kyoko echt auf die Nerven. Jetzt fragte sie sie schon zum vierten Mal, ob sie denn nicht doch etwas trinken wolle. Bevor sie angefangen hatte ihre erfundene Story zu erzählen, hatte Frau Dorimato noch versucht, sie davon zu überzeugen, dass die Coach ein viel bequemerer Ort zum Erzählen sei. Aber Kyoko war standhaft geblieben. Der Sessel war bequem genug. Es war der Sessel der Therapeutin, also noch viel besser als die Coach. Kyoko musste leicht lächeln, als sie an den Aufstand dachte, den die Frau gemacht hatte, um ihren Sessel zurückzubekommen. Da hatte sie sich richtig kindisch verhalten. Nun ja, nicht weniger kindisch als sie selbst. Immerhin hatte sie nicht nachgegeben und war stur auf "ihrem" Sessel sitzen geblieben. Jetzt kam ihr die ganze Sache etwas lächerlich vor. Sie konnte sich schon denken, was Ren Tsuruga dazu gesagt hätte. >>Halt. Moment. Wieso denke ich denn jetzt an den?<< Leicht schüttelte sie den Kopf, was nicht unbemerkt blieb. "Haben Sie etwas, Kyoko-Chan?" >>Mann, wenn ich jetzt Verfolgungswahn kriege, weiß ich, wer Schuld daran ist. Die lässt mich ja keine Sekunde aus den Augen.<< "Nein. Mit mir ist alles in Ordnung." Frau Dorimato schaute sie noch einmal kurz prüfend an, dann entschied sie, die Therapiestunde zu beenden. Sie hatte heute viel erfahren, mehr war Kyoko wahrscheinlich nicht bereit zu erzählen. >>Ich will mein Glück nicht herausfordern. Morgen ist auch noch ein Tag. Bis dahin werde ich ihr etwas auftragen. Mal sehen, ob sie das ohne Murren annimmt. Ich bezweifele es.<< Sie seufzte und stand auf. Kyoko beobachtete sie. "Ich beende hiermit die heutige Stunde. Aber ich hätte noch eine Bitte an dich..." Hier machte Frau Dorimato eine Künstlerpause. Genervt unterbrach Kyoko ihr Schweigen. "Und die wäre?" Die Therapeutin räusperte sich. Kyoko verdrehte nur noch die Augen. Sie wollte hier raus. So schnell wie möglich. Vor allem so weit weg wie möglich von dieser Person. "Könnten Sie mir bitte eine Liste anfertigen?" "Wozu?", fragte Kyoko misstrauisch. >>Jetzt gibt es auch noch Hausaufgaben? Ich dachte, das hätte ich hinter mir gelassen...<< "Könnten Sie mir eine Liste anfertigen, einmal was Sie an sich mögen und einmal was Sie an sich nicht mögen?" "Das sollte kein Problem darstellen.", meinte Kyoko verschmitzt. Ihr würde da sicherlich noch etwas einfallen, um diese Therapeutin weiterhin auf die falsche Spur zu schicken. Frau Dorimato hingegen sah Kyoko nun skeptisch an. Keine Wiederworte? Konnte sie Kyoko vertrauen? Dass sie es ernst nehmen würde? Nicht nur diese ihr auferlegte Aufgabe, nein, die ganze Therapie? Hatte sie das Ganze noch unter Kontrolle? Oder spielte Kyoko Mogami nur mit ihr? Sollte sie ihr besser in Zukunft nicht so viel Vertrauen entgegen bringen? Da fasste die Therapeutin einen Entschluss. Sie würde Kyoko auf die Probe stellen. Ihre Freundin oder auch nur Bekannte wusste sicherlich, ob das, was Kyoko ihr über ihre Vergangenheit erzählt hatte, stimmte. Sie würde es überprüfen. Und falls alles gelogen war, tja, dann mussten ihre Probleme ja dort liegen. Oder wollte sie sie damit auf eine falsche Fährte lenken? Mittlerweile war Kyoko schon an ihr vorbeigerauscht und aus der Tür draußen. Frau Dorimato bemerkte es gar nicht. Sie wusste nicht mehr ein noch aus. Was hatte Kyoko vor? Sie war verwirrt. Was wollte diese Person wirklich? Sie wusste einfach nicht mehr weiter. Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und stützte ihr Gesicht auf die Hände. Sie musste sich nun wieder auf ihren Kurs und das Seminar konzentrieren und einen Weg finden, Kyokos verschwundene Gefühle wiederzuerwecken. Laut seufzte sie, bevor sie aufstand und ihre Unterlagen zusammensuchte. _____________________ Hmmm...*quengel* Ich hab des Gefühl, ich hätte die Story kein Stückchen weitergebracht -.- gruß black_wolf Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)