Eiskristalle
Hi!
Mit reichlicher Verspätung, aber immerhin, mein neues Kap. Hab es viermal umgeschrieben, wollte es auch ganz weglassen, aber egal. Dafür beeile ich mich auch mit dem nächsten Kap, versprochen.
@Jen_chan: Nein, Potentilla erecta muß man nicht kennen, bin einfach nur etwas Uni geschädigt.
LG
Eure Stoechbiene
41. Zorro Eiskristalle
Eine Insel. Eine Winterinsel, um genau zu sein. Ich war sogar schon mal hier, auch wenn bereits einige Zeit seitdem vergangen ist, um genau zu sein, ein paar Monate. Es ist die Insel vor Trading Point und wenn mein Verstand mich nicht ganz verlassen hat, dann benötigten wir damals mit der Lamb nahezu drei Wochen, bis wir von hier unser nächstes Ziel erreicht hatten. Sollten Ruffy und die anderen tatsächlich zuerst nach Drumm gesegelt sein, dann würde das bedeuten, daß sie sich momentan hinter uns befinden. Gut so. Besser sie finden uns, als Nami sie. Aber bis dahin wird wohl noch etwas Zeit vergehen. Nur, was tue ich solange? Ich habe zu viel Zeit zum Nachdenken, Zeit, die mich traurig stimmt, weil ich sie lieber anders verbringen würde. Ich brauche Ablenkung. An Land zu gehen wurde mir verboten und das, obwohl die Insel unbewohnt ist. Aber...von Tauchen gehen war nicht die Rede! Als ich das erste mal mit meinen Freunden hier auf dieser Insel war, habe ich die Zeit, bis der Lock Port wieder geladen war, damit überbrückt, die Unterwasserlandschaft hier zu erkunden und dabei sind mir ein paar Höhlen aufgefallen. Zwei davon konnte ich mir nicht mehr ansehen, da wir irgendwann weitergesegelt sind. Das würde ich jetzt gerne nachholen.
Zum Glück sind die meisten von Nami's Gefolgsleuten damit beschäftigt Holz zu besorgen, denn die Black Eagle ist nicht mehr das jüngste Schiff, folglich braucht sie Brennholz für die Kombüse, nicht wie die Lamb und sicher auch die Orange Star, Gas. Ein letzter Blick durch das Bullauge des Lagerraumes, in dem ich die Sauerstofflasche gefunden habe, dann trete ich raus ins Freie. Kalt bläst mir der Wind um meine nackten Schultern, aber die Aussicht auf ein bißchen Zeit allein, versüßt mir den Winter und auch die Tatsache, ein Gefangener zu sein. Ich nehme das Mundstück in den Mund, während ich mich auf die Reling setze, mit dem Rücken zum Meer. Die Geräuschkulisse die hier herrscht, wird mein Eintauchen in die Fluten hoffentlich überdecken, sonst wird mein Ausflug wesentlich kürzer als geplant ausfallen. Ich ziehe die Beine an, verlagere mein Gewicht nach hinten, falle. Eisig umschließt das Wasser meinen Körper, kaum daß ich eingetaucht bin. Mein Herz rast, schlägt wild gegen meine Brust aufgrund der Kälte. Tut das gut! Allein der Anblick der Fische schenkt mir ein wenig Freude, läßt mich fröhlich sein in meiner jetzigen Situation, weit weg von meinen Freunden.
Aber im Meer existiert kein Leid, keine Sorgen, nur Freiheit. Das hat mir damals auch geholfen, als Nami mich verlassen hat und ich mit der Erziehung unseres Sohnes alleine dastand. Obwohl, wirklich allein war ich nie im Kreis meiner Freunde. Dennoch war es hart gewesen. Das einzig Gute daran war wohl, nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, daß Sanji und ich uns besser verstanden. Natürlich stritten wir uns gelegentlich, aber es war bei weitem nicht mehr so verletzend. Wir übten zusammen das Essen für Diego zu kochen, denn ein Baby darf ja nicht alles essen, er lernte das Wickeln und ich, daß Robin keinerlei Bedrohung darstellt, eher im Gegenteil. Immer öfter paßte sie auf den Kleinen auf, trug ihn spazieren oder erzählte ihm Geschichten. Sie mochte ihn von Anfang an und er sie eigentlich auch. Zwar wäre ich jetzt gerne bei ihnen, aber wenigstens weiß ich, daß sie sich gut um den Grashüpfer kümmern werden. Egal was mit mir passieren sollte, ihm darf nichts geschehen, das könnte ich mir selbst nicht verzeihen.
Ich tauche tiefer, spanne meine Muskeln an, ersetzte die geistige Erschöpfung durch körperliche Anstrengung, um Herr der Lage zu bleiben. Dunkel ragen die Eingänge der Höhlen vor mir empor, als ich endlich tief genug getaucht bin und mich durch das Schlingpflanzenwirrwarr gekämpft habe. Ich taste mich langsam vorwärts, nahezu blind, ist es doch recht finster so weit unter der Wasseroberfläche und in einer Höhle sowieso. Fische begleiten mich auf meinem Weg, wirken wie Schatten, die an mir vorbeiziehen. Leider kann ich sie nicht richtig sehen, ihre schillernden Farben, nur ein gelegentliches Aufblitzen ihrer Schuppen. Ob ich Nami je entkommen kann, will ich doch derjenige sein, der Diego die Schönheit einer Unterwasserwelt zeigt.
Die Sicht klärt sich allmählich, die Oberfläche der Felswände wird erkennbar, die Augen der Fische, die sich um mich tummeln. Ich schwimme dem Licht entgegen, diesem hellen Blau, das mich ein wenig an Robin's Augen erinnert, an ihre Sanftheit, ihre Liebe.... Ob sie je wieder mit ihren süßen Lippen meine berühren wird? Mir sagen, daß ich der einzige für sie bin? Ich schnelle nach oben, hoch zum Licht und wie durch Zauberhand befinde ich mich an der Wasseroberfläche. Überrascht nehme ich das Mundstück raus und blicke mich um. Der dunkle Höhleneingang hat mich in eine riesig Unterwasserhöhle geführt, in der man sogar atmen kann! Verwundert schaue ich umher, bin umgeben von meterhohen Felswänden, die sich in der Unendlichkeit des Himmels erst zu treffen scheinen. Ein feines Glitzern durchzieht die Luft, fein wie Staub, aber eiskalt. Vermutlich ist es Schnee, der durch eine oberirdische Öffnung hier herunterrieselt und dabei dieses Flimmern erzeugt. Neugierig lasse ich den Blick schweifen, aber viel gibt es nicht zu entdecken. Dennoch steige ich langsam aus dem Wasser, betrete den steinigen Boden, der teilweise von Schlamm und Algen bedeckt ist. Riesige Eiszapfen hängen wie Schwerter an den Felswänden, lassen keinen Zweifel daran bestehen, daß kaum ein Mensch je hier gewesen ist, zu unberührt wirkt alles, frei von Kampf und Gewalt. Daß ausgerechnet ein Schwertkämpfer wie ich es bin hier landet, ist schon fast ein Frevel. Dennoch streife ich mir die Gasflache von den Schultern, stelle sie zur Seite, um mich weiter umsehen zu können.
Ich lasse mich auf einem Fels nieder, starre ins kalte Wasser, bis ich einen Eiskristall sehe, der in Ufernähe im Sand glitzert. Na ja, er ist ein bißchen klein, aber vielleicht auch nur, weil das Wasser permanent darüber schwappt. Aber sollte er dann nicht schon längst getaut sein? Außerdem ist doch Eis leichter als Wasser, folglich müßte ihn die Strömung bereits davongetragen haben. Ich greife danach, verliere dabei fast das Gleichgewicht, und hebe das kleine Steinchen aus dem Salzwasser. Schön sieht er aus, wie teures Glas, mit einem schwachen Ton ins bläuliche, aber das kann auch an den Lichtverhältnissen liegen. Egal, ich werde ihn mitnehmen und sobald ich wieder bei meinen Freunden bin, werde ich ihn Robin zeigen und ihr erzählen, was ich gesehen habe. Er ist mein Versprechen an sie, zu ihr zurückzukehren.
Nami soll bloß nicht glauben, daß ich mich mit meiner Situation abgeben werde. Ich bin nicht ihr Eigentum, einer ihrer Liebhaber, den sie herumkommandieren kann, das wird sie auch noch merken. Egal wie lange es dauern sollte, wie viele Tage und Nächte, ich werde die Hoffnung nicht aufgeben, daß sich mir irgendwann eine passende Gelegenheit dazu bietet zu fliehen.
Gedankenverloren starre ich auf meine Handfläche, auf der dieser kleine Glassplitter liegt, aber mein Geist ist inzwischen woanders. Nichts von meiner Umgebung nimmt mein Auge wahr, sehe nur Bilder vor mir, Szenarien vergangener Tage. Stimmen dringen in meinen Kopf, freudiges Gelächter, einzelne Wortfetzen: "Papa, du Schlafmütze!" "Nur ein bißchen ankuscheln, Zorrolein." "Was ich fressen kann, kannst du saufen!" "Los, zeig ihnen, wie stark wir sind!" "Gilt das auch für Hufe?" "Ich liebe dich."
Erschrocken zucke ich zusammen, als etwas auf meine Hand fällt. Irritiert blinzle ich, um klarer sehen zu können, bis mir bewußt wird, was ich sehe. Tränen. Nicht die Sorte Tränen, die Robin oder Diego weint, süß und unschuldig, sondern es sind meine Tränen. Wie lange ist es her, daß ich sie gezeigt habe? Sie aus meinem Inneren emporstiegen, meinen Schmerz verdeutlichten? Als Nami mich verlassen hatte. Und jetzt? Damals wünschte ich mir nichts sehnlicher, als daß sie wieder zu mir zurückkehren würde, mich nicht alleine läßt. Aber das Blatt hat sich gewendet, ebenso der Grund, weshalb ich nach all diesen Jahren wieder weine. Nami befindet sich in meiner unmittelbaren Nähe, zeigt mir sehr deutlich, daß sie für uns beide einen Neuanfang plant, aber ich möchte das nicht, nicht mehr. Ich hätte kotzen können, als sie mich mit ihren Händen berührte, wenn auch zum Glück nur kurz. Sehe ich sie an, sehe ich lediglich all die Männer, die sich an ihrem Körper bedienten, während sie ihnen das entlockte, was sie von ihnen haben wollte. Robin ist da ganz anders. Sie ist fürsorglich, liebevoll und ich weiß, daß sie es all die Jahre ernst mit mir meinte und noch immer tut. Ein Kind wird irgendwann erwachsen, geht seinen eigenen Weg, das ist auch gut so, aber den eigenen Partner wünscht man sich ein Leben lang an die Seite. Und dieser Partner soll meine Robin sein.