Todesengel von Frettchen19 ("Aus deinem Zorn erschufst du Gabriel, den schrecklichen Gabriel") ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Engel-Fanfic Marie hielt ihre kleine Schwester Helena fest im Arm und drückte ihr eine Hand auf den Mund, damit man das Schluchzen der Vierjährigen nicht hörte. Marie selbst hielt die Luft an. In dem spärlich eingerichteten Schlafzimmer ihrer Eltern gab es keine Versteckmöglichkeiten für die beiden Mädchen. Es gab nicht einmal ein Bett. Die Eltern hatten immer auf Strohmatten geschlafen. Deshalb pressten sich die Schwestern einfach gleich neben der noch offen stehenden Tür an die Wand. Ihre Augen weiteten sich in Entsetzen, als sie das Klappern der Kieferzangen und das darauffolgende Schmatzen der Riesenheuschrecke hörten. Die Traumsaatkreatur* musste gleich neben der Tür auf der anderen Seite der dünnen Holzwand sein. Plötzlich drang ein markerschütterndes Kreischen durch das ganze Haus, und ließ die Mädchen zusammenzucken. Dann ein Poltern und schließlich... Stille. Angsterfüllt drehten Helena und Marie die Köpfe zur Tür. An dieser lief eine ekelerregende, grüne, schleimige Flüssigkeit herab. Marie hustete und musste sich beinahe übergeben, als dann auch noch fauliger Gestank die Luft verpestete. Unfähig sich zu bewegen starrten die beiden Mädchen zur Tür und nach wenigen Sekunden - die den Kindern wie eine Ewigkeit vorkamen - trat eine Gestalt in den Raum. Es war ein Engel! Doch anstatt vor Freude und Dankbarkeit über ihre Rettung auf das himmlische Geschöpf zuzulaufen, verharrten die Schwestern wie versteinert. Nur das Zittern, dass ihre dürren kleinen Leiber erbeben ließ, verriet, dass sie nicht wirklich zu Stein erstarrt waren. Ein Engel hatte das Zimmer betreten, der auf eine Art sogar noch furchteinflößender war, als die Riesenheuschrecke, die - mittlerweile tot - im Nebenzimmer lag. Er war in schwarze Gewänder gehüllt und trug ein riesiges Schert bei sich, auf dessen Klinge Feuer loderte. Die wild umherzüngelnden Flammen warfen ihr flackerndes Licht auf ihren Herrn und ließen die Konturen der zahlreichen Muskeln sich deutlich auf der marmorfarbenen Haut abzeichnen. Auch sein Gesicht wirkte im Schattenspiel der Flammen furchtbar bedrohlich. Der marmorne Glanz, der auch hier auf seiner Haut lag, ließ die Konturen steinern erscheinen. Zu all dem kamen Mimik und Haltung des Himmelswesens. Die riesigen Schwingen ausgebreitet und weit vom Körper abgespreizt, das flammende Schwert, dass fast so groß war, wie er selbst, hoch erhoben und das Gesicht in einen grimmigen Ausdruck gehüllt, dominierte die Bedrohlichkeit des Engels seine ganze Erscheinung und überschattete die Feinheit und Makellosigkeit seines Leibes, die andernfalls wohl jeden fasziniert und gerührt hätten. Marie und Helena konnten vor Angst kaum noch atmen. Sie waren sich ganz sicher, dass Gott sie nun dafür bestrafte, dass sie so oft böse gewesen waren. Eisige Stille lag für einige Sekunden über dieser Szene wurde aber plötzlich durchbrochen. Das leise Klatschen hastiger, barfüßiger Schritte war vom Nebenzimmer her zu vernehmen, gefolgt von einem zaghaften Stimmchen. "Manuel?" Auf dem gerade noch so grimmigen Gesicht des in Schwarz gewandeten Engels, der noch immer erhobenen Schwertes vor den Kindern stand, zeichnete sich etwas ab, das wohl eine Mischung aus Enttäuschung und Genervtheit war. Dann trat hinter ihm auch schon ein weiterer Engel in den Raum. Passend zur zaghaften Stimme war dieser einen guten Kopf kleiner als der erste, von zierlicher Statur und blickte etwas verunsichert drein. Es dauerte allerdings nicht lange, bis der Neuankömmling die Situation mit seinen klaren, durchdringenden Augen erfasst hatte und jegliche Unsicherheit mit einem Schlag von ihm abfiel, um etwas ganz anderem Platz zu machen. "MANUEL!", war das einzige, was die Kinder verstanden, denn der Rest des plötzlichen Ausbruches verließ den Mund der himmlischen Gestalt auf Latein. "Sag mal, bist du noch bei Trost?! Musst du schon wieder unschuldige Menschen in Angst und Schrecken versetzen? Und dann auch noch Kinder! Hast du nichts besseres zu tun? Und wenn du das unbedingt für dein Ego brauchst, dann leg dich wenigstens mit jemandem deiner Kraft an!" Nun wollte die Stimme des kleineren Engels so gar nicht mehr zu dessen zierlicher Gestalt passen. Sie überschlug sich beinahe, so als ob der kleine Körper nicht fähig war, eine Lautstärke zu erzeugen, die der Aufregung seines Besitzers entsprochen hätte. Der erste Engel hatte sich derweil von den Kindern abgewandt, sich die ganze Standpauke genervt angehört und sein noch immer brennendes Schwert dabei achtlos über die Schulter gelehnt. Bis er es nun plötzlich in einem weiten Bogen umherschwang und der Klinge eine Hand breit vor der Brust des anderen Engels Einhalt gebot. Der kleinere, in Hellblau gekleidete Engel mit den langen offenen Haaren starrte entgeistert sein Gegenüber an, welches ihn wiederum herausfordernd anfunkelte. "Mit einem meiner Kraft, ja?", grollte der Schwertkämpfer. "Es gibt hier aber niemanden, der sich mit mir messen könnte! Oder willst du dich anbieten?" Dem ganzen wurde ein Ende gesetzt, bevor es völlig eskalieren konnte. Und zwar durch eine donnernde Stimme, die das Haus beinahe erzittern ließ. "Hört sofort auf damit!" Die beiden hatten vor der Tür gestanden und gingen nun auseinander. So gaben sie den Blick auf einen dritten Engel frei, in goldenen Gewändern, mit blondem Haar und strahlend blauen Augen. Er war nicht besonders kräftig oder ein Riese, dennoch war seine Erscheinung so herrlich, dass sie selbst die Kraft und Größe des schwarz-gewandeten Gabrieliten** überstrahlte. Dieser machte sich - unmittelbar nachdem der blonde Engel den Raum betreten hatte - maulend aus dem Staub. "Er hat angefa-" "Schweig!" gebot der blonde Engel seinem zierlichen Gegenüber Einhalt. Jedoch sandte er dieses Wort direkt in den Geist des anderen Engels, sodass die beiden Kinder, die sich bleich und in Angstschweiß gebadet noch immer an die Wand pressten, nur sahen, wie der eine zusammenzuckte und dann mit eingezogenem Kopf durch die Tür schlüpfte, ohne den Grund für diese Reaktion zu kennen. Der letzte im Raum verbleibende Engel blickte seinem Gefährten noch kurz hinterher, dann richtete sich das strahlende Blau seiner Augen auf die Schwestern. Unendliche Güte und Freundlichkeit sprach aus seinem Blick, als er sich hinhockte und die Hand ausstreckte. "Ich bin Ashtariel" Marie und Helena erschraken noch mehr, als das göttliche Geschöpf in "Common"***, der Sprache des Volkes zu ihnen sprach. Marie und ihre Familie hatten noch nie einen Engel aus der Nähe gesehen. Nur manchmal flog eine Schar* über das abgelegene Dorf, in dem sie lebten. Ehrfurchtsvoll und zögernd ließ Marie ihren Blick über den Engel schweifen, als ob sie befürchtete jeden Augenblick für etwas, dass sie dort entdecken könnte bestraft zu werden. Von den prachtvollen, goldenen Gewändern über die dunklen Linien, die sich überall auf seiner Haut über den makellosen Leib erstreckten bis hin zum strahlendsten Weiß, dass Helena je gesehen hatte. Ihr Blick verlor sich in den Strukturen Hunderter riesiger, weißer Federn. Das Bild verschwamm, als die Federn plötzlich in einer schwungvollen Bewegung an ihren Augen vorbeizogen. Marie löste sich vom Anblick des blendenden Weiß und erkannte, dass der Engel sich im Schneidersitz niedergelassen hatte. Um so sitzen zu können, hatte er seine riesigen Flügel ein Stück weit auf dem Boden ausbreiten müssen, welchen sie nun bedeckten wie Schnee eine Wiese im Winter. Noch immer lächelte der Engel... Ashtariel. Durfte man einen Engel mit Namen ansprechen? Immernoch ängstlich blickte Marie ihn an. "Ihr müsst keine Angst haben. Wir tun euch nichts. Niemand tut euch jetzt mehr etwas. Ihr seid in Sicherheit." Schließlich siegten das warme Lächeln und der Hoffnung versprechende Blick Ashtariels über Maries Angst. Weinend fiel sie Ashtariel in die Arme. Angst, Trauer und Verlust der letzten Stunden bahnten sich einen Weg und unzählige Tränen flossen hinter dem schützenden Wall den Ashtariel aus ihrem Federkleid um sie errichtete. Helena aber blieb still und reglos an der Wand stehen. ~~~~~~~~~~~~~~~ So, erstes Kapitel. Nur ne kleine Einführung. Es wird spannender! Und hier auch Erklärungen für einige Begriffe die denen unter Euch spanisch vorkommen dürften, die nicht das Engel-Rollenspiel kennen. Auf diesem RPG beruht die Fanfic nämlich. *Traumsaat: Insektoide Kreaturen, von Laus-klein bis Haus-groß, feuerspuckend, säure-sabbernd und überhaupt immer verdammt eklig!!!! Es sind die Gefolgschaften des "Herrn der Fliegen" der in etwa den Teufel darstellt, also den größten Widersacher der Engel **Gabrielit: Es gibt fünf Engels-Orden aus denen Charas gespielt werden dürfen: Gabrieliten - Die Krieger, Michaeliten - Die Anführer, Raphaeliten - Heiler, Urieliten - Späher und Fernkämpfer, Ramieliten - Die Gelehrten ***Common: Die Sprache er Kriche, welche in dieser Welt regiert, ist Latein. Alle weiteren menschlichen Sprachen sind nach und nach vermischt zum sogenannten "Common" dass eine Art Universal-Sprache ist, aber in unzähligen Dialekten existiert Argh! ich sehe schon.... ich werde demnächst erstmal ne kurze Einführung in die Welt und die Zeit schreiben *seufz* Aber man kann die Fanfic eigentlich auch lesen, ohne das Spiel und die Welt zu kennen... zumindest, wenn ich so gut geschrieben habe, wie ich wollte ^^''' So, das wär's vorerst von mir. Und BITTÖÖÖÖÖÖÖÖÖgebt mir Kommis!!! Kapitel 2: ----------- Draußen rauschte ein aufgebrachter Hesekiel an dem Baum vorbei, auf welchem Daniel der Urielit es sich bequem gemacht hatte und Erholung vom Kampf suchte. Seine warmen grünen Augen wanderten vom Pfeil, welchen er im Schoß liegen hatte und gerade mit einer neuen Feder versah, zu seinem Schares*-Bruder. Er lächelte, als er das gemurmelte Schimpfen hörte. Der Ramielit war mit mehr Temperament bestückt worden, als seine zerbrechliche Gestalt vermuten ließ. Aber er hatte ein unendlich gutes Herz. Wahrscheinlich machte er sich schon jetzt wieder Vorwürfe für seine Worte und seine wuterfüllten Gedanken. Daniel schüttelte leicht den Kopf. Warum war Hesekiel eigentlich sauer? Daniel war ein hoffnungsloser Träumer und vergaß vor Grübeln und Phantasieren meistens zu handeln. Im Kampf war das natürlich etwas anderes, auch wenn Manuel - der Gabrielit ihrer Schar - ständig das Gegenteil behauptete. Heute hatte er ihm einmal mehr seine Kampftüchtigkeit unter Beweis gestellt. ,Daniel!', schollt er sich in Gedanken selbst. ,Du sitzt ja noch immer hier!' Nun endlich schwang er sich anmutig vom Baum und schaffte es durch ein geschicktes Manöver in diesem kurzen freien Fall zum Flug überzugehen. Er fegte wenige Sekunden später knapp über Hesekiels Kopf hinweg. Dieser zuckte aber nicht einmal. Der Ramielit war stets aufmerksam. Ihm entging nur wenig. Als Daniel dann sanft vor ihm landete, hatte er längst sein zurückhaltendes, etwas schüchternes Lächeln aufgesetzt. Daniel aber kannte seine Schares-Geschwister mittlerweile alle ziemlich gut. Die Engelsweihe** und ihre Zusammenkunft war 4 Monate her. Und der Urielit war der wohl kontaktfreudigste Engel, den die Welt je gesehen hatte. Er hatte sich viele entnervte Blicke, scharfe Kommentare und alle erdenklichen anderen Körbe eingefangen. Aber schließlich hatte sich niemand mehr gegen seine angebotene Freundschaft wehren können. Selbst der stählerne Manuel vertraute sich ihm zu manch seltener Gelegenheit an. Das einzige, was er nun tat, war vor dem Ramieliten stehen zu bleiben, seinen sanften, Vertauen verheißenden Blick in dessen Augen zu richten und mit unerschütterlichem Lächeln aber leichtem, freundschaftlichem Tadel seinen Freund anzusehen. Es dauerte keine halbe Minute bis Hesekiel das erzwungene Lächeln mit einem Seufzer aufgab und dann hervorsprudelte: "Dieser Gabrielit ist unausstehlich ! Da schüchtert er doch tatsächlich kleine Kinder ein! Und wahrscheinlich ist er da auch noch stolz drauf! Das ist nicht zu fassen ! Das... das ist... ARGH ! Er ist so arrogant, so gefühlskalt, so -" "Hesekiel!" fuhr ihm Daniel dazwischen ohne aber zuviel Härte in seine Stimme zu legen. "Du sprichst von unserem Scharesbruder!" Der Tadel klang eher traurig und enttäuscht als ärgerlich. Mit letzterem aber hätte Hesekiel besser umgehen können. Nun schämte er sich, war aber zugleich noch immer so furchtbar wütend und selbst enttäuscht vom Benehmen des Gabrieliten, der immer wieder Schwierigkeiten machte. Daniel sah Hesekiel seinen inneren Kampf schnell an, ging zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Als der kleinere Engel zu dem Urieliten aufsah, begegneten sich ihre Blicke nicht sofort. Daniel schaute ins Nirgendwo und suchte offensichtlich nach Worten. Schließlich aber blickte er Hesekiel mit seinem einfühlsamsten Lächeln an. "Die Streiter des Herrn haben es nicht leicht Hesekiel. Sie tragen den Zorn ihres himmlischen Erzeugers Gabriel zur Erde. Und Gabriels Zorn wiederum ist kein geringerer, als der Zorn Gottes selbst. Und dieser ist furchtbarer als jegliches Unheil, da bin ich sicher. Ihre Aufgabe ist es zu kämpfen, ohne Gnade gegen die Traumsaat vorzugehen doch nicht selten auch Strafe gegen die Menschen zu vollstrecken. Würden sie im Kampf Angst zulassen oder Zweifel, Trauer, Mitleid... sie währen nicht die Krieger, welche die Brut des Herrn der Fliegen zu Hunderten aus unserem heiligen Himmel werfen und von der Erde tilgen bevor ihre Unreinheit alles befleckt, was Gott unserem Herrn lieb und wertvoll ist. Im Kampf müssen sie ihre Gefühle unterdrücken. Und sie kämpfen viel... Manchmal mag es scheinen, als habe Manuel keine Gefühle. Doch ich glaube viel mehr, dass er Angst hat, wenn er sie einmal zuließe würden sie sich seiner Kontrolle entziehen und sich einen Weg bahnen, wenn seine Klinge gerade wieder einmal über Tod und Leben entscheiden muss, über Gedeih eines zu Beschützenden und Verderb eines Feindes." Hesekiel schaute zu Boden. Er dachte über Daniels Worte nach, aber Trotz hielt in ihm Einzug. "Aber... Du zeigst Gefühle! Und trotzdem bist du ein guter Kämpfer. Allein heute hast du 13 der verderbten Kreaturen aus den Lüften geholt!" Daniel seufzte tief und blickte erneut zu Boden. Diesmal aber vermeinte Hesekiel zu spüren, dass Scham der Grund für diese Geste war. Das war untypisch für den Urieliten. Bald begegnete Daniel dem besorgten und fragenden Blick Hesekiels mit mühsam wiedergefundenem, zaghaftem Lächeln. "Die Traumsaat ist - ganz wie du sagtest - verderbt. Ihre Existenz allein ist Gott zuwider. Sie zu töten ist eine heilige Pflicht, die ich voll Leidenschaft erfülle, sogar auf gewisse Art ...gerne. Aber das meine Pfeilspitze ihr Ziel jemals in einem Menschen... einem von Gott geschaffenen Geschöpf finden müssen..." Daniels beschämter Blick sagte Hesekiel, dass der Urielit nicht sicher war eine solche Pflicht erfüllen zu können. ~~~~~~~~~~~~~~~ So auch hier ein paar Erläuterungen: *Schar: Es bilden immer 5 Engel (je ein Engel jedes Ordens) eine Gruppe, die zusammen lebt, wohnt, fliegt, kämpft ... etc. Daher bezeichnet man sich auch oft als Geschwister. Eine Schar bleibt in der Regel für immer in der gleichen Konstellation zusammen. **Engelsweihe: Der festliche Ritus, bei dem die jungen Engel ihrer Schar zugeteilt werden, also als Schar zusammenkommen und sich kennenlernen Kapitel 3: ----------- Es war heiß. Marie biss die Zähne zusammen als die Hitze von der Hand des weiß gekleideten Engels ausgehend ihre Schulter zu durchfluten schien. Als die Hitze ein wenig nachließ, siegte die Neugier und die 7-järhige machte ein Auge auf um den Engel verstohlen zu betrachten, der sie - so hatte Ashtariel ihr versichert - nun heilte. Das Himmelswesen hatte ein genauso feingeschnittenes, junges Gesicht, wie die anderen Engel, die Marie heute schon gesehen hatte. Anael, so hatte sich der Engel ihr vorgestellt. Sie schien sehr konzentriert zu sein, hatte die Augen geschlossen. Auf ihrer Stirn glitzerte es im Licht der frühen Abendsonne. Marie bemerkte gerade noch, wie die Hand des Engels leicht zu zittern begann, dann schnappte sie nach Luft, als die Hitze erneut ihren Körper durchwanderte. Langsam kroch sie von ihrer Schulter zur Körpermitte und Marie blieb für einen Moment die Luft weg. Als nächstes strich Anael ihr sanft eine Strähne aus der schweißnassen Stirn. Marie lag in den zitternden Armen des Engels. Hatte sie nicht vorhin noch gesessen. Anael, die Raphaelitin zwang ein Lächeln auf ihr müdes Gesicht. "Fühlst du dich besser? Es war ein wenig anstrengend, ich weiß. Aber jetzt bist du wieder gesund." Marie holte Luft um zu antworten und ihr Blick wurde noch verstörter. Anstatt einer Antwort verließ nur ihr Atem ihre Kehle. Sie entließ ihn langsam, holte dann erneut Luft, tief und behutsam. Es tat nicht weh. Und das pfeifende Geräusch, dass sonst immer beim Atmen da gewesen war, war auch verschwunden. Sie konnte ganz tief einatmen, tiefer, als jemals zuvor in ihrem Leben. Ihre Augen wurden groß. "Hast du das gemacht?", flüsterte sie zögernd. "Du siehst ja aus, als hättest du versucht mein morgendliches Trainingsprogramm mitzumachen." Kam es spöttelnd von hinter Anael. "Sag bloß, du hast versucht mit zu kämpfen?" Anael schob Marie von ihrem Schoß, half ihr auf, stemmte sich schließlich selbst mit zitternden Knien in die Höhe und wandte sich dem Gabrieliten zu, der sich drei Schritt entfernt lässig auf sein Schwert lehnte und sie skeptisch und betont gelangweilt mit einer hochgezogenen Augenbraue musterte. "Sie hatte eine Bronchitis. Nicht, dass ich erwarte, dass dir das etwas sagt. Es ist jedenfalls eine schwere Krankheit, und diese zu heilen, hat mich eine Menge Kraft gekostet. Ob du's glaubst, oder nicht, Manuel, auch andere leisten hier Arbeit." Marie verstand den Dialog der Engel nicht, da diese sich - wie schon zuvor - auf Latein unterhielten. Sie fragte sich, ob sie miteinander stritten, aber der Tonfall Anaels ließ keine Feindseeligkeit erkennen. Ängstlich klammerte sich Marie in den Ärmel der Raphaelitin und beäugte den Krieger indem sie vorsichtig hinter ihr hervorlugte. Anael hatte anscheinend keine Angst vor ihm. Marie begann zwischen den beiden hin und her zu sehen. Schwarz und Weiß. Ein Engel der tötet und einer der heilt... Plötzlich knickten dem Mädchen die Knie ein, als Anael zusammensackte und sich in ihrer Orientierungslosigkeit bei Marie festhielt. Beide krachten zu Boden und Marie wurde unter einem Wust weißer Federn begraben. Gedämpft hörte sie ein metallenes Scharren, dann flinke Schritte und schon wich das Gewicht des Engels wieder von ihr. Der schwarz gekleidete Engel, der... Gabrielit hatte Anael angehoben. Sie lag nun in seinen Armen und er schüttelte sie sacht. Marie stand wieder auf und der Gabrielit machte ebenfalls Anstalten sich samt Anael zu erheben, fror aber in der Bewegung ein. Marie folgte seinem Blick, der sich aus misstrauisch zusammengekniffenen Augen... direkt auf Helena richtete! Die kleine Schwester Maries hatte sich nicht untersuchen lassen wollen. Anael hatte vorgeschlagen mit Marie zu beginnen, um ihr zu zeigen, dass es nicht weh tun würde. Helena hatte derweil die ganze Zeit im Schatten eines Baumes gekauert, wo sie auch jetzt noch saß. Unter dem Blick des kriegerischen Engels zog sie den Kopf zwischen die Schultern, wie ein eingeschüchtertes Tier. Marie lief schnell zu ihrer Schwester und stellte sich todesmutig schützend vor sie. Dabei warf sie dem Engel ihren angsteinflößendsten Blick zu. Dieser starrte sie einen Moment lang undefinierbar an, biss sich dann auf die sich beinahe zu einem Lächeln verziehenden Lippen und stand ruckartig auf. In derselben fließenden Bewegung wandte er sich schwungvoll um. Das zusätzliche Gewicht des anderen Engels schien er gar nicht zu bemerken. Als er weg war sank Marie am Baumstamm zu Boden und seufzte erleichtert auf. "Ganz schön angsteinflößend dieser Manuel, oder Helena?" Die Kleine sah nur aus den Augenwinkeln zu ihrer Schwester hinüber und nach einer langen Minute des Schweigens nickte sie abgehackt. Marie streichelte ihr sanft über die Wange. "Du musst jetzt keine Angst mehr haben. Jetzt ist alles vorbei. Ganz bestimmt. Und Mama und Papa... sind jetzt bestimmt... auch Engel." Die letzten Worte kamen nur noch gebrochen über Maries Lippen und laut schluchzend zog sie Helena fest in ihre Arme, konnte das unschön verzogene Gesicht der 4-jährigen nicht sehen... Vor der winzigen Kapelle des kleinen Fischerdorfes traf die Schar Ashtariels zusammen. Zuerst trafen der Ramielit Hesekiel und der Urielit Daniel bei der Scharesführerin ein. Die Michaeliten bedachte Hesekiel mit einem fragenden Blick und sandte eine Frage in seine Gedanken. "Hast du dich wieder beruhigt?" Es lag kein Tadel darin, eher Verständnis, dennoch zog Hesekiel beschämt den Kopf ein. Ja. Verzeih... Ashtariel nickte. Dann wandte sie sich zu den Schritten um, die sich näherten. Noch bevor sie Manuel den Gabrieliten und die Raphaelitin Anael in seinen Armen richtig erkannt hatte, war Daniel schon bei ihnen und seine Schwingen bewegten sich -seiner Unruhe zusätzlichen Ausdruck verleihend - , als er aufgeregt fragte: "Was ist passiert? Ist sie verletzt?" Manuel rollte mit den Augen und trat umständlich an dem Urieliten und seinen mächtigen Schwingen vorbei. An Ashtariel gewandt, erstattete er den knappen, treffenden Bericht: "Umgekippt." Damit legte er sie - erstaunlicherweise recht behutsam - zu Ashtariels Füßen nieder. Als er wieder aufsah und dem Blick seiner Anführerin begegnete, der in etwa sagte: Das war ALLES?, warf er die Hände hoch. "Was denn? Meine Güte, sie hat sich überanstrengt. Die ältere von den Schwestern hatte irgendeine Krankheit... Bronchien, oder so." Ashtariel schüttelte den Kopf und ordnete scheinbar kurz ihre Gedanken. "Und... wo sind die Mädchen jetzt?" In einer lässigen Bewegung über die Schulter deutend, antwortete Manuel nüchtern: "Am Dorfrand bei der kleinen Baumgruppe." "DU HAST SIE ALLEIN ZURÜCKGELA-" begann Hesekiel zu kreischen, brach aber nach einem warnenden Blick Ashtariels ab und biss sich ausgleichsweise in die geballte Faust. Dann sah die Michaelitin Manuel an und baute sich vor diesem auf. "Langsam reicht es mir! Auch DU hast dich zusammen zu reißen und verantwortungsvoll zu handeln! Ich habe nicht die geringste Lust, wegen dir vor den Kirchenoberen in Ungnade oder gar Schande zu fallen!" In den Worten lag eine größere Drohung für Manuel, als seine Scharesgeschwister vielleicht begriffen. Der Gabrielit war ein stolzer Krieger und unter seinen Ordensbrüdern berühmt. Wenn seine Schar wegen ihm einmal einen Tadel bekam - und Ashtariel hatte ihm gerade sehr deutlich gemacht, dass sie es bekannt machen würde, falls ER schuld daran sei - dann würde er im Ansehen seines ganzen Ordens fallen. Er blickte sie düster an, senkte aber den Kopf ein klein wenig und entfernte sich langsam von ihr. Als er den schmollend auf einem Stein sitzenden Hesekiel passierte, streckte dieser ihm die Zunge raus. "Und es heißt Bronchitis!" "Jetzt ist Schluss!" Beide zuckten zusammen, als die Michaeliten sich erneut zu Wort meldete, diesmal aber sehr viel lauter. "Hört auf euch zu zanken und macht euch lieber nützlich! Ihr geht jetzt Feuerholz sammeln!" Nach einem giftigen Blick untereinander wollten beide in verschiedene Richtungen losmarschieren. "Zusammen!" Das Wort trug die Kraft Ashtariels himmlischen Erzeugers Michael mit sich und zwang die beiden zum Gehorsam. Nachdem sie es vernommen hatten, handelten ihre Körper praktisch von selbst. Nebeneinander - wenn auch offensichtlich nicht darüber erfreut - entfernten sie sich zügig in Richtung Waldrand. Das war die einzigartige Macht der Michaeliten, die es ihnen erlaubte ihre Befehle über alles erhaben an ihre Schar zu erteilen und sich des absoluten Gehorsams sicher zu sein. Ashtariel machte nur selten Gebrauch davon, doch heute hatte sie schlichtweg nicht mehr die Kraft, um über die Streitigkeiten zwischen Hesekiel und Manuel zu diskutieren. Sie alle hatten einen anstrengenden Tag hinter sich. Sie waren am frühen Morgen eingetroffen und mussten sofort den Kampf aufnehmen. Eine gemischte Horde von Traumsaatkreaturen, war in der Nacht über das Dorf hergefallen. Die Fischer hatten tapfer gekämpft, doch den riesigen insektoiden Monstern war schwer beizukommen. Ihre Chitinpanzer waren hart, ihre Klauen und Kiefer scharf und ihr Speichel giftig oder ätzend. Dennoch... als Ashtariel und die Schar schließlich eingetroffen waren, hatte es noch etwa einen halben Tag gedauert, bis die letzten verfluchten Kreaturen aufgespürt und zerschmettert worden waren. Die Michaelitin kniete neben Anael nieder. Auch sie hatte sich verausgabt. Viele Dörfler waren schon bei ihrer Ankunft schwer verletzt gewesen, und ihre Heilkräfte wurden oft benötigt. All das war auch der Grund, warum Ashtariel beschlossen hatte, dass die Schar die Nacht hier im Dorf verbringen würde, um Kräfte zu sammeln und den Menschen noch ein wenig in ihrem Leid und Verlust beizustehen. ~~~~~~~~~~~~~~~ So, hier ist das dritte Kapitel... hm irgendwie sollte die Fanfic gar net so lang werden, aber das passiert mir oft. ich hab das Ende oder die Schlüsselszene schon zu Anfang im Kopf, aber ich will dann auch net zu übergangslos dahin gehen. Hoffe, das Kapitel gefällt trotzdem und wirkt nicht nur geschwafelt. Ich fand es wichtig, um überhaupt nochmal die Situation und das Vorgeschehen n bissl zu klären. Bin halt kein Mensch, der sich gern kurz fasst ^^' Bitte gebt mir Kommis!!!! Ich möchte bei Animexx endlich mal austesten, ob meine Geschichten nur für mich und enge Freunde interessant sind, oder ob auch unbeteiligte sich einfühlen können und die Storys mögen. Außerdem möchte ich wissen, ob mein Stil immer noch bloß "Jugendliche kritzelt ne Story aus Langeweile"-mäßig ist, oder auch Romanqualitäten hat. Hab ich jetzt noch was vergessen...? ich glaub net. Tschuuuuuss! Bis zum nächsten Kapitel! Kapitel 4: ----------- Daniel hatte sich sofort auf den Weg zu der beschriebenen Stelle und den Mädchen gemacht. Und für die Schwingen eines Engels, vor allem für die der Sendboten Gottes, welche die Urieliten waren, war dieser Weg nicht lang. Schnell hatte er die Schwestern entdeckt, bremste in der Luft ab und sank langsam, senkrecht zu Boden bis er - wenige Schritte vor ihnen - wieder auf seinen Füßen stand. Marie machte große Augen. Langsam wurde dieser Gesichtsausdruck zur Gewohnheit. Daniel hatte schon wieder ein breites Lächeln auf den Lippen, welches aber schnell ein wenig betrübter wurde. Er ging zu den Mädchen und in die Hocke, obwohl er selbst nicht furchtbar viel größer war. Was die Größe an Imposanz missen lies, das machten die riesigen Schwingen, wallenden Gewänder und die einfache Tatsache, dass er ein Engel war wieder wett. In der Hocke jedenfalls, so glaubte er, wirkte er nicht mehr so einschüchternd. Sanft strich er mit dem Zeigefinger über Maries Wange. "Nicht weinen!" Gut, das wäre wohl ein wenig zu einfach gewesen. Der Verlust der Eltern und ein so traumatisches Erlebnis, wie die heutige Schlacht waren wohl mit zwei Worten nicht auszulöschen. Noch immer sprach tiefe Trauer aus den rotgeweinten Kinderaugen. Aber Daniel, wäre nicht der freundliche Urielit, als welchen ihn seine Schar kannte, wen er jetzt schon aufgegeben hätte. Er legte die Stirn in leichte Falten, den Kopf etwas schief und starrte angestrengt auf eine Stelle in Maries Haaren. Diese wich ängstlich etwas zurück, als er nach ihrem Haar - oder vielleicht ihrem Ohr? - zu greifen schien. Mit einer flinken Bewegung zog er eine große weiße Feder von .... wo auch immer hervor und hielt sie Marie mit fragendem Blick vor die Nase. "Wo kommt die denn her?" Er hob die Schultern und lächelte scheinbar ratlos. "Tja, die scheint dir wohl der Wind geschenkt zu haben. Dann solltest du sie behalten und gut aufheben." Wieder wurden Maries Augen groß, aber diesmal vor Freude. Sie hatte immer mit den Eltern nach Roma Aeterna reisen und dort die Engelsweihe der jungen Engel mitfeiern wollen. Wenn all die vielen Engel sich dann gemeinsam ganz zum Schluss in den Himmel erhoben, dann hatte man die Chance eine herabfallende Feder zu fangen. Wer eine besaß, der hatte fortan Glück, so hieß es. Sie nahm die Feder ganz vorsichtig, fast als hätte sie Angst, sie könnte zerbrechen. Schließlich lächelte sie Daniel glücklich an. Das war alles, was er gewollt hatte. Als Daniel sich aber Helena zuwandte und auch nach ihr lächelnd die Hand ausstreckte, presste diese sich nur an den Baumstamm, zog sogar noch den Bauch ein und drehte das Gesicht weg. Marie hob nur die Schultern und schüttelte den Kopf. Die Antwort des Urieliten war, wie so oft, ein verständnisvolles Lächeln. Die jüngere der beiden Schwestern hatte den Schock wohl nicht verkraftet und es würde vielleicht noch viel Zeit brauchen, bis sie wieder ein normales kleines Mädchen sein konnte... wenn sie das überhaupt irgendwann wieder konnte. Daniel verscheuchte den Gedanken. Schwungvoll stand er auf und streckte Marie die Hand entgegen. "Gehen wir zu den anderen?" Marie nickte und nahm seine Hand. Ihre Schwester packte sie einfach am Ärmelchen und zog sie mit. Als Daniel mit den Mädchen bei der Schar vor der Dorf-Kapelle ankam, war bereits ein Feuer entfacht worden, um dass die 4 anderen Engel saßen. Um ein zweites, größeres Feuer hatten sich einige Dorfbewohner versammelt. Andere richteten sich ihr Lager in der Kapelle ein, die im Gegensatz zu den meisten Wohnhütten noch stand und die Schlacht relativ unbeschadet überstanden hatte. Marie blieb unvermittelt stehen, als Daniel weiter in Richtung der Schar schlenderte Helena aber in die andere Richtung zog. Daniel drehte sich mit fragendem Blick um und lächelte gleich wieder. Er ging um Marie herum, ließ diese dabei los und ergriff anstatt dessen Helenas Hand. Diese zuckte zusammen, aber Daniel ließ sich nicht beirren. "Du musst keine Angst haben. Ihr dürft mit zu uns ans Feuer kommen." Dann zog er Helena einfach mit sich und ihre ältere Schwester Marie folgte ohnehin gerne. Wann hatte man schon einmal die Gelegenheit einem... nein, gleich fünf Engeln so nahe zu sein? Die Mädchen und Daniel setzten sich auf Baumstämme zu den anderen und Marie fing schon bald wieder an mit riesigen Augen in die Runde zu starren. Jetzt, wo es so ruhig war und alle nur da saßen, konnte sie sich alle fünf göttlichen Geschöpfe richtig anschauen und war sofort wieder gebannt. Zuerst - links neben ihr - der grün gekleidete Engel, mit dem sie soeben hierher gelaufen waren. Er hatte streng zum Zopf gebundene braune Haare und einen riesigen Bogen, den er nun vom Rücken genommen und neben sich gelegt hatte. "Soll ich dir alle einmal vorstellen?" Die freundliche aber ausdrucksstarke und feste Stimme ließ Marie sich sofort umschauen. Ashtariel hatte sie angesprochen, Marie nickte. Ashtariel deutete auf den grün gekleideten Engel, den Marie eben neugierig angeschaut hatte. "Das ist Daniel, der Urielit unserer Schar. Er ist der schnellste und ausdauerndste Flieger unter uns, unser Fährtensucher und Fernkämpfer. Daneben, das ist Hesekiel, unser Ramielit. Er kann lesen und schreiben, spricht am besten "Common" und weiß unglaublich viel, vor allem über die Geschichte." Marie begutachtete den kleinen, zierlichen, hellblau gewandeten Engel, mit den langen, blonden Haaren, die ihm offen und ein bisschen zerzaust bis über die Schultern fielen. An seinem Gürtel war eine kleine Fibel festgebunden und als sie genau hinsah, konnte sie an seinen Fingern Tintenkleckse entdecken. Er blickte auf und ließ ein schüchternes Lächeln aufblitzen, bevor er den Blick wieder gedankenverloren ins Feuer richtete. "Daneben sitzt Manuel. Er stammt vom Orden der Gabrieliten und ist, wie alle Engel dieses Ordens ein hervorragender Kämpfer." Der schwarz gewandete Engel mit dem merkwürdigen, marmornen Schimmer auf seiner Haut, war der kräftigste und größte von allen. Sein riesiges Schwert hatte er auf dem Schoß liegen, neben ihm lag noch eine Art Speer und er trug einen Dolch. Im Moment sah er nicht einmal furchterregend aus. Er saß mit geschlossenen Augen vorn über gebeugt, die Unterarme ruhten auf den Oberschenkeln und die Hände waren wie zum Gebet aneinander gelegt. "Ich", sagte Ashtariel und Maries Blick wanderte zu ihr "bin die Michaelitin und führe diese Schar an. Meinen Namen kennst du ja sicher noch.", fügte sie lächelnd hinzu und gab Marie Zeit auch sie einmal mit unschuldiger Neugier zu mustern. Wieder hatte Marie das Gefühl, dieser Engel mit dem recht kurzen blonden Haar strahle irgendwie von innen heraus. Ihre goldenen Gewänder konnten sich nicht mit dem Schein ihrer klaren Augen messen, dessen Blick genauso fest war, wie ihre Stimme. Als einzige außer Manuel trug sie ein Schwert bei sich. Ein anderes, als der Gabrielit, aber auch groß und einschüchternd und Marie wusste instinktiv, dass Ashtariel die Kraft besaß es sicher und machtvoll zu führen. "Und neben deiner Schwester, das ist Anael. Sie ist eine Raphaelitin und somit die Heilerin und Ärztin unter uns." Auch der Engel in den weißen Kleidern mit den zum Knoten gebunden Haaren und dem Dolch und den vielen kleinen Täschchen am Gürtel verharrte reglos in dieser merkwürdigen Haltung, sowie Manuel. Marie sah eine ganze Weile hin und konnte nicht einmal sicher sagen, ob der Engel atmete. Nunja...mussten Engel atmen? Sie schielte verstohlen zu Daniel. Der tat es jedenfalls. Wieder blickte sie zu Manuel und dann zu Anael. Die beiden regten sich wirklich nicht und schienen fest zu schlafen, aber irgendwie ging von ihnen nicht diese träge Ruhe aus, die von einem Schlafenden ausgehen sollte. Marie hatte das Gefühl, als könnten die beiden jeden Moment aufspringen. Taten sie vielleicht nur, als ob sie schlafen würden? Neugierig streckte sie den Kopf vor und dann den Arm über ihre Schwester hinweg nach Anael aus, um mit der Hand vor ihrem Gesicht herum zu wedeln. "Bitte tu das nicht." Erschrocken zog sie die Hand zurück und den Kopf ein. "Ich wollte sie nicht wecken! Entschuldigung bitte!" Ashtariel, die sie mit leicht tadelndem Ton angesprochen hatte, musste angesichts dieses naseweißen und doch so lieben Mädchens kichern. "Schon gut. Und, sie schlafen übrigens nicht. Sie meditieren. Das ist unsere Art uns auszuruhen, und die beiden haben heute sehr viel geleistet und Ruhe dringend nötig! Aber, wie wäre es, wenn du uns etwas von dir und deiner Schwester erzählst?" ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ So, hier ein weiteres Kapitel, und zwar das vorletzte. Hat lange gedauert, ich weiß *schäm* Abba wenn ich mich zum Schreiben zwinge, dann wird's eh nur schlecht. Auuuußerdem *sich rechtfertigt* hatte ich nach dem Umzug nach Düsseldorf erstmal ewig keinen PC, und noch länger kein I-Net. Nunja, jetzt wird dieses Geschichtlein aber bald zum Ende kommen. Bis denn dann! Kapitel 5: ----------- Eine Weile hatten die Mädchen und die fünf Engel gemeinsam am Feuer gesessen. Manuel und Anael hatten weiterhin meditiert, während die anderen Drei Marie zugehört hatten, wie diese aus ihrem kleinen, jungen Leben erzählt hatte. Mit Wehmut von den Eltern, die nun fort waren. Mit Stolz von den Gebeten die sie gewissenhaft auswendig gelernt hatte und jeden Abend aufsagte. Mit eingezogenem Kopf und schelmischem Grinsen, von den Streichen, die sie im Dorf manchmal gespielt hatte. Mit viel Wärme und plötzlich so erwachsen wirkend, von ihrer kleinen Schwester, die sie von nun an beschützen wolle. Helena ihrerseits war die ganze Zeit über in der unnatürlich starren Zurückhaltung verblieben, die sie schon seit Eintreffen der Schar gezeigt hatte. Sie sprach nicht, starrte ausdruckslos drein und bewegte sich nicht. Neben ihrer großen Schwester auf dem Baumstamm zusammengesunken, wirkte ihr winziger Körper gleichzeitig kraftlos erschlafft und leblos steif. Sie reagierte auf keinen Zuspruch, keine Geste der drei wachenden Engel. Nicht auf die unbeholfen streichelnde Hand ihrer Schwester. Ashtariel erwischte sich einmal, wie sie das Kind mit gerunzelter Stirn durchdringend anstarrte. Sie hatte das Gefühl, etwas schauriges würde von der Kleinen ausgehen. Doch sofort schallt sie sich für diesen Gedanken und mahnte sich selbst zu mehr Mitgefühl. Das arme Kind hatte schreckliches durchlebt in den letzten Stunden. Und als es Ashtariels Blick bemerkt hatte, zog es ganz tief den Kopf ein und wand den Blick ab. Ashtariel hatte ein schlechtes Gewissen, denn sie hatte dem Kind keine Angst machen wollen. Fortan lies sie es in Ruhe, und somit verharrte Helena wie versteinert. Nur ein einziges Mal regte sie sich. Von allen unbemerkt war Manuel aus seiner Meditation erwacht. Ohne sich zu bewegen hatte er nur die Augen aufgeschlagen und die kleine Helena mit seinem Blick fixiert. Wieder wand sich diese scheinbar innerlich unter dem Blick, doch Manuel ließ nicht ab. Schließlich ging ein kaum merklicher, winziger Ruck durch den dürren Leib des Kindes und langsam hob sie den Kopf. Sie blickte Manuel an, und unter Zittern hoben sich ihre Mundwinkel. Zuerst ergab es eine bizarre Grimasse, so als wenn ihr Gesicht lange gelähmt gewesen wäre, und die Muskeln nicht mehr wussten, wie sie die Mimik steuern konnten. Schließlich aber lächelte Helena Manuel an. Ein schüchternes, verstohlenes Lächeln. Ohne eine Regung seinerseits, schloss Manuel wieder die Augen. Als der Schrei ertönte, war Daniel der erste, der herumfuhr und sich in einer einzigen fließenden Bewegung in die Lüfte erhob, um Flach über dem Boden in die Richtung zu fliegen, aus der der Schrei gekommen war. Die anderen Engel folgten mit geringem Abstand ebenfalls eilig. Selbst Anael erhob sich sofort aus ihrer Meditation. Nur Manuel, der ebenfalls sofort erwacht war, verharrte noch einige tiefe Atemzüge lang am Feuer... Es war eindeutig Maries Schrei gewesen. Die ältere der beiden Schwestern war vor wenigen Minuten urplötzlich mitten im Gespräch aufgestanden, hatte die Knie zusammen gepresst und sich die Händchen in den Schoß gedrückt, bevor sie mit winzigen Trippelschrittchen in die Büsche verschwunden war. Helena war daraufhin einfach aufgestanden und ihrer Schwester wortlos gefolgt. Als die anderen Vier nun bei den Mädchen ankamen, schon allein über die Tatsache erstaunt, wie weit sich diese vom Dorf fortbewegt hatten, bot sich ihnen ein bizarres Bild. Die beiden Mädchen saßen sich gegenüber auf dem Boden. Marie saß wie nach einem Fall hintenüber auf dem Po. Mit beiden Armen stütze sie sich nach hinten auf dem Boden ab, die Beine lang ausgestreckt. Ihre Augen waren aufgerissen, ängstlich und verständnislos. Ihr kleiner Mund war wie zum sprechen geöffnet, die Lippen zitterten, sowie der ganze Leib. Eine kleine aufgerissene Verletzung klaffet auf ihrer Wange. Helena saß ihr gegenüber. Sie war an einen Baumstamm gelehnt. Zuerst reglos. Dann bewegte sie sich benommen und ihr Kopf fiel nach vorn. Nun sah man Blut auf dem Baumstamm auf Höhe ihres Kopfes. Auch im blonden Lockenschopf am Hinterkopf schien Blut zu kleben. Doch viel erschreckender war der Anblick Helenas selbst. Sie verdrehte die Augen, warf den Kopf dann wieder nach hinten und kam irgendwie auf ihre Knie. Ihr Mund stand offen und Zähne und Lippen waren Blutverschmiert. Ein Speichelfaden troff an ihrem Gesicht herab, als sie weiter – wie ein Fieberkranker torkelnd – versuchte auf die Beine zu kommen. Der Ramielit Hesekiel erwachte zuerst aus der Starre, in die alle vier Engel verfallen waren. Er lief zu Marie, legte die Hände auf ihre Schultern und drehte sie zu sich. Sie starrte wie durch ihn hindurch. Erst nachdem er sie leicht schüttelte klärte sich ihr Blick und sofort begann sie bitterlich zu weinen und noch heftiger zu zittern. „Was ist denn geschehen?“, fragte er sie. Verständnislos blickte Marie wieder zu Helena zurück und weinte noch bitterlicher. Erst als Anael auf Helena zuging und Marie somit die Sicht auf ihre kleine Schwester nahm, begann sie schluchzend und keuchend zu erzählen. „Sie... sie wollte weg.... hat mich gezogen... in den Wald. Vorsingen, hat sie gesagt... das Schlaflied....von Mama. Ich hab sie umarmt... und gesungen.... und..... dann hat sie.... „ Schrecklich zitternd hob sie die Hand zu ihrer Wange, doch Hesekiel hielt sie davon ab an die Wunde zu greifen, die aus der Nähe zu seinem Entsetzen tatsächlich, wie eine Bisswunde aussah. Marie schrie jetzt fast vor Verzweiflung. Hesekiel umarmte sie als sie weitere Satzfetzen hervorschluchzte. „Ich wollte nicht.... aber es tat so weh.... ich hab.... getreten.... und der Baum... ich hab ihn nicht gesehen... sie...Ich wollte nicht, dass sie sich verletzt!!!“ „Schhhht“ machte Hesekiel etwas unbeholfen angesichts der Panik des Kindes in seinen Armen. „Anael wird Helena ja wieder heilen. Ist nicht schlimm!“ Doch Anael konnte die Dreijährige nicht einmal berühren. Als sie sich dem Kind auf drei Schritte genähert hatte, war Helena mit einem fauchenden Laut aufgesprungen und hatte sich zurückgeworfen. Dann war sie auf dem Boden weiter von der Raphaelitin weggekrochen. In diesem Moment trat Manuel zwischen zwei Sträuchern hindurch, vorbei an Ashtariel und Daniel, die nur fassungslos das ganze beobachteten. Vorbei an Hesekiel und Marie, die sich nicht beruhigen konnte. Er trat hinter Anael, die nun zwischen ihm und Helena auf dem Boden kniete und gerade noch einmal die Hand nach dem Kind ausstreckte. Er packte sie beim Arm und zog sie grob auf die Füße. Sie wirbelte herum und wollte protestieren. Doch als Ihr Blick Manuels traf, gefror ihr jeder Widerspruch auf den Lippen. Manuels Gesicht war eine Maske von Marmor. Kalt und gefühllos. Hätte Anael ihn nicht zuvor schon einmal Lachen oder seine Stirn in Zornesfalten legen sehen, sie hätte in diesem Moment nicht geglaubt, dass die perfekte, ebene Fläche auf die sie nun blickte, fähig war, solche Gefühle abzubilden. Die Kälte, die von dem Krieger der Schar ausging, nahm Anael die Luft zum Atmen und wie betäubt lies sie sich von ihm fortdrücken. Manuels Bewegung war blitzartig. Er schnellte vor, griff nach unten in das Haar des Kindes, dass von ihm wegzukommen versuchte, zog es hoch, umgriff es mit dem anderen Arm und drückte den kleinen Kopf so nach unten, dass der Nacken sich seinem Blick darbot. Nur ein kurzer Augenblick. Dann bog das Kind mit einer Kraft, die unverhältnismäßig schien zur Größe seines Köpers den Rücken durch, sodass man Angst haben musste, das Rückrat würde brechen, um sich aus Manuels Griff zu befreien. Dieser gab nach und lies das Kind zu Boden fallen, wo es sofort auf allen Vieren wegkroch. „Hirnlarvae“, erklang es aus Manuels Mund. Emotionslos. Eine Feststellung. In Hesekiel löste sie Entsetzen aus, denn er wusste, anders als Daniel, Anael und Ashtariel, wovon der Gabrielit sprach. Hinrlarvae... eine Traumsaatkreatur, die einen Menschen befiel indem sie zum Beispiel durch den Nacken eindrang, sich dann an seiner Wirbelsäule entlang zu seinem Gehirn vorarbeitete und dort Stück für Stück ihren Wirt übernahm. Seinen Geist, seinen Willen, seinen Körper. Hesekiel war fassungslos. Die kleine Helena trug ein Wesen in ihrem Innern, dass Besitz von ihr ergriffen und sie völlig entmenschlicht hatte. Während seine Gedanken tobten, setzte sich Manuel wieder in Bewegung, auf das kleine Mädchen zu, dass – wohl durch die Kopfverletzung stark benommen – nur langsam Distanz zwischen sich und ihn bringen konnte. Wie sehr musste Helena gelitten haben? Wie sehr leidet sie noch? Was war von ihr übrig? Hesekiel wollte, schreien und rasen angesichts der Verderbtheit der Kreatur, die ein Kind auf so widerwärtige Weise quälte. Und er wollte Manuel anschreien. Er wollte ihn Schlagen. Wollte ihm die Frage entgegenbrüllen, wie es nur sein konnte, dass ihn ein solches Gräuel nicht berührt. Hesekiel hob ruckartig den Kopf und starrte unter Tränen zu dem schwarzgewandeten Krieger, der noch immer auf das Kind zulief. Stetig, kontrolliert, geübt waren seine Bewegungen. Doch dann fiel Hesekiel noch etwas auf. Manuels Bewegungen, waren langsam. In weniger als der Zeit eines Herzschlages hätte der Gabrielit das Kind packen können, doch er setzte seine Schritte langsam, mit immer längeren Pausen... widerstrebend??? Als dieser Gedanke sich gerade in Hesekiels Geist entfaltet hatte, zerschnitt Manuels Stimme die Stille, die sich – getragen vom Grauen und Schrecken aller Anwesenden – ausgebreitet hatte. „Bringt ihre Schwester fort!“ Die Erkenntnis darüber was nun passieren würde, löste in allen Engeln einen Impuls des Widerstrebens aus. Doch ausgerechnet Hesekiel war es, der Manuels Worten Folge leistete, sich nun als erster mit Marie auf dem Arm erhob und wortlos mit schnellen Schritten davonlief. Auch die anderen drei Engel ließen Manuel und Helena zurück, hatten aber Mühe Hesekiel einzuholen. Immer weiter beschleunigte er seine Schritte, wohl wissend, dass er flüchten wollte. Als er trotz aller Entfernung zwischen ihnen und dem Ort des Grauens dennoch das metallische Geräusch eines Schwertes hörte, dass aus seiner Scheide gezogen wurde, schwor er sich, nie wieder an Manuel zu zweifeln... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)