D.E.A.D! - Geschichten von Alexej_Axis (Eine Sammlung von nicht zusammenhängenden, erläuternden Geschichten zu den Charakteren aus "Our Darkness") ================================================================================ Kapitel 1: Schicksalsgemeinschaft --------------------------------- Wir saßen um das kleine Lagerfeuer herum. Keine Ahnung, wie spät es war, aber es war schon dunkel. Warm war es auch und wir hatten das Feuer nur gemacht, damit wir uns in die Augen sehen konnten. Julie atmete schwer und André stach sie. Sie war so schwer verletzt und ihre zierlichen Schultern hoben und senkten sich in seinem Schoß. Sie war nicht bei Bewusstsein und wir alle waren uns nicht sicher, ob sie die nächsten Tage heil überstehen würde. Ich sah in die Runde. War sich irgendjemand von uns sicher? Ich persönlich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Wie es würde, das wüsste ich ganz genau. Julie war halbtot, aber sie gehörte zu uns. Sie sollte für immer zu uns gehören, auch wenn sie erst so kurze Zeit dabei war. Also stach er sie. Damit sie damit sterben konnte. Als eine von uns. Schon seltsam wie viel es anscheinend bedeutete. Für manche jedenfalls. Ich war mir dessen gar nicht so bewusst gewesen, bis es an Bedeutung gewann, weil wir nicht mehr zusammen waren. Einige waren tot. Wir gehörten immer noch zusammen. So sahen es die anderen. Irgendwie hatte ich es schon aufgegeben. Aber das Zeichen trug ich auch. War schon richtig so. Wenn wir uns jemals wiedersehen würden, dann vielleicht nicht unter friedlichen Umständen. Man musste leben. Familie. Tandra saß da und beobachtete André beim Stechen. Der Schweiß stand ihm fest auf der Stirn und wir alle wussten wieso. Es musste gut werden. Sauber. Sie konnte jeden Moment sterben und irgendwie war sie sein Mädchen. Tandra tupfte Blut und Schweiß von beiden. Allegro seufzte. Er war der Älteste von uns und auch gerade mal siebzehn. Aber er hatte ein breites Kreuz und war sehr kräftig. Irgendwie schaffte er es, dass wir weitermachten, auch wenn wir wussten, dass es so keinen Zweck hatte. Jeder von uns wusste es und unsere gemeinsame Zeit wäre bald vorbei. Ich rauchte eine Zigarette. Viel besaßen wir alle nicht und ich wusste nicht, wer morgen nicht mehr da sein würde. Wahrscheinlich Julie und André. Er würde gehen, das sah ich in seinen Augen und ich wusste warum. Er wusste, dass es für uns zu gefährlich war, wenn wir mit einer blutenden, halbtoten Blüterin im Gepäck durch die Bretagne zogen. Die Bestien würden es meilenweit wittern und wir würden Ärger mit allem nur erdenklichen Kroppzeug bekommen und vielleicht sogar mit den Dämonen, schlimmer noch, den Menschen. Sie war gefundenes Fressen und André würde sie nicht alleine Lassen. Also würde er sie mitnehmen und gehen. Morgen würden die Beiden nicht mehr da sein. Ich spuckte die Zigarette ins Feuer und sah mich unter meinen Kameraden um, meiner Familie. Dem Rest davon. Morgen würden wir zwei weniger sein, und wie viele wären wir übermorgen? Ich wusste nur zu gut, dass ich irgendwann alleine dastehen würde. Tandra würde bei Allegro bleiben, oder beide würden ihren eigenen Weg gehen. Aber niemand würde sich mir, und ich mich niemandem anschließen. Ich war allein. Schon immer. Und es würde auch immer so bleiben. Allegro war der stärkste von uns. Jetzt wo wir alle gleich voreinander dasaßen... mit freien Oberkörpern und in Bluejeans... Da wurde mir klar, wie wenig sie mir bedeuteten, obwohl sie mir so viel gegeben hatten. Eigentlich bedeuteten sie mir eine Menge. Nur nicht genug. Irgendwie. Schwer in Worte zu fassen, aber ich hatte einfach den Eindruck, sie hätten es verdient mir mehr zu bedeuten. Es ging nur nicht. Noch nicht. Keine Ahnung wieso, aber sie waren mir wichtig. Und das Zeichen auch. Tandra war ein hübsches Mädchen, und ein hartes. Ich war mir sicher, sie würde mich in die Tasche stecken. Aber sie war auch älter als ich, gerade eben sechzehn geworden. Sie konnte auch eine echte Frau sein, sensibel und einfühlsam. Die Sache mit André und Julie ging ihr an die Nieren und das wusste ich. André war kein so harter Typ, jemand der mit seinem Blut kämpfte, aber körperlich sehr weit für sein Alter war. Deswegen schätzte man ihn allgemein älter und vergaß, dass er geistig fast noch ein Kind war. Mehr als ich, denn ich war kein Kind. Schon lange nicht mehr. Eigentlich war ich der einzige, dem ich es zutraute alleine durchzukommen. Die anderen hatten eine Chance, wenn sie zu zweit gingen. Und so sollten sie es machen, denn sie hatten es verdient zu überleben. André war fertig, und hatte Julie das Zeichen gestochen. Es sah gut aus. Ich schlang die Arme um mich und streichelte meinen eigenen Rücken. Zwei einfache schwarze Striche, einer links und einer rechts neben der Wirbelsäule. Der linke zog sich hoch bis zum Hals, die rechte Linie endete an der Oberkante der Schulterblätter. Sie wurden nach unten hin schmaler und zogen sich bis zum Ende der Wirbelsäule hin. Rechts unter den Rippen ein weiterer Strich bis nach unten, mit einer halbkreisförmige Auswölbung auf der rechten Seite der Hüfte, wie die Sichel eines Mondes. Es war schon länger her, dass die Jungen aus dem Söldnertrupp, der Nachwuchs sozusagen, mich aufgenommen hatte. Aber ich gehörte fast von Anfang an dazu und irgendwie war ich stolz auf diese Auszeichnung. Ich nickte André zu, und dieser kauerte sich um Julie um zu schlafen und sie zu wärmen, weil sie der Blutverlust sehr geschwächt hatte, und sie unterkühlt war. Gleichzeitig aber, schien sie Fieber zu haben und schüttelte sich vor kaltem Schweiß. Ich half Tandra beim zusammenlegen des Tätowierbestecks. Sie trug es zu Allegros Sachen und verstaute es da. Er war der Älteste, er machte das in der Regel, doch wir wollten es alle einstimmig André überlassen, seinem Mädchen die vielleicht letzte Ehre zu erweisen. "Ich bin sicher ihr Blut ist stark. Sie wird es schaffen," sagte ich, um die anderen zu trösten. Ich wusste nicht, warum ich es tat, aber ich nahm mein Kampfmesser und schnitt mir in die Hand, dann strich ich meinen Zeige- und Mittelfinger durch das Blut und malte ihr einen Strich von der Stirn bis zum Kinn auf. Tandra nickte, sie schien mich nicht wirklich zu verstehen, das tat ich selber nicht, aber sie verstand, dass ich einfach irgendetwas tun wollte und erkannte an, dass ich es tat. "Ich übernehme die erste Wache," sagte Allegro und alle sahen auf. Sein Befehl duldete, wie immer, keine Widerrede. Wir nickten alle, und ich wusste, dass die erste Wache wie immer die einzige sein würde. Es hatte keinen Zweck zu widersprechen, er würde schon wissen, wann er mal wieder Schlaf brauchte. Trotzdem bedachte ich ihn mit einem langen starken Blick, damit er sah, dass ich genug Kraft hatte, um ihm zur Seite zu stehen. "Keine Widerworte Az," sagte er, und ich nickte, klappte meine knöchernen Schwingen mit einem Klacken zusammen und ging den anderen nach ins Zelt. Es gehörte Allegro, er hatte es bei der Auslösung bekommen. Nur war er derjenige, der darin am seltensten schlief. Ich legte mich hin und schloss die Augen, mein Rucksack war mein Kopfkissen und Julies schweres Atmen bescherte mir einen rhythmischen Übergang in die Gedankenlosigkeit. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war das schwere Atmen verschwunden. Es war warm im Zelt und ich war allein. Allegro schaute herein. Er war ein südlicher, sonnengebräunter, sehr menschlicher Typ mit Dreitagebart. Obwohl er erst so jung war, war er sehr männlich. Er schenkte mir einen eher führsorglichen Blick. "Reg dich nicht auf," sagte er gleich und hob entwaffnend die Hände. "Hab dich schlafen lassen. André ist mit Julie abgehauen. Keine Ahnung wohin und wie." Er ging wieder und ich raffte mich hoch und kam aus dem Zelt. Und wie ich es erwartet hatte, waren wir nun nur noch zu dritt. Vorsorglich nahm ich alle meine Sachen aus dem Zelt. Spätestens diese Nacht war es auch für mich Zeit zu gehen, da würden wir die belgische Grenze erreicht haben und ich hatte gute Chancen, es wieder bis nach Deutschland zu schaffen. Man muss leben, oder sterben. Ich werde mehr als das. Kapitel 2: Devil's Due ---------------------- Az erwachte auf dem Rücken liegend. Um sich herum war es heiß und drückend und er spürte einen bestialischen Hunger in sich aufsteigen. Einen Hunger, den er bisher nicht gekannt hatte. Da war Bewegung um ihn herum und monotones stöhnen und raunen. Er sprang auf und drehte sich mit einer kontrollierten Bewegung zur Seite, mit all seiner Kraft packte er was da neben ihm stand und biss einfach zu. Die Person wehrte sich nicht und wimmerte nur, als er ein großes Stück Fleisch aus ihrer Schulter heraus biss. Der Geschmack von Blut auf der Zunge machte ihn benommen und er bemerkte langsam, was er gerade getan hatte. Er stieß die Gestalt von sich, worauf diese anscheinend irgendwo herunter viel und einen Meter unter der Plattform, auf der Az stand, zu Boden klatschte. Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. War ich das eben?, fragte er sich still und sah auf seine Hände, die voller Blut waren. Krallen? Was ist los mit mir? Plötzlich überkam ihn ein Gefühl von schrecklicher Übelkeit. Er krümmte sich zusammen und stolperte über einen Körper. Der direkt vor ihm lag. Er stieß sich ab und machte einen kleinen Salto in der Luft, um auf die untere Ebene zu gelangen, auf der seine Beute anscheinend gelandet war. Als er auf den Füßen landete, wurden ihm die Knie weich und er sackte in sich zusammen, weil das Bedürfnis sich zu übergeben so stark war. Es war kein Ekel, es waren einfach schreckliche Krämpfe, und seltsamerweise verspürte er nebenbei immer noch diesen bestialischen Hunger. Langsam gelang es ihm, das Gefühl zurückzudrängen. Er wollte sich nicht übergeben und dann er würde es nicht auch nicht tun. Er knurrte laut auf und erschreckte sich sofort vor seiner eigenen Stimme, die viel dämonischer klang, als sonst. Sein Schreien hatte, um genau zu sein, alles hier im Umkreis von drei Kilometern zusammenzucken lassen, da war er sich sicher. Dann, ganz plötzlich nach dem Schrei, wurde er langsam wieder Herr über seine Sinne und seinen Körper. Er stand auf und straffte Schultern und Flügel um sich umzusehen, und erstarrte. Er befand sich auf einem großen Transportschiff. Er kannte diese Dinger, weil sie auf dem Rhein benutzt wurden. Sie waren alle Relikte aus der Zeit vor dem Krieg, die die Menschen wieder flott gemacht hatten. Die gigantischen Transportschiffe gehörten meist der NeuenWeltAllianz, und waren eindrucksvolle, mehrere Tonnen schwere und 80 Meter lange, schwarze Ungetüme, die in der Lage waren mehrere hundert Mann Truppenstärke flussauf- oder auch -abwärts zu transportieren. Dieses Ding hier schwamm in Teer. Der Fluss war genauso breit wie der Rhein, doch er führte kein Wasser, sondern Teer! Um Az herum standen, lagen und krümmten sich viele, viile Menschen. Sie waren alle Nackt und ihre Haut sah gelblich aus. Sie spuckten und übergaben sich über die Reling des Schiffes, oder lagen umher und kotzten einfach so vor sich hin. Az war angewidert, und wütend. Wo bin ich bloß gelandet? , knurrte er. Der Mann, der neben ihm lag, krümmte sich und wimmerte, während die anderen immer gleich währende, monotone Laute von sich gaben, wie eine Kuhherde. In seiner Schulter fehlte ein beachtliches Stück. Az versuchte sich zu erinnern - was vor wenigen Minuten geschah, schien ihm verschwommen und unwirklich. Dann dämmerte ihm, dass er im Moment nicht ganz er selbst war. Er hatte seinen Kiefer ausgehakt, wie eine Schlange, um das Ding zu beißen, und das fehlende Fleisch, war nirgends zu sehen. Der Dämon rieb sich nachdenklich das Kinn. Was geht denn hier ab? Er ließ den Wimmernden weiter auf den Boden bluten und sprang elegant zurück auf die obere Ebene des Schiffes. Er fand es widerwärtig in Kotze zu stehen. Oben beobachtete er, wie diese Menschen, deren Augen milchig waren, sich anscheinend erst krümmten, begannen an ihren Mitgefangenen auf dem Schiff herumzufummeln und um irgendetwas zu flehen, und sich dann übergaben. Das schien ein sich immer wiederholendes Verhalten zu sein, welches jeder der hier anwesenden zeigte. Die wimmernden, monotonen Laute schienen ein Wort zu sein, das hier jeder spürte, sprach und dauernd wiederholte; Hunger! Az legte den Kopf schief und sah sich um. Er ging zur Brücke des Schiffes, das kein richtiges Führerhaus mehr hatte, sondern anscheinend nur ein Steuerrad mit zwei zerfallenen Wänden und einem zur Hälfte weggerosteten Dach darüber. Auf dem Weg trat er angewidert einige Gestalten weg, die an seiner Jeans zerrten, oder ihn anders berühren wollten. Sie schienen zum Glück wenig Interesse an ihm zu haben – anscheinend waren sie alle blind und schrecklich orientierungslos. Nur die, an denen er direkt vorbei lief, begannen ihre dürren Hände nach ihm auszustrecken und wollten ihn begrabschen. Ihr Leid schien allumfassend – der Hunger ihr einziges Gefühl. Az Magen knurrte. Er schlug den letzten Mann hart mit dem linken Knochenflügel und dieser fiel zu Boden, als er in das verrostete Führerhäuschen kletterte. Der Himmel schien in Flammen zu stehen und das umliegende Land war eine Symphonie aus kranken Gelb- und brennenden Orangetönen, wie in einem expressionistischen Aquarell. Diese Landschaft hier war so unwirklich, wie die Situation in der Az sich befand selbst und er hatte keine Ahnung, wie er hineingeraten war. Sein Schwert aber, dass er von seinem Vater hatte, war an seiner Seite, und wenn es die einzige Waffe war, die er zur Hand hatte, so reichte sie ihm um allem entgegenzutreten. Das Führerhäuschen zeigte in Fahrtrichtung auf den Fluss, der kein Ende zu haben schien. Die Landschaft um den Fluss herum sah überall gleich aus, flach und mit feurigem Gras bewachsen, das Gelb wie Stroh war, aber sicherlich heiß, wie kochender Schwefel, aus dem es dem Geruch nach zu urteilen tatsächlich zu bestehen schien. Wo der Fluss hinführte, wurde der Himmel immer dunkler, wurde langsam Orange, dann rot. Das war die einzige Besonderheit, die Az bemerkte. Am Steuerrad stand ein Mann, der einen aschgrauen Anzug trug, nein eine Uniform. Die Uniform eines Kapitäns? Sie war anthrazitfarbend und schwarz abgesteppt mit goldenen Knöpfen und Orden geschmückt. Im Gesicht trug der Mann eine einfache graue Maske mit Schlitzen als Augen und Mund. Sie schien aus Holz zu sein und hinter ihr ertönte ein Pfeifen, eine eher fröhliche Melodie. Herzstich zischte. Az senkte für einen Moment die Lider und bedachte Herzstich mit einem strengen, maßregelnden Blick. „Sieh an, da habe ich ja ausnahmsweise wieder einen interessanten Gast,“ meinte eine erheiterte, dunkle, männliche Stimme aus der schwarzen Höhle des Mundes. Das Pfeifen hörte auf. „Entschuldigt, ich habe Euch wohl nicht bemerkt... Als ich die Lieferung bekommen habe, wart Ihr wohl noch nicht dabei?“ „Hä?“ Az sah den 'Mann' skeptisch an. Er spürte, dass dieser Kerl kein Mensch war, aber ein Dämon war er auch nicht. Wer ist dieser Typ? Der Mann lachte. „Ich hoffe Ihr habt Euch nicht schmutzig gemacht da hinten. Aber ich kann nun mal nicht auf alles achten, tut mir leid.“ Az wunderte sich, dass der Kapitän anscheinend ernsthaft erfreut war, Gesellschaft zu haben und ihn keinesfalls auslachte. Der Dämon fühlte sich seltsam. Seine Muskeln spannten und ganz allgemein schien er irgendwie unter Druck zu stehen. Nicht Angst, nicht Unbehagen, oder Wut... vielmehr fühlte er sich... er konnte es nicht genau beschreiben. „Sag mal, was ist das hier alles?“, fragte Az und wunderte sich wieder über seine Stimme, die rau und knirschend klang. Der Mann lachte wieder. „Mann, Mann, Mann, lange her, dass mich das mal wieder einer fragt. Ich bin Charon. Und das hier ist der Styx.“ „Styx?“ Az setzte ein verwirrtes Gesicht auf und raunte. „Sicher.“ „Ich kannte mal jemanden, der so hieß“, grübelte der Dämon laut. Charon lachte wirklich erheitert, aber er schien Az nicht auszulachen. Er sprach ganz normal, aber irgendwie lag eine ruhige Aura um ihn, eine Aura der Vorsicht, als wisse er, wie leicht man Dämonen reizen konnte, und das er einen vor sich hatte. Genau genommen, schien er sich dessen bewusster zu sein, als Az. „Wir sind auf dem Totenfluss. Die Menschen nennen ihn den Rhein... jedenfalls in diesen Zeiten nach der Apokalypse. Der Kahn schippert direkt in die Hölle. Die Sünder hinten sind alle mit Genussucht und Gier geschlagen. Die sind von quälendem Hunger geplagt und müssen sich doch nur beim Gedanken an Nahrung übergeben, ist so eine Art Vorabstrafe, bis die im Fegefeuer ankommen, oder in der Unterwelt, mal schauen. Nächste Station ist erst mal die Hölle, von da aus gehen Züge.“ Az kratzte sich am Kopf. „Und Ihr? Besucht ihr Familie?“ Charon lachte wieder laut und Az wollte sich ausgelacht fühlen und wütend werden, aber irgendwie... gelang ihm das nicht. Er knurrte trotzdem. „Moment mal...“ Er sah nach draußen, dann auf Charon, dann auf seine klauenbewährten Hände. „Heißt das etwa... jemand hat mich UMGEROTZT?“ „Nun...“ Charon schluckte einmal. „Wer weiß. Erinnert Ihr Euch nicht, was geschehen ist?“ „Nein.“ Az fasste sich an den Kopf und schnaubte. „Ach, das passiert jedem mal. Dämonenkörper sind auch nicht ewig haltbar.“ „Ist mein Körper etwa hinüber?“, knurrte Az besorgt und wütend. „Nun, das... muss nicht sein. Sagt, wie alt seid ihr?“ „Weiß ich nicht genau,“ knatschte Az. „Meine Herrschaftszeiten, wieder so einer, der nicht mehr zählt,“ seufzte Charon. „Ich hab noch niemals verloren,“ knurrte Az auf. „Ja nun keine Sorge. Es muss Euch ja nicht gleich einer den Kopf abgeschlagen haben, oder so etwas...“ „Kopf abgeschlagen?!“ Der Dämon sah ihn wild an. Charon hob für einen kurzen Moment die Hände vom Steuerrad um zu beschwichtigen. „Macht Euch mal keine Sorgen. Seht, ein normaler Dämon ist sterblich, aber seine Seele fährt immer wieder zurück in die Hölle, richtig?“ Az nickte vorsichtig. Er hatte von so etwas eigentlich keine Ahnung. Dass er ein Dämon war, stimmte zwar bedingt – aber die gesamte Situation war ihm schwer unheimlich. Herzstich wirkte hingegen geradewegs aktiv. Der Geist, der das Schwert beseelte hätte wahrscheinlich ein beschwingtes Liedchen auf den Lippen gehabt, wenn er mit welchen ausgestattet gewesen wäre. „Nun, ein Dämon ist meist in der Hölle entstanden, doch sein Körper wird auf Erden gezeugt. Seit dem Krieg haben die meisten Dämonen sterbliche Hüllen. Selbst manche Gefallenen haben sich so etwas bedient. Die besten dualdimensionalen Körper überleben einen Krieg wie diesen nicht. Krieg ist da schlimm. Nach der Neukonzeption ist die Welt nun einmal in viel zu viele Scherben zerbrochen.“ „Hör mal ich weiß echt nicht wovon du redest.“ Charon seufzte. „Seht, Ihr scheint mir ein sehr mächtiges Wesen zu sein und Ihr seid ganz gewiss nichts göttliches, sonst wärt Ihr nicht hier.“ Az grummelte. „Sicher nicht.“ „Seht Ihr? Auch wenn Euch das bislang noch niemals passiert ist, ich würde sagen, Euer Körper ist intakt. Wahrscheinlich hat Euch irgend so ein verrückter Hexer gebannt.“ „Gebannt?“ „Ja. Vielleicht ein Jesuiten-Hexer, so ein umgedrehter Priester. Oder einer aus Wien vielleicht, die stecken ihre Nase eh in alles. Oder es war ein römischer Großhexer – das wäre auch möglich. Die können ein Ritual vollziehen, mit dem sie einen Dämon von der Erdoberfläche reißen. Wenn sie seinen Namen kennen, dann können sie mit einigem Aufwand, und wenn sie ihm Auge in Auge gegenüber stehen, dafür sorgen, dass er zurück in die Hölle gezerrt wird. Ist aber kein Ding.“ „Kein Ding?“ Az war verwirrt. Charon machte ein seltsames Geräusch, das vielleicht ein Lächeln unter seiner Maske vertonen sollte, welches ohne begleitendes Geräusch einfach untergegangen wäre. „Seid unbesorgt,“ sagte er beinahe vergnügt. „Für jemanden wie euch gibt es genug Wege aus der Hölle. Ihr müsst sicher nur mit den richtigen Leuten sprechen. Genießt die Fahrt. Für die da hinten wird das nicht so lustig wie für Euch.“ „Da wäre ich mir mal nicht so sicher,“ knurrte Az genervt, stütze das Kinn in die Hände und lehnte sich auf die Reling, um dem Höllenfeuer entgegenzusehen, das nun deutlich am Horizont zu sehen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)