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Mad Life

Welcome to my sick sad reality - Kapitel 4
von

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Einzug in die Vorhölle

*reinhüpf*
 

Huhu, ja die bekloppte Autorin ist zurück. Mad Life wird vielleicht einigen ein Begriff sein, da meine erste Version bereits 33 Kapitel umfasst. ^^"
 

Warum ich nun eine neue Version zu Mad Life hochlade fragen sich wahrscheinlich einige, aber es ist so, dass ich mir erst kürzlich die erste Version durchgelesen habe und nur teilweise damit zufrieden gewesen bin.
 

Ich bin der Meinung, dass manche Szenen mehr ausgebaut werden können, einige Handlungen abgeändert werden müssen und ich ein wenig mehr Hintergrundwissen vermitteln muss. Zudem sind mir in der ersten Version auch einige Fehler meinerseits in dem Verlauf der Story aufgefallen, sodass ich mich dazu entschlossen habe Mad Life komplett neu zu überarbeiten.
 

Also wird jetzt ein Kapitel nach dem anderen genommen und überarbeitet. ^^"

Nya, und es hat schon was gebracht, das 1 Kapitel hier ist in der 1. Version 5 Seiten lang, die überarbeitete Version aber 8 Seiten. .____."
 

So, dass mal dazu, hoffe die Überarbeitung gefällt euch trotzdem und für diejenigen die Mad Life nicht kennen, viel Spaß beim lesen. ^^
 

Link zur 1. Version: http://animexx.4players.de/fanfic/?doc_modus=startseite&ff=49390&relink=%2Ffanfic%
 

Titel: Mad Life ~ Welcome to my sick sad reality ~
 

Teil: 1/?
 

Genre: Drama, Humor (eher mein Sarkasmus), Shônen-ai (erst später), Shôjo-ai (erst später), Realität, Romantik (im geregelten Maß und auch nicht so, dass man n Schock kriegt)
 

Rating: PG-14 (später auch PG-17)
 

Alles gehört mir, Schauplätze, Figuren, Storyidee etc. ^^
 

So, nun aber wirklich genug und viel Spaß bei Kapitel 1.
 


 

Kapitel 1: Einzug in die Vorhölle
 


 

Gelangweilt starrt Ricki aus dem Autofenster, beobachtet die einzelnen Bäume, wie sie an dem alten, grauen Golf vorbeirauschen und ihre Schatten auf die Landstraße werfen. Es ist um die Mittagszeit und die Sonne steht bereits hoch am wolkenfreien Himmel. Stöhnend reibt er sich mit dem Handrücken über die verschwitzte Stirn und flucht leise vor sich hin.
 

Wozu gibt es den Sommer überhaupt? Es ist schwül, zudem kochend heiß und man hat das Gefühl, bei der kleinsten Anstrengung in Ohnmacht zu fallen. Der Juni neigt sich bereits seinem Ende zu und in den letzten Wochen sind die Temperaturen auf unerträgliche 34°C angestiegen. Kein Wunder also, dass seine Laune mittlerweile unter dem Gefrierpunkt liegt.
 

Wenn es nach ihm ginge, könnte der Sommer komplett abgeschafft werden, denn dann müsste er sich zum einen nicht länger mit halbnackten Modetussis und hyperaktiven Machos herumärgern, die den lieben langen Tag eh nichts besseres zu tun haben, als mit lauter Musik in ihren schrottreifen Klapperkarossen durch die Gegend zu gurken, und zum anderen würde er dann auch vor diversen lästigen Insektenarten, insbesondere Mücken verschont bleiben. Aber nein, Gott hat es ja so gewollt, dass er unter diesen unmenschlichen Bedingungen, eine gut vierstündige Autofahrt ertragen muss, wobei ihm das Ziel seiner Reise keinesfalls gefällt.
 

Da seine Mutter vor zweieinhalb Monaten bei einem schweren Autounfall tödlich verletzt wurde, und er mit seinen gerade erst siebzehn Jahren noch nicht volljährig ist, wurde entschieden, dass es das Beste für ihn wäre, wenn er zu seinem Vater zieht. Die Tatsache, dass er diesen Mann in seinem ganzen Leben noch nie zu Gesicht bekommen hat, trägt nicht gerade dazu bei, seine ohnehin schon schlechte Laune in irgendeiner Weise zu verbessern. Aber was soll er machen, andere Verwandte hat er schließlich nicht mehr.
 

Genervt trinkt er den letzten Rest seiner mittlerweile lauwarmen Cola aus, bevor er die Dose auf den hinteren Sitzen des Autos verschwinden lässt. Gähnend lehnt er sich gegen den schwarzen Ledersitz und zieht eine kleine armeegrüne Tasche auf seinen Schoß, die mit mehreren Aufnähern und schwarz-roten Buttons verziert ist.
 

Seine pechschwarzen, schulterlangen Haare hat er hinten mit einem roten Gummiband zusammengebunden, wodurch nur noch einzelne Strähnen seines kinnlangen Ponys von den Seiten in sein Gesicht fallen. Seine Kleidung besteht aus einer ausgefransten, schwarzen Hose, einem ärmellosen schwarzen Shirt und schon recht ausgelatschten Turnschuhen, an deren Schnürsenkeln er kleine silberne Glöckchen angebracht hat.
 

An seinem linken Ohrläppchen baumeln drei silberne Ringe und um die Handgelenke sind mehrere Lederbänder geschlungen, die einen starken Kontrast zu seiner blassen Haut bilden. Sein dunkelblaues Augenpaar wandert über den Inhalt der Tasche, ehe er zufrieden dreinblickend eine zerkratzte CD-Hülle hervor holt.
 

Wenn er schon die nächsten Stunden in diesem stickigen Blechkasten zubringen muss, dann will er wenigstens anständige Musik hören. Ein leises Knistern ertönt, als er die CD in den Player schiebt.
 

Die braunhaarige Frau neben ihm, wirft Ricki einen skeptischen Blick zu, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Fahrbahn zuwendet. "Denk nicht einmal daran", sagt sie genervt und biegt auf die nächste Hauptstraße ab.
 

"Wenn ich noch einmal HipHop höre, dann schreie ich", gibt er launisch zurück und drückt auf die Play-Taste, woraufhin wenige Sekunden später schrilles Geigenkreischen aus den Boxen ertönt, gefolgt von lautem Getrommel und Wasserrauschen.
 

"Ricki! Du ruinierst mir mit dieser abscheulichen Musik nicht meine Ohren", entgegnet die junge Frau bestimmend und drückt auf eine andere Taste, sodass die Musik abrupt verstummt und die Top 10 der deutschen Charts diese nun ablöst. Sogleich macht sich ein zufriedener Ausdruck auf ihrem Gesicht breit.
 

Sichtlich angepisst, verschränkt Ricki die Arme vor der Brust und zieht einen Schmollmund. Klasse, und so etwas schimpft sich Erwachsener. Da denkt man, Melanie ist mal so fair und setzt ihn nicht weiter diesem Chartgejaule aus, und dann das! Es ist doch wirklich zum Haare raufen, immerhin darf er sich diese nervigen Geräusche, die einige Menschen als "Musik" bezeichnen, schon seit geschlagenen zwei Stunden anhören, da er in der Eile heute morgen vergessen hat, sich neue Batterien in seinen Discman zu stecken.
 

"Was du hier mit mir machst Meli, ist Kindesmisshandlung", schimpft Ricki leise und kaut auf seiner Unterlippe herum, bis diese anfängt zu bluten. Beizeiten sollte er sich diese dumme Angewohnheit wieder abgewöhnen, da es nicht gerade sehr appetitlich aussieht, wie er sich mit den Zähnen die Haut von den Lippen zieht.
 

Reflexartig wandert er mit einer Hand in seine Hosentasche und zieht eine Packung Marlboro, sowie ein schon ziemlich zerkratztes, blaues Feuerzeug heraus. Mit einem beleidigtem "Zicke", steckt er sich eine Zigarette in den Mund und entzündet diese. Sogleich breitet sich der Geruch von Nikotin im Auto aus und er inhaliert den feinen Rauch tief ein. Noch ein paar Minuten länger und er wäre jämmerlich an Nikotinverlust krepiert.
 

Melanie seufzt resigniert und lässt die Fensterscheiben herunter. Sie persönlich hat nichts gegen Raucher, aber das heißt noch lange nicht, dass sie es besonders schätzt, wenn der Gestank sich in den Polstern einnistet. Schweigend fährt sie weiter in Richtung Autobahn, in der Hoffnung, dass sie jetzt nicht auch noch in einen Stau geraten.
 

Sie ist es nicht gewohnt, dass ihr Sorgenkind so schweigsam ist. Ricki hat den ganzen Tag noch nicht mit ihr gesprochen, weshalb sie auch ein wenig erleichtert gewesen ist, als er eben angefangen hat mit ihr zu zanken. Wenn sie vorher gewusst hätte, wie stressig es sein kann, einen Jungen in seinem Alter zu seiner neuen Familie zu bringen, dann wäre es wohl besser gewesen, wenn sie beide mit dem Zug gefahren wären. So hätte sie sich bei diesem ganzen Hin und Her nicht auch noch mit dem Verkehr auseinander setzen müssen.
 

>Hinterher ist man immer schlauer<, denkt sie seufzend und wirft einen kurzen Blick zu Ricki, der immer noch beleidigt aus dem Fenster starrt und hin und wieder etwas Asche auf den Boden des Autos fallen lässt. Ein Glück, dass sie es vorher nicht sauber gemacht hat, sonst hätte ein gewisser Jemand jetzt etwas zu hören bekommen.
 

"Nur zur Info Meli, ein Beschleunigungsstreifen ist nicht dazu da, damit du mit 70 km/h weitertuckerst", sagt er plötzlich und grinst spöttisch, als sich auf dem Gesicht der jüngeren Frau ein leichter Rotschimmer bildet.
 

"Mach du erstmal deinen Führerschein, dann sprechen wir weiter", bringt sie gepresst hervor und tritt ins Gaspedal. Gut, sie fährt ungern auf der Autobahn, allein schon wegen den vielen Lastwagen, die sich immer ihre privaten Rennen liefern. Angespannt bläst sie sich eine Strähne aus dem Gesicht und schaltet in den fünften Gang.
 

Ein leicht trauriger Glanz bildet sich in ihren Augen, als sie die vielen Pkws mit hoher Geschwindigkeit an sich vorbeirauschen sieht und sie dabei beobachtet, wie sie manchmal sogar ohne zu blinken die Spuren wechseln um sich gegenseitig zu überholen. Susanne, ihre beste Freundin und Rickis Mutter, ist durch so einen Leichtsinn anderer Leute ums Leben gekommen.
 

Melanie schluckt hart und atmet einmal tief durch. Das letzte, was sie jetzt noch gebrauchen kann, ist eine ihrer Heulattacken Und gerade vor Ricki will sie sich nicht die Blöße geben, immerhin leidet dieser schon genug unter dem Tod seiner Mutter. Auch, wenn er bis jetzt kein einziges Mal darüber gesprochen, geschweige denn geweint hat, merkt man dem Jungen an, dass er innerlich total aufgewühlt ist.
 

>Hoffentlich macht er es sich nicht so schwer<, betet sie innerlich. Schließlich steht das Schlimmste ja noch vor ihr, nämlich die Ablieferung ihres Sorgenkindes bei seiner neuen 'Familie'. Sie weiß zwar auch nur von Susannes Erzählungen, was Rickis Vater für ein Mensch ist, aber sie hofft, dass der Junge es sich und diesen Menschen nicht allzu schwer macht. Denn wenn er eines von seiner Mutter geerbt hat, dann ist es ihr Dickkopf.
 

*~*~*~*~*
 

Entsetzt blickt Ricki aus dem offenen Autofenster und beobachtet den Tracktor, der gemächlich vor ihnen hertuckert und somit den gesamten Verkehr aufhält. Das kann doch wohl nicht ihr ernst sein! Er hat doch jetzt wohl nicht vier Stunden lang im Auto gesessen, um zu erfahren, dass er von nun an in einem Kuhkaff wie diesem leben soll.
 

"Hallo? Willst du mich verarschen?", bringt er mit einem gequälten Lächeln hervor und wirft einen Blick auf das gelbe Ortsschild mit der Aufschrift Velpke. Er hat ja mit vielem gerechnet, als Melanie ihm eröffnet hat, dass sein zukünftiger Wohnort nicht ganz so groß sein wird, wie seine Heimatstadt, aber dabei hat sie ihm nicht gesagt, dass dieser Wohnort ein winziges Kaff am Arsch der Welt ist!
 

"Nun nörgle bitte nicht herum... sieht doch ganz nett aus", versucht sie ihn zu beruhigen, wobei das nicht ganz so einfach ist, da ihre Nerven inzwischen auch blank liegen. Nicht nur, dass sie in der Mittagshitze, gute zwei Stunden auf der Autobahn herumgefahren ist, nein, jetzt hält sie auch noch einer dieser nervtötenden Tracktoren auf.
 

"Wenn du es so nett findest, kannst du ja hier bleiben", giftet er sie an und verdreht die Augen. Irgendjemand scheint es wirklich auf ihn abgesehen zu haben, da er ihn von einem Desaster ins nächste schickt. Und überhaupt, warum konnte er nicht zu Hause bleiben? Innerhalb von zwei Monaten hat sich sein komplettes Leben total verändert und nun darf er auch noch seinen Freunden adieu sagen, nur weil entschieden wurde, dass es für ihn angeblich das Beste wäre, wenn er zu seinem Vater zieht. Aber dass sein Erzeuger knappe vier Autostunden entfernt wohnt, hat dabei wohl keiner bedacht.
 

"So... gleich sind wir da", sagt Melanie plötzlich und biegt in eine Seitenstraße ab, die in Richtung Neubaugebiet führt. Ihre innere Anspannung ist nun kaum noch auszuhalten. Was macht sie denn, wenn Ricki durchdreht und ihr eine Szene macht? Und was soll sie machen, wenn diese Leute dort überhaupt nicht erfreut darüber sind, dass sie nun ein weiteres Familienmitglied beherbergen müssen?
 

Nachdem sie nämlich vor gut zwei Wochen mit Rickis Vater telefoniert hat, hat sie auch gleichzeitig erfahren, dass dieser verheiratet ist und noch einen weiteren Sohn hat. Also ist es auch kein Wunder, dass sie sich nun selbst damit verrückt macht, ob die Übergabe ihres Sorgenkindes so klappt, wie sie es sich erhofft.
 

>Augen zu und durch<, feuert sie sich an und bleibt vor einem großen Haus mit der Nummer Dreizehn stehen. Erstaunt macht sie den Motor aus und schnallt sich ab. Damit hat sie nun wirklich nicht gerechnet.
 

"Sind wir hier überhaupt richtig?", murmelt sie geistesabwesend und holt ihren Fahrplan heraus. Nach kurzem Zögern vergleicht sie die Route, sowie die Straße und die Hausnummer. Nein, kein Zweifel, sie sind hier definitiv richtig.
 

Vorsichtig steigt sie aus ihrem Golf und betrachtet das weiße Haus, das auf einem großen Grundstück liegt, umgeben von einer hohen Hecke. Eine Terrasse zieht sich rings um das Haus herum und vor einer großen Garage stehen zwei Autos, die im Gegensatz zu ihrem mausgrauen Golf ziemlich teuer aussehen. Soviel steht fest, diese Leute haben reichlich Kohle. Sie fährt sich einmal durch ihre braunen Haare und geht dann um ihren Wagen herum.
 

Auf der Beifahrerseite angekommen, reißt sie die Tür auf und sieht Ricki erwartungsvoll an. Dieser allerdings macht keinerlei Anstalten, sich auch nur einen Millimeter vom Fleck zu bewegen. Es ist schwer zu übersehen, dass er keine Lust hat, hier bei diesen fremden Leuten zu bleiben.
 

"Jetzt reiß dich bitte am Riemen und steig endlich aus", ermahnt sie ihn und stemmt die Hände in die Hüfte. Jetzt haben sie es so weit geschafft, da soll ihr Unternehmen doch wohl nicht an der Sturheit eines siebzehnjährigen Jungen scheitern.
 

"Warum muss ich zu diesem Spießer?", fragt Ricki verstimmt und wirft der jungen Frau einen bitterbösen Blick zu. Melanie sieht ihn verständnislos an und stöhnt innerlich laut auf. Warum in Gottes Namen bleibt ihr dieses Gespräch nicht erspart? Schließlich hat sie in ihrer alten Mietswohnung schon stundenlang mit dem Jungen über dieses Thema diskutiert.
 

"Zum einen ist dieser Spießer dein Vater und zum anderen habe ich einfach keine Zeit mich um dich zu kümmern, Ricki. Ich habe selbst viel zu tun und ich bin mir sicher, dass du hier einen guten Umgang haben wirst", entgegnet sie daraufhin, wobei sich der Gesichtsausdruck des Schwarzhaarigen verdunkelt.
 

Wütend kaut er auf seiner Unterlippe herum, lässt mit einem Krachen den Gurt in die Halterung zurückschnellen und steigt aus dem Wagen aus. Die Tür fällt laut hinter ihm zu und er funkelt die braunhaarige Frau säuerlich an.
 

"Zum einen habe ich keinen Vater und zum anderen brauche ich kein Kindermädchen. Mum war auch nicht oft zu Hause und ich habe es trotzdem überlebt. Zumal geht es mir total gegen den Strich, dass ich jetzt vier Autostunden von meinen Freunden entfernt bin und nun in diesem Kaffdorf leben muss. Was denkst du dir dabei Meli?", fährt er sie aufgebracht an und haut mit seiner Faust auf das Dach des Autos.
 

"Mein Auto hat schon genug Dellen, also lass deinen Frust an etwas anderem aus", gibt sie leicht genervt zurück und geht zum Kofferraum. Ächzend hievt sie Rickis Gepäck heraus und stellt es auf dem Feldweg vor dem Haus ab. "Und ob es dir passt oder nicht, aber dieser Mann ist nun einmal dein Vater und es wird Zeit, dass er für dich Verantwortung übernimmt", fügt sie nach einer kurzen Pause hinzu und lässt die Kofferraumklappe mit lauten Krachen zuschlagen.
 

*~*~*~*~*
 

Missmutig betrachtet er die blonde Frau, die ihn und Melanie fröhlich dreinblickend durch das riesige Haus in Richtung Küche lotst. Sie trägt eine weiße Stoffhose und eine hellblaue Bluse, wodurch sie äußerlich wie eine von diesen Frauen wirkt, die im Fernsehen immer für Waschmittel werben. Alleine schon bei dem Anblick ihrer Locken, dreht sich ihm der Magen um. >Noch mehr Klischee und ich kotze<, denkt Ricki genervt und folgt Melanie missmutig.
 

In der Küche angekommen holt die blonde Frau, die sich nun als Katja Sieberd vorstellt, gleich drei Gläser aus einem Schrank und eine große Kanne mit Eiskaffee, die sie dann auf den Tisch stellt. Melanie setzt sich dankend und schenkt sich sogleich etwas von der kühlen Flüssigkeit ein. Das hat sie nach dieser Fahrt gebraucht. Etwas Kühles mit einem Schuss Koffein.
 

Ricki verdreht gequält die Augen und sieht sich schon einmal nach einer Möglichkeit um wie er diesem Desaster entfliehen kann. >Vielleicht sollte ich es mal riskieren und aus dem oberen Stockwerk springen. Wenn ich dabei soviel Glück habe und auf der Terrasse aufschlage, würde ich meinem Leiden wenigstens ein Ende setzen.< In manchen Fällen, ist der Freitod doch wirklich eine schöne Sache.
 

"Möchtest du nichts trinken?" fragt Katja und sieht ihn mit großen, grünen Augen an. Oh wie er das doch liebt. Diese Person soll bloß nicht so tun, als wenn sie ihn gerne hier hat. Er braucht keine Ersatzmutter, ebenso wenig einen Vater. Immerhin hat er sein ganzes Leben auch ohne einen männlichen Erziehungspart auf die Reihe gekriegt, also was soll dieses geheuchelte Getue?
 

Innerlich leise fluchend verschränkt er die Arme und schüttelt nur abwehrend den Kopf. Melanie wirft ihm einen ernsten Blick zu, bevor sie sich wieder ihrem Eiskaffee zuwendet. Bis jetzt läuft es doch schon recht gut. Keine Todesfälle und keine Morddrohungen die durch ihren Schützling hervorgerufen wurden... Soweit so gut.
 

"Ich muss mich wirklich entschuldigen, aber Frederic hat noch geschäftlich zu tun. Aber ich bin sicher, dass er heute Abend früh zu Hause sein wird", meint die blonde Frau beschämt und setzt sich ebenfalls an den Tisch. Sie hat ja eigentlich damit gerechnet, dass ihr Zusammentreffen ein wenig harmonischer ausfällt, aber als sie Ricki vor der Haustür hat stehen sehen, da war ihr gleich klar, dass es wohl doch nicht ganz so einfach werden wird.
 

"Das ist nicht so schlimm. Die Hauptsache ist ja, dass wir angekommen sind", entgegnet Melanie lächelnd und leert ihr Glas. Es lässt sich nicht leugnen, aber ihre anfängliche Nervosität ist in jenem Moment verflogen, als sie das Grundstück gesehen hat. Ihr ist klar, dass Ricki es hier nicht schlecht gehen wird, nur ob dieser das genau so sieht wie sie, ist fraglich.
 

"Das sehe ich auch so, und solange Frederic noch nicht da ist, bin ich mir sicher, dass wir beide uns schon vertragen werden, meinst du nicht?" fragt sie Ricki, welcher beim quietschenden, schrillen Geräusch ihrer Stimme leichte Zuckungen im Trommelfell bekommt.
 

Was Besseres hätte ihm wirklich nicht passieren können. Sein Erzeuger, der sich damals aus dem Staub gemacht hat ist nicht da, stattdessen darf er sich nun mit einem überfreundlichen, Blondgelockten Barbiehausfrauenverschnitt herumplagen. Was kommt als nächstes?
 

"Tut mir wirklich leid, aber der Junge ist ein wenig schwierig... von seiner Sturheit mal ganz abgesehen", wirft Melanie nun ein, die die feindlichen Blicke, mit denen der schwarzhaarige Junge um sich schmeißt sofort gedeutet hat. Na, damit hat sie schon beinahe gerechnet. Es war schließlich nur eine Frage der Zeit, bis Ricki anfängt Probleme zu machen.
 

"Verständlich. Schließlich war es ja für uns alle... eine ziemliche Überraschung, nicht wahr?" meint Katja dann und nippt an ihrem Eiskaffee.
 

>Überraschung, ja klar doch.< Innerlich laut aufstöhnend fummelt Ricki an seinen Lederbändern herum und sucht nach weiteren Möglichkeiten, wie er sich selbst aus diesem Perfekten-Familienleben-Mist herausziehen kann. Eines steht fest, freiwillig wird er hier nicht den perfekten Sohnemann spielen.
 

>Warum eigentlich immer ich? Was habe ich denn verbrochen, dass man mich diesen Leuten vorsetzt?< Murrend zieht er die Bänder fester um sein Handgelenk, bis sich leicht rötliche Striemen auf der blassen Haut bilden. Schmerz... ein winziges Gefühl, das ihm in diesem ganzen Klischee noch den leichten Hauch von Leben vermittelt.
 

Er kommt sich hier wirklich vor wie in einem schlechten Film. Ein kleines perfektes Dorf in dem eine perfekte Familie in einem perfekten Haus mit perfekten Nachbarn wohnt... und er als einziger Außenseiter zwischen diesen Soap-Fanatikern, wirklich klasse.
 

"Nun, ich will nicht länger stören. Ich habe auch noch einiges zu Hause zu erledigen und es dauert ja auch noch einige Zeit, bis ich wieder zurück bin", meint Melanie schließlich, stellt ihr leeres Glas beiseite und erhebt sich. "Ich werde mich morgen telefonisch melden und wenn irgendwelche Probleme auftreten, dann rufen sie mich an", fährt sie neutral fort und reicht Katja die Hand.
 

"Selbstverständlich. Und ich bin sicher, dass er sich hier gut einleben wird. Es sind ja ohnehin Sommerferien und Alexander freut sich bestimmt auch über Gesellschaft", erwidert die blonde Landplage und erhebt sich ebenfalls, Melanies Hand dabei ergreifend.
 

In Gedanken geht Ricki nochmals die Namen durch. Irgendetwas passt hier nicht so ganz in sein Bild. >Frederic heißt mein Vater... aber wer zum Teufel ist Alexander?< Die Erleuchtung trifft ihn wie ein Eimer kaltes Wasser, den man ihm über den Kopf schüttet. Dieses schrille Frauenabbild hat ihm doch nicht eben tatsächlich eröffnet, dass er einen Halbbruder hat?!
 

>Das kann doch wohl nicht wahr sein!< Stöhnend schlägt er seinen Kopf auf die kalte Tischplatte und fragt sich, was für unangenehme Überraschungen noch in diesem Haus auf ihn warten. Er spürt Melanies Hand auf seiner Schulter, bevor sich die junge Frau hinunterbeugt und ihn von hinten umarmt, so gut sie es in dieser Position fertig bringt.
 

"Schöne Ferien, Stinktier", murmelt sie freundlich und wuschelt Ricki lächelnd durch die Haare, der es weiterhin vorzieht, sein Gesicht auf dem Tisch platt zu drücken. Im Hintergrund hört er die Schritte der beiden Frauen die sich nun in Richtung Haustür begeben.
 

Schöne Ferien? Na besten dank auch. Da setzt dieses Weib ihn am Arsch der Welt ab, in einem winzigen Nest voller Familien-Soap-Fanatiker in dem es wahrscheinlich noch nicht einmal eine Busverbindung zur Zivilisation gibt. Kurz, in der Hölle kann es nicht schlimmer sein.
 

Er hört, wie die Haustür geschlossen wird und kurz darauf das laute Klackern der weißen Pumps seiner neuen 'Ersatzmutter', und er weiß jetzt schon, dass ihn dieses Geräusch noch den letzten Nerv rauben wird. Diese gelockte Vogelscheuche alias Katja soll sich bloß nicht einbilden, dass er sich mit ihr unterhält. Das einzige was die im Kopf hat ist wahrscheinlich nur die Frage, was sie als nächstes tun kann, um ihn noch weiter an den Rand der Verzweiflung zu treiben, indem sie ihm die Treusorgende Mutter und Hausfrau vorspielt.
 

Man muss sich in diesem Haus nur einmal umsehen. Schrecklich. Wie aus einer dieser Friede-Freude-Eierkuchen-TV-Soaps, wo sich alle freudig strahlend in den Armen liegen und Lobeshymnen auf das Leben trällern. >Ich bin hier wirklich im falschen Film<, denkt er verbittert und lehnt sich in dem Stuhl zurück.
 

Melanie ist weg, dass heißt er ist nun mit dieser komischen Frau, die eindeutig zu viele 'Mach-mich-froh'-Tabletten eingeschmissen hat, alleine. "So... wie wäre es, wenn ich dir jetzt dein neues Zimmer zeige, hm?" Katja lächelt ihn süßlich an und klimpert mit ihren falschen Wimpern, was den schwarzhaarigen Jungen immer näher an den nächsten Brechreiz heranbringt.
 

>Kotzen ohne Alk. Das hat doch was<, denkt er ironisch und sieht die blonde Frau abwertend an. Er zuckt nur kurz mit den Schultern und zieht sich seine Zigarettenpackung aus der Hose. Kaum hält er besagtes Objekt in der Hand, vernimmt er ein leises Räuspern.
 

"Im Haus wird nicht geraucht. Das ist eine sehr wichtige Regel. Ich will nicht, dass der Nikotingeruch in die Möbel einzieht", meint Katja bestimmend und trippelt quer durch die Küche, in der eine Übergangstür zur Terrasse eingebaut ist. Mit Schwung reißt sie diese auf und ein Schwall Hitze schlägt ihr entgegen. Ein Wunder, dass bei diesen Temperaturen ihr Make Up nicht in dicken Rinnsälen an ihrem Gesicht hinuntertropft.
 

Ricki starrt sie verständnislos an und setzt diese Frau gleich einige Nummern auf seiner Abschussliste nach oben. Das wird wirklich immer besser. Soll er etwa mitten in der Nacht, wenn die Sucht ihn plagt, eine halbe Weltreise machen, bis er endlich draußen ist? Nee, aber so nicht. Die wird sich noch umgucken. Immerhin wäre sie nicht die erste Person, die er dazu bringt, ihn zu hassen. Ein gleichgültiges Grinsen umspielt seinen Mund und er lässt die Zigarette wieder verschwinden.
 

Ok, wie sie will. Spätestens morgen wird sie merken, was sie davon hat. Er lässt sich von niemandem etwas vor schreiben, schon gar nicht von einer Person wie Katja, die allen ernstes die Rolle seiner Mutter übernehmen will und sich auch noch einbildet, dass er dabei mitspielt. Er hat keine Lust hier zu leben, er will keine neue Familie und zum Teufel noch mal, er wird einen Scheiß dazu beitragen, dass das Zusammenleben mit diesen Leuten funktioniert!
 

Katja beobachtet wie Ricki die Zigaretten wegsteckt und lächelt zufrieden. "Schön... Alexander! Hilfst du unserem neuen Familienmitglied beim Koffertragen?", ruft sie laut, woraufhin Ricki erschrocken zusammenzuckt.
 

Gott bewahre, da ist sogar diese ätzende Chartmusik erträglicher als die Stimme dieses Weibes. Eine leichte Gänsehaut bildet sich auf Rickis Armen, als er daran denkt, dass er von nun an täglich diesem Geräusch ausgesetzt ist. >Blödes Stück<, denkt er frustriert und pustet sich eine Strähne aus dem Gesicht.
 

Auf der Treppe sind nun dumpfe Schritte zu vernehmen und wenig später betritt ein hellblonder Junge die Küche, der anscheinend im selben Alter ist wie Ricki. Er mustert den schwarzhaarigen Jungen missbilligend und wirft seiner Mutter einen klagenden Blick zu, der wohl soviel sagen soll, wie 'Sag-mir-bitte-dass-der-nicht-hier-bleibt'.
 

Als vorhin ein fremdes Auto vor ihrem Hof angehalten hat, war seine Laune ja schon im Keller, aber nach dem Anblick steht für ihn fest, dass er mit diesem Jungen auf gar keinen Fall auskommen wird. Alleine schon wie er angezogen ist, da könnte man ja denken, dass er gerade von einer Trauerfeier kommt. Alexander sieht Ricki skeptisch an und lehnt sich gegen den Türrahmen.
 

Ricki lässt sein blaues Augenpaar über den anderen Jungen wandern und schlägt sich gedanklich mit der Hand vor den Kopf. Blonde Haare wie seine Mutter, nur ohne Locken, die mit Gel und Haarspray in Form gebracht sind, zudem leicht gebräunt und ziemlich groß, um genau zu sein, einen halben Kopf größer als er selbst. Und was das schlimmste an der ganzen Sache ist, ist die Tatsache, dass dieser Junge allem Anschein nach zu der Chartgeneration gehört, was ihn für Ricki noch unsympathischer macht. Er kennt diese Leute zur genüge und es ist ihm klar, dass sie beide nicht wirklich miteinander auskommen werden. Dazu liegen ihre beiden Welten zu weit auseinander.
 

>Name: Alexander. - Lebensform: Fitnessstudiobesuchender Sunnyboy mit unnatürlich brauner Haut<, geht es Ricki durch den Kopf und er rümpft die Nase.
 

Wenn man mal davon absieht, dass Ricki aussieht wie der Tod auf Latschen mit seiner kalkweißen Haut ist Alexander wirklich ziemlich braun. Wenn die beiden nebeneinander stehen würden, dann gebe das bestimmt ein ziemlich amüsantes Bild ab.
 

Großstadtgrufti trifft auf Dorfsunnyboy, besser können die Voraussetzungen für ein gestörtes Familienleben wirklich nicht sein.
 

"Alexander das ist Ricki. Ricki das ist mein Sohn Alexander. Ihr werdet bestimmt gut miteinander zurechtkommen." In ihrer heilen Weltvorstellung entgeht der jungen Hausfrau allerdings, dass sich besagte Jungendliche gerade mit ihren Blicken gegenseitig erdolchen. Na dann frohes Familienleben.
 


 

TBC
 


 

So, das mal zum 1. überarbeiteten Kapitel. Einigen werden vllt. einige Szenen aufgefallen sein, die identisch mit der 1. Version sind, aber ich habe ja nicht alles komplett umgeschrieben, also sind von daher manche Stellen noch so wie in der anderen Version, da mir die schon gefallen haben so wie sie sind. ^^"
 

Hoffe es hat gefallen und bis zum nächsten Kap.
 

Kommis und Limonendrops immer willkommen.
 

By -Neya- ("^^)

Eine neue Familie

So, nach langem geht es hier auch mal wieder weiter. Tut mir leid, dass ich mich in den letzten Wochen nicht um Mad Life kümmern konnte, aber es gab da ne Menge Sachen, die ich vorher erledigen musste und von daher konnte ich hier nicht eher weiter schreiben. >__>
 

Aber ich werde mich von nun an bemühen, hier wieder regelmäßig zu posten. *feierlich die Hand heb*
 

An dieser Stelle möchte ich mich bei euch allen für die lieben Kommentare zum letzten Kapitel bedanken. Freut mich wirklich, dass ein paar von euch an der neuen Version interessiert sind. *alle knuddel*

Ich weiß, dass viele hiermit überhaupt nicht einverstanden sind, aber ich kann es nun einmal nicht ändern. Die alte Version fortzusetzen wäre einfach herzlos, da ich nicht mehr hinter der Story stehen kann und die Kapitel einfach nur noch lieblos hingeklatscht wären. o.o
 

Mad Life ist in erster Linie ein Drama, gespikt mit einigen sarkastischen Kommentaren und nem Hauch Schmalz. (der kommt aber erst später ^^")

Also wundert euch nicht über einen völlig neuen Verlauf der Dinge und über neue Hauptcharas.
 


 

Angaben:
 


 

Link zur 1. Version: http://animexx.4players.de/fanfic/?doc_modus=startseite&ff=49390&relink=%2Ffanfic%
 

Titel: Mad Life ~ Welcome to my sick sad reality ~
 

Teil: 2/?
 

Genre: Drama, Humor (eher mein Sarkasmus), Shônen-ai (erst später), Shôjo-ai (erst später), Realität, Romantik (im geregelten Maß und auch nicht so, dass man n Schock kriegt)
 

Rating: PG-14 (später auch PG-17)
 

Alles gehört mir, Schauplätze, Figuren, Storyidee etc. ^^
 


 

So, und nun viel Spaß beim zweiten Kapitel.
 


 

Kapitel 2: Eine neue Familie
 


 

Das laute Klackern von Katjas Pumps hallt durch den Flur, als die junge Frau die Treppe hinauf steigt, gefolgt von Alexander, der widerwillig einen von Rickis Koffern und eine Reisetasche mit sich hinaufhievt. Es ist schwer zu übersehen, dass der blonde Junge alles andere als begeistert darüber ist, dass er von nun an einen Halbbruder hat, der vom Äußeren her locker als Marilyn Mansons Sohn durchgehen könnte.
 

>Am Besten schließt man nachts dir Tür ab, bevor er einen absticht<, denkt Alexander missmutig und wirft einen kurzen Blick über die Schulter, wo Ricki sich gerade mit seinen zwei verbliebenen Koffern und einem Rucksack abmüht, während seine Tasche klimpernd hin und her schwingt. Einige schwarze Haarsträhnen fallen ihm dabei ins Gesicht und lassen ihn noch heruntergekommener wirken, als er ohnehin schon aussieht. >Freak.< Kopfschüttelnd wendet Alexander seinen Blick wieder nach vorne, wo seine Mutter gerade die obere Etage erreicht hat.
 

"Frederic und ich haben das Gästezimmer so gut es geht für dich eingerichtet", ertönt plötzlich Katjas Stimme, als sie vor einer weißen Tür anhält. Alexander schleppt sich die letzten zwei Stufen hinauf und lässt den Koffer, sowie die Tasche dann rücksichtslos auf den Boden fallen.
 

Ricki funkelt ihn daraufhin säuerlich an und erklimmt ebenfalls die letzten Treppenstufen. Wirklich großartig, nicht nur, dass er gegen seinen Willen in dieses Irrenhaus gesteckt wurde, nein, jetzt wird er auch noch in ein Gästezimmer abgeschoben. Wahrscheinlich warten diese Leute nur darauf, dass er den Raum betritt, um ihn darin einzusperren. Schließlich passt er in diese 'perfekte' Familie ebenso wenig rein, wie ein Rabe in eine Papageienhandlung. "Wir hoffen, dass es dir gefällt", fährt die junge Frau lächelnd fort und öffnet die Tür.
 

Misstrauisch bleibt Ricki im Türrahmen stehen und späht in sein neues Zimmer. Ein recht großer Raum mit orangefarbenen Tapeten und dunkelblauer Sitzgarnitur offenbart sich ihm, der zudem mit einem Fernseher, einem DVD-Player, sowie einem Computer ausgestattet ist. An der gegenüberliegenden Wand steht ein großes Futonbett und am anderen Ende des Zimmers befindet sich eine Übergangstür, die direkt auf einen Balkon führt.
 

Theoretisch ein schöner, bewohnbarer Raum, aber praktisch?
 

"Orange?", entfährt es Ricki in einem eigenartigen Ton und er hebt skeptisch eine Augenbraue. Ist er ein Mädchen, oder was soll er davon halten. Er hat ja nichts gegen die Farbe an sich, aber wenn er in Zukunft jeden Morgen von diesem grellen Orange aus allen Richtungen angelacht wird, dann wird er früher oder später daran erblinden.
 

"Nun, wir dachten, dass es eine schöne, jugendliche Farbe ist", meint Katja und betritt das Zimmer, wobei sie Ricki andeutet ihr zu folgen. Der verzieht nur angenervt das Gesicht und schleift seine Koffer in den hellen Raum.
 

>Jugendliche Farbe<, denkt er spöttisch und lässt seine Koffer vor einem großen, hellbraunen Kleiderschrank stehen. Mal ganz ehrlich, sein Geschmack ist das überhaupt nicht, aber vielleicht wird er sich im nächstgelegenen Geschäft ein paar Spraydosen besorgen, mit denen er die Wände ein wenig verschönern, sprich, beschmieren kann, damit er nicht irgendwann vor lauter Orange Zuckungen bekommt.
 

"Mum, kann ich dann wieder verschwinden?", fragt Alexander leicht genervt und verschränkt die Arme vor der Brust. Er hat weiß Gott besseres zu tun, als hier herumzustehen und Maulaffen feil zu halten.
 

"Ich dachte, ihr zwei möchtet euch noch ein wenig unterhalten?", entgegnet Katja verwundert und wendet sich ihrem Sohn zu, der eine Miene wie sieben Tage Regenwetter zieht. Ricki blickt nicht minder abgeneigt drein.
 

Über was soll er sich denn bitte schön mit diesem arroganten Fatzken unterhalten? Vielleicht darüber, wie lange man im Solarium liegen kann, ohne davon bleibende Hirnschäden zu bekommen, oder eventuell über die richtige Menge Gel, die man benötigt um sich eine solche Frisur zu machen, die jeder Siebzehnjährige heutzutage trägt?
 

"Aber ich wollte noch zu Mark", gibt Alexander angesäuert zurück und funkelt seine Mutter böse an. Wenn seine Eltern hier einen auf Großfamilie machen wollen, dann sollen sie das mal getrost ohne ihn machen. Er war schließlich von Anfang an nicht wirklich begeistert darüber, einen Halbbruder zu bekommen, alleine schon aus dem Grund, dass seine Eltern sich deswegen eine gute Woche lang gestritten haben, da sein Vater damals eine kurze Affäre gehabt hat, aus der nun besagter Freak entstanden ist.
 

Seine Mutter hat sich zwar wieder beruhigt und es scheint sogar so, als würde sie alles daran setzen, dass es dem neuen Familienmitglied hier gut geht, aber er sieht die ganze Sache ein wenig anders. Da taucht dieser Ricki plötzlich in seinem Leben auf, bringt sein gesamtes Familienleben durcheinander und dann erwarten seine Eltern auch noch, dass er den ungewollten Neuankömmling mit offenen Armen empfängt?
 

Nun ja, einen Halbbruder zu haben ist ja im Endeffekt nicht so schlimm, aber wenn dieser dann auch noch aussieht wie der Tod auf Latschen, dann wird es für ihn noch schwerer, sich an ihn zu gewöhnen, beziehungsweise ihn zu akzeptieren.
 

"Ach, Mark, Mark. Den kannst du doch jeden Tag sehen." Mit einem vorwurfsvollen Blick sieht Katja ihren Sprössling an, der innerlich resigniert aufseufzt und sich gedanklich schon einmal von seinem verplanten Nachmittag verabschiedet.
 

"Ich würde lieber ein wenig allein sein", mischt Ricki sich nun ein, da er sich langsam aber sicher ein wenig übergangen vorkommt. Vielleicht sollte diese Person ihn erst einmal fragen, ob er überhaupt Lust darauf hat, sich mit ihrem Sohnemann zu unterhalten. Er für seinen Teil wäre froh, wenn er Alexander so wenig wie möglich sehen muss, da er ihm mehr als nur unsympathisch ist.
 

Ein wenig verwirrt wendet sich Katja Ricki zu, der sie ernst und mit einem kühlen Blick betrachtet. Die Abneigung ihr gegenüber lässt sich nur schlecht leugnen. Ein leises Räuspern geht von Katja aus, bevor sie sich umdreht und zurück zur Tür geht.
 

"Versteht sich. Wenn etwas sein sollte oder du irgendetwas brauchst, ich bin draußen auf der Terrasse", sagt sie mit einem leicht gezwungenen Lächeln, bevor sie das Zimmer verlässt und langsam die Treppe hinuntergeht. Alexander wirft seiner Mutter einen fragenden Blick zu, bevor er den Raum betritt und leise die Tür hinter sich schließt.
 

Mit einem düsteren Gesichtsausdruck lehnt er sich gegen das weiße Holz und mustert sein Gegenüber missbilligend. Was glaubt er eigentlich, wer er ist, dass er sich so abweisend seiner Mutter gegenüber verhält? Immerhin kann dieser Störenfried froh sein, dass er hier überhaupt aufgenommen wird, wobei Alexander selbst immer noch nicht verstehen kann, warum sein Vater sogleich zugestimmt hat, als diese Frau, die seinen Halbbruder gebracht hat, angerufen und ihm von der Situation erzählt hat.
 

"Wie wäre es, wenn du mal ein wenig entgegenkommender wärst? Schließlich ist es keine Selbstverständlichkeit, dass du hier wohnen darfst", beginnt Alexander, und versucht dabei so ruhig wie möglich zu bleiben. Es passt ihm einfach nicht, dass dieser Junge sich so einfach in sein Leben einschleicht und alles durcheinander bringt.
 

"Hab ich die Null gewählt, dass du dich meldest?", erwidert Ricki mit einem sarkastischen Lächeln und wendet sich dem anderen Jungen zu. Wenn dieser Alexander scharf auf eine Auseinandersetzung mit ihm ist, dann bitte. Ihm persönlich soll es nur recht sein, da er schon seit langem etwas sucht, woran er seinen angestauten Frust auslassen kann. Und so eine kleine Prügelei mit seinem neuen Halbbruder ist doch dann gar nicht mal so verkehrt.
 

"Spiel dich bloß nicht so auf. Und damit du es weißt, auf so einen wie dich kann ich hier verzichten", fährt Alexander ihn wütend an und ballt seine Faust, während er innerlich versucht ruhig zu bleiben, damit er Ricki jetzt nicht sein selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht schlägt. Diese Freaks glauben wohl, sie können sich alles erlauben.
 

"Dito", gibt Ricki knapp zurück und fummelt seine Zigarettenpackung aus der Hosentasche. Das Gespräch ist hiermit für ihn beendet. Beide haben ihren Standpunkt klar gemacht. Er hat keinen Bock auf ihn und umgekehrt genau so. Gemächlich geht er auf den Balkon zu, reißt die Tür auf und entzündet eine Zigarette.
 

Ein feiner Dunst umhüllt ihn und der Geschmack von Nikotin breitet sich in seinem Mund aus. Das hat er jetzt wirklich gebraucht, um sich ein wenig zu beruhigen. Hinter sich hört er, wie die Zimmertür geöffnet wird und kurz darauf laut knallend ins Schloss fällt. Anscheinend zieht sein Halbbruder es vor das Feld zu räumen.
 

"Schade eigentlich", murmelt er und lehnt sich an das Geländer. Er hätte jetzt nichts gegen einen kleinen Schlagaustausch gehabt, aber da werden sich bestimmt noch häufiger Situationen ergeben, in denen er seiner Wut Luft machen kann.
 

Nachdenklich lässt Ricki seinen Blick hinunter in den Garten gleiten. Ein kleiner Teich befindet sich weiter hinten und auf der großen Rasenfläche stehen mehrere kleine Büsche und Sträucher, die zum Teil ihre langen Zweige schon auf den Boden hängen lassen. Hinter dem Zaun, der das Grundstück von einem Feldweg trennt, erstreckt sich ein großes Waldgebiet, das direkt hinter einem großen Feld mit Sonnenblumen und Gräsern liegt.
 

>Ich bin hier wirklich am Arsch der Welt<, geht es ihm durch den Kopf und er bläst den Rauch durch seine Nase in die warme Sommerluft. Ein lauer Wind fährt durch seine Haare und über ihm, ist das regelmäßige Zwitschern einiger Vögel zu vernehmen, die unter dem Dach wahrscheinlich ein Nest gebaut haben.
 

Diese Ruhe macht ihn geradezu wahnsinnig. Vorher hat er in einem Hochhaus direkt neben einer Hauptstraße gewohnt. Die ständigen Motorengeräusche und das laute Hupen der Autos gehörten dort quasi zu seinem Alltag, ebenso wie die nervigen Nachbarn, die sich immer über die zu laute Musik in seinem Zimmer beschwert haben und das laute Gebrüll der Jugendbanden, die sich meistens auf dem Hinterhof gegenseitig Krankenhausreif geschlagen haben.
 

Ein lautes Stöhnen entweicht seiner Kehle und er streicht sich ein paar lästige Strähnen aus dem Gesicht. Wenn er so darüber nachdenkt, was er von nun an alles vermissen wird, dann breitet sich wieder so ein unangenehmer Kloß in seinem Hals aus, der ihn innerlich zu ersticken droht. Sein Körper sträubt sich nicht minder dagegen hier zu sein, wie sein Verstand. Er fühlt sich hier nicht wohl, und wenn wirklich jemand annimmt, er wird sich hier früher oder später einleben, dann hat dieser jemand sich aber gewaltig getäuscht.
 

Seufzend nimmt Ricki einen letzten Zug von seinem Glimmstängel, bevor er sich in die linke Hand spuckt und seine Zigarette darin ausdrückt. Den Filter lässt er rücksichtslos auf den Boden fallen, bevor er wieder in sein Zimmer zurückgeht und sich daran macht, sein Hab und Gut zu verstauen. Am besten wird es wohl sein, er grübelt vorerst nicht weiter über seine mehr als bescheidene Lage nach, sonst kriegt er nur wieder einen seiner Wutanfälle. Sein Blutdruck ist in den letzten Wochen ohnehin nicht gerade der beste, von daher ist es für ihn nur ratsam, wenn er sich so wenig wie nur möglich über irgendetwas hier aufregt.
 

Summend öffnet er seinen ersten Koffer, der nichts anders als Schuhe, Gürtel, Hals- und Armschmuck enthält. Jedem anderen, wäre bei dem Anblick, der vielen Nieten wahrscheinlich schwummrig geworden. Man könnte wirklich denken, dass Ricki einen Laden ausgeräumt hat.
 

Nachdem er seine Springerstiefel, Boots und DocMartens, sowie seinen Körperschmuck im Schrank verstaut hat, macht er sich an die anderen zwei Koffer, wovon der eine voll gestopft mit schwarzen Hosen und Röcken ist und der andere bis zum bersten voll gefüllt mit schwarzen Oberteilen und einem langen schwarzen Mantel, den er aber hauptsächlich im Winter trägt. Nach und nach räumt er seine Kleidung in die Fächer ein, wobei er leicht grinsen muss, als er als einziges farbiges Kleidungsstück seinen rot-schwarz karierten Schottenrock sieht.
 

Schließlich macht er sich daran, seine große Reisetasche auszuräumen, die neben Unterwäsche auch noch seine Schminkutensilien und Pflegeprodukte enthält. Er mag zwar ziemlich daneben aussehen, aber niemand soll ihm sagen, er kümmert sich nicht um seinen Körper. Was ihm in diesem Zimmer noch fehlt, ist ein großer Spiegel, aber da wird er wohl noch Abhilfe für schaffen.
 

Innerhalb von guten 35 Minuten, hat Ricki alles zu seiner Zufriedenheit verstaut. In seinem Rucksack befinden sich nur noch seine CDs, DVDs, Computerspiele und ein paar Bücher, sowie eine große, schon ziemlich armselig aussehende, graue Stoffmaus, die er seit seiner Geburt hat. Alles andere aus seinem Zimmer, wollte Melanie nächstes Wochenende vorbeibringen, da sie meinte, dass das Auto schon voll genug wäre, und Ricki auch mal ein paar Tage, ohne seine Krimskramssammlung auskommen wird.
 

Ein wenig unschlüssig hockt er auf dem Boden, bevor er aus seiner armeegrünen Tasche einen Bilderrahmen hervorholt. Zielstrebig krabbelt er auf den Nachttisch zu und stellt ein Bild von seiner Mutter und sich neben einer kleinen Lampe ab. Eine junge Frau von Ende 30 steht dort neben ihm, mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und einen Arm um die Schulter ihres Sohnes gelegt.
 

Geistesabwesend betrachtet Ricki ihr Gesicht, während er seinen Kopf auf die Bettkante legt. Er wirkt wie ein kleiner, schwarzer Fleck in einem Meer aus orangefarbenen Tapeten, kitschigen Sonnenblumen, und leisem Vogelgezwitscher, das als einziges Geräusch diese trostlose Stille durchbricht.
 

"Ich will hier nicht sein", wispert er leise und sieht die junge Frau auf dem Bild ein wenig vorwurfsvoll an. Man könnte meinen, er gibt ihr die Schuld daran, dass er nun hier ist, hier bei diesen Leuten, die ihn eigentlich nicht bei sich haben wollen. Ein Seufzen geht von Ricki aus und er erhebt sich schwerfällig von dem hellen Parkettboden. Frustriert hebt er seine Tasche auf und kramt nach seinem Handy. Egal wie teuer es wird, aber er muss jetzt unbedingt mit jemandem reden.
 

Wie von selbst tippen seine Finger die elfstellige Nummer ein, die ihn mit seinem besten Freund verbindet. Er kann nur hoffen, dass Patrick bereits wach ist, da dieser ihn ja heute morgen verabschiedet hat und sich hinterher noch ein paar Stunden aufs Ohr hauen wollte, da für ihn alles vor Zwölf Uhr Mittag, noch mitten in der Nacht ist. Ein leises Tuten ertönt und Ricki beginnt damit, ungeduldig in seinem neuen Zimmer hin und her zu tigern.
 

*~*~*~*~*
 

Genervt lässt Alexander sich in einen der Liegestühle sinken, die seine Mutter auf der Terrasse aufgebaut hat. Mit düsterer Miene starrt er hinüber zu dem kleinen Teich, von wo aus das leise Quaken der Frösche zu hören ist. Seine Mutter sitzt in einem anderen Liegestuhl, blättert in einer Zeitschrift und hält in der linken Hand ein Glas mit Eiskaffee. Dass sie sich so ruhig verhält, als wäre nichts gewesen, macht ihn sogleich noch wütender.
 

"Du bist sicher, dass das funktioniert?", fragt er plötzlich und wendet sich seiner Mutter zu, die ihn über den Rand ihrer Zeitschrift fragend ansieht. "Der gehört hier nicht her", fährt Alexander murrend fort und zieht hin und wieder an seinen Fingern, die daraufhin leise knacken.
 

"Ich mag es nicht, wenn du das machst." Besorgt legt Katja die Zeitung beiseite und rückt ihre Sonnenbrille zurecht. "Und was Ricki angeht, so möchte ich, dass ihr beide euch vertragt. Der Junge hat schon genug mitgemacht in den letzten Wochen", sagt sie besorgt und sieht ihren Sohn bittend an.
 

Alexander rollt daraufhin genervt mit den Augen. Wie er es doch hasst, wenn seine Mutter ihn so ansieht. Da kommt er sich selbst immer wieder der größte Unmensch aller Zeiten vor. Aber er weigert sich standhaft, nur wegen seinen Eltern einen auf innige Bruderschaft mit der wandelnden Landplage zu machen. Allein schon der Gedanke daran, was seine Leute zu Ricki sagen, lässt in ihm ein ungutes Gefühl heranwachsen. >Das wird furchtbar. < Sich selbst aufs höchste bedauernd, fährt er sich durch die Haare und schüttelt dabei unwillig den Kopf.
 

"Für uns alle ist das neu Alexander, aber wir müssen versuchen das Beste daraus zu machen, ok?", meint Katja und lächelt zuversichtlich, so wie sie es immer tut, wenn sie merkt, dass ihr Gegenüber verunsichert ist.
 

"Pf, mal ehrlich, so wie der herumläuft, würde es mich nicht wundern, wenn der nachts heimlich Rituale abhält. Weißt du, dass solche Typen bei uns an der Schule gemieden werden wie Pestverseuchte?", erwidert Alexander missmutig und knackt weiter mit seinen Fingern, was ihn einen mahnenden Blick seiner Mutter beschert, den er aber gekonnt ignoriert.
 

"Gerade deshalb solltest du dich bemühen, mit ihm zurechtzukommen. Denk daran, dass der Junge vor ein paar Wochen seine Mutter verloren hat..." Ein kurzes Schweigen tritt ein, als Katja Ricki in der Terrassentür stehen sieht.
 

Ihre Mundwinkel fallen nach unten und ihr Blick ist wie der eines Kindes, das gerade bei einem Missgeschick erwischt wurde, bevor es dieses beseitigen konnte. Alexander folgt dem Blick seiner Mutter und bleibt ebenfalls an Ricki kleben, der noch ein wenig blasser um die Nase wirkt als sonst, was aufgrund seiner hellen Haut schon etwas zu sagen hat.
 

"Telefon?", ist das einzige was er sagt, während er mit einem undefinierbaren Blick auf die beiden in ihren Liegestühlen hinabblickt.
 

"Tele.... Gleich um die Ecke im Wohnzimmer...", sagt Katja leise und versucht ungezwungen zu lächeln, so, als wenn das eben nicht passiert wäre. Rickis durchsichtiger Blick behagt ihr allerdings nicht sonderlich, als dieser sich umdreht, die Küche durchquert und den Flur entlang in Richtung Wohnzimmer geht.
 

Katja seufzt leise. Ob es ihr gefällt oder nicht, aber sie muss sich eingestehen, dass es nicht so unkompliziert werden wird, wie sie es sich gedacht hat. Die Tatsache, dass ihr Mann ein uneheliches Kind hat, hat sie am Anfang zwar ziemlich geschockt, aber sie hat wenigstens gedacht, dass das Zusammenleben mit Ricki nicht so schwierig sein würde. Aber so wie der Junge sie ansieht, fühlt sie sich gar nicht wohl in ihrer Haut.
 

"Ich bin bei Mark", sagt Alexander schließlich, dem diese bedrückende Stille langsam aber sicher auf den Magen schlägt. Er muss hier weg, bevor er wirklich etwas Dummes tut. Ohne auf eine Antwort seiner Mutter zu warten, verlässt er die Terrasse und geht um das Haus herum, bis er zur Garage kommt, aus der er wenig später sein Fahrrad herausholt.
 

Schwungvoll schwingt er das Bein über den Sattel und fährt vom Grundstück. Er kann nur hoffen, dass er bei seinem besten Freund auf andere Gedanken kommt. Andererseits wird Mark ihn wohl demnächst aus dem Haus schmeißen, wenn er nicht aufhört, ihm die Ohren voll zu jammern. Seit er nämlich von Ricki erfahren hat, was gerade mal drei Wochen zurückliegt, lässt er ständig bei Mark seinen Frust und seine Wut ab. An das misshandelte Sofa will er erst gar nicht denken. Seufzend fährt er die schmale Straße entlang und biegt hinter der Häuserreihe links ab.
 

*~*~*~*~*
 

"Ja, ich", sagt Ricki in den Telefonhörer und lehnt sich gegen das Geländer seines Balkons. Nachdem sein Handy vorhin mal eben entschlossen hat seinen Geist aufzugeben, sprich, der Akku ging leer, musste er sich erst einmal das Telefon von unten besorgen.
 

Eigentlich hat er sich schon gedacht, dass über ihn gesprochen wird, aber zu seinem Bedauern ist er von Natur aus zu neugierig, weshalb er auch nicht anders konnte, als näher heranzugehen, um seine neue Familie mal zu belauschen, was sie so über ihn erzählen. Leider hat er einen ungünstigen Moment erwischt, denn als er näher kam und in diesem Augenblick der Satz mit dem Tod seiner Mutter fiel, da wurde ihm ein wenig schwummrig im Kopf.
 

Es ist natürlich selbstverständlich, dass diese Leute auch über das Thema diskutieren, aber das so hinterrücks mitzuhören war dann doch nicht so angenehm. >Ich will hier weg<, geht es ihm durch den Kopf und er stöhnt leise in den Hörer.
 

/Holst du dir einen runter, oder was soll das?/, vernimmt er die Stimme seines besten Freundes Patrick, der scheinbar versucht ein Lachen zu unterdrücken. Leichte Röte schießt in Rickis Gesicht, da er schon wieder vergessen hat, dass er ja noch den Hörer in der Hand hält. Aber in letzter Zeit driften seine Gedanken einfach immer wieder ab, ohne dass er etwas dagegen machen kann.
 

"Nein... hab mir von unten das Telefon geklaut", gibt er schnaubend zurück und lässt sich auf den Boden des Balkons sinken, wo er sich gegen die Wand lehnt und eine zerknickte Zigarette aus seiner Tasche zieht, zusammen mit seinem Feuerzeug.
 

/Wir waren gerade bei den orangefarbenen Wänden/, fährt Patrick am anderen Ende der Leitung fort und ein warmes Lachen geht von ihm aus, was Ricki sogleich noch mehr Heimweh beschert. Die Vorstellung, von nun an, nur noch per Telefon oder Computer mit seinen Leuten zu kommunizieren, versetzt ihm einen Stich ins Herz. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass es so sehr schmerzen kann, von diesen Chaoten getrennt zu sein.
 

"Du fehlst mir", flüstert er in den Hörer und nimmt einen Zug von seiner Zigarette. Seine Hand zittert ein wenig dabei und er schließt für einen Moment die Augen. Selten hat er sich so hundeelend gefühlt. Vielleicht sollte er es doch mal in Erwägung ziehen, vom Balkon zu springen.
 

/Hey, ist ja nicht so, dass du jetzt auf nem anderen Kontinent lebst/, hört er Patrick sagen, der allerdings auch ein wenig bedrückt dabei klingt.
 

"Nein, nur in nem anderen Bundesland", gibt Ricki angesäuert zurück und pustet den Rauch aus seiner Nase aus.
 

/Ich komm dich besuchen, hab ich doch versprochen. Und wenn die da nicht gut zu dir sind, dann kriegen die gewaltig Stress mit mir./ Ricki lacht leise und schnipp ein wenig Asche auf den Boden. Er kann sich schon lebhaft vorstellen, wie das ablaufen wird. Er hat mal wieder einen seiner scheiß Tage, jammert sich bei Patrick aus, woraufhin dieser mit dem nächsten Zug angefahren kommt und das Haus auseinander nimmt.
 

"Das Fahrgeld könnte ich dir nie zurückzahlen, so oft, wie du dann hier antanzen müsstest", erwidert Ricki seufzend und blickt in den wolkenfreien Himmel. Wie er den Sommer doch verabscheut. Noch ein paar Grad mehr und er wird hier oben zerlaufen.
 

/Darüber reden wir noch... Moment.../ Für kurze Zeit sind mehrere Stimme im Hintergrund zu hören, dann ertönt leises Schimpfen, bevor Patrick wieder am Hörer ist. /Muss jetzt Schluss machen, darf mal wieder den Packesel für meine Mutter spielen. Ich ruf dich morgen auf dem Handy an./
 

"Ist ok... bis dann", sagt Ricki schmunzelnd und drückt seine Zigarette auf dem Boden aus.
 

/Und versuch zu schlafen Kleiner./ Danach ist nur noch ein gleichmäßiges Tuten aus dem Telefon zu hören und Ricki lässt den Arm sinken. Ein wenig enttäuscht drückt er das Telefon aus und legt den Hörer beiseite.
 

Soviel zu seinem Plan, sich durch ein Telefonat von seinen Gedanken und seinem Heimweh abzulenken. Im Nachhinein, hat Patricks Stimme seinen Zustand nur noch verschlimmert. Mit düsterer Miene steht er vom Boden auf, greift nach dem Telefon und verschwindet in seinem Zimmer. Hier steht die Luft zwar genauso wie draußen, aber er ist wenigstens nicht der Sonne ausgesetzt, die seine natürliche Kellerbräune ohnehin schon genug gefährdet.
 

Und was soll er jetzt tun? Wieder runter gehen wird er vorerst nicht. Schon schlimm genug, dass er diesen Leuten von nun an regelmäßig über den Weg laufen wird, da muss er es ja nicht noch herausfordern in ein Gespräch verwickelt zu werden.
 

Unentschlossen bleibt er in der Mitte des Raumes stehen und wirft das Telefon auf sein Sofa. So unangenehm ihm der Gedanke auch ist, aber früher oder später wird er ein Gespräch führen müssen, wenn schon nicht mit seiner Stiefmutter und seinem Halbbruder, so wenigstens mit seinem Erzeuger, der sich bis jetzt noch nicht hat blicken lassen.
 

>Geschäftlich zu tun<, geht es ihm durch den Kopf und ungewollt ballt Ricki seine Faust. Nicht nur, dass er sein ganzes Leben lang noch nie etwas von seinem Vater gehört hat, nein, dieser hält es ja noch nicht einmal für notwendig anwesend zu sein, wenn er hierher abgeschoben wird.
 

Gott bewahre, er hat ja geschäftliches zu tun, das ist natürlich weitaus wichtiger, als seinen Sohn zu begrüßen! Nicht, dass Ricki irgendeinen Wert darauf legt, von seinem Vater begrüßt zu werden, wenn es nach ihm ginge, dann bräuchte dieser Mensch sich ihm nicht einmal zu nähern.
 

Wütend tritt er gegen den dunkelblauen Sessel, der sogleich ein paar Zentimeter verrutscht. Er kennt diesen Mann nicht, aber er hasst ihn. Er hasst ihn dafür, dass er seine Mutter hat sitzen lassen und er hasst ihn dafür, dass er so feige ist und jetzt nicht hier ist, wo er ihm doch so vieles an den Kopf werfen wollte, was seinetwegen in seinem Leben so schief gelaufen ist.
 

Ricki atmet einmal tief durch. In seinem Kopf beginnt sich alles zu drehen und ihm wird leicht schwarz vor Augen. Mit einer Hand streicht er über seinen Hinterkopf und versucht sich zu beruhigen. "Verdammt", flucht er leise und wankt hinüber zu seinem Bett. Dabei wollte er es doch vermeiden sich so dermaßen aufzuregen. Nun spielt sein Blutdruck wieder verrückt
 

Sein Kopf schmerzt höllisch und er greift reflexartig nach seinem Discman und lässt sich damit auf sein Bett fallen. Der Druck in seinem Schädel ist mal wieder unerträglich, aber er hat erst heute Morgen eine Tablette geschluckt und zuviel soll er davon auch nicht nehmen. Resigniert greift er nach dem Stapel CDs, den er auf seinem Nachttisch errichtet hat und legt die erstbeste ein. Zu seinem Glück befindet sich neben dem Nachtschrank eine Steckdose, so kann er wenigstens Musik hören. Auf jeden Fall sollte er sich umgehend neue Batterien zulegen, da das Kabel des Steckers schon ein wenig nervt.
 

Ricki schließt die Augen und steckt sich die Stöpsel in die Ohren. Er will jetzt einfach nichts mehr sehen und nichts mehr um sich herum wahrnehmen. Alle sollen ihn in Ruhe lassen. Wenige Sekunden später ertönt aus den Kopfhörern in voller Lautstärke das Lied Paradoxe Stille von Goethes Erben.
 


 

TBC
 


 


 

Ja, das mal zum zweiten Kapitel.
 

Haben vielleicht schon ein paar gemerkt, dass dies hier nicht wirklich etwas mit der ersten Version zu tun hat.
 

Ich habe mich bemüht auch auf die Gedanken und Gefühle der anderen Protagonisten einzugehen, und mich nicht nur auf Ricki zu konzentrieren.

Mein Ziel ist es einfach, Mad Life verständlicher und realistischer zu schreiben und das geht nur, wenn ich mehr auf den Hintergrund dieses Dramas zurückgehe.

Habe allerdings nicht vor, dass hier komplett traurig zu gestalten, witzig bleibt es trotzdem, wenn auch nur in Maßen. ^^
 

Kommis, Limonendrops und Buttons bitte hier abgeben.
 

Baba -Neya- ("^^)

Erstes Zusammentreffen

*reinroll*
 

Ja, die bekloppte Autorin ist wieder da! ^^;
 

Gomeeen, dass ich mich Monate lang nicht gemeldet hab, aber das hatte viele Gründe. (krea[tief]phase, dsl-flat umstellung des pcs, virenbefall usw.)
 

Kurz, ich war sehr beschäftigt und war dementsprechend nicht in der Stimmung weiter zu machen.

Ok, nun geht's aber weiter und ich danke euch allen, dass ihr trotz der Pause noch Interesse an der Story habt. °^°
 

Ich will auch nicht lang drum herum reden, dass es etwas ernster zu geht ist klar, neuer Storyverlauf, auch klar.

Und da ich ja Montag den Teil laden wollte, mexx aber scheinbar seine Tage hatte und nicht wollt, gings erst heute (Donnerstag)
 

Angaben:
 


 

Link zur 1. Version: http://animexx.4players.de/fanfic/?doc_modus=startseite&ff=49390&relink=%2Ffanfic%
 

Titel: Mad Life ~ Welcome to my sick sad reality ~
 

Teil: 3/?
 

Genre: Drama, Humor (eher mein Sarkasmus), Shônen-ai (erst später), Shôjo-ai (erst später), Realität, Romantik (im geregelten Maß und auch nicht so, dass man n Schock kriegt)
 

Rating: PG-14 (später auch PG-17)
 

Alles gehört mir, Schauplätze, Figuren, Storyidee etc. ^^
 

So, wie manche vielleicht schon gesehen haben, gibt es jetzt auch komplett neue Steckbriefe, wo auch bereits ein paar der neuen Charas aufgelistet sind. ^^;

Fanarts hab ich auch aktualisiert und hier möchte ich mich noch bei denen bedanken, die mir immer so liebe Pics malen.
 

Weitere immer gern gesehen. XD
 

So, das von mir und nun zum 3. Kap.
 


 

Kapitel 3: Erstes Zusammentreffen
 

"Wenn man vom Teufel spricht", ist das erste, was Alexander hört, als sein bester Freund Mark ihm die Tür öffnet. Der brünette Junge steht in Shorts und einem ausgeleierten Hemd vor ihm, das auch schon einmal bessere Zeiten erlebt hat. Eine grüne Sonnenbrille ziert seinen Kopf und seinem Blick nach zu urteilen, ist er nicht sonderlich überrascht darüber, Alexander vor seiner Haustür stehen zu sehen..
 

Vor ein paar Minuten hat seine Mutter sich erst nach dessen Befinden erkundet, da es ihr, selbstverständlich auch nicht fern geblieben ist, dass sich die Familiensituation der Sieberds sehr verändert hat. Und nun? Ja, nun steht er mit einem mehr als nur mürrischen Gesichtsausdruck vor ihm und geht mit den Worten "Ich zieh hier ein", an ihm vorbei, in Richtung Marks Zimmer, das sich im Keller des Hauses befindet.
 

"Komm doch rein", meint Mark seufzend, schließt die Tür und folgt Alexander, der bereits auf halbem Weg die Treppe hinunter ist. Er kann sich bereits denken, was seinen Freund geritten hat, dass er ohne Vorankündigung hier auftaucht und dreinblickt wie Sieben-Tage-Regenwetter. Gemächlich geht Mark die Treppe hinunter und findet Alexander auf seinem schon recht lädierten Sofa vor, wo er damit beschäftigt ist, das Loch im Bezug, das er vor einer Woche hineingerissen hat, weiter zu vergrößern.
 

"Willst du hier einziehen, damit du meine Möbel noch weiter demolieren kannst?", fragt Mark sein Gegenüber und lässt sich auf seinen Sitzsack plumpsen. Nicht, dass es schlimm ist, der Bezug hat eh schon ausgedient, trotz allem ist ein Faustgroßes Loch in dem dünnen Stoff nicht sehr schick, vor allem dann nicht, wenn die ursprüngliche Farbe des mittlerweile bestimmt antiken Möbelstückes, ein freundliches Modderbraun, wieder hervorlugt.
 

Alexander blickt auf und straft Mark mit einem angesäuerten Blick, der diesem sogleich signalisiert 'Klappe-oder-ich-beiße'. Schultern zuckend greift Mark nach der Computerzeitschrift die er vor kurzem gelesen hat, bevor ein gewisser Jemand Sturm geklingelt hat. Bitte, früher oder später wird Alexander eh von selbst anfangen zu reden. Das ganze hin und her hat er ja die letzten Wochen schon mitmachen dürfen, von daher kennt er den Ablauf ihres Gespräches bereits.
 

"Satanist", murmelt Alexander knapp und lehnt sich auf dem Sofa zurück. Mark blickt auf und hebt skeptisch eine Augenbraue. Was soll er denn mit dem Wort jetzt anfangen?
 

"Satanist?", wiederholt er fragend und lässt die Zeitschrift sinken. Wenn sein Kumpel glaubt, dass er ihm jedes Wort aus der Nase zieht, dann ist er bei ihm aber an der falschen Adresse. Erwartungsvoll blickt er Alexander an, der wieder anfängt mit seinen Fingern zu knacken, so wie immer, wenn er nicht weiter weiß.
 

"Wenn du den Typen gesehen hättest... der passt perfekt in das Muster rein", fährt er monoton fort und presst die Lippen zusammen.
 

Mark resigniert und legt die Zeitschrift zurück auf den Couchtisch. Daher weht also der Wind. Dass heute das neue 'Familienmitglied' eingetroffen ist, hat er ja gewusst, aber dass Alexander nun auftaucht und anfängt mit Satanist, überrascht ihn jetzt doch ein wenig. "Ahja... und er hat spitze Eckzähne und ein Shirt mit 'Heil Satan' angehabt, oder wie?", erkundigt Mark sich mit einem amüsierten Grinsen.
 

Alexanders Blick daraufhin, bringt Mark erstrecht zum Lachen. Wenn man ihn so betrachtet, könnte man denken, er fühle sich von ihm leicht verarscht. "Nein! Trotzdem... ich kann den jetzt schon nicht mehr sehen", grummelt der Blondschopf missmutig und blickt geistesabwesend auf die Tischplatte, wo sich ein recht voller Aschenbecher und einige CDs breit gemacht haben.

Seufzend steht Mark auf, geht um den Tisch herum und lässt sich zu Alexander auf das Sofa fallen. Das dürfte wohl doch etwas länger dauern als sonst.
 

Schweigend fummelt Alexander an seiner Armbanduhr herum. Er fühlt sich ja auch schon ein wenig bescheuert, dass er die letzten Wochen nur am Rumjammern war. Eigentlich ist es ein Wunder, dass Mark das alles bisher mitgemacht hat.
 

Nur, was soll er machen? Die Familiensituation schlägt ihm einfach auf den Magen und er ist nicht gut darin, seinen Frust in sich hineinzufressen. Es gab sogar einen Moment, wo er sich beinahe damit abgefunden hat, dass er von nun an einen Halbbruder hat und hat sich sogar vorgenommen, sich so gut wie möglich mit diesem zu arrangieren.

Aber nachdem, was heute alles passiert ist und wie Ricki auf ihn gewirkt hat, findet er ihn einfach nur noch lästig und zum kotzen. Er kann nicht sagen, dass er ihn hasst, es ist vielmehr eine Antipathie.
 

"Ich weiß gar nichts mehr..."
 

*~*~*~*~*
 

Ein dumpfes Pochen hallt in seinem Hinterkopf wieder, als er sich in seinem Bett aufrichtet und zu seinem Funkuhrwecker blickt. Seit er sich hingelegt und Musik gehört hat, sind gut zwei Stunden vergangen. Kein Wunder also, dass er das Lied, das er seitdem in Endlosschleife gehört hat, nun im Schlaf aufsagen kann.

Ricki fühlt sich matt und teilweise auch ein wenig schläfrig. Es ist gerade mal Nachmittag und die Minuten bis zur Nacht ziehen sich quälend langsam, wie Kaugummi, immer länger und länger hin.
 

Das gleichmäßige Ticken einer großen Wanduhr beansprucht für ein paar Minuten seine Aufmerksamkeit, in denen er nur geistesabwesend und regungslos einen bestimmten Punkt auf dem Parkettboden fixiert. Wenn es etwas gibt, das ihn wahnsinnig macht, dann das Gefühl, nicht zu wissen, was er mit sich anfangen soll.

Wäre er nicht hier, sondern in seiner alten Wohnung, dann würde er jetzt wahrscheinlich bei Patrick im Zimmer hocken, oder mit ein paar anderen im Park rumgammeln... aber hier?
 

Ricki stöhnt leise und erhebt sich von seinem Bett. Unschlüssig bleibt er in seinem Zimmer stehen und kann sich weder dazu bewegen, etwas zu lesen noch am Computer herumzuspielen. Vielleicht ist es auch nur reiner Trotz, der ihm untersagt, sich die Zeit mit einer Beschäftigung zu vertreiben.
 

Sein Blick wandert durch das vom Sonnenlicht erhellte Zimmer, was ihn sogleich noch missvergnügter stimmt. Nein, hier fehlen definitiv ein paar Kontraste an den Wänden, wenn er nicht meschugge werden will. Allerdings bezweifelt er, dass er mit seinem Edding sehr weit kommen wird.

Nach einigem hin und her geht er trotz allem zu seinem Rucksack, und holt aus einem kleinen Seitenfach eine Hand voll Stifte hervor. Gleichgültig lässt er diese auf den Boden niederprasseln, nur den schwarzen Edding behält er in der Hand.
 

Wenn er noch keine Spraydosen hat, so kann er wenigstens schon einmal mit den Skizzen anfangen. Hauptsache er kann sich irgendwie ablenken. Gerade als er den ersten Strich setzen will, lässt er den Arm sinken und geht zu seinem Nachttisch. Wozu hat er denn einen CD-Player? Vielleicht sollte er mal austesten, wie weit er die Lautstärke hochdrehen kann, bis die ersten Beschwerden eingehen. Immerhin ist es hier viel ruhiger als in der Stadt, Fazit, man müsste seine Musik dadurch erst recht viel intensiver wahrnehmen.
 

Nach kurzer Überlegung greift er nach einer gebrannten CD von Patrick und legt sie in die Anlage. "So...", sagt Ricki zu sich selbst und dreht die Lautstärke auf. Aus den Boxen ertönt dann das erste Musikstück von E.S. Posthumus - Unearthed.

Bei dem Gedanken daran, was seine Stiefmutter sagen würde, wenn sie das hört, muss er leicht lächeln. In seiner alten Klasse haben manche dazu nur gesagt, dass man so was bestimmt bei irgendwelchen Ritualen oder Sekten spielt, aber das sind meist die Leute, die keine Ahnung haben und sich mit HipHop oder Techno beschäftigen.

Leise mitsingend, geht Ricki zurück zu seinem Bett, kniet sich auf die Matratze und beginnt damit, die Wand zu bemalen.
 

*~*~*~*~*
 

Er bemerkt gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht, ebenso wenig kriegt Ricki mit, als gegen halb sechs ein Kombi auf den Hof gefahren kommt. Ein schwarzhaariger Mann mit Bart und Brille steigt aus, der einen leicht gehetzten Eindruck erweckt. In der linken Hand hält er eine schwarze Tasche voller Unterlagen, während er die Autotür zumacht und abschließt. Eilends geht er zur Haustür und fummelt in seiner Tasche nach dem Schlüssel.
 

Manchmal kann Unordnung etwas schönes sein, aber in Situationen wo es einem nicht schnell genug gehen kann, rächt sie sich tückisch. "Wo steckst du denn", brummt er und tastet den Boden seiner Tasche ab, als die Haustür von innen geöffnet wird. Ertappt blickt er auf und lächelt sacht, als Katja ihn mit einem leicht skeptischen Blick betrachtet.

Jeder der schon einmal etwas gesucht hat weiß, dass man das Objekt der Begierde erst dann findet, wenn man es nicht mehr braucht, in diesem Falle, findet Frederik Sieberd den Schlüssel erst jetzt und holt ihn grinsend aus der Tasche.
 

"Ich hab wirklich versucht mich zu beeilen", sagt er seufzend, als er den leicht vorwurfsvollen Blick seiner Frau auf sich spürt und betritt den Hausflur. Katja schüttelt nur den Kopf und nimmt ihrem Mann die Tasche ab.
 

"Du kannst ja nichts dafür, wenn es ein Notfall ist", meint sie mit einem schwachen Lächeln und geht mit der Tasche in der Hand in die Küche. Die laute Musik, die von der oberen Etage nach unten dringt, versucht sie weiterhin zu ignorieren. Anfangs war sie schon ein wenig schockiert darüber, was für eine ungewohnte Lautstärke durchs Haus hallt, aber da sie sich immer wieder gesagt hat, dass das bestimmt nur eine Übergangsphase ist, hat sie den Lärm so gut es geht überhört.
 

Frederik blickt ein wenig nachdenklich nach oben. Der Musik nach zu urteil, kann es sich nicht um Alexander handeln, da dieser einen anderen Geschmack hat und zudem auch weiß, dass diese Lautstärke im Haus untersagt ist. Also bedeutet es, dass sein unehelicher Sohn bereits angekommen ist.

Auch, wenn er nicht den Anschein erweckt, so ist er innerlich doch schon ziemlich nervös. Schließlich handelt es sich hierbei um kein Problem, was manch seine Patienten haben, sondern um sein eigenes.
 

Nun gut, Problem ist hier wohl die falsche Bezeichnung, aber er fühlt sich dennoch leicht verunsichert, da er persönlich noch nie vor so einer Auseinandersetzung gestanden hat. Er kennt diesen Jungen nicht, dennoch hat er bei dem damaligen Telefonat sogleich zugestimmt, ihn zu sich zu nehmen, was schon den ein oder anderen Streit mit seiner Frau und seinem Sohn heraufbeschworen hat.
 

"Er... sieht dir sehr ähnlich", vernimmt er plötzlich Katjas Stimme hinter sich und dreht sich erstaunt um. Er hat gar nicht mitbekommen, wie sie wieder gekommen ist.
 

"So..?", erwidert er knapp und schmunzelt leicht. Da Alexander ja mehr nach seiner Mutter kommt, ist er nun erstrecht neugierig, wie sein anderer Sohn Ricki wohl aussieht. "Dann versuch ich es mal...", fügt er mit fester Stimme hinzu und steigt die Stufen hinauf, wobei die Musik bei jedem Schritt lauter wird. Tief einatmend bleibt er schließlich vor der Zimmertür stehen und klopft laut gegen das Holz.
 

*~*~*~*~*
 

Konzentriert malt Ricki eine orangefarbene Fläche schwarz aus, das Klopfen an seiner Zimmertür nimmt er erst gar nicht wahr, da er viel zu sehr auf seine Arbeit und die Musik konzentriert ist, als dass ihn irgendwelche nervigen Hintergrundgeräusche interessieren. Mittlerweile haben die vielen dicken Striche Gestalt angenommen und man kann jetzt deutlich die Umrisse einer Krähe erkennen die auf einem schwarzen Ast sitzt. Allerdings müssen noch viele Flächen ausgemalt werden und Ricki hegt langsam den Verdacht, dass sein Edding ihn kurz vor der Vollendung im Stich lässt.
 

Murrend schüttelt er ihn hin und her, in der Hoffnung, dass er dann wenigstens die Krähe fertig bekommt. Gedanken darüber, dass er hierfür eventuell gewaltigen Ärger kriegen könnte, da er ohne nachzufragen die Wände beschmiert, macht er sich nicht.

Selbst wenn, ihm ist es doch egal, wenn diese Leute hier wütend auf ihn sind. Vielleicht kriegt er sie sogar so weit, dass sie ihn wieder zurückschicken.
 

Als er sich an der Schwanzspitze zu schaffen macht, geht die Tür hinter ihm auf und er dreht sich reflexartig um. Vor Schreck wäre im beinahe der Edding aus der Hand geglitten, da plötzlich ein großer Mann in der Zimmertür steht und ihn betrachtet.

Bewegungslos erwidert Ricki den Blick, während unzählige Gedanken durch seinen Kopf schwirren, sodass ihm etwas schwindelig wird.
 

Trotz der lauten Melodie, hat er das Gefühl, als dringe das Ticken der Wanduhr zu ihm hervor. Laut und immer lauter... Tick... Tack... Tick... Tack... Tick... Tack...
 

Erst als der Mann die Anlage leiser dreht, verstummt das gleichmäßige Tickgeräusch und Ricki atmet angespannt aus. Das beklemmende Gefühl, das er hatte, als sie vor diesem Haus angehalten haben und das in dem Augenblick verschwunden ist, als er erfahren hat, dass sein Vater nicht da ist, kehrt nun wieder zurück.

Wie paralysiert verfolgen Rickis Augen jede seiner Bewegungen, mustern sein Gesicht, seine Statur...
 

Ricki kommt es so vor, als blicke er in einen Spiegel, der ihm zeigt, wie er in späteren Jahren einmal aussieht, was schließlich dazu führt, dass er immer blasser im Gesicht wird und das Verlangen verspürt, sich zu übergeben. Ihm ist schlecht, da er nicht weiß, wie er sich verhalten soll. Er hat sich so viele Dinge zurecht gelegt, die er diesem Menschen an den Kopf werfen wollte, aber nun bekommt er kein einziges Wort heraus.
 

Eine unbekannte Hilflosigkeit überkommt ihn. Er ist innerlich so wütend, dass er jetzt laut schreien könnte, aber gleichzeitig ist er so bitter enttäuscht, dass er sich am liebsten unter der Decke zusammen rollen und heulen möchte. Dass das Zusammentreffen mit seinem Vater eine solche Wirkung auf ihn hat, überlastet ihn einfach.
 

Verschwinden... das ist das einzige was er jetzt will. Dieser Mann dort, er soll verschwinden, diesen Raum verlassen und ihm nie wieder unter die Augen kommen.

Eine unangenehme Stille tritt ein, in der keiner von beiden etwas sagt, oder gar Anstalten macht, sich wieder zu bewegen.
 

Nach und nach bildet sich ein Lächeln auf Frederiks Gesicht. "Es ist schön, dass du da bist", sagt er schließlich und geht ein paar Schritte auf Ricki zu. Wenn er ihn so ansieht, erkennt er sich selbst wieder, nur dass er in dessen Alter keine langen Haare hatte und auch andere Klamotten getragen hat. Es ist ein eigenartiges Gefühl plötzlich jemanden gegenüber zu stehen, den man noch nie zuvor gesehen hat, aber trotz allem eine Art Verbundenheit zu dieser Person spürt.
 

Ricki hingegen sieht dieses näher kommen gar nicht gern. Er wird zunehmend nervöser und der Druck in seinem Kopf schwillt wieder an. Das geht ihm zu schnell, selbst wenn er dachte, er ist in der Verfassung seinem Vater zu begegnen und ihm seine Meinung zu sagen, so muss er jetzt erkennen, dass er davon noch ziemlich weit entfernt zu sein scheint.

Normalerweise ist er nicht auf den Mund gefallen, aber jetzt scheint irgendetwas in ihm seinen Widerstand zu blockieren, sodass er nicht in der Lage ist, diesem Mann klar zu machen, dass er sich zum Teufel scheren soll.

Der Anblick tut einfach nur weh. Binnen weniger Monate ist sein ganzes Leben zu einem regelrechten Trümmerhaufen zusammengefallen und nun muss er sich auch noch hiermit auseinander setzen.
 

"Ich weiß, dass du jetzt in einer Phase bist, wo du mir bestimmt am liebsten an den Hals springen würdest, aber es würde mich wirklich sehr freuen, wenn wir beide uns demnächst mal zusammen setzen und über alles reden", bricht Frederik das entstandene Schweigen. Durch Rickis Reaktion auf ihn, ist ihm bereits klar, dass er heute und morgen nicht viel weiter an ihn heran kommt. In dieser Hinsicht ist es immer besser, Jugendliche nicht zu bedrängen sondern darauf zu warten, dass sie von sich aus das Gespräch suchen. Das zumindest rät er seinem Patienten immer, wenn sie wegen einer Familienberatung zu ihm kommen.
 

Schwer atmend senkt Ricki seinen Blick. Sein Blutdruck macht ihm wieder zu schaffen, was er daran merkt, dass ihm schon wieder schwindelig wird. Er regt sich einfach viel zu sehr auf... nein, dieser Mann dort, der sich Vater schimpft, regt ihn auf! Das alles ist nur seine Schuld, dass er sich jetzt wieder so beschissen fühlt. Warum muss er auch ausgerechnet hier herauf kommen und anfangen mit ihm zu sprechen, wo es ihm ehrlich gesagt am Arsch vorbei geht, was dieser Mensch ihm zu sagen hat, beziehungsweise was er will.
 

"Raus..." Ein einziges Wort, ruhig, aber dennoch ausdrucksstark ist alles, was Ricki heraus bekommt. Zu mehr ist er im Moment nicht in der Lage, aber es sagt alles aus, was zur Zeit in seinen Kopf durcheinander wirbelt.
 

Frederik nickt sacht und versucht nicht allzu enttäuscht zu wirken. Um ehrlich zu sein, hat er auch nichts anderes erwartet, als einen Rauswurf. Leise seufzend geht er zur Anlage und stellt die Musik wieder an. "Um sechs gibt es Essen. Wäre schön, wenn du dann runter kommst", sagt er neutral, bevor er die Lautstärke wieder auf ihre ursprüngliche Höhe zurückdreht. Danach geht er ohne weiteres aus dem Raum und schließt die Tür hinter sich.
 

Erleichtert lässt Ricki sich zurück in sein Kissen sinken und schließt die Augen. Einerseits ist er froh, dass er seinen Vater ohne große Probleme aus seinem Zimmer gekriegt hat, aber andererseits...
 

"Arschloch...", murmelt Ricki und streicht sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht.
 

*~*~*~*~*
 

Zum Abendbrot ist er nicht herunter gekommen, was Frederik nicht wirklich überrascht. Katja hingegen ist ein wenig enttäuscht, da sie damit gerechnet hat, dass sie am ersten Tag wenigstens alle zusammen essen können.

Alexander kam von Mark zurück, kurz nachdem sein Vater Rickis Zimmer verlassen hat. Er weiß, dass seine Eltern viel wert auf das gemeinsame Abendessen legen, seine Mutter ganz besonders. Aber im Gegensatz zu seiner Mutter, ist er froh darüber, Ricki jetzt nicht neben sich sitzen zu haben.
 

"Ich habe eigentlich damit gerechnet, dich zu Hause vorzufinden", meint Frederik und nippt an seinem Kaffee. Alexander verdreht daraufhin leicht genervt die Augen und starrt auf sein Marmeladenbrot. Na wunderbar, jetzt darf er sich scheinbar noch eine Standpauke anhören, da er nicht bei ihrem neuem 'Familienmitglied' geblieben ist, oder was?
 

"Ob du es glaubst oder nicht, aber blöde anlabern lassen kann ich mich auch woanders", gibt er murrend zurück und beißt lustlos von einer Ecke ab. Irgendwie ist ihm der Appetit längst vergangen. Nicht nur, dass er sich die letzten Wochen ständig die Predigten seines Vaters anhören durfte, von wegen wir müssen alle versuchen miteinander zurecht zukommen und so weiter, nein, jetzt wird ihm auch noch vorgeworfen, nicht hier gewesen zu sein.
 

Frederik sieht seinen Sprössling seufzend an und stellt die Tasse ab, während Katja sich vorerst besser raus hält. Wenn sie eines nicht leiden kann, dann sind es solche Unterhaltungen während des Essens. "Wir müssen berücksichtigen, dass er zur Zeit eine schwere-"
 

"Eine schwere Phase durchmacht. Ja, ja." Und was ist mit ihm? Ricki hier, Ricki da. Ricki macht eine schwere Phase durch. Wir müssen mit Ricki verständnisvoll umgehen. Wirklich großartig, und was bitte schön ist mit ihm? Was in ihm im Moment vorgeht, scheint hier keinen zu interessieren. Die Art und Weise seines Vaters regt ihn einfach nur auf. Dieser Freak ist noch keine 24 Stunden hier, aber schon spielt sein Vater sich hier auf, als gäbe es nur noch Ricki und dass man sich um ihn bemühen muss.
 

"Könntet ihr beide eure Diskussion bitte nach dem Essen fortsetzen", meldet sich Katja nun zu Wort, der diese Unstimmigkeiten nicht sehr behagen.
 

Alexander, der nun erst in Streitstimmung kommt, hat alles andere als Lust dazu, die Unterhaltung hier zu unterbrechen. Im Gegenteil, nachdem sich hier alle wie die Bekloppten aufführen, hat er ja wohl auch mal ein Recht dazu, seine Meinung zu sagen. Gerade als er seiner Mutter widersprechen will, taucht Ricki im Türrahmen auf und betritt zögernd die Küche.
 

Alle Augenpaare richten sich automatisch auf den Jungen, der schweigend und ohne auf die eintretende Stille einzugehen, den Tisch ansteuert, sich eine Scheibe Brot und Käse schnappt und damit ohne ein Wort zu verlieren den Raum wieder verlässt.
 

Sein Kopf hat sich zwar immens dagegen gesträubt nach unten zu gehen, da er sich vorgenommen hat in den Hungerstreik zu treten, aber am Ende hat sein Magen doch das Vorrecht für sein Handeln übernommen. Der Geist war willig, doch das Fleisch war schwach. Dennoch lässt er sich nicht darauf ein, sich mit an den Tisch zu setzen. Er hat keinen Bock auf dieses traute Familienleben, das diese Leute hier spielen und in das sie ihn, auf Deubel komm raus, mit einbeziehen wollen.
 

Kurz darauf hört man in der oberen Etage, wie eine Tür laut knallend ins Schloss fällt. Frederik resigniert und leert seinen Kaffee, während Katja ein wenig überrumpelt dasitzt und ein wenig enttäuscht auf den leeren vierten Stuhl blickt.
 

Niemand verliert ein Wort über Rickis Verhalten, was Alexander nur noch wütender macht. Wenn er auch nur einmal zu spät kommen würde, dürfte er sich sonst was anhören, aber sein Halbbruder kann tun und lassen was er will, oder wie soll er das verstehen?

"Ich bin satt", murmelt er knapp, steht auf und verlässt angesäuert die Küche, den erschrockenen Blick seiner Mutter im Nacken spürend.
 

"Alexander", ruft sie ihm hinterher und macht Anstalten aufzustehen, wird aber von ihrem Mann, der sie nun an der Hand festhält, daran gehindert.
 

"Lass ihn. Das wird schon wieder", meint er ruhig und beschmiert sich eine Scheibe Brot mit Butter. Seufzend kapituliert Katja und widmet sich wieder ihrem Essen. Sie versteht nicht, wie ihr Mann so gelassen bleiben kann, während hier alle anfangen zu rebellieren. So hat sie sich das neue Zusammenleben durchaus nicht vorgestellt, dabei bemüht sie sich wirklich um ein intaktes Familienhaus. Nur scheinbar wehren sich zwei Jugendliche mit allen Mitteln dagegen, dies alles zu akzeptieren.
 

*~*~*~*~*
 

Lustlos kaut Ricki auf seinem Brot herum, während er auf seinem Balkon liegt und in den strahlend blauen Himmel blickt. Vereinzelt ziehen ein paar Schäfchenwolken vorbei und ein lauer Wind streicht ihm über das Gesicht. Neben ihm sind mehrere Zigarettenfilter auf dem Boden verteilt und es liegt noch ein leichter Nikotingeruch in der Luft.
 

Nachdem sein Vater das Zimmer verlassen hat, war er so durch den Wind, dass er erst einmal eine rauchen musste. Nur ist es bei einer nicht geblieben, sondern am Ende hat er sieben Zigaretten hintereinander konsumiert. Kein Wunder also, dass ihm ein wenig schlecht wurde, da er ja seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte und auf nüchternden Magen kann das schon sehr unangenehm werden.
 

Sein Handy, das nun wieder aufgeladen ist, hat er in Reichweite gelegt, da er immerfort SMS-Nachrichten von seinen Freunden bekommt, die wissen wollen, wie der Einzug gelaufen und wie seine neue Familie so ist. Auf die meisten hat er kurz und knapp mit 'Beschissen' geantwortet, da er keine Lust hat, alles noch mal ausführlich durchzugehen, da er davon nur wieder schlechte Laune bekommt.
 

Ricki schiebt sich das letzte Stück Brot in den Mund und erhebt sich schwerfällig vom Boden. Seine Hände suchen das Geländer und ziehen seinen Körper hoch. Gelangweit und in Gedanken versunken lässt er seinen Blick über das große Feld schweifen. Auf dem Sandweg fahren ein paar Kinder mit ihren Fahrrädern vorbei, lachen, reden und kreischen. Ricki verfolgt ihren Weg, bis sie im Wald verschwinden, bevor er sich seufzend vorbeugt und die Unterarme auf dem Balkongeländer abstützt. Sehr tief ist es nicht, wenn man bedenkt, dass er vorher in einem Hochhaus gewohnt hat.
 

"Perfektes Haus... perfekter Garten...", brummelt er leise und mustert die große Grünfläche des Grundstückes. Ob in dem kleinen Teich auch noch so kitschige, klischeehafte Goldfische herumschwimmen? Er fühlt sich, als wäre er aus versehen in einen 'Schöner Wohnen Katalog' geraten, der ihm zeigt, wie perfekte Familien heutzutage leben.
 

Das laute Klingeln seines Handys reißt ihn aus seinen Gedanken und er bückt sich nach dem nervtötenden kleinen Objekt. Ein Blick auf das Display und er weiß nicht ob er jetzt rangehen, oder es ignorieren soll. Grund genug es zu ignorieren hat er ja, immerhin hat sie ihn hier abgeliefert, aber nach wenigen Augenblicken geht er schließlich doch ran.
 

"Deutsch-katholische Zwangsanstalt", meldet er sich mit rauer Stimme und vernimmt wenig später ein vertrautes, angenehmes Lachen am anderen Ende.
 

/Na wenigstens hast du deine Sprache nicht verloren/, ertönt Melanies lautes Organ aus dem Hörer. Im Hintergrund scheint wie immer Radio zu laufen, da er dumpf die Wetteransage mitverfolgen kann.
 

"Was gibt's? Hast du vergessen den Gefängniswärtern meine Medikamente zu geben?", murrt Ricki und grinst ein wenig dabei. Mit Melanie zu streiten war schon immer eine seiner Lieblingsbeschäftigungen gewesen. Da er sie als Mitbewohnerin und beste Freundin seiner Mutter regelmäßig zu sehen bekam, ist es schon zu einer Art Ritual zwischen ihnen geworden, sich gegenseitig anzustacheln.
 

Eine Zeit lang herrscht Schweigen bis er ein leises Seufzen von Melanie hört. /Geht es dir gut? Hast du schon mit deinem Vater geredet?/, erkundigt sie sich nun vorsichtig, da sie eigentlich angerufen hat, um nachzufragen, ob diese Umstellung ihr Sorgenkind auch nicht zu sehr belastet.
 

Ein verachtendes Schnauben geht von Ricki aus und er starrt frustriert Richtung Wald. Was soll diese blöde Fragerei. Als könnte sie sich das nicht denken. "Wann bringst du meine restlichen Sachen?", fragt er anstatt ihr zu antworten, da er wirklich keine Lust dazu hat, sich Melanies Belehrungen, von wegen anpassen und so, anzuhören.
 

/Nächsten Samstag, sofern nichts dazwischen kommt. Wenn etwas ist, du weißt, du kannst mich jederzeit anrufen/, erwidert sie leicht besorgt. Rickis Tonlage gefällt ihr gar nicht, dabei hat sie so gehofft, dass der Umzug nicht zu schwer für ihn wird.
 

"Dann bis Samstag", sagt Ricki gleichgültig und legt auf. Noch weiter mit ihr zu sprechen verkraftet er jetzt einfach nicht. Dieser Tag ist der weitaus schlimmste in seinem Leben, gleich nach dem Todestag seiner Mutter. Er atmet einmal tief durch, bevor er den Balkon verlässt und die Tür hinter sich schließt. Geräuschvoll lässt er die Jalousien herunter, sodass nur noch durch die kleinen Löcher ein mattes Dämmerlicht herein fällt. Abgesehen davon, ist der Raum jetzt so gut wie abgedunkelt.
 

Mit einer knappen Handbewegung lässt Ricki sein Handy auf den Couchtisch fallen und geht hinüber zu seinem Bett. Schlafen, das ist alles was er jetzt will, auch wenn es noch nicht einmal sieben Uhr abends ist. Aber vielleicht wird er innerlich dann wieder etwas ruhiger und wer weiß... vielleicht wird der kommende Tag nicht so furchtbar wie dieser.
 

TBC
 


 

Ja, erstes Zusammentreffen mit Vaddern. Ich hab lang überlegt, wie ich es am besten umsetze und am Ende kam das dabei heraus. ^^;

Ich weiß, der Teil mag vielleicht ein wenig langweilig erscheinen, aber da es erst das dritte Kap ist und die Story sich genau wie bei der 1. Version langsam aufbaut, bitte ich das zu berücksichtigen.
 

Und ich wollt Ricki auch nicht, nachdem er im letzten Kap ziemlich down war, plötzlich wieder um 180° drehen.
 

Ok, Kommis, Buttons und Fragen bitte hier abliefern.
 

Bis zum nächsten Kap.
 

Baba -Neya- ("^^)

Alltag in der Dörflergemeinde

*reinwusel*
 

Jaaa, das -Neya- war fleißig und hat das vierte Kapitel fertig. ^-^

Hab ja versprochen, dass es jetzt regelmäßiger weiter geht und ich bemüh mich so alle 2 Wochen ein neues Kapitel fertig zu kriegen. °^°
 

Dieses Mal ging es mir etwas leichter von der Hand, aber vielleicht liegts auch daran, dass ich zur Zeit recht gut gelaunt bin. *hust*
 

Erstmals vielen lieben dank für die Kommentare und euer Interesse. >^.^y

Freu mich echt, dass ihr die neue Version mögt und jetzt ein wenig besser verstehen könnt, wieso ich Mad Life neu schreibe. o-o
 

Wie gesagt, eure Meinung ist mir da sehr wichtig. +.+

Also sagt ruhig ehrlich, was ihr denkt.

In diesem Teil wird auch der erste neue Chara mit auftauchen - zu sehen in den Steckbriefen. ^^°
 

Angaben:
 


 

Link zur 1. Version: http://animexx.4players.de/fanfic/?doc_modus=startseite&ff=49390&relink=%2Ffanfic%
 

Titel: Mad Life ~ Welcome to my sick sad reality ~
 

Teil: 4/?
 

Genre: Drama, Humor (eher mein Sarkasmus), Shônen-ai (erst später), Shôjo-ai (erst später), Realität, Romantik (im geregelten Maß und auch nicht so, dass man n Schock kriegt)
 

Rating: PG-14 (später auch PG-17)
 

Alles gehört mir, Schauplätze, Figuren, Storyidee etc. ^^
 

Es gab da noch ne Frage, wann die neuen Charas aus den Steckis auftauchen, ob in der Schule oder in den Ferien.
 

Also - ich werde die Charas nach und nach in den Ferien mit einbauen. Bis zur Schulzeit werden wohl noch einige Kapitel kommen und so lang will ich sie euch nicht vorenthalten. ^^
 

Dann war da noch ne Beschwerde, dass die Steckireihenfolge net so gut ist, da Ricki so ziemlich am Ende kommt. o-o

Is mir auch aufgefallen, aber Mexx sortiert die Steckis ja nach Alphabet.

Hab daher vor die Namen Zahlen geschrieben, hoffe es ist jetzt besser. ^^°
 

So, das mal dazu und nun viel Spaß bei Kapitel 4. +.+
 


 


 

Kapitel 4: Alltag in der Dörflergemeinde
 

Lautes Hundegebell und Stimmengeschwirr reißen Ricki unsanft aus dem Schlaf. Er gibt ein leicht gequältes Stöhnen von sich und dreht sich im Bett herum, mit dem Rücken zur störenden Lärmquelle. Seine Augenlider flackern kurz, bevor er sein Gesicht im Kissen vergräbt und leise vor sich hingrummelt. Der Lärmpegel vor dem Haus steigt weiter an, denn was er nicht sehen kann, sind die beiden Bernhardiner auf der anderen Straßenseite, die sich gegenseitig ankläffen und ihre Besitzer, die sich scheinbar vorgenommen haben, ein etwas längeres Gespräch zu führen. Nun, daran muss er sich fortan gewöhnen, denn in der Neubausiedlung gibt es so gut wie in jedem dritten Haushalt Hundebesitzer.
 

Genervt zieht Ricki die Beine unter der Decke an und versucht die nervigen Geräusche zu überhören. An Autolärm und Gehupe ist er gewöhnt, aber so geweckt zu werden, schlägt ihm doch ein wenig auf die Nerven. Fluchend rollt er sich in der Decke ein und legt seine Hand über sein Gesicht. Mit der Ruhe scheint es vorbei zu sein, er konzentriert sich bereits zu sehr auf diese neue Art der Weckmethode vor dem Haus. Im Zimmer ist es, abgesehen von ein paar feinen Lichtstrahlen, die durch die runtergelassen Jalousien fallen, noch immer recht dunkel.

>Wie spät ist es eigentlich?<, geht es ihm durch den Kopf und er tastet angeschlagen auf dem Nachttisch nach seinem Funkuhrwecker. Nach einigen Sekunden drückt er schließlich gegen den kleinen Knopf, woraufhin ein grellblaues Licht an der Anzeige aufleuchtet. Ricki kneift die Augen zusammen und blinzelt ein wenig, um etwas zu erkennen. Kurz nach halb Elf, offenbart ihm der Wecker und er richtet sich erstaunt auf.
 

Das er so lange schläft ist ihm ja so gut wie noch nie passiert, wenn man auch noch bedenkt, wann er gestern ins Bett gegangen ist. Stöhnend fährt er sich durch die zerzausten Haare und richtet sich ein wenig schwerfällig im Bett auf. Die Nacht selbst war für ihn ziemlich unruhig, da er mitten drin wach geworden ist und einen unglaublichen Durst verspürt hat. Zu seinem Unglück hat er keine Flasche Wasser in der Nähe gehabt, so wie bei sich zu Hause. Und dann soll mal jemand versuchen, mit trockener Kehle und Durstgefühl wieder einzuschlafen, das ist nicht so einfach.
 

Ein herzhaftes Gähnen geht von ihm aus und er streckt sich schläfrig. Wird wohl langsam wirklich Zeit aufzustehen. Bestimmt befindet sich der Rest des Hauses schon bei ihren alltäglichen Pflichten, so hofft er zumindest. Sein Magen knurrt leise und er tastet sich im Dunkeln in Richtung Terrassentür. Mit einem kräftigen Ruck zieht er die Jalousien der Tür, sowie der danebenliegenden großen Glasfenster, die ebenfalls bis zum Boden reichen, nach oben.

"Eh...", entweicht es Ricki, als das grelle Sonnenlicht ihm direkt ins Gesicht scheint. Sich die Hand vor die Augen haltend, dreht er sich um und tapst zurück zu seinem Bett.
 

Wenn es nach ihm ginge, könnte er den ganzen Tag verschlafen, aber früher oder später würde ihn der Hunger doch heraus treiben. Zumal fühlt er sich recht schmutzig, was vielleicht auch daran liegt, dass er es gewohnt ist, jeden Abend vor dem Schlafengehen zu Duschen. Gestern ist er ja nicht dazu gekommen, möglicherweise liegt dieses Empfinden, dreckig und heruntergekommen zu sein, auch daran.
 

Seufzend bleibt Ricki vor seinem Bett stehen und sieht sich ein wenig unschlüssig das zerwühlte Laken an, bevor er sich umdreht und auf seinen Kleiderschrank zugeht. Schwungvoll reißt er die Türen auf und kniet sich hin. Seine ganzen Pflegeprodukte hat er ordentlich im unteren Fach verstaut, dennoch stört es ihn, dass er hier keinen kleinen Tisch mit Spiegel für all die Sachen hat.
 

Vielleicht sollte er Melanie noch mal anrufen, dass sie seinen von Zuhause mitbringt, wenn sie wieder kommt. Allerdings bezweifelt er, dass sie es allein bewerkstelligen kann, diesen auseinander zunehmen, ohne dabei Schaden anzurichten. Ein resignierter Laut geht von ihm aus und er greift nach ein paar Flaschen, sowie seinem Zahnputz- und Schminkzeug. Aus einem der oberen Fächer zieht er sein großes dunkelgraues Handtuch hervor und klemmt es sich unter den Arm, bevor er voll beladen den Raum verlässt. Auf dem Flur sieht er sich ein wenig hilflos um, er hat unten ein kleines Bad gesehen, aber das dürfte nur das Gästebad gewesen sein.
 

"Klasse", murmelt er frustriert und sieht die anderen drei Türen an, die sich wie ein Ei dem anderen gleichen. Schön, also kann er jetzt ein wenig Türenraten spielen. Hoffentlich lässt er dabei nicht ein paar seiner Utensilien fallen. Er will ja nicht unbedingt die Aufmerksamkeit der restlichen Hausbewohner auf sich ziehen. Ruhe, das ist alles was er will. Dennoch wäre es vielleicht ratsamer gewesen, wenn er sich gestern alle Räume hätte zeigen lassen, dann würde er jetzt nicht hier stehen.
 

Zögernd drückt er die Klinke der Tür hinunter, die sich direkt gegenüber von seinem Zimmer befindet. Vorsichtig späht er hinein, entdeckt aber nur einige Schränke, sowie Wäschekörbe und ein Bügelbrett. Okay, hier ist er definitiv verkehrt. Langsam zieht Ricki die Tür hinter sich zu und geht weiter. Gut, versucht er mal die Tür neben seinem Zimmer.

Kaum geht diese auf, offenbart sich ihm ein abgedunkelter Raum, der allem Anschein nach seinem Halbbruder gehört. >Schläft der etwa immer noch?<, denkt Ricki ungläubig und wirft einen Blick auf die andere Seite, wo ein großes Futonbett steht, in dem tatsächlich noch jemand zu schlafen scheint. Er, als Frühaufsteher findet es ja schon erschreckend, dass er heute so lange geschlafen hat, aber scheinbar ist er doch nicht der letzte, der das Bett heute verlassen hat.
 

Kopfschüttelnd schließt er die Tür wieder. Der flüchtige Gedanke, diese laut zuzuknallend macht sich in seinem Kopf breit, aber er ist momentan nicht in Stimmung seine Mitmenschen zu terrorisieren. Dafür werden sich bei dieser Art von 'Bruder' noch genug Gelegenheiten ergeben, so hat er das Gefühl.

Also wieder ein Fehlschlag, bleibt ihm jetzt nur noch eine Tür, die sich am Ende befindet. Ricki betet innerlich, dass er nicht das elterliche Schlafzimmer erwischt, denn das würde ihm heute Morgen wirklich den Rest geben. Möglicherweise schläft diese Katja auch noch und er öffnet die Tür, und sie liegt da mit Gurkenmaske und Quark im Gesicht. Bei der Vorstellung muss Ricki leicht grinsen. Das wäre dieser Frau wirklich zuzutrauen.
 

Erleichtert atmet er aus, als er nach dem Öffnen der Tür, als erstes ein Waschbecken erblickt. Na Gott sei dank, scheinbar befindet sich das Schlafzimmer in der unteren Etage. Zufrieden schließt Ricki die Tür hinter sich und legt seine Waschsachen auf einer weißen Holzkommode ab. Das nennt er mal einen großen Spiegel, so ein Ding könnte er in seinem Zimmer auch gebrauchen.

Sein Blick wandert durch den Raum, in dem sich zudem noch eine große Dusche, sowie eine Badewanne befinden, in der sogar bis zu drei Leute Platz hätten, wenn man sich ein wenig enger zusammensetzt.
 

"Fatzken", murrt Ricki ungehalten und schlüpft aus seinen Klamotten. Das Badezimmer bei ihm zu Hause war, wenn überhaupt, gerade mal halb so groß. Wie viel Geld sein Vater verdient will er lieber gar nicht wissen. Fest steht, dass sie nie viel Geld hatten, aber es hat doch irgendwo immer gereicht, aber dieses Luxusgehabe findet er einfach nur ätzend.
 

*~*~*~*~*
 

Kurz vor halb Zwölf verlässt Ricki das Badezimmer. Seine Haare kleben ihm im Nacken, da sie vom waschen noch ein wenig feucht sind, ansonsten hat er sich heute mit ein wenig Schwarz um die Augenpartien herum begnügt. Er bezweifelt, dass man ihm hier Komplimente für sein Auftreten machen wird, also wieso dann Stundenlang vorm Spiegel stehen für nichts und wieder nichts. Sein Mund ist ein wenig mit einem hautfarbenen Stift abgedeckt, sodass sie auf den ersten Blick ein wenig erfroren wirken und kaum auffallen. Mit dem Handtuch um der Hüfte geht er zurück zu seinem Zimmer. Die Tür zu Alexanders Raum steht offen, woraus er schließt, dass dieser sich nun endlich aus dem Bett bequemt hat.
 

Nachdenklich betritt Ricki sein Zimmer und lässt seine Waschsachen wieder im Schrank verschwinden. Er blickt sich in den einzelnen Fächern um, bevor er nach kurzer Überlegung eine knielange, ausgefranste schwarze Hose mit aufgenähten karierten Flicken herauszieht. Als Oberteil genügt ihm heute ein weiter, langärmliger Pullover, dessen Ärmel ihm über die Hände gehen. Manch einer würde sagen, er hat sie nicht mehr alle, bei diesem Wetter mit Pullover herumzulaufen, der zwar aus einem recht dünnen Stoff ist, aber er kriegt erschreckend schnell einen Sonnenbrand und bevor er sich nicht mit Sonnenmilch eingedeckt hat, will er nicht auf die Gefahr hin laufen, am Ende des Tages den Oberkörper verbrannt zu haben. Bei den Beinen ist es nicht so wild, da er eh hohe Boots anziehen wird.
 

Fertig angezogen, mit seinen rot-schwarzen DocMartens an den Füßen und seiner Tasche um der Schulter, verlässt er die obere Etage und poltert die Treppe hinunter. Hier im Haus bleibt er nicht, da würde er früher oder später durchdrehen. Er hält es nie lange in einem Raum aus, er ist mehr der Typ Mensch, der draußen herumläuft, oder in irgendeiner Ecke herumlungert.
 

Die Ohren spitzend, lauscht Ricki, ob sich jemand im Haus befindet, was aber nicht der Fall zu sein scheint. Langsam geht er in die Küche, wo am Kühlschrank ein großer weißer Zettel mit der Aufschrift 'Bin Einkaufen' hängt. Scheinbar ist die Frau des Hauses nicht da, was er nicht wirklich als Verlust empfindet. Wo sein Vater steckt kann er sich denken, und sein Halbbruder? Nun, das ist ihm eigentlich so ziemlich scheiß egal. Ricki ist froh, wenn er diese Menschen so wenig wie möglich ertragen muss.
 

Ohne sich etwas zu essen mitzunehmen, verlässt er die Küche und geht zurück in Richtung Haustür. Obwohl sein Magen immer noch rebelliert, so hat er jetzt einfach keine Lust sich was zu machen. Vielleicht findet er ja bei seinem Rundgang ein Geschäft wo er sich was besorgen kann.

Keine Nachricht hinterlassend verlässt Ricki das Haus und lässt die Tür laut knallend ins Schloss fallen. "Schlüssel...", sagt er in dem Moment, als die Tür hinter ihm zuschlägt. Seufzend stolpert er die Treppenstufen hinunter und überquert langsam den Hof. Nun ja, es wird schon jemand da sein, wenn er wieder kommt. Und selbst wenn, es wäre nicht das erste Mal, dass er außerhalb eines Hauses pennt.
 

Die Sonne sticht ihm ins Gesicht und er kneift die Augen leicht zusammen. Auch wenn es erst gegen Mittag ist, so herrschen bestimmt schon geregelte 30° Celsius. In seiner Tasche nach den Kopfhörern seines Discmans suchend, den er zuvor noch eingesteckt hat, zieht Ricki noch eine Schachtel Zigaretten hervor. Während er sich eine davon zwischen die Lippen steckt und diese entzündet, läuft er die lange, gepflasterte Straße entlang, vorbei an mehreren Familienhäusern mit nicht minder großen Grundstücken als bei ihnen. Im Garten liegen teilweise Menschen auf ihren Liegenstühlen oder bewässern ihre Hecke.

Bei dem Anblick eines kleinen Pudels, der wie wild an einem der Gartenschläuche zerrt und der Besitzer verärgert versucht, ihn davon los zu bekommen, fängt Ricki leise an zu lachen.
 

Endlich findet er die Kopfhörer seines Discmans und steckt sich diese in die Ohren. Laut ertönt Musik von Korn, die andere auch schon ohne die Köpfhörer in seiner Umgebung hören können. Die langen Ärmel schlackern ihm um die Hände und er läuft einen kleinen Berg hinunter, wobei die Glöckchen an seiner Tasche laut bimmeln. Dass die Straße hier so abfällt gefällt ihm nicht, schließlich muss er denselben Weg wieder zurück und bergauf bei dem Wetter muss er sich nicht wirklich antun.
 

Gemächlich schlendert er an einem großen Parkplatz vorbei, an dessen Ende sich Plus befindet. Um die Mittagszeit scheint hier nicht sehr viel los zu sein, da der Parkplatz so gut wie leer ist. Ricki überlegt kurz, ob er hier vielleicht rein gehen sollte, entscheidet sich dann aber doch dagegen, da er sich immer noch zu nah am Haus seiner neuen Familie befindet. Wer weiß, vielleicht würde er sogar Katja hier vorfinden und darauf kann er nun wirklich verzichten.

Leise mitsingend geht er daran vorbei, weiter zur Dorfmitte, wo sich mehr Altbauwohnungen befinden. Der Putz bröckelt teilweise schon von den Wänden und die Bürgersteige werden zusehends demolierter.
 

"Was für ein Scheißkaff", flucht er missmutig und folgt der Hauptstraße, vorbei an einer Apotheke, weiter um einen Bogen bis er bei Schlecker ankommt. Der Laden selbst wirkt ein wenig klein und heruntergekommen, weshalb er auch darum einen großen Bogen macht. Scheinbar halten die Leute hier nicht viel von moderneren Einrichtungen. Der Großteil der Passanten, die ihm entgegen kommen, stützt sich bereits auf Krückstöcke oder anderen Gehhilfen, was ihn zusehends frustrierter stimmt.
 

Wie es den Anschein hat, wird er hier nicht wirklich jemanden finden, mit dem er sich unterhalten kann. Seufzend schmeißt er die nun bis zum Filter abgebrannte Zigarette auf den Boden, erhält dafür ein missbilligendes Kopfschütteln eines älteren Herrn, der gerade mit dem Fahrrad an ihm vorbei fährt, und biegt in eine Seitenstraße ein.

Nachdem er dieser nun ein paar Minuten gefolgt ist, entdeckt er am Ende einer weiteren Abzweigung einen großen Supermarkt, der schon eher etwas hermacht. Etwas zufriedener steuert er das Gebäude an, von dessen Richtung aus in regelmäßigen Abständen Autos vom Platz fahren.
 

*~*~*~*~*
 

"Und er ist wirklich nicht in seinem Zimmer?", fragt Katja nun schon zum vierten Mal, als Alexander die Treppe hinunter kommt und nur verneinend den Kopf schüttelt. Er bezweifelt, dass Ricki abgehauen ist, aber da seine Mutter das scheinbar nicht so wirklich beruhigt, verdreht er nur die Augen und folgt ihr ins Wohnzimmer.
 

"Früher oder später taucht der schon wieder auf", gibt er desinteressiert zurück. Hätte er gewusst, was seine Mutter für einen Aufstand macht, da Ricki sich nicht mehr im Haus befindet, dann hätte er wohl vorhin besser vor der Badezimmertür Wache geschoben. Es hat ihn sowieso schon aufgeregt, dass dieser Verrückte eine gute Stunde das Bad besetzt, aber dass dieser dann plötzlich verschwindet, während er mal kurz im Garten ist, kann er ja nicht ahnen. Und überhaupt, warum macht seine Mutter das so nervös? Immerhin ist der Kerl kein Kind mehr und weiß wohl, wie er auf sich aufpassen muss.
 

Unruhig setzt Katja sich auf das große Sofa und verschränkt die Finger ineinander. So gleichgültig wie Alexander kann sie das nicht auffassen, dazu ist ihre Angst zu groß, Ricki könne aus Trotz oder sonst einem Grund abgehauen sein und streunt jetzt sonst wo herum. "Vielleicht sollte ich doch besser deinen Vater anrufen", meint sie hilflos und blickt hinüber zum Telefon.
 

"Mum! Den wird schon keiner wegschnappen. Selbst wenn, wird er den nach kurzer Zeit wieder zurückbringen", entgegnet Alexander leicht angesäuert. Soviel also zum Anfang des Tages. Dabei hat er gehofft, dass es heute ein wenig ruhiger wird als gestern. Aber dem ist scheinbar nicht so. Es ist mehr so, wie er es sich immer gedacht hat, kaum taucht sein Halbbruder hier auf, schon drehen alle durch. Echt zum kotzen.
 

Vorwurfsvoll blickt Katja ihren Sohn an. "Ein wenig mehr Verständnis hätte ich wirklich von dir erwartet Alex. Wenn man nur bedenkt was man alles in den Nachrichten sieht, wenn Kinder von Zuhause abhauen und dann in irgendwelchen Wassergräben wieder auftauchen...", beginnt Katja sorgevoll. Wenn sie wüsste, dass Ricki nur ein wenig die Gegend erkunden will, würde sie wahrscheinlich nicht so neben sich stehen, aber da sie mit dieser neuartigen Familiensituation noch nicht so sehr zurecht kommt, ist ihr Befürchtung wirklich größer als normal.
 

Alexander hingegen seufzt nur leicht angenervt und fährt sich durch die Haare, die schon wieder teilweise seine rechte Gesichtshälfte verdecken. "Wenn es dich beruhigt, fahr ich mal mit dem Fahrrad rum und such ihn", meint er kapitulierend und sieht seine Mutter murrend an. Er hat weiß Gott besseres zu tun, aber ehe sie hier alle verrückt macht und seinen Vater auch noch auf der Arbeit damit stört, macht er sich lieber selbst auf die Suche.
 

Katjas Gesicht hellt sich auf und sie sieht ihren Sohn dankbar an. "Wir können auch mit dem Auto-"
 

"Mutter...", sagt Alexander mit warnendem Ton, da ihm der Gedanke, mit seiner Mutter durch das Dorf zu kurven und dabei nach Ricki zu suchen, schon mehr als nur peinlich ist. Ihre Fürsorge in allen Ehren aber sie übertreibt es nun wirklich. "Mach du mal deine Arbeiten hier und ich such ihn", fügt er nach einer kurzen Pause hinzu. Sehr glücklich scheint Katja mit der Abfuhr zwar nicht zu sein, aber dennoch wirkt sie um einiges erleichterter, weshalb sie nur knapp nickt.
 

"Bis dann." Mit diesen Worten dreht Alexander sich um und schlüpft auf dem Flur in seine Turnschuhe. Da hat er sich ja was eingebrockt. Was macht er, wenn der Kerl wirklich versucht abzuhauen? Dann wird er ihn wohl kaum im Dorf antreffen, sondern vielmehr im Wald oder auf der Landstraße.

Seufzend verlässt er das Haus, steckt seinen Schlüssel in die Hosentasche und geht zur Garage. Vielleicht sollte er vorher noch zu Mark und ihn mit einspannen. Er hat ohnehin vorgehabt, bei ihm vorbeizuschauen, so kann er das gleich verbinden. Auch auf die Gefahr hin, dass Mark ihm den Vogel zeigt und vom Grundstück schmeißt, so sucht es sich zu zweit doch besser. Nachdenklich und mit einer eher bescheidenen Laune steigt Alexander auf sein Bike und fährt vom Hof.
 

*~*~*~*~*
 

Gedankenverloren sitzt Ricki auf einer leicht dreckigen, mit Graffiti besprühten Bank und kaut auf einem Butterkeks herum. Neben ihm steht eine angefangene Dose Fanta, sowie die Kekspackung, die er vor kurzem gekauft hat. Teilweise hat man ihn schon ein wenig seltsam angeguckt, was aber eher mit dem Pullover als mit dem Make Up zu tun hatte. Möglicherweise können diese Dörfler auch nicht viel mit neuen Gesichtern anfangen, wer weiß. Nicht weit entfernt vom Supermarkt, neben einem großen Acker, der direkt dahinter liegt, befindet sich ein kleiner Teich um den einige Sitzbänke aufgestellt wurden. Und genau hier sitzt Ricki nun, beobachtet ein paar Enten, die sich im Schilf entlang in Richtung Ufer begeben und laut quacken. Über ihm ist leises Blätterrauschen von einer großen Weide zu hören, die ihre Äste tief hinab biegt, sodass die Blätter keinen Meter über dem Boden hängen.
 

Er kann sich nicht helfen, aber er kommt sich schon ziemlich fehl am Platze vor... so verloren, wie ein kleiner schwarzer Fleck auf einem grünen, freundlichen Sommerbild. Ein Fleck, der hier eigentlich nichts verloren hat und der nur die Schönheit des Bildes zerstört... ein Fleck, den niemand dort haben will.
 

Mit düsterem Blick zerquetscht er den Keks in der Hand und wirft die Brösel ins Wasser. Scheinbar sind die Enten hier es gewohnt, von Menschen gefüttert zu werden, denn schon bei Rickis Handbewegung sind sie näher heran geschwommen und steuern nun die kleinen Keksbröckchen an, die im Wasser treiben.

Gelangweilt beobachtet er die Enten, wie sie sich um die Brösel streiten und wirft sogleich ein paar Kekse hinterher. Ob das unbedingt gut für diese Tiere ist, weiß er nicht, aber wenigstens fühlt er sich nicht mehr so allein hier, auch wenn Enten nicht wirklich ein guter Ersatz für einen Menschen sind.
 

Seinen Discman hat er wieder in seiner Tasche verstaut. Ihm ist jetzt nicht nach Korn, dafür ist er viel zu deprimiert. Apocalyptica würde ihm jetzt eher zusagen, aber womöglich würde ihn das noch mehr herunterziehen.

Ricki greift mit wenig Elan zu seiner Zigarettenpackung, die aus seiner offenen Tasche hervorlugt und schnippt sich eine heraus. Vielleicht hätte er sich vorhin doch gleich eine neue Packung kaufen sollen, diese geht allmählich zur neige.
 

"Aah, meine Rettung", hört er hinter sich eine Mädchenstimme, sowie Schritte auf dem steinigen Weg. Das hat ihm noch gefehlt, muss ausgerechnet jetzt jemand kommen und seine Ruhe stören, wo er gerade so schön vor sich hinvegetiert? Genervt dreht er sich um und blickt in ein blaues Augenpaar, dass zu einem zierlichen Mädchen gehört, die nun hinter seiner Bank steht und ihn grinsend mustert.

Viel kann er nicht von ihr erkennen, da sie so dicht hinter ihm ist, nur ihr Kleidungsstil ist recht freizügig, abgesehen davon fallen ihre blauen, mit violetten Strähnen versetzten Haaren schon ziemlich auf.
 

Ricki hebt verdutzt eine Augenbraue und blickt sie ein klein wenig interessiert an. "Gibst du mir eine ab... kriegst sie wieder sobald ich flüssig bin", sagt sie jammernd und klettert über die Lehne der Bank und hätte beinahe die Fantadose umgestoßen. Ein wenig zögernd reicht er ihr die Packung, die sie mit strahlendem Gesicht entgegen nimmt und sich eine Zigarette herauszieht.

Reflexartig hält Ricki ihr das Feuerzeug entgegen, an dem sie ihre Zigarette dann entzündet. Feiner Rauch steigt um sie herum auf und sie atmet erleichtert aus.
 

Zufrieden setzt sie sich auf die Banklehne und blickt zu Ricki hinab, der jetzt nicht wirklich weiß, was er von dieser Person halten soll. Was ihm gleich neben der auffälligen Frisur ins Auge sticht, sind die zwei verschiedenfarbigen Schuhe die das Mädchen trägt. Sie grinst breit und pustet den Rauch in die Luft. "Also doch n Kerl", meint sie mit musterndem Blick und legt den Kopf schief, während sie einen weiteren Zug nimmt.
 

"Und weiter?", entgegnet Ricki ein wenig mürrisch, da er nicht wirklich scharf auf ein Gespräch ist. Im Moment ist er mehr in der Vergraulphase, da kann er niemanden gebrauchen, der versucht mit ihm zu kommunizieren, auch wenn sich das mit seinem Gefühl, von allen allein gelassen zu werden, widerspricht. In den letzten Wochen ist er eh ein Widerspruch in sich selbst. Er weiß manchmal gar nicht mehr, wie er sich verhalten soll, ohne sich oder anderen vor den Kopf zu stoßen.
 

"Nya... ich war nur neugierig", meint sie nur und zuckt mit den Schultern. Eigentlich hat sie selbst noch genug Zigaretten, nur da ihr Ricki im Supermarkt an der Kasse ins Auge gestochen ist und sie nicht wusste, in welches Geschlecht sie ihn einteilen soll, ist sie ihm auf Abstand gefolgt, um ihn sich aus der Nähe anzugucken. "Ich bin Cori", fügt sie grinsend hinzu und greift ohne zu fragen nach der Kekspackung und zieht sich aus dieser einen heraus.
 

Kurz überlegt er, ob er sie jetzt verscheuchen soll, oder nicht. "Ricki...", sagt er knapp, womit seine Entscheidung gefallen ist. Enten sind auf Dauer wirklich keine guten Gesprächspartner und auf den ersten Eindruck scheint dieses Mädchen recht erträglich zu sein, wenn auch ein wenig unverschämt. Missmutig betrachtet er seine Kekspackung und greift ebenfalls nach einem der viereckigen Launeverbesserern. Nur ihr musternder Blick nervt ihn ein wenig, er ist doch kein Museumsausstellungsstück oder eine sonstige Missbildung menschlicher Gene.
 

"Bist nicht sehr gesprächig, hm?", fährt sie munter fort und knabbert eine Ecke des Kekses an. Etwas seltsam kommt ihr der Junge schon vor, Fakt ist, dass sie ihn noch nicht hier in der Gegend gesehen hat und hier gibt es wirklich nicht sehr viele Jugendliche in ihrem Alter. Schweigend betrachtet sie ihre Schuhe und nimmt einen weiteren Zug von der Zigarette. "Oder steckst du auch in dieser ätzenden 'Die-ganze-Welt-ist-gegen-mich-Phase'?" Ihre blauen Augen suchen Rickis Gesicht, der nun sacht grinst und sich zurücklehnt.
 

"Wohl eher in einer 'Ich-bin-gegen-die-ganze-Welt-Phase'...", erwidert er leicht amüsiert und schmeißt den angebissenen Keks ins Wasser. Seine Laune bessert sich ein wenig, das ist schwer zu übersehen. "Cori steht für?", fragt er gleich darauf, bevor sie überhaupt dazu kommt, auf sein Kommentar zu reagieren.
 

Sie verzieht ein wenig das Gesicht und schiebt die Unterlippe ein Stück weiter vor, als würde sie schmollen. "Cornelia...", gibt sie wenig begeistert zurück und macht eine Andeutung mit ihrem Zeigefinger Richtung Mund, als müsse sie sich übergeben. Ricki lacht daraufhin kurz auf und grinst amüsiert.
 

"Wie grausam", entgegnet er und schüttelt den Kopf. Manche Eltern denken heutzutage echt nicht darüber nach, was sie ihren Kindern antun, wenn sie ihnen so unmögliche alte Namen geben. Über seinen plötzlichen Stimmungswandeln scheint Cornelia nicht sehr begeistert zu sein, da sie es hasst, wenn man sie aufgrund ihres Namens verspottet.
 

Missmutig drückt sie die Zigarette auf der Bank aus und lässt sie auf den Weg fallen. "Ich hab ihn mir nicht ausgesucht", meint sie beleidigt und sieht Ricki finster an, der nun nicht mehr so deprimiert wie noch vor wenigen Minuten neben ihr sitzt. Na, wenigstens scheint sich die Stimmung ein wenig zu lockern, von daher sieht sie dieses Mal darüber hinweg. "Bist ja nicht giftig", murmelt sie dann, greift nach seiner Fanta und nimmt einen tiefen Schluck aus seiner Dose.
 

Ricki beobachtet sie teils amüsiert, teils überrumpelt, da dieses Mädchen hier gerade über seine Vorräte herfällt ohne auf eine Zustimmung zu warten. "Wenn du Morgen Ausschlag hast, weißt du es." Mit diesen Worten streckt Ricki sich und zieht sein Zopfband fester. Einige Strähnen haben sich schon wieder gelöst und fallen ihm ins Gesicht.

Das Blätterrauschen verstummt, kein Wind weht mehr, alles versinkt in einer stickig, heißen Luft, die einem das Atmen immens erschwert. Unter dem Pullover wird ihm allmählich auch recht warm, was sich daran äußert, dass er schon einen dünnen Schweißfilm auf der Stirn hat. Gott, wie er diese unerträgliche Hitze doch verabscheut.
 

Cornelia stellt die Dose zurück auf die Bank und lehnt sich weiter vor. Ihr ist nicht zu warm, aber sie trägt ja auch nur ein ärmelloses Oberteil das oberhalb des Bauchnabels aufhört und einen Jeansrock, der voller Buttons und kleinen Ketten ist. "Was machst du heut noch?", fragt sie, um das entstandene Schweigen zu brechen. Wenn es zu lange still ist, wird sie immer so unruhig. Sie ist ein sehr zappliger Mensch, der sich wohler fühlt, wenn es um ihn herum lauter und belebter zugeht.

Das komplette Gegenteil von dem, was Ricki gerade ist. Seine plötzlich gute Laune ist genauso schnell verflogen wie sie gekommen ist.
 

"Nachdenken", gibt er knapp zurück und tritt ein paar kleine Steine vor seinen Füßen weg. Große Pläne für den Rest des Tages hat er eigentlich nicht. Die Hauptsache für ihn war, so schnell wie möglich aus diesem Haus raus zu kommen und sich ein wenig umzusehen. Aber selbst dazu hat er jetzt keine Lust mehr. Er könnte sich auch vorstellen, den Rest des Tages hier mit seinen Keksen sitzen zu bleiben, immerhin ist dank der Weide ein wenig Schatten, auch wenn es abends unangenehm werden könnte, wenn die Mücken aktiv werden.
 

Skeptisch hebt Cornelia eine Augenbraue und sieht Ricki fragend an. "Is ja net viel", erwidert sie gelangweilt und seufzt leise. Gut, jeder hat mal einen scheiß Tag, aber dass man sich so hängen lässt, ist ihr nicht begreiflich. Wenn sie mies drauf ist, wird sie damit am besten fertig, wenn sie was unternimmt und nicht wie ein Trauerkloß in der Landschaft herum sitzt.
 

"Da ist er!", hören die beiden hinter sich jemanden rufen und wenig später hört man das Bremsgeräusch zweier Fahrräder. Erstaunt dreht Cornelia sich um und erblickt Alexander und Mark, die nun auf sie zukommen, wobei sie Alexanders leicht gereizten Gesichtsausdruck nicht ganz nachvollziehen kann.

Ricki hingegen tut so, als habe er nichts gehört, greift nach seinem Discman und steckt sich augenblicklich die Stöpsel in die Ohren.
 

Während Mark schwer atmend hinter Alexander herläuft, immerhin ist es doch schon recht anstrengend bei dieser Hitze im Akkordtempo durchs halbe Dorf zu kurven, um jemanden zu suchen, den er noch nicht einmal gesehen hat, ist sein bester Freund schon an der Bank angelangt. Alexander geht um die Bank herum, ignoriert Cornelias verwirrten Blick und sieht auf Ricki hinab, der nun seine Musik so weit wie möglich aufdreht. Er sieht wie sich die Lippen seines Gegenübers bewegen, versteht aber kein Wort, aber an dessen Mimik kann er sich schon denken, was ihm über die Leber gelaufen ist.

Soviel also zu seinem ruhigen Plätzchen.
 


 

TBC
 


 

Und Ende. ^^
 

Ja, das wars dann vorerst mal wieder.

Die Entwicklung ist langsam, tut mir leid, aber ich will wie gesagt mehr ins Detail gehen, da kanns schonmal vorkommen, dass das ein oder andere Kapitel ein wenig langweiliger wird. o-o
 

Cornelia aka Cori is einer meiner Lieblinge. *gg*

Ich hatte schon geplant sie in der alten Mad Life Version mit einzubauen, aber leider ging sie dabei verloren. ;O;
 

Aber nun ist sie wieder da, und das freut mich. ^.^ *ihre charas lieb hat*

Hoffe, dass dieses Kap ein wenig freundlicher geworden ist, da das letzte schon ein wenig sehr depri war. o.O
 

Wollts aber auch nicht übertreiben mit der Auflockerung, also hab ich lang gerätselt, wie ich das am besten umsetze. @.@
 

Blah-blah, ich laber zuviel.

Wie auch immer Kommis, Buttons und andren Krimskrams hier abgeben. XD
 

Baba -Neya- ("^^)



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Von:  InkGirl
2009-04-17T14:58:18+00:00 17.04.2009 16:58
schade das die ff abgebrochen ist!
Von: abgemeldet
2007-09-18T19:10:21+00:00 18.09.2007 21:10
Schade das du aufgehört hast... ^^"
hab die Charaktere gemocht... @.@ ... (und die Geschichte auch... xD)
aber ich wollt eigentlich sagen, vor etwa einem Jahr (oder so... ö.ö") hast du mir zeitweise sehr schöne Stunden geschenkt! Danke! ;)
das ists auch schon...
ich wünsch dir was... ^^
lg

Von: abgemeldet
2007-07-09T12:16:16+00:00 09.07.2007 14:16
*schmacht* ... diese Geschichte ist soooo toll =) und diese neue Version ist noch viel toller als die alte ^____^
Anfangs hab ich mich ja gesträubt die neue zu lesen ... aber ich konnte nicht anders =) *däumchen hoch*

Klasse Geschichte
Cori mag ich zwar nicht so gerne ... sie ist mir ein wenig zu ... laut und nervig, aber na ja ^^"" man muss ja nicht ALLE mögen ^^

cya Dio^^
Von:  MadViolettBaiorin
2007-05-15T06:32:58+00:00 15.05.2007 08:32
Y.Y find ich echt schade...hab sowohl die, wie auch die mit dn 33 kapiteln geliebt..
byebye
Von: abgemeldet
2007-05-05T20:59:06+00:00 05.05.2007 22:59
ich würde mich mal wieder über ne ens bei dem nächsten kapitel freuen :D
Von: abgemeldet
2006-11-22T21:17:40+00:00 22.11.2006 22:17
HuHu^^
Hab deine ff entdeckt und bin bis jetzt schon echt begeistert....
*smile*
Hoffe, es geht bald weiter....
*grins*
LG
Bye Moni
Von:  Morathi
2006-10-20T23:29:46+00:00 21.10.2006 01:29
ich weiß gar nich, ob ich dir zu dem Kapi schon mal einen Kommi geschrieben habe, aber das ist egal. Bin mal wieder auf die Story gestoßen und hab mir gedacht, da lieste noch mal rein. War doch geil. Leider gehts ja seit längerem nicht mehr weiter -.- schade.

Ich mag Cori *breitgrins* sie isn cooles Mädel und vor allem hat sie Courage. Nich jeder läuft mal so frech jemandem hinterher, der einen interessiert XD
Vor allem denke ich, dass sie Ricki gut tut. Sie passt auch nicht so ganz in die idyllische Dorfgemeinschaft, die er vor Augen hat und sie ist direkt. Genau aus diesem Grund hilft sie ihm sicher etwas sich einzufinden.
Zu Alexander scheint sie aber auch kein schlechtes Verhältnis zu haben. Dabei denke ich, dass er ja eigentlich recht offen ist, hierbei lediglich noch die Tatsache, dass Ricki sein Halbbruder ist, reinspielen. Und deshalb fruchten Vorurteile besser.

Natürlich wäre Ricki wohl etwas vorlauter. Aber bei so einer Phase und solchen Gedankengängen (die im Regelfall nie gut sind, denn zu viel denken schadet meist mehr) ist es kein Wunder, dass er eher ruhiger ist und vor allem Alexander ignoriert, als dieser auftaucht.
Tja, bin mal gespannt, wies da noch weitergeht. Wie der Konflikt in dieser Fassung ausgeht und überhaupt.
Mag die Fassung gerne ^^
und würd mich freuen, wenns auch mal wieder weitergeht.
Super!!

cu Morathi
Von: abgemeldet
2006-09-12T15:48:42+00:00 12.09.2006 17:48
Hah! Habs endlich geschafft die neue Version, bis zum letzten aktuellen zu lesen *freu*
Ich muss sagen die neue Version hat was, vorallem da nun auch mit Cori wer neues auf der Bildfläche erschienen ist, den man nicht aus der ersten Version kennt.
Ich hoffe nur das die Story nicht zu depri/traurig wird, gerade weil ich den Sarkasmus darin so sehr in der ersten Version gemocht habe. Aber ich lass mich mal überraschen und warte geduldig auf weitere neue Version Kapitel. ^^

Lieben Gruß
Reika
Von: abgemeldet
2006-08-17T13:51:39+00:00 17.08.2006 15:51
Alsooooooooo die 1. Version war schon der hammer obwohl ich am ende einen schock erlebt habe als es plötzlich nicht weiter ging *heul* naja auf jeden fall du bist super schreib schnell weiter!

Gruß
veroscha


veroscha
Von:  SherlocKai
2006-06-08T18:10:32+00:00 08.06.2006 20:10
Hoi Hoi ^^
Also ich muss sagen, dass ich beeindruckt bin. Ich hab ja schon die 1. Version verschlungen, weil sie so geil war, aber die Überarbeitung ist noch um Längen besser. Dazu kann ich dir wirklich nur noch gratulieren.
Die Charaktere sind jetzt sehr viel besser ausgearbeitet und irgendwie... "dreidimensionaler". Man kann sich sehr viel besser in sie hineinversetzen. Wirklich klasse.
Ich hoffe du schreibst bald weiter ^^
Kai


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