Was ist so falsch daran, wenn wir uns lieben? von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Kapitel 6 Hijiri wachte am nächsten Morgen durch das Geräusch von klapperndem Geschirr auf. Er blinzelte sich den letzten Schlaf aus den Augen und ging dann der Ursache dieses Lärmes auf den Grund. In der Küche entdeckte er Chiaki, der, immer noch mit der gleichen Boxershorts wie am Freitag bekleidet, dabei war Frühstück zu machen. Im Toaster toasteten die Toastbrote fröhlich vor sich hin, während der Blonde dabei war den Tisch zu decken. Der Ältere lehnte lässig am Türrahmen und beobachtete das ganze Geschehen interessiert. Gerade hatte Chiaki Teller und Tassen sowie Besteck auf dem Tisch platziert und machte sich nun auf in Richtung Kühlschrank. Dort angekommen verschwand er für kurze Zeit darin und kehrte kurz darauf mit den kläglichen Resten des gestrigen Frühstücks wieder. Mehr hatte Hijiri zurzeit leider nicht zu bieten. Chiaki zog eine Schnute und deckte den Tisch rasch fertig. Na dann mussten sie sich eben damit zufrieden geben und essen, was noch da war. Er wollte sich gerade daran machen, die Kaffeemaschine einzuschalten, als er seinen Lehrer entdeckte. "Wie lange stehst du schon da?" "So ungefähr seit den Tellern." "Und warum hast du dich nicht bemerkbar gemacht?" "Naja, du sahst ganz niedlich aus, wie du dort im Kühlschrank hingst. Und vor allem dieser Ausblick... Aber auch der Gesichtsausdruck danach war klasse!" Der Jüngere nahm bei dieser Bemerkung einen gesunden Rotton an und machte sich nun doch, fast fluchtartig, auf den Weg zur Kaffeemaschine. Dort schaufelte er die berechnete Menge Kaffeepulver in den Filter, das brauchte wirklich schon extrem gute mathematische Kenntnisse, die gewünschte Stärke des Kaffees in Bezug auf Fassungsvermögen der Maschine und Pulver zu berechnen, und stellte sie an. Er war froh, dass er Hijiri nicht direkt ins Gesicht sehen musste. Irgendwie war ihm die Situation etwas peinlich. Deswegen versuchte er auch abzulenken. "Ich glaube, der Kühlschrank sollte mal wieder gefüllt werden. Da drinnen sieht es ziemlich mau aus. Und Brötchen oder so sind auch keine mehr da." "Da muss ich dir Recht geben. Am Besten, ich gehe nachher einfach mal einkaufen. Du scheinst dich ja bereits bestens in meiner Küche auszukennen, wenn du sogar schon eine Bestandsaufnahme machst." Chiaki nahm erneut etwas Farbe an. Und diese Tatsache verwirrte ihn zusehends. Warum wurde er nur andauernd bei jedem bisschen, das sein Lehrer sagte, und in jeder erdenklichen Situation rot? Das war doch früher nicht der Fall. Weiß Gott nicht! "Ich wollte halt Frühstück machen. Und da ich mich hier nicht auskenne, musste ich eben suchen." "Ist schon in Ordnung. Ich wollte dir keinen Vorwurf machen. Im Gegenteil. Ich frage mich, wie viele Jahre das jetzt wohl schon her ist, seit ich mich das letzte mal an einen gedeckten Tisch gesetzt habe." Der Jüngere kämpfte dieses Mal erfolgreich gegen einen erneuten Farbwechsel an und schenkte ihnen beiden dann den fertig gekochten Kaffee ein. Danach machte er es sich auf einem der Stühle gemütlich. Hijiri folgte seinem Beispiel und sie fingen an zu Frühstücken. Richtig satt wurde zwar keiner von beiden, wie auch mit nur drei Toastbroten, aber es half wenigstens den ärgsten Hunger zu stillen. Chiaki machte sich sogleich wieder ans Aufräumen. "Hey, du brauchst nicht auch noch abzuräumen. Es war schon nett genug, dass du gedeckt hast." "Ich wohne hier, also helfe ich auch." Hijiri schüttelte nur den Kopf und nahm dann ebenfalls seinen Teller, um ihn in den Geschirrspüler einzuräumen. "Sag mal, Chiaki, soll ich dir was bestimmtes mitbringen?" "Nö, ich brauche eigentlich nichts." "Und wie wäre es mit ein paar Klamotten? Du kannst schließlich nicht den ganzen Tag nur in Boxershorts, und dann auch noch der gleichen, durch die Gegend laufen. Du holst dir noch den Tod." Chiaki sah an sich herunter und bemerkte, nicht zuletzt anhand der Gänsehaut auf seinem gesamten Körper, dass ihm wirklich ,etwas' kalt war. Nur hatte er sich darum bislang noch nicht so wirklich Gedanken gemacht. Aber es war wohl nicht verkehrt, sich ein wenig mehr zu bekleiden. "Ein paar Sachen wären wohl nicht das Schlechteste. Aber ich hab hier kein Geld, um die zu bezahlen." "Ich dachte auch eher daran, dass wir die von dir zu Hause holen. Da weißt du auch, dass sie dir passen und gefallen." Dem Jüngeren klappte die Kinnlade herunter. Das konnte Hijiri doch nicht von ihm verlangen. Er wollte nicht dorthin zurück. Auch, wenn es nur zu dem Zweck war, seine Sachen abzuholen. Eigentlich wollte er doch gerade deswegen bei seinem Lehrer bleiben, um seinen Vater nicht allzu schnell wieder zusehen. Schließlich musste er die ganze Situation erst einmal selbst verarbeiten. Da konnte er nicht auch noch einen neugierigen, Alkohol abhängigen Vater gebrauchen. "Aber Hijiri, ich..." "Ich weiß, was du sagen willst. Komm erst einmal mit ins Wohnzimmer. Dort können wir die ganze Angelegenheit regeln. Ich wollte sowieso noch etwas mit dir besprechen." Chiaki trottete dem Älteren hinterher. Was wollte er denn noch von ihm? Eigentlich hatten sie doch gestern alles geklärt, oder? Er setzte sich aufs Sofa und sah den anderen erwartungsvoll an. "Dann schieß mal los." "Warum erzählst du deinem Vater nicht was geschehen ist? Du musst es ihm ja nicht am Abend sagen, wenn er sich wieder betrinkt, sondern du triffst dich einfach mal mit ihm im Krankenhaus und besprichst alles mit ihm, wenn er nüchtern ist. Ich glaube, dass er dir auch helfen wird, wenn du ihm sagst, was dir passiert ist. Schließlich ist er dein Vater! Und wer weiß, vielleicht macht er dir zuliebe auch eine Entziehungskur. Du solltest es wenigstens einmal versuchen." Chiaki sah ihn einen Moment schweigend an bevor er langsam den Kopf schüttelte. "Nein, ich glaube nicht, dass das etwas bringt. Eigentlich interessiere ich ihn nicht mehr wirklich. Das hat er mir selbst gesagt. Dass er mich nur noch bei sich wohnen lässt, weil er mein Vater ist und es nur negative Schlagzeilen geben würde, sollte er sich von mir abwenden." "Hat er dir das gesagt, als er betrunken war?" Der Jüngere nickte kaum merklich. "Dann hat er es sicher nicht so gemeint. Ihm war bestimmt nicht bewusst, was er da gesagt hatte." Chiaki blickte seinen Lehrer traurig an. Er überlegte noch einen Augenblick, dann antwortete er. "Ich habe niemals mitbekommen, dass er etwas, was er im betrunkenen Zustand zu mir gesagt hat, jemals wieder revidiert hat. Er weiß sehr wohl, was er zu mir sagt. Warum sollte er es also nicht so meinen oder gar zurücknehmen? Ich glaube es ist besser, wenn ich allein mit meinen Problemen fertig werde. Es interessiert ihn alles doch nicht." Hijiri schwieg betroffen. Dass das Verhältnis zwischen Vater und Sohn nicht das beste war, das hatte er ja schon geahnt, aber dass außer dem Alkoholkonsum auch noch Desinteresse zwischen ihnen stand, hätte er dann doch nicht erwartet. Eigentlich dachte er, dass sich die beiden trotz allem wie in einer ganz normalen Familie umeinander sorgten und liebten. Aber das, was Chiaki ihm nun erzählte, ließ ihm doch einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Der Jüngere hatte es wirklich nicht leicht. "Und du meinst wirklich, dass es deinem Vater völlig egal ist, was mit dir geschehen ist." "Ganz egal wahrscheinlich nicht. Er will bestimmt nicht, dass es an die Öffentlichkeit gelangt. Schließlich würde ihn das als schlechten Vater darstellen und das würde seinem Ruf gewaltig schaden." "Was wäre, wenn du einfach wegbleibst von zu Hause? Schließlich hast du dich ja jetzt schon fast zwei Tage lang nicht mehr blicken lassen." "Das ist ihm auch egal. Hat er nur keinen mehr, an dem er seine Launen auslassen kann." Für Hijiri verlief das Gespräch nicht wirklich so, wie er es sich gewünscht hatte. Eigentlich hatte er vor, Chiaki wieder etwas näher zu seinem Vater zu führen. Stattdessen saß dieser nun vor ihm und schaute verbittert drein. Er beschloss für sich, einfach mal mit Herrn Nagoya zu reden. Vielleicht half es ja, wenn dieser mal die Sicht einer außenstehenden Person zu hören bekam. Entschlossen stand er auf und wendete sich wieder an den Jüngeren. "Okay, ich bin dann erst einmal einkaufen. Du legst dich am besten wieder ins Bett. Zwar scheint es dir schon besser zu gehen, trotzdem solltest du dich noch schonen. Es ist bestimmt nicht so gut für dich, wenn du wie ein Flummi durch meine Wohnung hüpfst. Ruh dich lieber aus. Ich schätze ich bin in ungefähr eineinhalb Stunden wieder hier. Ein paar Sachen besorg ich dir irgendwie. Und mach keine Dummheiten!" Chiaki nickte nur und machte sich sogleich wieder auf in Richtung Schlafzimmer. Er schmiss sich auf das Bett, was ihm kurz darauf auch sofort Leid tat. Sein Brustkorb protestierte und er entschied, dass er wahrscheinlich doch nicht das Schlechteste wäre, wenn er sich ein bisschen hinlegen und ausruhen würde. Auch wenn es ihm so vorkam, als würde er schon jeden noch so kleinen Fleck in der Tapete genaustens kennen. Hijiri schnappte sich währenddessen sein Portemonnaie und eine Telefonkarte und sprintete aus der Wohnung, hin zur nächstgelegenen Telefonzelle. Dort angekommen blätterte er im Telefonbuch und wählte schon kurze Zeit später die Nummer des Krankenhauses, in dem Chiakis Vater arbeitete. Allerdings sagte man ihm dort, dass sich Herr Nagoya heute frei genommen habe und wahrscheinlich zu Hause anzutreffen sei. Hijiri wunderte sich zwar darüber, dachte er doch, dass Chiakis Vater normalerweise jeden Tag arbeiten würde, schob diesen Gedanken aber beiseite und rief die ihm von der Schwester genannte Nummer an. Kurze Zeit passierte gar nichts. Nur das monotone Tuten drang an Hijiris Ohr. Als er schon auflegen wollte meldete sich doch noch wer. "Nagoya?" Der Rothaarige zog kurz die Augenbrauen etwas zusammen durch die Tatsache, dass sein Gesprächspartner anscheinend schon wieder einiges intus hatte. So hörte es sich auf jeden Fall auf Grund des ziemlich gelallten Namens an. Allerdings fuhr er aber mit seinem geplanten Vorhaben fort, hatte Chiaki ihm doch gerade erzählt, dass sein Vater auch im betrunkenen Zustand noch ziemlich klar bei Verstand war. "Guten Tag. Mein Name ist Hijiri Shikaido. Ich wollte mit Ihnen über Ihren Sohn sprechen." "Chiaki? Ist er etwa bei Ihnen?" Trotz der schweren Zunge, die Herr Nagoya unweigerlich haben musste, konnte man ihn jetzt dennoch relativ gut verstehen. "Ja, Ihr Sohn hält sich momentan bei mir auf. Allerdings rufe ich aus einem anderen Grund an. Wie schon gesagt möchte ich gerne mit Ihnen über Chiaki reden. Allerdings nicht unbedingt, wenn dieser dabei ist. Wäre es eventuell möglich, dass wir uns irgendwo treffen?" "Nein, das wäre es nicht. Ich bin ein schwer beschäftigter Mann und wenn mein Sohn etwas hat, dann soll er mir das gefälligst selbst sagen. Ich denke, damit ist unser Gespräch wohl beendet." "Warten Sie, ich---" Doch Hijiri kam nicht mehr zu Wort, denn Herr Nagoya hatte den Hörer schon aufgehängt und es dröhnte nur noch ein anhaltender Piepton an sein Ohr. "So ein Scheißkerl! Na dann eben nicht." Wütend nahm er seine Telefonkarte wieder an sich und machte sich auf den Weg ins Einkaufscenter. Nach dieser Unterhaltung gerade konnte er Chiakis Einstellung und Beschuldigungen seinem Vater gegenüber viel besser verstehen. Dieser schien ja wirklich nicht so besonders viel von seinem Sohn zu halten. Das hatte er gerade eben selbst zu hören bekommen. Da war es sogar schade um das Geld, was er für diesen Anruf ausgegeben hatte, denn mir so einem Menschen zu sprechen, lohnte sich wohl wirklich nicht. Umstimmen ließ sich dieser wohl kaum. Beim Laden angekommen ging er schnellen Schrittes durch die Regale und besorgte das Nötige, um seinen Kühlschrank ein wenig zu füllen. Dann ging er noch schnell in ein Klamottengeschäft und besorgte etwas für Chiaki zum Anziehen. Dabei orientierte er sich an seinen Erinnerungen, was dieser in der Schule immer trug, um nicht total daneben zu liegen. Er hätte dem Jüngeren ja etwas von seinen Sachen gegeben, aber die waren diesem bestimmt zu groß. Und Hosenträger hatte er auch keine, um den Ausgleich zu schaffen. Allerdings glaubte er auch nicht, dass Chiaki so etwas anziehen würde. Seiner Meinung nach achtete dieser normalerweise doch ziemlich auf sein Aussehen. Und das war, wenn er mal ehrlich zu sich selbst war, auch gar nicht mal so schlecht. Irritiert wandte er sich der Kasse zu. Was dachte er denn da? Chiaki und gut aussehend? Okay, er musste zugeben, dass er schon ziemlich gut gebaut war. Das hatte er schließlich vor allem in der Zeit, in der er bei ihm nur mit einer Boxershorts bekleidet herumlief, sehen können. Aber seit wann machte er sich denn bitte schön Gedanken darüber, ob seine Schüler gut aussahen oder nicht? Die Tatsache, dass Chiaki männlich war, störte ihn dagegen nicht allzu sehr. Nachdem er bezahlt hatte ging er schleunigst raus an die frisch Luft um diese verwirrenden Gedanken zu vertreiben. Dieses Hausmittel wirkte auch dieses mal und sein Kopf wurde wieder einigermaßen frei. Gelassen machte er sich auf den Heimweg. Er war jetzt schon fast zwei Stunden weg. Wahrscheinlich wartete Chiaki schon auf ihn, schließlich wollte er ja eigentlich schon zurück sein. Also beschleunigte er seine Schritte noch ein wenig. Bei seiner Wohnung angekommen schloss er die Haustür auf und trat in den Treppenflur. Plötzlich stutzte er. Hatte er nicht gerade etwas gehört? Da war es wieder. Es klang wie ein Schrei. Er beschloss der Sache auf den Grund zu gehen und machte sich auf den Weg die Treppen hinauf. Doch so näher er der Quelle dieser Geräusche kam, desto mulmiger wurde ihm. Irgendwie schien es, als würden sie direkt aus seiner Wohnung kommen. Aber das konnte doch eigentlich nicht sein. Wer sollte schon außer Chiaki dort sein? Wahrscheinlich hatte dieser sich einfach ins Wohnzimmer gesetzt und sah nun ein bisschen zu laut Fernsehen. Allerdings änderte sich seine Vermutung schlagartig, als er die Worte verstand, die geschrieen wurden. Und die Stimme dazu gehörte gewiss nicht irgendeinem Schauspieler aus einem Film, sondern Chiaki selbst. Hijiri lauschte noch einmal gebannt, ob er auch richtig gehört hatte, doch es bestand kein Zweifel. Und das, was er hörte, ließ ihn die Taschen wegschmeißen, seine Beine in die Hand nehmen und die letzten Treppen hinauf sprinten. Ja, er hatte sich nicht geirrt. Die Worte waren jetzt ganz klar vernehmbar. "Hör auf, Vater!" ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~ Bis denne hoppel Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)