The Balance of Creation von Autumn (TYKA u. a.) ================================================================================ Kapitel 29: Zerwürfnis ---------------------- Meine lieben Leser! Ich habe mich wirklich gefreut, wieder von Euch zu hören!^^ Ich bedanke mich sehr herzlich für Eure Kommis und bitte Euch, mich nicht mit Tomaten zu bewerfen, weil Tyson und Kai....na, Ihr werdet es lesen! Das titelgebende Zerwürfnis ist ein wichtiger Teil der Handlung, also seid gnädig! *sich verbeug* Lange Rede, kurzer Sinn, viel Spaß beim Lesen! Kapitel 29: Zerwürfnis ~~ Die Schottischen Highlands ~~ „Nur herein in die gute Stube, mein Junge!" rief Ruben McGregor aus und umarmte den jungen Franzosen mit echter schottischer Herzlichkeit, sodass ihm fast die Luft wegblieb. Das Oberhaupt des McGregor-Clans und Johnnys Vater war ein Hüne von zwei Metern, mit der Statur eines muskulösen Ringers und einem beeindruckenden roten Vollbart. „Dachte ich mir doch, dass du meinen Prachtburschen von Sohn nicht vergessen konntest!" „Dad!" „Nun zieh nicht so eine pikierte Miene, Redhead, du bist doch ein Prachtbursche! Falls du deine beiden älteren Brüder suchst, Patrick ist in der City und wickelt Geldgeschäfte ab, Richard ist draußen und hackt Holz. Deine große Schwester Sandra kommt auf einen Besuch vorbei. Dein jüngerer Bruder Henry ist mit seinen Schularbeiten zugange und erwartet von dir, dass du ihm nachher bei Physik hilfst. Die Zwillinge Sally und Jenny machen wie üblich die Nachbarschaft unsicher, du sammelst die beiden Teufelsbraten also am besten ein, wenn du in der Bibliothek mit deinen Recherchen fertig bist. Habe ich noch jemanden vergessen? Ach ja, dein jüngster Bruder, Timothy, ist heute aus seinem Laufställchen entkommen und wir konnten ihn erst nach einer Stunde wieder einfangen. Das war der Familienrapport - deine Mutter ist in der Küche!" Nach diesen umfangreichen Mitteilungen verschwand Ruben in Richtung Pferdestall, um seinen Kontrollritt durch seine Besitzungen zu machen. Die Familie besaß noch ein Stadthaus in Glasgow, aber am Wochenende und natürlich in den Ferien hielt sich die gesamte Sippschaft auf dem großen Gut auf, das ihr seit Generationen gehörte. Olivier war die joviale Gemütsart des Hausherrn zwar gewohnt, aber trotzdem hatte er das Gefühl, als hätte man ihm die Knochen gebrochen. Er rieb sich seine schmerzende Schulter, während Johnny die Küche betrat, in der seine Mutter die Verpflegung für ihre vielköpfige Mannschaft vorbereitete. Sie war eine zierliche Frau mit rückenlangen blonden Haaren und blauen Augen, altersmäßig etwas über Mitte Dreißig und so sauber und adrett gekleidet, dass Olivier sich dagegen fast schlampig vorkam. Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und begrüßte Johnny mit einem Kuss auf die Wange. Obwohl sie nicht so wirkte, besaß sie einen starken Willen und konnte sich ohne Probleme gegen ihren Bär von einem Mann durchsetzen, wenn es nötig war. „Ich freue mich, dich wiederzusehen. Es wollte mir gar nicht gefallen, als du mit Jonathan Schluss gemacht hast. Ich war immer der Ansicht, dass ihr zusammenbleiben solltet, weil ihr euch so wunderbar ergänzt. Schön, dass du endlich zur Vernunft gekommen bist. Ihr wollt also in der Bibliothek Nachforschungen über Deimos‘ Vergangenheit anstellen? Ich weiß nicht, ob wir etwas darüber haben....Ich weiß von den ‚Chroniken von Eden‘, den ‚Berichten aus Pyrodes‘ und von einigen Dokumenten aus Atlantis und Avalon, die damals von den Wächtern angefertigt wurden....Ich glaube, wir haben sogar Aufzeichnungen aus Asgard, aber ich bin nicht sicher. Hoffentlich findet ihr ein paar Informationen." Die beiden jungen Männer bedankten sich und quartierten sich in der riesigen Bibliothek ein, in der in einer speziellen Abteilung die Bücher und Schriften von und über Eden verwahrt wurden. Monsieur LesDemondes widmete sich dabei mit gesteigerter Aufmerksamkeit den Werken und Texten, die sich mit der irdischen Kultur jener Tage beschäftigten und die heute allesamt in die Welt der Sagen und Mythen übergegangen waren, denn darüber wusste er so gut wie gar nichts. Vor zehntausend Jahren hatte es auf der Erde vier bedeutsame Königreiche gegeben, genau wie in Eden: Avalon, Atlantis, Olympia und Asgard. „Es ist unglaublich! All die Geschichten, die ich früher über legendäre Götter und Krieger gelesen habe, sind hier aufgeschrieben und werden wie Tatsachen behandelt! Natürlich fehlt all das Übernatürliche, denn es waren ja Menschen, die in diesen Ländern lebten, aber....aber es ist einfach fantastisch. Hier zum Beispiel: Die Walküren waren der berühmteste Kriegerinnenbund in ganz Asgard und unterstanden direkt dem Befehl des Monarchen. Walhalla war die Hauptstadt des Reiches. Avalon war das Königreich von Uther Pendragon, dem Vater des zukünftigen König Arthur. Der Prinz wurde von Merlin erzogen, der offensichtlich kein Mensch war, sondern Wächterblut in den Adern hatte, daher seine Zauberkräfte. Und weißt du was? Der Trojanische Krieg war ein Bürgerkrieg in Olympia, zwischen den Bewohnern der Trojanischen und der Titanischen Staaten! Man nannte ihn den ‚Trojanischen Krieg‘, weil die Entscheidung auf Trojas Boden fiel!" „Darling, wir sind nicht hier, um die Geschichte der irdischen Völker zu studieren, sondern um etwas über Deimos herauszufinden. Er stammte aus Avalon, also müssen Dokumente existieren. Welches Leben hat er geführt, so dass Hades ihn für seine Zwecke benutzen konnte? Wer war er, bevor ein Ritter der Verdammnis aus ihm wurde? Es ist so wichtig, dass wir etwas entdecken, sonst können die Prinzen ihn vielleicht nie besiegen und...." Olivier sah auf, denn er spürte die Angst hinter diesen Worten. Johnny fürchtete sich vor dem, was geschehen konnte, wenn der Krieger des Hasses ungeschlagen blieb. Er war Hades treu - aus freien Stücken. Er war mächtiger als die übrigen drei Ritter zusammengenommen und er hatte eine rücksichtslose und brutale Natur. Gefühle waren ihm fremd. „Mon chér....du darfst nicht den Mut verlieren. Du weißt ebenso gut wie ich, dass uns die größte Schlacht noch bevorsteht. Wir können nicht schon vorher aufgeben, das käme einer Kapitulation gleich. Zwar sind wir körperlich nicht mehr so stark wie unsere Vorfahren, unsere Lebenserwartung liegt nicht mehr zwischen neunhundert und tausend Jahren, seit auch menschliches Blut durch unsere Adern fließt und unsere Magie ist weniger ausgeprägt als früher - aber das ändert nichts an unserer Verantwortung. Wir wurden mit der Aufgabe geboren, Hades zu vernichten und das Gleichgewicht der Schöpfung wiederherzustellen. Wir sind die ‚Letzten Erben‘, die Kämpfer des neunten Jahrhunderts nach Eden. Die Prophezeiung besagt, dass wir es sein werden, die den Krieg entscheiden!" „Ja, aber die Prophezeiung sagt nicht, zu wessen Gunsten wir diesen Krieg entscheiden. Was ist, wenn wir unterlegen sind? Was ist, wenn das Gleichgewicht der Schöpfung unwiederbringlich dahin ist? Ich möchte hoffen, ich möchte zuversichtlich sein, aber es fällt mir so schwer. Denk doch an Stonehenge. Ein Knotenpunkt uralter Weißer Magie....und dann bricht dort ein Dimensionsriss auf. Der Code Omega wird sehr bald ausgerufen werden." „Die Mobilmachung? Ich glaube nicht, dass sie so bald ist, wie du vermutest. Das kann unmöglich dein Ernst sein, wir...." „Olivier!" unterbrach der Rothaarige ihn hart und packte ihn an den Schultern. „Begreif es endlich! Unser Sieg ist ungewiss! Der Krieg wird offen ausbrechen, das ist eine Tatsache! Code Omega wird eintreten, früher als uns lieb ist! Wir....wir werden vielleicht sterben." „Das denkst du?" „Krieg ist Krieg, mein Liebster - und er bedeutet Zerstörung....und Tod." „Ich will das nicht...." murmelte der Franzose und befreite sich aus dem festen Griff des Schotten. Ihm war, als fröre er plötzlich und er rieb sich die Arme in einer Geste stummer Verzweiflung. „Ich will den Tod nicht....ich weiß, dass es passieren könnte....aber dich zu verlieren, wäre das Schlimmste für mich! Ich könnte es nicht ertragen, dich sterben zu sehen! Manchmal habe ich davon geträumt, auf irgendeine einsame Insel zu verschwinden, und nichts von all dem zu wissen, mein Schicksal zu ignorieren und einzig mit dir zusammenzusein....doch es geht nicht. Ich kann nicht davonlaufen, niemand von uns kann es. Wenn der Ruf uns erreicht, müssen wir in die Schlacht ziehen, nicht wahr? Ich...." „Du hast Angst, habe ich nicht recht? Deine Worte vorhin, von wegen, ‚nicht den Mut verlieren‘ und der Aufgabe, mit der wir geboren wurden - sie können nicht darüber hinwegtäuschen, dass du genausoviel Angst hast wie ich. Du musst sie nicht vor mir verstecken, Darling. Teile sie mit mir, denn sonst frisst sie dich auf." „Johnny...." Olivier, bemüht, seine Tränen zurückzuhalten, fand sich wenig später in einer starken Umarmung wieder und presste sich an den warmen, athletischen Körper des anderen. Diese Wärme umhüllte ihn sanft und zärtlich und drängte die Kälte in seinem Herzen zurück, die von der lähmenden Furcht geschaffen worden war. »Lass mich nicht los, mon amour....lass mich niemals mehr los....« Genbu sah und hörte nichts mehr. Endlose Wut brannte in seinem Herzen und er schleuderte ohne Pause Eissplitter auf seinen Feind, der kurz davor war, unter dem stetigen Beschuss nachzugeben. Mariam war zu Enrique hinübergeeilt, der am Boden lag und sich vor Schmerzen krümmte. Das Gesicht der jungen Frau war verzerrt vor Entsetzen und Sorge; sie schloss ihren Freund in die Arme und untersuchte die Wunde. Malitia, das Metall, aus dem Hades‘ Schwert bestand, war gefürchtet, denn es stammte aus den Minen der Unterwelt und war mit dem Schwarzen Gift des Dunklen Fürsten verseucht. Sie zerriss den linken Ärmel ihrer Wächteruniform und band den Arm ab, um die Blutung zu stoppen. Julia und Raul hatten sich Talas angenommen, ihn aus dem Umkreis des Gefechts entfernt und zu der Schwarzhaarigen hinübergetragen. Auch sein Zustand war bedenklich, zumal auf seinem Körper plötzlich Verletzungen auftauchten, die zuvor nicht da gewesen waren. „Was geht hier vor? Er war doch völlig unversehrt! Wie kann das passieren?" „Ich weiß es nicht, Julia. Vielleicht hat es etwas mit dem psychischen Kampf zu tun, den er gegen Iras geführt hat. Noch können wir nur raten, wer von beiden gewonnen hat. Jedenfalls benötigen sie medizinische Hilfe! Wir müssen die Unterwelt verlassen! Teleportieren wir uns!" „Bist du verrückt? Wir können Max doch nicht allein zurücklassen - und Kai, Garland und die anderen sich auch noch nicht wieder da!" „Wir können nicht warten! Eine Malitia-Wunde muss sofort behandelt werden, oder Enriques Herz fällt der Finsternis anheim!" „Mariam!!!" schrie der Hüter der Heiligen Schildkröte in diesem Augenblick, da er von einer Gegenattacke getroffen wurde, die er mit wirbelnden, messerscharfen Geschossen aus Wasser beantwortete, „....haut ab, sofort!! Ich halte ihn auf, bis ihr weg seid!! Zwei Leben stehen auf dem Spiel!! Macht schon!!" „Aber...." begann Raul, doch er wurde rüde unterbrochen. „Das ist ein Befehl!!!" Die drei Wächter wechselten einen Blick, und Mariam löste sich mit dem sich windenden Blondschopf in einer Wassersäule auf. Die Geschwister ergriffen je eine Hand des bewusstlosen Russen, verschränkten ihre eigenen Finger ineinander und riefen ihre Elemente an, Feuer und Luft. Der magische Sog (immer vorhanden, sobald es sich um mehr als zwei Personen handelte) erschien und sie verschwanden in Sekundenschnelle. „Das nenne ich treue Vasallen! Sie lassen Euch im Stich, wenn es schwierig für Euch wird!" höhnte Hades, obwohl es offensichtlich war, dass Genbu der Stärkere in diesem Duell war; allerdings auch nur, weil sein Zorn ihn leitete und diese Emotion seine Magie mächtiger hatte werden lassen. Das kostete ihn mentale wie physische Energie und er war sich klar darüber, dass er das nicht mehr lange durchstehen würde, ohne zusammenzubrechen. „Du hast wohl übersehen, dass sie Pan und Iras mitgenommen haben. Keiner von ihnen wird je wieder dein Diener sein oder werden! Ich weiß, dass der Krieg noch nicht gewonnen ist, aber dies hier ist deine Niederlage, nicht die unsere!" Er vernahm ein vertrautes Kreischen über sich und verfolgte mit, wie der Greif Apollon herniederstürzte und auf ihn zusteuerte. In einer raschen, fließenden Bewegung packte er das goldene Reitgeschirr und schwang sich hinter Hiro auf den Rücken des imposanten Geschöpfs. „Wir sehen uns wieder, Hades! Aber merke dir ein für allemal: Unterschätze mich nicht!!" Mit diesem Abschiedsgruß flog er davon und der Fürst der Unterwelt blieb blutend und verärgert zurück. Er konnte nicht leugnen, dass er eine schwere Niederlage erlitten hatte, doch sich davon entmutigen zu lassen, war mit seinem grausamen und ehrgeizigen Charakter unvereinbar. Schließlich hatte er immer noch Deimos - und neben all seinen Dämonen und missgestalteten Kreaturen existierten Wesen, die nur darauf warteten, die drei Plätze der entflohenen Ritter der Verdammnis zu besetzen. Oh nein. Der Krieg war noch lange nicht gewonnen....Er lachte hämisch, bis das Gelächter den Klang puren Wahnsinns erreicht hatte und schaurig von den Felsen widerhallte. Der Krieger des Hasses hörte dieses unheimliche Echo und stieß einen Fluch aus. Der Mann, den er begehrte, war ihm entkommen und sein Wachposten war zu einem Häuflein Asche verbrannt worden! Er marschierte in seinem Gemach auf und ab und hatte nach seiner niederschmetternden Entdeckung bereits eine Vase zertrümmert. Ein Tischchen, das ihm im Weg stand, krachte donnernd gegen die Wand. »Das ist nicht fair! Er hätte mein sein müssen, er, der Stolze, der Unbezähmbare! Es war mir nicht vergönnt, sein Herz zu erobern, nicht einmal seinen Körper! Sein Herz? Was denke ich da?! Sein Herz hat mich nie interessiert, ich wollte ihn nur haben, das war alles! Was kümmert mich sein Herz, so rätselhaft es auch sein mag!? Verdammt! Ich habe versagt und meinen Herrn enttäuscht! Wird er mich bestrafen? Er hätte guten Grund dazu. Ich habe seinen Auftrag nicht ausgeführt und Hiro nicht getötet....ich, der ich sonst getötet habe, ohne Skrupel, ohne Gewissensbisse! Ich, der ich vernichten, der ich zerstören konnte, ohne die geringste Regung zu verspüren! Was ist los mit mir? Weshalb konnte ich die Vorstellung nicht ertragen, ihn zu verletzen? Dieses Zögern ist so....so ekelerregend menschlich!« //Natürlich ist es menschlich. Du hast es zwar vergessen, aber du bist ein Mensch.// „Wer ist da?!" Er drehte sich um die eigene Achse, konnte aber niemanden entdecken. Es war eine Kinderstimme und sie schien ihm eigentümlich vertraut zu sein, doch es gelang ihm nicht, sie einzuordnen. Warum nur kam sie ihm so bekannt vor? »Ein Mensch! Dass ich nicht lache! Das war das armselige Ich meiner Vergangenheit! Lord Hades hat mich davon befreit und mir ein besseres, ein stärkeres Ich geschenkt! Dank ihm konnte ich über jene triumphieren, die mich erniedrigt hatten! Dank ihm konnte ich mich rächen für all die Demütigungen! Ich stehe tief in seiner Schuld und ich werde ihm folgen! Ich werde die Wächter dafür büßen lassen, dass sie mir eine Niederlage zugefügt haben! Und was Hiro betrifft....ich werde die Aufgabe erledigen, die mein König mir gestellt hat. Ich kann mich nicht durch mein Verlangen davon abhalten lassen, ihn zu eliminieren!« //Es ist nicht dein Verlangen, das dich davon abhält, sondern etwas in dir, vor dem du Angst hast - sehr große Angst sogar.// „Wer spricht da?! Zeige dich, Verräter! Du wagst es, mich der Schwäche anzuklagen?!" //Ich klage dich nicht an. Jeder Mensch hat Schwächen. Erst das macht ihn zum Menschen.// „Ich bin seit Ewigkeiten kein Mensch mehr! Wirf mich nicht mit dieser erbärmlichen Rasse in einen Topf!" //Warum so energisch? Fürchtest du dich vor der Wahrheit? Du bist wiedergeboren worden und hast dreiundzwanzig Jahre als Mensch gelebt. Glaubst du, dass sei ohne Bedeutung?// „Wer bist du? Woher weißt du das alles!?!" //Sagen wir einfach....ich bin das, was du hättest sein können....// Tala und Enrique waren ins Krankenhaus eingeliefert worden. Mariam hatte Mr. Dickenson verständigt und der alte Zaubermeister erschien zehn Minuten später auf der Bildfläche. Die beiden Wächter waren im selben Zimmer untergebracht worden und man hatte ihre Verletzungen behandelt, obwohl der Italiener noch immer unter großen Schmerzen litt - er warf sich hin und her und stammelte wirres Zeug. „Tala war überhaupt nicht verwundet, aber auf einmal hat er angefangen zu bluten. Wie ist das möglich?" erkundigte sich der rothaarige Spanier. „Er hat einen mentalen Kampf ausgefochten. Wenn er entschieden ist, können die seelischen Wunden, die im Laufe dieses Gefechts entstanden sind, körperliche Formen annehmen. Ich habe den Heiltrank mitgebracht. Er kann den Körper regenerieren, aber was Talas Seele angeht....in diesem Fall kann ich nichts für ihn tun, das kann er nur allein schaffen. Außerdem ist noch gar nicht erwiesen, ob er oder Iras gesiegt hat. Was ist mit Enrique?" „Hades hat ihn mit einer Malitia-Klinge angegriffen", erklärte die Hüterin von Shark Rash, während sie ihrem Freund die Hand hielt und ihm beruhigend über die feuchte Stirn strich. Er wand sich und sein Gesicht war zu einer Maske unaussprechlicher Qual verzerrt. Mr. Dickenson flößte ihm den Trank aus den Blättern des Heiligen Baumes ein und trat schließlich zu dem Russen, der nach wie vor ohnmächtig war. Auch ihm verabreichte er die Medizin, aber seine Züge waren ernst. „Der Heilungsprozess wird einige Tage dauern, jedenfalls länger als üblich. Mit Malitia-Wunden ist nicht zu spaßen, denn sie können das Opfer auf die andere Seite ziehen, wenn man es nicht rechtzeitig versorgt. Tala muss sich erholen, er ist geistig, körperlich und seelisch über die Grenzen seiner Belastbarkeit hinaus erschöpft. Als ich hierher unterwegs war, habe ich Apollon weit über den Dächern der Stadt gesehen. Ich vermute, dass sie zum Kinomiya-Dojo fliegen. Ich habe die übrigen Mitglieder der Zwölf ebenfalls dorthin geschickt." „Brauchen Sie meinen Bruder und mich noch, Sir? Wenn nicht, würden wir gerne zum Dojo gehen, um das Ende dieser Mission zu feiern." „Selbstverständlich. Ihr habt euch alle eine Pause verdient." „Kommst du mit, Mariam?" „Nein. Ich....ich möchte noch bei Enrique bleiben." So begaben sich die Geschwister Fernandez ohne sie zu den Kinomiyas. Sie kamen gerade an, als der Greif im Vorgarten landete und die Entführten mitsamt ihren Rettern von seinem Rücken stiegen. Tyson lief auf sie zu und fragte aufgeregt: „Was ist mit Tala? Hat man sich um ihn gekümmert? Wird er wieder gesund? Kann ich zu ihm? Ich mache mir solche Sorgen um ihn!" Kai, der sich inzwischen zurückverwandelt hatte, ließ durch eine hochgezogene Augenbraue erkennen, dass er sich über diese besonders gefühlsträchtige Anteilnahme wunderte. Er wollte ebenfalls wissen, wie es um jenen stand, der ihm wie ein älterer Bruder war, doch er war erstaunt, dass der Japaner sich mit einem Mal so sehr dafür interessierte. Er lauschte der Erklärung Julias und nickte. Das waren also die Tatsachen. Er hielt Tala für stark, aber er war sich nicht sicher, ob er für diese neue Herausforderung stark genug war.... „Das ist die Lage, ich verstehe. Hoffentlich schafft er es. Es wäre schrecklich für mich, wenn er sich aufgeben würde." „Er bedeutet mir mehr als dir, Tyson. Wie kommt es, dass du dich so beunruhigst?" „Das geht dich nichts an, Kai! Lass mich gefälligst in Ruhe! Du hast deine Prioritäten während der letzten Ereignisse deutlich klar gemacht! Ich bin dir gleichgültig!" „Was redest du da? Du bist mir nicht gleichgültig! Aber wir befanden uns in einem Kampf, auf einer Mission, da muss man gewisse Prioritäten setzen. Ich kann nicht ständig Rücksicht auf dich und deine Gefühle nehmen! Du hättest dich in das Duell zwischen Iras und mir nicht einmischen dürfen! Wann kapierst du endlich, dass du mich nicht so gut kennst, wie du dir einbildest?" „Ich kenne dich!" „So? Der Meinung bin ich nicht. Du versuchst immer, mich zu ändern, anstatt mich so zu akzeptieren wie ich bin - mit meiner Vergangenheit, mit meinem verbitterten Herzen, mit meinem Hass! Ich....ich habe....ich habe dich gern, hörst du? Von den Bladebreakers kennst du mich tatsächlich am besten....aber du kennst mich nicht gut genug! Und solange du mich nicht als den Mann lieben kannst, der ich bin, hat es mit uns beiden keinen Sinn!" „Weißt du was? Allmählich glaube ich, dass ich mich nur in dich verliebt habe, weil du Suzakus Reinkarnation bist! Mit dir oder der Person, die du in Wirklichkeit darstellst, hat das vermutlich gar nichts zu tun! Ich habe es satt! Ich lasse dich nicht weiter auf meinen Gefühlen herum trampeln! Von heute an....sind wir geschiedene Leute!" „Von mir aus! Mach, was du willst!" Sie starrten einander an, mit geballten Fäusten, die Augen schossen Blitze. Beide zitterten heftig, die Luft zwischen ihnen schien Funken zu sprühen. Dann machte der Blauhaarige auf dem Absatz kehrt und verschwand im Haus. Max, Garland, Mathilda, Hiro und die Geschwister hatten die Szene fassungslos beobachtet, niemand wusste etwas zu sagen. Kai straffte die Schultern, warf stolz den Kopf zurück und trat auf die Straße hinaus. „Feiert ohne mich." Das war alles. In gedrückter Stimmung schlüpften der Prinz, die vier Wächter und der Kendoka ins Innere des Dojos, schweigend, verlegen, erschüttert. Sie hatten Hades eine Niederlage zugefügt, sie hatten einen der ihren zurückgeholt - aber die rechte Freude über diesen Triumph wollte nicht aufkommen. Da öffnete sich die Schiebetür zum Wohnzimmer und ein großgewachsener Bursche in einem traditionell chinesischen Gewand begrüßte sie fröhlich. „Wie schön, dass ihr endlich zurück seid! Ich habe ein paar Überraschungen für euch!" „Lee!" Raul flog in seine Arme und der Schwarzhaarige drückte ihn fest an sich. Der Jüngere vergrub sein Gesicht in dem bestickten gelben Überwurf und versank in dem berauschenden Gefühl der Liebe und Geborgenheit, das von Lee auf ihn einströmte. „Ich habe dich vermisst, airen", flüsterte er zärtlich und streichelte ihm durchs Haar. Er küsste ihn sanft auf den Mund und führte die anderen in den gemütlichen Wohnraum, wo man bereits ungeduldig auf sie wartete. Mystel sprang vom Sofa auf und fiel Garland um den Hals, den dieses schwungvolle Willkommen praktisch aus den Schuhen warf. Allgemeines Gelächter quittierte diese unfreiwillig komische Einlage und das Paar rappelte sich grinsend wieder auf. In diesem Moment entdeckte Mathilda die erste Überraschung. „Miguel!" Der Mexikaner erhob sich von seinem Platz neben Claude und umarmte das Mädchen. „Ja, ich bin es, vollständig genesen und zu allen Schandtaten bereit! Und ich bin nicht der einzige!" Ihm gegenüber saß ein weiterer Chinese, die lange Mähne trug er offen, seine goldenen Augen leuchteten und ein glückliches Lächeln umspielte seine Lippen. Max war unfähig, sich zu rühren, er sah ihn nur stumm an. Sein Herz klopfte so stark, dass er nicht einmal sprechen konnte. Er näherte sich ihm mit ungelenken Schritten. „Ray....!" hauchte er schließlich. Der Ältere umschlang seine Taille und küsste ihn innig. „Ich wusste, du würdest es schaffen, unsere Freunde zu retten. Du hast bestimmt großartig gekämpft." „Daran hat keiner von uns gezweifelt." ertönte eine neue Stimme, die jemandem gehörte, der in einer dunklen Ecke des Raumes stand und sich bisher aus dem Trubel herausgehalten hatte. Langsam trat er ins Licht und Garland stieß einen Jubelschrei aus. „Bryan!!" „Genau!" erwiderte der Lilahaarige vergnügt und wurde mal hier und mal dort gedrückt, mit herzlichen Püffen versehen oder anderweitig begrüßt. Er musterte die Runde ausgiebig und sein Lächeln erlosch, als hätte man eine Kerze ausgeblasen. „Wo sind Kai und Tyson?" Man druckste eine Weile herum, doch dann erzählte Max von der Auseinandersetzung und Raul berichtete von Talas und Enriques Verfassung. Die übermütige Atmosphäre kühlte sich daraufhin merklich ab. Bryan verschränkte die Arme und dachte nach. „Tyson will jetzt sicher niemanden sehen und das sollten wir respektieren. Wo Kai sich herumtreibt, können wir nicht einmal ahnen. Verschieben wir das Fest, sie sollten beide dabei sein, diese Dickschädel. Es ist bedauerlich, dass es zu diesem Zerwürfnis gekommen ist, aber da ist eine Kluft zwischen ihnen, die sie nur selbst wieder überbrücken können. Wir können ihnen nicht helfen. Ich zweifele nicht daran, dass sie sich lieben - doch für Tyson ist Liebe etwas anderes als für Kai. Sie müssen erneut zueinander finden....auf ihren eigenen Wegen. Lasst ihnen Zeit. Es ist schade, wenn man die Dinge zu schnell vorantreibt und sie dadurch zerstört. Sie müssen von sich aus erkennen, verstehen und verzeihen." „Du sagst selbst, dass sie Dickschädel sind. Und sie besitzen beide ihre Art von Stolz. Die Mission in der Unterwelt hat den Riss erweitert, weil ihre Prinzipien aufeinander geprallt sind, aber Deimos ist nicht ganz unschuldig an dieser verkorksten Situation." meinte der Amerikaner und Ray befiel bei dem ernsten Ton seiner Stimme eine vage Ahnung davon, wie er als Genbu den Mächten des Bösen gegenübergetreten sein mochte. „Dennoch hast du recht. Wir können ihnen nicht helfen. Sie müssen es allein schaffen. Das Vertrauen zwischen ihnen ist zerrüttet und steht auf schwachen Beinen. Hiro....du bist Tys Bruder. Könntest du mal mit ihm sprechen?" „Ich dachte, wir wollten uns heraushalten?" „Sicher. Aber du bist ein Teil seiner Familie, der wichtigste vermutlich. Du könntest ihm einen Rat geben, oder nicht?" „Ich könnte es zumindest versuchen." Die geplante kleine Feier kam also zum Erliegen. Romero verbrachte einen ruhigen Fernsehabend in seinem Hotelzimmer; Carlos ging zusammen mit Daichi ins Kino; Miguel und Claude beehrten ein exklusives französisches Restaurant mit ihrer Anwesenheit; Julia, Mariah und Mathilda zogen auf Shoppingtour durch die Straßen und kehrten nach Ladenschluss in einer schmucken Bar ein; Rick telefonierte mit seiner Frau, ließ sich von seinem Sohnemann und seiner Tochter ein „Good night" ins Ohr brüllen und unterhielt sich danach noch mit seinem Vater; Mariam übernachtete bei Enrique im Krankenhaus; und während Bryan einfach durch den Park spazierte, um seinen eigenen Gedanken nachzuhängen, saßen Lee und Raul auf der Hotelterrasse und ließen sich vom Mondlicht verzaubern. „Was für eine laue Nacht....und die Sterne....wie ein funkelnder Teppich. Nanu? Was ist das für ein Verband an deinem linken Oberarm?" „Das ist ein Andenken an meinen Kampf mit Hades. Seine Kräfte nehmen immer mehr zu, amiguito mio. Selbst Prinz Genbu hatte Schwierigkeiten, sich gegen ihn zu behaupten! Ist dir klar, was das bedeutet?" Der Wächter von Galeon antwortete nicht sofort. Er lehnte an der Balustrade, mit dem Rücken zu dem Spanier, im Schein einer Laterne, blickte auf den Garten hinaus und hüllte sich in Schweigen. Ein zarter Wind verfing sich in seinem prachtvollen schwarzen Haar und ließ ein paar der glänzenden Strähnen tanzen. „Code Omega?" „Ja. Das, wovor ich am meisten Angst habe. In die Schlacht ziehen. Der Zusammenruf aller Mitglieder des Ordens von Eden. Die Ankündigung der finalen Entscheidung. Ich bin mit dieser Verantwortung aufgewachsen, aber trotzdem habe ich mich vor nichts mehr gefürchtet als vor diesem Tag, da Omega nötig werden würde. Es dauert nicht mehr lange. Unser Feind hat zwar drei seiner Hauptleute verloren, aber es ist ihm gelungen, das Band zwischen Kai und Tyson zu lockern. Das ist gefährlich, denn wenn die Prinzen der vier Elemente nicht in Liebe und Freundschaft vereint sind, sind ihre Magien instabil, nicht im Gleichgewicht. Das könnte uns den Sieg und das Leben kosten." „Raul - du bist gerade von einem Kriegsschauplatz zurückgekehrt. Lass es wenigstens heute hinter dir. Ich war in Eden. Es ist fast so wunderschön wie es einst gewesen sein muss, aber dennoch sind manche Orte nicht von dem Gift genesen, das Hades ihnen eingeflößt hat, selbst nach zehntausend Jahren nicht. Wenn du das gesehen hättest, wäre dein Entschluss, diesen Verrückten aufzuhalten, stärker denn je!" Er hatte sich umgedreht und seine Augen bohrten sich brennenden Pfeilen gleich in Rauls Herz. Der Chinese erinnerte ihn in dieser Sekunde einmal mehr an ein geschmeidiges Raubtier von tödlicher, anmutiger Schönheit. „Ich glaube dir. Aber was ist, wenn er zu mächtig für uns geworden ist? Denkst du nicht, unsere Sache ist von vornherein verloren?" Lee trat auf ihn zu, riss ihn aus dem Stuhl und bezwang seine Lippen mit einem heißen, leidenschaftlichen Kuss. Der Jüngere krallte sich in seiner Kleidung fest und erwiderte die Liebkosung voller Inbrunst. Seine Wangen hatten sich tief gerötet, als der andere ihn endlich freigab. „Sag das nie wieder! Mit dieser Einstellung erreichen wir nicht das geringste! Sieh dir diesen Himmel an, betrachte die Sterne, den herrlichen Mond! Denk an die strahlende Sonne, den Geruch in der Luft, süß im Frühling, berauschend im Sommer, erdig im Herbst und frisch im Winter! Denk an die Menschen, die auf dieser Welt leben! Nur wenige verdienen es vielleicht, dass dieser Planet gerettet wird, aber für diese wenigen ist mir jeder einzelne meiner Blutstropfen etwas wert, den ich im Namen meiner Aufgabe opfere! Vergiss das niemals! Wir sind ihre einzige Hoffnung!" „....Lee....ich....Te....te quiero....!" Lange blieben sie aneinander geschmiegt stehen, Schutz und Trost suchend in der Umarmung des geliebten Menschen. Auch Max fand Schutz und Trost in dieser Nacht. Er wusste, dass Tyson sich in seinem Zimmer verschanzt hatte und auf sein Klopfen hin hatte er sich nicht gemeldet. Hiro würde wohl morgen oder übermorgen mit ihm reden müssen. Der gesamte Dojo war merkwürdig still geworden, nachdem die Gäste verschwunden waren und seither schleppte er seine unausgesprochenen Sorgen mit sich herum. Er war das, was man einen „echten Freund" nannte, denn er fühlte immer mit, wenn jemand Kummer hatte, der ihm nahestand. Der Kampf gegen seinen Erzfeind hatte ihn ziemlich aufgewühlt und ihn an seine Grenzen geführt, und nun war er ausgelaugt und müde. Er kam sich vor wie ein leckgeschlagenes Schiff, das steuerlos auf dem Ozean trieb, meilenweit entfernt vom sicheren Hafen. »Uns steht Großes bevor....der Code Omega rückt näher. Sind wir bereit dafür? Die Einigkeit zwischen Wind und Feuer ist erschüttert worden, und das ist ein Risiko. Kann ich ihnen wirklich nicht helfen? Ach, mein armer Kopf ist schon kurz vorm Platzen....ich gönne mir jetzt ein entspannendes Bad und dann gehe ich ins Bett.« Er schnappte sich seinen Pyjama, trottete in den Vorraum zum Badezimmer, schälte sich aus seinen Klamotten und schlüpfte mit einem kleinen Handtuch hinter die Schiebetür. „Max?!" Er schrak zusammen und starrte den Badenden an, der vor ihm gekommen war. Es war Ray, der sich bereits gewaschen hatte und nun in dem heißen Wasser seine Muskeln lockerte. Sein schönes Haar, das an einen seidigen Umhang erinnerte, verteilte sich im Becken und verlieh ihm die Ausstrahlung eines mysteriösen Meereswesens. Der Blondschopf kaschierte seine Verlegenheit mit einem breiten Grinsen und begann, sich mit Seife und kaltem Wasser zu säubern, während der glühende Blick des Älteren über seinen ganzen Körper zu kriechen schien und ein leiser Schauer der Erregung durchrann ihn. Er hörte, wie der andere aus dem Zuber stieg und sich hinter ihm hinkniete. Sein Atem setzte für eine Sekunde aus, als Ray sich zu seinem Ohr neigte und flüsterte: „Soll ich dir den Rücken waschen?" Er brachte nur ein Nicken zustande. Der Hüter des Heiligen Tigers verteilte den Seifenschaum auf der hellen Haut und wischte sanft mit dem Schwamm darüber. Seine Augen wanderten voller Bewunderung über die makellose Hals- und Schulterlinie des Jüngeren, den muskulösen Torso entlang, hinauf zu dem goldenen Haar. Er spülte umsichtig den Schaum ab und sagte: „Du bist wunderschön, Max." Der Amerikaner wurde knallrot und stammelte ein „danke". Ray wickelte sich ein Handtuch um die Hüften und schickte sich an, zu gehen. „Ich wünsche dir eine gute Nacht." „Ray....kann ich....kann ich vielleicht bei dir schlafen?" „Was? Warum?" „Ich....ich möchte nicht alleine sein, nicht jetzt, nicht heute. Darf ich?" Fast scheu, verzagt klang diese Frage. Der Chinese lächelte, küsste ihn auf die Stirn und gab seine Zustimmung. Zehn Minuten später fand sich Max in einem niedlichen gepunkteten Pyjama bei seinem Schatz ein, die Wangen immer noch gerötet. Er kletterte in sein Bett und genoss still die wunderbare Wärme, die ihn einhüllte wie in einem Nest. Sie hielten einander umschlungen, sprachen aber kein einziges Wort. Nichts hätte die Geborgenheit und den Frieden beschreiben können, den die beiden jungen Männer in diesem Moment empfanden. Schließlich jedoch wurde das Schweigen gebrochen. „Ich bin so froh, dass du heil und gesund zurückgekehrt bist, airen. Während ich im Krankenhaus war, konnte ich nichts anderes tun als warten und bangen. Ich war in Sorge um dich, fragte mich, ob du den Schrecknissen der Unterwelt gewachsen warst...." „Ich bin wieder da, Liebling. Wir werden gemeinsam in den nächsten Kampf ziehen, Seite an Seite. Keine Ungewissheit, keine Trennungen mehr. Aber ich glaube, ich musste diese Mission bestehen, um mich zu beweisen. Im Gegensatz zu dir, Tyson und Kai bin ich erst vor kurzem zum Prinzen erwacht und ich bin im Grunde auch nie sehr kriegerisch gewesen. Zu entdecken, dass ich wie das Wasser eine zweite, unbändige Natur besitze, hat mich überrascht, doch ich weiß nun mehr über meine Fähigkeiten und Kräfte. Die Erde scheint mir das ausgeglichenste aller Elemente zu sein." „Ja, das ist es, aber auch die Erde kann beben und gefährlich werden. Man sollte sie nicht unterschätzen. Wie....wie geht es Tyson?" „Keine Ahnung. Ich habe bei ihm geklopft, aber er hat nicht geantwortet. Ich fürchte, es wird noch dauern, bis unsere beiden Querköpfe sich wieder versöhnen....obwohl ein Streit zwischen zwei Elementen das letzte ist, was wir brauchen." Er konnte ja nicht wissen, dass der Japaner sich durch die Hintertür davongestohlen hatte und seit einer Stunde durch Tokyo wanderte, ohne ein genaues Ziel zu haben. »Was ist bloß mit mir los? Um Tala kümmere ich mich mehr als um Kai. Und warum habe ich behauptet, meine Gefühle basierten nur auf der Tatsache, dass er einst Suzaku war? Das kann doch unmöglich alles sein....oder doch? Was ist, wenn es wirklich so ist und ich lediglich meine Liebe auf einen Mann projiziert habe, den ich eigentlich gar nicht kenne? Sicher kenne ich ihn besser als die übrigen Bladebreakers, aber ich....ich akzeptiere ihn nicht vollständig, sondern nur das an ihm, was ich verstehen kann. Er war früher ein anderer. Die Liebe zwischen Suzaku und Seiryuu war echt. Ist es die meine? Ich weiß es nicht. Es ist seltsam....mein Herz kommt mir so....kalt vor....Wenn ich an Kai denke, verspüre ich fast nichts mehr, keine Aufregung, kein Herzklopfen, kein Glück....das könnte der Eis-Kuss sein....oder ich selbst. Oder beides. Ich weiß auch das nicht. Ich möchte nicht, dass das Band zerbricht, das zwischen uns entstanden ist, als wir noch Kinder waren. Aber vielleicht ist es schon zu spät? Zu spät für Reue, zu spät für Einsicht, zu spät, um es besser zu machen? Was soll ich tun?« Am anderen Ende der Stadt wandelte eine einsame Gestalt durch die Straßen. Suzaku war still, denn er wusste, dass sein wiedergeborenes Alter Ego allein sein wollte. Der Russe war ihm durchaus dankbar für diese Rücksichtnahme. Hübsch dekorierte Schaufenster, Blumenläden und sonstige Geschäfte wechselten einander ab; das Partyviertel, in das er sich nach einer Weile verirrte, war mit unzähligen bunten Lichtern geschmückt und strahlte wie ein Christbaum, doch er war gleichgültig gegen die farbige Pracht. „Von heute an sind wir geschiedene Leute!" „Von mir aus! Mach, was du willst!" »Mach, was du willst....wie konnte ich das sagen? Diplomatie war noch nie meine Stärke und Tyson kann furchtbar empfindlich sein....aber das ist so endgültig! Es gab Missverständnisse und unfreundliche Worte. Ich....ich liebe ihn, gottverdammt! Aber ich will nicht, dass er nur einen Teil von mir liebt - er muss mich mitsamt meiner Vergangenheit lieben, und wenn er das nicht kann, dann....dann sehe ich keine Zukunft für uns. Wir mögen in einem früheren Leben füreinander bestimmt gewesen sein, doch wer weiß schon, ob das für die Gegenwart genauso gilt? Ich sehne mich nach ihm, ich kann es nicht länger leugnen. Aber soll ich deswegen mich selbst aufgeben? Das kann er nicht von mir verlangen. Und dieser Krieg? Wie wird er weitergehen? Können Ty und ich unter diesen erschwerten Umständen überhaupt an Versöhnung denken? Mist! Warum hat der Mensch einen Kopf, einen Verstand? Müsste ich doch nicht nachgrübeln, mir Gedanken machen, könnte ich doch einfach abschalten....« Er gelangte zu einer kleinen Brücke, die über einen Kanal führte. Er sah in das klare Wasser hinein und seufzte. Seit er sich seiner Liebe bewusst geworden war, hatte er alles getan, um es vor dem Mann zu verbergen, dem diese Gefühle galten. Vielleicht ein Fehler, aber die einzige Art, mit der Kai Zeit seines Lebens mit seinen Emotionen umgegangen war, weil er es nicht anders gelernt hatte. Er richtete den Blick gen Himmel, wo die silberne Scheibe des Mondes weithin leuchtete. Eine Sternschnuppe rauschte vorüber. In dieser Nacht äußerte Kai Hiwatari zum ersten Mal einen Wunsch, den ihm sein Herz diktierte. Mit dem nächsten Kapitel, das eine letzte Rückblende in Edens Geschichte enthalten wird und sozusagen als Schlusspunkt dient, wird der erste große Handlungsbogen enden...wir sehen uns da! Bis dann!^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)