Anfang aller Feindschaft von Lizard (aus den Schatten der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 20: Atem der Hölle -------------------------- Hotepneith hat mich gebeten ihr folgenden Wunsch zu erfüllen: ‚mach Bundori richtig schön fertig’! Also dann, schauen wir mal, ob und wie es Inu Taisho gelingt seinen Feind zu besiegen. Dazu muss er allerdings erst ein gewisses Lava-Problem aus dem Weg räumen. Noch ist nichts entschieden, wir kommen zu Kapitel 20: Inmitten eines gewaltigen Canyons im südlichen Bereich Japans, in der Heimstatt des Drachenlords Bundori, fechten der Herrscher des Westens und der Gebieter über den Osten ihren Kampf aus. Für Inu Taisho jedoch sieht es gar nicht gut aus, er ist verletzt und der Drache hat mittlerweile sogar die vulkanischen Kräfte seines Reichs entfesselt, um den endgültigen Sieg zu erringen... Enjoy reading! Aus kurzer Besinnungslosigkeit erwachend schlug Inu Taisho die Augen auf. Er lag bäuchlings auf einem steinigen Untergrund. Um ihn herum herrschte fast völlige Finsternis. Der Dämonenfürst stützte sich vorsichtig mit den Händen am Boden ab, richtete sich halb auf und winkelte seine Knie an. Als er versuchte aufzustehen, durchzog ein heftig stechender Schmerz seinen gesamten Körper. Eines seiner Beine und seine Hüfte waren schwer verletzt und trugen ihn nicht mehr. Auch seine gebrochenen Rippen schmerzten und nahmen ihm die Luft zum Atmen. „Verdammt...“ Leise fluchend verharrte Inu Taisho in seiner kauernden Position und tastete suchend die nahe Umgebung ab. Seine Finger berührten einen metallenen Gegenstand: sein Schwert. Der Hundedämon umfasste den Griff von Sou’unga, zog die Klinge zu sich heran und blickte prüfend in die Höhe. Ich bin sehr tief gefallen, stellte er überrascht fest. Wie hatte er einen solchen Sturz überleben können? Inu Taisho konnte nicht ganz nachvollziehen, was geschehen war. Er konnte sich nur an den Moment erinnern, als er von Bundoris Drachenschweif getroffen in die Tiefe geschleudert worden war. Bei seinem Sturz musste er das Bewusstsein verloren haben und hätte nun eigentlich tot sein müssen. Doch irgendetwas hatte ihn vor dem tödlichen Aufprall bewahrt. War da nicht ein geheimnisvolles, nachtblaues Leuchten gewesen, das ihn umhüllt hatte? Hatte er etwa unbewusst einen Bannkreis um sich herum aufgebaut? Oder hatte ihn etwa Sou’unga geschützt? Nein, Inu Taisho war sich sicher, dass die Kraft, die ihm unerwartet das Leben gerettet hatte, weder von ihm selbst noch von seinem Schwert ausgegangen war. Aber von was dann? Im nächsten Moment erbebte die Erde. Ein dumpfes Grollen erfüllte die Luft. Der Dämonenfürst wurde unsanft aus seinen Gedanken gerissen und spannte sich alarmiert an. Ein plötzlicher, stürmischer Wind fuhr durch seine Haare. Dem Wind folgte enorme Hitze. Kurz darauf konnte Inu Taisho die Ursache für all das sehen: ein gewaltiger Lavastrom floss hinab in den Abgrund, breitete sich dort aus und kam auf ihn zu. Bundori hat die Kräfte seines Landes entfesselt, erkannte Inu Taisho entsetzt. Dieses machtbesessene, wahnsinnige Untier, ich hätte nicht gedacht, dass er so weit gehen würde... Wie jeder auserwählte Dämonenfürst, der über ein Land herrschte, war auch der Drachenlord mit seinem Reich verbunden und bezog einen Teil seiner Macht und Existenz aus den Naturgewalten, die seinem Reich innewohnten. Wenn er wollte, konnte er diese Urkräfte auch direkt benutzen, doch so etwas wagte kaum jemand. Es galt als sehr gefährlich und als verantwortungslos die verborgenen Magien des eigenen Landes zu rufen, denn diese waren Teil der gesamten Schöpfung, der Unendlichkeit, des Lebens selbst. Der Gebrauch solch einer Macht ließ sich nicht kontrollieren und brachte meist nur völlige Vernichtung mit sich. Fieberhaft nachdenkend betrachtete Inu Taisho die zerstörerischen Lavamassen, er musste das Unheil unbedingt aufhalten. Nicht nur, um sein eigenes Leben zu retten, sondern auch um das Leben vieler tausend anderer zu schützen. Die erweckten, vulkanischen Kräfte der Erde konnten sich ausbreiten, sie konnten eine Kettenreaktion auslösen, die das ganze Herrschaftsgebiet Bundoris und alle daran angrenzenden Reiche mit in den Untergang reißen würde. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte der Herr der Hunde erneut aufzustehen und brach gleich wieder unter einem Schmerzenslaut in die Knie. „Verdammt, ich bin zu sehr geschwächt“, schimpfte er: „Was kann ich tun?!“ Währenddessen kam der Lavastrom immer näher, bald würde er den tiefen Abgrund, in dem sich Inu Taisho befand, und schließlich auch die gesamte Schlucht, die Bundoris wüstenartiges Land durchzog, erfüllen. Es blieb nur noch wenig Zeit. Reflexartig umklammerte der Hundedämon fest den Griff seines Schwertes und witterte prüfend. Die heiße Luft machte eine genaue Witterung zwar unmöglich, aber ganz schwach konnte er in der Ferne den Geruch des Meeres ausmachen. „Das Meer...“, flüsterte er leise. Plötzlich kam dem Fürsten ein Gedanke, was er tun konnte, um die vulkanischen Mächte aufzuhalten und ihr Feuer zu löschen. Er rief sich die Topographie des Drachenreichs ins Gedächtnis. Der riesige, bogenförmige Canyon von Bundoris Reich begann unterhalb der Umgebung einer zentral in Japan gelegenen, reichen Stadt, welche die Menschen Heian nannten, und zog sich von da bis weit in den Süden. Im Süden gabelte sich der Canyon vor dem Berg Aso in zwei ebenso gewaltige Schluchtsysteme auf, die schräg westlich und östlich bis fast an die Küsten des Meeres führten. „Wenn es mir gelänge mit Sou’unga weitere Schneisen in die Erde zu schlagen“, überlegte der Dämonenfürst murmelnd, „wenn ich so die Küsten zum Ozean durchbrechen könnte und die Schluchten mit dem Meer verbinde, würde das Wasser den gesamten Canyon mit der Lava überfluten...“ Zögernd blickte Inu Taisho in die sich immer weiter ausbreitende und immer näherkommende Feuersglut. Für so eine Aktion würde er große Macht brauchen, weitaus größere als ihm oder Sou’unga allein zur Verfügung stand. Daher würde er ähnliches tun müssen, was Bundori getan hatte, und die Magie und Seele seines Landes zur Hilfe rufen. Nur mit solch übermächtigen Kräften konnte er Sou’unga genug Stärke verleihen, um sein Vorhaben durchzuführen. Zudem war dieser Plan sehr riskant. Denn alles überflutende Wasserströme konnten ebenso Verderben und Vernichtung bringen wie Bundoris feurige Lavamassen, er würde Tod mit Tod bekämpfen müssen... „Ihr Mächte des Universums, vergebt mir!“ Schwer atmend schloss Inu Taisho die Augen und konzentrierte sich. Sein Geist löste sich und suchte nach dem Gesang des Windes, der aus Westen kam. Flüsternd sprach er uralte, halb vergessene Beschwörungsworte und verband sich so gedanklich mit der Seele des Landes, das er beherrschte und das zu schützen er geschworen hatte. „Erde meiner Geburt, Quelle meines Daseins, Wurzel meiner Stärke... ich bin dein und du bist mein... Du nährst mich, ich schütze dich... Schenk mir deine Macht, ich weihe dir mein Leben und Blut... Wir sind Schatten und Licht. Aus Dunkelheit wurde das Licht geboren, Dunkelheit wird ewig es bewahren. Gleich Tag und Nacht, Schöpfung und Zerstörung, wir sind eins...“ Die Luft um den Dämonenfürsten begann leicht zu flimmern. Inu Taisho fühlte einen enormen, unangenehmen Druck, der ihn zusammenzupressen schien und immer stärker wurde. Etwas drang in ihn ein und durchströmte seine Adern. Eine fremde und gleichzeitig vertraute Macht vereinigte sich mit ihm und erhöhte sein Youki bis ins Unermessliche. Jede einzelne Faser seines Körpers schien sich unter dem ungeheuren Druck bis zum Zerreißen anzuspannen, es schmerzte unerträglich. Aufschreiend umkrampfte Inu Taisho Sou’unga und lenkte die sich in ihm aufbauenden Energien in sein Schwert. Er wusste, er durfte die geschenkte und in ihm tobende Naturgewalt nicht zu lange in sich behalten, sonst würde ihn das umbringen. Niemand konnte solch eine Kraft, die nur dem Leben und Tod selbst gehörte, ertragen. Sou’unga übernahm die gefährliche Macht, die Inu Taisho gerufen hatte, und leuchtete hellweiß auf. Mit einem weiteren Aufschrei drehte sich der Dämonenfürst auf den Knien herum, rammte das höllische Schwert vor sich in den Boden und aktivierte es. „GOKURYUUHA!“ Schwarz und weiß brodelnde Energien in der Form von vielen überdimensionalen Blitzkugeln lösten sich von der Klinge und sausten in unfassbarer Geschwindigkeit leicht schräg in zwei verschiedene Richtungen von Inu Taisho davon. Dieser sah nicht, was weiter geschah, erschöpft ließ er den Griff von Sou’unga los und ließ sich auf seine unverletzte Seite zu Boden fallen. Kurz darauf war in der Ferne ein unheimliches, mächtiges Donnern zu hören, als wäre ein Meteorit eingeschlagen. Die Erde erzitterte und beruhigte sich nur langsam. Daraufhin mischte sich ein neues Geräusch in das beständige Grollen des näherkommenden Lavastroms. Es war das entfernte Rauschen und Toben gewaltiger Wassermassen. Mühselig versuchte Inu Taisho seine Flugfähigkeiten zu aktivieren, um sich in Sicherheit zu bringen. Aber es gelang ihm nicht, irgendetwas lähmte und blockierte seine dämonischen Kräfte. Er warf einen Blick auf seine rechte Hand und bemerkte ein kleines Zahnstück, das sich dort unbemerkt in die Haut gebohrt hatte. Zornig zog er es heraus. „Dieses abscheuliche Drachenvieh hat es letztendlich also doch geschafft mich zu kriegen“, murmelte er, „verflucht seien seine Giftzähne! Ich hätte mich nicht von meinem Zorn und Hass hinreißen lassen dürfen und besser aufpassen müssen!“ Müde sank Inu Taisho zurück auf den Boden, legte sich auf den Rücken und schloss resignierend seine Augen. Es ist vielleicht besser so, dachte er, es ist wohl mein Schicksal hier in Feuer und Wasser zu sterben... Izayoi... verzeih mir, dass ich mein Versprechen gebrochen habe und nicht wiederkommen werde. Doch mein Geist wird dich niemals vergessen und verlassen. Ich danke dir, dass du mir etwas zurück gegeben hast, das ich für immer verloren glaubte... Ein knirschendes Geräusch und eine Bewegung schreckte den Dämonenfürst wieder aus seinen Gedanken. Sou’unga hatte sich plötzlich von allein aus der Erde gelöst und schwebte nun aufrecht neben seinem Besitzer in der Luft. Rasch raffte sich Inu Taisho in die Knie auf und griff nach dem schwebenden Schwert, das davonfliegen wollte. Ein düsterer, violetter Nebel verdichtete sich um Sou’unga und eine dunkle, verärgerte Stimme war zu hören. „Lass mich los!“ „Das würde dir so passen, du verdammte Klinge, dass du den kurzen Moment meiner Schwäche ausnutzen kannst! Nein, du entkommst mir nicht, du bleibst hier!“ Krampfhaft umklammerte Inu Taisho das Schwert an der bloßen Schneide. Die scharfe Klinge schnitt sich tief in seine Hände, während Sou’unga versuchte sich loszureißen. „Wenn du elender Hund hier sterben willst, ist das deine Sache. Ich bin nicht so töricht und werde dir nicht folgen! Ich werde frei sein, du hast jetzt keine Kraft mehr, um mich länger gefangen zu halten. Lass mich los, oder ich werde dir die Hände abschneiden!“ „NEIN!“ Inu Taisho bekam den Griff von Sou’unga zu fassen, umschlang das Schwert mit beiden Armen und warf sich schließlich gänzlich mit seinem Körper darauf. Mit allem Willen kämpfte er gegen den boshaften Geist Sou’ungas an, unterdrückte ihn und hielt das Schwert fest. Immer mehr Hitze breitete sich aus. Der Dämonenfürst sah zur Seite, der Lavastrom hatte ihn fast erreicht. In seinem Rücken hörte er das stets lauter werdende Rauschen und Dröhnen einer heranbrausenden Flutwelle. Nur wenige Sekunden noch und das Wasser würde ihn zusammen mit der Feuersglut und allem anderen überspülen. Leicht lächelnd umkrampfte er weiterhin Sou’unga. Ich werde dich niemals loslassen, du wirst niemals frei sein, ich werde die Welt vor dir schützen... Das waren Inu Taishos letzte Gedanken, bevor ihn eine bläulich schimmernde Schwärze umhüllte und er überraschend darin verschwand. * * * * * Etwas Seltsameres hatte Inu Taisho niemals zuvor erlebt. Er hatte das Gefühl sich aufzulösen und in ein zeitloses Loch zu fallen. Und ehe er sich richtig bewusst wurde, was eigentlich geschah, fand er sich am Rande einer winzigen Insel wieder. Sanfte, kleine Meereswellen berührten seine Füße. Sou’unga lag neben ihm im steinigen Sand und rührte sich nicht, der dunkle Geist der Klinge hatte aufgegeben, sich zurückgezogen und schwieg. Es war beängstigend still. Erstaunt setzte sich der Dämonenfürst auf und sah sich um. Helligkeit blendete ihn. Es war später Nachmittag, die Sonne stand bereits tief. Wenn er die Zeit richtig einschätzte, mussten mehrere Stunden vergangen sein, obwohl es ihm so vorgekommen war, dass es nur ein Augenblick war. Seine Verletzungen hatten begonnen zu heilen. Wo war er? Und vor allem, was war geschehen? Wie war er hierher gekommen? Er fühlte etwas Warmes auf der Haut seiner Brust, weiterhin verwundert fasste Inu Taisho unter seine zerborstene Rüstung und holte einen elfenbeinfarbenen Gegenstand darunter hervor, seinen Fangzahn. Dieser leuchtete matt. Die schützende Macht, die ich für Izayoi in den Zahn eingeschlossen habe, hat sich aktiviert und mich gerettet, dachte er verwirrt, wie ist das möglich?! Ich habe den Zahn Izayoi geschenkt, er hätte eigentlich nur bei ihr funktionieren dürfen. Während er darüber nachdachte, erinnerte sich Inu Taisho an Izayois Worte. Nein, hatte sie zu ihm gesagt, ich brauche den Zahn nicht mehr. Für mich ist er ein Symbol unserer Liebe. Nimm ihn mit, dadurch wird meine Liebe dich begleiten und immer bei dir sein... Nun verstand er. Izayois Wunsch, ihre Sorge um ihn und ihre intensiven Gefühle zu ihm hatten sich unbeabsichtigt auf den Fangzahn übertragen und schließlich die darin verborgenen Schutzmächte verstärkt und erweckt, als Inu Taishos Leben in Gefahr war. Das war kaum zu glauben und doch schien es genau so zu sein. Auf diese Weise hatte die Liebe eines einfachen Menschenmädchens dem Dämonenfürsten zweimal das Leben gerettet. „Na also, du Hund, ich wusste es doch! Meine stundenlange Suche hat sich gelohnt, ich hatte es im Gefühl, dass du überlebt hast. Wie auch immer du das fertiggebracht hast, ich bin froh darum. Dann kann ich dir jetzt mit meinen eigenen Händen das Herz aus dem Leibe schneiden!“ Inu Taisho fuhr erschreckt zusammen und sah auf. Nur wenige Schritte neben ihm war wie aus dem Nichts Bundori aufgetaucht. Er hatte seine menschliche Gestalt angenommen und hielt sein zweischneidiges Schwert in der Hand. Schnell wollte Inu Taisho nach der eigenen Waffe greifen, doch Bundori war schneller. Mit einem flinken Satz sprang der Drache zu dem Herrn des Westens und stieß Sou’unga mit dem Fuß aus seiner Reichweite. „Darauf wirst du dich wohl nicht mehr verlassen können.“ Grinsend entblößte Bundori seine scharfen Eckzähne und richtete seine Schwertspitze auf Inu Taisho. „Du konntest eh niemals richtig mit dem Höllenschwert umgehen. Du bist seiner nicht würdig.“ Vorsichtig wich der Hundedämon etwas zurück und stand mühsam auf. Beinahe wäre er wieder in die Knie gebrochen, denn seine Verletzungen waren noch nicht ganz geheilt. Auch die lähmende Wirkung von Bundoris Gift war noch nicht völlig abgeklungen. Angestrengt hielt er sich auf den Beinen. „Ich muss sagen“, fuhr Bundori fort, „du hast mich ein letztes Mal wirklich beeindruckt. Du hast die Hälfte meines Reichs überflutet und restlos zerstört. Mich hättest du damit ebenfalls fast ertränkt. Das hast du nicht allein mit Sou’unga geschafft, nicht wahr? Du hast wie ich auf die Magien deines Landes zurückgegriffen, richtig? Diese Kräfte werden bald mir gehören, wenn ich dein Reich übernehme. Dann wird alles mein sein und meine Macht grenzenlos. Du hast verloren!“ „Noch lebe ich. Und an mein Land kommst du nur über meine Leiche.“ Der Drache lachte: „Wunderbar! Dann lass es uns zu Ende bringen. Ich bin sehr gespannt, wie eine jämmerliche Töle mit gebrochenen Knochen, stumpfen Zähnen und Krallen sowie blutenden Pfoten sich verteidigen will.“ Hasserfüllt standen sich die beiden Kontrahenten auf der kleinen Insel gegenüber. Um sie herum rauschte leise das Meer. Das Licht des Tagsterns schimmerte in ihren langen, im Wind wehenden Haaren, die weißsilbern und hellgolden in diesem Schein aufglänzten. Ein Beobachter hätte den stolzen Drachendämon und den ebenso majestätisch wirkenden Hundedämon für eine menschliche Verkörperung von Sonne und Mond halten können. Aber niemand sah ihrer letzten Auseinandersetzung zu, sie waren allein. Bundori griff an, er hob seine Waffe und preschte auf seinen Feind zu. Inu Taisho duckte sich unter der Schwertattacke weg, sprang in Bundoris Rücken und versetzte ihm einen Krallenhieb. Der Schlag fügte allerdings keinerlei Schaden zu, er prallte wirkungslos an der schwarzen Rüstung des Drachendämons ab. Blitzartig drehte sich Bundori um und stieß erneut mit seinem Schwert zu. Mit dem linken Unterarm blockte der Hundedämon den Angriff ab, sein harter Armschoner verhinderte, dass die giftige Klinge seines Gegners sich in sein Fleisch schnitt. Gleichzeitig schlug er mit dem anderen Arm fest gegen Bundoris rechtes Handgelenk. Der Drachendämon stöhnte kurz schmerzlich und verlor seine Waffe. Ein darauffolgender Handkantenschlag des Hundefürsten gegen Bundoris Schläfe ließ ihn benommen zurücktaumeln. Doch der Drache fasste sich schnell wieder und griff nun ebenfalls mit bloßen Händen an. Seine Krallen verfehlten nur um Haaresbreite Inu Taishos Halsschlagader. Keuchend sprangen die beiden Kämpfer wieder auseinander und umkreisten sich lauernd wie Tiger. „Du hast fast keine dämonischen Kräfte mehr“, stellte Bundori mit einem boshaften Lächeln fest. „Du ebenfalls nicht mehr“, antwortete Inu Taisho trocken, „oder gibt es einen anderen Grund, dass du dich ausnahmsweise mal nicht verwandelst oder irgendeine andere Art von feiger, unehrenhafter Magie anwendest?!“ „Ich werde dir zeigen, welche Kräfte ich noch besitze“, schrie der Drachenlord wütend, sammelte seine letzten Reserven dämonischer Energie in seiner Hand und ließ sie auf seinen Widersacher los. Inu Taisho konnte nicht mehr rasch genug ausweichen, die geballte Ladung Youki traf ihn frontal und schleuderte ihn bis an den gegenüberliegenden Rand der Insel. Bundori setzte ihm sofort nach. Gerade noch rechtzeitig raffte sich der Hundedämon auf. Er fasste sich mit der rechten Hand in eine seiner zahlreichen Wunden, die in seinen Oberkörper gerissen worden waren, und versteifte seine bluttriefenden Finger. „Hijinkesso!“ Aus Blut geformte, sichelartige Klingen schossen auf den angreifenden Drachendämonen zu und trafen seine ungeschützten Beine. Bundori stürzte zu Boden. „Verwünschter Köter, das wird dir auch nichts mehr nützen“, grollte der Drache, sprang wieder auf und fiel mit einem weiteren Satz über Inu Taisho her. Jeder packte den anderen am Hals. Sich gegenseitig würgend wälzten sich die beiden Dämonenfürsten halb im Wasser, halb im Kies am Inselrand entlang. Als Inu Taisho an einem glitschigen Stein abrutschte, gelang es Bundori den Hundedämonen wegzudrängen und unter sich auf den Boden zu pressen. Mit aller Macht rammte er ihm von hinten seine Krallen in den Leib. Inu Taisho ächzte kurz, rollte sich beiseite und stieß seinen Gegner von sich weg. Zu mehr hatte er keine Kraft mehr, völlig geschwächt und gegen die Besinnungslosigkeit ankämpfend blieb er auf dem bauch liegen. Hämisch grinsend stand Bundori auf und sah auf Inu Taisho herab. Mit einem Fußtritt drehte den zusammengebrochenen Hundedämon auf den Rücken. „Das war’s dann wohl!“ Weiterhin lächelnd beugte sich der Drache herab, spannte seine krallenbewehrten Finger an und senkte seine Hand. Doch das grausame Lächeln gefror auf seinen Lippen, er kam nicht mehr dazu seinen tödlichen Hieb fertig auszuführen. Gleich einem todeswunden, aufbäumenden Tier, das sich in letzter Verzweiflung und mit einem letzten Kraftakt dem Kampf um sein Leben stellt, riss Inu Taisho, als sich der Drachendämon zu ihm herabbeugte, seinen Arm hoch. Bundori spürte, wie seine Rüstung durchstoßen wurde, wie seine Haut aufgeschlitzt wurde und sich etwas Spitzes tief in seine Brust bis zu seinem Herzen bohrte. Stöhnend wich er zurück, brach in die Knie, fasste ungläubig nach seiner tödlichen Wunde und zog etwas daraus hervor. „Ein Zahn...“, keuchte er fassungslos, „was ist das für eine Macht, wie konntest du damit meinen Panzer durchbrechen?“ „Das ist die eine Macht, von der du nichts verstehst“, antwortete Inu Taisho schwer atmend. Nicht weit von sich entfernt entdeckte er Sou’unga. Der Herrscher des Westens erhob sich langsam und sammelte das Schwert vom Boden auf. Mit der höllischen Klinge in den Händen ging er schleppend zu dem knienden Drachen zurück und legte die scharfe Klinge an seinen Hals. „Nun wirst du noch das Schwert spüren, das du einst aus der Hölle in diese Welt gebracht hast!“ „Hah“, spuckte Bundori verächtlich aus, „was weißt du schon von Sou’unga?! Den darin wohnenden Geist und die Gokuryuuha magst du beherrschen, die wahren Kräfte dieses Schwertes jedoch sind dir unbekannt. Wenn du Sou’unga richtig nutzen könntest, hättest du deinen Welpen damit zurück ins Leben holen können. Doch gegen die Mächte des Jenseits wagst du wohl nicht zu kämpfen, was?!“ Überrascht zog Inu Taisho seine Waffe zurück. „Was sagst du da?“ „Hast du das etwa nicht gewusst?“, fragte der Drachendämon scheinheilig: „Das wundert mich. Wo du doch sonst immer alles zu wissen glaubst...“ Inu Taisho packte ihn mit seiner freien Hand am Hals. „Sag mir, was du darüber weißt, oder ich werde dir ein Ende bescheren, das sich mit keiner deiner Foltermethoden vergleichen lässt!“ Der Drache lächelte wieder, Blut rann aus seinen Mundwinkeln. „Wenn du unbedingt darauf bestehst, werde ich dir verraten, wie du mit Sou’unga ein einziges Mal einen Toten wiedererwecken kannst. Wie du ihn wirklich erweckst, nicht als Zombie erschaffst, nein, richtig wieder lebendig machst! Du musst dazu ins Jenseits gehen und den Tod persönlich zu einem Kampf herausfordern. Sou’unga als das beherrschende Schwert der Unterwelt gewährt dir das Recht dazu und wird dich zu ihm führen. Wenn du den Tod besiegst, wird er dir eine einzige gewünschte Seele überlassen. Wenn du verlierst, bleibst du im Jenseits gefangen und Sou’unga ist frei. Doch auch wenn du gewinnst, wird dich der Tod nicht kostenlos mit einer Seele aus dem Jenseits gehen lassen. Du wirst einen Preis dafür zahlen müssen...“ Inu Taisho verengte misstrauisch die Augen und starrte den Drachendämon an. „Welchen Weg ins Jenseits muss ich dazu nehmen?“, fragte er schließlich. „Suche das Tor in den Bergen... im Lande des Feuers... die Wächter werden dich hindurch lassen, da du eine Waffe trägst, die nicht aus dieser Welt stammt... wenn du es tun willst, tu es bald... Du hast nur wenig Zeit. Wenn der Körper dessen, den du wiedererwecken willst, in Verwesung übergegangen ist, kann die Seele nicht in ihn zurückkehren...“ Bundoris Stimme wurde rau, seine Worte kamen nur noch stockend. Er sackte zusammen und rutschte aus Inu Taishos Hand zu Boden. Kaum hörbar flüsterte er weiter: „Versuch dein Glück, Hund! Doch was auch immer du versuchst... Sou’unga ist das Schwert der Zerstörung... es wird dir niemals Glück bringen...“ Der Drachendämon lächelte ein letztes Mal höhnisch. Dann fiel sein Kopf zur Seite, er war tot. Mit ergrimmtem Ausdruck in den Augen stand Inu Taisho reglos und schweigend neben der Leiche seines besiegten Feindes. Nach einer Weile beugte er sich zu Bundori herab und nahm ihm den Fangzahn ab, den er in die Brust des Drachendämons gestoßen hatte. Danach holte er eine leicht glasige, goldglänzende Kugel mit schwarzglänzenden Äderchen aus der Todeswunde seines Widersachers hervor: das Herz des Drachens. Knackend zerbrach Inu Taisho diese Kugel in seiner Hand und verstreute die Splitter im Meer. Schließlich hob er sein Schwert und sah in sein Spiegelbild auf der schimmernden Klinge. „Das Schwert der Zerstörung... Ich glaube nicht, dass mir Bundori dein kleines Geheimnis ohne Hintergedanken verraten hat. Er hoffte wohl, dass du mich ins Verderben führst. Doch was macht das schon... So sei es eben, wir sind aneinander gebunden und irgendwann wirst du mich sowieso ins Verderben stürzen. Aber zuvor wirst du mir jetzt ein einziges Mal noch dienen und ich schwöre dir, ich werde danach einen Weg finden auch dich zu vernichten!“ Am Horizont ging die Sonne unter und färbte das Meer glutrot. Entschlossen steckte Inu Taisho sein Schwert in die Scheide auf seinem Rücken, alle Gedanken und Hoffnungen auf seinen Sohn gerichtet, sammelte er seine letzten Kräfte zusammen und machte sich zum Fliegen bereit. „Also dann komm, mein Verderben, und lass uns in die Hölle gehen!“ Sou’unga antwortete nicht, lachte aber leise. Soweit das zwanzigste Kapitel. Vielleicht ist es ja irgendjemandem aufgefallen: ganz nebenbei habt ihr hier nun eine Erklärung geliefert bekommen, warum Japan so zerstückelt aussieht bzw. wie die innere Meeresenge entstanden ist, welche die beiden großen Inseln Shikohu und Kyushu von der Hauptinsel Honshu trennt. (*grins*) Mit seiner Überflutungsaktion hat Inu Taisho also eine deutliche Spur in Japan hinterlassen. Und das ist noch nicht alles. Der Daiyoukai wird später nochmals ein bisschen in Japans Geschichte eingreifen... Ich habe das als kleinen Gag eingebaut für alle, die sich wie ich gern mit Geschichte und Natur beschäftigen. Das in diesem Kapitel erwähnte Heian ist übrigens der alte Name für die Kaiserstadt Kyoto (von daher kommt auch die Bezeichnung für eine frühe Epoche namens Heian-Zeit). Ansonsten stellt mich vieles an diesem Kapitel selbst nicht so recht zufrieden, ich habe mich zugegebenermaßen sehr hart damit getan. Hoffentlich ist es trotzdem verständlich, spannend und einigermaßen gut gewesen. Verbesserungsvorschlägen gegenüber bin ich jederzeit offen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)