Dritter Teil: Das Licht der Welt von abgemeldet (Fortsetzung von "Du kennst mich nicht und doch hasst du mich" und "Gift in Körper und Seele") ================================================================================ Kapitel 8: Kein Geld der Welt ----------------------------- Gemächlich griff der Mann in die Tasche seiner zerknitterten Hose, zerrte eine alte Serviette hervor und wischte mit ihr über den Mund, der mit Ketschup verschmiert war. Anschließend lehnte er sich zurück und warf einen flüchtigen Blick zum Fenster, hinter dem es bereits zur Nacht dämmerte. Er beobachtete sich kurz eine alte Laterne, öffnete den Mund und hob die fettige Bratwurst. In dieser Sekunde flog die Tür seines Büros auf. Vor Schreck warf er die Bratwurst weit hinter sich und starrte auf den jungen Mann, der in sicheren Schritten auf seinen Schreibtisch zusteuerte, weit ausholte und keuchend einen Zettel auf eine der verschmierten Unterlagen knallte. "Die Zeit ist um!" Kaiba fixierte ihn brennend. Er wirkte blass und müde, ausgemergelt und dennoch entschlossen. Das brünette gepflegte Haar wirkte etwas zerzaust, der Atem fiel rasend. "Dieser Mann!" Er stieß mit dem Zeigefinger nach dem Zettel. "Rick Schäfer! Er hat etwas mit dem Verschwinden meines Freundes zu tun! Ich weiß es! Und hier ist die Adresse! Zeigen Sie mir, wo das ist!" "Was fällt Ihnen ein?!" Der Polizeichef sprang auf die Beine. "Hier einfach rein zu plautzen und mich..." "Bei einem Fressakt zu stören?!", schrie Kaiba. Nach der langen Suche und den anderen Geschehnissen waren keine Nerven mehr vorhanden, die man strapazieren konnte. "Hören Sie zu, verdammte Scheiße noch mal! Die vierundzwanzig Stunden sind vergangen und Sie haben sich unverzüglich an der Suche zu beteiligen, sonst zeige ich Sie an und ich schwöre Ihnen, Sie kommen nicht nur mit einem blauen Auge aus der Sache raus, dafür werde ich Sorge tragen!!" "Jetzt hören Sie mir mal zu!" Der Polizeichef schnaubte empört. "Das geht nicht so einfach wie Sie denk..." "Oh doch!" Kaibas Fäuste gingen auf den Schreibtisch nieder. "Sie bringen mich jetzt sofort zu dieser Adresse und wagen Sie es...!" Er verengte die Augen. "Wagen Sie es, auch nur eine Sekunde zu zögern, dann verarbeite ich Sie zu Kleinholz und bringe Sie anschließend um!!" Langsam lehnte sich Duke zurück, streckte die Beine von sich und sah aus dem kleinen Fenster. Es war bereits finstere Nacht. Seit zwei Stunden saßen sie nun im Flugzeug und wie auch auf der Herreise, herrschte trotz der späten Zeit eine gute Stimmung. Überall wurde geredet, gelacht und gealbert. Duke blinzelte, schloss die Augen und hob die Hand, um sich träge durch das offene Haar zu fahren. Neben ihm hörte Tristan Musik, hinter ihm unterhielten sich Tea und Yugi über die herrliche Natur Thüringens. Sie machten sich um nichts Sorgen... warum sollten sie auch? Sie hatten keinen Grund. Duke biss sich auf die Unterlippe. Er konnte es sich nicht erklären, doch er hatte ein merkwürdiges Gefühl. Das Gefühl, welches verriet, dass irgendetwas nicht stimmen konnte. Es bereitete ihm Kopfzerbrechen, ja, seit sie los geflogen waren, grübelte er. Wenn Kaiba und Joey einen normalen Linienflug benutzt hatten, um nach Domino zurückzukehren, dann mussten sie dort bereits angelangt sein. Und wenn Kaiba den Flug mit einem firmeneigenen Jet veranlasst hatte, dann erst recht. Weshalb rief er nicht an? Ein Anruf wäre doch das Mindeste. Eine kurze Bescheidgabe, wie es Joey ging! Langsam richtete er sich auf und sah sich um. Er traute es Kaiba nicht zu, so etwas einfach zu vergessen. Nein, Kaiba musste anrufen! Doch bisher...? Wieder begann er die Unterlippe mit den Zähnen zu bearbeiten. Die Tatsache, dass sein Handy schwieg, obgleich Kaiba seine Nummer hatte, bestätigte dieses miese Gefühl nur, verstärkte es sogar. Unter diesen Umständen konnte Duke nicht ruhig bleiben und sah sich dazu gezwungen, etwas zu unternehmen. Nach einem flüchtigen Blick zu Tristan, der die Augen geschlossen hielt und zu schlafen schien, beugte er sich nach vorn, griff in den Rucksack und zog seinen Laptop hervor. Leise klappte er ihn auf, bettete ihn auf dem Schoss und fuhr ihn hoch. "Die Bergluft war einfach wundervoll", hörte er Yugi hinter sich seufzen. "Oh ja", stimmte Tea zu. "Sie wird mir fehlen, wenn wir wieder in Domino sind." "Dort gibt es auch nicht so schöne Vögel", bemerkte Yugi durchaus etwas melancholisch. Nach einer kurzen Wartezeit begann Duke zu tippen, suchte den direkten Eingang in das Internet. "Wenn wir Ferien haben, könnten wir vielleicht noch einmal nach Thüringen reisen?", meinte Tea verträumt. "Einfach in einer kleinen Herberge unterkommen und jeden Tag wandern." "Oder baden", sagte Yugi. "Oder baden", seufzte Tea zustimmend. In die Arbeit vertieft, biss sich Duke auf die Unterlippe, starrte auf den Bildschirm und tippte weiter. "Daniel und seine Freunden werden mir auch fehlen", lachte Tea. "Sie waren mir wirklich sehr sympathisch." "Mm..." Yugi antwortete mit einem undefinierbaren Murmeln. Endlich wurde Duke fündig. Er lehnte sich etwas nach vorn, starrte konzentriert auf den Bildschirm und machte sich kurz darauf wieder daran, den Laptop runter zufahren. Alles ging sehr schnell vonstatten und währenddessen schien Duke gedanklich immer wieder etwas durchzugehen, das er nicht vergessen durfte. "Die Unterkünfte waren wirklich herrlich", schwärmte Tea. "Und das Essen", fuhr Yugi fort. "Alles war so herrlich." Flink verstaute Duke den Laptop wieder im Rucksack, griff unterdessen in eine der kleinen Seitentaschen und zog sein Handy hervor, das er unauffällig in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Anschließend erhob er sich und schob sich an Tristan vorbei. "Muss mal vier kleine Jungs", griente er, als Tea ihn fragend ansah. Somit wandte er sich ab, schlenderte durch den schmalen Flur nach vorn und zog einen Gummi, mit dem er sich flink das Haar zu einem lockeren Zopf band. Schnell erreichte er die Toilettenkabine und verschwand in ihr. Sofort verriegelte er die Tür, zog das Handy hervor und tippte eine Nummer. Schnell hob er das Handy dann zum Ohr, schwang sich auf die kleine Ablage neben dem Waschbecken und schickte der Tür einen abwägenden Blick. In der Leitung ertönte leises Tuten; Duke wartete angespannt und schon nach kurzer Zeit meldete sich jemand: Die Rezeption der Kaiba-Corperation. "Guten Abend", sagte Duke leise und verdeckte seinen Mund etwas mit der Hand. Wenn man ihn hier beim Telefonieren erwischte, würde es großen Ärger geben. "Ich hätte gern mit..." >Verdammt, wie hieß er noch!< "Ähm... mit Herrn Pikotto gesprochen." "Darf ich Ihr Anliegen erfahren?", erkundigte sich die eitle männliche Stimme. "Geschäftlich", dachte sich Duke schnell aus. "Mein Name ist Devlin, ich... bin Inhaber eines Spiele-Ladens und muss etwas wichtiges mit Herrn Pikotto besprechen." Eine misstrauische Stille war in der Leitung zu hören, Duke wurde nervös. "Es ist wirklich von größter Wichtigkeit", flüsterte er. "Wurden sie sich bereits persönlich vorgestellt?" Kam die Gegenfrage. "Ähm... ja, ja natürlich! Wir sind uns bereits begegnet." >Wobei ich nur befürchte, dass er meinen Namen vergessen hat.< "Mm... warten Sie bitte einen Moment." Somit ertönte ein leises Geräusch, auf das ein Rauschen folgte. Duke leckte sich über die Lippen, lehnte sich etwas nach vorn und lauschte nach draußen. >Pikotto muss etwas wissen! Immerhin ist er Kaibas Stellvertreter und somit sicher in alles eingeweiht! Er wird mir sagen können, ob Kaiba und Joey bereits in Domino sind... oder nicht.< Duke wartete knapp zwei Minuten, dann meldete sich die Stimme des Rezeptionsmannes. "Es tut mir leid, doch Herr Pikotto ist zur Zeit nicht zu sprechen." "Wie bitte?" Dukes Miene verzog sich verbissen. "Aber... es geht wirklich um ein wichtiges Anliegen, welches ich sofort mit ihm klären muss." "Er befindet sich in einer sicher noch wichtigeren Besprechung." Kam die Antwort. "Verflucht...", Duke atmete tief durch, "... und wann endet diese Besprechung? Wann kann ich wieder anrufen?" "Herr Pikotto wird Ihren Anruf erst am morgigen Tag entgegennehmen können." "Dann... dann...", Duke fuchtelte mit der Hand. "... können Sie mir wenigstens Kaibas Telefonnummer geben?" "Seine Privatnummer?" "Natürlich seine Private." Daraufhin lachte der Mann leise. "Ja, die wollen viele. Auf Wiederhören." Und somit wurde aufgelegt. "Ver...", wütend ließ Duke das Handy sinken, "verflucht! Verdammt!" >Das kann doch nicht wahr sein!< Mit finsterer Miene rutschte er von der Ablage. >Ich hätte ihn gleich persönlich fragen sollen, ob ich sie bekomme! Dann wäre mir all das erspart geblieben!< Reglos stand Kaiba auf der finsteren Straße. Die Hände hielt er neben der Hüfte, die rechte umklammerte das Handy. Nun war es kurz vor Mitternacht... Und er befand sich bei besagter Adresse. Ausdruckslos waren seine Augen auf das sanierungsbedürftige Häuschen gerichtet. Es war klein, der Putz bröckelte von den Wänden, die Fenster wurden von dicken Brettern versperrt. Düster stand es dort, umgeben von einem verwilderten Garten. Nur selten wurde eine Stelle der Fassade in Licht getaucht, wenn einer der beiden Polizisten, die um diese Uhrzeit zur Verfügung standen, mit seiner Taschenlampe leuchtete. Hier wohnte niemand, doch die Adresse... sie musste korrekt sein. Pikotto beging keine Fehler. Die Miene des jungen Mannes zeigte keine Regung, auch seine Augen schienen keinen bestimmten Punkt zu fixieren, waren leblos nach vorn gerichtet, während der dicke Polizeichef, der neben ihm stand, beachtliche Flüche spuckte. "Scheinbar sind Ihre tollen Informationen fehlerhaft!", meckerte er. "Und deshalb bin ich nun hier raus gefahren, ja? In diesem Haus wohnt seit langer Zeit niemand mehr! Tolle Informanten haben Sie! Haben Sie wirklich geglaubt, dass..." Kaiba hörte ihm nicht zu. Die Spur... Die Spur, die all das Grauen in ein hoffnungsvolles Licht getaucht hatte... Sie endete hier. Abrupt. Erfolglos. Dieses Haus... nein, hier wurde niemand gefangen gehalten! Hier lebte keine Menschenseele! Einer der beiden Polizisten hatte sich einen Weg in das Haus gebahnt. Nun verließ er es und fuchtelte mit der Taschenlampe. "Alle Türen sind verrammelt, niemand antwortet auf Rufe!", meinte er. "Hier war seit Jahren niemand mehr!" Somit fühlte sich der Polizeichef bestätigt und schielte grimmig zu Kaiba. "Und? Sind Sie nun zufrieden?", maulte er etwas spitz. Endlich blinzelte Kaiba, schien in die Realität zurückzukehren, wenn auch nur stockend und ungern. Seine Lippen bewegten sich und unter einem ungläubigen Kopfschütteln, wandte er sich ab. Und mit jedem Luftzug, den er in sich ein sog, ergriff die Panik von ihm Besitz. Die letzte Hoffnung... Weg? Benommen setzte er einen Fuß vor den anderen, ging taumelnd wenige Schritte. Er hatte sich darauf verlassen, hier fündig zu werden...! Auf was sollte er sonst hoffen? Dass Joey unerwartet vor seiner Tür stand?? Dass er einfach wieder auftauchte?? "Herr Kaiba!", durchbrach die wütende Stimme des Polizeichefs den nächtlichen Frieden. "Hey, wo wollen Sie hin?!" Langsam senkte sich das bleiche Gesicht, verkrampft verstärkte sich der Druck der Hand, die das Handy umschlossen hielt, die Zähne bissen aufeinander. Joseph... Länger als zwei Tage war dieser bereits verschwunden! Verschwunden, wie vom Erdboden, ohne dass eine Erklärung dafür existierte! "Hey!!" Langsam jedoch stetig breitete sich ein Nerven zerreißender Gedanke in Kaiba aus. Ein Gedanke, zu stark, zu realistisch, um sich dagegen wehren zu können! Sollte es so enden?? War es das?? Auf einer Klassenfahrt! Auf einer einfachen Klassenfahrt nach Deutschland! Eine Klassenfahrt, die zu einem Spaß werden sollte! Stellte sie den brutalen Schlussstrich dar?? Bedeutete eine winzige Unachtsamkeit, dass sie sich nie wieder sehen sollten?? Die zweijährige, glückliche Beziehung... war dies ein geeignetes Ende für sie?? Sollte... würde Joey verschwunden bleiben? Weitere Stunden, Tage, Wochen, Monate, gar Jahre?? Konnte die Realität solche grausame Ausmaße annehmen?? Gab es keine Gerechtigkeit, die dergleichen verhinderte?? Die brünetten Strähnen fielen in das zermürbte Gesicht des jungen Mannes. Er blieb stehen und seine Haltung wirkte kraftlos, zusammengesunken... erschöpft! Nein... zittrig biss sich Kaiba auf die Unterlippe! Das wollte er nicht wahrhaben! Er wollte es nicht realisieren!! Wollte nicht seinen Standpunkt einsehen, die wenigen Möglichkeiten, die blieben, um Joey zu finden! >Ich will ihn nur zurückhaben!!< Ein eiskalter Schauer fuhr durch seinen Körper, eine Gänsehaut bildete sich auf all seinen Gliedern. >Was soll ich noch tun?? Zu was bin ich imstande?!!< Zitternd hob sich die freie Hand zum Gesicht, schob sich lahm durch die Strähnen und verdeckte die Augen. >Zu nichts! Zu gar nichts!!< "Hey! Kaiba!!" >Was nutzt all meine Macht, wenn ich nicht dazu imstande bin, das zu retten, was ich liebe? Was ist all das wert ohne Joseph?! Was ist ein Leben mit Reichtum und Einfluss, wenn ich einen der wichtigsten Menschen meines Lebens verliere??< All seine Gedanken brachen abrupt ab, als sich das Handy meldete. Erschrocken zuckte er zusammen, schnappte nach Luft und starrte auf das Handy, dessen Display hell aufleuchtete. Mit zitterndem Atem und geöffneten Lippen hob er die Hand. "Kaiba, hätten Sie die Güte, mir zu sagen, wie es nun weitergehen soll??", rief der Polizeichef wieder. "Sie verschwenden meine kostbare Zeit, indem Sie mich von einem Ort zum anderen lotsen und nicht mehr dabei herauskommt, als..." Er verstummte, als Kaiba das Handy zum Ohr hob, ihn scheinbar überhaupt wahrnahm. Matt drückte er eine Taste, legte das Handy gegen das Ohr und wartete. "Kaiba?", ertönte Pikottos Stimme in der Leitung. Auch sie klang etwas beunruhigt. Der Angesprochene schwieg weiterhin, starrte auf den Boden und antwortete erst nach langer Zeit. "Ja", hauchte er leise, kaum hörbar. "Kaiba, vor wenigen Minuten rief Devlin in der Firma an." Entsetzt wechselten die eisblauen Pupillen von einer Seite zur anderen. "Was...?" "Ja, aber ich habe ihn nicht zu mir durchstellen lassen", fuhr Pikotto fort. "Was hätte ich ihm denn sagen sollen? Scheinbar rechnet er damit, dass ihr bereits wieder in Domino seid." "Oder auch nicht", flüsterte Kaiba leise und rieb sich die Stirn. "Du meinst, er hat Misstrauen geschöpft?" Wieder zögerte Kaiba mit der Antwort und war letzten Endes nur zu einem gebrochenen Stöhnen imstande. "Die Situation spitzt sich zu, Kaiba", erklärte Pikotto angespannt. "Spätestens morgen wird alles auffliegen. Doch sag... die Adresse! Wann fährst du..." "Vergiss es." "Wie bitte?" Pikotto keuchte entsetzt auf. "Vergiss es." "Kaiba, was ist los?!" Langsam richtete sich der Brünette auf, schleppend sog seine Lunge Sauerstoff in sich ein, die Augen schweiften gedankenverloren durch die Finsternis. "Kaiba! Wo ist Joseph?! Mein Gott, hast du..." Leidend verzogen sich die schmalen Augenbrauen. "Pikotto...", die Stimme des jungen Firmenchefs war nicht mehr als ein schwaches Hauchen, "... die Adresse... sie ist falsch." "Ein Scheinwohnort!", keuchte Pikotto. "Bist du sicher, dass..." "Ja." "Aber... verdammt, was willst du jetzt tun?!" Unter einem schweren Schlucken schloss Kaiba die Augen und schüttelte langsam den Kopf. "Verflucht!" In der Leitung waren hastige Geräusche auszumachen, ein Feuerzeug klickte. "Es muss sich doch irgend etwas machen lassen! Joseph kann nicht einfach verschwunden sein!" "Mm..." "Die Zeit ist verstrichen, die Polizei muss den gesamten Ort durchsuchen! Wozu ist sie sonst da?!" "Mm..." "Soll ich mich mit Herr Lenzich in Verbindung setzen?" "Mm... was?" Kaiba blickte müde auf. "Das wäre das Äußerste!", erläuterte Pikotto aufgebracht. "Weiter können wir nicht gehen! Und wenn ich mit ihm telefonieren würde, dann könnte er sicher..." Erneut verzog sich Kaibas Miene. Diesmal jedoch grübelnd. "Pikotto...?" Unterbrach er diesen. "Ja?" Er leckte sich über die Lippen, stützte die Hand in die Hüfte und blickte langsam zum Himmel auf. Kurze Zeit herrschte Stille in der Leitung, bis Kaiba erneut den Kopf schüttelte, wenn auch zögerlich und etwas unsicher. "Es gibt noch eine andere Möglichkeit." "Die da wäre?", erkundigte sich Pikotto sofort. Abwesend betrachtete sich Kaiba die funkelnden Sterne in der schier endlos erscheinenden Dunkelheit, die sich über ihm erstreckte. "Kaiba?" Doch dieser schwieg, während er zu den hellen Lichtern aufblickte. >So dunkel es auch ist<, ging es ihm durch den Kopf. >So erdrückend die Finsternis auch sein sollte... es gibt immer ein Licht, so klein es auch ist.< "Ruf ihn nicht an", murmelte er leise. "Unternehme nichts, antworte auf keine Fragen, ich werde mich melden." "Kaiba, nein! Verflucht... das kannst du nicht mach..." Gemächlich ließ Kaiba das Handy sinken, verstaute es vorsichtig in der Hosentasche und atmete tief durch. "Verzeihung!" Mit einem großen Schritt stand der Polizeichef neben ihm und plusterte sich auf. "Sind Sie jetzt vielleicht mal fertig mit Ihrem..." "Sie können gehen." Kaiba wandte ihm den Rücken zu, ging ihn müden Schritten davon. "Sie sind zu nichts zu gebrauchen." Somit verschränkte er die Arme vor dem Bauch, ließ den Kopf sinken und suchte sich seinen Weg in die Dunkelheit des Dorfes. Des Dorfes, welches in der letzten Zeit vielmehr wie eine Gegend des Grauens wirkte, als ein Ort der Erholung. Weshalb ich dich liebe, Seto? Ich liebe dich, weil du fester im Leben stehst, als ich. Ich liebe dich, weil du selbstsicher bist und mir Ratschläge geben kannst, als seist du ein alter Mann, der aus seinem langen Leben bereits viele Lehren zog. Ich liebe dich, weil du schön und zärtlich bist. Bei dir finde ich Unterschlupf. Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen. Weshalb ich dich liebe, Joseph? Ich hätte nie gedacht, das ich so etwas je einmal sagen würde. Ich bin der erfolgreichste und mächtigste Mann Dominos, habe Geld, Ansehen und Erfolg. Das ist es, um was mich viele beneiden. Ich bin dankbar für das, was man mir gegeben hat... doch ohne dich ist dies alles nichts wert. Du symbolisierst die Dinge für mich, zu denen ich trotz alledem nie im Stande bin. Du tust, was ich mir nicht leisten kann, und doch gern tun würde. Du bist rebellisch, achtest nicht auf Gesetze um dich amüsieren zu können. Das kann ich nicht. Du sagst was du denkst, bist zumeist nur am plappern und heiterst andere damit auf. Auch das kann ich nicht, denn ich habe es nie gelernt. Du bist unkompliziert. Wenn es eine Sache gibt, die dich stört, dann bekämpfst du sie. Wenn du traurig bist, dann weinst du. Wenn du wütend bist, schreist du. Du erhellst mein Leben, holst mich aus dem tristen Alltag, heiterst mich auf und bist meistens der Einzige, auf den ich mich wirklich freue, wenn ich die Firma verlasse. Das Geld und all der Erfolg sind mir egal, denn du bist mein wahrer Schatz. Mein Gott, deswegen liebe ich dich so abgrundtief, Joseph! Durch dich habe ich erst angefangen, zu leben. Und ich hätte mir nie träumen lassen, einem Menschen einmal so wichtig zu sein! Was kann uns passieren, wenn wir weder Tod noch Hölle fürchten? Was für eine Gefahr kann Verrat für uns darstellen, wenn wir ihn aufrichtig und gemeinsam bekämpfen? Gemeinsam kämpfen? Wir sind voneinander getrennt. Kann die Unsicherheit nach uns greifen, wenn wir stets die Gegenwart des Anderen spüren? Die Gegenwart des Anderen? Wir spüren sie nicht. Können Sorgen uns zermürben, wenn wir den positiven Prinzipien des Lebens entgegenblicken können? Die positiven Prinzipien des Lebens? Welch ein Sarkasmus, in diesen Zeiten an dergleichen zu denken! Hat die Angst Macht über uns? Was ist schon der Tod, wenn wir gemeinsam sterben? Das Leben erstrahlt in seiner vollen Pracht, wenn wir es gemeinsam genießen. Doch... wir sind voneinander getrennt... ~*To be continued*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)