Dritter Teil: Das Licht der Welt von abgemeldet (Fortsetzung von "Du kennst mich nicht und doch hasst du mich" und "Gift in Körper und Seele") ================================================================================ Kapitel 3: Zurück in die Realität --------------------------------- Langsam räkelte sich Joey auf der Matratze, rollte sich matt auf den Bauch und vergrub das Gesicht tief im Kissen. Erst vor wenigen Stunden war er eingeschlafen und doch kam er allmählich wieder zu sich. Seine Sinne erwachten langsam, doch eine marternde Schwäche steckte in all seinen Gliedern; er spürte sie deutlich, blieb also reglos liegen und ruhte sich aus. In seinem Kopf tummelten sich keine Gedanken, keine Erinnerungen an die vergangene Zeit, nichts. Er atmete gleichmäßig, schob nach kurzer Zeit auch die Arme unter das Kissen und bewegte stumm die Lippen. Das Bett war nicht all zu bequem, doch er war vom Schlaf noch zu benommen, als das er dies bemerken konnte. Lange blonde Strähnen verdeckten sein Gesicht, als er tief einatmete und bequem die Nase rümpfte. Um ihn herum herrschte beruhigende Stille. Unter einem leisen Seufzen atmete er aus und war kurz davor, erneut im Tiefschlaf zu versinken, da ertönten leise Geräusche. Es hörte sich an wie Schritte, laut und dumpf. Den Lärm schienen mehrere Füße zu verursachen. Dann ein metallenes Quietschen, ein Kratzen, der Schlüssel im Schloss. Die Tür öffnete sich, jemand betrat das Zimmer. Durch diese Geräusche gestört, begann sich Joey erneut zu räkeln. Die Schritte näherten sich. Erneut öffnete Joey den Mund und brummte leise. Er wollte schla... Plötzlich klammerte sich eine große Hand schmerzhaft um seinen Oberarm und bevor er wach werden konnte, wurde er aus dem Bett gezerrt. Er rutschte über die Matratze, wurde weiter gezogen und stürzte vom Bett. Hart schlug er auf dem Boden auf und räkelte sich dort benommen. Die Hand hatte sich von seinem Arm gelöst, weitere Geräusche ertönten und spätestens jetzt kam Joey zu Bewusstsein. Ein unangenehmer Schmerz pochte in seinem Schädel, als er stockend die Hand hob und nach seinem Gesicht tastete. Doch sie erreichte ihr Ziel nicht, denn erneut wurde Joey gepackt. Er spürte, wie sich eine Hand in seinen Nacken klammerte, zu schnell, als dass er es realisieren und reagieren konnte. Bevor er sich versah, wurde er auf den Boden hinabgedrückt und mit einem Tritt gegen die Knie, zwang man ihn, dort die Beine auszustrecken. Er stieß ein entsetztes Stöhnen aus, seine Hände tasteten ziellos über die rauen Holzplanken des Bodens und seine Lider hoben sich hektisch. Nur kurz erblickte er die Dunkelheit, dann zuckte er zusammen und schloss die Augen. Die Hand in seinem Nacken klammerte sich noch fester, drückte ihn hinab, als wolle sie ihn dort fixieren. Und beinahe gleichzeitig schlugen sich zwei weitere Hände in sein ramponiertes Shirt und mit einer schnellen Bewegung wurde ihm regelrecht der Stoff vom Leib gerissen. Ein erschrockenes Zittern fuhr durch den Körper des Blonden und er regte sich. Seine Wange wurde auf das raue Holz gepresst, seine Hände suchten vergeblich Halt. Vom Schlaf benommen und von der vorigen Tortour geschwächt, fand er sich hilflos und überfordert wieder. Noch immer konnte er nicht realisieren, alles ging zu schnell und noch ehe man ihm das Shirt gänzlich weggerissen hatte, spürte Joey die Kälte vieler Finger unter dem Bund seiner Hose. Erneut zuckte er zusammen und wollte sich reflexartig aufbäumen, da schlossen sich auch Finger um seinen Hals und schnitten ihm die Luft ab. Ein hektisches Murmeln kam über seine Lippen, dann wurde ihm die Hose samt Shorts über die Hüfte gestreift, nun, vielmehr gerissen. Ein eiskalter Schauer raste durch Joeys Glieder, als er diese Berührung spürte, die Hände fühlte, die ihn gänzlich wehrlos machten, ausgeliefert an jemanden, den er nicht sah. Erneut erzitterte er unter einer abscheulichen Angst, die reflexartig in ihm aufgestiegen war. Augenblicklich meldete sich etwas in seinem Kopf, eine Stimme, wie es schien, die sich säuselnd erhob. 'Ich habe etwas nachzuholen', vernahm er leise, jedoch gefährliche Worte. Sie hallten wider und wider, wandelten sich schnell zu einem entschlossenen 'Schrei doch.' Joey glaubte, ein leises Lachen zu hören. Seine Glieder ermatteten und er lauschte reglos, mit rasendem Atem in die Stille. Flink rutschten die Kleidungsstücke bis zu seinen Knien, über die Waden und letzten Endes über seine nackten Füße. 'Wenn du artig bist, werde ich zärtlich sein. Lieber Junge.' Langsam öffnete Joey den Mund, seine Augen starrten ins Leere. 'Ich wusste doch, dass es dir gefallen würde...' Der Druck der Hände an seinem Hals ließ kurz nach, er konnte besser atmen. Eine schwarze, endlos erscheinende Leere breitete sich rasend schnell in ihm aus, eine Leere, in der nur Erinnerungen an jenes Geschehnis zurückblieben. Ja, plötzlich kam alles wieder. 'Ich bekomme dich, egal, wie.' Röchelnd schnappte der Blonde nach Luft, verschluckte sich beinahe am eigenen Atem und fuhr gehörig zusammen. Was machte man da mit ihm?! Hektisch versuchte er den Kopf zur Seite zu drehen, doch augenblicklich packte die Hand wieder zu. "Fasst mich nicht an!" Unter dem Druck gelang Joey nur ein heiseres Krächzen. Eigentlich wollte er diese Worte schreien, doch das Zittern, das fest in seinem Körper saß und der brutale Griff, ließen dies nicht zu. Erneut begann er sich zu regen, versuchte sich mit den Beinen abzustützen, doch bevor er den Erfolg auch nur sehen konnte, rammte sich ein Knie auf seinen Steiß und presste ihn grob auf den Boden hinab. Joey stieß ein gedrungenes Keuchen aus, biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen den eigenen Atem, der stoßweise und rasend über seine Lippen kam. "Finger weg...!", fauchte er erneut, diesmal nachdrücklicher. "Fasst mich nicht an!!" Raue Finger krallten sich in seinen Hals, machten ihn restlos bewegungsunfähig und ließen seine Panik umso mehr steigen. Keuchend lag er dort, nackt und aufgeliefert, verkrampft schlugen sich seine Fingernägel in den groben Holzboden, die braunen Pupillen wechselten angstvoll von einer Seite zur anderen, ohne sich auf einen bestimmten Punkt richten zu können. Da war nur Dunkelheit! Eine eiskalte Gänsehaut zog sich über Joeys Körper, als dieser nach Atem rang. Was hatte man mit ihm vor?! "Nehmt...", er war kaum noch dazu imstande, zu sprechen, selbst das Atmen bereitete ihm Schwierigkeiten, "... die Pfoten... weg!" "Was meinst du?", vernahm er plötzlich eine tiefe Stimme, die sich beiläufig, beinahe schon professionell erhob. Er hielt in jeglichen Bewegungen inne und lauschte den fremdartigen Worten. Drei Männer befanden sich bei ihm. Ein Brünetter, der ihn mit dem Knie und der Hand fixierte und zwei andere. Ein hünenhafter Kerl mit kurzem struppigem Haar ging neben Joey in die Knie, rieb sich das Kinn und besah sich den vor Angst bebenden Körper mit finsterer Miene. Der dritte, der kein geringerer als der hilfreiche ältere Mann war, stand zu Joeys Füßen und rümpfte die Nase. Alle drei wirkten recht groß und stark gebaut, jedoch gepflegt und sauber. Ihre Blicke, die sich einschätzend nach unten richteten, ließen jedoch auf einen scheußlichen Charakter schließen, geprägt von Hinterhältigkeit und Brutalität, die Joey nun am eigenen Leib zu spüren bekam. Wer waren diese Männer?! "Sehr guter Körperbau." Der Hockende legte beurteilend den Kopf schief, ließ nach einer kurzen Pause die Hand vom Schoss sinken und betastete Joeys Rippen, worauf dieser erneut von einem kalten Schauder heimgesucht wurde. Ein leises Brummen, vermischt mit dem gehetzten Keuchen und dem konfusen Kratzen der Fingernägel im Holz. "Schlank." "Mm." Der Schwarzhaarige, der Joey hergebracht hatte, kratzte sich an der Wange. "Schönes Haar." Daraufhin schob der Hockende die Hand in den blonden Schopf des jungen Mannes und rieb die Strähnen zwischen den Fingern. Joey biss die Zähne zusammen und schloss die Augen. Er versuchte, in sich zusammen zu kriechen, sich vor weiteren Berührungen zu retten, doch jeglicher Versuch scheiterte bereits bei jeder geringsten Regung. "Nur etwas schwitzig", murmelte der Hockende. "Das lässt sich beheben", raunte der Brünette, der auf Joey hockte, kühl. "Das jedoch...", unweigerlich fiel sein Blick auf die längliche, auffällige Narbe, die sich knapp unter dem rechten Schulterblatt des jungen Mannes befand. Sogleich wurden auch die anderen beiden darauf aufmerksam. Naserümpfend und stirnrunzelnd nahmen sie den Schandfleck unter die Lupe. "Gibt's noch mehr davon?" Der Schwarzhaarige musterte Joeys Oberkörper genauer und erspähte eine weitere, weniger hervorstechende Narbe unterhalb des linken Ellbogens. "Wer weiß?" Der Brünette zuckte gelassen mit den Schultern. "Vielleicht kommt das ja an." Mit rigidem Nicken stimmte man ihm zu. "Sonst ist an ihm nichts auszusetzen", meinte der Stehende und wies mit einer entspannten Kopfbewegung auf den am Boden liegenden jungen Mann. "Er ist schlank, auch sonst gut gebaut, hat gute Haut, gutes Haar." Sein Blick richtete sich auf Joeys Hintern. "Und er scheint mir sehr temperamentvoll zu sein", fügte er hinzu, als er ein verbissenes Fauchen von unten wahrnahm. "Nicht mehr lange." Endlich begann sich der Brünette zu bewegen. Gemächlich nahm er den Druck von dem Knie, löste die Hand von dem zarten Hals und erhob sich. Und sobald Joey nicht mehr auf dem Boden gehalten wurde, rappelte er sich auf. Keuchend und zitternd kämpfte er sich in eine aufrechte Haltung, erlangte jedoch nicht das Gleichgewicht. Er begann zu wanken, als er auf den Knien hockte und sank zurück. Ein amüsiertes Grinsen zerrte an den Lippen der Männer, als sie sich etwas von dem jungen Mann entfernten und ihn weiterhin musterten. Hektisch und schreckhaft schob sich Joey zurück, seine Augen suchten angstvoll die Umgebung ab. Als er mit dem Rücken gegen das Bett stieß, kroch er in sich zusammen, winkelte die Beine an, schlang die Arme um die Knie und verblieb reglos. Nur seine Schultern hoben und senkten sich unter dem schwerfälligen Keuchen. "Braune Augen hatten wir noch nie", bemerkte der Schwarzhaarige, während er sich das blasse Gesicht betrachtete, die geweiteten Augen. Der Brünette stimmte mit einem knappen Nicken zu und der Dritte im Bund kehrte in gemütlichen Schritten zur Tür zurück. Als er sie erreichte, lehnte er sich durch den Rahmen hinaus in den Flur. "Lee, schieb deinen Arsch runter!!" Durch dieses unerwartete Geschrei, fuhr Joey erneut in sich zusammen. >W-was ist hier los?!< Beinahe schmerzhaft rasten die Gedanken in seinem Kopf. >Wo bin ich?! Wer sind die?!< "Machen wir aus Aschenputtel erst einmal eine Prinzessin." Der ältere Mann kehrte grinsend in den Raum zurück. "Dann sehen wir weiter." "Was denkst du, wie lange brauchen diese Schrammen, um zu heilen", brummte der Schwarzhaarige und warf der zerkratzten Haut des Blonden einen missmutigen Blick zu. "Woher soll ich das wissen", antwortete der ältere Mann stöhnend und rückte kurz an seinem Hemd. "Sehe ich aus wie ein Arzt?" In dieser Sekunde ertönten leise, schlürfende Schritte im Flur, die sich nur langsam näherten. Die drei Männer schenkten dem keine Beachtung. "Die Blindheit könnte nicht passender sein", bemerkte der Brünette hämisch. "Wie sollte der eine Gefahr darstellen?" Die anderen beiden schlossen sich seinem höhnischen Lachen an und als sie sich triumphierende Blicke zuwarfen, tastete sich eine blasse Hand um den kantigen Türrahmen und kurz darauf erschien dort ein junger Mann, der in lahmen Schritten und zusammengesunkener Haltung aus dem Flur trat. Er war größer als Joey, wirkte im Gegensatz zu diesem jedoch eher schmächtig. Gekleidet war er in einer schwarzen Hose und einem lässigen Shirt, unsicher und kraftlos setzten sich die nackten Füße voreinander und hielten inne, nachdem er den Raum betreten hatte. Nahe bei der Tür blieb er stehen und sogleich suchte die rechte Hand nach dem linken Ellbogen, um den sie sich scheinbar stützend legte. Sein Gesicht, auf dem eine kränkliche Blässe lag, versteckte sich teilweise hinter den wirren Strähnen des langen schwarzen Haares, das zu einem geflochtenen Zopf über seiner Schulter lag. Weit reichte dieser Zopf hinab, sein Ende baumelte vor der schmalen Hüfte. Noch immer nahmen die Männer keine Notiz von ihm und führten ihr Fachgespräch fort. Obgleich sich das blasse Gesicht verdeckt hielt, war doch die weiche Schönheit, das dieses ausstrahlte, nicht zu übersehen. Anmutige Gesichtszüge lugten zwischen den Strähnen hervor, wohlgeformte, jedoch trockene und spröde Lippen standen einen Spalt weit offen, so als benötige er auch den Mund, um genug Sauerstoff zu bekommen. Die schmalen Augen, die einen leichten chinesischen Hauch hatten, waren gerötet und schimmerten kraftlos, beinahe schläfrig und abwesend, ganz anders die pechschwarzen Pupillen, die eisig und emotionslos, gefühlskalt und gleichsam desinteressiert durch den Raum schweiften und sich dann geradlinig auf den nackten jungen Mann richteten, der zusammengekauert vor dem Bett hockte. Das fahle Gesicht zeigte keine Regung, als er den Fremden registrierte, dennoch wandte er den Blick nicht ab, fixierte ihn teilnahmslos und stoisch. Unter einem weiteren, scheinbar äußerst glücklichem Lachen, wandten sich die drei Männer endlich ab und machten sich auf den Rückweg zur Tür. Nacheinander verließen sie den Raum, nur der andere schenkte dem Schwarzhaarigen, der sich nicht bewegt hatte, seine geschätzte Aufmerksamkeit. "Kümmere dich, Hundesohn!", fauchte er, während er nach der Türklinke griff. "Zu etwas anderem bist du ja nicht mehr zu gebrauchen!" Somit trat er in den Flur, fand schnell zu dem Lachen zurück und schloss die Tür geräuschvoll hinter sich. Joey zuckte zusammen, als er das Donnern hörte, der Andere jedoch, schloss langsam die Augen, öffnete den Mund weiter und kämpfte um einen langen Atemzug. Dabei drang ein leises Röcheln aus seinem Hals, das Joey jedoch nicht wahrnahm, denn das eigene Keuchen übertönte diesen Laut. Mit großen Augen starrte der Blonde vor sich hin. Noch immer raste sein Atem, ebenso wie das Herz in seiner Brust. Er wagte es nicht, sich zu bewegen, verharrte reglos und hielt den Atem an, worauf dieser kurz darauf doppelt so gehetzt hervorplatzte. Was war passiert?! Verwirrt blinzelte er und verzog die Miene. Waren sie weg?! Erneut stoppte er den Atem und lauschte angespannt. Nichts. Sie mussten fort sein! Langsam und matt ließ er den Kopf sinken, schloss die Augen und stieß ein lautes Stöhnen aus. Was zur Hölle war gerade passiert?! Man zerrte ihn auf den Boden, riss ihm die Kleider weg und fügte ihm Schmerzen zu?! Hinzukommend sprach man Worte, die er nicht verstand! Und dann verschwand man plötzlich?! >Das kann nichts Gutes bedeuten.< Joey schnitt eine leidende Grimasse und versuchte, seinen Atem beruhigen. >Das ist nicht gut!< Langsam öffnete der andere junge Mann die Augen. Leblos kamen die Pupillen zum Vorschein, die sich jedoch nicht erneut auf Joey richteten. Benebelt schweiften sie zur Seite. "Verdammt..." Nur zitternd kam die Stimme über Joeys Lippen. Der Schock saß noch zu tief verankert, seine Stimme zitterte wie der Rest seines Körpers und sein Hals schmerzte. Zögerlich und benommen löste er eine Hand von seinen Beinen und hob sie zum Hals, um den sie sich vorsichtig legte. Diese riesige Hand hatte verdammt brutal zugedrückt. Langsam begann er die Haut zu reiben. >Was zur Hölle... ist passiert?< Allmählich ließen sich seine Gedanken wieder ordnen. >Ich bin erblindet...< abrupt stoppte er und die Hand hob sich stockend weiter zu den Augen. >verdammte Sch... Das kann doch nicht sein!< Erneut ächzte er leise. >Ich hätte auf Seto hören sollen!< Langsam betastete er die geschlossenen Lider. "Es ist also wahr...", murmelte er kraftlos. Er atmete tief ein, musste sich unbedingt entspannen. Matt schüttelte er den Kopf und presste die Lippen aufeinander. "Das kann doch nur ein Alp..." Plötzlich vernahm er ein leises Geräusch und nachdem sein Herz einen entsetzten Sprung gemacht hatte, fuhr er erschrocken in die Höhe und starrte zur Seite. Von dort war es zum ihn gedrungen! War einer der Männer etwa noch hier?! Benommen bewegte er die Lippen, blinzelte fahrig und suchte angespannt nach der Geräuschquelle. Diese nahm nicht ab. Nicht darauf aus, unbemerkt zu bleiben, durchquerte der Schwarzhaarige den Raum. Seine Schritte wirkten unsicher, als er sich lahm auf den alten Tisch zu bewegte. Langsam drehte Joey das Gesicht mit, verfolgte die Laute und spürte die wilden Schläge seines Herzens im gesamten Leib. Als der junge Mann sein Ziel erreichte, löste sich die Hand von dem Ellbogen, streckte sich nach der dünnen Decke aus und zog diese träge vom Tisch. Während er dies tat, machte ein verkrampftes Zucken in seinem Gesicht auf sich aufmerksam. Schnell erschien es und ebenso schnell war es verschwunden. Verspannt pressten sich die Lippen aufeinander, als er sich abwendete, auf Joey zutrottete und die Decke hinter sich her zog. Joey hörte, wie sich die schlürfenden Schritte näherten, nervös lehnte er sich in die andere Richtung und biss die Zähne zusammen. Der Reaktion keine Beachtung schenkend, erreichte der Schwarzhaarige ihn und in derselben Bewegung hob er lahm die Decke und ließ sie auf Joey fallen. Danach kehrte die Hand sogleich zum Ellbogen zurück und er wandte sich ab. Joey erschrak, als er den weichen Stoff spürte, wie er über seine Schultern hinwegrutschte und letzten Endes auf seinem Schoss liegen blieb. Irritiert hielt er inne, öffnete den Mund und lauschte den Schritten, die sich nun entfernten. "Komm mit", ertönte dann plötzlich eine Stimme, die nicht mehr als ein heiseres Nuscheln war und dennoch ausreichend, damit Joey in die Höhe fuhr. Japanisch! Da sprach also doch jemand seine Sprache?! Nervös blinzelte er, seine Hand tastete nach dem Stoff, presste ihn zittrig gegen den Körper. "Wer... bist du?" Nun, seine Stimme brach ebenfalls nicht besonders laut hervor, ähnelte der anderen, ohne dass Joey dieser Tatsache Beachtung schenkte. Angespannt und reglos wartete er auf eine Antwort. Doch die erhielt er nicht. Als hätte er die Frage überhört, gelangte der Schwarzhaarige zur Tür, tastete lahm nach der Klinke und drückte sie mit großem Kraftaufwand hinab. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, verließ er das Zimmer und blieb im Flur stehen. "Du sollst kommen." Diese, mit genervtem Nachdruck ausgesprochenen Worte, waren das einzige. Den Blick trübe nach vorn gerichtet, umklammerte der junge Mann den Bauch mit beiden Armen, blähte verausgabt die Wangen auf und schloss die Augen. Nur zögerlich begann sich Joey zu bewegen. Die Pupillen suchend auf die Geräuschquelle gerichtet, zog er stockend die Decke höher und umschlang mit ihr seinen nackten Körper. "Wohin...?" Er suchte nicht lange nach Worten, sprach nur aus, was ihm auf der Zunge lag. Und das verunsichert und gedrungen. "Wohin soll ich... wer bist du?" Die leblosen Augen des jungen Mannes blieben starr nach vorn gerichtet, so als dürften ihm gewisse Bewegungen nicht entgehen. Antworten tat er auf die verworrenen Fragen nicht. Er blinzelte matt, zog die Nase hoch und ließ einem zitternden Atem freien Lauf. Unterdessen kämpfte sich Joey stockend auf die Beine. Er fühlte eine marternde Schwäche in seinen Knien, benötigte mehrere Versuche, um aufzustehen, ohne dass er dabei Hilfe erwarten konnte. Schwankend richtete er sich alsbald auf, zog die Decke zitternd um sich und trat verunsichert einen Schritt nach vorn. War der, der da mit ihm gesprochen hatte, noch da? Er hörte nichts. Verunsichert hielt er inne, schluckte schwer und zog die Decke enger um sich. Sein Körper hatte sich noch immer nicht von diesem Schock erholt. Der junge Mann blieb weiterhin im Flur stehen und erst als Joey weitere Sekunden dort stand, wanderten die schwarzen Pupillen zur Seite und richteten sich drohend auf ihn. "Bewegung!", fauchte er scharf. Ja, er war noch da. Vorsichtig wankte Joey weiter in die Richtung, aus der die nette Aufforderung gekommen war. Er konnte nichts dagegen tun, erneut musste er schwer schlucken und die kalte Gänsehaut kehrte zurück. Er fühlte sich mehr als unsicher. Nach wenigen Schritten löste er eine der Hände aus der Decke und streckte sie tastend nach vorn. Er sah nichts, überhaupt nichts! Gleichzeitig verlangsamte er seine Schritte. Wo war die Tür? Plötzlich spürte er, wie eine warme, beinahe schon glühende Hand, seinen Unterarm umfasste und ihn nach vorn zog. Erschrocken stolperte er hinaus in den Flur und bevor er sich versah, wurde er gedreht. Zwei Hände legten sich von hinten auf seine Schultern und schoben ihn nach vorn. Unbewusst stemmte sich Joey gegen diesen Druck und murmelte undefinierbare Worte. Wohin wurde er gebracht?! "Wohin gehen wir...?", stammelte er, als er erneut gedreht und in einer anderen Richtung weiter geschoben wurde. Und das mehr als grob und unliebsam. Der junge Mann schob ihn durch den schmalen Flur und erreichte kurz darauf einen zur Küche umgebauten Raum, in dem sich gleichermaßen die Treppe befand, die in die erste Etage hinaufführte. Zu dieser schob er ihn und da er es nicht für nötig hielt, den Blonden über die folgenden Stufen in Kenntnis zu setzen, stieß Joey mit dem Fuß gegen das harte Holz, ächzte kurz auf und wurde die Treppe hinaufgedrängt, bevor er eine kurze Pause einlegen konnte. Unsicher setzte er einen Fuß vor den anderen, ertastete die Stufen und spürte immer wieder, wie man ihn ungeduldig nach vorn drückte. "Wohin gehen wir?", fragte er erneut und versuchte sich umzudrehen, was schnell vereitelt wurde. Flüchtig sah sich der junge Mann um, dann erreichten sie die erste Etage. "Halt die Klappe!" Unsanft schwenkte er Joey nach rechts und drängte ihn durch einen weiteren Flur. Erneut sah der Schwarzhaarige zurück, bevor er Joey mit einem Ruck zum Stehen brachte und eilig, beinahe gehetzt, eine der Türen öffnete. Flink drückte er sie auf, hustete leise und schob den Blonden in den dahinter liegenden Raum. Dieser spürte die Kälte blanker Fliesen unter seinen Füßen, blieb irritiert stehen und raffte die Decke höher. Hinter ihm betrat auch der junge Mann das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und schlürfte in seiner zusammengesunkenen Haltung auf ihn zu. "Wo sind wir...?" Joey drehte das Gesicht zu ihm und starrte an ihm vorbei, seine Lippen bewegten sich anschließend stumm. Der Schwarzhaarige zog desinteressiert an ihm vorbei. Sie befanden sich in einem kleinen, sauber erscheinenden Bad, das jedoch keine Fenster vorzuweisen hatte. Ohne auf den verunsicherten Blonden zu achten, hob der Schwarzhaarige die Hand. Scheinbar mit großer Anstrengung zog er ein Schubfach auf, begann träge in ihm zu wühlen und zog die Nase hoch. Nun schwieg Joey und lauschte den Geräuschen. Im Augenblick schien er in gewisser Sicherheit zu sein und brauchte keine Angst haben, auch wenn dieser Mensch, der ihn freundlich hinaufbegleitet hatte, nicht sehr gutmütig zu sein schien. Dieser wühlte immer noch, hielt dann in den Bewegungen inne und drehte kraftlos das Gesicht zur Seite, um zu einem Schemel zu linsen. Daraufhin zog er die Hand aus dem Schubfach, streckte sie nach dem Schemel aus und zog ihn zu sich, um sich auf ihm niederzulassen, so als könne er seine Beine keiner großen Belastung aussetzen. Unter einem gedrückten Stöhnen ließ er sich also sinken und wandte sich erneut dem Schubfach zu. Joey regte sich nicht und kurz darauf schien er fündig zu werden. Schleppend zog er eine Tube Salbe hervor, warf sie lahm zur Seite und drehte den Kopf, um Joey durch die wirren Haarsträhnen hindurch, mustern zu können. Missfällig, beinahe höhnisch richteten sich die schwarzen Pupillen auf den jungen Mann. Dieser ließ langsam den Kopf sinken, zog die Schultern hoch und ließ sich nach einem tiefen Atemzug wieder fallen. Der Schwarzhaarige rümpfte die Nase, hob den Arm und schob das Schubfach mit dem Ellbogen zurück. Als Joey dieses Geräusch vernahm, richtete er sich auf und verschränkte fröstelnd die Arme vor dem Bauch. Wenige Sekunden vergingen in dieser Atmosphäre. Joey, der verloren dort stand und nicht wusste, wie er angestarrt wurde. Das Schweigen machte ihn jedoch nervös und so rang er sich zu einer weiteren Frage durch. Verzweifelt versuchte er, den Anderen im Raum anzuschauen, was jedoch nicht gelang. Wieder starrte er an ihm vorbei. "Wer bist du?", hauchte er leise. Als hätte Joeys Stimme ihn aus den Grübeleien gerissen, blinzelte der Angesprochene müde und streifte sich träge die langen Strähnen zurück. "Lee", antwortete er dann nuschelnd und merkwürdig kooperativ. Sogleich spürte Joey eine milde Erleichterung. Sein blasses Gesicht erhellte sich etwas und Lee kam schleppend auf die Beine, wobei er sich abstützen musste. "Lee", wiederholte Joey leise und linste zur Seite. "Ich bin Joey." "Mm." Das schien Lee nicht besonders zu interessieren. Teilnahmslos rieb er sich den Bauch, zupfte an seinem Shirt und erreichte Joey nach wenigen Schritten. Langsam hob er die Hände, um nach der Decke zu greifen. "Lee...", meldete sich da Joey zu Wort und sogleich hielt dieser in der Bewegung inne. Reglos blieb er stehen und besah sich die verunsicherten braunen Augen mit nicht weniger Abneigung als zuvor. "Wo sind wir hier...?" Lee lehnte sich etwas zurück, verzog die Augenbrauen und rümpfte die Nase. Er schien kurz zu grübeln, vielleicht auch nur abzuschätzen, wie er es sagen sollte. Die Antwort erbrachte er dennoch sehr schnell und in seiner Stimme, die sich endlich richtig zeigte, lag keine Emotion, nichts, das mit einem leisen Mitgefühl zu vergleichen wäre. "An einem Ort, der dein Tod sein wird", meinte er heiser und kraftlos. Gleichzeitig griff er nach der Decke und bevor Joey sie festhalten konnte, wurde sie ihm fortgezogen. Sogleich spürte Joey die Gänsehaut noch deutlicher. Nicht nur das Verschwinden der Decke, nein, auch die Worte... Konfus verzog er das Gesicht. "Mein..." Er verstummte, als er wieder die zärtlichen Hände spürte. Die Hände, die ihn in eine andere Richtung drehten und ihn dabei nicht mehr berührten, als dringend nötig. "Mein Tod...?" Lee antwortete nicht und drängte ihn nach vorn, direkt in die Dusche. Verwirrt hob Joey die Hände, als er den glatten Boden spürte. Er wollte wieder fragen, immer und immer wieder, bis er die Antwort hatte! Doch über seine Lippen kam nur ein ungewisses Murmeln. >Mein Tod?!< "Das ist ein billiges Bordell." Lee beugte sich mühsam an ihm vorbei und tastete nach einem der Hebel. Ohne zu zögern stellte er ihn um und warmes Wasser prasselte auf Joey herab, der höllisch erschrak und den Kopf vorerst mit beiden Armen verdeckte. "Hier kommst du nicht raus", vernahm er die entkräftete Stimme durch das laute Rauschen des Wassers. "Hier wirst du zu Grunde gehen." Somit griff Lee nach der Tür und schloss sie. Joey bewegte sich nicht. Reglos stand er dort und spürte, wie das warme, beinahe heiße Wasser über seinen Körper glitt, spürte das Brennen, als es über die Schrammen hinweg lief. Seine ausdruckslosen Augen starren in die endlose Schwärze, die sich vor ihm auftat. Erst, als das Wasser auch über sein Gesicht rann und die blonden Strähnen nass auf seiner Stirn hafteten, blinzelte er. Anschließend fanden seine Pupillen den Weg nach unten, die Lider hielten sich leicht gesenkt und das Wasser tropfte von seinen Wimpern. Bordell... Er konnte sich nicht regen, fühlte sich, als hätte sich Stein durch all seine Glieder gefressen. Die Hände hingen entspannt hinab. Die Schmerzen der Verletzungen, die seinen gesamten Körper überzogen, schienen sich zu lindern, kurz darauf waren sie kaum mehr wahrnehmbar. Bordell...? Langsam begannen sich seine Lippen zu bewegen. Sie formten stumme Worte, ungläubige Worte, erneut blinzelte er, ein Druck bildete sich in seinem Hals und er bekämpfte ihn mit einem erneuten Schlucken. Das Rauschen in seinen Ohren wurde lauter, stärker, glich einer reißenden Flut. Bordell?! Joey zuckte zusammen. Mit einem Mal fuhr er in die Höhe. Hastig hoben sich seine Hände, zittrig legten sie sich gegen die Tür der Dusche. "Lee!" Die Stimme kam nur gedrungen über seine Lippen, zu schnell raste sein Herz, als dass er sie kontrollieren könnte. Gehetzt atmete er aus, schnappte nach Luft und ballte die Hände an der dünnen Tür zu Fäusten. "Lee!!" Was hatte das zu bedeuten?! Wie konnte das sein?! Joey biss die Zähne zusammen, winkelte das rechte Bein an und ließ sich keuchend nach vorn sinken, bis seine Stirn zwischen seinen Fäusten an dem kühlen Glas lehnte. Verbissen schloss er die Augen, seine schmalen Schultern hoben sich unter einem entsetzten Ächzen. >Das ist nicht wahr!< Zog es ihm rasend schnell, beinahe schmerzhaft durch den Kopf. >Heißt das... heißt das...< "Lee..." Nun versagte seine Stimme ihm den Gehorsam. Sie brach, glich einem kraftlosen Keuchen. "Was heißt das...?" Seine Worte verloren sich im Rauschen des Wassers, keine Antwort drang zu ihm. Es herrschte Stille. Langsam stützte Kaiba die Ellbogen auf die Knie, faltete die Hände ineinander und stützte die Stirn auf sie. Seit nunmehr einer Stunde saß er dort, ohne sich groß zu bewegen. Die meiste Zeit über, hatte er auf nicht existente Punkte gestarrt, nun hielt er die Augen geschlossen und gab sich den Gedanken hin, die er bereits unzählige Mal durchlaufen hatte. Was war geschehen? Wo war Joey? Wie ging es ihm? War das Befürchtete eingetreten? Langsam öffnete er den Mund einen Spalt weit, atmete tief ein und richtete sich langsam auf. Noch immer wurde gesucht, nur, dass sich wenigere Menschen beteiligten. Nur hie und da sah Kaiba einen Mitarbeiter des Camps von Bungalow zu Bungalow huschen. Phlegmatisch folgten seine Augen ihnen. Sie würden Joey nicht finden. Es war bereits jeder Winkel des Camps auf den Kopf gestellt worden und nun befassten sich die Suchenden lediglich damit, einen jeden dieser Orte noch einmal zu überprüfen. Kaiba ließ die Arme baumeln und atmete erneut tief durch. Er hatte von Anfang an nicht geglaubt, dass Joey noch hier war. Nein, etwas musste passiert sein. Müde schloss er die Augen, stieß ein leises Stöhnen aus und rieb sich die Stirn. 'Weshalb?', fragte er sich immer und immer wieder. Weshalb konnte nichts nach Plan laufen? Er war kurz davor gewesen, mit Joey nach Domino zurückzukehren und nun war dieser verschwunden...? Nicht gerade das Beste, das ihnen passieren konnte. Allmählich kam er wieder zu sich, kehrte in die Realität zurück und blinzelte. Auch wenn er es sich nur ungern eingestand, Herumsitzen würde zu nichts führen. Er musste etwas tun. Irgendetwas! In seinem Kopf tummelten sich bereits die grausamsten Fantasien, auch deshalb musste er sich ablenken, die furchtbaren Sorgen und Ängste loswerden, auch wenn es triftige Gründe für sie gab. Er räusperte sich, begann sich träge zu bewegen und warf einen gezielten Blick auf die Uhr, die er am Handgelenk trug. Bald würden Duke und die anderen zurückkehren. Er nagelte den Blick an den goldenen Zeiger, der sich unablässig fortbewegte. Was sollte er ihnen sagen? Dass Joey fort war? Vielleicht sogar blind und hilflos...? Beinahe reflexartig schüttelte er den Kopf und ließ den Arm auf das Knie zurücksinken. Nein. Es war nicht die Tatsache, dass er sich schämte, da er die Verantwortung für Joey getragen und augenscheinlich versagt hatte. Er fürchtete sich auch nicht vor Vorwürfen. "Warum hast du uns nichts gesagt?!" oder: "Joey geht uns auch etwas an!". Nein, es war etwas anderes, das ihn zu dieser Entscheidung trieb, etwas, das sich ohne Vorwarnung in seinen Kopf eingeschlichen hatte, etwas Ungewohntes. Für Joey und ihn hatte es schon seit längerem festgestanden, dass diese Klassenfahrt kein Erfolg war. Für sie war sie eher verloren gegangen, nicht so wie für Duke, Yugi, Tea, Bakura und Tristan. Die litten noch nicht unter all zu großen Sorgen. Joey hat Migräne, Joey hat Kopfschmerzen... mehr nicht und das war keine Besonderheit. Kaiba ballte die Hände zu Fäusten, beobachtete einen jungen Mann, der, sich umblickend, an ihm vorbeieilte. Aus irgendeinem Grund wünschte er sich, dass die Fünf die Klassenfahrt auch weiterhin genießen konnten. Vor allem Duke, den er schon zu oft in eigene Angelegenheiten hineingezogen hatte, der Spaß und Erholung nötig hatte, um all das Vergangene endlich zu vergessen. Doch wie sollte er das anstellen? Wie sollte er dafür Sorge tragen, dass sie nicht unter den gleichen Ängsten und Sorgen litten, wie er? Bevor er diesen Gedanken beendet hatte, begann sein Kopf zu arbeiten, in kürzester Zeit nach einer Lösung zu suchen. Sollten sie ihn doch dafür hassen. Er tat, was er als das Beste ansah, zu ihrem eigenen Schutz. Sollten sie doch mit ihren Vorwürfen kommen. Er musste sich nicht rechtfertigen! Wieder verharrte er reglos und betrachtete sich den Kies, der einen schmalen Pfad zu dem hübschen Bungalow bildete. Er grübelte, grübelte verbissen und kam so zu einer Möglichkeit. Finster blickte er auf und blinzelte unter der Sonne. Oh, sie würden ihn hassen! Und sie würden ihm Vorwürfe entgegenbringen! Er biss sich auf die Unterlippe und spreizte die Finger. Weshalb zur Hölle machte er sich solche Gedanken um die anderen! Seine Miene verzog sich zu einer Grimasse. Was die dachten und wollten, konnte ihm doch gleichgültig sein! Erneut linste er zu seiner Uhr, gleichzeitig kam er auf die Beine. Wann kamen sie zurück? In zwei Stunden? Oder war es nur noch eine? Er wusste es nicht, was er jedoch wusste, war, dass er keine weitere Zeit verschwenden sollte. Flüchtig drehte er sich zu dem Bungalow um, bevor er in sicheren Schritten auf das weiße Gebäude zusteuerte. Ohne auf jemanden zu achten, erreichte er es, ließ die Tür hinter sich und machte sich auf den Weg zum Büro des Campleiters. Die Tür, die zu diesem Raum führte, stand angelehnt. Schon von weitem hörte Kaiba aufgeregte Stimmen, die wild durcheinanderquasselten. "Das ist ein Skandal!", hörte er den Campleiter rufen. "Hören Sie, wir müssen aber...", ertönte auch eine zweite Stimme, die von einer Dritten und Vierten schnell unterbrochen wurde. Kaiba verlangsamte seinen Gang nicht, dieses Gespräch hatte nichts mit seiner Entscheidung zu tun! Mit einer bestimmten Bewegung hob er die Hand und drückte die Tür auf. Ohne zu Zögern betrat er das Büro und die Anwesenden verstummten durch sein Erscheinen. Drei Mitarbeiter des Camps drehten sich zu ihm um, der Leiter blickte auf. Nur beiläufig musterte Kaiba seine verzerrte Miene, ließ die Tür hinter sich und bahnte sich einen Weg durch die drei Männer, direkt auf den Schreibtisch zu. "Dürfte ich Sie bitten, den Raum zu verlassen?", murmelte er nebenbei, jedoch nicht bittend, nein, auch ihm fehlten die Nerven, um sich mit drei Mitarbeitern anzulegen. Die Nerven fehlten einem jeden von ihnen. Die drei wechselten erschütterte, beinahe wütende Blicke doch mit einer zögerlichen Handgeste bestärkte der Campleiter Kaibas Befehl und murrend drehten sie sich um. Vor dem Schreibtisch blieb Kaiba stehen, umfasste die Hände auf dem Rücken und machte den Anschein, auf etwas gestoßen zu sein, dass sie alle rettete. Auch dem Campleiter fiel diese Tatsache auf und sein Blick wirkte recht hoffnungsvoll, als er ihn von der geschlossenen Türe auf den jungen Mann richtete. "Was wollen Sie?", murmelte er. "Ich will eine Bitte an Sie richten", antwortete Kaiba ohne zu zögern. "Und ich hoffe, dass Sie dieser Bitte stattgeben, wie schwerwiegend sie auch ist." Die Augen des älteren Mannes weiteten sich befürchtend und Kaiba blieb energisch, beinahe kühl und unbeteiligt. Mit dem nächsten Satz sprach er alles aus, was er verlangte. "Ich will, dass Sie Josephs Verschwinden vertuschen. Befehlen Sie Ihren Männern Stillschweigen und lassen Sie keinen der Campbesucher erfahren, was geschehen ist." Er legte keine Pause ein, ließ dem Mann keine Zeit, um die Zweifel zu äußern, die sicher in geraumen Mengen vorhanden waren. "Noch heute werde ich mit Josephs und meinem Gepäck das Camp verlassen und hinunter in das Dorf gehen, wo ich eine Suchaktion starten werde. Sie werden verkünden, dass ich mit ihm nach Japan zurückgekehrt bin, außerdem, dass sich sein Zustand gebessert hat." "Das...", das Gesicht des älteren Mannes verlor an Farbe, die Lippen bewegten sich entsetzt, "... das ist unerhört!" "Nicht nur das", erwiderte Kaiba. "Es ist kriminell." "Und deshalb kann ich dieser Bitte nicht nachgeben!!" Der Mann fuhr in die Höhe, der gepolsterte Stuhl rutschte zurück und Kaiba hob unbeeindruckt eine Augenbraue. "Ich werde mich an die Polizei wenden, ohne auf das Camp zu sprechen zu kommen, das scheinbar durch die hohen Besucherzahlen floriert. Sicher kann es sich keinen Skandal leisten und das unerklärliche Verschwinden eines Besuchers, für den Sie die Verantwortung tragen, ist ein solcher Skandal, meinen Sie nicht?" Der Mann wollte erneut schreien, nun wurde sein Gesicht rot, doch Kaiba schnitt ihm das Wort ab. "Ich erwarte, dass diese Suche erfolgreich enden wird." >Irgendwann ersticke ich an diesen Lügen.< "Wir werden Joseph finden, allzu weit kann er von hier nicht entfernt sein. Und sollten wir diesen Erfolg erreicht haben, so wird der Name Ihres Camps nie gefallen sein." Mit ausgestreckten Beinen hockte Lee auf einem kleinen Schemel, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Heizung und wendete abwesend die Hände, die ineinander gefaltet waren. Teilnahmslos verfolgten seine schwarzen Augen die stockenden, schwachen Bewegungen, während neben ihm die Dusche rauschte. Seit fünf Minuten verharrte er in dieser zusammengesunkenen Haltung, seit vier Minuten rauschte das Wasser, ohne ein Ächzen durchdringen zu lassen. Stille. ~*To be continued*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)