WoW - Geschichten von Soulprayer (Erzählungen, Sagen und Legenden) ================================================================================ Kapitel 8: Tagebucheintrag 7: Der Dolch --------------------------------------- Die Sonne funkelte golden am blauen Himmel, als ein Rotkehlchen auf einen Sims geflogen kam und neugierig sein Spiegelbild im Fenster betrachtete. Es sang sein Lied, doch wurde es von einer vorbeifahrenden Kutsche aufgeschreckt und flog wieder von dannen. Obwohl es schon früher vormittag war, gab es kein geschäftiges Treiben in den Straßen von Stormwind. Fast schon idyllisch lagen sie da - - ein paar wenige Leute, die auf den Weg zum Markt waren, gingen den Pflasterweg entlang. Es war weder ein langweiliger, öder Tag, noch ein Vorbote schrecklicher Ereignisse. Doch diese herrlich schöne Stunde eignete sich perfekt, um zu verschlafen. "Waaaaaaaas?", erscholl aus einem hochgelegenen Fenster eine Frauenstimme, und ein gehetztes Treiben setzte ein. Innerhalb von wenigen Sekunden war Zimonee angezogen, doch ihr fehlte trotzdem etwas... "Wo verdammt noch mal ist mein Dolch?", fluchte sie gepresst und wuchtete mit übermenschlicher Kraft der Verzweiflung die Matratze aus dem Bettgestell - der letzte Ort, an dem das gute Stück noch hätte sein können. Der kleine Raum, den sie in der Gaststätte gemietet hat, sah aus wie in einer Gnomenwerkstatt: umgekippte Stühle, zerwühlte Tische, alles was nicht niet- und nagelfest war, lag auf dem Boden verstreut. Zimonee war verzweifelt, sie konnte es nicht glauben, daß ausgerechnet ihr Dolch fehlte, und ihr bislang verdientes Gold lag bis auf den letzten Kupfer auf ihrem Tisch - wer ist so verrückt und klaut einer Mörderin ihre Klinge? Ohne ihn fühlte sie sich nackt! Sie nahm ihr Kopfkissen und warf es wutentbrannt gegen die Tür. Ihre selbstgebastelte Falle meldete sich mit einem Glockenspiel zu Wort und ließ eine Diebin in einem gefährlich stillen Raum zurück. Vor dem Bett zusammengesunken und ihren Kopf in ihren Beinen vergraben, überlegte sie, wo ihr liebstes Stück sein könnte. Der Tag fing eindeutig nicht gut an und sie spürte, daß dies noch nicht das Ende war. Nach endlosen Minuten entschloss sie sich, das Zimmer zu verlassen und zum Gildentreffen im Blauen Eremiten zu gehen - sie kam ja eh zu spät, also brauchte sie sich nicht zu beeilen. Schlecht gelaunt ging sie die Treppe hinunter, bestellte sich in der Schenke was zu Essen und genehmigte sich einen großen Humpen Zwergenbier, um ihre aufkommende Migräne zu bändigen. Und noch einen weiteren, falls die Migräne später nochmals Hunger bekommen sollte. Und einen dritten - als Reserve. Sich so Mut angetrunken, ohne Dolch die Gaststätte zu verlassen, legte sie ein paar Silber auf den Tisch und verließ leicht beschwipst - trinkfest war sie schon immer - die Wirtschaft. Die Sonne ließ sie leicht blinzeln und stand mittlerweile zwei Handbreit über dem Horizont. Doch immer noch schwenkte ihr Blick leicht beunruhigt, fast schon paranoid, hin und her. So folgte sie der Straße bis zum Marktdistrikt, wo sie mit zielstrebigen Schritten zum dortigen Waffenhändler ging. Ganz ohne Dolch konnte und wollte sie nicht vor ihren Gildenkollegen erscheinen. Beschwingt betrat sie die Verkaufsraum und sah sich um: Zweihand-Schwerter, Langschwerter, Kurzschwerter, Säbel, Äxte, Streitkolben, Morgensterne, Stäbe... doch nirgendwo Dolche. Verwirrt schaute Zimonee nochmals überall nach, an den Wänden, im Schwert- und Axtständer, auf der Verkaufstheke, bis der Händler sie fragte, was sie suche. "Einen Dolch!", beschwerte sie sich beinahe hysterisch, "ich suche einen Dolch!!!" Konfus erwiderte der Verkäufer ihren Blick. "Tut mir leid, sowas habe ich nicht." "Wie können sie keinen Dolch haben? Jede andere Waffe steht hier in ihrem Ständer, selbst so einen bescheuerten Magierstab haben Sie in Ihrem Sortiment, aber keinen Dolch?" "Was ist das überhaupt?", fragte dieser verständnislos. Fassungslos und entgeistert packte Zimonee ihn sehr plötzlich an den Kragen, schaute böse in seine Augen und sagte mit drohend bebender Stimme: "Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?" So überrumpelt von der nicht zu ahnenden Kraft der schlanken Frau konnte der stämmige Mann ihr nichts entgegnen - zumal er so nah ihre Bierfahne roch und seine Beine nicht mehr den Boden berührten. Stattdessen antwortete er mit ängstlicher Stimme: "Vielleicht bei der nächsten Lieferung? Fragen sie doch mal im Zwergendistrikt - oder der Schmiede von Goldshire." Beherrscht und wieder bei Sinnen stellte sie den armen Mann wieder auf seine Füße und ließ ihn langsam los. "Tschüß", sagte sie knapp und gefasst, dann rauschte sie wutentbrannt auf den Marktplatz hinaus. Wieder einen schnellen Schritt aufnehmend rannte sie fast schon zum Blauen Eremiten im Magierviertel, ungeachtet rempelte sie dabei alle Leute an, die sich ihr törichterweise in den Weg stellten. Ein paar Minuten später und dreiundsiebzig Silber reicher kam sie an ihrem Ziel an. Sie betrat die Taverne und einen kurzen Moment später schauten sie fünfzehn Augenpaare an. "Ah, da gesellt sich Zimonee doch noch zu uns.", sagte Eärendils, der Gildenleiter, spitz und lächelte sie verschmitzt an. "Hallo Zii", begrüsste Talios sie herzlich, bevor sie - vor Wut explodierend - zum Wort kommen konnte. "Wer beim schwarzen Drachen Nefarian hat meinen Dolch? Und ich warne Euch, das finde ich absolut nicht witzig!", donnerte ihre Stimme im Schankraum. Die eintretende, bedrückende Stille wirkte so bedrohlich, daß sich Talios, Zimonees Lebenspartner, erhob und zu ihr ging, um sie zu beruhigen. "Was ist denn los?", fragte er sie und umarmte sie herzlich von der Seite, wohlwissend sie in ihrer momentanen Situation nicht noch mehr zu provozieren. "Mein Dolch ist weg! Ich kann ihn nicht mehr finden!!!", schrie sie verzweifelt und unterdrückte mit aller Wut ihre Tränen. "Du hast getrunken, Zii", bemerkte Talios vorwurfsvoll unbedacht dieser Konsequenzen. "Wiebitte?", schnappte sie brüllend nach Luft, "Du hast Dich vor mir aus dem Staub gemacht, ich habe verschlafen, finde meine Dolche nicht und Du hast mir nichts besseres zu sagen, als dass ich getrunken hätte?" Die Spannung in der Stille war so gefährlich knisternd und sie blickte ihn noch zorniger an, als sie vorher schon geschaut hat. Mit ihrem Finger auf seine Brust zeigend und ihn langsam in die Ecke drängend, kreischte sie ihn weiter an: "Was glaubst Du eigentlich, wieviel mir der Dolch wert ist? Das war ein Geschenk des Ravenholdt-Anwesens für gute Arbeit, und jetzt ist er..." Im Wort unterbrochen, blökte plötzlich ein Schaf den Satz zu Ende. "Oh, das wird sie mir nie verzeihen...", murmelte Talios und schob sich angsterfüllt von der Wand weg, zu der sie ihn hingedrängt hatte. "Weiß jemand, was sie meint?", fragte Eärendils in die Runde und sein Blick blieb vor allem an Bunnybaby und Vaco hängen, welche (zumindest gildenintern) bekannterweise auch zum SI:7 gehörten. Sie schüttelten beide reserviert den Kopf. Das Schaf blökte ein weiteres Mal entrüstet auf. Endlose Sekunden vergingen, während Talios sich sicherheitshalber hinter den Tisch blinzelte, um so das Schaf von ihm abzuschütteln. Als der Zauber nachließ und sie sich zurückverwandelte, schaute sie so düster in die Runde, als wäre sie Rend Blackhand höchstpersönlich. "WIRT EIN BIER - UND ZWAR SOFORT!", schrie sie und stampfte zum Tresen. Niemand wagte es, sie anzusprechen und ließen sie gewähren. Am Ausschank angekommen, setzte sie sich auf den nächsten Barstuhl und ignorierte das leise Flüstern hinter sich, während sie ihr mittlerweile viertes Bier trank. Ein wenig später spürte sie, daß jemand näher kam. "Was willst Du, Vaco?", fragte sie ohne aufzuschauen. "Woher weisst Du, daß ich das bin?" "Du verlierst immer beim Stein-Schere-Blatt.", entgegnete sie und schaute ihn an. Seufzend setzte er sich neben sie. "So wie heute kennen wir Dich überhaupt nicht.", sagte er vorsichtig. "Dir fehlen ja auch nicht die Schwerter", frustriert nahm sie noch einen Schluck Bier, "ich fühl mich so nackt ohne Dolch." "Ein.... Dolch?", fragte er vorsichtig. "Ja, ein Dolch!", betonte sie, "ein kleines Stück Stahl mit Griff." Sie nahm ihre Hände, um die Größe zu veranschaulichen. "Du meinst ein kleines Kurzschwert?", bot er ihr hilfesuchend an. "Nein!", sagte sie mit gefährlichem Unterton, "einen Dolch!" "Ei... Einen Dolch! Aha.", der Nachtelf dachte schnell nach, "wie sah Deiner nochmal aus?" "Das Griffholz war mit blauer Rochenhaut umwickelt - die Parierstange war so lang", sie formte die Länge mit ihren Händen, "und die Klinge ist 30 Zentimeter und mit Blutrinne." "Sehr schön", Vaco hörte sich interessiert die Beschreibung an, "aber mit so einem schönen Dolch hast Du doch nicht gekämpft, oder?" Er versuchte, es so normal klingen zu lassen, wie es ihm möglich war. "Was soll das heißen?", schnappte sie zurück, "ich habe immer mit ihm gekämpft!" Nach Hilfe suchend blickte er zum Tisch, wo die anderen saßen - doch sie schauten ihn aufmunternd mit der 'Du-schaffst-das-schon'-Miene an. "A... Aber...", brachte er nur vor. Zimonee half ihm. "Am besten ist, du sagst jetzt nichts.", sie beäugte ihn skeptisch, "als Schwertschurke verstehst Du sowas eh' nicht." Ein paar Silber rollten über den Tresen und die schwarzhaarige Frau wandte sich nochmals der Gruppe zu, die am Tisch saßen. Als sie am Tisch ankam, schwieg jeder. "Entschuldigt", äußerte sie sich knapp, "lasst mich einfach in Ruhe - wie ihr seht bin ich ziemlich schlecht gelaunt." So dehnte sich der Vormittag über das Gildentreffen, bei dem sie sich zum ersten Mal mit keinem Wort beteiligte und sich ganz allein vorkam. Was ist plötzlich los? Warum kennt niemand einen Dolch? Es wäre, als hätte ein Eredar plötzlich beschlossen, die Welt von dieser Art von Waffen zu säubern. Über diesen Gedanken hängend und weiteren folgenden Schreckensszenarien, knirschte sie unbewusst mit den Zähnen, was ihre Freunde beunruhigt wahrnahmen. Als sich zum Mittag hin die Freundesgruppe nach ihrem gemeinsamen Essen auflöste, beschloß sie, das Ravenholdt-Anwesen in den Bergen von Hillsbrad aufzusuchen. Sie nahm den nächsten Greifen nach Southshore und nahm den geheimen Weg nordlich von Tarrens Mühle, um zum Ravenholdt-Anwesen zu kommen, wo sie vor langer Zeit ihre Ausbildung beendet hatte. Am Eingang waren zwei Wachen aufgestellt, die Zimonee aufhielten. "Was führt Euch hierhin, Zimonee?", fragte der rechte von ihnen. Sie beäugte die Wärter kurz - beide trugen die begehrten Dal'Rend Waffen aus der Schmiede des Blackrock. "Ich ersuche eine Unterredung mit Lord Ravenholdt.", sagte sie. "Wartet hier bitte kurz, ich werde Euren Besuch ankündigen.", erwiderte er und ließ sie mit der anderen Wache allein. "Schöne Waffen", begann sie das Gespräch mit dem anderen Wärter, "aber ich wette mit meinen Dolchen würd ich Euch besiegen." "Mit was, bittesehr?", blickte er sie fragend an, bemerkte ihre Bierfahne und griff automatisch zu den Waffen. "Ich bin unbewaffnet!", entgegnete sie - die Händen erhoben, "ich meinte nur, daß wenn ich Dolche hätte, würde ich Euch im Kampf schlagen können." Verunsichert ließ dieser die Waffen stecken. "Und was soll das bedeuten? Wollt ihr mir drohen?" "Wie, 'was soll das bedeuten?'", äffte sie ihn nach, "ich wollte mich nur mit Euch unterhalten. Wisst ihr etwa nicht, was ein Dolch ist?" "Nein, scheint aber eine Waffe zu sein, die ihr beherrscht.", erwiderte er und schaute sie vorsichtig mit erhobener Augenbraue an. "Jawohl, da habt ihr recht", sie erklärte ihm kurz, was ein Dolch sei. Der Wächter bekam einen Lachanfall. "Ihr wollt mich mit einem Messer besiegen?", belustigt schaute er durch die Tür, um zu schauen, ob sein Kollege schon da ist, "das muss ich gleich Herger erzählen!" Zimonee biß sich auf die Zunge, um eine spitze Bemerkung zu verkneifen. Die hatten doch keine Ahnung! Innerlich brodelte sie wieder und die Erinnerungen vom Vormittag brachten sie zusätzlich in Rage. Komm wieder runter, beruhigte sie sich, vor Lord Ravenholdt muß ich Fassung bewahren. Langsam atmete sie aus und wieder ein. Ein wenig später war die Wache namens Herger da. "Lord Ravenholdt empfängt sie jetzt", sagte er, "und macht bloß keinen Ärger, ansonsten kommt Herger!" Die zweite Wache prustete los und fing an, vom Gespräch zu erzählen. Zimonee ignorierte sie - die Jugend hat heutzutage keinen Respekt mehr - und trat ein. Ohne viel zu suchen, fand sie ihren Gesprächspartner an der Veranda im zweiten Stock stehend. "Grüß Euch, Zarina", das war ihr richtiger Name, "wie schön Euch wiederzusehen!" "Seid gegrüsst, Lord Ravenholdt.", sie machte einen Knicks wie es sich geziemt. "Was ist der Grund Eures Besuches? Habt ihr Übungsschlösser für die Neuen mitgebracht?" Natürlich hatte sie daran gedacht, es ist schließlich auch ihre Aufgabe, bei der Ausbildung der Neuzugänge mitzuhelfen. "Ja, aber ich hätte da noch eine...", wie sollte sie es nennen?, "... eine Idee zu einer besseren Ausbildung!" "Ah, dann lasst hören. Wollt ihr einen Schluck Wein? Setzt Euch doch." Dankend nahm sie das Angebot an und setzte sich mit ihm an einen nahen Tisch, ein Diener brachte ihnen sofort den Wein. "Also", sie dachte schnell nach, "ich hab da eine Erfindung, ich nenn sie Dolch." "Hört sich ja schon gefährlich an", nickte er zustimmend, "was macht sie?" Sie seufzte innerlich - sie hatte es geahnt. Wie ausgelöscht - als ob Dolche nie existiert hätten! Solch wunderbare Waffen... "Es ist eine Waffe, die man in der Hand führt.", fing sie an und erzählte ihm ganz ausführlich, von ihrem Traum eines perfekten Dolches. Als sie geendet hat, Lord Ravenholdt hat ihr aufmerksam zugehört, wartete sie gespannt auf seine Antwort. "Also kürzer als ein Kurzschwert", resümierte er nachdenklich, "das macht doch keinen Schaden, da muß man ja außerdem ganz nah an den Gegner ran!" Er machte eine zustechende Geste. "Nicht wirklich besser als ein scharfes Messer, da bleib ich lieber bei Schwert und Kolben. Es tut mir leid." "Aber... aber... mit einem Dolch kann man viel schneller kämpfen!", stotterte sie um zumindest ein Argument aufzubringen, "außerdem ist es pflegeleichter und man kann es auch im Hosenbein oder woanders verstecken, wenn man nicht direkt auffallen möchte! Und wenn man den Dolch noch zusätzlich vergiftet, kann er beinahe unbemerkt eingesetzt werden, dann braucht man das Opfer nur anzukratzen!" Abwägend saß er da, hin und hergerissen. "Ich sag Dir was: Bau diesen Dolch", das neue Wort kam ihm zweifelnd über die Lippen, "und wenn Du mich im Duell vor allen anderen Mitgliedern damit besiegen kannst, so unterstütze ich das Projekt!" Überschwenglich stand sie auf. "Danke!", sie verbeugte sich, "ich fange sofort an!" "Aber wenn ich gewinne", er setzte eine ernste Miene auf, "bist Du nicht länger Dieb und Assassine. Dein Zertifikat der Diebeskunst verliert seine Gültigkeit und kannst es nicht wieder erwerben. Du darfst das Anwesen dann nicht mehr aufsuchen, es sei denn Du hast Selbstmordgedanken. Im weiteren stehst Du dann unter ständiger Beobachtung." Zimonee schluckte, und dachte einen Moment darüber nach. Nein, wenn das der Preis ist, dann werde ich ihn zahlen! "So sei es", sagte sie nach einem Augenblick. "Du hast sechs Wochen Zeit. Heute in sechs Wochen erwarte ich Dich hier, sobald die Sonne im Zenit steht. Kommst Du nicht und trittst nicht an, werden meine.... Agenten Dich finden." Die ungesagte Drohung blieb im Raum stehen und Zimonee kam ein Schauer über den Rücken. "Dann will ich keine Zeit verschwenden.", sagte sie knapp und verbeugte sich. "Gut, Du bist entlassen.", erklärte Lord Ravenholdt und befahl ihr mit einer Hand geistesabwesend, ihn nun allein zu lassen. Umgehend suchte Zimonee den besten Schmied in Ironforge auf, und erklärte ihm ihren Plan - und wieviel Zeit er hätte. "Nun, Ihr wollt, daß ich Ihnen zwei Messer in vier Wochen schmiede?", fragte er stirnrunzelnd. "Nein, keine Messer - Dolche!" "Wunderbar, Dolche!", er spuckte aus, "ich hab Kunden, die mich für wichtigere Arbeit bezahlen." "Aber ich kann zahlen!", bettelte sie beinahe, "wie wär's mit zehn Gold je Tag?" "Zehn Gold?!", lachte Hrothmir sie an, "Hundert!" Goldgeiles Flohmonster, fluchte sie. "Fünfzig!" "Pah! Neunzig!" Zimonee rechnete nach, "Siebzig Gold und fünfhundert wenn sie rechtzeitig fertig werden!" Hrothmir dachte etwas nach, rechnete, dachte nochmals nach, rechnete abermals und sagte dann: "Na gut, aber keinen Kupfer weniger". "Beinhaltet das die besten Materialien?", fragte sie nach. "Pah! Mithril und Echtsilber muß gut genug dafür sein.", Hrothmir spuckte wieder aus. "Ich will Thorium und Arkanit haben.", mittlerweile war Zimonee genervt. "Aber nicht von meinen Vorrat!", donnerte er mit seiner harten Stimme und schaute zu ihr energisch hoch, "außerdem brauche ich noch zwei Feuerkerne, vier Blut des Berges, zwölf Sternrubine, zwölf azerothianische Diamanten, zwölf große Opale und vier verzaubertes Leder." Bei allen guten Geistern, wo soll ich das alles herbekommen?, ein Schatten legte sich auf ihr Gesicht - innerlich schimpfte sie auf die Zwerge, besonders den vor ihr. "Wenn ihr nicht rechtzeitig fertig seid, geht ihr mit mir in den Tod.", schwor sie ihm. "Na, wenn das kein Antrieb ist", trällerte er fröhlich, "aber über das Gold freue ich mich mehr." Mit verkrampften und zu Fäusten geballten Händen wollte sie die Schmiede verlassen. "Holt ein paar Arkanitbarren, verzaubertes Thorium und einen Lavakern, dann fang ich umgehend an.", rief Hrothmir ihr nach. Zimonee fühlte bar dieser Menge einen Schauer über den Rücken laufen - sie brauchte unbedingt ein Bier, die Reserve von heute morgen reichte nicht mehr für die Migräne. Sie stellte sich schon einen Dolch - Nein Halt! - ein Schwert im Rücken vor. Für diesen Tag hatte sie genug. Zurück blieb nur ein Kopf schüttelnder Meisterschmied. "Die Menschen sind ein komisches Volk - vor allem die Frauen...", murmelte er. Einen Monat und vier Tage später - ja, Hrothmir hat es nicht geschafft - hielt Zimonee die beiden Dolche in ihrer Hand. Begeistert wär schon untertrieben, himmelhochjauchzend auch - es war einfach nicht zu beschreiben, in welchem Glückszustand sie schwebte. Sie nahm die beiden Dolche liebevoll in die Hand, wirbelte sie um ihr Gelenk herum, und bewunderte ihre Schönheit - endlich nach 32 Tagen, 7 Stunden und 47 Minuten hatte sie wieder Dolche in ihren Händen. Sie waren sogar um weiten besser als die vorherigen Dolche, die sie je gehabt hatte! An die sich die anderen nicht erinnern... sie versteifte sich wieder. Aber mit den zwei grandios geschmiedeten Tötungswerkzeugen, fühlte sie sich wieder vollständig. Egal, was die anderen zu ihr sagten... Die gesamten Mühen, die sie in den letzten Wochen auf sich nahm, vom Stress der gesamten Streitereien, dem gesamten Feilschen ihrer Waren - ob nun gestohlen oder nicht, den täglichen Räubertouren, sowie dem Ledern der Wildtiere und Herstellen von Waren und, letztenendes, den grausigen Schwert-Duellen mit Gewinnbeteiligung an den Wetten, haben sie ausgelaugt. "Sie haben sich übertroffen!", sagte sie zu Hrothmir und schmiegte sanft ihre Wange an den Griffen. Jetzt war sie glücklich. "Jaja", erwiderte der Zwerg - unglücklich über den verlorenen Bonus - und seufzte, er schaute Zimonee nach, wie sie in ihrem Glückszustand von dannen flog. "Die Menschenfrauen haben wirklich Graphit im Diamanten...", flüsterte er - was so viel bedeutet, wie einen Sprung in der Schüssel zu haben. Die restliche Zeit bis zu ihrem Duell in neun Tagen übte sie jede freie Minute mit ihren Dolchen, im Geheimen, an einem Ort, wo sie allein war und vor unsichtbaren Augen geschützt ist. Dem stillen "Beobachter", der ihr schon die ganze Zeit folgte, machte sie klar, daß sie üben wollte und ihn nicht in der Nähe duldete - sie werde am Stichtag am Anwesen sein und Lord Ravenholdt besiegen. Er lachte zwar nur, ließ sie dann aber allein. So kämpfte Zimonee tagelang gegen eine Armee von verwesenden Untoten, stinkenden Orcs und vor Schweiß triefenden Trollen, übte Ausfallschritte, Finten und Meuchelattacken - wie sie halt nur von Dolchen ausgeführt werden konnten. Sie zog ihr ganzes Repertoire aus ihren Ausbildungsjahren heran und versuchte - auch wenn die Zeit kurz war - in ihrem Todestanz neue Angriffe zu improvisieren. Einen nannte sie "Skorpionstich", da sie einem Skorpion gleich in einem Ausfallschritt von oben angreift und einen zweiten "Bärenfalle", weil sie ihn beim Aufspringen aus dem Liegen ausführte. So zog die Zeit dahin, bis der Tag gekommen ist, an dem sie Lord Ravenholdt duellierte. Die Sonne stand noch nicht im Zenit, als sie das Anwesen betrat - und hunderte von Gnome, Zwerge, Menschen und Elfen starrten ihr plötzlich entgegen. Ungläubig schaute sie durch die Reihen, da waren Bunnybaby und Vaco, die ihr zuwinkten, sogar Tammy hat sich eingefunden. Torpax und Urotsukidoji fand sie nach einigem Suchen auch, gute Freunde, die immer zu ihr gehalten haben. Ermutigend blickten sie ihr zu. Dann nahm sie sich endlich ein Herz und trat aus dem Geheimgang zum Gehöft des Anwesen heraus - ein Murmeln ging durch die Menge, als sie die Dolche an ihrer Hüfte betrachteten. Lord Ravenholdt erwartete sie schon und stand in der Tür. Ernst blickte er sie an und ging in die Mitte des Vorplatzes; Zimonee tat es ihm gleich und die Menge schloß sich kreisförmig um sie. Als sie die Dolche zog, raunte die Menge und einige spöttelten über die "Messer". Lord Ravenholdt war mit den Zwillingsklingen von Hakkari bewaffnet. "Du kennst die Regeln bei uns - keine Gifte!", erklärte er altväterlich und schmunzelte etwas verlegen über die zwei Dolche in ihren Händen. "Ja", erwiderte sie, "aber unterschätz mich bitte nicht, nur weil ich Messer in den Händen halte." Sie versuchte, ihren Spott so höflich wie möglich rüberzubringen. "Dann laß uns anfangen.", sagte er und er machte eine herrschaftliche Geste, um die Menge zum Schweigen zu bringen. Auflauernd umkreisten sie sich zuerst. "Zu schade, daß ich mein Blitzstrahlpulver nicht gefunden habe.", sagte Lord Ravenholdt und griff mit seinem rechten Schwert von der Seite an, um mit der linken von oben zuzuschlagen. Geschickt wich sie der ersten Attacke aus, und parierte mit beiden Dolchen überkreuz das Schwert. "Was ist das?", fragte sie, nachdem sie dem Angriff die Wucht genommen hatte. Dann drehte sie den rechten Dolch inwendig und mit einem schnellen schrägen Seitwärtsschritt versuchte sie eine Attacke gegen seinen linken Brustbereich. Sie sah es kommen, Ravenholdt konnte nicht mehr parieren, da das linke, ausgestreckte Schwert ihn behinderte und mit größter Not wich er aus, machte einen Schritt nach rechts, um sein Gleichgewicht wieder zu bekommen und stach sofort mit dem rechten Schwert nach ihr, während er das linke reserviert hielt. Zimonee hatte keine Mühe, dem langsamen Schwert zu entkommen. "Na das Pulver, um für den Gegner spurlos zu verschwinden." Er wagte einen finsteren Stoß auf ihre Hüfte, den sie einer Bauchtänzerin gleich auswich, und wirbelte am Schwertarm entlang, und bevor Ravenholdt sein linkes Schwert herüberschwingen konnte, hatte Sie ihren Dolch an seiner Kehle angesetzt. "Wär ja noch schöner, wenn Ihr Euch jetzt einfach wegpulverisieren könntet.", lächtelte sie amüsiert, "Nummer Eins." Wirklich töten wollten sie sich ja nicht - sie trennten sich wieder voneinander. "Es macht das Leben leichter, wenn man schwer verletzt ist und sich verbinden muss", erwiderte er. Stattdessen stürzte sich Zimonee ohne weitere Worte in den Kampf und begann ihren Todestanz: Finte mit links, rechts ablenken, Stoß mit links: Er wich aus. Sie setzte sofort mit rechts nach, drehte sich in einem Vorwärtsschritt halb für einen Seitwärtshieb: Er blockte den Angriff mit seinem Schwert. Vorwärtsrolle, Stich nach seinem Bein: Er wich aus und griff seinerseits mit rechts an: Behender Flickflack ihrerseits, wobei sie ihm gleichermaßen einen Tritt gegen das Kinn gab. Leicht überrascht wurde er zurückgeschleudert, wedelte mit den Armen um sein Gleichgewicht zu halten. Mit schnellem Schritt vorwärts setzte sie sofort nach und Ravenholdt ließ sich fallen. Ein Schwert ließ er los, um ihren Dolch mit beiden Händen auf die Schwertbreitseite abzufangen. Er trat ihr in die Nierengegend und sie entfernte sich schmerzerfüllt von ihm. "Du bist sehr geschickt mit den Dingern.", presste er hervor und stellte sich wieder auf, "hätt ich nicht gedacht. Und einen Punkt für mich - der nächste entscheidet." Er nahm das Schwert wieder an sich und wieder standen sich beide gegenüber. Diesmal übernahm er die Initiative und wuchtete beide Schwerter auf einmal auf sie zu. Diesmal ließ Zimonee sich fallen, und Ravenholdt sah seine Gelegenheit und versuchte, das rechte Schwert schnell zurückzuschwingen. Doch ihre Arme zuhilfenehmend sprang sie plötzlich auf, und aus der Hocke sprang sie ihm förmlich an die Kehle, stieß ihn mit ihrem Gewicht um, und beidete landeten am Boden - Zimonee auf ihm hockend, den Dolch an die Kehle haltend. "Zwei zu eins - ich habe gewonnen.", lächelte sie ihn fröhlich an. Die Menge um sie herum tobte in einem einzigen Applaus. "Ich wünschte ich hätte Blitzstrahlpulver gehabt.", gestand er keuchend. "Laß Deinen Traum Wirklichkeit werden", flüsterte sie ihm ins Ohr, "ich hab's auch geschafft." Mit diesen Worten erhob sie sich von Lord Ravenholdt, und eine wahre Welle begeisterter Gnome, Zwerge, Menschen und Elfen schwappte über sie, die mehr wissen wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)