A Song For Your Tears von Akki ================================================================================ Kapitel 3: Third Song --------------------- Third Song * * * Hey there! Won't you give me a smile? I've not seen one in a while. * * * "Kira?" Die leise Stimme war in der erdrückenden Stille kaum zu hören. * * * I think you'd look better smiling. * * * "Kira!" Erinnerungslärm verschluckte den Ruf, nahm ihn mit, drehte und dehnte ihn, ließ ihn in allen Zeiten gleichzeitig erklingen und doch verhallte er ungehört. Aufschluchzend schlug Mika mit den geballten Fäusten auf die Erde vor sich ein und merkte nicht, wie der scharfe Bauschutt seine Hände zerschnitt und rotes Blut sich mit dem Rost der Vergangenheit vermischte. "Kira..." Einmal entfesselt ließen sich die Bilder der Vergangenheit nicht mehr aufhalten, nahmen Realität an am Grunde einer Grabes, das einst Ort regen Lebens gewesen war... ~ ~ ~ Längst war der junge Rotschopf gern gesehener Stammgast im "Heaven's madness" und wenn ihm auch insgeheim der eine oder andere seine besondere Beziehung zu Kira neidete, so wurde der Kleine doch von allen geschätzt und als guter Kumpel betrachtet. Dies war ein weiteres dieser neuen Elemente in seinem Leben, die erst durch seine Freundschaft zu Kira aufgetaucht waren. Freundschaft, Vertrauen, der Respekt Gleichwertigen gegenüber, Offenheit und die Chance zu sein, was man wirklich war. Für Mika, der unter Sevorthartes Regime aufgewachsen war, etwas völlig Neues. Und vor allem am Anfang fühlte er sich damit leicht überfodert. Ohne Kira als seine Stütze hätte er vielleicht aufgegeben, aber die Nähe des Mannes, sein warmes Lächeln und sein aufmunterndes Zureden ließen ihn durchhalten. Und so wurde in einer kleinen Bar irgendwo in Japan aus dem großen Heerführer des Himmels das rotzfreche Jüngelchen Mika, das es geschafft hatte das Herz eines beliebten Musikers zu erobern. Natürlich war sein süßes Aussehen und seine natürliche Unkompliziertheit auch den anderen Gästen aufgefallen, aber als 'Kiras Liebchen' besaß er beinahe unumschränkten Schutz. Und so hatte der Barkeeper noch nicht befürchten müssen, dass sein geliebtes Ein und Alles von einem wütenden Feuerteufel zerstört würde. Mehrere Wochen, die Mika fast jeden Abend im "Heaven's madness" verbracht hatte, waren vergangen, bis der Rotschopf zum ersten Mal Kiras Wohnung betrat. Gut gelaunt hatte er die Bar betreten, als ihn Kato auch gleich zur Seite gezogen hatte um ihm leise ins Ohr zu flüstern, dass Kira heute nicht kommen könne, da er krank im Bett läge. Einige geschlagene Sekunden starrte Kira den Mann vor sich einfach nur an. Krank? Kira? Wovon redete der Typ eigentlich? Warum sollte sein Kira plötzlich krank sein? Und vor allem: warum sollte er deswegen nicht in die Bar kommen können? Kato redete indessen weiter und erzählte Mika, dass Kira sich eine leichte Grippe eingefangen hatte, selbst aber meinte schon in wenigen Tagen wieder fit zu sein. "Grippe?" In Mikas Kopf fing eine ganze Batterie Alarmglocken an zu klingeln. "Kann man daran nicht sterben?" Kato glotzte den Feuerengel verdutzt an. "Öhm... nun... an einer schweren Grippe kann man unter Umständen sterben, wenn man nicht die richtigen Medikamente..." Schockiert brach er ab, als er fühlte, wie schlanke Arme ihn in die Höhe rissen und Mikas funkelnde Augen direkt vor seinem Gesicht auftauchten. "Wo? Wo wohnt Kira?" Viel zu durcheinander um die ganze Situation zu hinterfragen lieferte er die gewünschte Information und fand sich gleich darauf wieder hinter statt über dem Tresen. Mika war verschwunden. "Jaa komme gleich..." Als der Schwarzhaarige die Tür zu seinem Apartment öffnete fiel ihm der davor wartende, heftig atmende Mika beinahe in die Arme. "Was..?" Mikas entschlossener Gesichtsausdruck erstickte jedes weitere Wort. Fest bohrten sich zwei glitzernde Kieselsteine in seine Augen und hielten sie gefangen. "Wenn du jemals vorhaben solltest ohne mich zu sterben, dann töte ich dich." "Öhm, ok..." Total perplex versuchte Kira die Bedeutung dieses Satzes zu ergründen, doch sofort hing ein süßer Rotschopf an seinem Hals und zarte Lippen suchten die seinen, um ihn in eine Welt jenseits aller Gedanken zu entführen. Erst viel später sollte er sich wieder an die Worte seines geliebten Freundes erinnern. * * * Here I come - step away There's a message on my face. I'll tell you just what it's saying: I'm not scared. * * * Die einsame Gestalt lächelte. * * * I'm not scared. * * * Ja, das stimmte. Der große Dunkelhaarige hatte sich tatsächlich nicht von Mikas wahrer Identität abschrecken lassen, sondern ihn so genommen, wie er war. Der einzige düstere Punkt in Mikas Erzählung war für ihn die Aufdeckung der eigenen Identität gewesen... Lange - viel zu lange für den Todesängste ausstehenden Mika - saß Kira einfach nur stumm auf dem Bett und schwieg, nachdem Mika mit seiner Erzählung geendet hatte. Er war verwirrt. Zu hören, dass er die Reinkarnation Lucifers, des Fürsten der Finsternis, sein sollte... das war einfach zu abwegig, als dass sein Verstand es akzeptieren konnte. Andererseits würden dann all die Unklarheiten in seinem Leben einen Sinn ergeben: seine Sehnsucht nacht etwas, das er nicht benennen konnte; seine Flucht vor allem Religiösem, weil es ihn auf eine seltsame Weise zugleich anzog und abschreckte; der innere Drang nach Freiheit, obwohl ihn nichts hielt; das schnelle Verheilen seiner Wunden und ein Kampfwissen, das immer dann aus den Tiefen seines Unterbewusstseins auftauchte, wenn er es brauchte. All das schien sich nun wie die Teile eines Puzzles zusammenzusetzen. Aber... bedeutete das wirklich, dass er die Wiedergeburt des gefallenen Engels war? Und Mika... Mika wäre dann... er wäre sein Bruder... Als diese Gedanken in seinem Bewusstsein Gestalt annahmen, setzte sein Herzschlag für einen Moment aus. //Nein! Nein, das kann nicht... das darf nicht... Nein, alles, aber das akzeptiere ich nicht!// Sein Entschluss stand fest. Mit einem Ruck drehte er sich zu Mika um und versetzte diesem damit einen so gewaltigen Schreck, dass der Jüngere beinahe vom Bett gefallen wäre, hätten Kiras Arme sich nicht im letzten Moment um seine zierliche Gestalt geschlungen und ihn wieder zu dem Dunkelhaarigen gezogen. Ängstlich schaute der Rotschopf in das entschlossene Gesicht des Mannes vor sich. Wofür hatte er sich entschieden? Was würde jetzt aus ihnen beiden werden? Würde jetzt alles aus sein? War jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem der unerbittliche Wecker ihn aus seinem süßen Schlummer riss? "Mika?" Der Angesprochene schreckte auf und erwiderte erst jetzt den Blick seines Gegenübers. "Ja?" Schwach und zittrig klang seine Stimme. Eigentlich hasste er sowas an sich, aber er konnte einfach nichts dagegen tun. "Es tut mir Leid..." Der Herzschlag des Jungen setzte aus. Eiskaltes Entsetzen legte sich wie ein Ring aus Stahl um sein Herz und drückte es fest zusammen. Zerquetschte es zwischen drei Worten. //Aus... alles ist aus...// "...tut mir Leid, aber ich kann nie dein Bruder sein." Die Worte drangen wie durch Nebelwände an sein Ohr und konnten nicht in logische Zusammenhänge gestellt werden. "Was?" Kiras Gesichtsausdruck wurde noch eine Spur entschlossener. "Ich liebe dich Mika. Ich liebe dich mehr als mein Leben, mehr als ein Bruder seinen Bruder je lieben könnte. Deswegen kann ich nie dein Bruder sein. Es tut mir Leid..." Ohne es zu wollen liefen Mika Tränen über die Wangen, als die Anspannung in seinem Inneren sich auflöste und der Stahlring mit einem Klirren zerbrach. "Du li... du liebst... mich?" Kiras zärtliches Lächeln füllte seine ganze Wahrnehmung aus. "Ja, ich liebe dich." Schluchzend vergrub er sein Gesicht in Kiras weichem Hemd, fühlte Kiras Hände beruhigend über seinen Rücken streichen und konnte nur von Schluchzern unterbrochen seine Liebe zu dem Älteren stammeln. Und dann fing Kira leise und sanft an zu singen: * * * So then won't you give me a smile? I've not seen one in a while. I'm sure you'd look better smiling. I'm not scared. * * * Langsam hob Mika den Kopf, schaute in das Gesicht, die Augen, die er so liebte und versuchte vorsichtig zu lächeln, während ihm weiterhin die Tränen übers Gesicht rannen bis sie von sanften Lippen weggeküsst wurden. Und während er noch das Brennen der Tränen auf seiner Haut spüren und Kiras salzigen Kuss schmecken konnte, gingen Jahrzehnte später einem Wanderer durch die Zeiten die restlichen Worte des Songs durch den Kopf und wurden am Grunde der Grube lebendig: * * * And I walk through the land, with a bond in my hand, for the people who spurned, I will look at each turn. With my arms opened out, to you all I will shout: I'm not scared. ("I'm Not Scared" by Reef) * * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)