Zweiter Teil: Gift in Körper und Seele von abgemeldet (Fortsetzung von "Du kennst mich nicht und doch hasst du mich") ================================================================================ Abschied in die Sommerferien ---------------------------- Es dauerte etwas, bis man Joey erlöste. Kaiba war gnädig und schickte die Clique Nachhause. Und diese war sehr glücklich darüber. Ja, sie durfte es wirklich, jedoch nicht ohne Hausaufgaben, die sie ebenfalls gnadenlos von Kaiba auferlegt bekam. Zufrieden und heiter trödelte sie davon und letzten Endes blieben nur noch Kaiba und Joey. Kaiba gab die Suche nach dem Plektrum endgültig auf und sprang von der Bühne, um sich seinen Mantel zu holen. Joey hockte noch etwas inmitten der Halle, streckte die Beine von sich und brummte verdrießlich. "Das war gemein", murrte er zum dritten Mal. Kaiba schlüpfte in den Mantel und schlenderte gemächlich zu ihm. "Das war echt fies." "Sei nicht nachtragend." Kaiba stöhnte, hockte sich vor ihn, küsste ihn flüchtig. "In der Zukunft sollten wir alle Dinge miteinander absprechen, in Ordnung?" "Hm." Joey wackelte mit dem Kopf. "Klar." "Geht doch." Kaiba kam auf die Beine, tätschelte seinen Kopf und kehrte zur Bühne zurück. Dort griff er nach seinem Koffer. "Kommst du mit zu mir?" "Klar." Joey zuckte mit den Schultern. "Hab aber eigentlich noch zu tun." Kaiba hob die Augenbrauen. "Was nun?" "Nein." Joey schüttelte den Kopf. "Nein, ich glaube, ich bin für heute Zuhause besser aufgehoben." "In Ordnung." Auf dem Weg zog Joey wieder den Zettel hervor, klappte ihn auf und überflog den Text erneut. Und sobald er die Wohnungstür geschlossen hatte, begann er in allen möglichen Schränken zu suchen. Irgendwo musste sein Vater eine CD mit dem Song haben. Er hatte sich fest vorgenommen, alles zu tun, damit der Auftritt gelang. Er hatte den wichtigsten Part auferlegt bekommen und durfte sich deshalb nicht damit zufrieden geben, nach der Schule zu üben. Es war mal eine schöne Abwechslung, obwohl er sich nicht gerade danach sehnte, vor der gesamten Schule auf einer Bühne zu stehen, noch dazu im Mittelpunkt. Er wühlte gnadenlos und wurde irgendwann wirklich fündig. Triumphierend und erwartungsvoll schlenderte er in das Wohnzimmer, legte die CD ein und hockte sich auf den Boden. So lauschte er dem Song und las mit. Die Strophen waren wirklich schön - kein Wunder, dass Kaiba sie nicht umgeändert hatte. Nur der Refrain, er war etwas langweilig und schnulzig. Er hörte den Song gleich noch einmal, saugte an den Zähnen und grübelte. Er konnte es sich gut vorstellen, mehr Pep in den Refrain zu bringen. Wow, das würde sicher toll klingen. Nur fragte er sich, wie Kaiba das genau hinbekommen wollte. Er würde sich überraschen lassen und wartete auf den nächsten Tag. Seit Jahren hatte er nicht mehr vor sich hingeträllert, während er durch die Wohnung schlenderte. Lange hatte er sich nicht mehr mit dem Singen beschäftigt und es würde durch dieses Ereignis sicher nicht zu seinem Lieblingshobby werden. Er ging früh zu Bett, erwachte am nächsten Tag munter und heiter und machte sich nach einem ausgiebigen Frühstück auf den Weg zur Schule. Heute müsste er nur mit fünf Stunden kämpfen und anschließend konnten sie in Ruhe üben und hatten genügend Zeit dafür. Kaiba hatte darauf bestanden, dass sie heute nicht noch einmal Nachhause gingen, sondern sich gleich nach der Schule Zeit dafür nahmen. Klar, Joey hatte sowieso nichts zu tun. So kam es, dass Duke und Kaiba ihre Instrumente mitschleppen mussten und was wurde gestarrt, als die Gruppe das Gebäude betrat. Wenigstens achtete niemand mehr auf Joey, der sich sicherheitshalber etwas hinter Tristan versteckte. Es hatte doch wirklich den Anschein, als hätte sich die Nachricht von der neuen Schulband wie ein Lauffeuer verbreitet. Es wurde getuschelt und teilweise spürte die Gruppe auch dankbare und freudige Blicke. Kaiba war mit von der Partie, was konnte also schiefgehen? Die einzige, die wohl nicht zufrieden war, war ein gewisses Mädel mit einem Akkordeon, das Kaiba missmutige Blicke zuwarf, während sie sich aus ihrer Jacke kämpfte. Es war ein ganz neues Gefühl für Joey, von allen beachtet zu werden. Diesmal sogar im positiven Sinn. Beinahe wirkte es wie ein abgekartetes Spiel. Eingeläutet durch einen brünetten jungen Mann, der dadurch die Aufmerksamkeit von Joey zog und sich selbst opferte. Zu überraschend war die Einverständniserklärung gekommen. Es lag Kaiba so fern, so etwas zu tun, dass Joey dieser Sache wirklich diesen Grund zusprach. Still und im Geheimen. Und er wusste es zu würdigen. In diesem Fall war es natürlich auch seine Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Auftritt ein Erfolg wurde. Und so machte ihm der heutige Schultag ganz besondere Freude. Die Stunden vergingen außergewöhnlich schnell und bevor er sich versah, hockte er mit den Anderen in dem Saal und lauschte einer neuen Rede ihres Anführers. Und dann begann es. Kaiba drückte Duke ein Blatt mit Noten in die Hand und übertrug ihm Tristans kurze Ausbildung. Yugi und Bakura hatten sich ebenfalls schon um ihre Aufgabe gekümmert und Tristan eine Gitarre besorgt, ebenfalls von der Schule. Und während aus einer Ecke leises Klimpern und laute Flüche ertönten, lernte Tea den Refrain auswendig und probte ausführlich, wie sie sich während des Singens bewegen wollte. Für sie ging augenscheinlich ein Traum in Erfüllung. Joey jedoch wurde etwas bang, als Kaiba ihn auf die Bühne zog und ihn direkt zu dem Schlagzeug schob. Die erste gute Nachricht, die Kaiba ihm mitteilte: Er musste die Schlegel während des Spielens nicht wechseln. Es genügte, wenn er die hölzernen Normalen benutzte. Dann jedoch, vergaß er diese Nachricht schnell und besah sich die ganzen Trommeln und die komischen Becken, die überall herumhingen und deren richtigen Namen er nicht kannte. Zögerlich ließ er sich auf dem kleinen Hocker nieder, griff nach den Stäben und wiegte sie in den Händen. Sie waren leicht und gut zu handhaben. Kurz darauf begann Kaiba ihm alles zu erklären. Er hatte ihm einen einfachen Plan aufgestellt. Jedes der metallenen Becken oder der Pauken hatte einen Buchstaben. Und Joey musste lediglich diese Buchstaben auswendig lernen, wissen, zu welchen Instrumenten sie gehörten und sich nebenbei auch noch auf den Takt konzentrieren! Leicht, ja?! Er konnte vielleicht singen aber Taktgefühl besaß er nicht wirklich und so gingen die ersten kleinen Versuche arg in die Hose. Er schlug zu hart, schlug zu weich, oder schlug gleich in die falsche Richtung. Der Saal dröhnte nur so und bald gaben Duke und Tristan sich die Ehre, eine kleine Pause einzulegen, um ihrem Genie zuzuschauen. "Dreivierteltakt." Kaiba ließ den Kopf hängen und rieb sich die Stirn. "Was zur Hölle ist ein Dreivierteltakt!", zischte Joey zurück. Es war eine Qual, eine grauenhafte Folter. Joey fand es zwar ganz toll, wenn andere Schlagzeug spielten aber er konnte die eigenen Klänge nach einer halben Stunde nicht mehr vertragen. Er knallte die Stäbe auf die Pauke und verschränkte ruppig die Arme vor dem Bauch. Kaiba war nur am Meckern und Stöhnen, schien nicht zu verstehen, dass nicht alle so begabt waren. Dann meckerte er eben! Schön? Joey setzte zum Streik an. Er würde keinen Finger mehr krumm machen und wohl jeder außer Kaiba war ihm dankbar dafür. Und das Ganze musste dann noch übereinstimmen! Drei Gitarren, ein Schlagzeug und Gesang...? Mein Gott, jetzt schloss sich Joey Kaibas anfänglicher Meinung an. Das schafften sie nie in einer Woche. Nach einem ungewissen Brummen stieg Kaiba kopfschüttelnd von der Bühne "Wir kommen gut voran", meinte Duke jedoch aufheiternd und Kaiba zog an ihm vorbei. "Gut, dann übt weiter. Joseph hat scheinbar keine Lust mehr." "Ich hab Lust!" Joey streckte ihm protestierend die Faust nach. "Ich will nur eine angenehmere Atmosphäre!" "Was zur Hölle hast du erwartet?" Kaiba bückte sich zu seiner Tasche, holte eine Flasche Wasser hervor und schraubte sie auf. "Wir haben noch fünf Tage, wenn du es vergessen haben solltest! Wir können es uns nicht leisten, zu faulenzen und alles zehnmal zu erklären!" "Dann erkläre es mir zumindest zweimal und lass mich dann in Ruhe!" Joey zog eine Grimasse. "Tut mir leid, wenn es hier nicht so wie in deiner Firma zugeht! Und es tut mir auch Leid, dass ich das Schlagzeug nach einer halben Stunde nicht perfekt beherrsche! Ich tu mein Bestes, aber so kann ich nicht arbeiten!" Duke, Tristan, Tea, Yugi und Bakura schluckten. Das roch nach einem argen Streit. Sie wollten nicht gern dabei sein, wenn Kaiba einen Wutanfall bekam. Und weniger mochten sie die Tatsache, dass sich die Beiden überhaupt wegen so einer blöden Sache in die Haare bekamen. Aber hatte man es anders erwartet? Kaiba musste sofort antworten. Er kam nicht zum Trinken, ließ die Flasche sinken und trat einen Schritt näher. "Ich habe dich lediglich auf die Fehler aufmerksam gemacht!" Er wies mit dem Finger auf Joey und verengte die Augen. "Ich habe zwar damit gerechnet, dass es stressig wird, ist ja nicht anders zu erwarten bei dieser kurzen Frist, aber dass es schon am zweiten Tag passiert?! Verdammt, weshalb bist du so genervt?!" "Warum?!" Wütend grabschte Joey nach den Stäben und presste sie in der Hand. "Weil du mich überschätzt!!" "Ich über...!" Kaiba lachte aufgesetzt, verdrehte die Augen und fuchtelte mit der Flasche. "Das gibt es doch nicht! Ich habe nur verlangt, dass du ein paar saubere Takte schlägst!!" "Und ich hätte es vielleicht geschafft, wenn du nicht andauernd nur am mäkeln wärst!! Du unterbrichst mich andauern! Kein Wunder, dass ich mich nicht konzentrieren kann!!", schrie Joey zurück und schleuderte die Schlegel zur Seite. "Ich hab hier in der Band am meisten zu tun, also erwarte ich etwas Nachsicht!!" "Nachsicht, oh, natürlich! Was heißt das?! Zum Beispiel, dass ich dich nicht gestern sofort zum Schlagzeug geschleppt, sondern dir etwas Zeit mit dem Lied gelassen habe?! Es würde mich nicht wundern, wenn du Zuhause keinen Finger krumm gemacht hast!!" "Was?!" Joey blähte die Wangen auf und hielt die Luft an, worauf er schnell rot wurde. Tea räusperte sich nervös, Yugi hielt sich noch immer geduckt und Duke rieb sich verzweifelt das Gesicht. Mit so etwas hatte er nicht gerechnet, so konnte es ja nicht funktionieren! Tristan schien ebenfalls genervt zu sein, nachdem er sich solche Mühe an der Gitarre gegeben hatte und Bakura hatte das Gesicht verzogen und sah abwechselnd von Joey zu Kaiba. Eben zu dem, der gerade schrie. "Zuerst wollte ich gar nichts machen!" Joey war immer noch an der Reihe. "Und dann bürdest du mir so etwas auf! Bakura hätte ebenso gut Schlagzeug spielen können, aber nein, du musstest ja unbedingt die Bosheit raushängen lassen!! In sieben Tagen kann man so etwas überhaupt nicht schaffen!!" "Siehst du?!" Ruppig machte sich Kaiba daran, die Flasche wieder zuzudrehen, Bakura drehte sich zu ihm. "Da hast du's!! Ich wollte dir nur zeigen, dass Optimismus in so einer Situation am falschen Platz ist!!" "Bitte was?!" Joey sprang auf, die anderen erschraken. "Sag bloß, du hattest nie vor, aufzutreten?! Du kannst mir nicht erzählen, dass du das nur gemacht hast, um mir eine Lehre zu erteilen!!" "Wie bitte?! Was hast du gesagt?!" Kaiba traute seinen Ohren nicht. Plötzlich wirkte er entsetzt, die Flasche entglitt beinahe seiner Hand und er musste lange grübeln, bevor er ungläubig antwortete. "Aber natürlich!", rief er. "Ich habe meine ganze Zeit geopfert und alles geplant, weil ich eine Rechung mit dir offen hatte!!" "Sag ich doch!", zischte Joey zurück. "Aha!" Kaiba weitete die Augen und Duke schüttelte verzweifelt den Kopf. "Das denkst du also, ja...?" "Was soll ich denn sonst denken?!" Joey ballte die Hände zu Fäusten. "Wenn ich es auf Anhieb nicht hinbekomme, dann musst du eben etwas mehr Geduld haben!! Und wenn ich es nicht schaffe, dann müssen wir die Pläne eben än..." Er verstummte, als Kaiba nach seiner Gitarre griff, sich die Tasche über die Schulter schwang und in sicheren Schritten auf die Tür zusteuerte. Er ging einfach…! Die Gruppe drehte sich um und verfolgte entsetzt, wie Kaiba verschwand und die Tür hinter ihm ins Schloss zurückflog. Erschüttert starrten sie weiterhin auf das dunkle Holz und regten sich nicht. Konnte das sein? Ließ Kaiba jetzt alles sausen?! Joey stand noch immer hinter dem Schlagzeug und schloss sich der Beobachtung der anderen mit zuckendem Gesicht an. Nach wenigen Sekunden grabschte er nach einem dickeren Stab und schlug ihn mit aller Kraft gegen das größte Becken. Ein Nervenzerreißender Krawall schallte somit durch den Saal und die Clique fuhr erschrocken zu ihm herum. "Verdammter Mist!" Noch immer wutentbrannt schmiss Joey auch diesen Stab weg und war kurz davor, gegen das Schlagzeug zu treten. Dann hielt er jedoch inne, schrie leise auf und raufte sich die Haare, wobei er sich taumelnd im Kreis drehte. Alle verfolgten das Geschehen mit blassen Gesichtern, nur Duke blickte außerordentlich verbissen drein, als er sich aufrappelte und auf die Bühne zutrottete. "Joey...", brummte er leise und rieb sich das Gesicht, "… hey, hörst du zu?" "Ja, was?!" Joey drehte sich zu ihm um und starrte ihn flammend an. Duke jedoch, blieb ruhig. Er verschränkte die Arme vor dem Bauch und runzelte die Stirn. "Du hast nicht zufällig den sarkastischen Ton in Kaibas Stimme gehört, als er dir Recht gegeben hat, oder?" "Was?!" "Jetzt hör auf zu schreien und komm auf den Boden zurück!" Duke stöhnte. "Du hast also nichts gemerkt, ja?" "Was...! Was soll ich denn gehört haben?" Joey entspannte die Fäuste und trottete zur Kante der Bühne. "Als er meinte, er habe all das wirklich nur getan, um dir eine Lektion zu erteilen...", Duke weitete die Augen, "… huch? Ironie?" "Ironie?" Joey rümpfte die Nase. "Ja, Ironie!" Duke schickte ihm einen mahnenden Blick. "Du hast alles in den falschen Hals bekommen!" "Ja, aber..." Joey legte den Kopf schief, war für kurze Zeit ruhig... aber nur für eine sehr Kurze. "Dann hat er es eben ironisch gemeint! Er muss doch einsehen, dass er zuviel von mir verlangt!! Man glaubt es kaum aber ich kann nicht zaubern und ein Allroundgenie, wie seine Wenigkeit bin ich auch nicht! Und ich komme erst recht nicht weiter, wenn er mich andauernd unterbricht und verbessert!! Er weiß einfach alles und erkennt jeden kleinsten Fehler!! Verdammt, auf diesem Weg kann ich doch nicht herausfinden, wie ich es am Besten zustande bekomme!! Ich muss da noch meinen Kniff finden aber das verweigert er mir nun einmal!" "Und das macht er natürlich mit voller Absicht." Duke nickte sarkastisch. "Das nicht, aber..." "Aber du hättest es ihm auch anders sagen können!", unterbrach Duke ihn scharf. "Er tut sein Bestes, um..." "Ach, ich bin jetzt an allem schuld?!", wurde er wiederum unterbrochen. "Das ist ja ganz toll!! Ich tu, was ich kann und dann bist du auch noch gegen mich!!" "Verstehst du heute alles falsch?!" Jetzt reichte es Duke. "Ich will damit nur sagen, dass wir so etwas noch nie gemacht haben! Woher soll Kaiba denn wissen, wie du die Dinge in die Hand nimmst und wie du arbeitest? Er hat es nach seiner Art gemacht und wenn dir etwas daran nicht passt, dann kannst du es ihm auch anders sag..." "Ach, leckt mich doch!" Plötzlich sprang Joey von der Bühne und zog an Duke vorbei. Auch die totenbleiche Gruppe ließ er hinter sich, grabschte nach seiner Tasche und stampfte aus dem Saal. Ein zweites Mal fiel die Tür zu und die Gruppe wusste gar nicht mehr, was sie sagen sollte. Tea, Tristan, Yugi und Bakura regten sich nicht, starrten auf die Tür und dann auf Duke. Dieser stand mit zusammengebissenen Zähnen dort, hatte die Hände zu Fäusten geballt und knurrte leise. "D-Duke...?" Yugi war der erste, der zur Sprache zurückfand. Der Schwarzhaarige schickte ihm einen knappen Blick, zog eine Grimasse und machte eine abwehrende Handgeste. "Pah!" Somit schnappte er sich seine Gitarre, den Rucksack... und verschwand. Wieder war die kleine Gruppe am Starren. Kaiba weg, Joey weg, Duke weg. Toll, die perfekten Vorraussetzungen, um weiter zu üben. Warum mussten sich gerade die wichtigsten Personen in die Haare bekommen? Es vergingen viele Minuten eisigen Schweigens, dann begann sich die Gruppe zögerlich und stockend zu bewegen. Verunsichert sahen sie sich um, suchten nach irgendetwas, das ihnen aus der Patsche helfen könnte. Doch nicht einmal der lange Vorhang war dazu imstande. Yugi biss sich auf die Unterlippe, winkelte die Beine an und schlang die Arme um die Knie. Tea räusperte sich wieder und zog ihre Krawatte lockerer. Bakura brummelte vor sich hin und Tristan ließ sich unter einem erschöpften Stöhnen nach hinten fallen. "Na... toll!" Joey ging gemächlich und je näher er seinem Ziel kam, desto langsamer wurden seine Schritte. Er trug noch immer seine blaue Uniform, hatte die Jacke jedoch ausgezogen und sie sich um die Hüfte gebunden. Seine Hände versteckten sich in den Hosentaschen, sein Blick war auf den Boden gerichtet. Keine Wut war in seinen Augen zu lesen, Trauer ebenfalls nicht. Eigentlich verweilte sein Gesicht in einer recht sturen Ausdruckslosigkeit. Er ging weiter, trat einen Stein bei Seite und blieb dann stehen. Nur wenige Meter vor ihm erhob sich das massive Tor, welches das Grundstück der Kaibas abgrenzte. Joey besah es sich lange, schien jedoch nicht vorzuhaben, es zu passieren. Er war Zuhause gewesen, hatte es dort jedoch nicht allzu lange ausgehalten. Er hatte sich höllisch aufgeregt und dann hatte er lange nachgedacht und sich auf den Weg gemacht. Jetzt war er hier. Einige Minuten verbrachte er damit, auf die breiten Stäbe zu starren, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Und als er wieder zum Leben erwachte, kauerte er sich neben das Tor in den Kies, lehnte sich gegen die Säule und schloss die Augen. Er war noch nicht bereit, Kaiba zu sehen, wusste nicht, wie er in Worte fassen sollte, was er zu sagen hatte. Außerdem war Kaiba sicher stocksauer. So hatte es zumindest ausgesehen, als er abgehauen war. Es vergingen weitere Minuten, in denen er dort kauerte. In der Zwischenzeit hatte er die Beine angewinkelt und die Arme um die Knie geschlungen. Er starrte vor sich hin, bettete die Stirn auf den Knien oder behielt die Augen einfach geschlossen. Er wusste nicht, wie lange er dort saß, jedenfalls blickte er auf, als er den Kies knacken hörte. Er erkannte die schwarze Limousine, die gemächlich über den Kiesweg rollte und letzten Endes vor dem Tor zum Stehen kam. Wie ein schmerzhafter Blitz hatte es Joey durchfahren, als er den Wagen erblickte hatte. Am liebsten wäre er sofort aufgesprungen, doch er konnte es nicht und blieb sitzen, nicht darauf achtend, was für einen Anblick er bieten musste. Mit großen Augen starrte er auf die verdunkelten Fenster. Warum stieg Kaiba nicht aus? Wollte er nicht mit ihm sprechen? Joey schluckte, seine Arme lösten sich von den Knien und sanken hinab. Und er wusste nicht, was er denken sollte, als sich das Tor öffnete und die Limousine weiterfuhr. Er richtete sich etwas auf, hockte sich auf die Knie und öffnete den Mund. Verdammt noch mal! So schlimm, dass Kaiba ihn jetzt sitzen ließ und ihn nicht beachtete, war der Streit doch auch nicht gewesen! Erschüttert ballte er die Hände zu Fäusten und brummte etwas Verworrenes. Doch genau in dieser Sekunde kam der Wagen wie auf Befehl zum Stehen und eine der verdunkelten Scheiben wurde heruntergefahren. Joeys Gesicht verdunkelte sich, entspannte sich jedoch sofort, als sich ein zerzauster kleiner Junge aus dem Fenster lehnte, lachte und winkte. "Mokuba...?" Joey legte den Kopf schief. "Huhu!!" Der Junge grinste bis über beide Ohren und verschwand kurz darauf wieder im Wagen. Dann wurde die Tür aufgerissen und Mokuba sprang heraus. "Hab dich ja gar nicht gesehen, Joey!" Joey, noch etwas verdattert, sah sich kurz um und kratzte sich im Nacken. Währenddessen fuhr die Limousine weiter und Mokuba starrte ihn etwas zertreten an. "Was machst du denn hier? Willst du mich besuchen? Warum kommst du nicht rein? Musst doch nicht vor dem Tor hocken und so ein langes Gesicht ziehen!" "Ähm... na ja." Joey riss sich zusammen, rieb sich den Oberarm und räusperte sich leise. "Kommst du gerade von der Schule?" "Nö." Der schwarzhaarige Bube schüttelte hastig den Kopf. "Ich war gerade in der... ach!" Er weitete die Augen. "Wenn du Seto suchst, der ist in der Firma! Da komme ich her!" "In... in der Firma?" Darüber musste man sich sehr wundern. Sofort vergaß Joey den Streit und eine andere Frage drängte, an Mokuba gestellt zu werden. Joey grübelte kurz und stützte die Hände in die Hüften. "Und was macht er da? Er arbeitet doch nicht etwa, oder? Das darf er noch nicht." "Er arbeitet nicht", beruhigte Mokuba ihn heiter. "Er sitzt nur herum." "Er... sitzt herum?" "Ja." Der Junge zuckte mit den Schultern. "Einfach so." "Einfach so", wiederholte Joey irritiert. "Warum ist er gerade heute in der Firma?" Er zögerte kurz, ließ unschuldig den Blick durch die Gegend schweifen. "Macht es den Anschein, dass er irgendwie... ähm..." "Gelangweilt ist?", unterbrach Mokuba ihn. "Oh ja! Ich habe keine Ahnung, warum er nicht Nachhause gefahren ist, hat doch sowieso nichts zu tun. Na ja, das hat er eigentlich schon aber der Arzt hat ja gesagt, das er nicht arbeiten darf... wegen der Krankheit, die er hat und er hält sich auch daran, wofür ich sehr dankbar bin." Mokuba plusterte sich auf. "Ich würde es ihm nie verzeihen, wenn er jetzt schuften würde!" "So meinte ich es eigentlich nicht." Lachend winkte Joey ab. "Wirkte er irgendwie... wütend?" "Wütend?" Mokuba hob die Augenbrauen. "Ja." Joey nickte hastig. "Und? Ist er?" "Nein, wütend ist er nicht." Der Junge zuckte mit den Schultern. "Er ist wie immer." "Also brummig", hakte Joey nach. "Ja, brummig." "Und... ist er vielleicht ein ganz kleines bisschen brummiger, als sonst?" "Nein, überhaupt nicht. Ich meine...", Mokuba zögerte und verzog misstrauisch die Augenbrauen, "… also wenn du dich mit ihm gestritten hast, dann solltest du das mit ihm ausmachen und mich nicht ausfragen!" "Ach!" Joey erschrak, fand jedoch schnell zu dem nervösen Lachen zurück. "Quatsch! Gestritten?" Er blähte die Wangen auf, fuchtelte mit den Händen. "Nicht doch!" Mokuba pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht und schüttelte tadelnd den Kopf. "Er war zwar nicht besonders brummig aber ich bemerke trotzdem, wenn etwas mit ihm nicht stimmt!" "Herrje..." Joey wurde kleiner und kleiner, bis Mokuba wie ein Riese vor ihm wirkte. "Wie hast du es bemerkt?" Mokuba streckte die Brust hervor, schloss eitel die Augen und hob den Zeigefinger. "Männliche Intuition!", verkündete er stolz und platzte beinahe daran. "Männ..." Joey blieb der Atem weg. Er starrte den kleinen Jungen, der vor Selbstbewusstsein nur so strahlte, verwirrt an und seufzte letzten Endes. "Na gut, Herr Kaiba. Ich fahre dann mal in die Firma und rede mit ihm." "Huch?" Sofort erlosch das grelle Licht und Mokuba ließ die Arme sinken, die er soeben noch von sich gestreckt hatte. "Na gut." "Bis später." Somit verwuschelte Joey den schwarzen Schopf des Jungen, grinste und wandte sich ab. Und sobald er das getan hatte, verlor das Grinsen an Kraft. Binnen kürzester Zeit verschwand es und machte der Ausdruckslosigkeit Platz. Mokuba hüpfte und winkte, Joey ließ die Hände in die Hosentaschen zurückrutschen, seufzte leise und starrte vor sich auf den Weg. Er benötigte eine ganze Weile, bis er das riesige Gebäude endlich erreichte. Kurz bevor er es betrat, blieb er stehen und blickte auf. Oje... Nachdenklich besah er sich das oberste Geschoss, hinter dessen Fenstern alle Lichter brannten. Wie immer schien große Geschäftigkeit zu herrschen. Er rollte schwerfällig mit den Augen, ließ die Hände in die Hosentaschen rutschen und machte sich unter einem leisen Stöhnen auf den Weg zum Eingang. Kurze Zeit später durchquerte er in langsamen Schritten den großen Vorraum, wich den eilig umher rennenden Mitarbeitern aus und steuerte auf den Fahrstuhl zu. Was würde Seto jetzt wohl sagen? Was würde er machen und wie würde er reagieren, wenn er ihn sah? Sicher rechnete er überhaupt nicht damit, dass er zu ihm kam. Doch Joey hing sehr an ihm und konnte es kaum ertragen, mit ihm im Streit zu liegen. Träge betätigte er eine Taste und wartete. Und während der Fahrstuhl flink herunterkam, sammelten sich neben Joey so einige Mitarbeiter an. Keuchend und schnaufend kämpften sie damit, die riesigen schweren Akten- und Unterlagenberge nicht fallen zu lassen. Sie drängten sich ungeduldig um den Blonden und irgendwann fasste sich dieser ein Herz und nahm einer jungen Frau einen Haufen Mappen ab. "Danke." Die Mitarbeiterin lachte und auffällig war die Nervosität, die in dieser Geste lag. Joey hievte den schweren Berg etwas höher und blickte dann auf, um die Frau etwas genauer zu mustern. Sie kam ihm bekannt vor und als sich dann die Fahrstuhltüren unter einem leisen Klingeln öffneten, erinnerte er sich. Es war niemand anderes als Frau Fukuyoka, der er soeben half. Sie hatte auf Kaibas Schoß gesessen, als dieser ihn davongejagt hatte. Er warf ihr einen knappen Blick zu, trat ein und wurde sofort von den Anderen gegen die Wand gedrängt. Letzten Endes stand er dort und konnte sich nicht bewegen. Frau Fukuyoka hatte sich direkt neben ihn gelehnt und verfolgte geduldig die Zahlen, die sich schnell änderten. Und es vergingen nur wenige Momente, bis Joey sie wieder aus den Augenwinkeln beobachtete. Die aufmerksame Frau bemerkte es schnell, erwiderte seinen Blick nervös und lächelte flink. "Geht es noch?", erkundigte sie sich. Joey nickte stumm. "Gut." Sie erwiderte das Nicken und wandte sich wieder den Zahlen zu. Diesmal zwang sich Joey, sie nicht zu beobachten. Er starrte auf das Jackett des Mannes, der sich fast gegen ihn lehnte. Es wirkte wie eine Ewigkeit, bis der Fahrstuhl endlich in der richtigen Etage hielt. Stöhnend und quasselnd drängelten sich die Menschen aus dem Ausgang und gingen ihrer Wege. Auch Joey trat ins Freie, wandte sich an die junge Frau und reichte ihr die Unterlagen. Diese lachte wieder auf ihre nervöse Art und Weise. Joey jedoch, zuckte mit den Schultern und seufzte leise, als er sich der schweren Last entledigt hatte. "Ist schon okay. Ich bin nicht sauer auf Sie." "Ach?" Sie balancierte den Berg aus und hob die Augenbrauen. "Wollte ich nur gesagt haben, bevor Sie einen Herzinfarkt bekommen, wenn wir uns wieder sehen." Somit hakte Joey die Daumen in den Bund seiner Hose, drehte sich um und schlenderte davon. Er drehte sich nicht um, trödelte durch die Tischreihen und näherte sich dem hinteren Teil des riesigen Raumes. Und er ging bedacht langsam, weil er sich noch immer nicht darüber im Klaren war, was er tun sollte. Und er wusste erst recht nicht, wie er reagieren würde, würde Kaiba ihn rausschmeißen. Je näher er dem gemütlichen Aufenthaltsraum kam, desto langsamer ging er. Und es war eine befreiende Freude für ihn, als er plötzlich Pikotto erspähte, der ihm in seinem typischen Arbeitsstress entgegen kam. Als er den Blonden erkannte, verlangsamte auch er seine Schritte und blieb letzten Endes stehen. "Hi." Joey legte den Kopf schief. "Wie geht's?" "Den Umständen entsprechend", erwiderte der Geschäftsmann flink. "Und selbst?" "Es ist alles in Ordnung. Ich habe es wohl überstanden." "Ja?" Darüber freute sich Pikotto. "Das ist schön, ich habe mir Sorgen gemacht." Daraufhin schwieg er kurz, trat noch näher heran und beugte sich etwas heimlichtuerisch nach vorn. "Es ist das erste Mal seit langem, dass Kaiba hier vorbeischaut. Ist mit ihm auch alles in Ordnung?" "Höh?" Joey hob die Augenbrauen. "Na ja... ähm... denk schon, ja." "Und er hält es ohne die Arbeit aus? Als ich ihn hier sah, habe ich mich darauf eingerichtet, ihn irgendwo fesseln zu müssen, damit er keinen Finger krumm macht aber er hat sich nur in das Büro gesetzt, trinkt Kaffee und erspart mir somit einen Haufen Arbeit." "Ach." Joey winkte ab. "Ich bin gerade dabei, ihn etwas abzulenken." "Wundervoll." Pikotto schlug ihm derb gegen die Schulter. "Ich kann mich leider zurzeit nicht..." Er verstummte, als sich sein Handy meldete. Er hob hastig die Hand, gab Joey ein knappes Zeichen und begann dann in den Taschen seines Jacketts zu wühlen. Joey war es recht, etwas aufgehalten zu werden. Während Pikotto dann sein Handy zückte und abnahm, warf er einen vorsichtigen Blick in die hintere Ecke, wo sich die Büros befanden. "Ja, ja... ja, in Ordnung." Pikotto nickte, legte auf und grinste. "Tut mir leid, Joseph. Meine Person wird verlangt, ich muss kurz runter und..." da meldete sich ein weiteres Geräusch und Pikotto griff zielstrebig in seine Hosentaschen holte einen kleinen Pieper hervor. "Gut... ich muss los. Mir fehlt gerade wirklich die Zeit, um..." "Kein Problem", beruhigte Joey ihn. "Ich wollte sowieso zu Seto." "Ach, gut, der ist in seinem Büro." Wieder schlug Pikotto zu. "Bis bald." Somit rannte er weiter, warf mit Befehlen um sich und verschwand letzten Endes im Fahrstuhl. Joey sah ihm kurz nach, rieb sich die schmerzende Schulter und trödelte weiter. Na toll, jetzt war es zu spät um umzukehren. Wieder seufzte er, verschränkte die Arme vor der Brust und bog um die Ecke. Und sofort fiel ihm die gewisse Tür ins Auge, die Tür, hinter der vielleicht sein Verderben lag, er schluckte. Merkwürdigerweise stand die Tür offen. Sie war immer geschlossen. Langsam trat er näher und warf einen vorsichtigen Blick durch den kleinen Spalt. Er konnte den Schreibtisch sehen aber da saß niemand. Der Stuhl stand vor der großen Arbeitsfläche, diese war ordentlich und aufgeräumt, so wie immer. Zögerlich berührte Joey die Tür und schob sie etwas weiter auf. Wachsam lehnte er sich in den Raum und sah sich um. In dem Büro war niemand. Das Sofa war leer, alles stand an seinem Platz. Verwundert runzelte er die Stirn und richtete sich etwas auf. Pikotto hatte doch gesagt, dass er... "Du kommst spät!", hörte er da hinter sich plötzlich eine Stimme und erschrak höllisch. Einen lauten Schrei ausstoßend, fuhr er herum und erkannte Kaiba, der mit verschränkten Armen und gerümpfter Nase hinter ihm stand und ihn finster fixierte. "S-S-Seto?!" Joey starrte ihn entsetzt an und trat unbewusst einen Schritt zurück. "Ja, der bin ich." Kaiba warf einen flüchtigen Blick auf seine Uhr. "Was ist! Hast du so lange gebraucht, um hier herzukommen?! Ich war kurz davor, abzuhauen!" Oje, er war wirklich wütend! Joey schluckte schwer und kratzte sich am Kopf. Was sollte er denn jetzt sagen?! Hastig grübelte er und bekam letzten Endes doch nur ein undefinierbares Gewirsch zustande. "Ähm... ich... sagen wollte... das... t-tut mir leid, dass... öhm... n-na ja..." Bevor er zu Ende stottern konnte, rollte Kaiba stöhnend mit den Augen, zog an ihm vorbei und steuerte in schnellen Schritten auf das Sofa zu. "Hast dich scheinbar wieder eingekriegt." Als er sich über die Lehne beugte und nach seinem Mantel griff, klang seine Stimme wieder entspannter. Joey beobachtete ihn nervös, als er in den Mantel schlüpfte und zu ihm zurückkehrte. Er starrte ihn auch an, als er wieder an ihm vorbeiging und einfach davon. Geknickt und zusammengesunken blieb er stehen und zog ein langes Gesicht. Nach wenigen Schritten blieb Kaiba jedoch stehen, drehte sich zu ihm um und stöhnte erneut. "Willst du da Wurzeln schlagen?" "Was?" Hastig sah sich Joey um. "Ich?" "Nein, der Blonde, der neben dir steht!" Kaiba kam zu ihm zurück, packte ihn am Ärmel und zog ihn los. "Los, komm schon!" "W-was?!" Joey wusste nicht, wie ihm geschah. "Wohin denn?!" "Wir gehen etwas essen", erwiderte Kaiba nur und ließ ihn los, in der Hoffnung, dass er alleine laufen konnte. Etwas wackelig und verunsichert stolperte Joey hinter ihm her und folgte ihm durch den großen Arbeitsraum. "B-bist du gar nicht sauer...?" "Sauer?" Kaiba warf ihm einen überraschten Schulterblick zu. "Wo lebst du! Ich kenne doch dein Temperament! Solange du wieder ruhig bist ist alles in Ordnung... und zur Hölle, jetzt beeil dich mal ein bisschen!" "Komme schon." Etwas kleinlaut und geduckt dackelte er hinter ihm her und blieb neben ihm am Fahrtsuhl stehen. Er wusste nicht, wie er es finden sollte, dass Kaiba ihm so schnell verzieh und sich keines seiner Worte zu Herzen nahm. Während Kaiba die Taste betätigte und seiner Uhr erneute Aufmerksamkeit schenkte, lugte er betreten zu ihm und trat von einem Bein auf das andere. "Sorry...", murmelte er wieder. "Das musst du Duke sagen." Kaiba schöpfte tiefen Atem. "Der dürfte jetzt seit einer halben Stunde warten." "Duke?" Joey traute seinen Ohren nicht. "Habt ihr... hast du..." "Wir haben uns zum Essen verabredet." Kaiba lugte prüfend zu ihm. "Was dagegen?" "Was?!" Joey erschrak. "Nein, nein, nein, nein!! Ich finde das ganz toll... ja, wirklich! Wie...", er kratzte sich an der Nase und starrte wieder auf den Boden, "... kam es dazu?" Kaiba zuckte mit den Schultern. "Er hat angerufen, meinte, ich könnte dich gleich mitbringen, wenn du da wärst." Jetzt verstand Joey überhaupt nichts mehr! Er verzog die Augenbrauen, blähte die Wangen auf und blinzelte. "Woher hat er denn gewusst, dass ich zu dir komme?", murmelte er. "Ist leicht zu erraten." Endlich öffneten sich die Türen und Kaiba zog ihn in die kleine Kabine. "Bin ich so durchschaubar?" "Ja." Kaiba drückte auf eine Taste und lehnte sich stöhnend gegen die Wand. "Und... du bist wirklich nicht sauer, weil ich ausgerastet bin?", fragte Joey wieder. "Ich meine, das war ganz schön fies..." "Was soll's." Kaiba nahm die Sache furchtbar leicht. "Kannst ja nichts dafür." "Wofür?" "Dafür, du weißt schon." Kaiba nickte ihm zu, schickte den Zahlen einen kurzen Blick und legte dann den Arm um Joeys Schultern. "Hauptsache, du hast es eingesehen." "Was denn eingesehen?" "Idiot!" Kaiba zerzauste sein kurzes Haar, platzierte einen flüchtigen Kuss auf seiner Wange. "Jetzt stell dich nicht so an und vergiss es. Hauptsache ist, wir bekommen das mit dem Auftritt hin." Kurze Zeit später saßen die Beiden in dem Maybach und waren auf dem Weg zu dem gewissen Treffpunkt. Joey fühlte sich immer noch nicht so recht wohl. Er rutschte hin und her, sah sich nervös um und leckte sich die Lippen. Toll, Kaiba war vielleicht nicht sauer, aber er fühlte sich trotzdem schuldig. Vielleicht war Kaiba ja genau darauf aus? Nach einer kurzen Zeit wurde er so zappelig, dass er unbedingt ein neues Thema einschneiden musste, um nicht noch verrückt zu werden. "Ich habe aber kein Geld mit", bemerkte er nach einem langen Grübeln, doch Kaiba zuckte nur mit den Schultern. "Was soll's? Ich auch nicht." "Hä?" Endlich wandte sich Joey zu ihm. "Aber..." "Bleib ruhig." Kaiba trommelte gelassen auf das Lenkrad. "Wir werden eingeladen." "Duke lädt uns ein?" Joey staunte nicht schlecht. Nach einer kurzen Fahrt erreichten sie eine schmale Seitenstraße. Kaiba parkte den Wagen sauber in einer Lücke, stellte den Motor aus und zog den Schlüssel aus dem Zündschloss. "Hoffentlich ist er nicht sauer." Mit diesen Worten öffnete er die Tür und stieg aus. Joey sah ihm verblüfft nach. Hoffentlich ist er nicht sauer? Duke schien ihm ja sehr ans Herz gewachsen zu sein! Man, das hätte sich Joey nicht träumen lassen. Um ehrlich zu sein, wusste er nicht, ob er sich darüber freuen, oder einfach nur verwirrt sein sollte. Er entschloss sich, diese wichtige Entscheidung ein anderes Mal zu treffen, stieg ebenfalls aus und sah sich um. Kaiba wühlte kurz in seinen Taschen, winkte ihn heran und ging los. Er ging zügig über die Straße, schob sich zwischen den Autos hindurch und betrat den Fußgängerweg. Vor einer typisch japanischen Sushibar lehnte Duke an der Hauswand und knaubelte an seinen Fingernägeln. Als er Kaiba bemerkte, ließ er die Hände sinken und hob die Augenbrauen. "Tut mir leid." Kaiba blieb vor ihm stehen, hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. Dann drehte er sich um und wies mit einem knappen Nicken auf Joey, der sich etwas wackelig näherte. "Er kam sehr spät." "Ah." Duke nickte verständnisvoll, schickte Joey eine grüßende Handgeste und drehte sich um. "Na, dann kommt." Hinter Duke betraten Kaiba und Joey einen gemütlichen großen Raum. In der Mitte dieses Raumes stand eine runde Theke, auf der kleine, mit Sushi beladene Schiffchen ihre Runden drehten. Das Restaurant war nicht voll, nur wenige Tische waren besetzt. Menschen unterhielten sich, lachten und ließen sich die Speisen schmecken. Es war eine sehr angenehme Atmosphäre und Joey versuchte verzweifelt, sie zu genießen. "Warst du in der Firma?", erkundigte sich Duke, als er neben einem freien Tisch stehen blieb und aus seinem Mantel schlüpfte. Kaiba nickte und tat es ihm gleich. "Noch einmal werde ich das aber nicht machen, solange ich Arbeitsverbot habe." "Schlimm, was?" Duke nahm Kaiba den Mantel aus der Hand und hing beide an eine hübsche Garderobe. "Ich würde gern mit dir tauschen." "Gerne, nur zu." Während er sich dann auf eines der flachen Kissen kniete und zurechtrutschte, wandte sich Duke an Joey, der immer noch verdattert dort stand und starrte. "Kommst du?", fragte er. "Steh nicht herum wie bestellt und nicht abgeholt. Ist doch ein herrlicher Tag." Somit schlug er die Finger in den Kragen seiner Jacke und zog sie ihm von den Schultern. "Öhm... nya", brummte der Blonde nur. Während dann auch seine Jacke einen Haken fand, ließ sich Joey neben Kaiba auf einem Kissen nieder. Man, an dieses Hocken musste man sich erst gewöhnen. Er rückte nach links, rückte nach rechts und setzte sich letzten Endes in einen gemütlichen Schneidersitz. Nur Duke und Kaiba folgten den japanischen Gebräuchen und beschwerten sich nicht. Sie schienen sich pudelwohl zu fühlen und wurden dabei im Geheimen beobachtet. Irgendetwas konnte hier doch nicht stimmen! Schneller als erlaubt, tauchte eine Bedienung im Kimono auf und legte den drei Gästen kleine Tablette mit heißen dampfenden Handtuchröllchen vor. Somit verschwand sie wieder und überließ die Gäste dem Schicksal. Leicht verunsichert, starrte Joey auf das weiße Handtuch, dann beobachtete er Kaiba und Duke. Er war fast noch nie in einem richtig japanischen Restaurant gewesen. Ganz toll… wieder einmal würde er aus dem Rahmen fallen. Als Duke etwas Leises brummte, schmunzelte Kaiba, rollte das Handtuch auseinander und drückte es vorsichtig auf das Gesicht. Duke tat es ihm ohne Umschweife gleich und auch Joey machte sich an die Arbeit. Das verdammte Tuch war ganz schön heiß. Vorsichtig rollte er es aus, drückte es auf sein Gesicht und ließ es nach einer Sekunde wieder sinken. Reichte das? Ja, Kaiba und Duke legten es auch wieder weg. Während sie dann auch noch ein kleines, warmes Getränk vom Haus bekamen, musste sich Joey soviel auf Duke und Kaiba konzentrieren, auf ihr Verhalten achten, dass er keine weiteren düsteren und misstrauischen Gedanken verfolgen konnte. Er trank den Tee und blätterte dann in dem Büchlein, um die Bestellung aufnehmen zu können. Dabei vertiefte er sich in die Namen und kämpfte um eine Übersicht. Die Auswahl war einfach zu groß. Er rieb sich das Kinn, grübelte und streckte letztendlich beide Beine von sich. Kaiba und Duke! Glaubte man es? Die beiden waren so dicke, als bestünde zwischen ihnen seit Jahren eine feste Freundschaft. Sie plauderten gelassen miteinander, schmerzten sogar. Und als dann das Essen eintraf, da wurde Joey ganz mitgerissen. Und wenn er nicht mit den Stäbchen kämpfte, dann beteiligte er sich an den Gesprächen und wurde sofort mit einbezogen. Es wurde also doch noch zu einem Vergnügen für ihn. Zwei Stunden saßen sie dort, aßen und tranken. Duke war außerordentlich großzügig und doch aß Kaiba nicht allzu viel. Er trank lediglich noch einen Tee und erhob sich dann. "Ich komme gleich wieder." Mit diesen Worten machte er sich auf den Weg zu den Toiletten. Duke leerte sein Glas, stellte es auf den Tisch zurück und schob die Stäbchen von sich. Joey ließ seinen Reis sinken, blickte kauend auf und sah Kaiba nach. Auch als sich die Tür hinter diesem schloss, starrte er sie an und stellte die Schale ab. Er musste nicht lange überlegen, bevor er handelte. Auch er legte die Stäbchen ab, nahm das Tuch von seinem Schoß und erhob sich. "Ich... ähm..." Er wies auf die Tür. "Schon gut." Duke grinste. Natürlich schlich Joey Kaiba nach. Er stieg die wenigen Stufen hinab und öffnete die Herrentoilette. Kaiba stand vor den Waschbecken, wusch sich die Hände und warf einen kurzen Blick zum Spiegel, als er die Schritte hörte. Er erspähte Joey und wandte sich wieder seinen Händen zu. Joey trat unterdessen näher, lehnte sich neben ihm gegen die Wand und verschränkte die Arme vor dem Bauch. "Was ist?", erkundigte sich Kaiba beschäftigt, als er sich kurz im Spiegel betrachtete und sich das Haar aus dem Gesicht zog. "Na ja." Joey räusperte sich leise, starrte auf den Boden und zog mit dem Fuß Kreise auf den sauberen Fliesen. "Auch, wenn du es locker nimmst und mir nicht böse bist, fühle ich mich irgendwie schuldig und abscheulich." "Hm?" Kaiba drehte das Gesicht zu ihm und sah ihn verwundert an, nebenbei griff er nach einem Handtuch. "Warum?" "Weil ich blöde Dinge zu dir gesagt habe", murmelte Joey ohne zu zögern. Er wagte es nicht, Kaiba in die Augen zu blicken. "Ich habe gesagt, dass du es mit dem Auftritt nie ernst gemeint hast, obwohl du dich so sehr bemüht hast. Ich habe keine Ahnung, warum ich so reagiert habe, wäre zu schön, wenn das eine Entschuldigung wäre." "Du brauchst überhaupt gar keine Entschuldigung." Kaiba trocknete seine Hände ab und warf das Tuch in den Eimer. Anschließend wandte er sich zur Seite, lehnte sich ebenfalls an und stützte die Hände in die Hüften. Joey brummte verdrießlich, doch über Kaibas Lippen huschte ein flüchtiges Schmunzeln. "Weißt du, was ich kurz vor der Gerichtsverhandlung getan habe?" "Keine Ahnung", murmelte Joey beschämt, sein Blick war noch immer auf den Boden gerichtet. "Ich war bei einem Psychologen." Nun grinste Kaiba fester und legte den Kopf schief. "Was?" Joey konnte es nicht glauben. Überrascht blickte er auf und starrte ihn an. "Warum? Ich dachte, du hättest für solche Typen nichts übrig?" "Hab ich auch nicht." Kaiba zuckte mit den Schultern. "Aber ich dachte mir, dass es nicht schaden könnte." Er holte tief Luft. "Du weißt ja, wie so etwas läuft. Man liegt auf einem Sofa, so als hätte man keine Kraft in den Knien, starrt an die langweilige Decke und neben einem sitzt so ein verkniffener kleiner Zwerg. Und dann kann man seine Geschichte erzählen. Man plaudert einfach drauf los und der Fritz hört dir zu, nickt auf seine allwissende Art und Weise und macht sich Notizen. Und dann, wenn du alles losgeworden bist, schaut er, ob du heulst. Und wenn du es nicht tust, versteckt er schnell die Taschentücher und kommt zur großen Aufklärung. Na, das meiste was der Typ gesagt hat, das konnte man vergessen aber einige Sachen hörten sich richtig gut und glaubwürdig an." "Ach ja?" Noch immer starrte Joey ihn an, ganz gebannt von dieser Erzählung. "Und... was zum Beispiel?" "Ich trage den ganzen Kram natürlich noch irgendwo in meinem Unterbewusstsein herum und werde eine lange Zeit benötigen, um davon loszukommen. Er meinte, ich könnte für kurze Zeit leichte Depressionen bekommen. Schwachsinn. Aber über dich hat er mir auch eine ganze Menge erzählt. Er kannte dich zwar nicht, aber es passt schon. Und deine heutige Aktion hat bewiesen, dass der verkniffene Zwerg Recht gehabt hat." "Über mich hat er auch etwas gesagt?" "M-hm." Kaiba nickte geheimnisvoll, jedoch auch etwas verschmitzt. "Ja, was denn?" Joey trat einen Schritt näher. "Sag schon." "Zum Beispiel hast du deine Aggressionen nicht so recht unter Kontrolle und deine Nerven sind auch nicht die Besten. Kann etwas dauern, bis sich das vollständig gebessert hat. Aber solange es kein Weltuntergang ist... was soll's?" "Aggressionen? Nerven?" Joey runzelte skeptisch die Stirn. "Das ist doch Blödsinn! Davon wüsste ich doch. Ich war lange nicht mehr gereizt... nur heute... ganz kurz." "Na gut?" Kaiba nahm es locker und sog an seinen Zähnen. "Wenn es dir gut geht, freu ich mich." Mit diesen Worten legte er den Arm um Joeys Schulter und führte ihn zur Tür zurück. Der Blonde wusste wieder nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte, also hielt er den Mund. Lange blieben die drei nicht mehr. Sie stießen auf den Auftritt an und verließen dann das hübsche Restaurant. Joey war noch immer etwas durch den Wind und grübelte über Kaibas Worte. Auch, während sich Kaiba höflich für die Einladung bedankte und sich von Duke verabschiedete, rieb er sich nachdenklich das Kinn. Was war, wenn Kaiba Recht hatte und auch er etwas gestört war? Herrjemine... Als Kaiba ihm in die Seite stieß und ihn somit aus seinen Träumereien riss, bedankte auch er sich schnell und führte einen kurzen Plausch mit dem netten Gastgeber. Dann trennten sich ihre Wege. Kaiba hatte vorgeschlagen, Duke nachhause zu fahren, doch dieser wollte noch etwas schlendern, also kehrten Joey und Kaiba allein zu dem Wagen zurück. "Was ist?" Kaiba suchte nach dem Schlüssel und öffnete die Türschlösser. "Schläfst du heute bei mir?" "Klar…", Joey grübelte kurz. "Ich muss nur kurz Bescheid geben." Während sich Joey auf das gemütliche Sofa sinken ließ, packte er Kaiba am Kragen und zog ihn mit sich. Träge ließ er sich auf das weiche Polster fallen und lehnte sich gegen die weichen Kissen, Kaiba folgte ihm bereitwillig, stieg auf seinen Schoß und schlüpfte nebenbei aus dem Mantel. Dann beugte er sich nach vorn, ließ sich umarmen und schon das Gesicht unter Joeys Kinn, um seinen Hals zu beißen. Genüsslich hob Joey den Kopf, verstärkte die Umarmung und grinste, als er die zärtlichen Bisse, die weichen Lippen auf seiner Haut spürte. Während Kaiba ihn liebevoll bearbeitete und bald auch nach seinem Ohr schnappte, schoben sich seine Hände an Joeys Steiß unter den Pullover, glitten höher zu seinen Schulterblättern und zogen ihn leicht nach vorn. Joey rutschte zur Kante und streckte sich genießerisch. Auch seine Hände begannen zu wandern, nach den Knöpfen des störenden Hemdes zu suchen. Sobald sie fündig wurden, verließen die Knöpfe die Löcher und der störende Stoff glitt flink über die schmalen Schultern des Brünetten. Kaiba musste Joey kurz aus der Umarmung entlassen, um das Hemd dorthin zu befördern, wo es hingehörte: Auf den Boden. Dann beugte er sich wieder über ihn, fand seinen Mund und begann ihn fordernd zu küssen. Joey ergab sich schnell, hatte keine Lust auf einen Kampf und gab seinen Mund zur Erkundung frei. Während sich Kaiba schnell fester an ihn presste und sich an dem Reißverschluss seines Pullovers verging, hob Joey die Hände, durchstreifte sein Haar und krallte sich letzten Endes in seinen Nacken. Bedächtig schabten seine Fingernägel über die weiche Haut. Ritsch, sein Pullover war offen. Hastig löste er eine Hand aus Kaibas Nacken, bäumte sich etwas auf und schlüpfte durch den Ärmel. Der anderen Seite nahm sich Kaiba an, indem er einfach nach dem Pullover griff, ihn über Joeys Arm zog und zur Seite warf. So lösten sich ihre Lippen voneinander. Joey schloss die Augen und atmete stoßweise, als sich Kaiba tiefer sinken ließ. Er rutschte von dem Sofa und hockte sich vor Joey auf den Boden. Mit einer schnellen Bewegung zog er alsdann sein Shirt höher und wandte sich dem Bauch zu. Mit der einen Hand hielt er den Stoff oben, die andere bettete er auf Joeys Steiß. Und somit begann er wieder beißen, zu küssen und die zarte Haut mit seinem Haar zu streicheln. Joey biss sich bebend auf die Unterlippe, legte die Beine um Kaibas Oberkörper und kreuzte sie auf seinem Rücken. Zielstrebig arbeitete sich Kaiba tiefer. Als sich seine Hand von Joeys Steiß löste und die Hose öffnete, drehte er kurz das Gesicht zur Seite, schnappte nach Luft und zog den dicken Stoff dann mit einer langsamen Bewegung hinab. Joey war ihm gern behilflich. Er ließ die Beine sinken, stützte sich mit ihnen ab und hob die Hüfte an, die kurz darauf entblößt wurde. Ein kurzer Kampf um die Entsorgung der Hose und der Shorts begann, war jedoch schnell beendet. Joey ließ sich auf das Sofa zurücksinken, spreizte die Beine und tastete mit der linken Hand nach der weichen Lehne, um sich in ihr festkrallen zu können. Die andere schob sich in Kaibas Schopf, der sich nun noch tiefer sinken ließ, die Hände auf seine Knie legte und sich vom Bauchnabel an, weiter nach unten arbeitete. Joey öffnete den Mund, schloss die Augen verkrampfter und schob das Gesicht höher, seine Finger krallten sich fester in den Stoff, sein Atem begann schneller zu fallen. So etwas tat immer am besten, wenn es ganz spontan passierte! Als Kaiba noch tiefer rutschte, bäumte sich Joey auf, streckte seinen Rücken durch und unterdrückte ein lautes Ächzen. Seine Hand rutschte von der Lehne, schlug sich jedoch schnell in eines der Kissen. Er hob den Kopf etwas, stieß einen schweren Atem aus und ließ sich wieder zurücksinken. Sein Bauch hob und senkte sich schnell, Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. All die Sorgen waren in diesen Minuten vergessen, sie waren spurlos verschwunden und würden so schnell nicht wieder auftauchen. Kaiba ließ ihm keine Pause. Wieder begann sich Joey zu räkeln, seine Zehen spreizten sich, pressten sich wieder aneinander, verblieben jedoch reglos, als ein leises Geräusch ertönte. Joey durchfuhr ein grausamer Schreck, als er hörte, wie sich die Türklinke rasch bewegte. Er schnappte nach Luft, richtete sich hastig auf und drehte das Gesicht zur Tür, die sich nun öffnete. Kaiba reagierte ruhiger. Er entfernte sich nur etwas von Joey, ließ die Hände auf seinen Knien liegen und sah sich flüchtig um. Aufstehen tat er nicht. "Ach Joey." Mokuba streckte den Kopf in den Raum und der Blonde grinste todesnervös. "Ähm... ja?", hechelte er und schluckte schwer. Und nebenbei betete er, dass der Junge kein Misstrauen schöpfte. Mein Gott, er war so angespannt, als stünde vor ihm eine tickende Zeitbombe. Mokuba sah sich nur flüchtig um, hob die Augenbrauen und zuckte mit den Schultern. "Ich suche Seto. Weißt du, wo er ist?" "Ähm... öhm..." Joey sah sich kurz um. "Nein… eh… keine Ahnung." "Das ist ja blöd." Mokuba öffnete die Tür weiter und trat ein. Er hatte ja keine Ahnung, dass er Joey somit an den Rand der Verzweiflung trieb. "Na ja... ich hab schon im Büro geschaut aber da ist er auch nicht. Er ist doch vorhin mit dir Nachhause gekommen, oder?" >Ja und jetzt verschwinde!< Joey quälte sich, um sein Grinsen aufrecht zu halten. "Das stimmt. Aber er... ähm... er ist noch einmal kurz raus. Keine Ahnung, wo er ist." "Na gut." Mokuba ließ die Hand auf der Klinke liegen und trat einen Schritt zurück. "Falls du ihn vor mir siehst, kannst du ihm sagen, dass Bikky gerade die Mingvase zerdeppert hat, die unten im Foyer stand? Und auf einer Fließe ist jetzt eine riesige Schramme. Ganz schön hart und scharf dieses Porzellan." Joey spürte, wie sich Kaiba zu regen begann, hörte, wie er brummte. Hastig ballte er die Hand in seinem Schopf lag zu einer Faust und drückte ihn tiefer. "Ich glaube nicht, dass er so sauer wird, dass er sein aktuelles Vorhaben vorschnell abbricht!", sagte er dann in einem warnenden Ton und Mokuba legte den Kopf schief. "Was?" "Nichts." Joey winkte. "Tschüss." "Ja, ähm... Tschüss." Verdattert verschwand der Junge wieder im Flur, die Tür schloss sich. Und sobald sie in das Schloss zurückklackte, richtete sich Kaiba auf, ballte beide Hände zu Fäusten und kam auf die Beine. "Meine Mingvase!", fauchte er, als er zur Tür eilte, Joey sah ihm zertreten nach. "Die hat mir ein wichtiger Geschäftspartner geschenkt!" "Und sie sah auch ganz toll aus." Joey legte den Kopf schief. "Hören wir deshalb auf?" "Ich konnte diese kleine Kröte noch nie leiden!" Nein, es sah nicht so aus, als wolle Kaiba aufhören. Er riss nur die Tür auf, lehnte sich in den Flur hinaus und sah sich nach beiden Seiten um. Dann schlug er die Tür zu, drehte den Schlüssel im Schloss und kehrte zu Joey zurück. Dieser freute sich sehr darüber, sah ihn erwartungsvoll näher kommen und richtete sich etwas auf. "Bist du sauer?" Kaiba brummte, ging um das Sofa herum und rieb sich den Nacken. "Könnte man so sagen! Die Vase ersetzt er mir!" "Du bist aber trotzdem zärtlich, oder?" "Ich bin immer zärtlich!" Kaiba knurrte, hockte sich neben Joey auf das Sofa und griff zielstrebig nach dessen Shirt, um es ihm endgültig auszuziehen. Etwas zögerlich hob Joey die Arme und ließ es zu. Dann begann Kaiba ihn wieder zu küssen und so wie es aussah, ließ er nicht seine Wut an ihm aus. Er war wirklich zärtlich und äußerst feinfühlig, als er sich nach vorn lehnte und ihn vorsichtig dazu zwang, sich hinzulegen. Joey rutschte sich kurz zu Recht, ließ sich dann nach hinten sinken und zog Kaiba mit sich. So vergingen weitere schwere Übungstage. Yugi, Tea und Tristan waren sehr froh über die Versöhnung und beteiligten sich mit vollem Einsatz an den Übungen. Nur Bakura schien nicht gerade fasziniert, doch von ihm konnte man nicht erwarten, dass er umher sprang und laut juchzte. Jeden Tag trafen sie sich direkt nach der Schule, jeden Tag saßen sie mehrere Stunden zusammen und taten ihr Bestes, um einen guten Auftritt bieten zu können. Und Joey? Der schlich sich nachts sehr gern in die Schule, wenn niemand mehr dort war. So verschaffte er sich weitere Übungsstunden und nach drei Tagen des harten Trainings, gelang es der Gruppe wirklich, den gesamten Song ohne auffällige Fehler zu spielen. Das Lernen des Textes war das Leichteste gewesen, Tristan beherrschte seine wenigen Griffe und Joey kam mit dem Gesang so gut klar, dass er sich voll und ganz auf das Schlagzeug konzentrieren konnte. Sie machten gewaltige Fortschritte, waren mit ihrer Arbeit zufrieden und zuversichtlich. Und dann kam der Tag, an dem sie der Schule ihr Können beweisen mussten. Es war bereits Abend, als sich die Schüler mit ihren Eltern und Freunden in der Schule tummelten. Es waren so viele Menschen gekommen, dass allseits ein großes Gedränge herrschte. Jeder wollte zu jedem Stand, jeder wollte sich alles anschauen, das zur Schau gestellt wurde. Überall wurde laut geplappert und gelacht. Und nicht wenige Gespräche drehten sich um den Bandauftritt, der dem Schulfest das krönende Ende verleihen sollte. Seto Kaiba! Die Schüler waren sehr aufgeregt, wurden jedoch nicht über genaueres informiert. Sie wussten nicht, wer alles teilnahm, welchen Song sie spielten und wie sie spielten. So war es noch viel spannender. "Du kannst nicht mit deiner Schuluniform auf die Bühne steigen!" Joey schlug die Beifahrertür des Wagens zu und wandte sich über das Dach an Kaiba, der es ihm gleichtat, die Türen verschloss und erschöpft stöhnte. "Du musst richtig gut aussehen, nicht artig und streberhaft!" Joey sah sich um, beobachtete die Schüler, die auch vor der Schule standen und tratschten. "Schau, die laufen auch nicht in ihren Uniformen herum... und jetzt hör auf zu jammern! Du siehst wirklich gut aus!" "Warum gerade Partnerlook?" Kaiba ließ den Gitarrenkoffer sinken und musterte seine Umgebung. "Weil wir ein Paar sind", stellte Joey klar und ging los. "Na komm schon." Kaiba blähte die Wangen auf, rollte mit den Augen und folgte seinem Meister. Er trug eine tief sitzende schwarze Hose und ein ebenso schwarzes, ärmelloses Top. Mit einem langen Gesicht und schlürfenden Schritten ging er so mit Joey auf das Schulgebäude zu. Was die Hose anbelangte, hatte Joey zufällig die gleiche Wahl getroffen. Der einzige Unterschied war das Top, das war genauso geschnitten, jedoch von anderer Farbe war. Es war weiß. Aus Jux hatte sich Joey auch ein ledernes Halsband um den Hals gebunden, sein blondes kurzes Haar war zu einem schmalen Irokesen frisiert. Schon aus weiter Entfernung wurden sie entdeckt. Die Schüler juchzten voller Aufregung und winkten voller Begeisterung. Ihr Erscheinen würde sich binnen kürzester Zeit im gesamten Gebäude verbreiten, das war sicher. Joey genoss diesen Tumult, die aufheiternden Zurufe und die freundlichen Gesten. Er strahlte und winkte zurück. "Ich fühle mich wie irgendein Rockstar", flüsterte in Kaibas Richtung, als sie die große Eingangstür aufschoben. "Sag das nicht, bevor der Auftritt gelungen ist", murrte Kaiba nur. "Das wird er schon." Ein trödelnden Schritten bahnten sie sich einen Weg durch die aufgeregten Schüler und Gäste. Überall wurde getuschelt. So etwas hatte es noch nie zuvor an dieser Schule gegeben. Endlich erreichten die beiden die Umkleidekabinen. Dort trafen sie auf Duke und die anderen. Yugi wirkte sehr aufgeregt, obgleich er kaum etwas zu tun hatte. Tea hatte sich extra schick gemacht, tänzelte von einer Seite zur anderen und sang den Song zum dritten Mal. Duke war gerade dabei, seine Gitarre zu stimmen, Tristan übte seine Griffe noch einmal und Bakura las in einem Buch. "Da seid ihr ja." Duke grinste, legte die Gitarre zur Seite und erhob sich. "Alles in Ordnung?" "Es könnte nicht besser sein!" Joey streckte beide Arme von sich. "Ich bin fest entschlossen, die Zuschauer zum ausrasten zu bringen!" "Schrei nicht so laut." Kaiba ließ sich auf einer Bank nieder und öffnete den Gitarrenkoffer. "Sonst bist du dann heiser und kannst nicht singen." "Man, jetzt mach mich doch nicht noch zusätzlich wuschig!" "Wie lange haben wir noch?" Tristan blickte von einer Gitarre auf. "Eine halbe Stunde", antwortete Yugi schnell. "Sollen wir eine Generalprobe machen? Noch ist der Saal leer." "Brauchen wir eine Generalprobe?" Kaiba sah sich fragend um, doch alle schüttelten den Kopf. "Gut, ich brauche auch keine." Während Tea den Text zum weiteren Male durchging, ließ sich Joey neben Tristan auf die Bank fallen. Er streckte beide Beine von sich, überprüfte den Halt seiner Frisur und sah sich dann um. Kaiba begann ebenfalls seine Gitarre zu stimmen, wobei Duke ihm eine große Hilfe war. Wieder saßen die beiden nahe beieinander, verglichen die Töne der Saiten und schraubten hier und dort. Joey beobachtete sie eine lange Zeit, dann grinste er und lugte zur Seite. Tristan schien ebenfalls sehr hart geübt zu haben, er beherrschte die Griffe nahezu perfekt und den leisen Klängen konnte man mit größtem Behagen lauschen. Während er dann die Augen schloss um sich vor dem großen Auftritt etwas zu entspannen, verließen Yugi und Bakura die Umkleidekabine, um noch irgendetwas zu organisieren. Es war wirklich erstaunlich, wie ernst ein jeder der Clique seine Aufgabe nahm. Man kümmerte sich um alles, alles stimmte überein, alles war perfekt. Und das war auch der Grund, warum Joey etwas mulmig zumute wurde, als er bald die aufgeregten Stimmen der Menschen hörte, die sich in den Saal drängelten, sich ihre Stühle zurechtrückten und auf ihnen Platz nahmen. Er hatte die größte und schwerste Aufgabe auferlegt bekommen. Niemand konnte es besser versauen, als er. Würde seine Stimme vor Aufregung zittern? Würde er falsch schlagen und aus dem Takt geraten? Es gab so verdammt viel, was schiefgehen konnte. Nun waren es nur noch wenige Minuten, bis sie auf die Bühne mussten. Kaiba hatte seine schwarze E-Gitarre auf seinem Schoß gebettet und saß Joey entspannt und durchaus etwas gelangweilt gegenüber. Tea sang noch immer und auch Tristan machte nicht den Anschein, als würde das Herz in seiner Brust rasen. Er rieb die Hände aneinander, schluckte schwer und sah sich um. Man, da hatte er sich aber etwas eingebrockt. Bedauerlicherweise gab es nun jedoch kein Zurück mehr. Während die fünf Bandmitglieder noch etwas herumsaßen und warteten, waren Yugi und Bakura bereits im Saal. Dieser Saal des Grauens lag direkt neben der Umkleidekabine und so konnte Joey Stimmen hören, die ungeduldig nach ihnen verlangten. Kaiba warf einen knappen Blick zu der Wanduhr, dann griff er die Gitarre am Hals, erhob sich und wandte sich an seine Gruppe. "Also." Locker blickte er in die Runde. Joey, Duke und Tristan waren sofort aufmerksam, doch da gab es jemanden, der sich lieber mit anderen Dingen beschäftigte. Kaiba runzelte die Stirn. "Gardner, würdest du vielleicht kurz den Mund halten?" Sofort stand das Mädel stramm und Kaiba lauschte kurz zur Seite, lauschte in den Saal, indem es nun langsam leiser wurde. "Stellt euch einfach vor, es sei eine weitere Generalprobe. Und wenn jemand irgendeinen Fehler macht, dann spielt oder singt er weiter, verstanden?" Die Zuhörer nickten eilig. "Fehler höre ich sofort, nehme sie aber nicht übel, solange sie nicht den ganzen Auftritt vermasseln. Ich habe so etwas noch nie gemacht und habe auch nicht vor, es irgendwann zu wiederholen. Also wäre es mir lieb, dass es funktioniert und ich keinen blamablen Artikel in der Schülerzeitung vorfände." "Ja, natürlich." Tristan atmete tief durch, Joey rieb seine Hände aneinander, rutschte auf der Bank hin und her. "In Ordnung." Kaiba musterte seine Bandmitglieder mit ernster Miene, wies dann mit einem knappen Nicken auf die Tür und ging los. In dieser Sekunde ertönte Bakuras Stimme in dem Saal, der mit großer Begeisterung den Auftritt ankündigte. Duke und Tristan erhoben sich sofort und folgten Kaiba. Auch Tea tänzelte in den Gang hinaus. Nur Joey zögerte, bevor auch er aufstand und die Umkleidekabine verließ. Der Gang der Schule war leer, kein einziges menschliches Lebewesen war noch zu sehen und das missfiel Joey sehr. Also hockten sie jetzt alle in dem riesigen Saal und warteten auf die grausame Blamage. In trödelnden Schritten zog Kaiba an der großen Tür des Saales vorbei und öffnete eine kleinere, die direkt daneben lag. Mein Gott, er tat, als wäre das überhaupt nichts Außergewöhnliches. Joey würde sich am liebsten irgendwo festkrallen und nicht mehr loslassen. Und als Bakura verstummte und sich tobender Applause erhob, da explodierte beinahe sein Herz und ein kalter Schauer kroch über seinen Rücken. Er schnitt eine Grimasse, faltete die Hände vor der Hüfte und folgte der Gruppe zögernd und langsam in den engen Gang, der versteckt zur Bühne führte. Mein Gott, konnten die Zuschauer nicht wenigstens etwas leiser sein?! Die machten so einen Krawall, als hätten sie vor, jeden umzubringen, der die Bühne betrat. So, jetzt waren sie angekündigt und es ging los. Locker griff Kaiba nach einem kleinen Vorhang, zog ihn zurück und trat auf die Bühne heraus. Hinter ihm folgten Duke, Tristan und Tea. Sogleich wurde noch lauter geklatscht und gegrölt. Kaiba warf nur einen flüchtigen Blick zu der Masse, die vor der Bühne hockte, saß und stand. Dann nahm er seine Position ein, hob das breite Lederband über den Kopf und bückte sich nach einem kleinen Kabel, das zu seinen Füßen auf dem Boden lag. Mit entspannter Miene schob er den kleinen Stecker in das Loch und ließ die Gitarre vor der Hüfte hängen. Dann griff er in seine Hosentasche, zog das Plektrum hervor und rieb es zwischen Daumen und Zeigefinger. Auch Tea, Duke und Tristan hatten ihre Positionen eingenommen und Tea und Tristan schienen nun ebenfalls etwas nervös zu werden. Tea blieb hinter ihrem Mikrofonständer stehen, zog das Mikrophon aus der Halterung und ließ es sinken. Auch Tristan und Duke schlangen sich die Gurte um den Hals, rückten ihre Mikrophone zurecht und bereiteten sich kurz vor. Und dann schob sich auch Joey durch den Vorhang und betrat den Ort des Grauens. Und er wünschte sich, sofort tot umzufallen, als er die vielen Zuschauer sah. Sie winkten, jubelten und klatschten, taten ihm jedoch keinen Gefallen damit. Es waren verdammt viele! Er hatte zwar mit vielen Interessenten gerechnet, doch das so etwas zustande kam, hätte er sich nicht träumen lassen. Nervös sah er sich um, schob sich hinter Tristan vorbei und näherte sich dem Schlagzeug, das nur auf ihn wartete. Es machte den Anschein, als würde es sogar höhnisch lachen. Während er sich dann stockend auf seinem Hocker niederließ und angespannt keuchte, begann Kaiba leise zu zupfen, überprüfte die Töne ein letztes Mal. >Okay.< Mit zittrigen Händen richtete Joey das Mikrophon, rutschte sich auf dem Hocker zu Recht und zog zwei hölzerne Schlegel aus der Haltung. >Gar nicht auf die Menschen achten! Die sind gar nicht da! Augen zu und durch!< Er rieb und wendete die Schlegel in den Händen und besah sich die Becken und Pauken. In der letzten Zeit hatte er sich mit ihnen vertraut gemacht und trotzdem wirkten sie plötzlich schrecklich unsympathisch auf ihn. Wieder rutschte er herum, klopfte gegen das Mikrophon und räusperte sich leise. Wenn das mal gut ging. Als Kaiba die Hände sinken ließ und aufblickte, begann der tobende Krawall abzuebben. Die Hände sanken, die Münder schlossen sich. Binnen weniger Sekunden war eine Totenstille eingetreten, die Band machte sich fertig. Duke und Tristan griffen in die Bünde, hielten sich bereit. Tea stand aufrecht und Kaiba klemmte das Plektrum locker zwischen die Finger. Joey ließ den Kopf sinken, schloss die Augen und holte tief Luft. Nun ja, jetzt hatte er so eine Angst, dass er sich kaum noch sorgen konnte. Es gab kein Zurück mehr, also musste er sein Bestes geben. Noch blieb ihm Zeit, noch musste Duke den leisen und melancholischen Einstieg spielen. Er wartete angespannt auf den ersten Ton der Gitarre, lockerte die Hände und öffnete die Augen. Er warf einen flüchtigen Blick in das Publikum und rutschte dann etwas weiter nach vorn, damit er nahe genug an das Mikrophon herankam. Duke wartete kurz, ließ die Stille lang anhaltender wirken und begann dann mit der langsamen, leisen Melodie. Gekonnt rutschte seine Hand über den schmalen Hals, seine Finger griffen sicher in die Bünde, während er mit der anderen Hand über die Saiten glitt. Joey konzentrierte sich auf jeden der Töne, wartete konzentriert und sah seinen Einstieg schnell näher kommen. >Los geht's.< Er holte tief Luft und schloss erneut die Augen, um so viel Gefühl wie möglich in seine Stimme zu legen. >Wird schon schief gehen...< Somit schloss Duke ab, ließ den letzten Ton ausklingen und griff schnell um, da er Joey auch während der ersten Strophe begleiten musste. Dieser zählte vier Sekunden ab und begann gleichzeitig mit Duke. "Glaubte man den Weisheiten der Alten, heilt die Zeit alle Wunden. War Rache nur ein bittersüßer Geschmack. Schmerzte Hass nicht ewig. Und dann sah ich es in deinen Augen." Joey traf jeden Ton, sang leise und gefühlvoll. Seine Stimme zitterte, als er in einen höheren Ton umstieg und sofort wieder tiefer sank, doch nicht etwa vor Aufregung, nein. Die zärtliche Gitarrenmusik ließ alles noch schwermütiger und ergreifender wirken. Joey achtete nicht mehr auf seine Stimme, lauschte den Klängen und führte die erste Strophe dann fort. "Glaubte man den Worten der Mächtigen, war Glück von Dauer. Spross Reichtum aus den Böden. Lächelte die Liebe auf uns herab. Doch dann sah ich es in deinen Augen, Leere und Kälte umgab dich." Joey atmete aus, vertiefte sich in den letzten Satz, den er besonders leise singen musste. "Und nichts schien mehr glaubwürdig." Somit umfasste er die Schlegel fester, richtete sich aus der zusammengesunkenen Haltung auf und öffnete die Augen. Nur kurz herrschte völlige Stille, ihm blieb nicht viel Zeit, auf die Zuhörer zu achten. Dann hob er den rechten Schlegel, bettete die Spitze an dem Rand eines Beckens und tippte ihn an. Vorerst nur sehr leise, es war kaum hörbar. Doch binnen kurzer Zeit wurden die schellenden Geräusche lauter. Er schlug fester zu, holte dann mit dem anderen Arm aus und schlug den Schlegel gegen ein größeres Becken. Ein lauter Schall ertönte und somit stieg der Rest der Band ein. Perfekt aufeinander abgestimmt, meldeten sich die drei Gitarren. Krachend begann die E-Gitarre zu donnern, unterstützt von den anderen beiden, die vielmehr den Ton angaben. Und noch während der berauschende und zugleich taktvolle Krawall ertönte, begannen sie laut zu singen. Sie holten alles aus ihren Lungen, ließen ihre Stimmen laut und verbissen erklingen. "Geh nicht, denn ich weiß, wohin du willst! Geh nicht, denn du weißt, es ist der letzte Schritt! Geh nicht, schreie ich, meine Stimme zerbricht! Geh nicht, und du lässt dich fallen..." Somit traten Tristan, Tea und Kaiba von den Mikrophonen zurück. Nur Duke blieb direkt stehen, wartete, bis der Sound der E-Gitarre ausgeklungen war und begann dann sogleich mit der wiederum leisen und traurigen Melodie der zweiten Strophe. Es war ein brutaler Übergang vom lauten temperamentvollen Gesang in die bekümmerte und zugleich verzweifelte Stimmung. Kaiba hatte ganze Arbeit geleistet, es wirkte. Während es wieder leiser wurde, herrschte noch immer Totenstille in dem riesigen Saal. Mit offenen Mündern saßen die Zuschauer dort und wagten es nicht, sich zu bewegen. Und Joey war inzwischen so in dieses Element geraten, dass er sich mit großer Entspannung und Freude der zweiten Strophe zuwandte. "Hatte ich je etwas gelernt, war es unbedeutsam. Hatte ich je etwas gefühlt, war es nichtig. Hatte ich je geweint, war es naiv. Hatte ich je etwas verloren, dann sah ich es in deinen Augen. Hatte ich gedacht, dich zu kennen, dann widerlegtest du es. Hatte ich geglaubt, dich glücklich zu machen, dann beweintest du es." Ohne dass er es bemerkte, sank auch seine Stimmung auf den Tiefpunkt. Wieder überließ er Duke das kurze Solo, schluckte schwer und hielt den Atem an. Das alles war so traurig, das unbewusst alles Erlebte in ihm höher stieg. Und als er dann weiter sang, zitterte seine leise wehleidige Stimme so sehr, dass man glauben konnte, er würde in Tränen ausbrechen. "Hatte ich geahnt, wie es dir geht, dann verschwiegst du es. Hatte ich gewusst, was du willst, dann sah ich es in deinen Augen. Leere und Kälte umgab dich und nichts schien mehr wichtig." Bevor der letzte Ton der Gitarre ausgeklungen war, setzte Kaiba ein. Er spielte ein wundervolles Solo. Schnell änderten sich die Töne, ohne, dass sich die Melodie wandelte. Er ließ sein Instrument gekonnt weinen, die Töne zitterten und seine Finger wanderten flink über die Bünde. Das wehleidige Weinen der E-Gitarre wurde nach einer langen Zeit noch Nervenzerreißender, es steigerte sich, steigerte sich weiter und endete in einem lauten Schreien. Joey lauschte, vernahm den metallenen Klang und holte weit aus. Dann schlug er auf die Becken ein und brachte somit den Refrain ins Rollen. "Geh nicht, denn ich weiß, wohin du willst! Geh nicht, denn du weißt, es ist der letzte Schritt! Geh nicht, schreie ich, meine Stimme zerbricht! Geh nicht, und du lässt dich fallen..." Nun ließ Joey die Stäbe sinken, richtete sich etwas auf und wartete. Die Stimmen seiner Freunde verstummten, die Instrumente klangen aus, bis sich wieder leise Dukes Gitarre meldete. Diesmal hatte dieser nur ein kurzes Stück zu spielen, Joey musste eher einsetzen und den Auftritt mit leisem Gesang beenden. Seine Hände lockerten sich weiter, beinahe entglitten ihm die Stäbe. Doch bevor dies geschehen konnte, kam sein Einsatz. Ein letztes Mal holte er tief Luft, schloss die Augen und begann. "Glaubte man den Worten der Mächtigen, war Glück von Dauer. Spross Reichtum aus den Böden. Lächelte die Liebe auf uns herab. Doch dann sah ich es in deinen Augen, Leere und Kälte umgab dich und nichts schien mehr glaubwürdig. Da sah ich in deine Augen, leer aber erlöst, kalt aber glücklich. Und ich sah es zu spät." Somit verstummte er und öffnete nach einem genießerischen Zögern die Augen. Schweigen... Noch immer bewegte sich niemand, die Masse wirkte wie ein Bild, wie ein Stillleben. Beinahe war der Atem der Band zu vernehmen. Langsam führte Joey die Hände aneinander und legte den einen Schlegel zu dem anderen, sein Blick schweifte erwartungsvoll durch die Reihen, viele Blicke waren auf ihn gerichtet. Ungläubig, entsetzt... begeistert. Ein leises Scheppern durchdrang die Totenstille, jemand hatte eine Büchse fallen gelassen. Ein leises Knacken folgte, die Menschen begannen sich unruhig auf ihren Stühlen zu bewegen, warfen unauffällige Blicke nach beiden Seiten. Ingesamt brach eine große Unruhe aus, doch Joey war so entspannt. Er hatte all seine Ängste verloren, steckte die Schlegel in die Halterungen zurück und wandte den Blick von dem Publikum ab. Es hatte funktioniert! Seinen Triumph konnte ihm niemand streitig machen. "Klick" Er drückte die Schlegel hinab, betete die Hände auf den Oberschenkeln und lehnte sich etwas zurück. Und plötzlich, wie eine unerwartete Flutwelle, wie ein Sturm, sprang das Publikum auf. Ein lautes Geschrei, ein schallender Applause durchdrang die Stille wie ein Messer. Von einer Sekunde auf die andere, wurde es ohrenbetäubend laut in dem Saal, die Menschen jubelten, klatschten und schrien nach Zugabe. Nie hätten sie mit so etwas gerechnet, nie hatten sie gedacht, so von einer Musik gebannt zu sein. Eine gewisse Lehrerin hatte Tränen in den Augen, während sie eifrig klatschte und immer wieder ungläubig den Kopf schüttelte. Auch ein gewisses Mädel kreischte ohrenbetäubend, während sie umher sprang und jeden umarmte, der ihr in die Quere kam. Bewegung begann zu herrschen, das war der Abschluss gewesen, der Abschluss des Schulfestes, das wohl in die Geschichte eingehen würde. Nachdem sich Joey von dem Schrecken erholt hatte, ließ er den Kopf sinken, grinste und lachte leise. Auch die anderen schienen erleichtert und stolz. Und dazu hatten sie auch allen Grund. Bei keiner Probe hatte es so gut funktioniert, wie jetzt. Bei keiner Probe hatte sich Joey so sehr in den Text, in den Song vertieft. Duke drehte sich zu Tristan um schlug ein, Tea hüpfte juchzend auf dem Platz und Yugi versuchte verzweifelt, Bakura um den Hals zu springen, der in einer Ecke stand und sich mit einem eifrigen Klatschen zufrieden gab. Kaiba ließ das Plektrum in die Hosentasche zurückrutschen. Sehr über die Reaktionen des Publikums schien er nicht überrascht zu sein, beinahe machte es schon den Anschein, als höre er den Krawall der Zuschauer überhaupt nicht, als er sich den Gurt über den Kopf zog, die Gitarre sinken ließ und sich zu Joey umdrehte. Dieser richtete sich auf, stützte sich auf seine Knie und traf auf seinen Blick. Kurz sahen sie sich an, dann zog ein Grinsen an Kaibas Mundwinkel und Joey zeigte bei einem heiteren Lachen seine Zähnchen. Sie lachten gemeinsam. *...*...* to be continue *...*...* Plädoyer einer ganz Fleißigen: Bitte sehr~ das war der zweite Teil des Monster-Projektes! ^o^/) Besonderer Dank geht dabei an Moyashi. Ohne sie und ohne ihre Ideen, hätte ich diese Story nie zustande gebracht... außerdem hat sie den Songtext geschrieben, den ihr soeben gelesen habt. Ihr habt ihr es außerdem auch zu verdanken, dass es höchstwahrscheinlich einen dritten Teil geben wird. Mit dem beginne ich, sobald ich mich von diesen Strapazen erholt habe. Ja, ja... es geht immer und immer weiter. Es wird noch etwas dauern, bis ihr Teil 3 "Das Licht der Welt" lesen könnt, denn ich muss noch ein bisschen planen und weiß noch nicht so recht, wo und wie ich beginnen soll. Und diesmal habe ich ganz sicher nicht vor, alles außer Kontrolle geraten zu lassen! Neeeein! Die Story wird ganz sicher nicht 462 Seiten lang sein! Man, das schlaucht gewaltig in den Griffeln! Fragt nicht, wie ich das immer wieder hinbekomme! Ich bin durch und durch verrückt! Ò__óy See you next stage! Eure Mononoke! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)