Dunkle Dämmerung von Perro (Kampf um die Götterschwerter *abgeschlossen*) ================================================================================ Kapitel 14: Dymeons Suche: Auf offener Straße --------------------------------------------- Yo, da bin ich wieder mit nem neuen Kapitel und Interludium II. Endlich kommt Dymeons Soloauftritt, ich wollte schon lange, dass wieder etwas mehr Fokus auf ihn gelegt wird^^ Viel Spaß. ------------------------------------------------------ Kapitel XIII - Dymeons Suche: Auf offener Straße Als Dymeon wieder das Krankenzimmer betrat, fand er alles noch genauso vor wie er es verlassen hatte. Zeliarina schlief gefangen in der Illusag, während die Geräte, die mit Elektroden an ihrer Stirn angebracht waren, unaufhörlich und gleichmäßig piepsten. Im Bett daneben lag Victoria, erschöpft und im Gesicht weiß wie Marmor. Kevin saß wachend an ihrer Seite und hielt ihre zierliche Hand. Er sah nur kurz auf, als das Knarren der Tür Dymeons Erscheinen ankündigte. "Etwas Neues?", fragte der Elementare knapp. Dymeon blieb im Türrahmen stehen, so dass seine kräftige Gestalt das Licht aus dem Flur nur spärlich ins Zimmer scheinen ließ. "Ich habe mit John Dunkan und mit dem Oberhaupt des Ordens gesprochen. Beide haben mir für die Suche nach einem Ausweg aus unserer komplizierten Lage freie Hand gelassen. Ich darf alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, um Zeliarina wieder aus der Illusag zu holen...alle..." "Und hast du schon irgendeinen Plan?", fragte Kevin halbherzig. Wie zu erwarten schüttelte Dymeon langsam den Kopf, auch wenn in seinen Augen ein nachdenklicher Ausdruck lag, der nicht so ganz dazu passte. "Ich werde ein paar kleine Unterschlüpfe und Lager der Dämonen besuchen und die Unterwelt abklappern, doch ich mache mir nicht die falsche Hoffnung damit etwas erreichen zu können... Wenn das nicht klappt, werde ich jemanden aufsuchen, der uns vielleicht weiterhelfen kann..." "Gibt es tatsächlich jemanden?", erkundigte sich Kevin hoffnungsvoll, "Soll ich dich begleiten?" Erneut schüttelte Dymeon den Kopf, diesmal deutlich energischer. "Nein. Ich mache das alleine. Ich bin Zeliarinas Schutzritter, es war meine Aufgabe sie zu beschützen. Ich muss mein Versagen wieder gutmachen." Die Augen des Dämons verengten sich zu schmalen Schlitzen und betrachten den Elementaren plötzlich mit einer ungewohnten, eisigen Schärfe. "Außerdem kann ich dich nicht brauchen... Du beherrscht deine Kräfte nicht..." Kevin sprang erbost von seinem Stuhl auf, doch Victorias blasse Hand griff schnell nach seinem Arm und hielt ihn zurück. Als der Elementare sie verwirrt ansah, formte sie mit ihrem Mund wortlos das Wort ,nicht'. Widerwillig gehorchte er der Telepathin und setzte sich wieder hin, auch wenn er es sich nicht nehmen ließ Dymeon zornig hinterher zu schauen, als dieser das Krankenzimmer verließ. "Wieso hältst du mich zurück?", fragte er leise, kaum dass sie die Tür hinter dem Dämon geschlossen hatte. Victoria betrachtete weiter die Tür, als könne sie wie Melissa hindurch sehen und dadurch Dymeon weiter beobachten. "Er meinte es nicht böse... Ich habe es in seinen Gedanken gelesen. Er will dich nur nicht mit in das hineinziehen, zu dass er möglicherweise gezwungen sein könnte... Er will dich auf Abstand halten." "Tz, das könnte er doch einfach auch so sagen...", meinte Kevin, während er trotzig die Arme vor der Brust verschränkte. Victoria versuchte zu lächeln, doch ihr Gesicht blieb ausdruckslos. "Komm, wir sollten einen Fänger am Fenster anbringen..." Siviusson hatte Dunkans Zimmer vor mehreren Jahren das letzte Mal betreten und war erstaunt, dass es noch genauso aussah wie er es in Erinnerung hatte. Nur ein weiteres Regal und zahllose neue Holz- und Plastikbasteleien waren zu der Ausstattung hinzugekommen. Sie schienen zu verdeutlichen wie viel Zeit Dunkan in seinem Leben hatte. 159 Jahre... Siviusson wagte sich nicht vorzustellen was es bedeutete eine solch lange Zeitspanne auf der Erde zu verbringen, trauernd um eine Liebe, die bereits seit über einhundert Jahren tot war. Jeden Tag aufs Neue kämpfte er mit dieser Trauer im Herzen für das Glück der Menschheit, obwohl er selbst kein Glück erfahren durfte. Viele hielten Dunkans ,Blut der Macht' für ein Geschenk. Siviusson hielt es für eine Folter. "Die Neuankömmlinge sind da...", erklärte der kleine Norweger ruhig, während er in der Tür zum Zimmer des Palas stehen blieb. Dunkan saß auf seinem Drehstuhl, die gekreuzten Beine ausgestreckt auf dem Tisch, und las eine Zeitung mit aktuellem Datum. "Wie viele?" "Insgesamt dreizehn neue Begabte, davon sind sieben bereits gewillt Anwärter zu werden..." "Alter?", fragte der Palas knapp, ohne wirklich an den vorherigen Daten interessiert zu sein. Siviusson runzelte ein wenig verwundert die Stirn, antwortete jedoch anstandslos: "Die Jüngste ist gerade zehn geworden. Der Älteste ist einundzwanzig..." "Viel zu jung..." "Wir müssen uns auf den Kampf vorbereiten. Wir müssen alle verfügbaren Begabten ausbilden und zu Lancelor machen, um der wachsenden Dämonenarmee entgegenzuwirken...", gab Siviusson zu bedenken. Er versuchte einen Blick auf den Artikel zu werfen, den Dunkan zu lesen schien, doch von der Tür aus konnte er die Überschrift nicht richtig lesen. Dunkan seufzte leise und warf ihm die Zeitung von selbst zu. "Sieben weitere Vermisste in London, dreizehn in Berlin, neun bei Rom und sechsundzwanzig in den Staaten... Der Däezander schickt seine Sucher tatsächlich in der ganzen Welt aus... Wie sollen wir da mithalten? Die Dämonen nehmen sich Menschen und erschaffen mit deren Blut innerhalb von Stunden neue Artgenossen. Wir dagegen müssen die Begabten monatelang ausbilden, und selbst dann sind sie nur Grünschnäbel..." "Doch irgendwas müssen wir tun..." "Aber nicht auf Kosten von Kindern! Sie können nicht unseren Krieg führen! Sie sind zu jung, zu unerfahren, zu unreif! Sie werden nicht mehr als Kanonenfutter sein! Ich bin 159 Jahre alt, habe das Blut der Macht in mir und kenne den Däezander fast so gut wie Dymeon, doch selbst ich kann kaum etwas gegen die Dämonen tun!" "Dann sag mir was wir sonst tun sollen? Unsere Reihen werden immer schwächer und hoffnungsloser, Zeliarina ist in der Illusag gefangen und Dymeon, selbst ein Dämon, trägt im Falle ihres Todes das letzte Götterschwert! Jeden Monat klagen wir über Verluste, die wir nicht ersetzen können! Erfahrene Palas werden immer seltener! Und die verdammten Sammler können tun und lassen was sie wollen, weil wir nicht genug Männer haben um sie alle zu vernichten! Also sag mir gefälligst was wir tun können, außer unsere Reihen zu vergrößern?" "Dymeon und Zeliarina vertrauen..." "Und unser Schicksal damit in die Hände eines Dämons und eines fünfzehnjährigen Mädchens legen? Dymeon und Zeliarina! Dymeon und Zeliarina! Verstehe mich nicht falsch, ich vertraue Dymeon vollkommen, doch das kann man nicht von allen Lancelor weltweit behaupten. Einige wären immer noch zufriedener, wenn er aufgrund dieser Geschichte mit Pendrians Dorf in Excaliburs Bann geblieben wäre..." Siviusson sah, wie sich Dunkans Augenbrauen erhoben und der Palas zu einer gewaltigen Gegenrede ansetzen wollte, doch der Norweger ließ das erst gar nicht zu, sondern sprach unbeirrt weiter. "Und Zeliarina wacht vielleicht nie wieder auf. Ich war auch ihr Lehrer, ich weiß auch was für Kräfte in ihr schlummern, doch du hoffst, dass sie ein Wunder nach dem anderen vollbringt. Soll sie sich selbst aus der Illusag befreien? Soll sie selbst den ganzen Däezander bezwingen? Du musst endlich anfangen zu verstehen, dass sie ein Kind ist und nur den Namen der legendären Lichthexe trägt. Sie ist sie aber nicht!" Die Worte saßen. Siviusson fühlte sich schuldig, dass er Dunkans verstorbene Liebe ins Spiel bringen musste, doch nur so konnte er den Palas endlich überzeugen. Ohne ein weiteres Wort erhob er sich von seinem Stuhl und stellte sich gegenüber von Siviusson auf. "Dann zeig mir unsere neuen Schüler", meinte er mit getrübter Stimme. Siviusson nickte, doch bevor er das Zimmer verließ, fragte er noch: "Was ist mit..." "Dymeon kümmert sich darum", unterbrach Dunkan wissend, "Er schafft das schon..." Dymeon verließ Falcaniar noch am selben Tag, indem er sich von den Lancelor unbemerkt eines der Motorboote nahm und damit über die kalte, unruhige See fuhr. Obwohl England in einiger Entfernung lag, wusste der Dämon genau wohin er sein Boot zu steuern hatte, so dass sich schon bald die Küste in der Ferne abzeichnete und er den Hafen von Scarborough ohne Zwischenfälle erreichte. Von dort hielt er sich südlich, Richtung London. Obwohl die Hauptstadt Englands weit im Süden der großen Insel lag und sich Scarborough nahe der Grenze zu Schottland im Norden befand, hatte Dymeon auf die Transportmittel und Unterstützung der Lancelor verzichtet. Er ging zu Fuß. Als Dämon hatte er keine Schwierigkeiten damit rund um die Uhr schnell und lautlos zu rennen, doch die Strecke die vor ihm lag war selbst für Seinesgleichen zeitaufwendig. Mehrmals ging die Sonne auf und wieder unter, während Dymeon ununterbrochen lief, vorbei an kleineren Dörfern, belebten Städten, weiten Feldern und den Straßen und Autobahnen, die sich wie graue Adern durch das Land zogen. Erst am vierten Tag holte die Erschöpfung sogar den unermüdlichen Dämon ein, so dass er für einige Zeit im langsamen Gang am Rand einer zweispurigen Schnellstraße entlang wanderte. Das Aramea in seinem Körper war durch die körperliche Anstrengung ständig in Bewegung gewesen. Jetzt forderte es zumindest eine kurze Regenrationsdauer, ehe es wieder mit alter Stärke zirkulieren konnte. Dymeon verfluchte die erzwungene Pause. Der Gedanke an Zeliarina ließ den Dämon ungewöhnlich ungeduldig werden. Jede Pause war eine verschenkte Kostbarkeit, die er sich eigentlich nicht leisten durfte, wenn er Thundestars junge Wächterin rechtzeitig aus der Illusag befreien wollte. Er musste schnell weiter, doch sein Körper konnte nicht. Zähneknirschend und durchnässt vom bitterkalten Regen, der wie zum Spott plötzlich einsetzte, lief der Dämon weiter. Der Regen war noch weniger erträglich als Schnee, denn das kalte Wasser drang durch seine Kleidung und weichte diese vollkommen durch. Dämonen waren nicht sonderlich anfällig gegen Kälte, trotzdem zog Dymeon seinen Mantel enger um sich. "Soll ich dich mitnehmen?" Überrascht von der plötzlichen Stimme neben ihm wandte der Dämon seinen Kopf zur Seite. Eine junge Frau lächelte ihm gütig aus ihrem quietschorangefarbenen Golf zu, der trotz der Schnellstraße im Lauftempo neben ihm herfuhr. Dymeon war einen Augenblick lang ehrlich verwundert von der offenen Hilfsbereitschaft dieser Frau und starrte sie einfach nur an, während er neben ihrem Auto herlief. Er wog seine Möglichkeiten ab: entweder einfach weiterzulaufen oder aber ihr Angebot anzunehmen und etwas Zeit zu sparen, während sich sein Aramea sammeln konnte. "Ja...Vielen Dank." "Hüpf rein." Die Frau öffnete ohne zu zögern die Verriegelung der Beifahrertür und ließ Dymeon einsteigen. Obwohl der Dämon völlig verwildert in strömendem Regen an der Straße entlang gelaufen war und nun mit seinen nassen, schwarzen Haaren, die ihm tief ins Gesicht hingen, sicherlich einen ziemlich unheimlichen Anblick bot, machte sie sich keine Sorgen. Pfeifend beschleunigte sie ihren Wagen auf ein angemessenes Tempo, während sie gleichzeitig eine CD einlegte. Fröhliche Westernmusik, die so gar nicht zu dem sintflutartigen Regen passte, erfüllte das Auto. "Wohin willst du?" "London." Dymeon hielt seine Antwort knapp und sah sich nur flüchtig in dem orangefarbenen Golf um. Mehrere Country-CDs lagen auf dem Rücksitz neben einem schokoladenbeschmierten Babysitz, leere oder angefangene Fruchtgummitüten stapelten sich auf dem Armaturenbrett. Die junge Fahrerin verstand Dymeons untersuchenden Blick falsch und bot ihm von den Süßigkeiten an, doch er lehnte sie mit einem Kopfschütteln ab. Sein Blick wanderte dabei weiter über das geöffnete Handschuhfach, das gefüllt war mit Familienfotos, Energiedrink-Flaschen und einem einziehbaren Regenschirm. Ein Duftbäumchen pendelte am Rand seines Blickfeldes hin und her und verbreitete einen schwachen Duft von Pfirsich und Maracuja, der zusammen mit der Musik gemütliche Atmosphäre schaffte. "Bist du ohne Gepäck und zu Fuß nach London unterwegs?" Sie lachte über diese Vorstellung. "Da hättest du aber noch eine ganze Weile laufen müssen. Warum trampst du nicht, obwohl du noch solch eine Entfernung zurücklegen musst?" "Warum hältst du bei mir, obwohl ich nicht trampe? Hast du keine Angst, dass dir etwas passieren könnte, dass ein Verbrecher in dein Auto steigt?", stellte Dymeon als Gegenfrage. Die Frau wirkte verdutzt, lächelte jedoch schnell wieder und wank leichtfertig mit der Hand ab. "Du wolltest ja gar nicht, dass jemand für dich anhält. Deswegen brauche ich keine Angst davor zu haben, dass du dich als Verbrecher entpuppst, der hilfsbereiten Menschen etwas antut..." Dymeon blickte ohne Erwiderung hinaus auf die Straße. Der Regen prasselte mit unveränderter Stärke auf die Frontscheibe, so dass man nur etwas erkennen konnte, weil die Scheibenwischer pausenlos arbeiteten und das Glas immer wieder vom Wasser befreiten. Die Fahrerin schien ihre eigentliche Frage vergessen zu haben und starrte eine Zeit lang schweigend wie ihr Begleiter nach vorne. Dann lächelte sie wieder. "Was willst du in London?" Ich will einen Weg finden, um eine fünfzehnjährige Hexe mit Donnerkräften und einem legendären Schwert, das die einzige Hoffnung der Menschen gegen die Dämonen darstellt, aus der mit der Realität verwobenen Traumebene zu befreien. Dazu muss ich in der Unterwelt Londons einige Dämonen aufspüren, ausfragen und vielleicht ihr Blut vergießen. Außerdem gibt es eine alte Freundin von mir, die ich als letzte Alternative besuchen muss... Der Gedanke hing eine Weile in Dymeons Kopf, doch er sprach ihn natürlich nicht aus. Er hatte keinen Grund eine Zivilistin einzuweihen. Um sie nicht zu beunruhigen antwortete er trotzdem auf ihre Frage, indem er sich etwas nahe Liegendes aussuchte: "Ich will eine alte Freundin besuchen..." ",Alte Freundin'? Du sprichst wie ein alter Mann, dabei bist du doch erst...19?" 134 Jahre... Doch für die Frau nickte er nur. Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile, wobei Dymeon nur hin und wieder etwas Gelogenes einwarf, während die Frau offenherzig von ihrem Leben und ihrer Familie erzählte. Dymeon erfuhr, dass sie Caroline hieß und einen zweijährigen Sohn hatte. Es fiel ihm schwer ihrer beruhigenden Stimme nicht mit ehrlichem Interesse zuzuhören. Etwas von dem Frieden und dem Glück ihres Lebens schien Dymeon vor Augen zu führen, was es bedeutete die Menschheit zu retten und ihren Krieg gegen die Dämonen zu beenden. Es bedeutete den Frieden eines jeden Menschen, so wie diese Frau einer war, zu bewahren. Die Erkenntnis wusch das viele Blut nicht von Dymeons Händen, doch sie machte es etwas erträglicher. Selbst als es bereits Nacht wurde und Caroline ihn schon viele Stunden und etliche Meilen näher an London gebracht hatte, unterhielten sich die beiden immer noch. "Glaubst du die Menschen sind böse?" Die Frage rutschte Dymeon völlig ohne Absicht über die Lippen. Er wusste nicht einmal warum er sie stellte. Caroline sah äußerst verwundert kurz von der Fahrbahn weg und betrachtete ihn eingehend. "Was ist das für eine Frage?" "Ich hatte eine sehr lange Zeit lang nicht sehr viel mit den Menschen..." Er stutzte und verbesserte sich schnell: "mit anderen Menschen zu tun... andere... Jedenfalls war ich dann, als ich doch mit ihnen konfrontiert wurde, gezwungen, Partei für sie zu ergreifen. Doch manchmal weiß ich nicht, ob das so richtig ist. Sind die Menschen gut...oder böse? Lohnt es sich sie zu schützen?" Die junge Frau dachte lange nach, ehe sie antwortete, denn offenbar war sie es nicht gewöhnt solch tief greifende Gespräche mit einem aufgegabelten Wanderer zu führen. "Du klingst wirklich wie ein alter Mann...oder wie jemand, der die Last der ganzen Welt auf den Schultern trägt..." Sie schmunzelte kurz, wurde jedoch schnell wieder ernst, weil sie bemerkte, wie wichtig das Thema für Dymeon war. "Das ist schwierig zu beantworten. Es gibt viele gute Menschen, voller Lebensfreude, voller Gefühl, Verständnis und Mitleid... Doch es gibt auch viele schlechte Eigenschaften, die Menschen prägen können: Jähzorn, Gier, Brutalität, Erbarmungslosigkeit... Einige Menschen sind wahre...Dämonen." Dymeons dunkle Augen trübten sich bei diesem Vergleich kurz. "Doch wenn du mich fragst, ob es sich lohnt Menschen zu schützen und ihnen zu helfen, so sage ich dir ja. Jeder einzelne Mensch mit seinen Gefühlen und Empfindungen ist viel wert. Er ist einzigartig. Er ist ein Wunder des Lebens und er ist es wert auf dieser Welt zu wandeln. Wenn du also jemals die Chance bekommst einem Menschen zu helfen, tue es mit all deiner Kraft. Stehe für deine Freunde ein, beschütze deine Liebsten..." Dymeon sah schweigend aus dem Fenster. Es hatte endlich aufgehört zu regnen und die Dunkelheit der Nacht wurde von den beiden Scheinwerfern des Autos auf einige Meter vertrieben. Häuser schnellten an ihnen vorbei. Jedes schien klein und bedeutungslos, zumindest solange bis man sich vor Augen hielt, dass jedes dieser Häuser mindestens ein Menschenleben enthielt, so nahe und wirklich wie das der Frau, die neben ihr saß, oder ihres Sohnes. "Danke..." "Du bist ein komischer Junge", stellte Caroline lächelnd fest. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. Als sie ihre Augen dann wieder auf die Straße richtete, stand dort plötzlich direkt vor ihrem Auto ein Mann. Schockiert trat sie das Bremspedal mit aufgerissenen Augen bis zum Anschlag durch und kurbelte hektisch an dem Lenkrad, um der Person auszuweichen. Die Hinterräder blockierten sofort, kamen mit quietschenden Reifen zum Rutschen und sorgten dafür, dass sich der Wagen um neunzig Grad drehte, so dass die Beifahrerseite nun haltlos auf den auf der Straße stehenden Mann zusteuerte. Dieser machte keine Anstalten zu fliehen. Im Gegenteil, er fing an zu grinsen und ballte seine Hände zu Fäusten. Gleichzeitig explodierte die Schwingung einer Dämonenaura so schlagartig, dass Dymeon sich fühlte als hätte man ihm einen Schlag verpasst. Von seinem Instinkt geleitet riss er den Sicherheitsgurt grob von seiner Schulter und baute sich so gut es ging vor Caroline auf. Der Mann auf der Straße, ohne Zweifel ein Dämon, hob seine geballte rechte Faust und schlug zu, gerade einen Augenblick ehe die Seite des Autos in ihn krachte. Der Schlag durchbrach das Metall der Seitentür mühelos und brachte den Wagen mit einem Ruck zum Stehen. Wahrscheinlich hätte er Carolines Schädel zersplittert, wenn Dymeon ihn nicht mit seiner flachen Hand abgeblockt hätte. "Was zum..." Caroline stammelte ein paar unverständliche Worte, während ihre Augen zwischen dem Mann, der den Wagen durchschlagen und ohne Verletzung zum Stillstand gebracht hatte, und Dymeon, der eben diesen Schlag spielend abgewehrt hatte, hin und her. Das Lächeln war von ihrem Gesicht gewischt. "Wer?", begann der aufgetauchte Dämon verwirrt, als er erkannte, dass seine übermenschliche Attacke geblockt worden war. Dann schien er plötzlich zu verstehen wen er vor sich hatte: er riss die Augen in einer merkwürdigen Mischung aus Angst und Abscheu auf und knurrte wie ein tollwütiger Hund. Dymeon schätzte die Situation in Bruchteilen von Sekunden ein, analysierte das Widererkennen in dem Blick des unbekannten Dämons und stieß Caroline mit einer schnellen Bewegung zur Tür heraus. Sie war kaum über den grauen Asphalt gerollt, als der Dämon auch schon anfing wild zu brüllen und beide Hände an die Unterkante des Autos zu legen. Das Metall knirschte unter dem Griff seiner dämonischen Klauen. Er schrie noch einmal mit aller Kraft, dann riss er die Arme mit dem Auto in die Höhe, so dass der orangefarbene Golf davon geschleudert wurde und nach einem Dutzend Überschlägen in einiger Entfernung zu Boden krachte. Carolines Fassungslosigkeit verwandelte sich in panische Angst. Der zerstörerische Dämon beobachtete die Trümmer des Wagens einen Augenblick lang atemlos, ehe er die vor Spannung angehaltene Luft erleichtert ausstieß. Dann fing er an zu lachen, voller Grausamkeit und Bosheit und einer sadistischen Freude und unendlicher Erleichterung. Im Hintergrund krachte ein silberner Renault mit voller Wucht in die Vorderfront des auf dem Rücken liegenden Golfs, dann auch noch ein nachtblauer Skoda, der nicht rechtzeitig bremsen konnte. Caroline stieß bei jedem neuerlichen Zusammenprall ein schwaches Wimmern von sich. Der Dämon lachte immer noch. "Blutträne ist tot! Blutträne ist tot! Ich habe Blutträne getötet! Ich habe ihn getötet! Ich ganz allein! Ich! Ich!" Erst ein plötzliches Knirschen in dem Haufen aus Autowracks ließ ihn schlagartig innehalten. Er sah sich misstrauisch um. Der Renault verlor an der Unterseite eine durchsichtige Flüssigkeit, die sich mit den am Skoda entstehenden Flammen verband und den Renault in Brand setzte, doch die Aufmerksamkeit des Dämons gehörte nicht dem Feuer. Dymeon schob sich aus einem zerbrochenen Fenster des Golfs wie der Schmetterling aus seinem Kokon. Tiefe Schnitte verunstalteten sein Gesicht und seine Kleidung und dunkles Blut lief ihm von Stirn und Nase. Als er sich aus dem Metallschrott befreit hatte, erhob er sich schwerfällig von der Straße und richtete sich mit bedrohlichem Blick zu voller Größe auf. "Ein Angriff auf offener Straße? Ist der Däezander bereits so dreist geworden?" Ein Schauer jagte durch den Körper des unbekannten Dämons. Dymeon schleppte sich verletzt weiter, ließ den Feind jedoch links liegen und kniete sich stattdessen trotz offensichtlicher Schmerzen neben Caroline. "Bist du in Ordnung?" "Was......Wie......?" Die junge Frau war völlig aufgelöst. Als sich Dymeon geistesabwesend eine Haarsträhne aus dem Gesicht wischte und somit ein weiterer, fürchterlich tiefer und langer Schnitt oberhalb des linken Auges zum Vorschein kam, fuhr sie ihn mit zittrigen Fingern nach. "Ob ich in Ordnung bin? Was ist mit dir? Diese Wunden... Dieser Unfall..." Sie beobachtete den Dämon im Hintergrund, der sie lauernd beobachtete, mit Verwirrung und Unverständnis. "Das macht nichts. Aber du bist doch ein Mensch..." "Natürlich", meinte sie, bevor ein Ausdruck schrecklicher Gewissheit auf ihrem Gesicht erschien. "Du nicht... oder? Du bist kein Mensch... Und er auch nicht. Das mit dem Auto. Und deine merkwürdigen Fragen..." Dymeon nickte geduldig und brachte schließlich ein schwaches Lächeln zustande, auch wenn es von einem Hauch Traurigkeit untermalt war. "Ich beschütze die Menschen, aber ich bin keiner von ihnen... Ich kämpfe gegen meine eigene Art...gegen Dämonen..." "Aber..." "Bleib ruhig liegen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dir wird nichts geschehen..." Sie nickte ihm trotz dem Durcheinander in ihrem Kopf ohne weitere Fragen zu und verharrte an Ort und Stelle, während sich Dymeon wieder erhob und den Blick mit eisiger Kälte auf den Dämon legte. "Abgesandter des Däezander! Was willst du hier?" "Die Frage ist doch eher, was du hier willst, Blutträne! Der berüchtigte Verräter fährt mit einer gewöhnlichen Menschin herum? Solltest du nicht in Falcaniar hocken und der Wächterin Thundenstars ein gutes Schoßhündchen sein?" "Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig! Aber solltest DU nicht wie jeder vernünftige Dämon des Däezander in der Zuflucht hausen und Angriffe still und heimlich durchführen, statt auf offener Straße? Ist eure Mordlust bereits so groß geworden, dass ihr die alten Prinzipien vergesst?" "Alte Prinzipien gibt es nicht mehr, denn so wie sich unser Verhalten wandelt, wird sich dadurch auch schon bald die Welt wandeln", lachte der Dämon kalt zurück, "Ihr Lancelor habt uns doch schon lange nicht mehr unter Kontrolle! Eure Reihen werden immer schwächer, während unsere Sammler immer mehr Menschen fangen und ihr Blut unsere Armee weiter stärkt! Siehst du das nicht Blutträne? Ihr steht auf verlorenem Posten! Das Einzige, was die Dämonen von der völligen Vernichtung der Menschheit abhält, ist ein Menschenkind! Ein Kind! Wie naiv seid ihr um zu glauben, dass sie euer einziges Götterschwert hüten kann!" Ein plötzliches Lächeln huschte über Dymeons Züge. "Das einzige? Ihr solltet eure ausgesandten Abkömmlinge vielleicht etwas besser im Auge behalten." Mit diesen Worten zog der Dämon mit den Bluttränen Azuransas unter seinem Mantel hervor. Als er die leuchtende blaue Klinge vor sich ausgestreckt hielt, blieb seinem Gegenüber die Luft weg. "Das ist Assessinas Waffe! Woher...?" "Aus den Ruinen von Tradan. Sie hat sich dort auf die Lauer gelegt, nicht wahr? Solange bis Zeliarina mit Thundenstar dort auftauchen würde, hatte sie im Hinterhalt gewartet. Ich habe das Götterschwert ihrem Leichnam abgenommen..." "Nein!", brüllte der Dämon mit Hass, Fassungslosigkeit und echter Trauer in der Stimme. "Wieso? Du hättest im Däezander alles haben können, Blutträne! Der Dämonenvater persönlich hat dein Erschaffungsritual überwacht, er hat dich neben Ereos und Cenior zum stärksten Dämon weltweit gemacht! Du hättest eine Schattenklinge werden können! Du hättest Assessina, die schönste Dämonin, haben können, denn sie war dir vor deinem Verrat verfallen! All das bedeutet dir nichts! All das lässt du fallen für diesen...diesen Abschaum!" Er deutete mit vor Zorn zitternder Hand auf Caroline, die dem Gespräch der Beiden schockiert lauschte. Dymeon sagte nichts. Sein Schweigen schien den namenlosen Dämon nur noch mehr zu reizen, bis dieser sich nicht mehr halten konnte und wutschnaubend auf ihn losging. Dymeon ließ das Schwert in seiner Hand elegant wirbeln und richtete es so aus, dass die Spitze genau auf die Brust des Angreifers zeigte. Eine blaue Energiewelle entfuhr der Schneide Azuransas', traf den Dämon unbarmherzig und brachte ihn zu Fall. "Du kannst nicht gegen mich gewinnen, das weiß du ebenso gut wie ich... Erzähle mir alles, was der Däezander über die Illusag weiß, und ich verschone dein Leben..." "Die Illusag?", keuchte der Namenlose benommen. "Ja, die Illusag, die Traumebene. Schon als ich noch dem Däezander gedient habe, wurde in unseren Reihen über diesen Ort geforscht. Sicher habt ihr größere Erkenntnisse über sie als die Menschen. Sag mir alles, was du weißt, und du kannst gehen... Ich verspüre keinen Drang dich zu töten, doch wenn du nicht redest, werde ich es tun..." Der unbekannte Dämon lachte witzlos. "Ich bin nur ein Oggron. Wir Oggrons sind neben den Tryclonns die Fußsoldaten des Däezander, das weißt du so gut wie ich. Ich weiß nichts über die Angelegenheiten und Forschungen der Hohen. Und selbst wenn, würde ich es dem Verräter niemals verraten! Niemand würde das!", brüllte er energisch. Wieder stürmte er auf Dymeon zu. Der Dämon mit den Bluttränen schlug die Augen nieder. "Ich verstehe...", murmelte er betrübt. Sein Feind legte alle Kraft in einen gewaltigen Schlag gegen Dymeons Kopf, doch dieser wehrte den Angriff ohne große Probleme ab, indem er seinen Unterarm schützend vor sich hielt. Ohne die Reaktion des Oggrons abzuwarten, stieß Dymeon Azuransas in seinen Gürtel und packte das Handgelenk des unbedeutenden Dämons mit seiner nun freien Hand. Er drehte sich einmal um sich selbst, den Gegner fest im Griff. Dann schleuderte er ihn kraftvoll von sich, so dass er nach mehreren Metern Flug in das Wrack des orangefarbenen Golfs krachte. Der Wagen bog sich unter dem Einschlag und besaß plötzlich nur noch zwei Drittel seiner ehemaligen Breite, während Funken in der Luft herumwirbelten und die auslaufende Flüssigkeit des Renaults endgültig entzündeten. Alle drei Autos explodierten. Brennende Trümmer wirbelten durch die Luft und gingen auf die Straße nieder wie Regen. Ein Türstück verfehlte Caroline nur um wenige Armlängen. Doch sie bemerkte es kaum, denn ihre Augen hingen an Dymeon, der unbeweglich auf der Straße stand. Seine schwarzen Haare verbargen den Blick in seinen Augen, aber sie wusste trotzdem aus den Gesprächen mit ihm, dass ihm diese Tat Schmerz bereitete. "So geht es also nicht", flüsterte Dymeon leise in den späten Nachtwind. "Vom Däezander werde ich nichts erfahren..." Er wandte sich mit ausdrucksloser Miene um, ehe er sich zu einem gespielten Lächeln zwang. Das Licht der rotgelben Flammen von den niedergebrannten Autos beschien sein Gesicht und ließ es unwirklich aussehen, so dass Caroline zum ersten Mal daran glauben konnte einen Dämon vor sich zu haben. "Es ist alles in Ordnung. Seine Aura ist erloschen... Er ist tot... Es besteht keine Gefahr mehr, du kannst Polizei und Feuerwehr rufen..." "Was soll ich ihnen sagen?" "Sag ihnen du hast die Kontrolle über den Wagen verloren... Doch erwähne nichts von mir oder dem anderen Dämon. Sie werden dir nicht glauben, denn es gibt nirgendwo Beweise, dass wir hier waren. Ein Dämon verbrennt in Feuer vollständig..." "Was ist mit dir? Du hast mich gerettet, die Menschen müssen davon erfahren!" "Nein", unterbrach Dymeon leise, "Ich kämpfe bereits mit tapferen Menschen, die dieser Aufgabe gewachsen sind. Doch die Welt soll nichts von diesem Kampf erfahren, denn sie könnte nichts ausrichten und würde aus Angst vor dem Unbekannten nur in Panik verfallen. Vergesse einfach alles, was hier geschehen ist. Du wirst mich oder die Dämonen wohl nie wieder sehen..." Es sei denn ihnen gelingt die Dunkle Dämmerung... Caroline wollte noch mehr sagen, wollte so viel wissen und hören, doch Dymeon wandte sich ohne ein weiteres Wort des Abschieds von ihr ab und setzte seinen Weg nach London fort. Ein letzter Blick zurück zum Unfallort verriet ihm, dass niemand außer Caroline ihn gesehen hatte. Die Fahrer des Skodas und des Renault waren den Flammen zum Opfer gefallen... "Arme Seelen..." Dymeon seufzte, riss seinen Blick von den brennenden Trümmern los und verschwand in der Dunkelheit der Nacht. "Vom Däezander werde ich nichts erfahren... Also gibt es nur noch einen Weg... Es tut mir Leid, doch es geht nicht anders... Jessica..." Kurz darauf in der geheimen Zuflucht der Dämonen: Das blutrote Licht, das von einem faustgroßen Kristall in der Zimmerecke ausging, erhellte Ereos' Heim nur spärlich und vermochte die schwarze Dunkelheit kaum zu durchbrechen. Es leuchtete gerade hell genug um die Umrisse einer einfachen Pritsche und den Schatten einer einzelnen Gestalt sichtbar zu machen. Ein silberner Arm warf das dämmrige Licht mit einem kurzen Funkeln zurück. Dunkelrote Augen, die dem Kristall an Farbe erschreckend ähnlich waren, starrten unentwegt geradeaus, ohne dass ihr Besitzer irgendetwas sagte. Ereos dachte nach. Seine Gedanken waren von Hass und Rache getränkt, während sie endlos um den Orden der Lancelor, um Dymeon und um deren völlige Vernichtung schweiften. Nichts anderes hatte in seinem Kopf platz wenn er alleine war, nichts anderes zählte dann in seinem Leben. Wenn Ereos nachdachte, herrschte in seinem Heim eine unerträgliche Stille, doch die Luft war gleichzeitig erfüllt von einer ungeheuren Spannung, so als würde jeden Augenblick jemand mit aller Kraft aufschreien, um die Ruhe zu zerreißen. Erst als sich schwere Schritte näherten und jemand den schwarzen Vorhang, der vor dem Eingang seiner Behausung hing, zur Seite schob, erwachte Ereos langsam aus seinen düsteren Gedanken. Er sah gerade rechtzeitig auf, um zu beobachten wie der Ankömmling den Vorhang hinter sich gewissenhaft wieder fallen ließ, so dass er den Türrahmen bedeckte und niemand von außen in das Zimmer blicken konnte. Das rote Kristalllicht fiel auf stolze, stahlgraue Augen und nachtblaues Haar, das in der Finsternis der Zuflucht eher schwarz wirkte. "Was willst du hier, Cenior?", murmelte Ereos müde, während er wieder an die Wand starrte. Cenior verschränkte die muskulösen Arme vor der Brust und fixierte den Dämon auf der Pritsche eisern. "Das könntest du doch mit einem einzigen Blick erfahren. Ich verspüre keine Lust dir alles erzählen zu müssen..." "Ich lese nicht gern in deinem Kopf. Ich hasse deinen Kopf. Der Dämonenvater hat dich so erschaffen, dass du keine Gefühle empfindest außer die Kampfeslust, dass du keine Erinnerungen behältst außer die Kämpfe, die du gefochten hast, und dass du nichts tust, außer den Befehlen des Dämonenvaters zu folgen. Du bist eine Marionette, du bist innen völlig leer..." Cenior antwortete nicht. Völlig unberührt von den Beleidigungen wartete er, bis sich Ereos genervt zu ihm hindrehte. "Also was willst du nun?" "Auf einer Schnellstraße nach London wurde einer der Oggrons, den ich erschaffen habe, von dem Verräter Blutträne getötet. Jeder meiner Oggrons ist so mit mir verbunden, dass ich alles miterlebe, was sie erleben... Dadurch konnte ich in Erfahrung bringen, dass er Informationen über die Illusag sucht. Warum ist noch unklar." "Was willst du dann von mir?", fauchte Ereos ungeduldig. Eine merkwürdige Mischung aus Schadenfreude und Wut zog plötzlich über Ceniors Gesicht, als er ungerührt fortfuhr: "Er hatte ein Götterschwert bei sich. Azuransas, die blaue Sonne. Der Lancelor-Orden besitzt nun also schon zwei der heiligen Klingen..." Der blauhaarige Dämon ließ seine Worte eine Zeit lang im Raum stehen und beobachtete mit schwacher Genugtuung, wie Ereos vor Verwirrung und Ungläubigkeit von seiner Pritsche aufsprang. "Aber Azuransas gehört..." "Assessina. Beziehungsweise gehörte es ihr", beendete Cenior ruhig. Ereos purpurfarbene Augen weiteten sich entsetzt. Einen Moment lang konnte der Dämon den Überbringer der Nachricht einfach nur fassungslos anstarren, nicht fähig das gehörte zu glauben. Doch als er schließlich einen Blick in die Gedanken Ceniors warf, erkannte er, dass dieser die Wahrheit sagte. "Nein... Nein das kann nicht... das kann nicht..." Schockiert schweiften Ereos' Augen hin und her, als könne er in diesem Zimmer irgendetwas entdecken, dass Cenior und seinen Bericht für falsch, für unwirklich erklären konnte. Dabei stammelte er ein paar kaum verständliche Worte, während er sich immer wieder durch die Haare fuhr, bis sie schon ganz durcheinander waren. "Nein... Das ist nicht... Wie konnte..." Cenior beobachtete den Dämon mit den Purpuraugen gelassen. Ich weiß, er hat Assessina geliebt, zumindest soweit ein Dämon eine Dämonin lieben kann. Trotzdem verspüre ich kein Mitleid. Er ist selber Schuld an diesem Unglück. Hätte er nicht damals im Gebäude von ,Caplin und Partner' darauf verzichtet Zeliarina zu töten und Thundenstar an sich zu nehmen, wären die Lancelor nie in die Ruinen von Tradan gegangen. Assessina hätte sich nicht mehr auf die Lauer legen müssen. Sie wäre nie gestorben. Doch statt die schlecht verteidigte Zeliarina zu überwältigen, entschied er sich dafür dieses Silbermädchen zu bezirzen... Ereos fuhr herum und begegnete Ceniors grauem Blick mit wilden, glühenden Augen, die vor Zorn zu schmalen Schlitzen verengt waren. Wütend wollte er eine Antwort auf Ceniors Gedanken, die er gelesen hatte, brüllen, als Melissa plötzlich wie aufs Stichwort den schwarzen Vorhang vom Eingang zog und eintrat. Ihre langen roten Haare klebten ihr nass im Nacken und einzelne Wassertropfen bedeckten ihre Haut. Sie hatte sich zwei Handtücher umgebunden, eines um die Hüften, das andere über der Brust, so dass der Großteil ihres Körpers verschleiert blieb. "Diese unterirdische Quelle ist ja besser als jede..." Sie stoppte abrupt als sie bemerkte, dass noch jemand anderes als Ereos in dem dunklen Zimmer stand. Während sie den Fremden interessiert begutachtete, warf Cenior ihr nur einen kurzen, abfälligen Blick zu, ehe er sich wieder Ereos mit dem Bewusstsein zuwandte, dass dieser jeden seiner Gedanken genau mitverfolgte. Halte dir immer genau vor Augen, dass Assessina gestorben ist, weil du lieber dieses Mädchen aufgenommen hast, anstatt Thundenstar zu erobern. Ich hoffe das ist dir für die Zukunft eine Lehre. Stelle deine persönliche Rache an Dymeon nie wieder über die Dunkle Dämmerung... Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, machte Cenior auf dem Absatz kehrt und ließ Ereos mit Melissa allein. Der Dämon mit den Purpuraugen spürte Zorn und Hass wie heißes Gift durch jede Faser seiner Körpers strömen. Er wollte irgendetwas zerstören, irgendjemanden verletzen. Ein Nebel aus ohnmächtiger Wut schien ihn umschließen und festhalten zu wollen, so lange bis er diesem unbändigen Drang nachgab. Dann zerschnitt eine Stimme den Nebel und half Ereos dabei die Flut aus negativen Gefühlen zurück in die Tiefen seines Unterbewusstseins zu sperren. Melissa war an ihn herangetreten und schaute fragend in seine purpurnen Augen. "Was ist los?" "Nichts", erwiderte Ereos tonlos. Mit einer schnellen Bewegung hatte er seine Hände auf die Hüften des Mädchens gelegt und zog es nah an sich heran, so dass er ihren Körper an seinem spüren konnte. "Nichts", wiederholte er, diesmal leiser und zärtlicher. Seine Lippen streiften sanft ihr Ohr, wanderten an ihrem Hals entlang und trafen schließlich auf ihren Mund. Gleichzeitig löste seine Hand gekonnt den Knoten ihres Handtuchs, so dass es zu Boden glitt. Assessina... Während sie langsam hinüber zum Bett gingen, sah Ereos vor seinem geistigen Auge nur die schwarzhaarige Dämonin mit dem stolzen, schönen Gesicht... Das wirst du büßen, Dymeon mit den Bluttränen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)