Bloody Memories von LillianaBlack (Ein kleiner Blick in Jen Ishigamis Vergangenheit.) ================================================================================ Kapitel 1: Wenn die Einsamkeit die Wahrheit an's Licht bringt ------------------------------------------------------------- So wirklich hell war es in meiner Wohnung schon lange nicht mehr. Selbst heute nicht. Dabei scheint die Sonne nach Kräften und lockt die ersten Sonnenanbeter aus ihren Häusern. Ich hingegen liege auf der Couch. Meine Blicke schweifen müde durch den Raum. Es ist nicht, als würde mich irgendetwas besonders interessieren. Ich sehe zwar die weißen Rauhfasertapeten an den Wänden, die mittlerweile vergilbten Gardinen, welche einst die trüben Fenster schmücken sollten, doch ich nehme sie nicht wahr. Erst der Blick auf die alten, Staub überzogenen Bilderrahmen bremsen mich in meiner Panoramafahrt durch das Wohnzimmer - und dieser Blick in die Vergangenheit lässt mich erschaudern. Es dauert einen Augenblick, ehe ich meinen Blick losreißen kann. Es nützt nichts, denke ich mir und stehe auf. Auf dem Weg in die Küche nagen die Schatten der eben hochgekommenen Erinnerungen an meinen Nerven. Der Tag fängt ja mal wieder prima an. In der Küche wartet schon mein kleiner Freund auf mich. Unwillkürlich umspielt ein mildes Lächeln meine Lippen. Es tat schon immer weh meinem Mitbewohner in die dunklen Augen zu schauen, doch was kann der Hund für sein Schicksal? Er war mir immer ein treuer Freund und... so egoistisch das auch klingen mag, es tut gut den gleichen Schmerz mit jemandem zu teilen. Ich hocke mich hin, um ihn sanft am Ohr zu kraulen. Er dankt es mir, wie immer, mit einem feuchten Küsschen auf die Wange. Wie lieb er doch immer zu mir ist. Ein Seufzen entweicht meinen Lippen. Jetzt denke ich schon besser von ihm, als von jedem Menschen auf diesem gottverdammten Planeten. Lass die Vergangenheit ruhen..., ermahne ich mich, während ich mich erhebe und einen Filter aus dem Küchenschrank hole. Mit jeden Atemzug schnürt sich meine Brust mehr und mehr zu. Der Filter fällt mir aus der Hand. Es kostet mich etwas Mühe, mich an der Arbeitsplatte festzuhalten um dem Schwindelgefühl zu entgehen. Manchmal schaffe ich es diese klirrende, schmerzende Kälte in meinem Herzen zu ignorieren, zu verbannen. Doch heute nicht. Ich schaue aus dem Fenster. Bilder des Schreckens durchlaufen meine Gedanken wie ein Film. Wäre doch nur jemand da, der mich aus meinen Erinnerungen reißt. Das gleißende Sonnenlicht strahlt durch das offene Fenster in die Küche, doch alles, was ich sehe, ist Regen. Regen, der dunkelrot auf die Schatten des Verrats niederfällt. Ein Mann, nein...vielmehr ein Junge, kniet über einen reglosen Körper. Doch er ist kaum zu erkennen. Verstümmelt, reglos,....tot. Eine Gänsehaut entfacht sich auf meinem Körper. Die Szene fesselt mich und ich bin wie gelähmt. Wieder einmal missglückt der Versuch, mich in die Gegenwart zurückzuholen. Wo ist mein Verstand, wenn ich ihn brauche? Ich zittere. Nein, wimmere ich. Doch der Film geht weiter - wie immer. Die blutigen Hände des Jungen umklammern nervös ein kurzes Schwert. Nicht mehr als eine dolchartige Klinge. Ich kenne dieses Schwert nur zu gut. Blut tropft von ihr herab, fällt schwer auf den feuchten Boden und wird eins mit seines gleichen. Er hätte es nicht so besudeln sollen. Der Doppelgänger der Waffe liegt blutgetränkt auf dem Boden. Ich kann den Gestank von Regen und Blut förmlich riechen. Wieso hält ihn niemand auf? Am liebsten würde ich die Augen vor dem verschließen, von dem ich weiß, dass es im nächsten Moment passieren wird. Der Rest dauert nur wenige Sekunden. Der Junge richtet die Waffe auf sich, setzt zum Stoß an. Tränen rinnen ihm die Wange hinunter. Wieso weinst du? Er schließt die Augen. Antworte mir!, und er stößt zu. Noch immer zittere ich am ganzen Körper. Nach ein paar Minuten entspannt er sich wieder und mit der ganzen Wucht drei vergangener Jahre, werde ich in die Gegenwart zurück geworfen. Mein Herz rast, als hätte ich gerade einen Marathon hinter mir. Schlurchzend setze ich mich auf einen der Küchenstühle. Sicher wäre mir ein Bett oder eine dunkle Höhle gerade lieber, aber für den Moment muss das genügen. Als Spike's kalte Hundeschnauze mich anstubst, zucke ich unwillkürlich zusammen. Den habe ich ja schon wieder ganz vergessen. Doch so sehr ich auch versuche zu lächeln, um ihn nicht zu verunsichern - es klappt einfach nicht. Schließlich vergrabe ich das Gesicht in meinen Händen. Du verdammter Idiot, murmel ich schwach. Zu gerne würde ich laut fluchen und dem jungen Mann aus meinen Erinnerungen die ganze Last meines Leids an den Hals wünschen. Doch wie könnte ich? Wie könnte ich dem einzigen Menschen, den ich jemals liebte - der mich jemals liebte - die Schuld an allem geben? Meine Atmung beruhigt sich langsam wieder, doch vergessen kann ich nicht. Kapitel 2: Suffering Rose ------------------------- Ich schaue mir die Rosen an, die du mir einst schenktest. Damit sie ihre Schönheit behalten, habe ich sie trocknen lassen. Doch jetzt, wo ich sie betrachte, merke ich wie grausam es ist, auf ewig gefangen zu sein. Gefangen in einer Welt, die man doch eigentlich verlassen möchte. Diese Rosen waren einmal dazu bestimmt zu welken. War es richtig sie zu halten? Wer soll sich denn noch an ihnen erfreuen, wenn keiner mehr da ist, um sie zu betrachten? Keiner...außer mir. In diesem Moment hängen sie hier an ihrer roten Schleife. Wunderschön......und bringen mich zum weinen. Ich kann nicht verstehen, weshalb du mich am Leben ließest... Immer wieder stelle ich mir vor, wie froh ich wäre, eines Tages diese Welt zu verlassen und irgendwo eine neue Existenz zu beginnen. Kein Leben...vielmehr ein Dasein. Vielleicht im Jenseits? Oder gibt es noch eine Welt? Ich wollte jene beschützen, die mir lieb und teuer waren. Doch nun sehe ich klar: Ich habe versagt... Die runden tiefroten Blüten, wirken auf mich wie Bluttropfen einer längst vergangenen Zeit. Und wieder rieche ich den Regen. Erinnerungen, die ich für immer im schwarzen Loch in meiner Brust verschließen möchte. Ja, ich habe einmal ein Herz gehabt. Wohin hast du es gebracht? Denn ich habe nicht den Willen die Reste unseres Dasens zu vergessen, doch auch nicht den Mut sie am Leben zu erhalten. Ist es wirklich feige, vor der Realität flüchten zu wollen? Aber was ist so schlimm daran, schwach zu sein? Für wen soll ich stark sein? Bin ich denn nicht alleine? Ich bin allein. Die absolute Zukunft, auf die ich warte, sie rückt näher und doch scheint sie von Sekunde zu Sekunde zu schwinden. Bin ich zu ungeduldig? Mein lieber Bruder, ich möchte doch nur bei dir sein. Was erwartest du von mir? Es verlangt mich danach dich wieder zu sehen. Nicht in dieser Welt. Denn in ihr bist du gestorben. Und mit dir mein Herz. Schon oft wanderten meine Finger über diese kalte Klinge... Du hast sie mir hinterlassen... Ich frage mich weshalb? Wenn du wolltest, dass ich lebe, hättest du mein Herz nicht mit dir nehmen sollen. Wie kamst du auf die Idee, mir die Waffe zu hinterlassen, die euch alle auf dem Gewissen hat? Vater, Mutter, ja sogar du... Ihr habt mich zurück gelassen. In Einsamkeit - mit dem Wunsch nach Erlösung. Wenn ich einsam bin ruft sie nach mir. Immer wieder. Als wäre das Echo deiner Stimme in meinem Kopf nicht Versuchung genug. Wenn ich schlafe flüstert sie mir liebliche Worte zu. Lockt mich und bringt mich in diese unmögliche Lage, mich zu entscheiden. Wie soll ich standhaft bleiben? Alles woran ich glaubte, alles was ich liebte, alles wofür ich lebte, ist fort. Du hat mir nichts als Schmerz hinterlassen...und einen Weg, dem Schmerz ein Ende zu machen. Während ich mit dem Finger wieder einmal über die kühle Schneide fahre und sich meine Gedanken wie immer um dich kreisen, nehme ich das Brennen in meinem Finger nur als einen leisen, weit entfernten Protest wahr. Doch er tröstet mich. Der Schmerz in meiner Brust ist also nicht alles, was mir geblieben ist. Ein wehmütiges Seufzen entweicht meinen Lippen. Wieder lege ich dein Erbe aus der Hand. Heute konnte ich mich der Versuchung noch einmal entziehen, doch morgen...ist auch noch ein Tag.... Kapitel 3: Liebe ---------------- Du denkst ich wäre einsam? Sei's drum, du hast Recht. Du willst uns nicht gemeinsam, die Furcht in dir ist auch dein Recht. Was mich reizt an diesem Leben allein? Es ist die Furcht verlassen zu sein. Niemand kann mich verlassen, wenn niemand da ist, mich zu lieben, mich zu hassen. Drum glaube ich, zu wissen, wie du fühlst. Fühlst wie ich, von Hitze erkühlt. Niemand vermag diese fremde Bekanntschaft zu seh'n, die uns bindet, dass die Engel den Frieden vor Leidenschaft ersehn. Wir sehen die Liebe, sehen die Furcht. Sehen des anderen Liebe, sehen des anderen Furcht. Zu tief die Kluft der Freundschaft, zu prächtig die Flügel der Liebe. Mag sie nicht beschmutzen mit ersehnter Liebschaft, den Sprung nicht wagen, dass ich gebrochen am Boden liege... Kapitel 4: Komm, süßer Tod.... (Gedicht) ---------------------------------------- Die Einsamkeit lässt den Menschen erzittern. Was er auch tut, er kann sich nicht wehren. Es ist die Kälte, die mich mit eiserner Spitz' durchbohrt, die Ketten der Finsternis, die sich verführerisch um meinen Hals legen, gemächlich, doch unnachgiebig zuschnüren und mich ungnädig in die tiefe des schwärzesten Teiles meiner Seele ziehen. Wie befreiend würde es sein, im Paradies zu verweilen? Süßer Tod, empfange mich! In deinen zerreißenden Armen möcht' ich mich wiegen. Deinem süßen Antlitz die Freude entlocken. Suchst du die Seele, die dich nährt? Ich will dir gewähren. Deinen rastlosen Durst möchte ich stillen. Sieh, willig bin ich dir ergeben. Du ergreifst meinen Hals, ziehst mich heran, die Lust steht dir verlangend ins Aug' geschrieben. Und doch, du lässt mich frei. Entzücken macht sich auf deinen Lippen breit. Ich weiche zurück, ich Närrin. Willst du mich etwa am leben lassen?! Ich versprach dir alles, kniete mit nackter Seele zu deinen Füßen! Ich mag nicht mehr, wie konnt' ich dir trauen?! Eine stumme Handbewegung und ich sehe mich um. Die traute Einsamkeit um mich herum, erfüllt mich mit Schrecken. Die Einsamkeit lässt den Menschen erzittern. Was er auch tut, er kann sich nicht wehren. Wie befreiend würde es sein, im Paradies zu verweilen? Kapitel 5: Der Frühling ----------------------- Die Jahre ziehen in's Land und ich beobachte die Pracht des Lebens. Dort springen die Knospen auf und räkeln sich lockend der Sonne entgegen, wenige Zeit später welken ihre Blüten. Sehe ich in den Spiegel so finde ich ein Lächeln auf meinen Lippen. Wie oft wollte ich sterben, habe nach einem Weg gesucht, den Tod meines Bruders zu verkraften? Letzten Endes fühle ich, als wäre es kaum 2 Stunden her, dass er vor meinen Augen starb. Es muss wohl der Regen sein, der die Trauer verschleiert, denn es ist kaum mehr als stiller Schmerz, der sich nun durch mein Herz zieht. Es ist merkwürdig zu denken "ich bin drüber hinweg", doch noch merkwürdiger zu sagen "Ich befinde mich in Trauer". Ich habe gemerkt, dass Soichiro, welcher des nachts an meiner Seite wacht, mir das Gefühl von Liebe und Hoffnung vermittelt. Doch ich möchte euch erzählen, von meiner Trauer... Kurz nach dem Tod meines geliebten Bruders, eilte ich nach Haus. Ich wollte nicht sehen, was sich in meine Netzhaut gebrannt hat. Jede einzelne Sekunde spielte sich immer und immer wieder in meinem Kopf ab. Es zu verdrängen brachte nichts, denn die Wahrheit schlich sich wie ein Dieb lautlos in mein Herz und ich merkte es erst als es zu spät war. Ich wollte mich verschließen. Redete mir ein, ich hätte alles bloß geträumt. Hätte ich gewusst, dass das Ende schlimmer noch mitzuerleben ist, dann wäre ich meinem Bruder sofort gefolgt. Was sollte ich nun tun? Ich versteckte mich. Wochen lang. Die Erinnerungen, die sich im Haus wieder fanden quälten mich, doch schlimmer noch fand ich die Aussicht darauf an irgend etwas erinnert zu werde, das unmittelbar mit diesem schnöden Unglück verkettet schien. Der Kleiderschrank war mein liebster Schlafraum. Ich tat als wäre nie etwas geschehen. Ich redete. Die ganzen Nächte. Es roch so frisch nach Mord, dass ich ihn nicht verlassen wollte. Die Hosen und Hemden, ich vernahm einen Duft, den nur mein Bruder an sich hatte. Irgendwann traute ich mich wieder raus, Hunger hatte ich keinen. Ich sah mich im Haus um, als würde ich es zum ersten Mal sehen. Es wirkte alles so imaginär. Ich war mir nicht mehr sicher in welchen Traum ich mich nun befand, doch in Wahrheit war es keine Traum und zu meinem Leid, musste ich das immer und immer mehr zu spühren bekommen. Mutig wurde ich, als ich die Haustüre öffnete. Es war schrecklich. Die Sonne sendete warme Strahlen zur Erde hinab und wohin man sah, erkannte man Paare und Familien. Ich starrte vom Türrahmen auf diese grässliche Welt, welche mir solche Schmerzen bereiten wollte. Eine Träne schlich über meine Wange und hielt inne, als sie zitternd mein Kinn erreichte, unschlüssig, ob sie sich in die Tief stürzen sollte. Ein Tropfen Tau, von dem Türrahmen auf meine Nase gefallen, riss mich aus meinen Träumen. Ich schlug die Tür zu. Es versteht sich von selbst, dass ich mich die nächste Zeit nicht einmal traute die Türe zu öffnen. Doch auch diese Hürde nahm ich irgendwann. Ich machte einen Schritt vor die Tür und als stünde der Teufel persönlich hinter mir rannte hinaus. Rannte so weit ich konnte... [FORTSETZUNG FOLGT! Kommentare erwünscht. ] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)