Freundschaft zwischen Killern?
Disclaimer : Projekt Weiß verdient die Kohle
Warnung : noch keine Leichen in Sicht
Widmung : allen Sai-Fans
Freundschaft zwischen Killern?
Wir sitzen im BMW. Wir, das sind Schuldig, Ken und ich auf dem Weg zum Frühsport. Gestern Abend hat uns Crawford Ausgang gewährt, ohne Zeitlimit.
Aber für heute Vormittag verschärfte Überprüfung des Leistungsniveaus angekündigt.
Also sind sechs Topkiller auf dem Weg in einen Park, der für Jogger ideal ist. Die beiden Youngster brauchten nicht mit, sie wären wichtiger an ihren PCs. Der Autist brauchte auch nicht mit. Er läuft nicht gern, war die knappe Begründung. Na, mich hat es auch nicht aus dem Bett gedrängt. Ich bevorzuge schlafen, nicht laufen... besonders nach so einer Nacht.
Kyoko hat ihr Vorhaben, abends in einen Club zu gehen, wahr gemacht. Wir waren in einem Riesenladen, wo auf verschiedenen Ebenen die unterschiedlichsten Bären steppten, für jeden Geschmack etwas.
Gemischtes Publikum, teilweise blutjung. Schwule, Lesben, Heteros... alle gestylt um aufzufallen, um sich abzuheben von der fast unerträglich bunten Masse. Paradiesvögel wetteiferten um den schrillsten Auftritt.
Aber dann kam Kyoko. Enge schwarze Lederjeans an langen Beinen, betont durch Absatzstiefeletten, ein Seidentop, mehr Verheißung als Verhüllung, und dann dieses Haar. Sie hat das schwärzeste, seidigste und schönste Haar, das ich je sah. Taillenlang offen gelassen, ausnahmsweise. Sie sah aus wie der Engel des Todes, dunkel und kühl... unglaublich kühl, unnahbar schön.
Am Handgelenk zog sie mich hinter sich her. Bis in einen Raum, der vor wummernden Bässen vibrierte. Laszive Melodien bildeten die fast schon verzichtbare Begleitung. Zwischen den Tänzern ließ sie mich los und bewegte sich sofort im Takt. Sie hat die Anmut einer balinesischen Tempeltänzerin. Ihre Haare entwickeln Eigenleben, von allen Fesseln befreit.
Aus dem Halbdunkel waren von allen Seiten Blicke zu spüren. Neidisch bis bewundernd. "Wir sind ein schönes Paar, Löwin."
Klar, besonders ich. Lederhose und flache Stiefelletten, aber dann... .
Sie hat das knappe Tanktop ausgesucht, das viel vom Bauch sehen lässt. Denn sie findet meinen muskulösen Bauch mit dem tätowierten Drachen schön. Meine Schultern, meine Arme, wie ein Lastenträger. Sie mag's. Besonders mein Haar, lang, dunkelblond, einige Strähnen silbrig glänzend, je nach Beleuchtung. Deshalb nennt sie mich Löwin. Wegen der Mähne, deren Farbe sie an Löwen erinnert, wegen des unbändigen Drangs nach Freiheit. Wegen meiner Kraft, die mich oft gerettet hat, die mir wichtig ist. Sie ist ein Bestandteil meiner Unabhängigkeit, von Allem, von Allen... außer von ihr.
Enge ist mir in jeder Form zuwider, und sie engt mich ein. Vermutlich sogar bewusst. Ich habe sie im Verdacht, dass sie sich daran ergötzt, meinen Widerstand durch ihre Macht über mich zu brechen. Eine Löwin zu zähmen bringt Exotik und Gefahr zugleich. Kein Hund, der sich schnell unterwirft, den Triumph dadurch schmälert. Hätte sie den ständigen Kampf nicht, wäre sie der Sache vermutlich schnell überdrüssig.
Meinem Naturell ist Unterwerfung fremd. Zeitweiliges Stillhalten, taktisches Verharren, Wundenlecken, Kräftesammeln, das ja. Den richtigen Zeitpunkt abwarten, dann erbarmungslos zuschlagen, alles rauslassen, explodieren, zerstören.
Unterwerfung wäre der innerliche Tod, äußerlich unsichtbar.
Hier und heute zeigt sie ihre angenehme Seite. Ausgelassen, gar übermütig und dabei wunderschön. "Komm, wir trinken etwas."
Sie schlängelt sich tanzend durch zur Theke. Ich folge... und mich erreicht plötzlich ein deutliches Gefühl von Tod.
Keine Todesahnung, nichts Alarmierendes, sondern schlichte Präsenz.
Eine Gruppe junger, auf den ersten Blick schon extrem gut aussehender Männer. Links flammendes, langes Seidenhaar, weißes Leinen, Kamelfarbenes Leder um schmale Hüften. Rechts dunkles, fransiges Rot. Der Weißleader, Aya, ganz in Schwarz.
Dazwischen, zwei menschliche Pufferzonen. Ken, der hübsche Junge, der so normal wirkt zwischen uns Freaks, und dieser Yohji. Beide wirken nicht sehr glücklich. Wir waren auf Hörweite ran.
"Nie kann ich das vergessen und ich will es auch nicht." "Natürlich nicht. So wie die vielen Menschen, die nicht vergessen, dass du ihren Geliebten, ihren Vater, Bruder oder Freund getötet hast. Denkst du, dich hassen sie nicht genau so inbrünstig, wie du mich?" Jedes Wort ein Treffer. Schuldig.
Aya bekommt das nicht gewechselt. Mürrische Nachdenklichkeit macht sich auf seinem Gesicht breit. Er nimmt sein Glas, dreht den anderen den Rücken zu.
Yohji sieht Kyoko und strahlt. "Hallo, das ist ja toll, direkt zwei schöne Frauen. Kommt zu uns. Das kann meinen Ruf nur noch verbessern."
Er zieht Kyoko neben sich, ich stelle mich in eine Lücke zwischen Schuldig und Ken. "Was möchtest du trinken?" "Wasser und Wodka, bitte."
Schuldig gibt den Kavalier, niedlich. Ken lauscht dem Gesülze seines Kollegen, der Kyoko anschmachtet. Aya brütet. Wir trinken. Schuldigs Gesicht ohne Zynismusmaske ist männlich, aber gemeißelt schön, ästhetisch.
"Stehst du nur auf Frauen?" "Hä?" "Ob du nur mit ihr rummachst, oder haben Männer eine Chance bei dir?" "Bei mir?" "Komm eine Runde tanzen. Der DJ legt ab jetzt ruhige Sachen auf, da kann ich Dir dann besser ins Ohr flüstern." Tatsache, Blues-time. Aber, was will er nur? Anmache?
Ich dachte, der ist schwul. Fester Griff, aber tolerierbar, gutes Musikfeeling, geschmeidige Bewegung. Tanzen kann er. "Was ist nun? Nur Frauen oder bi?" "Wieso?" "Du strahlst Gefahr aus, das fasziniert mich. Bei Jungs mag ich die Niedlichen, aber bei Frauen macht mich nur das Außergewöhnliche an."
"Genau wie bei mir." Kyoko steht plötzlich neben uns, zieht mich in ihre Arme. Schuldig trollt sich zurück zum Wodka.
"Eifersüchtig?" "Ja, Löwin, heute schon." Sie küsst meinen Hals... und hat schon gewonnen. Wodka, Halsküsse, eine Hand krault meinen Nacken, die andere streichelt die nackte Haut über meinen Rippen... jetzt will ich sie.
Und nun, fast ohne Schlaf, aber mit Resten von Wodka im Blut, Fitnesstest. Schuldig neben mir hängt auch nur so im Sitz. Ken hinten ist wohl eingeschlafen. Kann ihn im Rückspiegel nicht sehen.
"Der hat mit Yohji zusammen noch ein paar Ladies bearbeitet, als ich ging. Weiß nicht, wie der drauf ist. Ich bin saumüde. Der Junge war süß, aber so was von unerfahren. War richtig anstrengend."
"Mitleid ist nicht. Bin selbst noch im Koma." "Bist ja auch erst aus Kyokos Zimmer gekommen, als ich gerade ankam." "Wann war das?" "Es war 6.00, oder 6.30, so in dem Dreh." "Grrr, hoffentlich wird das gleich 'ne ruhige Sache."
"Bei Crawford? Hahaha, der lässt uns jede einzelne Sünde von heute Nacht bereuen." Schuldig kann im Halbschlaf herzhaft lachen. Talentierter Typ.
Wir sind da. Ayas Porsche entsteigen gerade der Fahrer, Kyoko und irgendwie entfaltet sich ein ziemlich zerknautschter Yohji. Fitnesstest? Mit den Leuten?
Hier stehen sechs Killer im Sportdress, die aussehen wie der Tod.
Und ein Brad Crawford, der uns der Reihe nach betrachtet, geradezu mustert... und dann ganz leicht lächelt.