5000 years ago - Wie alles begann von abgemeldet (Meine eígene Interpretation der Rückblenden aus der Serie) ================================================================================ Kapitel 13: Ritt durch die Nacht -------------------------------- Hallo, da bin ich wieder. Um noch eine Frage zu beantworten, die gestellt wurde: Nein, Raphael ist nicht DER Raphael aus Doom. Ich hab den Namen einfach gewählt, weil ich ich ganz schön fand. So das war's mal wieder. Es geht los! Kapitel 13: Ritt durch die Nacht < Die Luft ist frisch und beruhigend.> Mari schritt über den kühlen Steinboden durch den Hauptkorridor. Die Feuer an den Seiten brannten hell und leuchteten. Mari blickte auf den Boden und sah ihren eigenen Schatten. Er folgte ihr still und unauffällig. Die Wachen an den Seiten standen starr und unbeweglich. Mari hatte den Blick geradeaus gerichtet. Nur hin und wieder nahm sie aus den Augenwinkeln wahr, wie einer der Wachen den Kopf nach ihr umdrehte, als sie vorbei ging. Schließlich hatte sie den großen Torbogen erreicht und stoppte. Der Hof lag ausladend unter ihr. Am Ende der Stufen erblickte Mari zwei Männer, die auf und ab gingen. Augenscheinlich hielten sie am Eingang Wache. Mari hob den Kopf und blickte in den Himmel. Er war sternenklar und dunkel. Es schien beinahe so, als hätten zwei unsichtbare Hände ein riesiges Tuch über den Himmel gespannt. Die Sterne funkelten wie tausende von kleinen Diamanten. Der Mond erhob sich wie eine majestätische Scheibe über dem Palast und warf sein kühles Licht auf die Erde. Mari seufzte kurz auf, als sie den Mond sah. Auf ihrer Flucht waren Mond und Sonne die einzigen Begleiter gewesen, welche sie gehabt hatte. Die Blondine wandte den Kopf nach rechts und erblickte eine Götterstatute aus Stein. Wie ein Beschützer stand sie an der Seite der Treppe. Ihre Augen waren auf den Hof fixiert, beinahe so, als wache sie über die Geschehnisse. Mari ging darauf zu und zog sich auf den Sockel hinauf. Dort blieb sie zuerst stehen und hielt sich an einem Bein der Statue fest. Als sie den Stein betrachtete, fiel ihr auf, dass es sich um den Sonnengott Re handelte. Sein Falkengesicht war dem Innenhof zugewandt und mit einer Hand hielt er einen langen Stab. Mari streckte den Kopf noch ein wenig mehr und sah das Funkeln in den Augen der Statue. Sicher waren sie aus Edelsteinen, deswegen glitzerten sie auch so. Mari ließ sich mit einem Seufzer direkt zu Füßen der Statue nieder. Sie legte die Arme um ihre Knie und lehnte sich mit dem Rücken an die massiven Beine Res an. Dann wandte sie den Kopf wieder gen Himmel und sah in den Mond. Sein Licht war kühl und nicht so gleißend und warm wie das der Sonne. Trotzdem fühlte Mari sich nachts immer wohler als tagsüber. Nachts waren die Menschen fort. Sie ruhten in ihren Betten, während tagsüber ein heilloses Durcheinander und Gedränge herrschte. < Ich bin an Einsamkeit gewöhnt. Ich bin bisher damit zu Recht gekommen und daran wird sich nie etwas ändern. Ich bin alleine und werde es bleiben. Und so ist es auch gut.> Mari hatte ein wehmütiges Lächeln auf dem Gesicht. Erste Tränen liefen ihre Wangen hinunter. "Wo ist Mari denn hin?" Jono sah sich verwirrt um. Er hatte gerade eben erst bemerkt, dass die Blondine nicht mehr am Tisch saß und auch sonst nirgendwo zu finden war. "Sie ist gegangen.", erklärte Sapheri. "Wohin? Das Fest ist doch noch nicht vorbei.", sagte Jono. "Nach draußen. Sie sagte sie wolle frische Luft schnappen.", mischte sich Tethys ein. "Sie kam mir ein wenig seltsam vor.", bemerkte Sapheri nachdenklich. "Seltsam? Inwiefern?", fragte Jono hellhörig. "Ich weiß auch nicht. Sie war so... verwirrt. Und traurig." Jono warf einen Blick Richtung Ausgang und erhob sich von seinem Stuhl. "Ich werde sie suchen gehen und mit ihr reden.", klärte er die anderen auf. Dann schritt er aus dem Saal. "Er macht sich Sorgen.", bemerkte Tethys. "Natürlich macht er sich Sorgen. Mari hatte eine schwere Vergangenheit.", gab Sapheri zurück. "Hat sie dir immer noch nichts Genaues erzählt?" Sapheri schüttelte den Kopf und ihre olivfarbenen Augen blickten besorgt Richtung Ausgang. "Sie redet nicht darüber. Mit keinem Wort. Weder über sich, noch über ihre Familie, noch über ihre Vergangenheit." "Vielleicht kann Jono ja ein wenig mehr herausfinden.", überlegte Tethys. Jono lief durch den Korridor. Er hatte keine konkrete Ahnung, wo Mari hingegangen sein konnte, aber er hatte eine Vermutung. Beim letzten Mal hatte er sie im Stall gefunden, wo sie sich mit einem der Pferde beschäftigt hatte. Vielleicht war sie jetzt bei dem verletzten Schimmel. Es gab natürlich auch die Möglichkeit, dass sie auf ihr Zimmer gelaufen war, doch Jono vermutete, dass sie die Nähe der Pferde gesucht hatte. Die Wachen an den Seiten standen stramm, als Jono vorüberhastete. Schließlich hatte er den großen Torbogen erreicht und blieb stehen. Der Mond schien hell auf den Palast und erleuchtete die Steine in einem matten Blau. Einen scharfen Kontrast zu der Kühle bildeten die warmen, hell lodernden Feuer in den Eisenschalen. Jonos Blick ging zum Stall. Mari war bestimmt dort! Eine plötzliche Bewegung im Schatten ließ ihn anhalten. Jono wandte den Kopf um. Dort stand der Sonnengott Re. Die steinerne Statue wachte schützend über den Palast, doch Jono merkte sofort, dass es nicht der Stein war, der seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Es war eine Gestalt, die zu Füßen Res hockte. Auf dem Sockel im Schatten saß eine Gestalt in einem langen Gewand. Jono wusste sofort, wen er vor sich hatte. Selbst mit geschlossenen Augen hätte er es gewusst. "Mari?" Langsam trat er auf die Statue zu. Die Gestalt blieb jedoch regungslos und zeigte nicht die geringste Reaktion. "Mari?", wiederholte Jono ein wenig lauter. "Jono?" Die Gestalt wandte den Kopf in seine Richtung und erwachte aus ihrer bewegungslosen Haltung. "Was tust du hier draußen so alleine?", wollte Jono wissen. "Ich genieße die Stille.", lautete die Antwort. Jono trat an den Sockel heran und legte eine Hand auf das kühle Gestein. "Die Stille?", wiederholte er. "Ja, bei Nacht ist alles so friedlich, findet Ihr nicht auch? Ganz anders als am Tag. Wenn die Sonne brennt, so erwacht alles Leben. Es ist laut und eng. Man findet keine Ruhe. Ist rastlos und nie alleine." Die Blondine starrte nachdenklich in den Himmel. Jono konnte deutlich das Mondlicht sehen, welches sich in ihren violetten Augen widerspiegelte. "Aber mit Einbruch der Nacht", fuhr Mari fort, "ist alles wie ausgestorben. Die Menschen ziehen sich in ihre Häuser zurück, um Ruhe zu finden. Sich von den Strapazen des Alltags zu erholen. Ich mag diese Zeit, wenn alles um einen herum in sich zusammen fällt und schläft. Es ist so still und friedlich." Mari hatte ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht. Jono sah sie unverwandt an. "Die Nacht ist kühl.", bemerkte er. "Und der Tag ist heiß.", erwiderte Mari. Immer noch starrte sie nachdenklich auf das dunkle Firmament. "Willst du nicht wieder reingehen? Du könntest dich erkälten.", sagte Jono. Doch Mari schüttelte den Kopf und antwortete: "Macht Euch keine Gedanken, Jono, ich bin Kälte gewohnt." Jono meinte, einen Hauch Bitterkeit aus ihrer Stimme heraushören zu können. "Darf ich dir Gesellschaft leisten?", fragte er. "Wenn Ihr es möchtet." "Wenn du es möchtest.", gab Jono zurück. Mari nickte gedankenverloren und Jono schwang sich auf den Sockel. Dann rutschte er neben Mari, hielt jedoch ein wenig Abstand zu ihr. Aus den Augenwinkeln beobachtete er ihren verträumten Blick, den sie immer noch auf die Sterne gerichtet hatte. "Glaubst du an Schicksal?", fragte er in die Stille. "Schicksal? Wie meint Ihr das?", ertönte ihre leise Stimme. "An Vorherbestimmung. Oder glaubst du, dass alles, was in deinem Leben passiert, vom Zufall abhängt?" Mari nahm den Blick vom Himmel und richtete ihn auf Jono. "Ich weiß nicht genau.", sagte sie leise. Der Blonde fixierte sie mit seinem Blick und musterte ihr Gesicht. Mittlerweile kannte er jede einzelne Kleinigkeit. "Warum seht Ihr mich so an?", wollte Mari wissen. Jono antwortete nicht. Stattdessen hob er den Arm und streckte die rechte Hand aus. Ganz sachte legte er seine Finger an Maris Wange und strich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr. "Ich glaube an Schicksal.", meinte er leise. Langsam fuhr er mit den Fingern über ihre weiche Haut. Mari saß vollkommen regungslos vor ihm und sah ihn an. Wieder einmal war es ihr nicht möglich, sich von seinen Augen loszureißen. "Was machst du wirklich hier draußen?", wollte Jono wissen. "Warum wollt Ihr das wissen?" "Ich kann dich nicht mehr traurig sehen, Mari." Diese Worte kamen sehr leise über die Lippen des Blonden. Mari weitete erstaunt die Augen. "Ich habe eine Idee.", sagte Jono plötzlich und sprang vom Sockel. Nun stand er vor der Statue und lächelte Mari an. "Was hältst du von einem kleinen Ausritt?" "Jetzt?", fragte Mari vollkommen perplex. "Natürlich jetzt. Komm mit! Das wird dich auf andere Gedanken bringen! Was sagst du dazu?" Jono streckte den Arm aus und hielt ihr die Hand hin. Mari wollte ihm gerade ihre Hand geben, als sie zögerte. "Komm schon, ich passe auf dich auf! Dir wird nichts geschehen!", versicherte Jono ihr. Mari nickte und nahm seine Hand. Dann schwang sie sich von dem Sockel hinunter. Neben Jono schritt sie die Treppen hinab. Unten angekommen verbeugten sich die Wachen und die beiden Blonden nickten ihnen zu. Der Stall lag in völliger Stille da. Die einzigen Geräusche kamen von den Pferden, welche sich hin und wieder im Stroh bewegten. Jono öffnete die Holztür und hielt sie für Mari auf. Die Blondine schlüpfte hindurch und Jono folgte ihr. Sobald die beiden eingetreten waren, schoben sich mehrere Pferdeköpfe über die Holzverschläge und dunkle Augen sahen den Blonden neugierig entgegen. "Soll ich dir helfen?", wollte Jono wissen. "Nein, danke für Euer Angebot, aber das schaffe ich alleine." Mari war zielstrebig zu dem Rappen gegangen, auf dem sie am Tag ihrer Ankunft hergebracht worden war. "Bona nuda, ma garce.", sagte Mari leise. Der Rappe streckte ihr den Kopf entgegen und blähte die Nüstern. Mari hob die Hand und legte sie auf die weichen Nüstern des Tieres. Das Pferd sah sie aus seinen braunen Augen an und schnaubte. "Du erinnerst dich an mich?", fragte Mari leise, doch Jono hatte es anscheinend gehört, denn er sagte: "Wie könnte man dich vergessen, Mari?" Mari wandte ihm den Kopf zu. Er lehnte an der Box eines Fuchses und hatte gerade dessen Sattelzeug geholt. "Na komm schon, lass uns nicht so viel Zeit verschenken.", setzte er hinzu. Mari nickte und ging zu ihrem Pferd in die Box. Es dauerte nicht lange, bis beide den Tieren das Geschirr angelegt hatten. Langsam führten sie die Tiere schließlich vom Stall auf den Hof. "Dürfen wir das denn jetzt überhaupt noch?", fragte Mari, doch Jono lachte nur. "Natürlich dürfen wir das. Anscheinend vergisst du, dass ich der Heerführer des Pharao bin. Die Männer müssen tun, was ich ihnen befehle." Mari nickte und schwang sich dann geschickt in den Sattel des Rappen. Sie setzte sich zurecht und nahm die Zügel auf. Dann wandte sie Jono den Blick zu. Dieser stand noch immer neben seinem Fuchs. "Können wir?", wollte Mari wissen und gab dem Rappen die Schenkel. Dieser setzte sich in Bewegung und trabte über den Hof zum Tor. Jono sah der Blondine hinterher und stieg dann selber in den Sattel. Offensichtlich brauchte er sich um Mari keine Sorgen zu machen, denn wie es schien konnte sie gut reiten. Er hatte sie schnell eingeholt und gemeinsam bewegten sie sich auf das Haupttor zu. "Was führt Euch so spät noch nach hier draußen?", wollte eine tiefe Stimme wissen. "Wir machen einen Kontrollritt zu den Feldern, Wachmann.", erklärte Jono. Der Wachposten hatte Jono anscheinend jetzt erst bemerkt, denn sofort verneigte er sich und gab zurück: "Natürlich, Heerführer Jono, wir werden auf Eure Rückkehr warten." Er gab seinen Partnern ein Zeichen, so dass diese schnell den Balken hochschoben, welcher das Tor sicherte. So geschwind sie konnten drehten sie an der hölzernen Kurbel und der Balken wurde von den Ketten nach oben gezogen. Dann öffneten sich die großen Flügel des Tores und gaben den Blick nach draußen frei. Jono trieb seinen Fuchs an und Mari folgte ihm auf ihrem Rappen. Sobald sie über die Schwelle geritten waren, hörten sie, wie sich die schweren Flügel hinter ihnen wieder schlossen. "Und wohin nun?", erkundigte sich Mari. Der Blonde vor ihr drehte sich im Sattel um und lächelte sie an. "Ich weiß es nicht genau. Reiten wir einfach los." Mari war im ersten Moment verblüfft, doch dann nickte sie. Gemeinsam trabten sie nun durch die leeren Straßen. Rings um sie herum herrschte Stille. Nichts rührte sich mehr. Jedes Haus lag in Dunkelheit. Nur hin und wieder sah man einen vereinzelten schwachen Lichtschein durch einen der Fensterläden dringen. Es dauerte nicht lange und dann hatten die beiden Reiter die Stadt hinter sich gelassen. Vor ihnen lag ein langer staubiger Weg, der sich über die Erde wand wie eine Schlange. Die beiden trieben ihre Pferde an und sie fegten im Galopp über die Erde. Hinter sich ließen sie kleine Wölkchen aus Staub. Eine ganze Weile ritten sie so. Mari hielt sich immer dicht bei Jono, da sie die Gegend nicht sehr gut kannte. Ihr Blick war auf den Blonden vor ihr gerichtet. Sein Oberkörper wippte gleichmäßig im Takt des Pferdes. Mari ertappte sich dabei, wie ihre Gedanken abschweiften, als Jono plötzlich die Hand hob und ihr zuwinkte. Das riss Mari aus ihrer Träumerei und sie folgte ihm einen Hügel hinauf. Oben angekommen hielt Jono seinen Fuchs an und sprang dann aus dem Sattel. "Warum halten wir?", fragte Mari in die Stille der Nacht. "Ich dachte, dass es dich vielleicht interessieren würde.", gab Jono zurück. Mari lenkte den Rappen neben Jonos Pferd. Jono ergriff die Trense des Rappen und hielt ihn fest, während Mari aus dem Sattel glitt. "Was sollte mich interessieren?", fragte sie. Jono nickte mit dem Kopf nach vorne und Mari trat einige Schritte vor. Unten am Fuß des Hügels stand eine alte, herunter gekommene Hütte. "Was ist das?", wollte Mari wissen. "Das war der Ort, an dem ich mit meiner Schwester gewohnt habe bevor unsere Eltern starben." Jono war neben sie getreten und starrte auf die kaputten Steine, welche einst sein Zuhause gewesen waren. "Sapheri erzählte mir bereits, dass Ihr keine Eltern mehr habt.", bemerkte Mari leise. "Ja, Mutter starb kurz nach Sapheris Geburt. Sie war eine gute Frau, doch offensichtlich war es alles ein wenig zu viel für sie gewesen. Sie wurde krank und überlebte nicht." Jonos Blick ruhte immer noch auf der Hütte. In seinen Erinnerungen blühte die Gegend plötzlich wieder auf und erwachte zu neuem Leben. Mari beobachtete ihn, wie er mit leerem Blick den Hügel hinunter starrte. Einer seiner Mundwinkel war zu einem wehmütigen Lächeln nach oben gekräuselt. Augenscheinlich durchlebte er gerade noch einmal seine Vergangenheit. "Vater ließ sein Leben auf dem Schlachtfeld. Zumindest vermuten wir das. Eines Tages wurde er in die Armee beordert. Wir sahen ihn das letzte Mal, als er genau hier oben auf dem Hügel stand. Auf seiner Schulter trug er einen Leinenbeutel mit seinem Hab und Gut. Sapheri und ich standen genau dort unten an dem Zaun." Jono deutete mit dem Finger auf ein paar Balken, die teilweise mit Sand bedeckt waren. Mari folgte seinem Finger mit dem Blick und nickte. "Ich weiß es noch, als wäre es erst gestern gewesen. Ich habe Sapheri auf den Zaun gehoben und sie festgehalten, damit sie nicht runter fiel. Immerhin ist sie doch noch ein kleines Kind gewesen. Mein Vater hatte mir die Anweisung gegeben, gut aus sie zu achten, schließlich war Mutter nicht mehr da. In der kindlichen Leichtfertigkeit, habe ich ihm mein Wort gegeben, doch damit hatte er sich nicht zufrieden gegeben. Ich habe es ihm schwören müssen, bei allem was mir heilig war." Mari wandte den Blick von der Ruine zu ihren Füßen ab und sah dem Blonden ins Gesicht. Immer noch starrte er auf die zerstörte Hütte, beinahe so, als sähe er sich selbst dort unten stehen, wie er seinem Vater winkte. "Ich glaube er wusste damals schon, dass er nicht zurückkehren würde.", fügte er leise hinzu. Die Pferde hinter ihnen scharrten mit den Hufen im Boden und schnaubten leise. Eine gespenstische Ruhe hing über dem Hügel und legte sich wie eine bedrückende Last auf die Zuschauer. Mari kniff die Augenbrauen zusammen, als sie in Jonos Gesicht sah. Es wirkte traurig, während er all die Erinnerungen nochmals durchlebte. "Jono....", flüsterte Mari, doch der Blonde reagierte gar nicht. Er sah den Hügel hinab und schien Mari neben sich vollkommen vergessen zu haben. Mari trat einen Schritt näher an ihn heran. Langsam hob sie die Hand, zögerte dann jedoch kurz. Doch als sie in seine Augen blickte, die voller Traurigkeit waren, da überwand sie ihre Zweifel und berührte seinen Arm. Dies weckte Jono aus seinen Erinnerungen und ließ ihn den Kopf wenden. Er sah auf die Blondine hinab, die neben ihm stand. In ihren Augen spiegelte sich das blasse Mondlicht und sie schaute ihn teilnahmsvoll und mitleidig an. "Es tut mir Leid, ich wollte dich damit nicht langweilen.", sagte Jono. Er wollte ein Lächeln aufsetzen, doch es gelang ihm einfach nicht. Zu nahe waren ihm diese Erinnerungen jetzt gegangen. Mari schüttelte nur den Kopf und lächelte. "Ihr langweilt mich nicht, Jono. Erzählt ruhig weiter. Es ist gut, wenn Ihr darüber sprecht." "Es tut weh.", antwortete Jono leise. "Die Vergangenheit kann oft grausam sein", erwiderte Mari, "doch man ist ein Teil von ihr, ob man nun will oder nicht. Unsere Vergangenheit macht uns zu denen, die wir heute sind." Jono nickte. Ihre Hand an seinem Arm zu spüren, war sehr tröstlich für ihn. Er konnte es nicht genau beschreiben, doch er hatte das Gefühl, dass diese Frau ihn verstand. Jono fühlte, dass sich ein seltsamer Druck in seiner Nase aufbaute und gleich darauf begann das Bild vor seinen Augen zu verschwimmen. Mari, die immer noch direkt neben ihm stand, bemerkte, dass er glasige Augen bekam. Offensichtlich machten ihm seine Erinnerungen doch mehr zu schaffen als er zugeben wollte. "Mari, ich....", begann Jono, doch dann stockte er. Er schluckte kurz und Mari merkte deutlich, dass er kämpfte, um nicht die Fassung zu verlieren. Dann tat sie etwas, womit Jono nicht gerechnet hatte. Ihre Hand wanderte von seinem Arm zu seinem Gesicht und berührte sanft seine linke Wange. Als Jono ihr nun das Gesicht zuwandte, sah Mari, wie sich eine einzelne Träne den Weg über seine Wange bahnte. Sachte strich sie diese mit dem Daumen fort und fuhr dann weiter mit den Fingerspitzen über seine Haut. Seine Augen blickten sie wie gebannt an. Immer noch war darin Trauer und Schmerz zu lesen. Mari hatte Mitleid mit ihm. Großes Mitleid. < Ich wusste nicht, dass du ebenso leidest wie ich.>, dachte sie. "Ihr seid nicht allein.", flüsterte sie. Jono sah sie immer noch unverwandt an. Kein Laut drang über seine Lippen. Stattdessen füllten sich seine Augen erneut mit Tränen. Offensichtlich hatten ihn die Worte der Blondine gerührt. Mari ging noch einen Schritt auf ihn zu und legte die Arme um seinen Oberkörper. Ihren Kopf legte sie an seine Brust und lauschte dem Pochen seines Herzens. Dann fühlte sie, wie in Jonos Körper neues Leben kehrte, denn er hob die Arme aus ihrer starren Position neben seinem Körper und legte sie um Mari. Zuerst noch zögerlich, doch dann fiel jede Scheu von ihm ab und er drückte die Blondine an sich. Mari hörte sein Herz an ihrem Ohr klopfen. Mit den Händen strich sie sachte über seinen Rücken, um ihm zu zeigen, dass sie für ihn da war. Gleich darauf fühlte sie, dass er mit einer Hand durch ihr Haar fuhr. Sein Kopf lehnte an ihrem Kopf und Mari fühlte seinen warmen Atem. Ihr Blick ruhte auf den starken Armen, in denen sie lag, und der angenehme Duft seiner Kleidung stieg ihr in die Nase. Obwohl die Nacht kühl war, spürte sie die Kälte nicht. Der Körper vor ihr war warm und vermittelte ein Gefühl der Geborgenheit. Minutenlang standen sie so da und rührten sich nicht. Dann jedoch hob Mari den Kopf und fühlte sofort, dass der Druck an ihrem Rücken schwächer wurde. "Seid Ihr in Ordnung?", wollte sie leise wissen. "Ja, es geht schon wieder.", erwiderte Jono und rieb sich kurz die Augen. "Wir sollten zum Palast zurück reiten.", schlug Mari vor und wartete auf ein Nicken des Blonden. Er stimmte ihr zu und so schwangen sie sich auf ihre geduldig wartenden Pferde. Sie wendeten die Tiere und kehrten in schnellem Tempo zurück zum Palast. Mari erschien es so, als wolle Jono so schnell wie möglich seine Vergangenheit hinter sich lassen, um wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Am Palast angekommen, öffneten die Wachen ihnen bereitwillig das Tor und ließen sie ein. Kurz vor dem Stall sprangen sie aus den Sätteln der Pferde und brachten diese zurück in ihre Boxen. Schweigsam nahmen sie ihnen das Geschirr ab und rieben sie noch ein wenig trocken. Mari schloss den Verschlag und streichelte den Rappen noch ein letztes Mal. "As tobene.", hörte sie plötzlich ganz leise von rechts. Jono hatte sich von seinem Fuchs verabschiedet. Und zwar in der Sprache, die eigentlich nur Mari beherrschte. Der Blonde ging mit ihr zur Holztür. Wie immer hielt er sie erst für Mari auf, um dann anschließend ebenfalls durchzugehen und sie hinter sich zu schließen. Leise überquerten die beiden den Hof und erreichten die Treppen, welche in den Palast führten. Still und schweigsam liefen sie nebeneinander die Stufen hinauf. Mari warf Jono hin und wieder einen Blick zu. Doch offensichtlich war mit ihm alles in Ordnung, denn seine Augen waren nicht mehr glasig, sondern vollkommen klar und wachsam. Sie kamen am großen Torbogen an und schritten durch den Korridor. Selbst um diese Zeit standen die Wachen noch neben den großen Feuern. Unwillkürlich ging Mari näher bei Jono, als sie die starren Blicke der Männer wahrnahm. Dieser merkte ihre Unsicherheit und griff nach ihrer Hand. Mari war zwar erstaunt, aber keineswegs abgeneigt, als sie seine warme Hand plötzlich an ihrer fühlte. Dankbar schlang sie ihre Finger um seine und atmete tief ein. Jono sah ihr die Erleichterung aus den Augenwinkeln an und musste sich ein Lächeln verkneifen. Auch wenn sie immer so stark tat, so war sie eigentlich doch eine sehr sensible Frau. Sie gingen durch die Gänge und der Steinboden verschluckte das Geräusch ihrer Schritte. So erreichten sie schließlich Sapheris Zimmer. Mari löste ihre Hand aus der des Blonden und strich sich kurz durch die Haare. "Danke für den Ausritt, Jono.", sagte sie. "Ich habe zu danken. Ich bin sehr froh, dass du mitgekommen bist.", erwiderte er. "Es war wirklich eine gute Idee. Allerdings hättet Ihr das nicht auf Euch nehmen müssen." "Ich habe schon so lange nicht mehr mit jemandem darüber gesprochen. Und ich bin sehr dankbar, dass du bei mir warst. Du hast mir wirklich sehr geholfen, Mari. Deine Gegenwart war tröstlich." "Wenn Ihr ein Problem habt, so dürft Ihr es mir gerne erzählen. Ich werde Euch zuhören und tun, was ich kann." Jono nickte und trat dann einen Schritt vor. Er nahm Maris Hand und gab ihr einen Kuss auf den Handrücken. "Gute Nacht, Mari.", sagte er, bevor Mari sich umdrehte und mit einem letzten Lächeln im Zimmer verschwand. Na, war das in eurem Sinne? Für die Romantiker unter euch: Ich kann euch beruhigen, es wir noch schöner. Sagen wir, im übernächsten Kapitel. Also, bis denne, freu mich auf zahlreiche Kommis Bye, Hillary Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)