Sieben Tage purer Wahnsinn von abgemeldet (KaRe - und King Hiwatari mit Bridget-Jones-Syndrom.) ================================================================================ Kapitel 3: Dienstag zum Zweiten: Das Fernsehinterview ----------------------------------------------------- Es ist vollbracht. Und ich habe euch gefoppt. Wer tatsächlich meinen Versprechungen im letzten Kapitel Glauben schenkte, soll sich den zweiten Teil dieses Kapitels durchlesen, dann reden wir weiter über meine Vertrauensseligkeit. Anmerkung: Strappleberry ist eine Kaugummisorte, die tatsächlich existiert. Zusammengesetzt aus Strawberry und Apple, schmeckt ziemlich süß, hält aber nicht lange im Geschmack... Und versucht ein Heidengeschmatze. Kommi-Kommis fallen dieses Mal weg. Trotzdem ein fettes Danke an alle Leser, die sich die Mühe gemacht haben, einen Kommentar zu hinterlassen. (chibikago, besonders deiner war toll - gleich der erste so lang! Das motiviert.) Disclaimer etc. siehe vorherige Kapitel. Kleine Ankündigung ganz nebenbei: Es wird in nächster Zeit (hoffe ich) zwei Überraschungen geben, die dem gemeinen STpW-Leser meines Erachtens gut tun werden. Freuet euch und singet Halleluja, auf dass ich meine Ankündigung wahr machen und die Welt mit Freud' und Heiterkeit überziehen werde. Als Erstes begann Max. "Ja, also - ihr wisst ja, ich bin Max, nicht?! Na ja, ich... nun, ich geh auf eine Schauspielschule, ja. Mein großer Traum ist es nämlich, mal ein berühmter Schauspieler zu werden, wisst ihr; da trifft es sich ganz gut, wenn man so eine Schule besucht, ja... Also... Na ja, ich würde auch gerne 'n Popstar werden; aber die Schauspielerei braucht soviel Zeit - ich glaub', wenn ich mal ganz dick im Geschäft bin, dann kann ich mir die zweite Karriere auch leisten, aber jetzt konzentrier ich mich mal auf das. Ja, und sonst so... Ach ja, ich mag Tiere total gern, ja. Ich hab zu Hause auch ein paar Kanarienvögelchen, die sind echt hübsch." Ich war unbeschreiblich glücklich, als Max aufhörte, peinlich berührt auf seine Knie starrte - wieso eigentlich? - und Porgy-kun das Wort ergriff. Na ja, wenn man das so sagen kann. "Die Welt... ist scheiße. Deswegen bin ich so. Skorpione sind cool, Piranhas auch - hab auch welche davon... Meine Boa ist verreckt, war schade drum, hat viel Geld gekostet, als Arbeitsloser kann man sich so was nicht leisten... Wie auch immer. Ich mach nichts. Hab auch keinen Bock zu." Was der gute Junge erntete waren verwirrte Blicke... Einzig Michel lächelte nachsichtig und klopfte dem Gebeutelten mit dem Hang zu gefährlichen Tieren tröstend auf die Schulter. Selbiger glotzte nur apathisch vor sich hin, war sich scheinbar nicht bewusst, dass der Normalverbraucher solches Geschwätz als nicht besonders... optimistisch betrachtete. Gnomenkind hatte das aber schnell überwunden und brabbelte heiter drauflos. Ich hatte ja den Eindruck, dass er mit Absicht so laut sprach, um mein armes Gehör dauerhaft zu schädigen. "HALLO!!" (Ja, er hat uns angebrüllt!) "Ich bin ja der Daichi! Mannmannmann freut mich das, euch alle wieder zu sehen!! Nach der Auflösung unseres Teams hab ich noch die Schule weiter gemacht, wollt ja nich' dumm sterben" - er bekam ein paar Freundschaftslacher, von mir nur den bösen Blick weil er die Unverschämtheit besaß, einen einigermaßen akzeptablen Witz so zu versaubeuteln, dass ich ihn niemals wieder auch nur ansatzweise humorvoll aufnehmen werden kann - "und, nun ja, danach wollt ich natürlich ne Arbeit, is' klar. War nur nich' so einfach eine zu finden! Hab mich dann erst mal auf die Zucht von Kakerlaken spezialisiert, weil's davon in meiner neuen Wohnung so viele verschiedenen Arten gab" - Ich spürte Kana zwei Plätze weiter leise erschaudern - "und jetzt bin ich Kakerlakenzüchter, aber so nebenbei jobb ich aufm Bau. Brauch auch körperliche Betätigung, neh?!" Ich unterließ es, irgendetwas dazu zu äußern. Mir war der Appetit während seinem Vortrag heftigst vergangen. Ich meine, wer kommt auch auf solche Ideen?! Ich nahm mir ganz, ganz fest vor, niemals so zu werden wie der da. Niiieemals! Aber mein Ekel nahm ab. Nicht, dass es vielleicht harmlos oder so gewesen wäre - ganz im Gegenteil - aber augenscheinlich bereitete sich Rei auf seinen tollen Part vor. Ich konnte Unwohlsein in seinem Gesicht entdecken, aber ich war still. Es interessierte mich dann doch, was er zu sagen hatte. "Na ja... Also - ich heiße immer noch Rei Kon, aber ich glaube, das wisst ihr noch..." Wahrscheinlich war er von der monströsen Dämlichkeit seiner Vorredner eingeschüchtert. "Was ich danach gemacht habe - also, unmittelbar danach... Ich weiß es nicht mehr, ehrlich. Nach Kais Abgang kommt ein ziemliches Loch in meinen Erinnerungen." War das gut oder schlecht? Nahm ich es fälschlicherweise für ein Ich-vermiss-dich-bitte-melde-dich-Zeichen auf? Oder waren meine Schlussfolgerungen doch nicht gar so trügerisch? "Ich war lange Zeit mit Mao zusammen. Kennt ihr noch. Aber... Na, aus unseren Hochzeitsplänen wurde leider nichts, und jetzt - bin ich wieder solo." Ein Schmerz zuckte durch meinen Magen. Böse. Rei war heterosexuell. Dachte ich. Ebenso wie Oh, verdammte Kacke. "Beruflich studier ich gerade, Hauptfach Innenarchitektur, und als Zusatz Kunst und Mathe." Ein Lächeln erstreckte sich über die zarten Lippen des holden Schwarzhaarigen, und ich grinste unwillkürlich. Die Tatsache, dass Hiromi und Kyoujyu wieder zu einer lebenden Kugel verschmolzen waren, zwang mich dazu, mit dem netten Gespräch fortzufahren. Die beiden waren echt nicht auseinander zu bekommen - aber, ich muss gestehen, ich war nicht besonders heiß drauf zu erfahren, was die zwei so... trieben. Hust. Tellergroße Augen starrten mich an, Unterkiefer klappten ein weiteres Mal nach unten und Kana räusperte sich geräuschvoll, um mich zum Anfangen zu bewegen. SIE hatte ja nichts zu sagen. Ausnahmsweise. "Ja. Kai Hiwatari mein Name, ich darf doch wohl annehmen, dass ihr das noch wisst..." Ihren Blicken nach zu urteilen, nein. "Wie auch immer. Ich bin mit 14 zurück nach Russland, aber hab mich dort nicht besonders lange aufgehalten - ich war ja ganz allein. Ich habe dann beschlossen, nach Amerika zu gehen und dort ein neues Leben aufzubauen. Nicht, weil's mir da besonders gefallen würde,... Es war nur sehr weit weg von Russland, ihr versteht? Und Japan ist auch nicht direkt um die Ecke, da liegt was dazwischen." Schätzungsweise glaubten einige Leute hier im Raum, ich meinte so etwas wie den interkontinentalen Wal-Mart oder dergleichen. Ich unterließ es, Pazifik zu sagen. "Seit... fast neun Jahren lebe ich da. Und arbeite dort... Und, bitteschön, das hier ist meine Mitbewohnerin, die gleichzeitig auch die Wohnung instandhält." Der dankbare, wirklich sehr dankbare Blick Kanas entging mir nicht. Ich wusste, dass sie glücklich war, sich nicht als Putzfrau oder dergleichen bezeichnet zu hören. Rei schenkte mir ein bewunderndes Lächeln, wagte es aber nicht, weitere Fragen zu stellen. Genauso wie der Rest vom Verein. Ich glaube ja, dass es an meinem wohlbekannten Deathglare lag, der beeindruckt sie immer noch immens. Aber pünktlich wie auf Piepton kam ein junger Herr hereingestürmt. Meine erste Einschätzung war, dass es der versprochene Alleserklärer war, und Tatsache, er erwies sich als solcher. Voller Elan schwang er sich durch die gehäuften Müllberge und nahm in unserer Mitte Platz, einen Stapel Blätter in der Hand. Kana begrüßte er extrem arschkriecherisch (Handkuss, hochgestochenes Dahergeschwätz, seichtes Umspielen der Lippen mit der Zunge, was wohl niemand außer Kana hatte bemerken sollen, es sah allerdings aus, als wolle er sich einen Milchbart ablecken; und die obligatorischen Komplimente, wie gut sie heute doch aussähe et cetera.) und sprach dann das niedere Fußvolk mit einem überschwänglichen "Soo!" an. Dass ich nicht viel von ihm hielt, war ihm klar. Dass er sich vor mir fürchtete, war mir klar. Es gab keine Missverständnisse. Da die folgende Prozedur noch ermüdender als alles vorhergehende war, werde ich sie nicht abtippen. Wozu auch? Was schlussendlich geschehen ist, kommt später noch. Oh, natürlich, nicht einmal die Hälfte davon war so geplant oder beabsichtigt, aber mal ganz im Ernst, wer will schon vorgefertigte Slapsticks von einem zweitklassigen Komödienschreiber hören? Ich nicht, deswegen habe ich auch weniger zugehört. Ich habe genickt, wenn ich merkte, dass man mit mir sprach, im Kopf was ganz anderes. Ich wollte mein Ding sowieso durchziehen, ganz egal, was geschah. Oh, und das tat ich. Und wie ich das tat. Inzwischen war Mittag vorbei. Und ich hatte einen Bärenhunger! Gott, mal ganz ehrlich, tief in mir steckt ein riesiger Fettsack, der nur darauf wartet, nach draußen gelassen zu werden - und bei jeder Mahlzeit befürchte ich, dass es soweit ist, aber ich habe echt verdammt Glück. Ich kann fressen wie ein Schwein und behalt doch immer meine Form. Angesichts der weiteren Hotelgäste fühlte ich mich da ziemlich allein gelassen. Wir - das heißt, Rei, Kana und ich, die anderen waren diversen Beschäftigungen nachgegangen (oh, und ich will nicht wissen, was das war) - hatten uns an einen Ecktisch gesetzt, von welchem aus wir das Büffet gut im Auge hatten. War auch nicht schwer zu erreichen. Es gab wirklich alles, was man sich denken kann, aber zunächst lachte mich nichts davon richtig an. Erst als Kana als mein persönlicher Weightwatcher auf die Jagd nach dem perfekten Fressen für mich ging, bekam ich was. Sie wollte sich als Vorkosterin üben, aber ich nahm ihr diese harte Pflicht gnädigerweise ab und aß ohne jegliche Sorgen. Rei schien das alles sehr amüsant zu finden; er grinste ununterbrochen. Vielleicht hatte er gekifft. Oder aber er hatte mir doch nicht geglaubt, dass zwischen Kana und mir nichts lief und sah das als... Paarverhalten an. Selbiger Gedanke ließ mich einen Augenblick innehalten. Es war leider der, in dem ich sowieso schon den Mund voll hatte und eben noch eine Kartoffel nach stecken wollte - ich lebe in der Hoffnung, dass mich keiner außer meinen Tischnachbarn SO gesehen hat. (Obwohl alleine das schon peinlich genug für die nächsten drei Jahre ist.) Es war gegen Drei. Die Mahlzeit war säuberlich verschlungen, ich wartete auf meinen Verdauungsespresso, Kana und Rei jeweils auf ihren Cappuccino. Der Speisesaal hatte sich wirklich gelichtet - nun, eigentlich dürfte eh niemand mehr hier sein, aber Kana war immerhin eine Person von Rang und Namen, also... Privilegien sind echt geil. Blöd nur, dass die anderen Gäste sich beschwert hatten und daher auch noch anwesend waren. Irgendwie war es an unserem Tisch ruhig. Zu ruhig. Ich meine, ich finde es nur gut, dass ich in aller Ruhe essen kann und danach auch ungestört sitzen bleiben darf. Aber dieses Mal... war es nicht so gigantisch. Das Schweigen war einfach lästig, wie eine Schmeißfliege, die einem permanent gegen die Nase klatscht und dabei laut brummt, aber trotz vergeblicher Versuche einfach nicht verrecken will. Kanas verzweifelte Versuche, jämmerliche Konversation zu betreiben, schlugen kläglich fehl. Es war ein wirklicher Horror; auch, als unsere Tassen schon längst leer auf dem Tisch standen, kam nichts Intelligentes über unsere Lippen. Oh, und wenn ich etwas hasse, dann sind das solche Situationen. Aber bekanntlich bin ich ein Unglückswurm erster Güteklasse. Denn gerade als Rei den Mund aufmachte, um mich ganz offensichtlich anzusprechen, rumpelte es ein paar Tische weiter ganz heftig. Und dann kam die Frau von der Maske. Als wären Jenny und Delaila nicht genug gewesen, klapperte hier Mandy, wie sie sich vorstellte, an, um Rei vom Stuhl aufzuzerren und ihm zwischen Lauten der Verzückung zu erklären, dass er jetzt in die Maske müsste. Sofort. Ohne Widerrede. Irritiert blickte er mich an, irritiert blickte ich Kana an, irritiert blickte Kana den Löffel an, in dem sie sich spiegelte. Oh, sie hatte einen Pickel auf ihrer Stirn entdeckt, das erforderte vollste Aufmerksamkeit. "Na los na looos, kommen Sie, junger Mann!" säuselte die Brünette, schmatzte genüsslich auf ihrem Kaugummi (wahrscheinlich ein Strappleberry, der seit heute Morgen bei Dienstanfang in ihrem Mund verweilte) und zupfte immer wieder an Reis chinesischem Dress herum, fast so, als gehöre er in die Altkleidersammlung. "Wir haben viel zu tun!" "Öööh..." Aber bevor ich den Werdegang diesen unfassbar intelligenten Ausspruchs erfuhr, rauschten die beiden ab, wobei sie nicht wenige Stühle umwarfen, Teller zu Bruch gehen ließen und einem Mann sogar das Toupet vom Kopf rissen. Das müsste alles Mandy gewesen sein, ich kann mir kaum vorstellen, dass Rei sich so unelegant fortbewegen würde - auch, wenn er von einem Dämon mit sich gezerrt wurde. Kaum verschwunden, warf ich erneut einen Blick zu Kana, die den Löffel inzwischen beiseite gelegt hatte. Ihr Pony verdeckte verdächtig viel ihrer Stirn. Unschuldig blickte sie mich an, fast so, als wolle sie sagen, "Ja was denn? War nötig!" Ich schloss für einen Moment die Augen. Dann - ein Geistesblitz - "Sag mal, Kana... Wieso wolltest du mit mir über Rei reden?" Ich konnte sie direkt denken sehen, so hoch, wie ihre Augenbrauen standen. Lustigerweise zog sie sie noch weiter nach oben, als ihr der entsprechende Gedanke kam (wobei ihre Ponyanordnung verrutschte und ein riesiger roter Fleck zum Vorschein kam). "Aah, ja", sagte sie, und dann begann unser Gespräch. "Wie lange kennst du Rei schon?" "Seit... zwölf Jahren, glaube ich." "Wie war eure erste Begegnung?" "Woher soll ich denn das heute noch wissen?" "Kann ja sein! Wann hast du zum ersten Mal mehr für ihn empfunden - du weißt schon, ein bisschen Liebe, sexuelles Verlangen,..." "Was- Herrgott, Kana, was wird das?!" "Kai, sei so gut, antworte mir einfach!" Mal wieder setzte mein Verstand aus und ich ergab mich Kana, der seelenmanipulierenden Zuckeramazone. "Als ich ihn am Flughafen sah, schätze ich. Da-" "Ja, ja, die Vom-Winde-verweht Szene." Und ich schwieg. Denn Kana machte mir Angst. Jetzt war ich mir wirklich sicher - Kana war eine seelenmanipulierende, gedankenlesende Zuckeramazonenhexe. Oder natürlich - verdammt, wenn sich meine Vermutung bewahrheitete - "Kana, warst du an meinem Laptop?!" Mein Blick durchbohrte sie förmlich. Und oh Gott. Schuldbewusstsein. War das Schuldbewusstsein, das da aus ihrem Gesichte sprach? "Na ja, ich dachte, ich flieg mal drüber, ich-" "Moooment. Du. Hast. Mein Tagebuch gelesen? Du hast es gelesen?" Mein Unglaube wurde nur durch die Empörung und das Entsetzen übertroffen. Sie nickte langsam. Oh, Kana, du böses, garstiges Biest. Aber noch etwas fiel mir da auf. Wenn sie das alles gelesen hatte... Musste sie ja auch wissen, was ich über sie schrieb. Irgendwie wurde mir mulmig. Ich meine, ich bin nicht der Typ Mensch, der seine Gedanken hinterm Berg hält und allen ins Gesicht lügt - Gott bewahre. Wenn ich etwas an jemandem auszusetzen habe, dann tu ich das. Auch bei Kana. Aber dennoch habe ich des öfteren Dinge geschrieben, die so eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind - ich glaube, ich würde elendig verrecken, wenn die Presse das Tagebuch bekäme. Oder, wenn mir jemand meinen Laptop aus dem Zimmer klaut und es nachher während des Interviews laut vorliest... "Ah, Scheiße", murmelte ich mehr zu mir selbst, bestürzt über die Tatsache, dass diese unangenehme Vorstellung tatsächlich Wirklichkeit werden könnte. Kana schien das falsch zu interpretieren. "Nur den einen Absatz! Es waren nur diese Zeilen, in denen du eben euer Wiedersehen beschrieben hast, keine Angst..." Aaaach, so war das. Okay, diese Sorge konnte ich abhaken. Meinen Entschluss, in Zukunft vorsichtiger über Kana zu schreiben, verwarf ich schnell wieder, da sie sich nie wieder an das Laptop wagen würde - ganz zu Schweigen davon, dass ich nachher gleich einen Passwortschutz drüber legen werde, das hält man ja nicht aus. Aber dann blieb immer noch die Sache mit der Öffentlichkeit. Wieso zum Teufel war ich in der Sekunde eigentlich so besorgt darum? Wer sollte da schon einbrechen? Ach so, ich vergaß, der Kettensägenmörder. Natürlich, das war eine Möglichkeit. Und sonst... "Bleib mal da." Hastig sprang ich auf, ließ eine verwirrt dreinblickende Kana zurück und sprintete nach oben in mein geniales Zimmer. Ja, ich benutzte die Treppe, der Aufzug war mir immer noch sehr suspekt. Völlig außer Atem kam ich oben an, und beinahe hätte ich einen Herzinfarkt erlitten. Denn die Tür stand sperrangelweit offen. Als "Waffe" schnappte ich mir den Besen, der ein paar Meter weiter an der Wand lehnte, und schlich mich dann actionfilmheldenmäßig in das Zimmer. Ich war auf der Hut. Oh, und wie ich auf der Hut war! Aus dem Schrank drangen seltsame Geräusche an meine Ohren; ein letztes Mal schluckte ich noch, bereit, den Eindringling zu überwältigen - es sei denn es war der Kettensägenmörder, dann würde ich kreischend wegrennen - und trat die Tür ein, erneut sehr im Stile diverser Ballerfilmchen. Aber der folgende Schrei brachte mich aus der Fassung, und ehe ich mit meinem tödlichen Besen zuschlagen konnte, hatte mir die Putzfrau ihren Waschlappen ins Gesicht geschleudert. Ja klasse. Wer war ich eigentlich? Hallo, mein Name ist Dumm, Sau Dumm, ich komme, um eine unschuldige Putzfrau zu überwältigen, weil ich sie für einen Kettensägenmörder halte? In diesem Moment glaubte ich, der peinlichste Mensch ganz Japans zu sein; irgendwie passierten mir in letzter Zeit häufig solche Dinge, die ich einfach unter "Ganz, ganz schnell vergessen weil Nahtoderfahrung durch Peinlichkeit" abschieben wollte. Meine Augen brannten vom Spülmittel, aber ich konnte es der europäisch aussehenden Dame nicht verdenken. Sie schien mich heftigst zu beschimpfen, aber wirklich verstanden habe ich es nicht - mir kam es eher so vor, als käme sie aus der gleichen Ecke wie Kana. Dank sprachlicher Barrieren war ich mir unsicher, was ich sagen sollte; ich beließ es bei reuigem Kopfnicken und dem behutsamen Zurückgeben des Lappens, ehe ich mich schnellstens wieder aus dem Staub machte. Im Vorübergehen schnappte ich mir den Laptop und machte mich auf den Weg zu Kana. In der Eile hätte ich fast vergessen, den Aufzug zu meiden; ich hatte bereits den Knopf gedrückt, als mich plötzlich die Treppe anlachte und ich ihr den Gefallen tat, auf ihr zu laufen. Es schien sie sehr glücklich zu machen. Nach ein paar endlos scheinenden Minuten kam ich in der Eingangshalle an, und mir entgegen lief das kleine Mädchen der Yaminabes. "Was- Kai, wieso trägst du deinen Laptop mit dir rum?" Ehrlich gesagt verspürte ich keinen Drang, ihr von meinen Ängsten zu erzählen - von dem Vorfall im Schrank schon gar nicht - und beließ es daher bei einem Schulterzucken. Und Kana wusste, dass das alles war, was kommen würde. Mit diesem Verstand wird sie mir ja beinahe noch sympathisch. Nein. Das streichen wir ganz, ganz schnell wieder. Aber wie dem auch sei; danach passierte nicht viel Ungewöhnliches. Ich kam mir langsam wie Kyoujyu vor - okay, so, wie er früher gewesen war - und Kana erzählte mir die ganze Zeit irgendwelche Geschichten, die sie heute in der Zeitung gelesen hatte. Konnte diese Frau nicht einfach mal ihre Klappe halten? Scheinbar nicht. Aber, oh Wunder, sie tat es dann doch! Ganz plötzlich. Von einer Sekunde auf die nächste gar nichts mehr. Dass das nichts Gutes bedeuten konnte, war mir leider klar, aber ich verdrängte es heftig aus meinem Kopf. Nur, es kam viel zu schnell zurück. Da hinten sah ich es wieder... Als wäre ein Treffen am Tag nicht genug, bewegten sich zwei Gestalten auf uns zu, die sich schnell als Hayuru und Natsumaki herausstellten. Irgendetwas schienen sie uns erzählen oder geben zu wollen. Nun, besonders scharf war ich ja nicht drauf und wäre Kana nicht gewesen, ich hätte mich ganz schnell verpisst. So blieb ich widerwillig stehen, um mir den Stuss anzuhören, der folgen sollte. "Aaaach, ja was für ein Glück, euch hier zu treffen!" säuselte Natsumaki mit Sternchen in den Augen; war das wieder dieser blöde Paarblick?! Hayuru sagte auch einige Worte in meine Richtung, aber undeutlich genug als dass ich es nicht verstand und leider, leider vergaß, nachzufragen. Ihn schien das nicht im Geringsten zu kümmern. Nein, als er seinen Vortrag beendet hatte, drückte er mir ein kleines Schächtelchen in die Hand und sagte, "Dann geht das also in Ordnung, ja? Wuuunderbar! Die neuste Kollektion, extra angefertigt von Natsunatsu-chan höchstpersönlich, Mandy wird alles klarmachen. Herrlich! Na dann, bis bald, und geh schnell in die Maske!" Und weg waren sie. Kanas Blick war sehr interessant anzusehen. Wahrscheinlich dachte sie das Gleiche wie ich, was zwar nicht wirklich positiv war, aber zumindest stimmte sie ihren Eltern in dem Punkt nicht zu - die beiden waren echt unerträglich, und ich fragte mich nur, was "Natsunatsu-chan" nur gemacht hatte, wofür ich extra Mandy brauchte. Und, oh Gott, ich sollte in die Maske. Zu Mandy. Das Verlangen, jetzt sterben zu wollen, war unfassbar groß. Vielleicht sollte ich zurück in mein Zimmer. Nein, besser den Schrankdurchgang zum Bad sperrangelweit offen lassen und dann duschen. Nebenbei hübsch singen und mich lasziv unter dem Duschkopf räkeln. Oder sogar baden. Auf jeden Fall anzüglich und unschuldig. Vielleicht hatte ich dann ja das Glück, dass mich der Kettensägenmörder umbrachte. Vielleicht vergewaltigte er mich auch vorher noch. Und vielleicht käme Kana in diesem Moment hereingestürmt und erschlug den Kettensägenmörder dann. Oder er ließ von mir ab, um Kana zu besteigen. Und dann erschlug ich ihn. Und dann wurde ich schwanger, weil mich der tote Kettensägenmörder in meinem Bad geschwängert hatte, und ich zog das Kind, das Rei hieß, mit Kana auf. Und dann wurde mir urplötzlich klar, was für ein bescheuerter Schwachsinn das alles doch war. "Kana, was zur Hölle ist das?" Ich hielt ihr das Schächtelchen entgegen, in der jämmerlichen Hoffnung, sie könne mir eine Antwort geben. Immerhin war sie mit diesem Weib des Schreckens aufgewachsen, vielleicht kannte sie mittlerweile ja die Art von Accessoire, die ihre Mutter für Russen wie mich anzufertigen pflegte. Aber sie schüttelte den Kopf, und das mit einem leicht kuriosen Glitzern in den Augen. Ach, verdammt. Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte die Schachtel aufgemacht, als ich noch die Gelegenheit dazu hatte, den Inhalt ganz diskret und ungesehen verschwinden zu lassen und dann zu behaupten, man hätte mich ausgeraubt. Ich hätte auch noch gegen eine Wand laufen können, um ein blaues Auge zu haben; oder ich hätte mein Hemd eingerissen, damit es authentischer aussah. Aber blöderweise ließ ich es ungeöffnet und nahm es stattdessen mit zu Mandy. Was tatsächlich ausgesprochen dumm war. Als Kana und ich dort ankamen, wälzte sich uns eine Haarspraywolke entgegen, die es mir unmöglich machte, auch nur ansatzweise Sauerstoff aufzunehmen. Stark hustend kämpfte ich mich durch die Nebelschwaden, bis ich schließlich vor einem Spiegel zu Stehen kam, der einige Meter vom Erzeuger der Giftmauer entfernt hing. Mandy wieselte um Rei herum, dessen Haare zu einer skurrilen Frisur gestylt worden waren, und drückte enthusiastisch auf den Deckel der Sprühdose. Ich sah durchaus nicht viel von Reis Gesicht, aber was ich sah ließ mich glauben, er empfand es ebenfalls als eine Schandtat, was die gute Frau an seinen seidigen schwarzen Haaren anstellte. Unerklärlicherweise schien ich mich in einem sprayfreien Luftloch zu befinden, denn ich konnte problemlos atmen. Nur wunderte ich mich, wo Kana abgeblieben war - sie klebte mir doch sonst immer so am Arsch - und erkannte nicht ganz ungerührt, dass sie durch Mandys Raserei zu Boden geworfen wurde und jetzt regungslos dalag. Wahrscheinlich wäre sie jeden Moment erstickt, wäre ich ihr nicht zu Hilfe gekommen. Es wäre doch ein sehr erbärmlicher Tod, von Haarspray umgebracht zu werden. Irgendwie entsetzte es mich ja schon, dass meine Putzfrau so federleicht war - aß sie nicht richtig? - aber, nun, so war es weitaus einfacher, sie in Sicherheit zu bringen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie ich Takao herübergehievt hätte - Moment, Ex-Takao, Porgy wog vielleicht 20 Kilogramm oder etwas um den Dreh. Davon abgesehen, dass ich Takao vermutlich hätte krepieren lassen. Fast schon behutsam setzte ich sie auf den netten Drehstuhl in unserem wandlosen Bunker und piekste ein paar Mal gegen ihre Wange, um sie aufzuwecken. "Kanaaa", nörgelte ich ungeduldig und rüttelte an ihrer Schulter. Zu meiner Erleichterung flatterten die blassen Lider, und wenig später glotzte sie mich wie ein Auto an. "Hä? Was - was war das?" "Mandy metzelt gerade den letzten Widerstand der Ozonschicht barbarisch nieder und zerstört somit unser aller Existenz. Rei tut mir Leid", erklärte ich trocken. "Und vor allem", ergänzte Kana, als sie den Tanz des Teufels erblickt hatte, "fasst sie deinem Süßen gerade zwischen die Beine." "Sag das ni- WAS?!" Mein entsetzter Aufschrei hatte das überraschte Quieken des Chinesen geschickt übertönt, aber immerhin fiel der Furie die Spraydose aus der Hand und sie sah irritiert auf. Und ihre Hände waren jetzt bei ihr. Dumm wie Bohnenstroh gaffte sie zu mir rüber, ihr Kiefer hing, ganz klischeedämlich, nach unten. Rei versuchte, unter seiner wildgewordenen Mähne zu mir hervorzulugen, aber alles, was er mir mitteilen konnte, war ein leises Fiepen. "Da seid ihr jaaa!" quiekte Randy Mandy mit einer falschen, aufgesetzt heiteren Gießkannenstimme, die sogar die meiner Haushälterin in den Schatten stellte. "Ihr kommt genau richtig, ich bin gerade mit dem Schnuckel hier fertig!" "Darf ich sie töten?" fragte ich Kana aus dem Mundwinkel heraus. Es beruhigte mich ungemein, dass sie wie verrücktgeworden nickte und mich flehend ansah. Rei durfte gnädigerweise auch meiner Hinrichtung beiwohnen. Er torkelte unsicher auf einen Stuhl, der an der Wand stand, zu; es gruselte mich zu sehen, dass er beim Sitzen vorsichtig sein musste, sich nicht zu weit zurückzulehnen, weil sonst das Gebilde auf seinem Prachtschädel in sich zusammengefallen wäre - laut der Künstlerin höchstpersönlich. Ich fand ja, es war genug Chemie drin, dass es einen Tornado hätte überleben können, aber nun ja... Kana setzte sich an Reis Seite, musste sich aber gebückt hinsetzen, um nicht von einer herausragenden Haarsträhne erstochen zu werden. Zusammen beobachteten sie das Schauspiel, das nun im Gange war. Randy Mandy (ich weigere mich konsequent, sie jemals wieder ohne diesen Zusatz zu benennen oder gar anzusprechen) nahm mir die ominöse Schachtel mit dem Designerstück ab und öffnete sie diskret hinter meinem Rücken, so dass ich auch durch den Spiegel keinen Blick darauf erhaschen konnte. Sekunden später sog sie die Luft scharf ein und stieß dann einen seelenzermürbenden Jauchzer der Entzückung aus. Ich hätte heulen können. Fast hätte ich es auch getan. Begeistert, ja ekstatisch zeigte mir das Weib, was Natsumaki-san tatsächlich verbrochen hatte. Oh Gott wurde mir übel. Speiübel. Ich hätte die Innenseite nach außen kehren können, so übel ward mir, als ich das Diadem in ihren Händen sah. Ein Diadem!! Wer zur Hölle war ich?! Anastasia? Ein blondes Prinzesschen aus Grimms Märchen? Die Queen von England?! Ein DIADEM also bitte! Es war silbern mit zigtausend Details, kleine Rubine prangten an verschiedenen Ecken und Kanten und es war so gottverdammt kitschig. Irgendwo hinter mir war unterdrücktes Gelächter zu vernehmen; als ob sich jemand die Hand auf dem Mund presste, um nicht laut zu werden. Aber man konnte dennoch die daraus resultierenden Grunzer hören, die die beiden Lachmöwen noch viel mehr anstachelte, ihrer Belustigung freien Lauf zu lassen. Konnte es noch schlimmer kommen? Ja. Das war nicht der ganze Inhalt der Schachtel gewesen. Randy Mandy schwenkte mit monströsen, zum Diadem passenden Ohrringen vor meinem Gesicht herum. Rei und Kana explodierten. Daraufhin folgte ein Chaos, das nicht zu beschreiben ist. Auch ich mit meinem überdimensionalgigantischen Verstand vermag es nicht wiederzugeben. Es wäre ohnehin zu schlimm. Irgendwie habe ich es nämlich geschafft, die auf mich hereinbrechende Katastrophe abzuwenden. Während Kana mit ihrem Geheul sämtliche Diamantminen in der Pampa zum Einsturz brachte und Rei seine Frisur zum Teufel schickte, weil er sich auf dem Boden wälzte und dabei noch vor Lachen Bauchweh bekam dass wir später dachten, wir müssten ihn ins Krankenhaus bringen, startete ich eine wilde Kamikaze-Aktion gegen Randy "Verwandeln-wir-den-männlichen-ja-sehr-männlichen-Russen-mit-Penis-in-Barbie" Mandy, bei der ihr im wilden Gerangel die wertvollen, wunderschönen Accessoires zu Boden fielen. So, die wahrgewordene Perfektion meiner "Wollte-ich-schon-immer-haben" Fantasie zerklirrten ohrenbetäubend vor meinen verschreckten und vergewaltigten Augen. Oh nein wie schade. Nun, obwohl mir Funkel-Funkel-Glitzer erspart blieb, musste ich noch aufs Äußerste geschminkt und frisiert werden. Randy Mandy schniefte sporadisch hinter meinen hoch auftoupierten Haaren (als hätten sie nicht schon genug von einem Wischmopp; nein, da muss Madame auch noch was dazu tun) und betupfte mich regelmäßig mit Puder. Den Versuch, mich mit Kajal zu bemalen, vermasselte ich ihr gründlich. Noch sehr gezeichnet von meinem Mord an Strahle-Glanz-Rubinchen-Diademchen-Mister-Miss-Universe wagte es sie es dann - Gott sei Dank - auch nicht, einen weiteren zu starten. Auffallend schnell war sie mit mir fertig. Wunderte mich aber nicht, nach allem, was ich ihr angetan hatte. Die anderen waren von einem anderen Monster hergerichtet worden; das presste Randy Mandy noch mit letzter Kraft heraus, ehe sie die Splitter des silber-roten Unwesens nahm und gut hörbar weinend davon rannte. Ich nutzte die Gunst der Stunde und glättete das Zirkuszelt auf meinem Schädel. "Beeil dich, gleich wird gesendet!" rief Kana von irgendwo hinten. Als ich mich umdrehte, kniete Rei auf dem Boden, immer noch den Bauch haltend - ja, das war diese prickelnde Situation, in der wir nicht wussten, ob oder nicht - und Kana hatte es tatsächlich geschafft, sich eine Verletzung zuzuziehen. Durch Reis Haarsträhne, die sie letztendlich doch noch in die Wange gestochen hatte. Ernsthaft. Wäre meine Lage nicht so dumm gewesen, hätte ich nicht in wenigen Augenblicken vor ein Millionenpublikum müssen um mich bloßstellen zu lassen, hätte nicht Rei stöhnend vor mir gekniet (denk nicht dran, Ferkel), ich hätte sie ausgelacht, ich hätte es wirklich getan. Aber irgendwie war es doch zu skurril, um wahr zu sein. Ich meine, wer ließ sich schon von einer verdammten Haarsträhne erstechen?! Irgendein Idiot kam zur Tür hereingeknallt und warf den Chinesen prompt bei seinem erbärmlichen Versuch aufzustehen um; er benachrichtigte uns freundlicherweise, dass wir uns beeilen sollten. Ich bemerkte nicht ganz unbeeindruckt, dass Reis Make-up perfekt saß und nicht im geringsten verlaufen war. Ja, er hatte die Vorzüge von Kajal, Lippenstift, Mascara und was-zur-Hölle-sonst-alles auskosten dürfen. Wahrscheinlich war es den unwahrscheinlich grandiosen Fertigkeiten Randy Mandys zu verdanken, dass die fünfzehn Liter Tränen, die bis vor kurzem aus seinen goldgelben Honigaugen geströmt waren, keinen Schaden angerichtet hatten. Sorgsam half Kana ihm auf und dann machten wir uns wortlos auf den Weg zu meinem schlimmsten Alptraum. Nun, einem davon. Wie zum Teufel kam ich eigentlich auf das quietschpinkfarbene Sofa auf der Bühne? Keine Ahnung. Warum zum Henker saß ich zwischen Fünf-Pfennig-Romeo und Mainstream-Trend-Vergammler-Möchtegern-Goth? Keine Ahnung. In diesem Augenblick, drei Sekunden vor Sendebeginn, wusste ich eine Sache, und zwar mit hundertprozentiger Sicherheit. Niemals wieder in meinem Leben würde ich mich im Fernsehen zeigen. Niemals. "DREI!" brüllte ein umherwuselnder Mann zwischen buckligen Kameramännern und pickligen Kabelträgern. "ZWEI!" Ich widerstand nur ungern der Versuchung, aufzustehen und ihn meine gepuderte Faust spüren zu lassen. "UND-" "Hallo Leute! Hier ist euer Lieblingsmoderator Yoman Amhkuel, und es ist mal wieder G°nG!-ZEEEEEEIT!" Ieeeeks!! Als Erstes erklang ein ohrenbetäubender Gong, der mir beinahe die Tränen in die Augen getrieben hätte; während Lunge sowie Trommelfell die vibrierenden Nachbeben des Urknalles zu spüren bekamen, fragte ich mich, woher zur Hölle dieser grenzdebile Kommerzscherz, der Reis Aufmachung echt meilenweit hinter sich ließ (so lächerlich Rei auch wirkte: Ein neongrünes Polohemd, über dem eine unsauber gebundene, blutrote Krawatte mit weißen Sternchen hing, sonnengelbe Tennisshorts und unrasierte Männerbeine in Kombination mit Echtledercowboystiefeln... Ich bin kein Fan von high-maintenance Modepuppen, und um ehrlich zu sein lege ich absolut null Wert darauf, ob meine Klamotten der aktuellen Frühjahrskollektion von Lagerfeld oder Versace oder Pfatzdipfui entsprechen. Aber ich besitze Stolz, etwas, was man von dem Yogi, der Orang-Utangleich vor uns herumsprang, nicht behaupten konnte. So etwas lag weit unterhalb der Gürtellinie, und irgendwie empfand ich das Bedürfnis, loszuweinen.), denn nun tatsächlich gekommen war. Er war einfach aus dem Nichts aufgetaucht und fast hielt ich ihn für eine Halluzination meines armen, überstrapazierten Hirnes, doch das Blutgefrierende an seiner Erscheinung wirkte zu real, als dass ich es mir hätte einbilden können. Aber noch ehe mein Schreck versiebt war, brach der gestelzte Bariton von "IHM", dem Schrecken, der die Nacht zur Helligkeit verängstigte, in wildes Gelächter aus. Peinvoll kniff ich die Augen fest aufeinander, hoffend, dass dieser beschissene Scherz vorbei war, wenn ich sie wieder aufmachte. War er nicht. Er begann gerade. Und wie. Zwei nur mit Winzbikini bedeckte Weiber sprangen hysterisch vor den Kameras umher, die quiekenden Stimmchen zu einem seltsamen Singsang verzogen, der mich stark and satanistische Riten erinnerte. (Später konnte ich in Erfahrung bringen, dass sie das G°nG!-Lied gesungen hatten. Angeblich. Ich bleibe skeptisch.) Aber es dauerte nicht lange, bis die Wackelorgie von Cindy und Sandy (wie ich sie liebevoll taufte) aufhörte und sie freudig kichernd zur Seite kullerten. Und dann war es wieder an der Alptraumversion von David Arquette, meinen Verstand endgültig lahm zu legen. "Heute, liebe Zuschauer im Saal und zu Hause, haben wir ein paar ganz besondere Gäste, die uns für ein intimes Interview zur Verfügung stehen." Intim? Wie bitte? "Begrüßen Sie nun herzlichst die ehemalige G-REVOLUTIOOON!!" Die Fangirls auf der Tribüne brachen in tosenden Applaus aus, kreischten sich ihre besessenen Seelen aus dem Leib und wurden reihenweise ohnmächtig und ich hatte nicht zum ersten Mal an diesem ereignisreichen Tag den Eindruck, dass Ultraschallwellen im Raum herumzoomten. Irgendwo zerklirrte auch ein Fenster, und bestimmt explodierte demnächst ein Diamant. Minutenlang hielt der menschliche Alarm an, ich war auf dem rechten Ohr taub, und plötzlich war es still. Gut, bis auf einige wenige Kai-ich-will-ein-Kind-von-dir und Rei-machs-mir-du-geile-Sau Rufe zumindest. Ich stellte mit Genugtuung fest, dass Sunnyboy-Baby so tat, als hätten die teuflischen Sirenen nicht Rei beziehungsweise Kai, sondern Max gerufen, aber als dann plötzlich "Halts Maul Max du dämlicher Frosch" erklang, war Sense. Und ich wunderte mich gar sehr über die Brutalität, die ein Rudel Fangirls aus der tiefsten Hölle an den Tag legen konnte. Aber Yoman Amhkuel hatte es voll im Griff und sorgte für Ruhe. Jaaa, jaaa. Ich habe gesehen, wie die als Wachmänner verkleideten Zuchtbishounen in der Meute herumgesprungen sind. Man darf sich also streiten, ob es tatsächlich am Talent des geschmacklosen Monsters vor mir lag, dass die Lautstärke abnahm. (Das gemeine Fangirl erliegt bei Bewurf mit Frischfleisch einem derartigen Schock, dass ihm glatt die Stimme versagt.) "Also, Leute", rief Yoman der Coole, "hier sitzen Takao, Max, Daichi, Rei und Kai, die ehemaligen Weltmeister. Takao!" rief er dann plötzlich, als er sich neben Genannten auf die Couch drängte, wobei ich mich fast auf das verletzte Möchtegerntalent hätte setzen müssen, "Bevor wir mit der allgemeinen Fragerunde nach dem Wie-geht's-denn-so beginnen, würde ich eines gerne wissen: Weshalb nennen dich deine Freunde Porgy?!" Das Publikum johlte, Porgy-the-Porky-the-Pig glotzte dumm vor sich hin und machte keinerlei Anstalten, darauf eine Antwort zu geben. "Äh, Takao?" fragte Yoman der Supercoole noch einmal, und dieses Mal reagierte unser kleines Schattengewächs. "Ja, Mann, das war ja nich beabsichtigt, ich wollt ja nich-" "Okaaaay!", fiel ihm Strahlemann Yoman der Megacoole megacool ins Wort, und ich zählte innerlich bis Zehn. Nicht aufregen. Nicht aufregen. Nicht aufregen. "Dann wäre das also geklärt!" schoss Yoman der Ultracoole los und setzte sich nun gütiger Weise in den pinken Sessel in der Mitte, der ihm auch tatsächlich zugedacht war, und ich konnte wieder in die einsame Mitte zwischen den beiden Oberpfeifen klettern, ohne einen Nachwuchssatanisten auf dem Schoß zu haben oder mich selbst auf einem solchen bei Mister Sunshine-was-yesterday wieder zu finden. Dabei bemerkte ich auch ganz spontan, dass sich Daichi regelmäßig einigeln musste um nicht von Rei erhaarsträhnt zu werden, der nichts Besseres zu tun hatte, als seinen Kopf wild hin und her zu schwingen, ohne auf die potenzielle Gefahr dessen zu achten. Okay, um Schubkarren-Schabe wäre es nicht schade gewesen, aber nehmen wir's mal nicht so genau... "Also dann, was habt ihr so gemacht, nachdem ihr euch getrennt habt? Max?" Yoman der Monstercoole warf sein verunstaltetes Mikrofon agil zu Britney Spears hier neben mir. Dass es mir dabei beinahe die Haare vom Kopf riss kümmerte den Gigantischcoolen Yoman recht wenig, Hauptsache, es fand seinen Weg zu Sternchen-Sternchen-Leuchte-Hell. "Na ja", sprach selbiger zögerlich, noch immer schwer mitgenommen von der massiven Attacke der Götzenanbeterinnen, "also ich bin Schauspieler geworden, sogar schon relativ früh danach... Hab zwar auch Singtalente, aber man soll es ja nicht übertreiben..." In meinen Augen war der Blick von Yoman dem Wahnsinnsgigantomanischcoolen ja sehr eindeutig, aber Mister Jessica Simpson lächelte nur wie ein Lämmchen. Artig reichte er das Mikrofon zurück, und Yoman der Supernovacoole überfiel Rei Ich-trage-das-Louvre-auf-dem-Kopf Kon. "Und du, Rei? Was hat sich bei dir so getan? Ich hörte, du hast erst vor kurzer Zeit deine Langzeitgeliebte in den Wind geschossen?!" Nicht aufregen. Nicht aufregen. Rei wurde schon mit dem Ding fertig, mit dem der Psychopath unter seiner Nase herumfuchtelte. Oh mein Gott es sah aus wie ein Dildo. NICHT AUFREGEN. "Ja", bestätigte Rei. "Die Sache mit ihr war nicht das, was ich suchte." Suchtest du einen Mann, Rei? Hätte ich das laut gesprochen, ich hätte mich ersäufen müssen. "Ich... Na ja, es..." Herumdrucksen. Das konnte Rei in Situationen, in denen er aufgeregt war, gut. Moment. Das war genau das, was er am Telefon getan hatte. Wäre es doch tatsächlich möglich, dass Rei- "KAI!" brüllte plötzlich Yoman der Nullgradaufderkelvinskalacoole und bombte mir den Sprachvibrator ans Hirn, "erzähl doch du mal was über dich!" Eins. Zwei. Drei. Nicht aufregen. Vier. Nicht aufregen, gaaanz ruhig bleiben. Bestimmt nur aus der Hand gerutscht. Fünf. Ruhe... "Ich bin Banker", sagte ich so cool wie immer (natürlich nicht annähernd so cool wie Yoman der Unbeschreiblichcoole). Die Fangirlsirene hallte wieder einmal laut und deutlich herüber, aber niemand bei uns kümmerte sich darum. Nein, die versammelte Mannschaft glotzte mich an, als hätte ich ihnen soeben mitgeteilt, dass ich der Mann im Mond war und dort eine Käsefabrik leitete. Begeistert, aber stumpfsinnig. "Und wie sieht's mit dem Liebesleben aus?!" hakte Yoman der Ichfindekeinewortemehrcoole nach. Er erwartete eine Antwort, er erwartete tatsächlich eine... "Das", sagte ich mit eisigem Ton (Blackman gruselte regelrecht), "geht niemanden etwas an." Ja, da waren sie, die Ooooh-Rufe aus dem Publikum, die erhobenen Augenbrauen Yomans dem Extremstundefinierbarcoolen und Reis schüchternes, aber anerkennendes Grinsen. Ich spürte nur geringen Triumph, der aber schnell wieder abbranden sollte. Was jetzt kommt, finden manche Leute lustig. Manche finden es "cool", aber dann bitte yomancool. Andere wiederum sagen zu so was, "Also das ist ja die Höhe! Welch eine Unverschämtheit!" Mein Kommentar dazu folgt später. Im Voraus sei nur gesagt, es war einer der Momente im Leben, in denen man so das Gefühl hat, Spielball von riesigen Monsterbiestern zu sein, die sich gerade ihre zwei Ärsche über einen ablachen und dabei Riesentränen vergießen, weil es wirklich eine Höhe an Grausamkeit darstellt. "Franky", rief Yoman der Esgehtwirklichnichtmehrcoolercoole, "such mal bitte Kana!" Was? Auf dem Riesenbildschirm hinter uns erschien das Kamerabild, das anscheinend Franky gerade aufnahm. Er war irgendwo hinter der Bühne, lief an Randy Mandys Horrorkammer vorbei (in der sie wild schluchzend auf dem Boden kugelte und Krokodilstränen vergoss; die Fangirls lachten wahnsinnig, Max wimmerte mitleidsvoll) und dann hörte ich es... May I introduce, the two divine voices of doom: Natsumaki and Kana Yaminabe, verzerrt in einem "kleinen" Streitgespräch. "Nein, Mum!!" brüllte Kana quäkend, "Verdammt noch mal ich bin NICHT mit ihm zusammen!" "Aber Kana, Schätzchen, er ist doch so attraktiv und wohlhabend und-" Danke, Natsumaki-san, ich- "Herrgott, Kai ist schwul!" "Hey, Danke, Kana!" "Franky, du - oh." Yoman der Vorunterdrücktemlachenfastzerberstendcoole richtete seinen zuckersüßen Blick vielsagend auf mich. "Was sagt man dazu?!" quietschte er vergnügt mit einem Honigkuchenpferdelächeln auf den Lippen. Ich drehte meinen Oberkörper zurück. Ich stand auf. Ich sah in die Hauptkamera, von der ich glaubte, dass ihre Bilder überall, wirklich überall zu sehen waren und von mehreren Bildschirmen übertragen wurden. "Kanako Yaminabe, du bist tot." Was danach im Studio geschah, weiß ich nicht. Tatsache ist, dass ich auf Kanajagd gegangen bin. Natürlich hat sich meine Vermutung bestätigt: Sie hatte meine kleine Botschaft durchaus erhalten, und zu ihrem Glück beizeiten. Denn als ich um die nächste Ecke bog, rannte sie bereits kreischend in die andere Richtung, und ich hatte so den Eindruck, dass sie damit locker Olympiasiegerin hätte werden können. Aber ich nahm die Verfolgung auf. Stresssituationen tun Kanas Verstand einfach nicht gut, deswegen wollte sie auch den Aufzug nehmen, um vor mir zu flüchten. Blöd nur, dass eben dieser seine dämlichen Türen nicht rechtzeitig schloss, sodass ich mich noch, wieselflink wie ich bin, durchzwängen konnte und ihr dann gegenüberstand. Ich wartete eine Sekunde, damit wir irgendwo zwischen zwei Stockwerken hingen, und drückte dann den Notfallstoppknopf. "Hallo, Kana", flüsterte ich bedrohlich und kam mir augenblicklich wie ein psychopathischer Kettensägenmörder ohne Kettensäge vor. Nur ein Mörder, das könnte ich werden. Kana starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an und drängte sich dicht an die Aufzugwand hinter sich, und als die ersten Tränen aus ihren großen, runden Augen kullerten und sich ihre Stimme auf das Wahnsinniges-Fangirlrudel-im-Einsatz Niveau heraufschraubte, wurde meine Mordlust größer und größer und ich wurde allmählich wahnsinnig. "Tumilaiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiid!!" heulte die Feuerwehrsirene vor mir und sank auf den Boden. Ich dechiffrierte es als "Tut mir Leid", nur was sie danach noch herausbrachte, konnte ich ums Verrecken nicht verstehen. Was den Groll in meinem Magen noch mehr in Aufruhr versetzte, weil ich es hasse, etwas, was an mich gerichtet ist, nicht zu verstehen. Aber dann, man höre und staune, erweckte sie plötzlich Mitleid. Ja, Mitleid! Die Art, wie sie da Rotz und Wasser heulend auf dem Boden kauerte, wie ihre gruseligen Augen rot und verquollen waren und wie sie sporadisch laut und brechreizheraufbeschwörend schniefte, war so erbärmlich, dass sich das brummende Gefühl in meinem Magen langsam in Hunger umwandelte. Ich ging vor ihr in die Hocke und starrte sie missmutig an. Gott, so was war mir noch NIE passiert, und es kotzte mich an! Aber entgegen meiner Natur nahm ich sie in den Arm. Das schreibt sich jetzt bitte niemand in den Kalender, und vergessen tun's auch alle schnell wieder. Aber tatsächlich klang ihr Geflenne langsam ab. Nur wurde mein Hemd seltsam nass, aber jetzt war mein Ego schon am Boden zerschmettert und entzweigeschlagen und überfahren und in Brand gesetzt, da konnte ich das auch noch aushalten... Und als sie mich nach ein paar Minuten schließlich ansah, grinste ich und sagte: "Gott, verheult siehst du echt scheiße aus." Meine Herrn war ich ein netter Kerl. "Hör zu, wir reden noch darüber, was du mir heute angetan hast. Wir reden noch über deine verkommenen Eltern, deine Heirat, und über meinen existenziellen Ruin und die Zerstörung meines Egos, die du indirekt zu verantworten hast, und wir reden darüber, dass du nie wieder so sehr heulst weil es echt gruselig aussieht und das Geräusch sich gut als Foltermethode eignen würde, besonders in einem verdammten Aufzug, aber jetzt sorgst du erst mal dafür, dass ich hier wegkomme. Mir egal, wohin dein Wunderflugzeugchen mich dieses Mal bringt, Hauptsache weg." Kana hupte elefantengleich in ein bonbonpinkfarbenes Taschentuch und nickte dann. "Alles klar. Aber... Als Erstes sollten wir aus dem Aufzug kommen..." Verdammte Hühnerkacke! Der Aufzug, der gottverdammte Aufzug, mein Todfeind - na ja, neben dem Kettensägenmörder und vielleicht noch Kana manchmal... Ich hatte gar nicht daran gedacht, dass dieser Aufzug die dämlichste Einrichtung in diesem ganzen schwachsinnigen Hotel war (okay, abgesehen vom kettensägenmörderfreundlichen Bad). Wir kamen nicht weiter. Oh Gott. Wir kamen schon wieder nicht weiter. Und Delaila, die elektronische Prostituierte, war auch nicht da. Dann mussten wir zum Äußersten. Okay, okay, ich gebs zu: Das wollte ich schon immer mal machen. Nur nicht mit Kana... "Komm her", befahl ich ihr, aber ich wartete eh keine Antwort ab. Wenn ich mich vorstellen darf: Hiwatari Kai, Mister Universe, aber ohne Glitzerdiadem und Funkelohrringe. Ich war nicht nur hochintelligent, wahnsinnig attraktiv und ein Sexgott, nein!, ich war ebenso durchtrainiert. Perfect Guy der ich also war, hob ich Kana nach oben und setzte sie auf meine Schultern, sodass sie die Decke erreichen konnte. "Ah!" quakte sie munter (verdammt isst die Frau nicht richtig?!) und schlang ihre Beine um meinen Hals (aber Kraft wie eine Würgeschlange. Sie wird immer mysteriöser.). "Ich soll den Deckel aufmachen, oder?" ...Deckel hätte ich das zwar nicht genannt, aber "Ja, mach!" Es dauerte eine ganze Weile und sie benötigte viel Geruckel, bei dem ich ein paar Mal fast umgefallen wäre und mir dabei das Genick gebrochen hätte, weil ich horizontal nicht in die dumme Dose hier passe, aber dann war es vollbracht. Der "Deckel" war beiseite und ich schob Kana mit meiner Hünenkraft, die zum Perfect Guy nun mal gehört, nach oben, sodass sie durch das Loch krabbeln konnte. Dabei warf ich dummerweise einen Blick nach oben und rief "Oh Gott!" Ich hatte nie wissen wollen, wie Kanas Unterwäsche aussah, aber da sie einen Rock trug, erfuhr ich, dass auf ihren Panties "Hiwatari rocks my socks" stand. "DARÜBER reden wir auch noch!" brüllte ich nach oben, ehe ich mich mit einem agilen Gazellensprung nach oben hangelte. "Hallo Superman", begrüßte mich Kanako Ich-zerstöre-an-einem-einzigen-Tag-dein-Leben Yaminabe, und zusammen kletterten wir die starken Drahtseile nach oben, bis wir eine Notluke fanden. Natürlich musste ich als Zweiter ran, also lag es an Kana, diese Luke zu entdecken. Ich weigerte mich, meine Augen jemals wieder aufzumachen, wenn ich Gefahr lief, diesen Spruch noch einmal sehen zu müssen. Allerdings beunruhigte es mich milde, dass diese Notluke im Aufzug direkt in mein Badezimmer führte. "So, da wären wir." "Kana", hauchte ich monoton, als ich nach ihr aus der Badewanne kroch, "ich habe Angst." "Wovor denn?" "Vor dem verrückten Kettensägenmörder." Ich war den Tränen nahe. Jetzt wollte ich noch viel mehr weg. "Hey, der kommt hier nicht rein. Keine Sorge. War zwar schon zweimal da, aber den haben sie eingesperrt, der ist im Knast. Obwohl... Moment, hieß es heut Morgen in der Zeitung nicht, er wäre ausgebr-" "KANA!!" "Hups." Während ich noch mal aufs Klo ging und mir dann die Dreizentimeterschicht vom Gesicht kratzte (dabei ließ ich weder Badewanne noch Durchgang zum Schrank nicht aus den Augen, versteht sich), führte Kana ihr Telefonat. Als ich schließlich zu ihr in mein Zimmer trat, strahlte sie mich an. "Du solltest jetzt schlafen gehen, das Flugzeug geht um vier Uhr morgens." "Wohin?" fragte ich misstrauisch. Okay, SO egal war es mir auch nicht, wohin sie mich karrte... "Moskau. Du wirst Yuriy besuchen gehen." Ivanov... Einer der letzten Orte, an die ich gedacht hatte, war Moskau. Vielleicht sogar DER letzte. Und eine der letzten Personen, möglicherweise die vorletzte, war Yuriy. (Die letzte Position teilten sich immer noch mein lieber Opa und irgendwelche Fernsehsender.) Aber es ist schon lange her, dass ich Yuriy gesehen habe, vielleicht hat er sich mittlerweile geändert und ist nicht mehr die Pfeife, die er früher immer war. Wirklich, wenn er auch nur ein ganz klein wenig humaner geworden ist, dann könnte ich es vielleicht bei ihm aushalten... Kana verschwand kurze Zeit später. Ich packte noch meine Sachen zusammen (und schloss das Bad ab und schob eine Kommode davor) und widmete mich dem Laptop. ...Mir tun sich gerade einige Fragen auf. Warum war Kyoujyu nicht beim Interview? Was ist beim Interview noch passiert? Was sagt Rei zu meinem unfreiwilligen Bekenntnis? Hat das wirklich die halbe Welt gesehen? Und warum liegt Megami zwischen meinen Beinen?! Oh Gooott sie kriecht weiter nach oben, sie- GAAAAAAAAAAAH!! ... Hurra ich lebe noch! Gerade eben ist der Kettensägenmörder hier hereingestiefelt. Ohne Witz. Ich war so auf Megami konzentriert, dass ich das komische Rattern im Bad nicht gehört habe; dann explodierte irgendwas und der Verrückte mit der Maske und der laufenden Kettensäge stand vor mir und brüllte mich psychopathisch an. "Hups", sagte er, als er mit dem Brüllen schlagartig aufgehört hatte, "Sie sind nicht Yoman Amhkuel, oder?" Ich schüttelte den Kopf. "Oh, das tut mir Leid. Hab mich im Zimmer geirrt. Äh, könnte ich kurz...?" Dann musste ich ihm die Tür aufschließen. "Danke, und tut mir echt Leid, dass ich Sie erschreckt habe." "Kein Problem. Viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben!" Hmm. Megami auf dem Bauch ist warm und beruhigt. Ich sollte jetzt wirklich schlafen. Kana wird mich aufwecken. ...Ich bin nur gespannt, was meine Odyssee noch mit sich bringt. Irgendwie scheint mein Leben auf einmal sehr aufregend geworden zu sein. Gute Nacht. #tbc# Cliffhanger sucht ihr am Ende eines Tages leider vergebens, tut mir Leid, dass ich nur so lahme Schlusssätze bringen kann. Trotzdem hoffe ich, dass die Aussicht auf den Mittwoch euer Interesse geweckt hat. Aber kleine Vorwarnung, wahrscheinlich werde ich eine ähnliche Länge wie speziell Kapitel Zwei im Ganzen nicht wieder erreichen, weil es jetzt mit den Ereignissen nicht mehr ganz so hoch hergeht. Mal sehen. Ich hoffe, wir sehen uns wieder, wenn es heißt: Mittwoch: Yuriy und Georgie! Megami.~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)