Zum Inhalt der Seite

Der Jadejunge

Die Erzählungen, Teil 1 - Shounen-Ai
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Gesellschaft Wellert

Gesellschaft Wellert
 

Der Empfangsraum der Gesellschaft war genauso, wenn nicht sogar noch pompöser eingerichtet, wie die Außenfassade des Hauses geschmückt worden war. Polierte Holzdielen knarrten unter ihren Schritten und Kerzenleuchter erhellten zusammen mit großen Fenstern den Raum.

Gegenüber der Eingangspforte stand ein großer, hölzerner Schreibtisch, hinter dem ein gewöhnlich aussehender, ältlicher Mann in brauner Kleidung saß. Er richtete seine Augen auf, als die kleine Gruppe die Gesellschaft betrat und rümpfte abfällig seine Nase.
 

Innerhalb der Zeit, die Dakkas brauchte, um an den Tisch heran zu treten, war der Mann aufgestanden und hatte seine Hände erhoben.

„Entschuldigen Sie bitte, aber ich denke nicht, dass dieses Etablissement für Sie das richtige ist.“

Dakkas hob beschwichtigend eine Hand, damit Molokosh sich erst gar nicht aufregen konnte und schenkte dem Mann dann ein blendendes Lächeln. Er zückte den Silberschlüssel und hielt diesen dem Butler unter die Nase. „Ihnen auch einen guten Abend. Hier ist mein Schlüssel, wenn Sie sich bitte beeilen würden.“
 

Sprachlos starrte der Butler die kleine Gruppe an, bevor er behutsam den Silberschlüssel in die Hand nahm und begutachtete. „Also das…“ Nervös trat er wieder hinter seinen Schreibtisch und durchblätterte einige dicke Bücher. Urplötzlich dann wurde sein Gesicht aschfahl. „Oh je. Das tut mir furchtbar leid, Herr Pasea. Bitte, entschuldigen Sie meine Worte. Ich habe Sie nicht sofort erkannt. Bitte, bitte.“ Er reichte den Schlüssel an den amüsierten Dakkas zurück. „Ich werde sofort die üblichen Bestellungen an Ihre Unterkunft weiterleiten. Werden Ihre… Begleiter noch länger Ihre Gesellschaft genießen?“

Zumindest wusste Dakkas jetzt schon einmal, dass er anscheinend eine Art von Autoritätsperson war, auch wenn er nicht wusste, auf welche Art genau. Und was seine ‚üblichen Bestellungen’ anging, fiel ihm sowieso nichts Gescheites ein.

„Ja, sie werden noch etwas bleiben. Ich nehme an, das kleine Missverständnis hat sich geklärt?“

Der Butler überschlug sich fast mit seiner Antwort und verbeugte sich mehrfach. „Natürlich, natürlich. Entschuldigen Sie bitte noch einmal. Ihre Unterkunft im ersten Stock ist wie immer sauber gehalten worden. Falls etwas nicht zu Ihrer Zufriedenheit sein sollte, melden Sie es einfach. Einen schönen Abend noch, wünsche ich Ihnen.“

Dankend nickte Dakkas und setzte sich in Bewegung in Richtung der dunklen Holztreppe, die sich in den ersten Stock hinaufschraubte. Seine drakonischen Begleiter folgten ihm, genauso verwirrt wie er selbst.
 

So wie der Mann über sich selbst gefallen war, als es darum ging ihn zufrieden zu stellen, musste er ein großes Tier sein. War er am Ende etwas selbst ein Engel, noch dazu ein wichtiger? Nein, er fühlte sich nicht als Engel und konnte an sich auch keinerlei Anzeichen des selbigen erkennen. Vielleicht war er einfach nur sehr reich? Das wäre zumindest eine freudige Entdeckung. Und es würde bedeuten, dass er schnell und auf einfache Weise herausfinden würde, wer er war, denn dann würden ihn einige Leute kennen.
 

Die Treppe mündete in einem reichlich mit Bildern und Statuen ausgeschmückten Gang, der sich nach links und rechts aufteilte. In einigen Abständen waren Türen sichtbar, an die eiserne Ziffern angeschlagen waren.

Molokosh deutete nach links. „Da drüben ist 105 und 106, 107 kann nicht weit entfernt sein.“

Dakkas nickte und lief gemächlich den Gang hinunter.
 

Die Tür mit der Nummer 107 war aus dunklem Holz und wirkte auf den ersten Blick schlicht, was beim Vergleich mit der restlichen Ausstattung dieses Gebäudes eher überraschte.

Mit einem tiefen Atemzug um sich selber zu beruhigen, steckte Dakkas den Schlüssel ins Schloss und stieß die Tür auf.
 

Der Raum an sich war nichts besonderes. Geräumig, da er nicht mit Möbeln oder ähnlichem überfüllt war, aber etwas dunkel, da schwere Vorhänge vor den breiten Fenstern hangen. Einige Bücherregale und ein Schreibtisch nahmen Platz an den Wänden ein und ein breiter Sessel sowie ein Sofa mit einem Tisch dominierten den Platz vor einem kleinen Zimmerkamin. Zwei weitere Türen führten noch aus dem Zimmer heraus, eine sehr wahrscheinlich in ein Schlafzimmer, die andere möglicherweise in ein Badezimmer.

Dekoration gab es kaum welche und insgesamt sah das Zimmer, abgesehen von den vollen Bücherregalen und den anderen Möbelstücken, ziemlich kahl aus.
 

Daniel ließ die Tür wieder hinter sich ins Schloss fallen und blickte sich, zusammen mit Molokosh, im Zimmer um, während Dakkas sich vor eins der Bücherregale stellte.
 

Das waren seine Bücher. Zumindest waren sie das wahrscheinlich.

Seine. Er las so etwas. Interessierte er sich für bestimmte Themengebiete, oder war all das nur Lektüre zum Zeitvertreib? Wie viele seiner Fragen würde dieser Raum wohl beantworten können?
 

Was er sah, ließ ihn nachdenklich werden. Das waren keine Bücher für den Zeitvertreib, das waren Lehrbücher und Abhandlungen, Theoreme. Die Themen erstreckte sich über verschiedene Gebiete der Magie hin zu einigen Büchern über Mechanik und Architektur und endeten bei einigen historischen Werken. Er konnte sich gar nicht vorstellen, das alles gelesen zu haben. Stand das ganze am Ende etwa nur hier, damit etwaige Besucher seinen ‚Geschmack’ bestaunen konnten?
 

„Carogan Pasea.“

Dakkas wirbelte herum und starrte Molokosh verwirrt an. „Wie bitte?“

Der Drache stand am Schreibtisch und hielt ein Stück Papier hoch. „Laut diesem Brief hier heißt du Carogan Pasea.“

Dakkas Mund öffnete sich zu einem kleinen ‚o’, aber es kam kein Laut heraus.
 

Carogan Pasea? Das war sein Name? Was für ein Name war das denn?

Pasea. Carogan. Carogan Pasea.

So sehr er auch versuchte, sich an den Namen zu gewöhnen, es klappte nicht. Es lag keine Vertrautheit darin, nichts, das irgendein Gefühl in ihm weckte. Es war einfach ein Name. Und dabei noch nicht mal ein hübscher.
 

Irgendwie hatte er sich den Moment, in dem er seine wahre Identität erfuhr, anders vorgestellt. Er fühlte weder Erleichterung noch Freude, viel mehr… Enttäuschung. Nein, diesen Namen wollte und konnte er so nicht akzeptieren.

„Ich mag Dakkas lieber.“, gab er schließlich von sich, bevor er sich wieder dem Bücherregal zuwandte.
 

„Komm doch bitte mal herüber… Dakkas.“ Fragend blickte der Grünäugige Molokosh an, doch der Drache gestikulierte nur auf den Schreibtisch. „Ja?“

Er bekam einen Federkiel in die Hand gedrückt und ein kleines Fässchen Tinte – nicht vertrocknet – wurde auf dem Tisch abgestellt. Ein Blatt Papier lag bereits auf der Arbeitsfläche.

„Schreib etwas.“

Dakkas blinzelte den Schwarzhaarigen verständnislos an. „Bitte was?“

Der de’Sahr grollte lediglich und wiederholte den Befehl. Achselzuckend setzte Dakkas sich an den Tisch, tunkte den Federkiel in die Tinte und begann, zu schreiben.
 

Ich habe keine Ahnung, warum ich das tue.
 

Stirnrunzelnd begutachtete er den Satz.

Molokosh stützte seinen Ellenbogen neben ihm auf dem Tisch und hielt einen kleinen Haufen Papier daneben. Die oberste Seite war dicht beschrieben worden und mit einem Titel versehen: Erklärungsversuch zur Anwendung passiver Heilungsmagie.
 

Die Schrift auf dem Papier war etwas geneigt, aber gut lesbar und sauber. Es gab kaum verzierende Schnörkel oder Auffälligkeiten, stattdessen gab es aber auch keine Tintenkleckse oder durchgestrichene Wörter auf dem Papier.

Außerdem war die Schrift vollkommen identisch zu dem, was Dakkas gerade geschrieben hatte.
 

Daniel sog scharf Luft ein. „Unglaublich … dann kannst du also nicht nur lesen und schreiben, du hast auch selbst akademische Texte verfasst.“
 

Die Informationen kamen so langsam in Dakkas Gehirn an und er riss die Zettel aus Molokoshs Hand. Während die Drachen sich in ihrer Sprache aufgeregt unterhielten, studierte der Grünäugige den Text, den er anscheinend geschrieben hatte.
 

Noch beim Lesen kehrten einige seiner Erinnerungen wieder zurück. Nichts über sein Leben oder seine Familie, aber andere Erinnerungen… Bücher, unheimlich viele Bücher, die er früher gelesen hatte. Er selbst, wie er an Schreibtischen saß, unterschiedlichen, und Abhandlungen schrieb. Er selbst im Gespräch mit einigen Magiern und anderen Gelehrten.
 

Mit diesen Erinnerungen kamen Stückchen von Wissen wieder. Einst hatte er aus dem Stand heraus Reden über die verschiedenen Magiearten und –anwendungen halten können, wusste er. Fakten über die komischsten Dinge stapelten sich in seinem Kopf an.

Das Ganze war einfach zu viel für ihn.

Müde rieb er sich die Schläfe und sank im Stuhl weiter zusammen. Das Gerede der Drachen sank in der Lautstärke ebenfalls ab und Daniel blickte ihn besorgt an. „Alles in Ordnung, Carogan?“

Irritiert sah Dakkas auf. „Dakkas. Nicht Carogan. Ich… Ich habe keine Ahnung wieso, aber der Name gefällt mir nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es ein Pseudonym zum Veröffentlichen der Texte ist – war, was auch immer. Bitte, einfach Dakkas.“
 

Woher auch immer die Vermutung kam, dass Carogan Pasea nicht sein richtiger Name war, war egal. Sie schwirrte in seinem Kopf herum und wurde mit immer wachsenderer Sicherheit zu einer Tatsache. Dieser Name war sein Pseudonym, unter dem er Bücher herausbrachte. Zumindest an diesen Teil seiner Vergangenheit konnte er sich inzwischen erinnern.
 

Wer war er und warum brauchte er einen Decknamen? Warum bei allem und jedem das heilig war, war er bei dieser Ausgrabung gewesen?! Akademisches Interesse? Was war da überhaupt ausgegraben worden?!

Dieser Schlüssel und das Zimmer hatten zwar ein wenig Wissen, aber noch viel mehr offene Fragen gebracht.
 

Herumsitzen und panisch werden würde ihn aber nicht weiter bringen.

Mit einem tiefen Seufzen sah er auf und blickte die Drachen an, die erwartungsvoll zurück starrten. „In Ordnung. Ich werde mich mal durch den Schreibtisch durcharbeiten und schauen, ob ich irgendwas Hilfreiches darin finde. Ihr… ihr könnt euch gerne setzen oder so, aber ich möchte lieber nicht dabei gestört werden.“

Molokosh nickte langsam. „Verständlich. Dann setzten wir uns halt, oder, Daniel?“ Der Halbdrache zuckte mit den Schultern. „Das hier ist deine Wohnung… Dakkas.“ Der Heiler erlaubte sich ein kleines Lächeln. „Ich hoffe, du findest etwas heraus.“
 

Mit einem dankenden Blick wandte der Grünäugige sich damit dem Schreibtisch und den verschiedenen Zetteln und Briefen zu, die sich darauf und in der von Molokosh geöffneten Schublade befanden.
 

Zuerst inspizierte er den bereits geöffneten Brief an Carogan Pasea. Es war nichts weiter als eine Mitteilung von einem örtlichen Schneider, der davon sprach, dass die gewünschte Kleidung fertig wäre und jederzeit entweder von ihm abgeholt oder zu seiner Suite gebracht werden konnte. Das machte Dakkas neugierig darauf, was er in seinem Schlafzimmer und den Kleiderschränken finden würde, aber es verstärkte auch seine Vermutung, dass er vermögend war – oder zumindest nicht arm.
 

Des weiteren fanden sich noch ein paar Briefe von anscheinend begeisterten Lesern seiner Bücher. Ein Professor war dabei, der darum bat, Dakkas als Gast in seine Vorlesung aufnehmen zu dürfen; ein Gelehrter, der wohl in Hoffnung auf eine theoretische Diskussion einige Fragen in seinem Brief aufwarf und zu guter letzt einige Briefe von verschiedenen Personen, die ihre Liebe für ein Buch ausdrückten und auf einen weiteren Teil hofften. Von der Art, wie sie über das Buch redeten, war dieses kein akademischer Text sondern irgendeine Form von Roman.
 

All dies brachte Dakkas jedoch nicht wirklich weiter. Es war schön zu wissen, dass er so viel Erfolg hatte mit seiner Tätigkeit als Autor, aber mehr über sich selbst erfuhr er davon nicht. Die restlichen Manuskripte waren alle akademischer Natur und nicht von Belang.
 

Stirnrunzelnd stand er auf und öffnete die Tür, die dem Schreibtisch am nächsten war. Auf der anderen Seite der Türschwelle war ein einfacher, aber geschmackvoll eingerichteter Schlafraum mit einem großen Kleiderschrank, einer Kommode mit Spiegel darüber und einem großen, gegenüber dem Fenster hängendem Bild.

Das vom Fenster darauf fallende Sonnenlicht sorgte für eine wirklich schöne Aussicht. Dakkas hatte keine Ahnung, ob es den Ort auf dem Bild wirklich gab, aber die letzten Sonnenstrahlen gaben ihm einen sanften Schimmer.
 

Es war eine Art Burg oder Burgschloss, groß und imposant, aus Stein gehauen. Nur, dass es nicht an einem Berghang oder auf einem Berg stand, sondern inmitten einer rötlich-gelben Wüstenlandschaft. Normalerweise sollte so etwas ein karges, trostloses Bild sein, aber stattdessen wirkte das Burgschloss belebt, voller Energie. Farbige Schriftzüge waren auf den Mauern zu erkennen und bunte Fahnen wehten von den Zinnen des Gebäudekomplexes. Man bekam das Gefühl, als würde man von einem etwas erhöhtem, in der Luft liegendem Punkt auf das Schloss blicken, denn am unteren Rande des Gemäldes erkannte man weitere Häuser und Bauten vor dem Schloss.

Im Hintergrund des Bildes ging die Sonne gerade auf – oder unter – und die rötlichen Sonnenstrahlen fielen durch die im Bild gezeichneten Wolken, was den Himmel in ein erstaunliches rotes Leuchten tunkte.
 

Wer auch immer er war, Kunstgeschmack hatte er, entschied Dakkas für sich.

Voller Staunen trat er näher an das Bild heran, wofür er um das zentral gelegene Bett herum treten musste. Durch sein Staunen entging ihm auch Molokoshs Eintreten in das Zimmer und der überraschte Gesichtsausdruck auf den Zügen des Drachens.

„Nygartash Kashum!“ (1)

Erschrocken wirbelte Dakkas herum und sah den Drachen an. „Was ist?!“

Auf Molokoshs Ausruf hin war auch Daniel ins Zimmer getreten und bestaunte seinerseits das große Gemälde. Nur schien dieses auf die Drachen noch einen ganz anderen Einfluss zu haben

„Warum starrt ihr so?“
 

„Kaum zu glauben.“, murmelte der Heiler, während der Volldrache nah genug an das Bild heran trat, um mit einem Finger über die Oberfläche zu gleiten. „Ich wusste gar nicht, dass es ein Bild hiervon gibt.“, erklärte der Schwarzhaarige dann.

Auf Dakkas konfusen Blick hin erklärte Daniel: „Das ist der Kaiserhof – die Feste des Drachenkaisers. Warum hast du ein Bild davon?!“
 

Das fragte Dakkas sich allerdings auch gerade.

„Ich habe keine Ahnung. Also, ich nehme an, weil es hübsch aussieht. Nur woher ich es habe, kann ich euch nicht sagen.“ Der Grünäugige runzelte seine Stirn. „Da drin wohnt der Drachenkaiser?“ Die Worte des komischen Wichtes in der Robe, den nur er zu sehen gehaben schien, kamen ihm wieder in den Sinn. Er sollte einen Drachenprinzen finden. Damals hatte er davon kein Wort verstanden, aber wenn er schon ein Bild der kaiserlichen Feste in seinem Schlafzimmer hängen hatte, war hinter der Anweisung des Wichtes wahrscheinlich mehr, als er zuerst vermutet hatte.
 

Ein Grollen von Molokosh lies ihn erneut zu dem Drachen schauen. Der Schwarzhaarige hatte seine Arme verschränkt und machte einen verärgerten Eindruck. „Ja, da wohnt Hekatesh und nennt sich Kaiser…“ Ein tiefes, grummelndes Grollen entfuhr der Kehle des de’Sahr, fast schon einem Sturmgrollen gleich. Dakkas entschied sich, lieber keine weitere Fragen über den Kaiser und diesen Ort zu stellen.
 

Vielleicht fand sich hier ja auch ein Anhaltspunkt, was den Wicht anging. Während Molokosh und Daniel wieder ins Hauptzimmer entschwanden, ging Dakkas den Inhalt der Kommode durch.

Er fand Schreibkiele und Federn, einen wirklich lächerlich großen Vorrat an unbenutztem Papier, einige Fäden, Nadeln, etwas Garn, ein paar lose Knöpfe sowie Haarnadeln und Ohrringe. Die Ohrringe konnte er noch halbwegs verstehen, vielleicht trug er ja welche. Nach Ohrlöchern hatte er bisher nicht an sich gesucht. Doch wieso Haarnadeln? Die langen, metallenen Nadeln waren sogar angemalt und an ihren Spitzen mit einem kunstvollem Muster gearbeitet worden. Die einzige Vermutung, die er hatte, war, dass diese Haarnadeln nicht ihm gehörten.
 

Die Ohrringe holte er aus ihrer Schublade heraus und sah sie sich genauer an. Sie waren einfach, schlichtes Silber mit grünen Steinen. Ob es wirkliche Edelsteine oder nur buntes Glas war, konnte er nicht sagen, aber nach etwas Suchen fand er seine Ohrlöcher und steckte sie sich an.

Wenn es schon seine waren, dann konnte er sie auch tragen. Außerdem brachten sie seine Augenfarbe hervor.
 

Bevor er sich dem Kleiderschrank widmete, schloss Dakkas die Tür. Er war vielleicht einige Tage mit den anderen gereist, aber beim Kleiderwechseln mussten sie ihm nicht unbedingt zusehen. Und irgendetwas in ihm sagte ihm, dass er auf alle Fälle seine Kleidung wechseln sollte.

Ein Blick in den geöffneten Kleiderschrank bestätigte dies. Eine ordentliche Anzahl von Hosen, Hemden, Westen, Anzügen und Sonstigem starrte ihm entgegen. Das meiste war in einem dunklen Grün gehalten, mit einigen schwarzen oder dunkelgrauen Sachen dazwischen. Außerdem schien Seide sein Lieblingsmaterial zu sein.
 

Fünf Minuten später begutachtete er sich selbst im Spiegel über der Kommode und fühlte sich zum ersten Mal seit Tagen wieder einigermaßen gut. Gewählt hatte er eine grüne Hose mit schwarzen, aufgenähten Mustern, ein grünes Seidenhemd und darüber eine schwarze, kurze Weste ohne Ärmel. Das Rosenemblem, welches Molokosh ihm gegeben hatte, hatte er an der Innenseite der Weste angebracht.

Das einzige was ihm jetzt noch wirklich fehlte, dachte er bei sich, war ein langes Bad oder eine Dusche, zusammen mit seiner gesamten Vergangenheit. Aber die neuen Kleider waren schon mal ein guter Anfang.

Molokoshs Stimme rief ihn zurück ins Hauptzimmer, wo es gerade an der Tür geklopft hatte.
 

Seine Begleiter musterten seine neue Kleidung – mit der Ausnahme von Nostradamus, der sich den Stuhl vom Schreibtisch ans Fenster gezogen hatte und dort wieder in die Ferne starrte. Dakkas ignorierte ihre Blicke jedoch und öffnete die Tür zur Suite.

Auf der anderen Seite stand ein junger Engel mit gesenktem Kopf und einer Art kleinem Wägelchen vor ihm. Das fahrende Holzgerüst hatte mehrere Ablageflächen, eine oben und eine unten. Auf der unteren standen drei Flaschen und ein paar abgedeckte, große Platten, auf der oberen vier Teller samt besteck und Gläsern.

„Guten Abend, Herr Pasea. Hier ist Ihr übliches Abendmahl.“
 

Dakkas erkannte zwar, dass dies seine ‚Bestellung’ sein musste, die er wohl immer aufgab, wenn er hier war, doch was er ebenfalls erkannte, war die Stimme des Jungen. Und das brachte ein Lächeln auf sein Gesicht. Mit dem gesenktem Kopf erkannte er ihn zwar nicht direkt wieder, aber die Stimme gehörte dem einen streitsüchtigem Knaben von diesem Nachmittag.

„Wie nett.“ Die Art und Weise, wie der Kopf des Jungen hochschnellte und alle Farbe aus seinem Gesicht wich zeigte, dass auch er die Stimme wieder erkannte. Ein äußerst würdeloses, leises Quieken entfuhr ihm.

Dakkas grinste und trat beiseite. „Müssen meine Gäste und ich heute Abend im Flur essen?“

Der Junge schloss seinen vor Schock leicht geöffneten Mund und schluckte. „Nein, natürlich nicht. Verzeiht.“
 

Der Wagen wurde ins Zimmer geschoben unter dem sehr amüsierten Blick von Daniel und einem verwirrten von Molokosh.

Nachdem der Wagen neben dem Tisch zum Stehen gekommen war, zögerte der Engelsjunge einen Augenblick. „Verzeiht, aber gedenkt Ihr diesen Abend noch einen Brief loszuschicken?“

Dakkas blinzelte ob dieser komischen Frage, verneinte dann aber und sah zu, wie der Junge schnellstmöglichst aus der Suite verschwand.

Daniel schüttelte seinen Kopf. „Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich mich vorhin nicht so sehr aufgeregt.“

Dakkas zuckte mit den Schultern. „So oder so egal… Hat jemand Hunger?“
 

Glücklicherweise lies Molokosh die Kommentare der beiden auf sich beruhen und konzentrierte sich stattdessen auf das Essen. Schnell waren die vier Teller auf dem kleinen Tisch verteilt und selbst Nostradamus schleppte seinen Stuhl herüber. Dakkas lies sich neben Daniel aufs Sofa fallen, während Molokosh im Sessel saß.

„Hoffentlich ist da kein…“ Daniels Kommentar über das Essen erstarb, als Dakkas den Deckel von der ersten Platte hob und einem interessantem Stück Braten entgegen blickte. Das Fleisch war in einer gelblichen Soße eingelegt und erschien in seinem dunkelrotem Zustand fast als nicht gekocht.
 

„Gut… was ist das? Und sollte ich das nicht eigentlich wissen, wenn ich es normalerweise esse?“ Fragend blickte Dakkas die anderen an.

Molokosh grinste wölfisch. „Rappata. Ein Reh-ähnliches Tier aus dem Heimatland der Werwölfe. Groß, schnell, schwer zu erlegen aber sehr lecker.“

Stirnrunzelnd nickte Dakkas und reichte die Platte herum. Auch unter den anderen Deckeln kamen kuriose Gerichte zutage, nicht zuletzt eine Gemüsemischung, die laut Daniel aus dem Lande der Drachen kam.
 

Gedanklich fügte Dakkas zu seiner Liste der Dinge, die er über sich selbst wusste, noch Vermögen, ausgewählte Kleidung, Autor und Geschmack für seltene Köstlichkeiten hinzu. All dies deutete langsam in eine Richtung, von der Dakkas sich nicht sicher war, ob er sie mochte.
 

Schweigend schnitt er das Fleisch an und nahm den ersten Bissen. Nach zwei, dreimal Kauen runzelte er jedoch verwirrt seine Stirn. Neben ihm hüstelte Daniel. „Was Lanar vielleicht noch hätte sagen sollen ist, dass das hier traditionelles Rappata ist.“ Dakkas kaute das komisch, aber nicht schlecht schmeckende Fleisch weiter und schluckte runter. „Das heißt? Eine seltene Soße oder so?“ Irgendetwas war anders an dem Fleisch. Es war etwas gewöhnungsbedürftig, aber Dakkas sah ein, warum er es wohl eigentlich mochte.

„Nicht ganz.“, erklärte Daniel. „Es ist gemacht, wie Werwölfe es machen würden. Roh.“
 

~*~
 

Nach dem ersten Schock über seine Mahlzeit und einigen weiteren Erklärungen seitens Daniels stand für Dakkas fest, dass er alles andere als normal war.
 

Er war kein Werwolf, aß aber das Selbe wie sie. Er war kein Drache, hatte aber ein Gemälde des Drachenhofes in seinem Schlafzimmer hängen. Er war kein Engel, wurde aber von anderen Engeln wie einer behandelt.

Was, im Namen aller Götter, Lebewesen, Geschöpfe und Mächte Kvi’stas, war er?!
 

Eben diese Frage geisterte ihm – mal wieder – im Kopf umher, als er in seinem Badezimmer stand und in seinen Spiegel starrte. Die Drachen waren gegangen, um die Nacht in der Heerberge nebenan zu verbringen und er hatte sich in sein Badezimmer zurück gezogen, wo es natürlich einen mit Magie betriebenen Badezuber gab.
 

Jetzt war er endlich wieder vollkommen sauber, in frische Kleidung gehüllt, satt und einfach nur müde. Wichtige, existenzielle Fragen würde er auf morgen verschieben müssen.
 

Seufzend wischte er einige Haarsträhnen aus seinem Gesicht und wandte sich zum Gehen. Das Bett in seinem Schlafzimmer war groß, weich und einladend. Vielleicht würde die Eingebung ja im Schlaf kommen.
 

Schon nach nur zwei Schritten wurde sein Vorheben jedoch jäh unterbrochen. Er achtete nicht darauf, wo er hin trat, rammte sein Knie in die kleine Kommode, die ihm Bad stand, rutschte aus und fiel auf den Boden, wo er sich das schmerzende Bein hielt.
 

„Na wunderbar. Bringt einen erwachsenen Engel mit zwei Bewegungen zu Fall, aber ist nicht in der Lage, einen Fuß vor den anderen zu setzen.“, fluchte er über sich selbst. Vorsichtig bewegte er sein Bein, aber der Schmerz war schon fast wieder weg. Warum auch nicht, schließlich hatte er es sich nur gestoßen.
 

Als er sich aufhieven wollte, blieb sein Blick an einem kleinen Schlüsselloch hängen. Ein Schlüsselloch, dass nur wenige Fingerbreiten vom Boden entfernt angebracht war und anscheinend ohne Grund dort hing. Er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, wieso er ein Schlüsselloch, nur knapp über dem Boden gelegen, in seinem Badezimmer anbringen sollte.

Es sei denn, dass man damit etwas Geheimes aufschließen konnte.
 

Geschockt blieb Dakkas auf dem Boden sitzen, bis er plötzlich aufsprang und in Aktion trat.

Er hatte ein verstecktes Schlüsselloch, wo keins sein sollte. Was er jetzt brauchte, war ein Schlüssel. Ein passender Schlüssel.
 

Er durchsuchte alles. Schreibtisch, Kommoden, er guckte unter die Teppiche, unter den Tisch, er suchte jeden Platz, jede noch so kleine Fläche in seiner Suite ab. Wenn er ein Mauseloch gehabt hätte, hätte er hinein gegriffen.

Die Suche brachte jedoch keinen Erfolg mit sich. Einen Schlüssel konnte er nicht finden.
 

Irgendwann später – er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war – ließ er sich auf einen der Stühle fallen. Dieses verdammte Schlüsselloch nützte ihm gar nichts, wenn er den passenden Schlüssel dazu nicht hatte.
 

Und wieder kam er auf die Frage zurück, was für eine komische Person er war, wenn er schon ein verstecktes Schlüsselloch in seinem Badezimmer einbaute. Da würde man doch nie nach so einem Ding suchen!

Noch in dem selben Augenblick, als er diesen Satz dachte, stöhnte er innerlich auf. Das war ja schließlich der Sinn und Zweck der Sache; dass niemand danach Suchen oder es Finden würde.
 

Vielleicht sollte er doch schlafen gehen. Molokosh oder Daniel würden morgen vielleicht eine Idee haben, wie er das Geheimfach würde öffnen können. Mit etwas Glück würde vielleicht sogar Nostradamus seinen Seher-Mund auf machen und ihm einfach verraten, wo er den Schlüssel für sein Versteck hingelegt hatte.
 

Noch müder als zuvor stand er auf und schlurfte in sein Schlafzimmer. Er zog die Bettdecke zurück und wollte sich bereits in die himmlische Schlafstätte legen, als sein Blick auf die Kommode in seinem Schlafzimmer fiel. Vorhin, beim Suchen, hatte er die Haarnadeln aus ihrer Schublade genommen und oben auf die Anrichte gelegt.

Ihre Enden zeigten zum Bett hin und sahen bei dem sanften Licht seiner Nachtkerze richtig künstlerisch aus. Ihre Form war etwas eigenartig, aber da er ja exotische Dinge zu mögen schien…
 

Stirnrunzelnd hielt er inne. Die Haarnadeln…

Nachdenklich nahm er eine von ihnen in seine Hand. Sie waren leicht, hübsch, interessant geformt… und passten nicht wirklich zu dem, was er sonst bei sich gefunden hatte. Trotzdem besaß er sie. Er besaß auch ein Schlüsselloch, wo keins sein sollte…
 

Da kam plötzlich die Erkenntnis über ihn. Mit den Haarnadeln in der einen und der Kerze in der anderen Hand raste er zurück ins Badezimmer und kniete sich vor die Wand mit dem Schlüsselloch. Es dauerte einige Augenblicke, bis er die richtige Haarnadel erwischt hatte, aber dann rutschte sie ins Loch hinein und ließ sich mit einem leisen Klicken drehen.
 

Leise und für sich kicherte er. Ein Schlüsselloch, wo keins sein sollte und ein Schlüssel, der keiner war. Wenn er etwas tat, dann tat er es anscheinend gründlich.
 

Nach dem Klacken konnte er dank der Haarnadel ein kleines Türchen aufziehen, das vorher nicht sichtbar gewesen war. Die Fugen an den Rändern das Türchens waren praktisch nicht zu sehen, wenn das Geheimfach geschlossen war.
 

Das Fach war nicht sonderlich groß. Es war gerade genug Platz für eine kleine Schachtel, einen Beutel und einige dünne Blätter Papier darin. Erwartungsvoll zog Dakkas die Dinge heraus und trug sie mit sich, den Haarnadeln und der Kerze wieder ins Schlafzimmer, nachdem das Fach wieder geschlossen war. Irgendetwas in ihm sagte ihm, dass er für die Untersuchung dieser Gegenstände lieber in seinem Bett sein sollte – oder auf einer anderen komfortablen Oberfläche.
 

Nachdem er es sich einmal gemütlich gemacht hatte, widmete er sich zunächst dem Beutel. Dieser war aus einfachem, braunem Leder und wirkte harmlos. Als er ihn jedoch öffnete und den Inhalt herausschüttete, verschlug es ihm den Atem.
 

Edelsteine. Ein kleiner Haufen von glitzernden, schimmernden Edelsteinen. Selbst im Halbdunkel des Kerzenlichts war das Farbenspiel berauschend. Gelbe, orangefarbene, grüne, violette, rote, blaue… Sie waren zwar alle nicht größer als ein Fingernagel, dafür aber so dick wie Murmeln und roh angeschliffen.
 

Er ließ die kostbaren Kleinode durch seine Fingern gleiten und fragte sich innerlich, wie viel sie wohl wert wären. Mindestens einige hundert Goldstücke, alle zusammen. Vielleicht würde ein richtiger Juwelier auch mehr dafür zahlen. Auf alle Fälle beseitigten diese Schmuckstücke jedwede Geldsorgen, die er gehabt haben könnte. Jetzt hatte er den Beweis dafür, dass er reich war.
 

Behutsam verfrachtete er die Edelsteine zurück in ihren Beutel und zog diesen kräftig zu. Danach widmete er sich den Papieren.
 

Es waren ein gefalteter Zettel und ein Brief, auf dessen Umschlag ein seltsames Symbol prangte: Ein Kreis, umgeben von drei kleinen Dreiecken, deren Spitzen vom Kreis weg zeigten.
 

Dakkas nahm zuerst den gefalteten Zettel in die Hand und faltete ihn langsam auseinander. Was er sah, ließ ihn stocken.
 

Es war der Wicht. Die kleine Figur in der schwarzen Robe war unverkennbar, auch wenn sie diesmal keine Sense bei sich trug. Aus den tiefen der Kapuze starrten zwei gräulich leuchtende Augen hervor und um den Wicht herum war ein scheinbar absterbender Wald abgebildet.
 

Es war eine Buchseite. Auf der linken Seite konnte Dakkas noch die Ränder erkennen, an denen sie früher im Buch gehangen haben musste. Es war keine saubere Abtrennung gewesen.

Stirnrunzelnd las er den Text unterhalb des Bildes.
 

„Beauron, Gott des Todes und Verfalls. Jüngster Gott der bekannten Geschichte. Erlangte seine göttliche Macht durch tragische Umstände, die ihn geistig instabil und im Körper eines Vierzehnjährigen gefangen zurückließen. Im 13. Jahr der Herrschaft des Sonnenkönigs Johann zu einem der ‚Erzbösen’ erklärt worden. Jegliche Verehrung, Huldigung oder Glaubensbekenntnis zu ihm wird mit dem Tode bestraft.“
 

Das Papier glitt ihm aus den Fingern und ein eisiger Hauch legte sich auf seinen Körper. Der ‚Wicht’ war nicht nur ein Gott, sondern der Gott des Todes. Er hatte den Tod gesehen. Und das nicht nur im metaphorischen Sinne. Der tatsächliche, leibhaftige Tod war zu ihm gekommen.
 

Plötzlich hatte seine ganze Situation viel mehr Bedeutung. Seine Amnesie war nicht nur lästig, nervig und schlimm für ihn, sie hatte Ausmaße angenommen.

Er war augenscheinlich eine Person von einer bestimmten Wichtigkeit, die sehr wahrscheinlich in einige wichtige Dinge verwickelt war.

Er war reich und besaß ein gewisses Maß an Einfluss.

Er war einem Gott persönlich bekannt und wichtig genug, dass dieser vor ihm erschien und ihm persönlich Anweisungen gab.

Die ersten Personen, die er nach dem Eintreten seiner Amnesie traf, waren zwei adlige Drachen und ihr Gefolge – und inzwischen glaubte Dakkas nicht mehr, dass das ein Zufall war. Wenn der Wicht – der Tod, wenn der Tod ihm persönlich erschien, dann manipulierte er die Drachen vielleicht auch so, dass sie ihn finden mussten.
 

Dieser Gedankengang war erschreckend.
 

Dakkas rieb sich die Stirn und faltete das Bild wieder zusammen. Vom Untertitel her sollte er möglichst dafür sorgen, dass niemand dieses Bild zu Gesicht bekam.
 

Nach dieser neuen Erkenntnis fragte er sich, ob er den Brief überhaupt öffnen wollte, aber die Neugierde war zu stark.
 

Der Brief war auf einem etwas vergilbtem, eigentümlich aussehendem Papier geschrieben. Die tiefschwarze Tinte war an einigen Stellen in das Material eingelaufen und hatte den Buchstaben ein gequollenes Aussehen verliehen. Es gab keine Begrüßung, Datum oder irgendwelche Hinweise auf den möglichen Verfasser.

Das einzige merkwürdige waren einige seltsame Symbole am oberen Rand des Papiers.
 

Man hätte sie für simple Kritzeleien halten können, aber sie wiederholten sich teilweise, hatten klare Abstände zwischen ihnen und waren zu sauber, als dass sie nur Geschmiere waren. Das waren Buchstaben, auch wenn Dakkas das Alphabet und die Sprache nicht erkannte. Die Möglichkeit, dass er diese Schrift einmal hatte lesen können und nur durch seinen Gedächtnisverlust dies nicht mehr konnte, war jedoch beängstigend.
 

Der Kontext der lesbaren Nachricht ließ jedoch darauf schließen, dass er diesen Brief kurz vor seiner Reise zur Ausgrabungsstätte erhalten hatte.
 

Treffen, sobald du wieder von Ausgrabung zurück bist. Zwei Monate? Zweieinhalbe höchstens. Habe Wort gegeben: Tirin, Mitte der Woche, abends um acht am Garten vor dem alten Friedhof, jede Woche beginnend in zwei Monaten, für einen Monat.
 

Es waren offensichtlich die wichtigen Informationen für ein Geheimtreffen – mit wem oder warum, konnte er anhand der bloßen Nachricht nicht erkennen.
 

Seufzend packte er den Brief wieder in seinen Umschlag. Zumindest hatte er jetzt einen Anhaltspunkt, er musste nur noch nach Tirin gelangen. Molokosh würde ihm dabei sicherlich helfen können und falls nicht, hatte er immer noch die Edelsteine.

Und die kleine Schachtel. Nachdem, was er bis jetzt gefunden hatte, war er fast zu nervös, um sie noch zu öffnen.
 

Aber die Neugierde gewann. Vorsichtig öffnete er das einfache Scharnier und klappte den Deckel der Schachtel zurück.

Verwirrt starrte er den sich darin befindenden, roten Puder an. Roter Puder?

Vorsichtig steckte er einen seiner Finger in die rote Masse und holte ihn wieder heraus. Ja, es war ein feiner roter Puder oder Staub, der lose in der Schachtel lag und diese gut bis zur Hälfte noch ausfüllte.

Stirnrunzelnd roch er an seinem bestäubten Finger und leckte das rote Zeug nach einer kurzen Bedenkzeit dann ab. Es war würzig und ein wenig süß, schmeckte aber im Großen und Ganzen nicht schlecht. Ein wenig stark vielleicht, so im puren Zustand. Ein Gewürz? Er versteckte ein Gewürz in seinem Badezimmer, zusammen mit Edelsteinen und Geheimnachrichten.
 

Er war nicht nur reich und mysteriös, allem Anschein nach war er auch exzentrisch. Es gab schließlich keinen Grund, warum jemand ihm ein Gewürz stehlen sollte, selbst wenn es ein sehr seltenes war. Und außer dem interessanten Geschmack konnte er nichts an dem roten Puder feststellen. Es war einfach ein rotes, feingemahlenes Gewürz.
 

Achselzuckend dippte er seinen Finger noch einmal darin ein und leckte ihn ab, bevor er die Schachtel wieder sorgfältig verschloss und zusammen mit dem restlichen Zeug zur Seite legte. Gut schmecken tat es auf jeden Fall.
 


 


 

(1)

Nygartash Kashum! – Bei der (Familien)Ehre des Kashum! (Drakonischer Ausruf, so wie... im Namen Gottes oder so)
 

NOTIZ:

Eine Version dieses Kapitels mit den Schriftzeichen am Anfang des mysteriösen Briefes befindet sich auf meiner Homepage. Hier ist ein Direktlink (einfach kopieren):

http://www.puh-schell.de/Kvista/Jadejunge/kap7.htm



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Momachita
2009-05-06T06:05:20+00:00 06.05.2009 08:05
...
Färbt es die Zunge rot?
Wacht Dakkas möglicherweise am nächsten Morgen mit geschwollenen Zehen oder stark rot unterlaufenden Augen auf?
Oder ist es eigentlich gar nicht rot, sondern wechselt die Farbe, je nachdem, wie es gerade drauf ist? Ist es eventuell eigentlich ein magisches Wesen?
Was ist das für ein Pulver?? Man (und Frau ebenso wenig xD) weiß es nicht.
Aber ich will's unbedingt wissen. *lach*
Also... ich hab mir den Brief glatte zweimal durchgelesen, aber gerade mal weniger als die Hälfte verstanden xP und ich weiß noch, dass da ganz oft das Wort 'Monat' stand. XD Aber ansonsten war der gänzlich verwirrend, wenn ich das hier mal so anmerken darf.
Auf jeden Fall wurden schon mal eine ganze Menge Fragen beantwortet, wofür ich ja soooo dankbar bin *lach* Ich hab's ja kaum noch ausgehalten ^^
Und dem dummen Engel-Bengel geschieht so was ganz recht! Hah!
*Engel auslach* x333
Bin gespannt wie's weitergeht >o<
LG, Deine
MomoCookei ^w^b


Zurück