Mitternacht von Chi_desu (Sasu/Naru) ================================================================================ Kapitel 2: Trennung ------------------- Wie ein kleines Kind sah Sasuke sich um und musste mit gemischten Gefühlen feststellen, dass ihm die Gegend bekannt vor kam. Sie waren seit zwei Tagen unterwegs und nun näherten sie sich langsam dem Dorf. Seit etwa einer Stunde, seit sie dem kleinen Fluss folgten, war ihm die Gegend die sie durchquerten seltsam vertraut und er begriff, dass er früher bereits hier gewesen war. Das Dorf war noch zwei Stunden Fußmarsch entfernt, aber er erinnerte sich gut daran, dass er mit seinem Vater ab und zu diese Strecke gegangen war, wenn sie Besuche in Nachbardörfern gemacht hatten. Dieses Gefühl der Vertrautheit machte ihn unruhig. Seit jenem Tag, an dem sie im Morgengrauen das Dorf verlassen hatten, hatte er versucht, jeden Gedanken an seine Heimat und seine Eltern aus seinem Kopf zu verbannen. Natürlich hatten sie ihm gefehlt und manchmal in einsamen Nächten hatte er großes Heimweh gehabt. Dann hatte Itachi ihn in den Arm genommen und mit leiser Stimme gesagt: "Das geht vorbei, Sasuke. Glaub mir, es ist besser so." Mehr hatte er in all den Jahren nie erfahren. Sein Bruder hatte ihm trotz gelegentlicher Fragen nie erklären wollen, warum er so abrupt jeden Kontakt abgebrochen und seiner Heimat und den Eltern den Rücken gekehrt hatte. Die Frage nach dem Warum quälte ihn immer noch manchmal, aber er hatte das Schweigen seines Bruders akzeptiert. Auch wenn seine Eltern ihm manchmal fehlten, er hatte Itachi als Kind abgöttisch geliebt und er hatte es nie bereut, mit ihm gegangen zu sein. Nur wusste er nicht, wie er jetzt in dieses Dorf zurückkehren sollte, ohne überhaupt zu wissen, warum er es hatte verlassen müssen. Was, wenn er seinen Eltern begegnete? In der Ferne konnte er schon das Hokage Monument erkennen. Er hatte keine Ahnung, wie er reagieren würde, wenn ihm zum ersten Mal das lang entbehrte Symbol der Uchiha Familie begegnen würde. Itachi schien seine Unruhe, die er eigentlich schon seit ihrem Aufbruch mit sich herumschleppte, nun endlich auch zu bemerken. Seine Schritte wurden langsamer und schließlich blieb er stehen. "Wir sollten uns unterhalten." Erleichtert nickte Sasuke. Gemeinsam setzten sie sich ans Flussufer und sobald sie sich niedergelassen hatten, fragte Sasuke: "Also, wie gehen wir vor?" "Ich werde nicht mitgehen." "Wie bitte?!" Die Vorstellung erschien ihm geradezu absurd. Seit seinem siebten Lebensjahr war er kaum länger als ein paar Stunden von Itachi getrennt gewesen. Und nun, ausgerechnet bei der Rückkehr in ihr Heimatdorf wollte Itachi ihn im Stich lassen? "Das kann nicht dein Ernst sein!" Itachi seufzte kaum hörbar, ein Laut, den Sasuke nur selten von ihm hörte. "Ich habe mit Konoha abgeschlossen. Solange es nicht notwendig ist, werde ich keinen Fuß mehr in das Dorf setzen." Sasuke wollte aufbegehren, aber sein Bruder schnitt ihm das Wort ab: "Hör mir erstmal zu. Wir können sowieso nicht beide einfach ins Dorf marschieren so als wäre nichts gewesen. Das ist keine normale Mission, wir müssen subtiler vorgehen. Diese Information bekommt nur jemand, der Teil des Dorfes ist. Wenn wir keine Aufmerksamkeit erregen wollen, müssen wir also tatsächlich ,zurückkehren'. Wir müssen wieder Mitglieder des Dorfes werden. Und das kann und will ich nicht. Außerdem werden sie Fragen stellen. Du warst noch zu klein. Sie werden denken, ich hätte dich entführt. Ich habe lange darüber nachgedacht. Für uns und für den Auftrag ist es besser, wenn du allein gehst." Das war nicht, was Sasuke erwartet hatte. Der Gedanke beunruhigte ihn, aber er beschloss, Itachi erstmal ausreden zu lassen. "Okay, und wenn ich allein gehe, wie soll ich an diese Information kommen?" "Du sollst erstmal gar nichts tun, außer deinen Platz im Dorf wieder einnehmen.", erklärte Itachi. "Gib ihnen Zeit, sich wieder an dich zu gewöhnen und dich wieder als vollwertiges Mitglied des Dorfes und...", Sasuke fiel die Pause sehr wohl auf, die Itachi an dieser Stelle machte, "des Clans zu akzeptieren. Dann kommt das Vertrauen von ganz allein und du kannst damit beginnen, Nachforschungen anzustellen. Unsere Eltern werden schon dafür sorgen, dass du zurück auf die Akademie gehen und deine Ausbildung als Shinobi fortsetzen kannst. Vorläufig sollst du dich nur wieder ins Dorf eingliedern und dich etwas umhören, mehr nicht." Sasuke nickte langsam. Der Plan gefiel ihm noch immer nicht. Außerdem bestärkte sich jetzt sein Gefühl, dass Itachi damit mehr bezweckte, als nur den Auftrag zu erfüllen. "Wir werden uns alle zwei Wochen hier treffen, dann kannst du mir erzählen, wie es vorangeht und ich werde dir sagen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um weitere Nachforschungen anzustellen. Keine Sorge, ich werde immer in der Nähe sein. Wenn etwas schief geht, komme ich um dich zu unterstützen. Aber ich bitte dich, versuche, es diesmal allein zu machen." Es war wohl das erste mal, dass Itachi eine direkte Bitte an ihn richtete. Sasuke lächelte. Das war ein großer Vertrauensbeweis und zum ersten Mal sah er, dass auch Itachi eine Schwäche hatte, und die hieß Konoha. Er kannte den Grund dafür nicht, aber er wollte auch gar nicht weiter nachfragen. "In Ordnung. Du kannst dich auf mich verlassen, Nii-san." Zufrieden nickte Itachi. "Gut. Hör jetzt gut zu, ich erzähle dir alles, was ich weiß. Es ist nicht viel aber vielleicht hilft es dir. Das Fuchsungeheuer wurde in den Körper eines Kindes verbannt, vermutlich sogar in den eines Babys. Du wurdest nur kurz nach diesen Ereignissen geboren, das heißt, dieses Kind müsste in etwa in deinem Alter sein. Auch deshalb kann es von uns nur von Vorteil sein, wenn du wachsam bleibst und dich bei deinen Altersgenossen umsiehst. Nur die, die damals gegen das Fuchsungeheuer gekämpft haben, wissen, in wessen Körper es jetzt steckt, vermutlich kennt nicht mal das Kind selbst das Geheimnis. Es macht also keinen Sinn, vorsichtig nachzufragen. Halte einfach nach jemandem Ausschau, der anders ist als die anderen." Er überlegte kurz. "Du wirst vielleicht der fünften Hokage begegnen. Du hast ja vom Tod des Sandaime gehört, kurz danach hat sie seinen Platz eingenommen. Ich weiß über sie nicht sehr viel, nur dass ihr Name Tsunade ist und sie eine der drei legendären Sannin ist. Ich befürchte, dass sie sogar Orochimaru übertrifft. Wir müssen uns vor ihr in Acht nehmen. Wenn sie erfährt, dass wir Mitglied der Akatsuki sind, ist es vorbei." Aufmerksam hörte Sasuke zu und nickte hin und wieder. Es waren zweifellos wichtige Informationen, aber eigentlich interessierte ihn etwas anderes viel mehr. "Und was sage ich, wenn sie mich fragen, wo ich all die Jahre gewesen bin?" Gleichgültig zuckte Itachi die Schultern. "Das geht niemand was an. Wenn du nicht musst, antworte einfach nicht. Natürlich wird der Clan eine Antwort verlangen. Sag ihnen, ich hätte dich in jener Nacht einfach mitgenommen. Sie werden es akzeptieren. Sonst lass dir einfach was einfallen." "Okay.", machte Sasuke unsicher. Itachi öffnete den Rucksack, den Sasuke getragen hatte, und zog ein Kleidungsstück hervor, das der jüngere der Brüder überrascht anstarrte. Es war ein schlichtes Hemd mit dem Uchiha Emblem auf dem Rücken. "Es war mal meins.", erklärte er. "Vielleicht passt es dir ja. Im Akatsuki Mantel kannst du jedenfalls nicht im Dorf auftauchen." Sasuke nahm das Hemd entgegen. Das Uchiha Symbol weckte viele Erinnerungen. Er schälte sich auf seinem Mantel und seinem Hemd und die Augen seines Bruders ruhten auf ihm, als er sich das Uchiha Hemd anzog. Es war ein bisschen eng, passte aber. Lächelnd zupfte er an dem Stoff. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie viel Zeit vergangen war. Damals, als sie Konoha verlassen hatten, hatte er unbedingt so groß und erwachsen sein wollen wie sein Bruder. Jetzt war er schon fast fünfzehn, älter als Itachi damals. Während er den Akatsuki Mantel wegpackte, sagte Itachi: "Sei ein bisschen vorsichtig mit unserer Familie. Ich weiß, dass du sie geliebt hast, aber lass dich nicht zu sehr auf sie ein. Vergiss nicht, dass wir das Dorf wieder verlassen müssen, sobald wir das Fuchsungeheuer gefunden haben. Und dann wird man uns unter Umständen zu Abtrünnigen erklären." Langsam nickte Sasuke. Ein Anflug von Bitterkeit schwang in Itachis Stimme mit, als er weitersprach. "Du warst damals zu klein, um zu erleben, was es wirklich bedeutet, ein Mitglied des Clans zu sein. Sie werden dich vielleicht enttäuschen. Halt ein bisschen Abstand zu ihnen." "Okay.", murmelte Sasuke. "Und eines noch." Etwas in Itachis Augen veränderte sich. Auf einmal war sein Blick finster und lauernd. "Halt dich von Shisui fern." Verwundert nickte Sasuke. Er wusste nicht, was er von dieser Warnung halten sollte. Shisui war der beste Freund seines Bruders gewesen. Aber er wusste schon, dass Itachi seine Worte nicht erklären würde. Deswegen seufzte er nur und stand auf. Itachi tat es ihm gleich und einen Augenblick lang standen sie einander schweigend gegenüber. Sasuke wusste, dass sich ihre Wege hier vorläufig trennen würden. Wenn Itachi nicht gesehen werden wollte, musste er hier umkehren. "Was wirst du tun, während ich in Konoha bin?", fragte Sasuke unsicher. "Ich werde mich im Nachbardorf einquartieren. Dort kannst du mich im Notfall finden. In zwei Wochen treffen wir uns wieder hier, um Punkt Mitternacht, in Ordnung?" "Ja." Wieder standen sie einen Moment unschlüssig da. Sie würden sich eine lange Zeit nicht sehen, aber keiner wusste, was er sagen sollte. Sasuke wollte sich schon umdrehen und gehen, da rief Itachi seinen Namen. Er drehte sich noch mal um und sein Bruder sagte: "Ich habe keine Bedenken, dass du das alles alleine schaffst. Allerdings, wenn du in Gefahr gerätst oder enttarnt wirst, bleib ruhig. Sag ihnen kein Wort, sonst sind wir alle beide so gut wie tot." Das hätte er Sasuke nicht zu sagen brauchen. Er wusste, wie die Akatsuki mit Verrätern umzugehen pflegten. "Ich lasse dich nicht im Stich. Egal was passiert, ich lasse nicht zu, dass dir was zustößt." Sasuke lächelte. "Ich weiß." Er holte tief Luft. "Nii-san? Hast du..." Er wusste nicht, wie er die Frage stellen sollte. "Hast du es jemals bereut, dass du mich mitgenommen hast?" Ohne nachzudenken schüttelte Itachi den Kopf. "Nein." Erleichtert versprach Sasuke: "Ich werde dich nicht enttäuschen." Dann drehte er sich um und setzte den Weg nach Konoha fort, ohne sich nur ein einziges Mal umzublicken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)